Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 18.02.2009

VG Frankfurt: wertausgleich, eigentümer, altlasten, behörde, grundbuch, verunreinigung, erfüllung, eigentumsübertragung, verkehrswert, bodenschutz

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Gericht:
VG Frankfurt 3.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 K 99/07.F
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 25 Abs 1 S 1 BBodSchG, §
25 Abs 2 BBodSchG, § 25 Abs
3 S 2 BBodSchG, § 24 Abs 1
BBodSchG, § 25 Abs 1 S 2
BBodSchG
Kostenerstattungsanspruch gegen den
Grundstückseigentümer wegen der Durchführung von
Sanierungsarbeiten
Leitsatz
Altlast, Sanierung, Wertausgleich
Tenor
Ziffer 1 des Bescheides vom 05. Dezember 2006 wird aufgehoben.
Ziffer 2 und 3 des Bescheides vom 05. Dezember 2006 werden aufgehoben,
soweit ein höherer Betrag als 276.698,74 Euro festgesetzt bzw. von der Klägerin
gefordert werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 7/10 und dem Beklagten zu
3/10 auferlegt.
Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar.
Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der
festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweils andere Beteiligte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Inanspruchnahme der Klägerin als
ehemalige Eigentümerin des Grundstücks in H., Flur 4, Flurstück X. - W. 10 - nach
durchgeführter Grundstückssanierung.
Dieses Grundstück war Teil des ehemaligen Betriebsgeländes der sogenannten „K.
Farbenfabrik“, die aus einem 1873/ 1874 gegründeten Betrieb für Tongewinnung
hervor gegangen war und im Wesentlichen Chrom- und Zinkfarben produzierte. Im
Jahre 1979 erwarben die Bauträger K. und W. das ehemalige Betriebsgelände,
ebneten es ein und parzellierten es in eine Erschließungsstrasse und vierzehn
Baugrundstücke, die sukzessive bebaut und wieder verkauft wurden.Mit
notariellem Kaufvertrag vom 10.04.1984 erwarb der Ehemann der Klägerin das
Hausgrundstück W. 10 zum Preis von 1.150.000,00 DM und schenkte es mit
notariellem Schenkungsvertrag vom 24.08.1995 der Klägerin, die am 12.10.1995
ins Grundbuch eingetragen wurde. Die Klägerin veräußerte das Grundstück mit
notariellem Kaufvertrag vom 06.03.2001 an Herrn S., der am 13.09.2002 in das
Grundbuch eingetragen wurde. Der Kaufpreis von 1.960.000,00 DM war in zwei
Raten fällig, und zwar 500.000,- DM bei Unterzeichnung des Vertrages, der
Restbetrag von 1.460.000,00 DM nach Abschluss der Sanierungsarbeiten. Wegen
der weiteren Einzelheiten wird auf die drei notariellen Verträge (Blatt 10559 ff BA)
verwiesen.
Bei Ausschachtungsarbeiten für ein Einfamilienhaus auf der Parzelle „W. 6“ waren
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Bei Ausschachtungsarbeiten für ein Einfamilienhaus auf der Parzelle „W. 6“ waren
am 08.07.1985 farbige Ablagerungen im Erdreich freigelegt worden.Die in der
Folge genommenen Bodenproben auf dem sogenannten Farbhügel - die
Flurstücke A, B - wiesen durchweg sehr hohe Anteile an grundwassergefährdenden
Stoffen auf, insbesondere hohe Anteile an löslichen Chromaten und
Zinkverbindungen.In der Folge wurden zur räumlichen Abgrenzung der
festgestellten Bodenkontaminationen, zur Erfassung möglicher
Bodenluftbelastungen sowie zur Beobachtung der Grundwassersituation im
unmittelbaren und weiteren Standortumfeld auf dem gesamten ehemaligen
Betriebsgelände zahlreiche Sondierungen niedergebracht. Wegen der Einzelheiten
wird auf den Inhalt der Schreiben der Dr. Neumayr GmbH zu den Ergebnissen der
Oberbodenuntersuchungen auf dem Grundstück „W. 10“ vom 18. August 1995
(Ordner 5 BA) sowie die Analyseergebnisse zur erweiterten Erkundung der
ehemaligen Farbenfabrik V mit Schreiben vom 22. November 1995 (Ordner 5 BA)
verwiesen.Mit Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 12.04.1996
wurde das Grundstück „W. 10“ dem Ehemann der Klägerin gegenüber zur Altlast
erklärt. Der dagegen von der zum Verfahren hinzugezogenen Firma V AG
eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Auf die Klage der Firma V AG hob das
erkennende Gericht mit Urteil vom 31.03.2004 (3 E 503/99(1)) den
Altlastenfeststellungsbescheid vom 12.04.1996 und den darauf bezüglichen
Widerspruchsbescheid vom 14.01.1999 auf.Zur Begründung wurde ausgeführt,
dass aufgrund der bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides durchgeführten
Untersuchungen nicht davon ausgegangen werden könne, dass aufgrund der
festgestellten Verunreinigungen unter Berücksichtigung der vorhandenen
Wohnbebauung eine wesentliche Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit
von dem Grundstück ausgehe.Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der
Berufung wurde vom Hess. VGH mit Beschluss vom 19.10.2005 (6 UZ 1187/04)
abgelehnt.
Bereits im Jahre 1993 hatte die Hessische Industriemüll-GmbH (HIM) auf der
Grundlage von § 22 Abs. 1 HAbfAG die Sanierung der Altlast übernommen (Blatt
675 ff, 692 ff BA). Das von der HIM beauftragte Ingenieurbüro AICON AG entwarf
einen vom 14.02.2000 datierenden Sanierungsplan, wobei wegen der Einzelheiten
auf das Anschreiben der HIM vom 15.02.2000 (Blatt 2630 ff BA) sowie den
Sanierungsplan (1 Ordner) verwiesen wird.
Mit Verfügung vom 12.02.2001, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug
genommen wird (Blatt 3896 ff. BA), beauftragte das Regierungspräsidium
Darmstadt die HIM nach § 14 HAltlastG, den von ihr erstellten Plan für die
Sanierung der standortspezifischen Bodenkontaminationen auf dem Gelände der
ehemaligen Farbenfabrik V auszuführen. Zugleich wurden den Eigentümern der
betroffenen Parzellen aufgegeben, die Arbeiten zu dulden. Der Abschnitt III der
Verfügung enthält den Hinweis, dass die Eigentümer den Betrag, der von den
Sanierungskosten jeweils anteilig auf die Grundstücke entfällt, dem Land Hessen
zu erstatten haben, soweit nicht das Haushaltsgesetz für das Jahr 2001 in
Verbindung mit dem Haushaltsplan etwas anderes bestimmt.
Im Haushaltsplan 2001 wurde im Kapitel 09 02 - Wasser und Boden - ein neuer
Titel 893 71 („Zuschüsse für Investitionen an Sonstige im Inland“) geschaffen und
mit folgendem Haushaltsvermerk versehen:
„Erläuterungen: Für Zuwendungen, die - abweichend von § 35 LHO - im Wege der
Verrechnung gegen Wertausgleichsforderungen nach § 25 BBodSchG oder
Zahlungsansprüche infolge der Ausführung der Sanierungen durch das Land an
private gutgläubige Eigentümer sanierter Grundstücke und deren Erben in den
Altlastengebieten Lampertheim-Neuschloß, H./V und Stadtallendorf/WASAG-
Gelände gewährt werden. Die Zuwendung wird nach abgeschlossener Sanierung
der Grundstücke bewilligt (zu diesem Zeitpunkt wird auch die Forderung des
Landes fällig), so dass erste Zahlungen voraussichtlich im Jahr 2005 geleistet
werden. Der verbleibende Finanzierungsanteil der Eigentümer in den jeweiligen
Sanierungsgebieten beträgt 10 v.H., maximal 15.000 DM, und wird bei Titel 119 71
vereinnahmt. Die Regelung wird in zwischen Land und Sanierungsverantwortlichen
abzuschließende Sanierungsvereinbarungen aufgenommen.“
Die aus dem Gelände der ehemaligen „K. Farbenfabrik“ entstandenen Parzellen
wurden schließlich von Oktober 2001 bis Dezember 2002 mittels Bodenaushub
saniert.
Insgesamt wandte der Beklagte für die Sanierung des gesamten Geländes bis
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Insgesamt wandte der Beklagte für die Sanierung des gesamten Geländes bis
Ende 2003 nach den Feststellungen des HessVGH (Beschluss vom 07.11.2006 - 6
TE 1431/06) 9.776.856,86 € auf. Die laufende Grundwassersanierung sollte - im
Jahr 2004 - prognostisch noch ca. zehn Jahre weiterbetrieben werden, wobei die
jährlichen Kosten auf 220.000,-- € beziffert werden, so dass von einem
Sanierungsaufwand von insgesamt 11.976.856,86 € auszugehen ist.
Das Grundstück der Klägerin wurde von Februar 2002 bis Anfang April 2002
saniert. Dabei ergaben die Analysen der Böschungs- und Sohlproben im Eluat
folgende Ergebnisse: AW 10-B-01 Chrom 470 µg/l, Chrom VI 308 µg/l, AW 10-B-02
Chrom VI 86 µg/l,AW 10-B-09 Chrom 323 µg/l, Chrom VI 323 µg/l,AW 10-B-09NU
Chrom 279 µg/l Chrom VI 279 µg/l.
Die dafür aufgewandten Kosten bezifferte die HIM GmbH auf 307.511,38 Euro. In
diesem Betrag enthalten sind Baukosten, Entsorgungskosten, Analysekosten,
Kosten für Ingenieurleistungen sowie sonstige Kosten. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf die grundstücksbezogene Sanierungsenddokumentation „W.
10“ durch die im Auftrag der HIM GmbH tätig gewordenen CDM Amann Infutec
Consult vom 31.07.2003 verwiesen.
An Erstattungsleistungen hat der Beklagte - soweit ersichtlich - von den jeweiligen
Eigentümern der einzelnen Parzellen die sich aus dem Haushaltsvermerk
ergebenden 15.000,-- DM = 7.669,38 Euro erhalten. Mit Bescheid vom 08.
Oktober, berichtigt mit Bescheid vom 14. Oktober 2003 (Blatt 8679, 8782 BA), war
auch der Ehemann der Klägerin in Höhe von 7.669,38 Euro in Anspruch
genommen worden. Den vom Ehemann der Klägerin dagegen am 10. November
2003 eingelegten Widerspruch (Blatt 8895a BA) nahm dieser am 13. Februar 2007
zurück. Zu einer Zahlung dieses Betrages, obwohl vom Ehemann der Klägerin
angeboten, ist es bislang nicht gekommen.
Darüber hinaus haben in zwei Verfahren gegen die Bauträger - K. und W. - die
Beteiligten vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof am 14. Februar 2008
einen Vergleich geschlossen, dessen Ziffer 1 wie folgt lautet:„Der Kläger zu 1)
zahlt zur Abgeltung aller Ansprüche aus der Untersuchung und Sanierung des
Betriebsgrundstücks der sogenannten „K. Farbenfabrik“ an den Beklagten
1.200.000,-- Euro.“
Nachdem das Regierungspräsidium Darmstadt im Zusammenhang mit der
Tätigkeit des Hessischen Rechnungshofes Kenntnis davon erlangt hatte, dass der
Ehemann der Klägerin das Eigentum an dem streitbefangenen Flurstück schon vor
längerer Zeit übertragen hatte, erging am 05.12.2006, der Klägerin zugestellt am
19.12.2006, ein Bescheid mit folgendem Tenor:
„1. Die Kosten der Bodensanierung des Grundstücks W. 10, 00000 H. , Flur 4,
Flurstück X., werden auf 307.511,38 EUR festgesetzt.
2. Der Wertausgleich für das Grundstück W. 10, 00000 H., Flur 4, Flurstück X., wird
auf 307.511,38 EUR festgesetzt.
3. Sie haben den Betrag von 307.511,38 EUR zu zahlen.“
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Zahlungsanspruch auf zwei
Rechtsgrundlagen gestützt werden könne, insgesamt der Betrag jedoch nur
einmal zu zahlen sei.Der Anspruch auf Zahlung von 307.511,38 Euro bestehe zum
einen als Kostenerstattungsanspruch für die durchgeführten
Sanierungsmaßnahmen. Er beruhe auf §§ 12 Abs. 1 Nr. 5, 14 und 15 HAltlastG i. V.
m. §§ 4 Abs. 3 und 13, 14 Satz 1 Nr. 2 und 3, 24 Abs. 1 BBodSchG. Der
Zahlungsanspruch lasse sich darüber hinaus auch auf § 25 BBodSchG stützen im
Rahmen eines Wertausgleichs. Dabei sei in diesem Rahmen eine unbillige Härte
nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar. Die hier vorgenommene Festsetzung
des Wertausgleichs bleibe vielmehr hinter dem eigentlichen Wertzuwachs zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 10.01.2007 Klage erhoben.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass wegen der Unterschiede zwischen § 24
und § 25 BBodSchG ein Bescheid ungenügend sei, der - wie hier - offenlasse, ob
der eine oder andere Anspruch durchgeführt werden solle. Aus diesem Grund sei
der angegriffene Bescheid zu unbestimmt, um überhaupt eine
Zahlungsverpflichtung zu begründen. Für das Grundstück der Klägerin habe schon
deshalb keine Sanierungspflicht bestanden, da dieses nicht kontaminiert gewesen
sei. Der Fund farbiger Ablagerungen auf dem benachbarten Grundstück „W. 6“
habe ihren Ehemann beunruhigt. Er habe deshalb die Firma Dr. Friedrich W. Hug
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habe ihren Ehemann beunruhigt. Er habe deshalb die Firma Dr. Friedrich W. Hug
Geoconsult GmbH beauftragt, eine geologische Untersuchung auf seinem
Grundstück im Hinblick auf Schadstoffe durchzuführen. Geoconsult sei in ihrem
Gutachten vom 13. September 1985 (Blatt 46 ff. der Akte) zu dem Ergebnis
gelangt, dass die Bodenuntersuchungen und die chemischen Analysen der
Bodenproben keinen Altlastenverdacht begründeten. Im Übrigen sei der
Altlastenfeststellungsbescheid des Regierungspräsidiums vom Verwaltungsgericht
auf die Klage der BASF hin aufgehoben worden. Das Verwaltungsgericht habe in
seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des
Widerspruchsbescheides auf der Grundlage der bis dahin durchgeführten
Untersuchungen eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht zu
belegen sei.
Bei der Festsetzung der Bodensanierungskosten habe der Beklagte übersehen,
dass schon im Oktober 2003 für alle Grundstücke des Betriebsgeländes
abschließende Kostenbescheide über jeweils DM 15.000/EUR 7.669,38 ergangen
seien. Der für das Grundstück „W. 10“ ergangene Kostenbescheid sei zwar an den
Ehemann der Klägerin adressiert gewesen, zwischenzeitlich jedoch bestandskräftig
geworden, nachdem der Ehemann der Klägerin seinen Widerspruch
zurückgenommen habe. Wie in allen anderen Fällen stehe auch für dieses
Grundstück damit die von den Grundstückseigentümern zu tragenden
Bodensanierungskosten fest. Durch diese Festsetzung sei der Beklagte gehindert,
gegenüber der Klägerin weitere und höhere Sanierungskosten festzusetzen. Durch
die Begrenzung der Kosten auf generell DM 15.000,--/EUR 7.669,38 habe sich der
Beklagte dem Gebot der Gleichbehandlung unterworfen; ihm sei es deshalb
verwehrt, im Einzelfall von dieser Verwaltungspraxis abzuweichen. Ungeachtet
dessen habe der hessische Staatsminister D. den betroffenen
Grundstückseigentümern schriftlich zugesichert, dass die von ihnen zu
übernehmenden Sanierungskosten auf DM 15.000,-- pro Eigentümer begrenzt
würden. Nach dieser Zusicherung dürfe der Beklagte keine Kostenbescheide
erlassen, die diesen Betrag überschritten.
Soweit der Beklagte behaupte, die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass
sie beim Erwerb des Grundstückseigentums die bestehende Verunreinigung weder
gekannt habe noch habe kennen müssen, werde diese Betrachtungsweise der
tatsächlichen Situation nicht gerecht. Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass
zu dem Zeitpunkt, zu dem der Ehemann der Klägerin das Grundstück gekauft
habe, keine Altlasten bekannt gewesen seien und auch kein Altlastenverdacht
bestanden habe. Insofern habe sich zu dem Zeitpunkt, als der Ehemann der
Klägerin dieser das Grundstück geschenkt habe, eine andere Situation ergeben. Es
sei jedoch zu beachten, dass das Grundstück in der Familie habe verbleiben sollen
und die Schenkung nur erfolgt sei, damit die Klägerin finanziell abgesichert werde.
Sie - die Klägerin - habe bei der Schenkung keinesfalls eine entstandene Gefahr
bewusst in Kauf genommen bzw. in fahrlässiger Weise vor Risikoumständen die
Augen verschlossen. Im Ergebnis spreche dies dafür, bei der Gutgläubigkeit keine
Unterscheidung zwischen den Eheleuten zu treffen und die Schenkung unter
Eheleuten nicht einem Verkauf an Dritte gleichzusetzen; die innerfamiliäre
Eigentumsübertragung entspreche eher einer Vererbung.
Selbst wenn man von der Möglichkeit eines Wertausgleiches ausgehen würde, so
sei durch die Sanierung keine Werterhöhung des Grundstücks eingetreten. Bei der
Schenkung habe die Klägerin davon ausgehen dürfen, dass der Verkehrswert des
Grundstücks mit der darauf errichteten Villa ca. 1,5 Millionen Euro betrage. Durch
die an den Nachbargrundstücken über Jahre durchgeführten Untersuchungen sei
der Verkehrswert ständig gesunken. Auch wenn keine Sanierung am streitigen
Grundstück durchgeführt worden wäre, hätte man am Immobilienmarkt wegen der
unsicheren Gesamtsituation nur ca. 1 Million Euro erzielen können. Dies habe
letztendlich mit vieler Mühe auch realisiert werden können. Deshalb verstünden
sich die Klägerin und ihr Ehemann eher als Opfer denn als Täter. Schließlich hätten
die Sanierungsarbeiten auf dem Grundstück „W. 10“ im Februar 2002 begonnen
und seien Ende März 2002 abgeschlossen gewesen. Der Anspruch auf
Kostenerstattung sei somit verjährt. Auch die Pflicht zum Wertausgleich sei
erloschen, da der Ausgleichsbetrag nicht bis zum Ende des vierten Jahres nach
Abschluss der Sanierung festgesetzt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2006 über die Heranziehung zu
den Kosten der Sanierung des Bodens auf dem Gelände der ehemaligen
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den Kosten der Sanierung des Bodens auf dem Gelände der ehemaligen
Farbenfabrik V sowie zu dem damit verbundenen Wertausgleich in Höhe der
maßnahmenbedingten Wertsteigerung des Grundstücks W. 10, 61350 H.
aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass der Ansicht der Klägerin, der Bescheid sei
wegen der Bezugnahme auf § 24 und § 25 BBodSchG zu unbestimmt,
entgegenzuhalten sei, dass sich das verwaltungsverfahrensrechtliche
Bestimmtheitserfordernis des § 37 Abs. 1 HVwVfG auf den verfügenden Teil und
nicht auf die Begründung des Verwaltungsaktes beziehe.Soweit die Klägerin der
Auffassung sei, dass ihr Grundstück nicht kontaminiert gewesen sei und sich
insoweit auf die gerichtliche Aufhebung des Altlastenfeststellungsbescheides
beziehe, sei darauf hinzuweisen, dass die zitierte Entscheidung weder das
Vorliegen einer Altlast zum Zeitpunkt der Sanierung noch die Einstufung des
Grundstücks als „altlastenverdächtige Fläche“ zum Zeitpunkt der
Eigentumsübertragung in Frage stelle. Nach den vor Beginn der
Sanierungsarbeiten im Jahr 2001 durchgeführten Untersuchungen habe an der
Sanierungsbedürftigkeit des Grundstücks und mithin dem Vorliegen einer Altlast
kein Zweifel bestanden. Auch die Untersuchungen des im Rahmen der Sanierung
ausgehobenen Bodens hätten hohe Chrom VI-Belastungen oberhalb des
Prüfwertes der BBodSchV gezeigt. Die Ergebnisse der Sanierung hätten den
Sanierungsbedarf bestätigt. Der hohe Grad der Verunreinigung und der dringende
Sanierungsbedarf des Grundstücks sei zudem mehr als hinreichend in der
grundstücksbezogenen Sanierungsdokumentation der CDM Amann Infotec
Consult AG und Co. KG vom 31. Juli 2003 beschrieben. Die Heranziehung der
Klägerin verstoße auch nicht gegen das Gebot der Gleichbehandlung, da sich die
anderen Grundstückseigentümer - anders als sie - auf Gutgläubigkeit bei Erwerb
berufen könnten und hierin der maßgebliche sachliche Unterschied liege. Die
Untersuchungen auf dem Grundstück der Klägerin seien vor ihrem Eintrag in das
Grundbuch durchgeführt worden. Die Klägerin habe demnach zum Zeitpunkt der
Eigentumsübertragung vom Altlastenverdacht gewusst. Aufgrund der Befunde auf
dem sogenannten Rückstandshügel habe auch schon lange vor dieser Zeit ein
Altlastenverdacht für die Grundstücke auf dem Betriebsgrundstück der
ehemaligen Farbenfabrik V vorgelegen. Dies sei auch der Grund gewesen, weshalb
der Ehemann der Klägerin als damaliger Eigentümer im September 1985 das
Ingenieurbüro HUG Geoconsult beauftragt habe, den kontaminierten Bereich
einzugrenzen und gegebenenfalls ein Konzept zur Sanierung zu erstellen. Die
Klägerin könne sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass bei einer
Eigentumsübertragung unter Ehegatten der gute Glaube fort gelte. Insbesondere
könne keine Rede davon sein, dass die interfamiliäre Eigentumsübertragung
aufgrund Schenkung eher der Vererbung entspreche. Auch die im Bescheid
nochmals aufgeführte haushaltsrechtliche Regelung zur Beschränkung der
Heranziehung habe ausdrücklich neben dem privaten gutgläubigen Eigentümern
deren Erben mit eingeschlossen; aber eben nur diese.
Des Weiteren stünden auch die Schreiben des Regierungspräsidiums vom 21. Mai
1996 und vom 17. November 1998 noch das Schreiben des Herrn Staatsministers
D. vom 29. September 2000, auf das sich die Klägerin berufe, ihrer
Inanspruchnahme nicht entgegen.
Schließlich sei weder Verjährung hinsichtlich der Sanierungskosten noch
hinsichtlich des Wertausgleiches eingetreten. Wenn man auf die Erstellung der
Sanierungsdokumentation im Jahre 2003 abstelle, hätte die Verjährungsfrist erst
mit Ablauf des Jahres 2003 begonnen und wäre erst mit Ablauf des Jahres 2006 die
Verjährung eingetreten. Dementsprechend sei auch die Pflicht der Klägerin zum
Wertausgleich nicht gem. § 25 Abs. 3 Satz 2 BBodSchG erloschen, denn der
Ausgleichsbetrag sei vor Ende des vierten Jahres nach Abschluss der
Sanierungsarbeiten festgesetzt worden. Eine Festsetzung sei noch vor dem 31.
Dezember 2006 als dem maßgeblichen Datum erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der
Behördenvorgänge (Ordner I bis XXIV) und der Gutachtenbände (acht Ordner)
sowie die Akten des Verfahrens 3 E 503/99 (1) (2 Bände) verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
Nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Teil ist der Bescheid vom 05. Dezember
2006 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO.
Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt dem Bescheid vom 05. Dezember
2006 nicht die hinreichende Bestimmtheit. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15.02.1990 - BVerwGE 84, 335 (338))
bedeutet eine inhaltlich hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes
gemäß § 37 Abs. 1 HVwVfG zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt
werden muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der
Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen
Durchsetzung sein können. Dabei richten sich im einzelnen die Anforderungen an
die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes nach den Besonderheiten
des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden
materiellen Rechts. In Ansehung dieser Grundsätze ergibt sich, dass jede einzelne
der vom Beklagten in dem angefochtenen Bescheid getroffenen Regelungen
hinreichend bestimmt ist und - auch ohne Heranziehung der Begründung des
Bescheides - auf der Hand liegt, dass der Beklagte einen bestimmten Betrag in
Anwendung von zwei Rechtsgrundlagen festsetzt, die Klägerin diesen Betrag
jedoch nur einmal zu leisten hat. Dass sich die vom Beklagten herangezogenen
Rechtsgrundlagen gegenseitig ausschließen, worauf die Klägerin zutreffend
hinweist, ist dagegen eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit des
angefochtenen Bescheides, nicht jedoch von dessen hinreichender Bestimmtheit.
Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides, mit der die Kosten der Bodensanierung
der Klägerin gegenüber auf 307.511,38 Euro festgesetzt werden, ist rechtswidrig
und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Die Voraussetzungen des vom Beklagten zur Begründung herangezogenen § 24
Abs. 1 BBodSchG sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 ist
kostenpflichtig derjenige, der zur Durchführung der auf der Grundlage von im
einzelnen benannten Vorschriften „angeordneten Maßnahmen“ verpflichtet
ist.Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 26. April 2006
(BVerwGE 126, 1 (2 f)) - betreffend die förmliche Altlastenfeststellung nach § 11
Abs. 1 HAltlastG - in diesem Zusammenhang ausgeführt:
„Das Bundes-Bodenschutzgesetz sieht in seinem Zweiten Teil („Grundsätze
und Pflichten“) und Dritten Teil („Ergänzende Vorschriften für Altlasten“) eine
Reihe von Maßnahmen zur Ermittlung schädlicher Bodenveränderungen und
Altlasten sowie zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten der Verantwortlichen vor.
Liegen der Behörde Anhaltspunkte dafür vor, dass eine schädliche
Bodenveränderung oder Altlast vorliegt, soll sie zur Ermittlung des Sachverhalts
die geeigneten Maßnahmen ergreifen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG). Besteht
aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen
Bodenveränderung oder Altlast, kann die zuständige Behörde anordnen, dass die
in § 4 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG genannten Verantwortlichen die notwendigen
Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben (§ 9 Abs. 2
Satz 1 BBodSchG). Bei Altlasten i.S.d. § 2 Abs. 5 BBodSchG sollen von einem zur
Sanierung Verpflichteten die notwendigen Sanierungsuntersuchungen sowie die
Vorlage eines Sanierungsplans verlangt werden (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG),
dasselbe gilt für die Durchführung von Eigenkontrollmaßnahmen (§ 15 Abs. 2
BBodSchG). Daneben kann die Behörde zur Erfüllung der Pflichten die
erforderlichen Einzelanordnungen treffen (§ 10 Abs. 1, § 16 Abs. 1 BBodSchG).
Dieses Maßnahmenbündel lässt klar erkennen, dass die Regelung des
behördlichen Handlungsinstrumentariums abschließend ist und darauf zielt, die
Verantwortlichen unmittelbar zur Einleitung der notwendigen Schritte zur
Sicherung oder Wiederherstellung der Bodenfunktionen zu verpflichten. Abgesehen
von behördlichen Ermittlungen im Vorfeld sollen die Verantwortlichen bei
hinreichendem Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast
unmittelbar zur Gefährdungsabschätzung, zur Sanierungsplanung oder zur
Erfüllung ihrer bodenschutzrechtlichen Pflichten herangezogen werden, um im
Interesse effektiven Bodenschutzes die Beeinträchtigung der Bodenfunktionen und
die sonstigen von Altlasten ausgehenden Gefahren durch zielgerechtes Handeln
aufzuklären, abzuwehren oder zu verringern ...“
Mit dieser vom Bundesverwaltungsgericht betonten „unmittelbaren Heranziehung“
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Mit dieser vom Bundesverwaltungsgericht betonten „unmittelbaren Heranziehung“
des Sanierungsverantwortlichen korrespondiert die Kostenerstattungspflicht der
„angeordneten Maßnahmen“ nach § 24 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG. Im vorliegenden
Fall sind diese Maßnahmen jedoch nicht der Klägerin als Sanierungsverpflichteten
aufgegeben worden, sondern die Bodensanierung ist im Rahmen eines öffentlich-
rechtlichen Auftragsverhältnisses (§ 14 Abs. 2 HAltlastG) von der zuständigen
Behörde auf den Träger der Altlastensanierung übertragen worden. Die geltend
gemachten Kosten sind deshalb nicht durch Maßnahmen entstanden, zu denen
die Klägerin auf der Grundlage des BBodSchG herangezogen wurde. Ob die
Voraussetzungen einer behördlichen Sanierungsplanung nach § 14 BBodSchG
gegeben waren und ob deshalb in soweit der Beklagte Kostenerstattung nach § 24
Abs. 1 Satz 2 BBodSchG verlangen könnte, bedarf im vorliegenden Fall keiner
Entscheidung, weil in dem Betrag, der von der Klägerin gefordert wird, Kosten der
Sanierungsplanung nicht enthalten sind.Auch soweit der Beklagte inhaltlich auf das
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juli 2006 (BVerwGE 126, 222 (225))
verweist, wo ausdrücklich Auslagen einer Behörde für erstattungsfähig erachtet
werden, wenn bodenbezogene Maßnahmen, weil sie vom Verpflichteten nicht
selbst durchgeführt werden, von der Behörde im Wege des Selbsteintritts oder der
Ersatzvornahme vollzogen werden, trifft dies den vorliegenden Fall nicht. § 15
HAltlastG regelt nicht die Kosten der Vollstreckung einer dem
Sanierungspflichtigen aufgegebenen bodenbezogenen Maßnahme, sondern die
Erstattung der der zuständigen Behörde im Rahmen des öffentlich-rechtlichen
Auftragsverhältnisses mit dem Träger der Altlastensanierung entstandenen
Aufwendungen (§ 14 Abs. 2 Satz 2 HAltlastG i.V.m. § 670 BGB). Auch die
Voraussetzungen eines Selbsteintritts waren nicht gegeben. Nach allgemeinen
Grundsätzen scheidet ein Vorgehen im Wege der unmittelbaren Ausführung
bereits dann aus, wenn die (rechtzeitige) Inanspruchnahme eines
Sanierungspflichtigen möglich ist (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 08.02.1993 -
VBlBW 1993,298(299); Hipp/Rech/Turian, Bundes-Bodenschutzgesetz Rn 515).
Dass hier die Inanspruchnahme der Klägerin als Eigentümerin der Parzelle X. nicht
möglich gewesen sein sollte, ist für das Gericht nicht ersichtlich und vom
Beklagten auch nicht behauptet worden.
Soweit der Beklagte mit dem Bescheid vom 05. Dezember 2006 den
Wertausgleich der Klägerin gegenüber auf 307.511,38 Euro festgesetzt hat, erweist
sich dies als ganz überwiegend rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Wertausgleiches ist § 25 Abs. 1 Satz 1
BBodSchG. Danach hat der Eigentümer einen von der zuständigen Behörde
festzusetzenden Wertausgleich in Höhe der maßnahmenbedingten Wertsteigerung
an den öffentlichen Kostenträger zu leisten, soweit durch den Einsatz öffentlicher
Mittel bei Maßnahmen zur Erfüllung der Pflichten nach § 4 der Verkehrswert eines
Grundstücks nicht nur unwesentlich erhöht wird und der Eigentümer die Kosten
hierfür nicht oder nicht vollständig getragen hat.Hier hat der Beklagte in ganz
erheblichem Maße öffentliche Mittel eingesetzt, nämlich nach den Feststellungen
des Hess. VGH in seinem Beschluss vom 07.11.2006 (6 TE 1431/06) zum
damaligen Zeitpunkt - der in etwa mit dem Zeitpunkt des angefochtenen
Bescheides übereinstimmt - bereits über 10.000.000,-- Euro. Diese Mittel wurden
bei Maßnahmen zur Erfüllung der Pflichten nach § 4 BBodSchG eingesetzt. Nach
der hier als einschlägig in Betracht kommenden Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1
BBodSchG ist der Grundstückseigentümer - hier also die Klägerin, die erst mit
Eintragung des Grundstückserwerbers S. in das Grundbuch am 13.09.2002 ihr
Eigentum verlor - verpflichtet, den Boden und Altlasten so zu sanieren, dass
dauerhaft keine Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.Bei
dem Flurstück X., welches im Zeitpunkt der Sanierung im Eigentum der Klägerin
stand, handelte es sich um eine Altlast. Nach der Vorschrift des § 2 Abs. 5 Ziffer 2
BBodSchG sind Altlasten Grundstücke stillgelegter Anlagen - hier der ehemaligen
Farbenfabrik V - auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen - hier insbesondere
mit Schwermetallen wie Chrom, Chrom VI und Blei - umgegangen wurden.
Dadurch sind schädliche Bodenveränderungen für die Allgemeinheit hervorgerufen
worden. Solche sind nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 BBodSchG Beeinträchtigungen
der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren für den Einzelnen oder die
Allgemeinheit herbeizuführen. Zur Beurteilung von schädlichen
Bodenveränderungen, altlastenverdächtigen Flächen und Altlasten ist die gemäß §
8 BBodSchG erlassene Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 12. Juli
1999 (BGBl. I Seite 1554) - BBodSchV - heranzuziehen. Dabei geht § 8 Abs. 1 Satz
2 Nr. 2 BBodSchG davon aus, dass bei Überschreitung des entsprechenden
Maßnahmenwertes in der Regel von einer schädlichen Bodenveränderung - und
damit von einer Altlast - auszugehen ist. Soweit in der BBodSchV für einen
damit von einer Altlast - auszugehen ist. Soweit in der BBodSchV für einen
Schadstoff kein Prüfwert oder Maßnahmenwert enthalten ist, sind gemäß § 4 Abs.
5 BBodSchV für die Bewertung die zur Ableitung der entsprechenden Werte in
Anhang 2 herangezogenen Methoden und Maßstäbe zu beachten, wie sie in der
Bekanntmachung vom 18. Juni 1999 (Bundesanzeiger Nr. 161a vom 28. August
1999) veröffentlicht sind. Das Bundes-Bodenschutzgesetz und die dazu
ergangenen untergesetzlichen Vorschriften - Bundes-Bodenschutz- und
Altlastenverordnung sowie Bekanntmachung über „Methoden und Maßnahmen für
die Ableitung der Prüf- und Maßnahmenwerte nach der Bundes-Bodenschutz- und
Altlastenverordnung (BBodSchV) vom 18. Juni 1999“ - enthalten für den hier
vornehmlich als relevant in Frage kommenden Wirkungspfad Boden-Grundwasser
und für die hier vorgefundenen Schwermetalle lediglich die Prüfwerte für das
Bodensickerwasser (Chrom, gesamt: 50 µ/l; Chromat 8 µ/l - Anhang 2 Ziffer 3.1
BBodSchV), jedoch insoweit keine Maßnahmenwerte. Bei diesen Gegebenheiten
können nach Auffassung des erkennenden Gerichts zur Beurteilung der Gefahr für
das Grundwasser bzw. einer schädlichen Bodenveränderung auf Länderebene
vorhandene Prüf- und Maßnahmenwerte angewandt werden, wenn diese den
sonstigen Anforderungen des Bundes-Bodenschutzgesetzes und der Bundes-
Bodenschutz- und Altlastenverordnung entsprechen (vgl. Hess. VGH, Beschluss
vom 13.07.2001 - 6 TG 1761/99; OVG Lüneburg, Beschluss vom 03.05.2000 - ZfW
2000, 247 (250); Hipp/Rech/Turian, Bundes-Bodenschutzgesetz, Randnummer
341).Dies findet eine sachliche Rechtfertigung darin, dass die bislang auf
Landesebene angewandten Prüf- und Maßnahmenwerte für Boden- und
Grundwasserverunreinigen nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich geeignet
waren, eine tragfähige Grundlage - weil sachverständige Festlegung - für die
Annahme einer schädlichen Bodenveränderung durch die so festgestellte
Verunreinigung zu liefern. Maßnahmenwerte für Schadstoffgehalte des
Grundwassers enthält die Verwaltungsvorschrift zu § 77 des Hessischen
Wassergesetzes für die Sanierung von Grundwasser- und Bodenverunreinigungen
im Hinblick auf den Gewässerschutz (Gw-VwV) vom 19. Mai 1994 (Staatsanzeiger
1994, Seite 1590). Nach Anlage 1 Ziffer 1 dieser
Grundwasserverwaltungsvorschrift - die Verwaltungsvorschrift zur Erfassung,
Bewertung und Sanierung von Grundwasserverunreinigungen (GWS-VwV) vom 30.
Oktober 2005 (Staatsanzeiger 2005, Seite 4243) war zum Zeitpunkt der Sanierung
des streitbefangenen Grundstücks noch nicht erlassen - liegt der Maßnahmenwert
(Sanierungsschwellenwert) für Verunreinigungen des Grundwassers durch Chrom
bei 200 µ/l. Der Prüfwert für Verunreinigungen durch Chrom liegt bei 50 µ/l und
entspricht damit dem in der BBodSchV (Anhang 2 Ziffer 3.1) enthaltenen Prüfwert
zur Beurteilung des Wirkungspfades Boden-Grundwasser nach § 8 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 BBodSchG. Zwar enthält Gw-VwV weder einen Prüfwert noch einen
Sanierungsschwellenwert für Chrom VI, jedoch erlauben die Prüf- und
Sanierungsschwellenwerte der sonstigen, in der Gw-VwV aufgelisteten Metalle den
Schluss, dass der Sanierungsschwellenwert beim Vierfachen bis Fünffachen des
Prüfwertes - bezogen auf die Schadstofffracht - anzunehmen ist. Geht man
deshalb mit dem in Anhang 2 Ziffer 3.1 der BBodSchV enthaltenen Prüfwert für
Chromat von 8 µ/l aus, so hat das Gericht keine Bedenken, bei einer
Schadstoffbelastung mit Chrom VI von mehr als 40 µ/l von einer Überschreitung
des entsprechenden Maßnahmewertes auszugehen.Betrachtet man im Hinblick
auf diese Maßnahmenwerte die im Rahmen der Sanierung ermittelten
Analyseergebnisse der Böschungs- und Sohlproben, so zeigen die
Böschungsproben 01, 02, 09 und 09/NU Belastungen des Eluats mit Chrom
zwischen 279 µ/l und 470 µ/l und Belastungen mit Chrom VI zwischen 86 µ/l und
323 µ/l. Diese an verschiedenen Stellen auf dem streitbefangenen Grundstück -
wegen der genaueren Örtlichkeiten wird auf die grundstücksbezogene
Sanierungsenddokumentation „Am Wald 10“ vom 31.07.2003 verwiesen -
vorgefundenen deutlichen Überschreitungen der Maßnahmewerte tragen die
Beurteilung, dass hier ein Altstandort mit dadurch verursachten schädlichen
Bodenveränderungen, also eine Altlast gegeben ist.Dies lässt sich entgegen der
Auffassung der Klägerin nicht dadurch in Frage stellen, dass das erkennende
Gericht mit Urteil vom 31.03.2004 (3 E 503/99(1)) den
Altlastenfeststellungsbescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom
12.04.1996 und den darauf bezüglichen Widerspruchsbescheid aufgehoben hatte.
Hierfür war entscheidend, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich dem
Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides, der vor Inkrafttreten des
Bundes-Bodenschutzgesetzes lag, keine ausreichenden Erkenntnisse vorlagen, die
eine Feststellung zur Altlast erlaubten. Insofern hat sich die Situation durch
Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes am 01.03.1999 geändert. Wie das
Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 26. April 2006 (BVerwGE 126, 1 (2
f)) - betreffend die förmliche Altlastenfeststellung nach § 11 Abs. 1 HAltlastG -
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f)) - betreffend die förmliche Altlastenfeststellung nach § 11 Abs. 1 HAltlastG -
darlegte, zielt das Handlungsinstrumentarium des Bundes-Bodenschutzgesetzes
darauf ab, die Verantwortlichen unmittelbar zur Einleitung der notwendigen
Schritte zur Sicherung oder Wiederherstellung der Bodenfunktionen zu
verpflichten. Deshalb sollen die Verantwortlichen bei hinreichendem Verdacht einer
schädlichen Bodenveränderung oder Altlast unmittelbar zur
Gefährdungsabschätzung, zur Sanierungsplanung oder zur Erfüllung ihrer
bodenschutzrechtlichen Pflichten herangezogen werden. Für die deshalb zum
Zeitpunkt der Sanierung nach bundesrechtlichen Vorgaben konkludent zu
klärende Frage, ob es sich bei dem streitbefangenen Grundstück um eine Altlast
handelte oder nicht, ist die rechtskräftige Aufhebung der auf hessischem Recht
basierenden Altlastenfeststellung nicht mehr relevant.Mit der Sanierung des
ehemals der Klägerin gehörenden Grundstückes „W. 10“ hat der Beklagte deshalb
die Pflichten der Klägerin nach § 4 BBodSchG erfüllt.Hierdurch ist der Verkehrswert
des streitbefangenen Grundstücks nicht nur unwesentlich erhöht worden. Diese
Erhöhung des Verkehrswertes besteht nach § 25 Abs. 2 BBodSchG aus dem
Unterschied zwischen dem Wert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn
die Maßnahmen nicht durchgeführt worden wären (Anfangswert), und dem
Verkehrswert, der sich für das Grundstück nach Durchführung der Erkundungs-
und Sanierungsmaßnahmen ergibt (Endwert). Ob die Berechnung des
Wertzuwachses nach § 25 Abs. 2 BBodSchG trotz eines insoweit fehlenden
Verweises in der Regel nach Maßgabe der Verordnung über Grundsätze für die
Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung -
WertV) vom 06.12.1988 (BGBl. I, Seite 2209) zu erfolgen hat (so
Sondermann/Henke in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 25 Randnummer 28;
Albrecht, Die Wertausgleichsregelung im Bundes-Bodenschutzgesetz, NVwZ 2001,
1120 (1122)), kann hier dahinstehen. Im vorliegenden Fall bietet der vom Notar M.
am 06. März 2001 beurkundete Kaufvertrag zwischen der Klägerin und Herrn S.
konkrete - und deshalb einer hypothetischen Wertermittlung gegenüber
überlegene - Antworten auf die Frage, wie der Grundstücksmarkt einen eventuell
durch die Sanierung erfahrenen Wertzuwachs des Grundstücks beurteilt. Von dem
vereinbarten Kaufpreis von 1.960.000,-- DM war ein Teilbetrag in Höhe von
500.000,-- DM bei Unterzeichnung des Vertrages fällig, der Restbetrag in Höhe von
1.460.000,-- DM 14 Tage nach Abschluss der Sanierungsarbeiten (§ 2 Ziffer 2 und
3 des Kaufvertrages). Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte spricht zur
Überzeugung des Gerichts alles dafür, dass dieser nach Sanierung vom Käufer zu
zahlende Betrag von 1.460.000,-- DM (= 746.486,15 Euro) dem Wertzuwachs
infolge durchgeführter Sanierung des Grundstücks entspricht. Soweit die Klägerin
darauf verweist, dass in dem Kaufpreis auch der Betrag von 120.000,-- DM für
Inventar enthalten sei, der bei der Ermittlung des Verkehrswertes nicht zu
berücksichtigen sei, mag dies auf sich beruhen. Wenn das Gericht davon ausgeht,
dass der Kaufpreis für das Inventar bereits in den bei Unterzeichnung des
Vertrages zu leistenden 500.000,-- DM enthalten waren, würde sich der
Wertzuwachs infolge der Sanierung sogar um diesen Betrag vergrößern. Wollte
man - aus welchen Gründen auch immer - davon ausgehen, dass in dem
Restbetrag von 1.460.000,-- DM 120.000,-- DM für das überlassene Inventar
enthalten sind, so verbliebe eine Wertsteigerung von 1.340.000,-- DM (=
685.131,12 Euro), also immer noch ein Betrag, der die vom Beklagten
aufgewendeten Mittel zur Sanierung bei weitem übersteigen würde. Soweit die
Klägerin im Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 11. März 2009 einwendet, die
berechnete Wertminderung beruhe nicht auf dem Zustand des Grundstückes,
sondern vielmehr auf einer rechtswidrigen - und, wie das Gericht ergänzt, zum
Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrages noch nicht aufgehobenen
- Altlastenfeststellung, zu der sich insbesondere § 4 Ziffer 2 des Kaufvertrages
verhalte, überzeugt dies das Gericht nicht. Grund für den geringen Anfangswert
des Grundstückes war dessen Sanierungsbedürftigkeit, an der sich auch durch
Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes nichts änderte. Dass der
Altlastenfeststellungsbescheid des Beklagten vom erkennenden Gericht
aufgehoben wurde, obwohl er - im nachhinein betrachtet - im Ergebnis zutreffend
die Sanierungsbedürftigkeit des streitbefangenen Grundstückes bejaht hatte,
beruhte - wie dargelegt - darauf, dass die tatsächliche Grundlage der behördlichen
Entscheidung nach Auffassung des erkennenden Gerichts sich im maßgeblichen
Zeitpunkt als nicht hinreichend tragfähig erwies.
Die Klägerin hat die Kosten der Maßnahmen bislang nicht getragen, nicht zuletzt
deshalb, weil - wie oben dargelegt - die Voraussetzungen für eine Heranziehung
der Klägerin zu den Kosten der Sanierung nach § 24 Abs. 1 BBodSchG nicht
gegeben sind. Danach hat die Klägerin nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG einen
vom Beklagten als zuständiger Behörde festzusetzenden Wertausgleich in Höhe
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vom Beklagten als zuständiger Behörde festzusetzenden Wertausgleich in Höhe
der maßnahmebedingten Wertsteigerungen zu leisten, wobei die Höhe des
Ausgleichsbetrages durch die Höhe der eingesetzten öffentlichen Mittel begrenzt
wird (§ 25 Abs. 1 Satz 2 BBodSchG). Da der Beklagte hier die eingesetzten Mittel
auf 307.511,38 Euro beziffert, ist dies im Hinblick auf die oben dargelegte, sich aus
den Vereinbarungen des notariellen Kaufvertrages ergebende Wertsteigerung des
Grundstücks der maßgebliche Betrag.
Soweit die Klägerin meint, einen Wertausgleich deshalb nicht leisten zu müssen,
weil bereits im Oktober 2003 für alle Grundstücke des ehemaligen
Betriebsgeländes abschließende Kostenbescheide über jeweils 7.669,38 Euro
ergangen seien, vermag dem das Gericht nicht zu folgen. Dieser, das
Hausgrundstück „W. 10“ betreffende und inzwischen bestandskräftige Bescheid
vom 14.10.2003 richtete sich an den falschen Adressaten. Richtiger Adressat
eines Bescheides, mit dem ein Wertausgleich nach § 25 Abs. 1 BBodSchG
festgesetzt wird, ist derjenige, der bei Abschluss der Sanierungsmaßnahme
Eigentümer des betroffenen Grundstücks ist, hier also die Klägerin. So wenig, wie
ein an einen beliebigen Dritten gerichteten Bescheid über die Festsetzung des
Wertausgleichs der Klägerin gegenüber Wirkungen entfalten kann, so wenig kann
die Klägerin aus dem fehlerhaften, jedoch mangels Nichtigkeit in Bestandskraft
erwachsenen Kostenbescheid vom 14.10.2003, gerichtet an ihren Ehemann, der
zum Zeitpunkt der Beendigung der Sanierungsmaßnahme nicht Eigentümer des
Grundstücks war, für sich herleiten.
Auch soweit die Klägerin der Auffassung ist, durch die Begrenzung der Kosten auf
generell 7.669,38 Euro pro Grundstück habe sich der Beklagte dem Gebot der
Gleichbehandlung unterworfen, so dass es ihm deshalb verwehrt sei, im
vorliegenden Einzelfall von dieser Verwaltungspraxis abzuweichen und von der
Klägerin einen höheren Betrag zu verlangen, mag dem das erkennende Gericht
nicht zu folgen. Die Klägerin gehört nicht zu dem Personenkreis, der durch den
Haushaltsvermerk in Kapitel 0902 - Wasser und Boden - im Haushaltsplan 2001
privilegiert wurde. Die dort eingestellten Haushaltsmittel für Zuwendungen, die im
Wege der Verrechnung gegen Wertausgleichsforderungen nach § 25 BBodSchG
gewährt werden sollten, waren für private gutgläubige Eigentümer bestimmt. Zu
diesem Personenkreis gehörte die Klägerin nicht, denn sie war zum Zeitpunkt des
Grundstückserwerbs, auf den es entscheidend ankommt (HessVGH, Beschluss
vom 19.10.1992 - ESVGH 43, 58), nicht gutgläubig im Sinne dieses
Haushaltsvermerks. „Gutgläubig“ war danach nur derjenige, der bei Erwerb des
Grundstücks die bestehende Verunreinigung weder kannte noch kennen musste.
Dies ergibt sich aus dem historischen Kontext, in dem die Schaffung dieses
Haushaltsvermerks zu sehen ist. Sowohl das Hessische Abfallwirtschafts- und
Altlastengesetz - HAbfAG - vom 26. Februar 1991 (GVBl. I Seite 106) als auch das
Hessische Altlastengesetz - HAltlastG - vom 20 Dezember 1994 (GVBl. I Seite
764) regelten (§ 21 Abs. 1 Ziffer 5 HAbfAG; § 12 Abs. 1 Ziffer 5 HAltlastG), dass
zur Durchführung der Sanierung (auch) Eigentümer verpflichtet waren, es sei
denn, dass sie eine bestehende Verunreinigung beim Erwerb weder kannten noch
kennen mussten. Eine solche Privilegierung enthielt das am 01.03.1999 in Kraft
getretene Bundes-Bodenschutzgesetz nicht mehr. Mit der oben bezeichneten
Regelung im Haushaltsplan 2001 sollte die im bisherigen hessischen Recht
erhaltene Privilegierung der beim Grundstückserwerb gutgläubigen Eigentümer für
die Betroffenen dreier großer Altlasten im Ergebnis prolongiert werden. Für die
Frage der Kenntnis - oder fahrlässigen Nichtkenntnis - von „bestehenden
Verunreinigungen“ kommt es nur auf die Tatsache der Verunreinigung als solche
an, Kenntnisse über Art und Umfang der Verunreinigungen sind nicht erforderlich.
Zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs durch die Klägerin, der das Grundstück
am 24.08.1995 aufgelassen wurde und die am 12.10.1995 ins Grundbuch
eingetragen wurde, waren seit den Ausschachtungsarbeiten auf der
Grundstücksparzelle „Am Wald 6,“ bei denen farbige Ablagerungen im Erdreich
freigelegt worden waren, bereits zehn Jahre vergangen. Auch die Untersuchungen
auf dem sogenannten Farbhügel auf den dem klägerischen Grundstück
benachbarten Flurstücken A, B hatten eine hohe Belastung an Chromaten und
Zinkverbindungen ergeben. Schließlich hatte unmittelbar vor Eintragung der
Klägerin im Grundbuch die Stadt H. mit Schreiben vom 01. September 1995,
welches an sämtliche Eigentümer im Bereich der ehemaligen Farbenfabrik V
gerichtet war, auf Nutzungsempfehlungen des Gesundheitsamtes des HTes
verwiesen, denen zufolge jeder direkte Kontakt zum Boden vermieden werden
sollte, und im übrigen angeraten wurde, auf den Verzehr von bodennah
wachsenden Obst- und Gemüsearten, bodennahe Nutztierhaltung, Erdarbeiten in
Form von Umgrabungen und auf die Verwendung von Gartenbrunnenwasser zu
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Form von Umgrabungen und auf die Verwendung von Gartenbrunnenwasser zu
verzichten. Unabhängig davon hatte auch das vom Ehemann der Klägerin im Jahr
1985 in Auftrag gegebene Gutachten der Dr. Friedrich Hug Geoconsult GmbH
deutliche Belastungen auf Schwermetalle ergeben, so dass das Gericht davon
überzeugt ist, dass die Klägerin die bestehenden Verunreinigungen - wenn auch
möglicherweise nicht in ihrem konkreten Umfang - kannte.
Die Klägerin kann sich zu ihren Gunsten auch nicht auf eine Zusicherung des
Hessischen Staatsministers D. berufen, wonach die von ihr zu übernehmenden
Sanierungskosten auf 15.000,-- DM begrenzt würden. Das von der Klägerin
insoweit zu den Akten gereichte Schreiben des Staatsministers vom 29.
September 2000 (Blatt 39 f der Akte) war keine Zusicherung im Sinne des § 38
Abs. 1 HVwVfG, sondern nahm vielmehr Bezug auf eine noch zu schaffende
Ermächtigung durch den Landtag, wobei der Staatsminister zuversichtlich war,
dass die dafür erforderliche parlamentarische Mehrheit vorliegen werde. Da - wie
dargelegt - die Klägerin aus dem Inhalt des Haushaltsvermerks im Haushaltsplan
2001 keine für sich positiven Folgerungen ableiten kann, kann sie dies naturgemäß
auch nicht aus der ministeriellen Ankündigung eines solchen Haushaltsvermerks.
Hinsichtlich des von dem Beklagten festgesetzten Wertausgleichs war die
sogenannte Festsetzungsverjährung nicht eingetreten. Nach § 25 Abs. 3 Satz 2
BBodSchG erlischt die Pflicht zum Wertausgleich, wenn der Betrag nicht bis zum
Ende des vierten Jahres nach Abschluss der Sanierung festgesetzt worden ist. Da
das Grundstück der Klägerin in den Monaten Februar, März und April 2002 saniert
wurde, lief die Frist des § 25 Abs. 3 Satz 2 BBodSchG am 31.12.2006 ab, so dass
die Zustellung des Bescheides vom 05. Dezember 2006 am 19. Dezember 2006
rechtzeitig erfolgte.
Allerdings müssen von dem festgesetzten Wertausgleich in Höhe von 307.511,38
Euro die Beträge abgezogen werden, die der Beklagte anderweitig vereinnahmt
hat. Nach der Vorschrift des § 25 Abs. 5 Satz 2 BBodSchG muss von der
Festsetzung des Ausgleichsbetrages abgesehen, ein festgesetzter
Ausgleichsbetrag erlassen oder ein bereits geleisteter Ausgleichsbetrag erstattet
werden, wenn dem öffentlichen Kostenträger Kosten der Sanierung erstattet
werden. Soweit ersichtlich, hat der Beklagte im Komplex der Sanierung der
ehemaligen Farbenfabrik V Kosten der Sanierung lediglich von den Bauträgern K.
und W. erhalten. In deren Verwaltungsstreitverfahren hat sich Herr K. vor dem
Hessischen Verwaltungsgerichtshof am 14. Februar 2008 zur Zahlung von
1.200.000,-- Euro an den Beklagten verpflichtet, und zwar zur Abgeltung aller
Ansprüche aus der Untersuchung und Sanierung des Betriebsgrundstücks der
sogenannten „K. Farbenfabrik“. Dies betrifft auch das klägerische Grundstück. Für
die Frage, in welchem Umfang die Klägerin von der Zahlung eines Wertausgleichs
entlastet werden muss, erscheint es nach Auffassung des erkennenden Gerichts
sachgerecht, die Zahlung von 1.200.000,-- Euro durch den Bauträger K. im
Verhältnis zu den gesamten Sanierungskosten für das Betriebsgrundstück der
sogenannten K. Farbenfabrik zu betrachten.
Da nach den Feststellungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem
Beschluss vom 07.11.2006 (6 TE 1431/06) von einem Sanierungsaufwand von
insgesamt 11.976.856,86 Euro auszugehen ist, deckt die Leistung des Bauträgers
Herrn K. hiervon 10,02 Prozent. Zieht man von dem von der Klägerin geforderten
Wertausgleich in Höhe von 307.511,38 Euro, der zugleich dem für dieses
Grundstück angefallenen Sanierungsaufwand entspricht, 10,02 Prozent (=
30.812,64 Euro) ab, so verbleiben 276.698,74 Euro, die der Beklagte der Klägerin
gegenüber festsetzen kann und zu deren Zahlung die Klägerin nach Ziffer 3 des
angefochtenen Bescheides verpflichtet ist. Hinsichtlich der darüber hinaus
gehenden Beträge waren Ziffer 2 und Ziffer 3 des Bescheides daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass sich der von der Klägerin zu zahlende
Betrag zwar nur um etwa 1/10 verringert hat, dass sich aber die Klägerin
hinsichtlich der vom Beklagten angenommenen Verpflichtung, Kosten der
Sanierung nach § 24 BBodSchG leisten zu müssen, erfolgreich durchgesetzt hat.
Dieses Obsiegen veranschlagt das Gericht mit 20 Prozent, woraus sich die aus
dem Tenor ersichtliche Quotelung ergibt.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.