Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 23.04.2001

VG Frankfurt: verdachtskündigung, ersetzung, arbeitsgericht, hessen, anklageschrift, tatverdacht, rechtfertigung, antragsrecht, daten, präsident

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Gericht:
VG Frankfurt 23.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
23 L 905/01
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 66 Abs 1 PersVG HE, § 108
Abs 1 BPersVG, § 17 Abs 1
GVG, § 83 Abs 1 S 2 PersVG
HE
(Verdachtskündigung - zur Vorgreiflichkeit des
arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahrens;
Zustimmungsersetzungsverfahren)
Leitsatz
Antragsbefugt nach § 66 Abs. 1 HPVG, § 108 Abs. 1 BPersVG ist nur derjenige
Dienststellenleiter, der zum Ausspruch der beabsichtigten Kündigung berechtigt und
zuständig ist. Dem Leiter der nächsthöheren Dienststelle steht kein Antragsrecht zu,
wenn und solange er seine Zuständigkeit für eine Kündigung auf den örtlichen
Dienststellenleiter delegiert hat.
Hat der Arbeitgeber bereits eine Verdachtskündigung ausgesprochen und ist gegen sie
Kündigungsschutzklage erhoben, so rechtfertigt allein die Tatsache einer
Anklageerhebung gegen den Arbeitnehmer wegen eines im übrigen unveränderten
Sachverhalts, wie er schon zur Rechtfertigung der ausgesprochen Verdachtskündigung
dienen soll, kein neues gerichtliches Verfahren nach § 66 Abs. 1 HPVG, §108 Abs. 1
BPersVG zur Ersetzung einer - nun - vom Personalrat verweigerten Zustimmung zur
Absicht einer - weiteren - außerordentlichen Verdachtskündigung. Der Zulässigkeit
eines verwaltungsgerichtlichen Beschlussverfahrens steht in diesem Fall der Gedanke
des § 17 Abs. 1 GVG entgegen, das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren hat.
Tenor
Der Antrag wird abgewiesen.
Gründe
I
Die Antragsteller begehren die gerichtliche Ersetzung der vom Beteiligten zu 1)
verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung der
Beteiligten zu 2). Sie steht seit 1978 in einem Arbeitsverhältnis als Angestellte
zum Land Hessen und ist beim Sozialgericht Frankfurt a. M. beschäftigt,
eingruppiert in die Vergütungsgruppe BAT V b.
Grund für die - erneute - Kündigungsabsicht der Antragsteller ist ihre Annahme,
die Beteiligte zu 2) habe sich im Februar 2000 an einer unbefugten
Datenausspähung im Sozialgericht Frankfurt a. M. zusammen mit der Angestellten
Schönborn beteiligt. Aus diesem Grunde hat der Antragsteller zu 1) das
Arbeitsverhältnis mit der Beteiligten zu 2) bereits mit Kündigungen vom
13.06.2000 und 15.06.2000 (Bl. 143 ff., 154 ff. d. A.) gekündigt. Hinsichtlich dieser
Kündigungen hat die Beteiligte zu 2) Kündigungsschutzklage erhoben, über die das
Arbeitsgericht Frankfurt a. M. mit Urteil vom 18.01.2001 (4 Ca 4390/00) zugunsten
der Beteiligten zu 2) entschieden hat (Bl. 178 ff. d. A.). Dieses Urteil ist noch nicht
rechtskräftig.
Unter dem 20.12.2000 reichte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht
Frankfurt a. M. eine Anklageschrift beim Straftrichter des Amtsgerichts Frankfurt a.
M. ein, die sich gegen die Beteiligte zu 2) sowie die Angestellte Schönborn richtet
und beiden vorwirft, gemeinschaftlich handelnd unbefugt Daten, die nicht für sie
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und beiden vorwirft, gemeinschaftlich handelnd unbefugt Daten, die nicht für sie
bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert waren, sich
beschafft zu haben. Die Anklageschrift ist dem Antragsteller zu 1) am 17.01.2001
bekanntgeworden. Hauptverhandlung ist für den 14.05.2001 anberaumt.
Am 25.01.2001 beantragte der Antragsteller zu 1) beim Beteiligten zu 1) die
Zustimmung zur erneuten Verdachtskündigung, die fristlos und außerordentlich
erfolgen solle. Mit Schreiben vom 25.01.2001 machte sich der Antragsteller zu 2)
den Antrag des Antragstellers zu 1) an den Beteiligten zu 1) zu eigenen. Beide
Antragsteller nahmen auf die bereits früher gegenüber der Beteiligten zu 2)
erfolgte Sachverhaltsdarstellung und Würdigung der der Beteiligten zu 2)
vorgeworfenen Sachverhalte und Daten Bezug.
Der Beteiligte zu 1) beschloss am 31.01.2001, die beantragte Zustimmung
jedenfalls vor einer Kenntnis des vollständigen erstinstanzlichen Urteils des
Arbeitsgerichts Frankfurt a. M., das seinerzeit noch nicht in schriftlicher Form
vorlag, nicht zu erteilen. Noch am gleichen Tage haben die Antragsteller die
gerichtliche Ersetzung der nicht erteilten Zustimmung zur beabsichtigten
außerordentlichen fristlosen Verdachtskündigung der Beteiligten zu 2) beantragt.
Zur Begründung machen sie geltend, der gegen die Beteiligte zu 2) ohnehin
bestehende dringende Tatverdacht sei durch die Anklageerhebung noch einmal
erheblich verstärkt worden. Auch und gerade hierauf solle die neue Kündigung
gestützt werden. Es sei durch eine neutrale Instanz, die Staatsanwaltschaft, eine
wesentliche Intensivierung des Gewichtes des bestehenden Verdachtes gegen die
Beteiligte zu 2) eingetreten, so dass ein neuer Sacherverhalt geschaffen sei, der
die Antragsteller zum Ausspruch einer neuen eigenständigen Kündigungen
berechtige.
Die Antragsteller beantragen,
die Zustimmung des Beteiligten zu 1) zur außerordentlichen fristlosen Kündigung
der Beteiligten zu 2) zu ersetzen.
Der Beteiligte zu 1) hat sich im Verfahren nicht geäußert und stellt keinen Antrag.
Die Beteiligte zu 2) beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie hält die Anträge bereits für unzulässig, weil nicht zwei vermeintlich
vertretungsberechtigte Dienststellenleiter antragsbefugt sein könnten. Im übrigen
könnten die Anträge auch sachlich keinen Erfolg haben, da das Kündigungsrecht
aufgrund der bereits ausgesprochenen Tat- und Verdachtskündigungen vom Juni
2000 verbraucht sei und zudem die Frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt sei. Im
übrigen sei der von den Antragstellern angenommene Sachverhalt in wesentlichen
Punkten unrichtig und könne auch aus diesem Grunde eine Kündigung nicht
rechtfertigen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte Bezug genommen. Die schriftliche Fassung des arbeitsgerichtlichen
Urteils vom 18.01.2001 ist in der mündlichen Verhandlung vom Beteiligten zu 1)
vorgelegt worden.
II
Die Anträge sind unzulässig, jedenfalls aber müssen sie in der Sache ohne Erfolg
bleiben.
Die Unzulässigkeit der Anträge folgt hier schon daraus, dass nicht der
Antragsteller zu 1), der Präsident der Sozialgerichtes, sowie der Antragsteller zu
2), der Präsident des Hessischen Landessozialgerichtes, gleichermaßen
antragsbefugt sind. Im Verfahren nach § 66 Abs. 1 HPVG, § 108 Abs. 1 BPersVG
steht das Antragsrecht nur demjenigen Dienststellenleiter zu, der aufgrund der
internen Organisationsverteilung zum Ausspruch der den Gegenstand des
Zustimmungsersetzungsverfahrens bildenden Kündigung berechtigt ist. Dies ist
vorliegend allein der Antragsteller zu 1), da der Antragsteller zu 2) seine
diesbezüglichen Befugnisse auf ihn delegiert hat. Dementsprechend wurden die
Kündigungen gegenüber der Beteiligten zu 2) vom 13. und 15.06.2000 vom
Antragsteller zu 1) für das Land Hessen, nicht aber vom Antragsteller zu 2) erklärt.
In der Antragschrift wird zudem ausdrücklich vorgetragen, dass die Ausübung des
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In der Antragschrift wird zudem ausdrücklich vorgetragen, dass die Ausübung des
Kündigungsrechts nach wie vor dem Antragsteller zu 1) aufgrund einer
entsprechenden Delegationsentscheidung des Antragstellers zu 2) zustehen soll.
Damit kann nicht sowohl dem Antragsteller zu 1) wie gleichzeitig auch dem
Antragsteller zu 2) ein Antragsrecht zugestanden werden. Vielmehr bedarf es
einer Entscheidung, welcher Antragsteller im vorliegenden Fall das
Kündigungsrecht soll ausüben können. Bleibt dies jedoch offen, kann keiner der
beiden Antragsteller als antragsbefugt angesehen werden. Zwar sieht § 83 Abs. 1
Satz 2 HPVG vor, dass der Leiter der zur Entscheidung befugten Dienststelle die
Beteiligung allgemein oder im Einzelfall anstelle des örtlichen Dienststellenleiters
durchführen kann. Dies setzt aber voraus, dass der örtliche Dienststellenleiter, hier
der Antragsteller zu 1), nicht in der Sache entscheidungsbefugt ist. Genau das
Gegenteil ist vorliegend jedoch aufgrund der entsprechenden
Delegationsentscheidung des Antragstellers zu 2) hinsichtlich der Verlagerung
seines Kündigungsrechtes auf den Antragsteller zu 1) der Fall. Folglich scheidet
eine Selbsteintrittsmöglichkeit des Antragstellers zu 2) jedenfalls so lange aus, wie
die von ihm verfügte Delegation des Kündigungsrechtes auf den Antragsteller zu
1) Bestand hat. Damit ist jedenfalls der Antrag des Antragstellers zu 2) unzulässig,
wenn man im übrigen davon ausgeht, dass durch seinen Antrag die
Antragsbefugnisse des Antragstellers zu 1) nicht geschmälert werden sollen, was
jedoch in der Antragsschrift wie auch im Antrag vom 25.01.2001 an den Beteiligten
zu 1) auf Erteilung der Zustimmung zur beabsichtigten Verdachtskündigung
letztlich offen bleibt.
Die Anträge sind darüber hinaus deshalb unzulässig, weil hinsichtlich des zur
Kündigung führenden Sachverhaltes bereits ein arbeitsgerichtliches
Kündigungsschutzverfahren anhängig ist, so dass die dort ergehende
Entscheidung vorgreiflich und unabhängig vom sachlichen Ausgang des
Verfahrens auch bindend sowohl für die Antragsteller wie auch die Beteiligte zu 2)
sind. Zwar ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens lediglich das Begehren der
Antragsteller, die vom Beteiligten zu 1) zur erneuten außerordentlichen fristlosen
Verdachtskündigung der Beteiligten zu 2) nicht erteilte Zustimmung zu ersetzen,
die deshalb erforderlich ist, weil die Beteiligte zu 2) Mitglied des Beteiligten zu 1) ist
und deshalb den besonderen Kündigungsschutz nach § 66 Abs. 1 HPVG, § 108
Abs. 1 BPersVG genießt. In der Rechtsprechung sowohl der Verwaltungsgerichte
wie insbesondere auch der Arbeitsgerichte ist jedoch geklärt, dass die in einem
Zustimmungsersetzungsverfahren personalvertretungsrechtlicher wie
betriebsverfassungsrechtlicher Art ergehenden Entscheidungen, obwohl sie nur die
Ersetzung der Zustimmung betreffen, gleichwohl für die individualrechtlichen
Verhältnisse insofern präjudizieller und damit auch bindender Natur sind, wie
darüber entschieden wird, ob der im Zustimmungsersetzungsverfahren als
maßgeblich angeführte Kündigungssachverhalt eine derartige Kündigung in der
Sache auch rechtfertigt. Wird im Zustimmungsersetzungsverfahren die vom
Personalrat verweigerte Zustimmung deshalb ersetzt, weil die Kündigungsabsicht
des Arbeitgebers in der Sache gerechtfertigt ist, kann die betroffene
Arbeitsnehmerin gegen die ihr später gegenüber erklärte Kündigung zwar noch
Rechtsschutz durch Erhebung der Kündigungsschutzklage in Anspruch nehmen, in
diesem Verfahren jedoch nicht mehr geltend machen, dass der den Gegenstand
des Zustimmungsersetzungsverfahrens bildende Sachverhalt vom Gericht
unrichtig hinsichtlich der Rechtfertigung der Kündigung gewürdigt wurde. Es können
lediglich anderweitige Aspekte in das Kündigungsschutzverfahren eingeführt
werden, wie z. B. ein für das Zustimmungsersetzungsverfahren grundsätzlich
unerheblicher Sonderkündigungsschutz. Dieser spielt jedoch für das vorliegende
Verfahren keine Rolle, da die Antragsteller die Absicht haben, der Beteiligten zu 2)
im Hinblick auf Vorfälle, die bereits den Gegenstand der Kündigungen vom 13. und
15.06.2000 bilden, erneut zu kündigen. Maßgeblich für die erneute
Kündigungsabsicht ist nicht etwa das Hinzutreten neuer tatsächlicher
Sachverhaltsmomente, die die Vorwürfe gegenüber der Beteiligten zu 2) in einem
anderen, für den Arbeitsgeber günstigeren, die Arbeitnehmerin ungünstigeren
Licht erscheinen lassen könnten wie etwa weitere Zeugenbekundungen oder neue
Sachverhaltsfeststellungen. Vielmehr wird als maßgebliches Moment allein der
Umstand angeführt, dass sich die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt
a. M. am 20.12.2000 dazu entschlossen hat, wegen unbefugter Datenausspähung
durch die Beteiligte zu 2) im Zusammenwirken mit der Angestellten Schönborn
Anklage beim Strafrichter zu erheben. Neue Sachverhaltsfeststellungen oder
Verdachtsmomente sonstiger tatsächlicher Art werden gegen die Beteiligte nicht
vorgebracht, noch sind sie Inhalt des gerichtlichen Verfahrens geworden.
Bereits die unter dem 13. und 15.06.2000 vom Land Hessen erklärten
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Bereits die unter dem 13. und 15.06.2000 vom Land Hessen erklärten
Kündigungen sind einerseits als Tatkündigung, andererseits - vorsorglich - auch als
Verdachtskündigung erklärt worden. Grundlage für beide Kündigungsvarianten ist
der gleiche Sachverhalt, wie er auch vorliegend zur Rechtfertigung der
Kündigungsabsicht dienen soll, hier lediglich ergänzt um das Moment der
Anklageerhebung unter dem 20.12.2000. Darin kann jedoch keine über den
Streitgegenstand des bereits anhängigen Kündigungsschutzprozesses
hinausgehende Sachverhaltsänderung gesehen werden. Die Antragsteller müssen
sich vielmehr darauf verweisen lassen, die Unterstreichung des Verdachts einer
strafbaren Handlung der Beteiligten zu 2) durch die Anklageerhebung seitens der
Staatsanwaltschaft im laufenden Kündigungsschutzprozess einzuführen und dort
gegebenenfalls eine andere als die vom Arbeitsgericht Frankfurt a. M. erlassene
Entscheidung zu erreichen. Würde diese Entscheidung auch im weiteren Verfahren
Bestand haben, so könnte allein unter Berufung auf die Tatsache der
Anklageerhebung darin keine so maßgebliche Sachverhaltsänderung gesehen
werden, dass sie den erneuten Ausspruch einer Kündigung sowie eine sich daran
anschließende erneute gerichtliche Entscheidung rechtfertigen würde. Damit
würde die Bindung sowohl der Antragsteller wie auch der Beteiligten zu 2) an die
Rechtskraft der arbeitsgerichtlichen Entscheidungen im
Kündigungsschutzverfahren verkannt. Das Vorgehen der Antragsteller würde dazu
führen, dass neben das bereits anhängige Kündigungsschutzverfahren ein
eigenständiges personalvertretungsrechtliches Verfahren träte. Würde in diesem
Verfahren auf die Ersetzung der Zustimmung erkannt, obwohl sich im übrigen vom
Sachverhalt her die Lage nicht anders als im Kündigungsschutzprozess darstellt,
so käme dies einer verwaltungsgerichtlichen Korrektur der im
Kündigungsschutzverfahren ergangenen Entscheidung gleich, was letztlich auf die
Durchbrechung der dort - wann auch immer - eintretenden Rechtskraft hinausliefe.
Dieser Konflikt kann nur dadurch aufgelöst werden, dass entsprechend § 17 Abs. 1
GVG darauf abgestellt wird, wann der maßgebliche Streitgegenstand erstmals
rechtshängig geworden ist. Die dadurch begründete Gerichtszuständigkeit hat
auch die Priorität der dort ergehenden Entscheidungen zur Folge, so dass die
Entscheidung des später angerufenen Gerichtes nur dann und in dem Umfang in
Betracht kommt, wie dem die im früheren Verfahren eintretende
Rechtskraftwirkung der Entscheidung nicht entgegensteht. Dies gilt im Ergebnis
auch dann, wenn sich die Beteiligte zu 2) zur Rücknahme ihrer
Kündigungsschutzklage entschließen sollte und dadurch eine rechtskräftige
Entscheidung im Kündigungsschutzprozess nicht mehr ergehen könnte, da in
diesem Falle die ursprünglich ausgesprochenen Kündigungen unanfechtbar und
damit für die Beteiligten ebenfalls bindend würden. In jedem anderen Fall kommt
es darauf an, mit welchem rechtskräftigen Ergebnis das
Kündigungsschutzverfahren abgeschlossen wird.
Die Auffassung der Kammer deckt sich mit den Ausführungen des
Bundesarbeitsgerichtes in seinem Beschluss vom 16.09.1999 (2 ABR 68/98 - NZA
2000, 158 ff.), in dem ausdrücklich darauf abgestellt wird, dass ein früher
eingeleitetes Verfahren Vorrang vor einem später erneut eingeleiteten
Beschlussverfahren auf Ersetzung der Zustimmung zu einer beabsichtigten
außerordentlichen fristlosen Kündigung hat, jedenfalls dann und solange, wie keine
maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eintritt. Die Tatsache der
Anklageerhebung ist, wie bereits ausgeführt, keine derartige wesentliche Änderung
des Sachverhaltes, da der Anklageschrift auch aus Sicht der Antragsteller keine
neuen Ermittlungsergebnisse zugrundeliegen, die eine Veränderung der
Sachverhaltsdarstellung gegenüber den früher bereits ausgesprochenen
Kündigungen begründet, die gerade auch als Verdachtskündigungen
ausgesprochen wurden. Im übrigen ergibt sich aus der Tatsache der
Anklageerhebung lediglich, dass die Staatsanwaltsschrift einen hinreichenden
Tatverdacht gegenüber der Beteiligten zu 2) annimmt. Für eine
Verdachtskündigung reicht jedoch der lediglich hinreichende Verdacht einer
strafbaren Handlung nicht aus, es muss ein dringender Verdacht bestehen, wie er
im Strafprozess Voraussetzung für den Erlass eines Haftbefehls, nicht jedoch einer
Anklageerhebung ist. Folglich könnte in einer Anklageerhebung nur unter
Zuhilfenahme weiterer Momente nicht nur der hinreichende, sondern zusätzlich
auch noch der dringende Tatverdacht gesehen werden. Damit kann die Tatsache
der Anklageerhebung allein, wie von den Antragstellern hier angenommen und
sowohl gegenüber dem Beteiligten zu 1) wie auch dem Gericht ausgeführt, keinen
Anhaltspunkt dafür liefern, dass ein vom Arbeitsgeber gehegter Verdacht einer
durch die Beteiligte zu 2) begangenen Straftat mehr als hinreichender Natur ist,
was nichts anderes bedeutet, dass die strafrechtliche Verurteilung etwas
wahrscheinlicher ist als der Freispruch. Die Schwelle des dringenden Verdachts
wahrscheinlicher ist als der Freispruch. Die Schwelle des dringenden Verdachts
wird mit der Tatsache der Anklageerhebung allein jedenfalls in keiner Weise belegt.
Auch deshalb kann dem Antrag der Antragsteller kein Erfolg beschieden sein,
unabhängig von der Frage, wie im übrigen der der Beteiligten zu 2) vorgeworfene
Sachverhalt sich im Einzelnen darstellt oder rechtlich zu würdigen ist. Die von den
Antragstellern gewählte Verfahrensweise würde vielmehr dazu führen, dass die
Kammer zu einer Korrektur der vom Arbeitsgericht Frankfurt a. M. in seinem Urteil
vom 18.01.2001 vertretenen Auffassung schreiten müsste, da sich der
Sachverhalt des vorliegenden Beschlussverfahrens außer dem Umstand der
Anklageerhebung in nichts von dem unterscheidet, wie er vom Arbeitsgericht
gewürdigt wurde. Die Antragsteller müssen sich insoweit darauf verweisen lassen,
die Rechtsmittel des arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens auszuschöpfen, wenn
sie eine Korrektur des arbeitsgerichtlichen Urteils erreichen wollen. Das
vorliegende Verfahren kann dafür nicht benutzt werden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.