Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 05.10.2009

VG Frankfurt: probezeit, verfügung, mitbestimmungsrecht, erstellung, offenkundig, lehrer, aufschub, unterrichtsbesuch, vorschlag, dringlichkeit

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Gericht:
VG Frankfurt 23.
Fachkammer für
Personalvertretungssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
23 L 2432/09.F.PV
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Abs 2 Nr 2 PersVG HE, §
111 Abs 2 PersVG HE
(Mitbestimmung bei Beurteilungsrichtlinien)
Leitsatz
Die Anordnung von Zwischen- und Abschlussberichten während der Probezeit
hessischer Lehrkräfte stellt eine mitbestimmungspflichtige Beurteilungsrichtlinie dar.
Die Nichtbeachtung dieses Mitbestimmungsrechtes stellt einen groben Verstoß der
Dienststellenleitung gegen ihre personalvertretungsrechtlichen Pflichten dar.
Tenor
Der Beteiligten wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, die Verfügung
des Staatlichen Schulamts für die Stadt A-Stadt vom 17. März 2009 (J-M-S-Allg-
08/09) bis zum Abschluss des darauf bezogenen personalvertretungsrechtlichen
Beteiligungsverfahrens zu vollziehen, soweit nachfolgendes in dieser Verfügung
geregelt ist:
„Nach achtzehn Monaten Dauer der Probezeit haben die Schulleiterinnen und
Schulleiter einen Zwischenbericht über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung
des/r Probebeamtin/en zu erstellen. Bei einer Verkürzung der Probezeit auf eine
Zeit von achtzehn Monaten oder kürzer entfällt dieser Zwischenbericht.
Der Zwischenbericht ist auf der Grundlage eines bewerteten Unterrichtsbesuchs
zu erstellen und hat eine Aussage über den Leistungsstand der/s Probebeamtin/en
zu enthalten. Der Entwicklungsstand der/s Probebeamtin/en und eventuelle
Vereinbarungen über künftige Entwicklungsschwerpunkte sind zum Gegenstand
eines Dienstgesprächs zu machen und zu dokumentieren. Ein Unterrichtsbesuch
ist auch dann erforderlich, wenn der Zwischenbericht aus dem o.g. Grund entfällt.
Der Zwischenbericht schließt mit der Aussage, dass die/der Probebeamtin/e sich
bewährt oder nicht bewährt hat.
Vor Ablauf der Probezeit, und zwar möglichst drei Monate vorher, haben die
Schulleiterinnen und Schulleiter einen Abschlussbericht vorzulegen, in dem
festgestellt wird, ob die/der Probebeamtin/e sich in vollem Umfang bewährt oder
nicht bewährt hat. Bei Zweifeln über die Bewährung ist rechtzeitig dem Staatlichen
Schulamt zu berichten; der mögliche Vorschlag einer Verlängerung der Probezeit
ist zu begründen und mit den Ergebnissen eines Unterrichtsbesuchs zu belegen.“
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Durchführung der Rundverfügung der
Beteiligten vom 17. März 2009 zur Anfertigung von Zwischenberichten im Rahmen
der beamtenrechtlichen Probezeit von Lehrkräften, da das insoweit in Gang
gesetzte Mitbestimmungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Zu diesem
Zweck begehrt er nicht nur in einem Hauptsacheverfahren (23 K 2427/09.F.PV(V)),
sondern im Eilverfahren Rechtsschutz.
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Mit Rundverfügung vom 17. März 2009 ((J-M-S-Allg-08/09) hatte die Beteiligte ohne
Beteiligung oder Unterrichtung des Antragstellers unter anderem folgende
Regelungen getroffen:
„Nach achtzehn Monaten Dauer der Probezeit haben die Schulleiterinnen und
Schulleiter einen Zwischenbericht über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung
des/r Probebeamtin/en zu erstellen. Bei einer Verkürzung der Probezeit auf eine
Zeit von achtzehn Monaten oder kürzer entfällt dieser Zwischenbericht.
Der Zwischenbericht ist auf der Grundlage eines bewerteten Unterrichtsbesuchs
zu erstellen und hat eine Aussage über den Leistungsstand der/s Probebeamtin/en
zu enthalten. Der Entwicklungsstand der/s Probebeamtin/en und eventuelle
Vereinbarungen über künftige Entwicklungsschwerpunkte sind zum Gegenstand
eines Dienstgesprächs zu machen und zu dokumentieren. Ein Unterrichtsbesuch
ist auch dann erforderlich, wenn der Zwischenbericht aus dem o.g. Grund entfällt.
Der Zwischenbericht schließt mit der Aussage, dass die/der Probebeamtin/e sich
bewährt oder nicht bewährt hat.
Vor Ablauf der Probezeit, und zwar möglichst drei Monate vorher, haben die
Schulleiterinnen und Schulleiter einen Abschlussbericht vorzulegen, in dem
festgestellt wird, ob die/der Probebeamtin/e sich in vollem Umfang bewährt oder
nicht bewährt hat. Bei Zweifeln über die Bewährung ist rechtzeitig dem Staatlichen
Schulamt zu berichten; der mögliche Vorschlag einer Verlängerung der Probezeit
ist zu begründen und mit den Ergebnissen eines Unterrichtsbesuchs zu belegen.“
Der Erlass dieser Rundverfügung steht im Zusammenhang mit der Neufassung
des § 3 Hessische Laufbahnverordnung (HLVO) durch Art. 7 Nr. 2 des Hessischen
Gesetzes zur Anpassung des Beamtenrechts in Hessen an das BeamtStG
(HBRAnpG) vom 5.3.2009 (GVBl. I S. 95). Eine der Rundverfügung in ihrer Struktur
inhaltlich vergleichbare Regelung besteht seit dem 1. April 2009 in § 3 Abs. 1 S. 5,
6 HLVO. Danach ist die Bewährung vor Ablauf der Probezeit festzustellen. Als
Grundlage für die Bewährung in der Probezeit ist nach 18 Monaten ein
Zwischenbericht zu erstellen. Durch die Änderungen der HLVO aufgrund des
HBRAnpG blieb die schon bestehende HLVO unberührt, wonach die Bestimmungen
der HLVO nicht für Lehrer an öffentlichen Schulen und Schulaufsichtsbeamte
gelten.
Mit einer E-Mail vom 24. Juni 2009 wies des Hessische Kultusministerium „aus
gegebenem Anlass“ in Absprache mit dem Hauptpersonalrat der Lehrerinnen und
Lehrer darauf hin, dass bei der Umsetzung von Plänen zur Einführung von
Zwischenberichten analog § 3 Abs. 1 S. 5 HLVO der jeweilige Gesamtpersonalrat
der Lehrerinnen und Lehrer nach § 77 Abs. 2 Nr. 3 HPVG zu beteiligen sei.
Unter Bezug auf diesen Erlass des Kultusministeriums und unter Verweis auf § 77
Abs. 2 Nr. 3 HPVG beantragte die Beteiligte mit Schreiben vom 1. Juli 2009 beim
Antragsteller die Zustimmung zu ihrer Rundverfügung vom 17. März 2009
hinsichtlich des 4. Spiegelstrichs, d. h. den Ausführungen, die mit den Worten
beginnen „Der Zwischenbericht ist auf …“.
Der Antragsteller verlangte im Gegenzug von der Beteiligten die Rücknahme der
ohne Beteiligung des Antragstellers ergangenen Verfügung vom 17. März 2009
schon wegen dieses Beteiligungsmangels. Die Beteiligte wies in der gemeinsamen
Besprechung mit dem Antragsteller am 8. Juli 2009 durch ihren Justiziar darauf hin,
dies müsse zunächst mit der Amtsleitung besprochen werden. Er sehe jedoch
keine Dringlichkeit, da es zurzeit keine Lehrkräfte gebe, bei denen ein
Zwischenbericht anstehe. Im Übrigen werde § 3 HLVO lediglich analog auf
Lehrkräfte angewandt.
Mit Verfügung vom 10. Juli 2009 setzte die Beteiligte ihre Rundverfügung vom 17.
März 2009 als vorläufige Regelung entsprechend § 73 HPVG in Kraft und
begründete dies damit, die angeordneten Zwischenberichte duldeten der Natur
der Sache nach keinen Aufschub. Die Berichte seien zweifelfrei erforderlich, um die
Entwicklung der Probebeamtinnen und –beamten zu fördern. Die
Unterrichtsbesuche seien unabdingbar. Es lägen auch bereits Zwischenberichte
vor, deren Ergebnisse ausgewertet werden müssten. Es wäre unvertretbar, das
Verfahren bis zum Abschluss des personalvertretungsrechtlichen
Beteiligungsverfahrens auszusetzen.
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In der gemeinsamen Besprechung am26. August 2009 beantragte die Beteiligte
nach Erörterung der Regelungsabsichten der Beteiligte und der Einwände des
Antragstellers dessen Zustimmung zu den oben dargestellten Regelungen ihrer
Rundverfügung vom 17. März 2009. Der Antragsteller beschloss, die Zustimmung
zu verweigern und teilte der Beteiligten mit Schreiben vom 8. September 2009,
dem Vorzimmer der Beteiligten am gleichen Tage übergeben, die dafür
maßgebenden Gründe mit (Bl. 45 f. der Akte 23 L 2432/09.F.PV(V)). Mit Schreiben
vom 28. September 2009, abgesandt am 30. September 2009 legte die Beteiligte
dem Hessischen Kultusministerium die Angelegenheit unter Bezug auf § 70 Abs. 1
HPVG zur Befassung der Stufenvertretung vor. Die Beteiligte führte aus, sie habe
am 28. September 2009 das Schreiben des Antragstellers vom 8. September
2009 sowie dessen Begründung und somit die Nichteinigung am 28. September
2009 festgestellt. Auf der Ebene des Ministeriums ist noch keine Entscheidung
ergangen.
Bereits am 4. September 2009 hat der Antragsteller das
personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet mit dem noch
streitigen Begehren, die mangelnde personalvertretungsrechtliche Berechtigung
der Beteiligten zur Durchführung der Rundverfügung vom 17. März 2009
feststellen zu lassen (23 K 2427/09.F.PV(V)). Am gleichen Tag hat der Antragsteller
den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt.
Der Antragsteller macht geltend, ihm stehe nach § 77 Abs. 2 Nr. 3 HPVG an den
streitigen Regelungen der Rundverfügung ein Mitbestimmungsrecht zu, sodass die
Beteiligte nicht ohne Beachtung dieses Verfahrens habe tätig werden dürfen. Der
Vollzug der Rundverfügung sie auch nicht eilbedürftig.
Der Antragsteller beantragt,
der Beteiligten bis zum Abschluss des personalvertretungsrechtlichen
Verfahrens hinsichtlich der von der Beteiligten erlassenen Verfügung zu
untersagen, diese Verfügung zu vollziehen, soweit nachfolgendes geregelt ist:
„Nach achtzehn Monaten Dauer der Probezeit haben die Schulleiterinnen und
Schulleiter einen Zwischenbericht über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung
des/r Probebeamtin/en zu erstellen. Bei einer Verkürzung der Probezeit auf eine
Zeit von achtzehn Monaten oder kürzer entfällt dieser Zwischenbericht.
Der Zwischenbericht ist auf der Grundlage eines bewerteten Unterrichtsbesuchs
zu erstellen und hat eine Aussage über den Leistungsstand der/s Probebeamtin/en
zu enthalten. Der Entwicklungsstand der/s Probebeamtin/en und eventuelle
Vereinbarungen über künftige Entwicklungsschwerpunkte sind zum Gegenstand
eines Dienstgesprächs zu machen und zu dokumentieren. Ein Unterrichtsbesuch
ist auch dann erforderlich, wenn der Zwischenbericht aus dem o.g. Grund entfällt.
Der Zwischenbericht schließt mit der Aussage, dass die/der Probebeamtin/e sich
bewährt oder nicht bewährt hat.
Vor Ablauf der Probezeit, und zwar möglichst drei Monate vorher, haben die
Schulleiterinnen und Schulleiter einen Abschlussbericht vorzulegen, in dem
festgestellt wird, ob die/der Probebeamtin/e sich in vollem Umfang bewährt oder
nicht bewährt hat. Bei Zweifeln über die Bewährung ist rechtzeitig dem Staatlichen
Schulamt zu berichten; der mögliche Vorschlag einer Verlängerung der Probezeit
ist zu begründen und mit den Ergebnissen eines Unterrichtsbesuchs zu belegen..
Die Beteiligte beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie macht geltend, inzwischen lägen über 40 Zwischenberichte vor. Unterbleibe
eine Auswertung der Berichte, könne die weitere Entwicklung der Probebeamtinnen
und –beamten nicht angemessen begleitet werden. Daraus könnten sich
schwerwiegende Nachteile für diesen Personenkreis ergeben. Die Entscheidung
vom Juli 2009 sei unaufschiebbar gewesen.
Die Verwaltungsvorgänge der Beteiligten J-M-PR-12/09 und J-M-Allg-08/09 sind zum
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Auf ihren Inhalt und
den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Akte des parallel verhandelten
Hauptsacheverfahrens 23 K 2427/09.F.PV(V) wird zur Ergänzung des Sach- und
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Hauptsacheverfahrens 23 K 2427/09.F.PV(V) wird zur Ergänzung des Sach- und
Streitstandes Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nach § 85 Abs. 2 ArbGG i.
V. m. § 111 Abs. 3 HPVG, §§ 935, 940 ZPO statthaft. Nach diesen Vorschriften ist
nach Auffassung des HessVGH (B. v. 22.1.2009 – 22 B 94/09 – PersR 2009, 212,
213) im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht nur die vorläufige Feststellung
gegenwärtig streitiger Rechtsverhältnisse möglich, sondern kann ein
entsprechender Antrag einer Personalvertretung bei groben Verstößen des
Dienststellenleiters gegen seine Verpflichtungen aus dem HPVG auch dazu führen,
dass ihm aufgegeben wird, Handlungen zu unterlassen, die Vornahme von
Handlungen zu dulden oder Handlungen vorzunehmen (§ 111 Abs. 2 HPVG). In
welchem Ausmaß ein Personalrat unabhängig von § 111 Abs. 2 HPVG
Unterlassungsanträge zu Sicherung seiner Beteiligungsrechte verfolgen kann,
kann hier dahin stehen, da die Voraussetzungen des § 111 Abs. 2 HPVG
offenkundig erfüllt sind.
Das Begehren des Antragstellers hält sich innerhalb der vorstehend bezeichneten
Anforderungen. Denn jedenfalls ist sein Begehren auf eine gerichtliche
Eilentscheidung gerichtet, die vorläufig verhindert, dass das dem Antragsteller
nach seiner Auffassung zustehende Beteiligungsrecht zumindest bis zum
Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens leer läuft, weil die streitige
Rundverfügung vom 17. März 2009 ungeachtet der fehlenden Zustimmung des
Antragstellers vollzogen wird und insoweit vollendete Tatsachen geschaffen
werden, die als solche nicht mehr vollständig rückgängig gemacht werden können,
sollte die Entscheidung im Hauptsacheverfahren rechtskräftig werden. Aus diesem
Grund steht dem Antragsteller ein Verfügungsgrund zu; die gerichtliche
Entscheidung ist eilbedürftig.
Dem Antragsteller steht auch der geltend gemachte Verfügungsanspruch zu. Im
Hauptsacheverfahren 23 K 2427/09.F.PV(V) ist die Fachkammer hinsichtlich der
dort beantragten Feststellung der mangelnden Berechtigung der Beteiligten zum
Vollzug der Rundverfügung vom 17. März 2009 nach Maßgabe der Verfügung vom
10. Juli 2009 zu folgendem Ergebnis gekommen:
„Hinsichtlich der zwischen den Beteiligten streitigen im Tatbestand
wiedergegebenen Regelungen der Rundverfügung vom 17. März 2009 besteht
nach § 91 Abs. 4 S. 1 HPVG die Zuständigkeit des Antragstellers als
Gesamtpersonalrat der Lehrerinnen und Lehrer im Schulamtsbezirk, da sich die
Regelungen der Rundverfügung zur Erstellung von Zwischen- und
Abschlussberichten während der Probezeit von den als Lehrkräften eingesetzten
Probebeamtinnen und –beamten sich auf alle Schulen im Schulamtsbezirk der
Beteiligten erstrecken und nicht nur auf eine einzige Schule. Dagegen besteht –
jedenfalls auf der ersten Stufe des Mitbestimmungsverfahrens – keine
Zuständigkeit des Hauptpersonalrats der Lehrerinnen und Lehrer beim Hessischen
Kultusministerium, da die Beteiligte eine Regelung lediglich für ihren
Zuständigkeitsbereich getroffen hat bzw. treffen will.
Dem Antragsteller steht aus § 77 Abs. 2 Nr. 3 HPVG ein Mitbestimmungsrecht an
den im Tatbestand näher bezeichneten Regelungen der Rundverfügung der
Beteiligten vom 17. März 2009 zu. Die dort getroffenen Regelungen enthalten
nämlich eine Beurteilungsrichtlinie. Das sieht inzwischen nicht nur der Antragsteller
so, sondern auch die Beteiligte, die sich jedenfalls im August 2009 der Auffassung
des Hessischen Kultusministerium in dessen E-Mail vom 24. Juni 2009
angeschlossen hat und dies durch die Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens
im Wege des Zustimmungsantrags vom 26. August 2009 nach außen
dokumentiert hat.
Diese Einschätzung der Beteiligten und des Antragstellers steht in
Übereinstimmung den gesetzlichen Voraussetzungen des genannten
Mitbestimmungsrechts. Beurteilungsrichtlinien enthalten allgemeine Vorgaben der
Dienststellenleitung zur Anfertigung von Qualifikationsfeststellungen, d. h. zur
Beurteilung der Eignung, Leistung und Befähigung von Bediensteten (vgl. BVerwG
B. v. 11.12.1991 – 6 P 20.89 – PersR 1992, 202 m.w.N.), ohne dass hinsichtlich der
im Tatbestand zitierten Regelungen der Rundverfügung vom 17. März 2009 eine
vorrangige abschließende gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. Die
Erstellung von Zwischenberichten, und Abschlussberichten für Lehrkräfte im
Probebeamtenverhältnis dient unmittelbar der Qualifikationsbeurteilung der von
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Probebeamtenverhältnis dient unmittelbar der Qualifikationsbeurteilung der von
der Verfügung erfassten Probebeamtinnen und -beamten. Diese Berichte sollen
Auskunft über die Qualifikation der zu beurteilenden Personen geben und
mitteilen, ob die Eignung, fachliche Leistung und Befähigung so eingeschätzt
werden, dass von einer Bewährung in der Probezeit ausgegangen werden kann.
Am Charakter der Beurteilungsrichtlinie nehmen auch die Festlegungen teil, die
zum Zeitpunkt der anzufertigenden Zwischen- und Abschlussberichte getroffen
wurden einschließlich der Voraussetzungen für das ausnahmsweise Entfallen der
Zwischenberichtspflicht. Das Gleiche gilt für Zuweisung der Zuständigkeiten für die
Anfertigung dieser Berichte an die Schulleiter und Schulleiterinnen. Als
Beurteilungsrichtlinie ist ferner einzustufen die Vorgabe zur Abstufung der
abschließenden Beurteilungsaussagen, die dahin zusammenzufassen sind, dass
entweder eine Bewährung oder Nichtbewährung festzustellen ist. Dem steht nicht
entgegen, dass sich dies in gewisser Weise bereits aus dem gesetzlichen Zweck
der Probezeit (§ 10 BeamtStG i. V. m. § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BeamtStG ergibt. Es
wäre nämlich unabhängig davon möglich, derartige Zwischen- oder
Abschlussberichte auch mit einer Aussage zum Qualifikationsgrad zu verbinden.
Darauf hat die Beteiligte jedoch verzichtet, insoweit also durchaus eine
eigenständige Regelung zur Konkretisierung der beamtengesetzlichen Vorgaben
getroffen. Aus ihnen folgt jedenfalls nicht ohne Vollzugsakt, dass zumindest zum
Ablauf der regulären Probezeit eine Aussage über die Bewährung oder
Nichtbewährung zu treffen ist. Nur eine insoweit aus sich heraus vollziehbare
gesetzliche Regelung könnte das Mitbestimmungsverfahren entfallen lassen.
Die Verfahrensregelung, dass jedenfalls die Zwischenberichte nur auf der
Grundlage eines vorherigen Unterrichtsbesuchs gefertigt werden dürfen, stellt
ebenfalls eine Beurteilungsrichtlinie dar. Gleiches gilt für Unterrichtsbesuche als
Voraussetzung für einen Vorschlag zur Verlängerung der Probezeit bei
Nichtbewährung. Zwar können Unterrichtsbesuche auch zur Leistungskontrolle
eingesetzt werden und stellen dann als solche keine Beurteilungen dar, deren
Verfahren durch Ausübung des Mitbestimmungsrechts nach § 77 Abs. 2 Nr. 3
HPVG gestaltbar wäre. Hier sind die verpflichtend angeordneten
Unterrichtsbesuche jedoch in einen unmittelbaren Zusammenhang mit der
jeweiligen Qualifikationseinschätzung gestellt. Für derartige Fälle hat das BVerwG
in seinem bereits genannten Beschluss vom 11.12.1991 (a.a.O.) angenommen,
dass entsprechende Regelungen als Teil einer Beurteilungsrichtlinie dem
entsprechenden Mitbestimmungsrecht unterliegen. Dem folgt die Kammer.
Zur Beurteilungsrichtlinie gehören ferner die Regelungen zur Führung und
Dokumentation eines Dienstgesprächs nach oder vor der Anfertigung des
Zwischenberichts. Die von der Beteiligten getroffene Regelung ist insoweit
hinsichtlich des Zeitpunkts nicht eindeutig. Für die Zuordnung der
auslegungsfähigen Anordnung zu § 77 Abs. 2 Nr. 3 HPVG ist das jedoch ohne
Belang, da das führende und zu dokumentierende Dienstgespräch in einem
unmittelbaren Zusammenhang mit der Funktion des Zwischenberichts steht, eine
Aussage über den Bewährungs- und Qualifikationsstand der Lehrkraft zu treffen.
Das schließt die in der Rundverfügung genannten eventuellen Vereinbarungen
über künftige Entwicklungsschwerpunkte ein, da diese Vereinbarungen offenkundig
gerade dann in Betracht gezogen werden sollen, wenn sich ihr Abschluss zur
Erhaltung oder Verbesserung der Qualifikation als nötig erweist und damit zugleich
eine Grundlage für die Qualifikationsbeurteilung im Abschlussbericht wird.
Die Maßgaben für die Begründung eines Vorschlags zur Verlängerung der
Probezeit sind ihrer konkreten Ausgestaltung ebenfalls eine Beurteilungsrichtlinie.
Die Regelung der Beteiligten knüpft an die im Zusammenhang mit der
Vorbereitung oder Erstellung des Abschlussberichts aufgetretenen oder bestehen
gebliebenen Zweifel an der Probezeitbewährung an und verlangen indirekt, dass
diese Zweifel nur einen Grad erreicht haben, der die Chance offen lässt, dass die
Bewährung in einer verlängerten Probezeit nachgewiesen werden kann. Zur
Plausibilisierung eines solchen Grad an Zweifeln hinsichtlich der in Probezeit
gezeigten Qualifikation verlangt die Rundverfügung einen – erneuten –
Unterrichtsbesuch, wie er als solches für die Erstellung des Abschlussberichts nicht
zwingend vorgeschrieben wird. Diese Verbindung der Feststellung eines
bestimmten Qualifikationsgrades mit einem näher bezeichneten Verfahrensschritt
stellt deshalb ebenfalls eine Regelung in Gestalt einer Beurteilungsrichtlinie dar.
Der Zuordnung der getroffenen Regelungen zum Mitbestimmungsrecht nach § 77
Abs. 2 Nr. 3 HPVG steht nicht entgegen, dass die Beurteilungsrichtlinie nur für
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Abs. 2 Nr. 3 HPVG steht nicht entgegen, dass die Beurteilungsrichtlinie nur für
Probebeamtinnen und -beamte gelten soll. Das Mitbestimmungsrecht setzt nicht
voraus, dass sämtliche Angehörige einer Statusgruppe oder gar die Angehörigen
aller Statusgruppen von einer Beurteilungsrichtlinie erfasst werden. Ebenso wenig
ist Voraussetzung, dass hinsichtlich jedes denkbaren Gegenstandes einer
Beurteilungsrichtlinie eine Maßnahme getroffen werden soll.
Das Mitbestimmungsrecht entfällt weder ganz noch teilweise im Hinblick auf die in
§ 3 Abs. 1 S. 5, 6 HLVO getroffenen Regelungen. Dies ergibt sich schon daraus,
dass § 27 Nr. 2 HLVO Lehrkräfte vom Geltungsbereich der HLVO ausnimmt,
insoweit also der Verwaltung autonome Regelungen überlässt. Insoweit kann sich
eine Beschränkung oder gar ein Wegfall des Mitbestimmungsrechts nicht aus dem
Umstand ergeben, die analoge Anwendung der HLVO auf Lehrkräfte entspreche
der langjährigen Verwaltungspraxis. Für die analoge Anwendung der in § 3 Abs. 1
S. 5, 6 HLOV getroffenen Regelungen kann dies schon deshalb nicht verfangen,
weil diese Regelungen erst zum 1. April 2009 in Kraft getreten sind, und die
Rundverfügung im Vorgriff auf am 17. März 2009 noch nicht einmal im GVBl.
verkündeten Regelungen des HBRAnpG ergangen ist. Damit hat sie offenkundig
eine neue verwaltungsseitige Regelung getroffen, kann also nicht einmal
ansatzweise als Darstellung einer irgendwie gefestigten Verwaltungspraxis
geschweige denn als Gewohnheitsrecht eingestuft werden, wie die Beteiligte in
Erörterungsgesprächen mit dem Antragsteller angenommen hat. Die Neuartigkeit
der Regelungen in der Rundverfügung ergibt sich auch daraus, dass die Beteiligte
bisher während der Probezeit keine Zwischen- und Abschlussberichte von der Art
kannte, wie sie jetzt in § 3 Abs. 1 S. 5, 6 HLVO und im Anschluss daran in der
Rundverfügung vom 17. März 2009 vorgesehen sind. Die Beteiligte ist bis zum
Erlass dieser Verfügung ohne diese Instrumente in der durch die Verfügung näher
ausgestalteten Weise ausgekommen.
Der Antrag der Beteiligten vom 1. Juli 2009 auf Zustimmung des Antragstellers
konnte ohne Rücksicht auf die Art der Reaktion des Antragstellers den Eintritt der
Zustimmungsfiktion nach § 69 Abs. 2 S. 4 HPVG nicht bewirken. Zwar mag
zweifelhaft sein, ob das bloße Verlangen des Antragstellers nach einer Rücknahme
des Zustimmungsantrags unter Hinweis auf die Nichtbeachtung der
Beteiligungsrechte des Antragstellers eine ordnungsgemäß begründete
Zustimmungsverweigerung darstellen konnte. Der Zustimmungsantrag wurde
jedoch entgegen § 69 Abs. 1 S. 1 HPVG nicht nach einer rechtzeitigen und
eingehenden Erörterung der zur Zustimmung gestellten Maßnahme gestellt und
erweist sich deshalb schon aus diesem Grund als personalvertretungsrechtlich
unbeachtlich, weil nicht dokumentiert ist, Antragsteller und Beteiligte hätten im
beiderseitigen Einvernehmen auf die Erörterung verzichtet (§ 69 Abs. 1 S. 2
HPVG). Selbst wenn man dies für unbeachtlich hielt, erweist sich der
Zustimmungsantrag vom 1. Juli 2009 nicht als ausreichend, weil mit ihm nur ein
Teil der Beurteilungsrichtlinie zum Gegenstand eines Mitbestimmungsverfahrens
gemacht wurde, und zwar ein Teil, der aus sicher heraus allein nicht vollzugsfähig
war, sondern den Bestand der ihm vorangestellten Reglungen voraussetzte.
Hinsichtlich dieses wie des nachfolgenden Teils hatte die Beteiligte jedoch unter
dem 1. Juli 2009 keinen Zustimmungsantrag gestellt.
Es ist daher nur folgerichtig, dass sich die Beteiligte im August 2009 entschlossen
hat, sämtliche Teile der Beurteilungsrichtlinie in ihren Zustimmungsantrag vom 16.
August 2009 einzubeziehen und damit gleichzeitig ihre womöglich früher bezogene
Rechtsposition aufzugeben. Jedenfalls muss sich die Beteiligte aufgrund des
Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 60 Abs. 1 S. 1 HPVG) an ihrer im
August 2009 eingeschlagenen Verfahrensweise festhalten lassen, zumal sie
insoweit keinerlei Vorbehalte hinsichtlich eventueller früher gemachter Schritte
gemacht hat.
Der Antragsteller hat innerhalb der Zweiwochenfrist des § 69 Abs. 2 S. 2 HPVG
seine Zustimmung zum Antrag der Beteiligten vom 26. August 2009 verweigert
und diese Zustimmungsverweigerung der Beteiligten innerhalb der gesetzlichen
Frist in schriftlicher Form und versehen mit einer schriftlichen Begründung
übermittelt. Diese Begründung ist nicht am Maßstab des § 77 Abs. 4 HPVG zu
messen, da diese Regelung nur für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts in §
77 Abs. 1 HPVG gilt. Es genügt daher, dass sich die Begründung des Antragstellers
zur Verweigerung seiner Zustimmung sachlich auf den Mitbestimmungstatbestand
des Erlasses einer Beurteilungsrichtlinie bezieht. Dies ist offenkundig der Fall, da
der Antragsteller sowohl die Befugnis zum Erlass der Rundverfügung vom 17. März
2009 im Hinblick auf seine Auslegung des Gesetzesvorbehalts in § 10 Abs. 1 S. 4
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2009 im Hinblick auf seine Auslegung des Gesetzesvorbehalts in § 10 Abs. 1 S. 4
HBG in seiner Fassung aufgrund des HBRAnpG in Zweifel zieht wie auch
Mehrbelastungen der Schulleiter/innen aufgrund der Zwischenberichte und der
damit verbundenen Unterrichtsbesuche geltend macht. Derartige Einwände liegen
innerhalb des Zwecks der Ausübung des Mitbestimmungsrechts.
Damit fehlt der Beteiligten nach wie vor die nach § 69 Abs. 1 S. 1 HPVG
erforderliche Zustimmung des Antragstellers für den Erlass der
Beurteilungsrichtlinie.
Auf dieser Grundlage kommt eine weitere Anwendung der Rundverfügung vom 17.
März 2009 hinsichtlich der im Tatbestand zitierten Regelungen, in Bezug
genommen durch die Verfügung der Beteiligten vom 10. Juli 2009 nur in Betracht,
wenn sich diese Verfügung personalvertretungsrechtlich als zulässige vorläufige
keinen Aufschub duldende Maßnahme i. S. d. § 73 HPVG darstellen würde. Das ist
offenkundig nicht der Fall, da die Voraussetzungen für eine derartige Eilmaßnahme
schon am 10. Juli 2009 fehlten und auch nachträglich nicht eingetreten sind.
Die Verfügung vom 10. Juli 2009 hält sich schon nicht im Rahmen einer nur
vorläufigen Maßnahme, sondern macht den gesamten Inhalt der zur Erstellung der
Zwischen- und Abschlussberichte in der Rundverfügung vom 17. März 2009
getroffenen Regelungen zum Gegenstand der Eilmaßnahme. Eine derartige
Ausgestaltung kann nicht als vorläufige Regelung der streitigen Maßnahme
angesehen werden. So hätte sich die Beteiligte womöglich zur Wahrung der
Vorläufigkeit damit begnügen müssen, z. B. nur die Erstellung von Zwischen- oder
Abschlussberichten anzuordnen, ggf. in eingeschränkter Form etc. Stattdessen
entbehrt die Regelung vom 10. Juli 2009 jedes irgendwie provisorischen
Charakters.
Schließlich benennt die Verfügung vom 10. Juli 2009 keinen Zeitpunkt, zu dem die
vorläufige Regelung enden soll. Es wird nicht einmal der Bezug zum Ausgang oder
Stand eines bestimmten Beteiligungsverfahrens gemacht. Das ist zwar nicht
verwunderlich, da es am 10. Juli 2009 immer noch an der ordnungsgemäßen
Einleitung eines solchen Verfahrens fast 4 Monate nach Erlass der
mitbestimmungspflichtigen Rundverfügung vom 17. März 2009 fehlte. Aus diesem
Umstand ergibt sich jedoch nicht die Berechtigung der Beteiligten, die
Geltungsdauer ihrer Eilmaßnahme von vornherein zeitlich oder sachlich
einzugrenzen und so die Vorläufigkeit der Eilmaßnahme zum Ausdruck zu bringen.
Darüber hinaus ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, warum die Inkraftsetzung
der Reglungen in der Rundverfügung vom 17. März 2009 zur Erstellung von
Zwischen- und Abschlussberichten keinen Aufschub duldete. Die Neufassung des §
3 Abs. 1 HLVO und die dort zum 1. April erfolgte Einführung von Zwischen- und
Abschlussberichten als Mittel der Feststellung einer Bewährung in der
beamtenrechtlichen Probezeit ist kein Umstand, der als solcher die besondere
Dringlichkeit entsprechender Regelungen für Lehrkräfte begründen kann. Eine
solche Dringlichkeit hätte nur bestanden, wenn ohne Erlass entsprechender
Regelungen im Raum gestanden hätte, dass die Feststellung der Bewährung von
Probebeamten und –beamtinnen in der Probezeit bzw. zu deren Abschluss
unmöglich oder doch so wesentlich erschwert wäre, dass dem Auftrag der § 10
BeamtStG und § 10 HBG nicht zu genügen wäre. Davon kann offenkundig keine
Rede sein. So ist die Schulverwaltung in Hessen bisher ebenso wie allgemeine
Verwaltung für die Fragen der Bewährungsfeststellung in der Probezeit ohne die
Instrumente der formalisierten Zwischen- und Abschlussberichte ausgekommen.
Warum gleichwohl eine besondere Eilbedürftigkeit bestanden haben soll oder
derzeit bestehen soll, konnte die Beteiligte durch ihren Prozessvertreter in der
mündlichen Verhandlung nicht einmal ansatzweise erläutern. Es ist in keiner Weise
erkennbar noch von der Beteiligten dargetan, dass es künftig unmöglich sein
würde, mit den herkömmlichen Instrumenten und Verfahren zu hinreichend
aussagefähigen Beurteilungen der Probezeitbewährung zu kommen. Daher kann
durch die der Beteiligten aufgrund des Mitbestimmungsverfahrens auferlegte
zeitliche Verzögerung bis zur Anwendung der in der Rundverfügung vom 17. März
2009 getroffenen Regelungen keine Lage entstehen, in der wichtige öffentliche
Interessen geschädigt würden oder gar ein Rechtsverlust für die Dienststelle
eintreten würde. Insoweit ist im Übrigen ergänzend zu berücksichtigen, dass der
Zeitverlust im Umfang von mehr als 4 Monaten durch die Verfahrensweise der
Beteiligten selbst bedingt ist, da sie in offenkundig rechtswidriger Weise
unterlassen, den Antragsteller nach § 63 Abs. 1 HPVG und nach § 77 Abs. 2 Nr. 3
HPVG an den Regelungen des Runderlasses vom 17. März 2009 vor dessen Erlass
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HPVG an den Regelungen des Runderlasses vom 17. März 2009 vor dessen Erlass
zu beteiligen. Die entsprechenden Beteiligungsverfahren hätten auch schon vor
März 2009 eingeleitet werden können.
Die besondere Dringlichkeit kann sich nicht schon daraus ergeben, dass
zwischenzeitlich bereits mehr als 40 Zwischenberichte eingegangen sind, die
ausgewertet werden müssten. Würde man dies anerkennen, würde man der
Beteiligten die Befugnis zuerkennen, Beurteilungsrichtlinien ohne besondere
Rechtfertigung erst einmal in Kraft setzen, und zwar unabhängig vom Zeitpunkt
der Einleitung oder dem Stand eines Beteiligungsverfahrens. Eine solches
Verständnis der Beteiligungsrechte in ihrer Ausgestaltung durch das HPVG würde
von sachlichen Anforderungen des § 73 HPVG nichts mehr übrig lassen und
letztlich die Beteiligungsrechte völlig entwerten.
Aus den gleichen Gründen kann es nicht darauf ankommen, ob und in welchem
Ausmaß die Beteiligte mit den Zwischen- und Abschlussberichten eine
Verbesserung der Qualifikationsfeststellungen während der Probezeit und des
Niveaus der Qualifikationen anstrebt. Diese Erwägungen sind nicht von einer
solchen Bedeutung, dass sich daraus bereits ergeben könnte, die entsprechenden
Regelungen duldeten hinsichtlich ihres Vollzugs keinen Aufschub. Die Beteiligte hat
nicht einmal ansatzweise geltend gemacht, die bisher eingesetzten Instrumente
und Verfahren seien in einem Ausmaß mangelhaft, dass nur die Neuregelung den
– zu bezeichnenden - Missständen abhelfen könne.“
Diese Ausführungen sind auch im einstweiligen Verfügungsverfahren zugrunde zu
legen.
Damit hat die Beteiligte durch ihre Verfügung vom 10. Juli 2009 wie durch die
einseitige Inkraftsetzung ihrer Rundverfügung vom 17. März 2009 ohne vorherige
Beteiligung des Antragstellers gegen ihre personalvertretungsrechtlichen Pflichten
verstoßen. Diese Verstöße sind auch grob, da das Bestehen eines
Beteiligungsrechts des Antragstellers am Erlass der Rundverfügung vom 17. März
2009 hinsichtlich der im Tenor genannten Teile eindeutig ist und auch von der
Beteiligten ohne Weiteres hätte erkannt werden können, ohne dass es des
ergänzenden Hinweises durch die E-Mail des Hessischen Kultusministeriums vom
24. Juni 2009 bedurfte. Dadurch ist die ohnehin bestehende Rechtslage nur noch
einmal verdeutlicht worden. Selbst wenn die Beteiligte der Auffassung gewesen
sein sollte, ein Mitbestimmungsrecht nach § 77 Abs. 2 Nr. 3 HPVG komme aus
bestimmten – nicht dargelegten – Gründen nicht in Betracht, so konnte doch von
vornherein keinem irgendwie gearteten Zweifel unterliegen, dass dem
Antragsteller jedenfalls ein Mitwirkungsrecht nach § 63 Abs. 1 HPVG am Erlass
einer Verwaltungsanordnung in innerdienstlichen personellen Angelegenheiten
zustand, sodass die Rundverfügung hinsichtlich des streitigen Teils auf keinen Fall
ohne die vorherige Unterrichtung und Beteiligung des Antragstellers in Kraft
gesetzt werden durfte. Dies war in jeder Hinsicht offensichtlich.
Darüber hinaus stellt die Aufrechterhaltung der beteiligungspflichtigen Regelungen
der Rundverfügung vom 17. März 2009 nach Erhalt der E-Mail des Ministeriums
einen groben und offenkundigen Verstoß gegen das Personalvertretungsrecht dar.
Aus der Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) folgt, dass rechtswidrig
getroffene Maßnahmen nicht aufrecht erhalten werden dürfen, wenn für ihren
Erlass personalvertretungsrechtliche Beteiligungsrechte zu beachten gewesen
wären, jedoch nicht beachtet wurden. Jedenfalls ab Kenntnis des entsprechenden
Verstoßes ist der Vollzug entsprechender Maßnahmen einzustellen. Das hat die
Beteiligte unterlassen.
Da sich die Beteiligte in der mündlichen Verhandlung durch ihren Prozessvertreter
nicht zu einer irgendwie gearteten vergleichsweisen Regelung verstehen konnte,
weil mit ihr durch den Prozessvertreter keine Rücksprache genommen werden
konnte, kann dem groben und offensichtlichen Verstoß der Beteiligten nur durch
das tenorierte Unterlassungsgebot begegnet werden. Es nicht erkennbar, mit
welchem weniger einschneidenden Mittel der mangelnden Bereitschaft zur
Beachtung der personalvertretungsrechtlichen Pflichten sachgerecht begegnet
und eine sachliche Entleerung der Beteiligungsrechte des Antragstellers
unterbunden werden kann. Die Beteiligte wird durch das vollstreckbare
Unterlassungsgebot lediglich in die Situation versetzt, die sich ergeben würde,
befände sie sich noch in einem normalen Beteiligungsverfahren, in dem sie das
Ergebnis abzuwarten hätte, bevor sie ihre Maßnahmeabsicht im Falle einer
Ersetzung der vom Antragsteller verweigerten Zustimmung im Stufenverfahren
Ersetzung der vom Antragsteller verweigerten Zustimmung im Stufenverfahren
oder durch die oberste Dienstbehörde nach Abschluss eines
Einigungsstellenverfahrens verwirklichen könnte. Dieser Nachteil wirkt angesichts
des groben Verstoßes der Beteiligten gegen ihre personalvertretungsrechtlichen
Pflichten deutlich geringer als der Nachteil, der dem Antragsteller entstünde,
müsste er die Entwertung seiner Beteiligungsrechte hinnehmen, ohne dass dafür
auch nur entfernt eine gesetzliche Rechtfertigung ersichtlich wäre.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.