Urteil des VG Düsseldorf vom 13.12.2002

VG Düsseldorf: treu und glauben, behandlung minderjähriger, bedrohung, stadt hamburg, behörde, unternehmen, taxi, zahl, anteil, hauptbeschäftigung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 6 L 358/02
Datum:
13.12.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 L 358/02
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
A. Der Antrag des Antragstellers,
2
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm - dem
Antragsteller - vorläufig, bis zu einer unanfechtbaren Entscheidung über seinen Antrag
nach Maßgabe des § 16 Abs. 3 PBefG eine Genehmigung zur Ausübung des
Gelegenheitsverkehrs mit einer Taxe zu erteilen,
3
hat keinen Erfolg.
4
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zu erlassen, wenn
der jeweilige Antragsteller eine besondere Eilbedürftigkeit, mithin das Drohen von
unzumutbaren Nachteilen ohne die begehrte Entscheidung des Gerichts
(Anordnungsgrund) und den geltend gemachten materiellen Anspruch
(Anordnungsanspruch) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294
ZPO).
5
Vorliegend fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Dem
Antragsteller steht unter Zugrundelegung der im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes allein gebotenen und möglichen summarischen Prüfung ein (Rechts- )
Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung für den Taxiverkehr nach § 13 des
Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8.
August 1990 (BGBl. I, S. 1690), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. August 2002
(BGBl. I S. 3322) (PBefG), nicht zu. Er dürfte zwar die subjektiven
Zulassungsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1 PBefG erfüllen (I.). Die objektiven
6
Versagungsgründe des § 13 Abs. 4 und Abs. 5 PBefG (II.) stehen seinem Anspruch
indes entgegen. Dies gilt zwar nicht im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner im
Sinne des § 13 Abs. 4 PBefG dargelegt hätte, Genehmigungserteilungen oberhalb der
für das Jahr 2002 vorgesehenen Anzahl bedrohten das örtliche Taxengewerbe in seiner
Funktionsfähigkeit (II.1.). Die - wenn auch nur vorläufige - Verpflichtung zur Erteilung
einer Taxikonzession scheitert aber daran, dass sich der Antragsteller unter
Zugrundelegung der Regelung des § 13 Abs. 5 PBefG mit seiner Bewerbung auf Grund
seines derzeitigen Rangplatzes weder im Bereich einer sicher feststellbaren
Mindestanzahl noch innerhalb einer sog. "Grauzone" für eine (weitere) Aufstockung
eines bisher zu geringen Kontingents befindet (II.2.).
I. Der Antragsteller dürfte die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1
PBefG erfüllen. Ausweislich der seinem Antrag beigefügten und nachgereichten
Unterlagen dürfte die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebes gegeben sein (§
13 Abs. 1 Nr. 1 PBefG), dürfte angesichts der vorgelegten Bescheinigung die fachliche
Eignung gegeben sein (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 PBefG) und dürften schließlich keine
Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer
dartun (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 PBefG). Insoweit hat auch der Antragsgegner Bedenken nicht
vorgetragen.
7
II. Dem Anspruch steht indes ein objektiver Versagungsgrund entgegen.
8
1. Allerdings hat der Antragsgegner das Vorliegen des objektiven Versagungsgrundes
des § 13 Abs. 4 PBefG im Hinblick darauf, dass - generell - Genehmigungserteilungen
oberhalb der für das Jahr 2002 vorgesehenen Anzahl das örtliche Taxengewerbe in
seiner Funktionsfähigkeit bedrohen, nicht dargelegt.
9
Nach § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG ist eine beantragte Genehmigung zum Taxenverkehr zu
versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden,
dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in
seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird. Gemäß § 13 Abs. 4 Satz 2 PBefG sind für den
Bezirk der Genehmigungsbehörde insbesondere zu berücksichtigen die Nachfrage
nach Beförderungsaufträgen im Taxenverkehr (Nr. 1), die Taxendichte (Nr. 2), die
Entwicklung der Ertrags- und Kostenlage unter Einbeziehung der Einsatzzeit (Nr. 3) und
die Anzahl und Ursachen der Geschäftsaufgaben (Nr. 4).
10
§ 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG stellt damit eine objektive Berufszulassungsbeschränkung auf
und greift in den Schutzbereich der Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) ein. An
den verfassungsrechtlich gebotenen Nachweis der Notwendigkeit objektiver
Berufszulassungsvoraussetzungen sind besonders strenge Anforderungen zu stellen.
Der Eingriff muss zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer
Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut unabdingbar sein. § 13 Abs. 4
Satz 1 PBefG kann im Hinblick auf Artikel 12 Abs. 1 Satz 1 GG nicht in der Weise
ausgelegt und angewandt werden, dass die wirtschaftliche Lage der am Ort das
Taxengewerbe betreibenden Unternehmen Maßstab für die Erteilung oder Versagung
weiterer Taxengenehmigungen in der Weise sein dürfte, dass diesen ein den
Kapitaldienst, die laufenden Kosten und einen angemessenen Unternehmergewinn
abdeckendes Einkommen gewährleistet sein müsste. Eine schwierige Ertrags- und
Kostenlage ist kein Versagungsgrund, sondern nur ein Indiz für die Beurteilung, ob das
öffentliche Verkehrsinteresse durch Bedrohung des örtlichen Taxengewerbes in seiner
Funktionsfähigkeit beeinträchtigt ist
11
Zur Annahme einer Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes
bedarf es einer von der Behörde konkret zu belegenden Gefahr, dass die Erteilung
weiterer Genehmigungen zu schwer wiegenden Mängeln in der Verkehrsbedienung
durch Taxen führen kann, etwa derart, dass die Existenzfähigkeit von Betrieben
allgemein nur unter übermäßiger, die Verkehrssicherheit gefährdender Einsatzzeit der
Fahrer oder nur unter Einsatz unterbezahlter Gelegenheitsfahrer mit ähnlichen Gefahren
für die Verkehrssicherheit oder die ansonsten zuverlässige Verkehrsbedienung
gesichert werden kann. Das Gesetz hat in § 13 Abs. 4 Satz 2 PBefG beispielhaft und
nicht abschließend einige Merkmale aufgeführt, die indizielle Bedeutung für die
Bewertung der Frage haben können, ob bei weiteren Genehmigungen über den
vorhandenen Bestand hinaus die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes
bedroht wird oder nicht.
12
Die Beantwortung der Frage, ob die Erteilung weiterer Taxengenehmigungen das
örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht, setzt eine prognostische
Entscheidung der Genehmigungsbehörde voraus, die gerichtlich nur dahin überprüfbar
ist, ob die Behörde den maßgebenden Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt,
die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erkannt und den möglichen Verlauf der
Entwicklung nicht offensichtlich fehlerhaft eingeschätzt hat. Bei dieser Prognose ist nicht
allein auf die Auswirkungen der einzelnen Genehmigung auf die Funktionsfähigkeit
abzustellen. Vielmehr ist eine einheitliche Betrachtung der Verhältnisse im örtlichen
Taxengewerbe und der durch Erteilung weiterer Genehmigungen zu erwartenden
Auswirkungen geboten.
13
Zum Vorstehenden vgl. mit vertiefenden Ausführungen: BVerfG, Urteil vom 11. Juni
1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377, 408; BVerwG, Urteile vom 27. November 1980 -
7 C 57.79 - BVerwGE 64, 239 (242), vom 15. April 1988 - 7 C 94.86 - BVerwGE 79, 208
ff und vom 7. September 1989 - 7 C 44/88 und 7 C 45/88, BVerwGE 82, 295 ff..
14
Den hier aufgestellten Anforderungen an die Darlegung einer Bedrohung der
Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes im Fall der Erteilung von
Genehmigungen oberhalb der für das Jahr 2002 vorgesehenen Anzahl genügen die
Erläuterungen des Antragsgegners nicht. Er hat keine ausreichende
Tatsachengrundlage ermittelt und dargelegt, die die Prognose einer Bedrohung der
Funktionsfähigkeit des Eer Taxigewerbes bei Erteilung einer höheren Anzahl von
Genehmigungen stützen könnte.
15
Über Meinungsäußerungen Betroffener hinaus ist konkret die Entwicklung der Ertrags-
und Kostenlage der Taxiunternehmen in E unter Einbeziehung der Einsatzzeit der
Fahrer (§ 13 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 PBefG) nicht ermittelt worden. Geschäftsaufgaben (§ 13
Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 PBefG) in Form der Rückgabe der Konzession hat es seit Erteilung
der letzten Konzessionen im Jahr 1997 nicht gegeben. Bei Geschäftsaufgaben wurden
die Unternehmen vom Käufer weiterbetrieben. Zwar wurden mehrere
Insolvenzverfahren eingeleitet, die Unternehmen wurden aber entweder verkauft und
durch andere Unternehmer weitergeführt oder Insolvenzverfahren wurden nach Zahlung
der Außenstände eingestellt. Die Nachfrage nach Beförderungsaufträgen im
Taxenverkehr (§ 13 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 PBefG) war in der jüngsten Vergangenheit auch
nicht rückläufig. Werden die von der Fahrtenvermittlungszentrale der Taxi E EG und der
S-Taxi Datenfunkzentrale 000000 GmbH angegebenen Fahrten addiert, zeigt sich
vielmehr ein Ansteigen der vermittelten Fahrten auf das Niveau der Jahre 1992 und
16
1993: Zwar ist seit 1992 bei der Taxi E EG ein Rückgang der vermittelten Fahrten
festzustellen (s. dazu Übersichten Beiakte Heft 4 zu 6 K 376/01 Bl. 181, 194, 263 f und
268 f: 1992: 3.309.464 Fahrten; 1993: 3.124.162 Fahrten; 1994: 3.041.615 Fahrten;
1995: 3.025.313 Fahrten; 1996: 2.971.450 Fahrten; 1997: 2.823.156 Fahrten; 1998:
2.856.217 Fahrten; 1999 2.786.077 Fahrten). Parallel dazu konnte aber die am 21.
November 1996 gegründete S-Taxi Datenfunkzentrale 000000 GmbH ihre
Vermittlungszahlen ab 1997 erheblich steigern (s. u.a. Beiakte Heft 4 zu 6 K 376/01 Bl.
266 ff: 1996; 7.200 Fahrten; 1997: 167.000 Fahrten; 1998: 302.000 Fahrten; 1999:
450.000 Fahrten). Darüber hinaus vermag die Zahl der über die Zentralen vermittelten
Fahrten keine brauchbare Grundlage für die Ermittlung der Zahl der
Beförderungsaufträge zu geben, weil die über die Taxiunternehmer unmittelbar, an
Taxiständen oder durch Anhalten auf der Straße zustandegekommenen Aufträge nicht
berücksichtigt sind. Das gilt insbesondere für die in E besonders bedeutsamen Aufträge
am Flughafen. Eine zuverlässige Grundlage für die Beurteilung der Gesamtsituation des
Taxigewerbes in E ist damit nicht ersichtlich. Die Taxendichte (§ 13 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2
PBefG) von gegenwärtig 2,3 Taxen je 1000 Einwohner mag zwar im Vergleich mit
anderen Städten hoch liegen; sie erreicht aber noch keinen Wert, der für sich allein eine
Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes bei Erteilung weiterer
Konzessionen über die beabsichtigten hinaus belegt.
Auch die weiteren vom Antragsgegner eingeholten Stellungnahmen enthalten keine
nachprüfbaren Tatsachen, auf deren Grundlage eine derartige Prognose hätte getroffen
werden können. Die um Stellungnahme gebetene Industrie- und Handelskammer zu E
hat darauf verwiesen, dass über die wirtschaftliche Gesamtsituation im Taxigewerbe
verlässliche Daten nicht vorliegen, erklärt, dass es „reine Spekulation" sei, vor diesem
Hintergrund ein Votum für eine konkrete Zahl von Neukonzessionen abzugeben, sowie
gefordert, dass eine Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen Situation des Eer
Taxigewerbes Ausgangspunkt für die Neuerteilung von Taxikonzessionen sein sollte.
Das Polizeipräsidium E hat zwar auf Verkehrsprobleme an bestimmten Stellen, das
Stehen in 2. Reihe, Geschwindigkeitsüberschreitungen und Parkverstöße hingewiesen
und erläutert, letztere würden mit Zeitdruck begründet. Es hat aber keine Bedenken
hinsichtlich der Betriebssicherheit der Taxifahrzeuge aufgeführt. Mangelnde Wartung
und nur notdürftige Reparaturen wären aber im Fall der wirtschaftlichen
Existenzbedrohung der Betriebe zu erwarten. Der Taxiverband NRW e.V. führt aus,
dass bereits gegenwärtig von einer Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen
Taxigewerbes auszugehen sei, konkretisiert dies aber weder durch Tatsachen noch
durch Zahlen und tendiert im Übrigen zu der Auffassung, dass durch Einholung eines
Gutachtens die Bedrohung dokumentiert werden könne. Konkrete nachprüfbare
Tatsachen werden auch durch die Fachvereinigung Personenverkehr in ihrer
Stellungnahme nicht angeführt.
17
2. Trotz dieser fehlerhaften behördlichen Prognose scheitert eine - wenn auch nur
vorläufige - Verpflichtung zur Erteilung einer Taxikonzession dennoch daran, dass der
Antragsteller den aktualisierten Angaben des Antragsgegners vom 2. Dezember 2002
zufolge auf der Neubewerberliste den Rangplatz Nr. 304 inne hat und ihm ausgehend
von der vom Antragsgegner geführten Altbewerberliste bei einer Berücksichtigung von
Neu - und Altbewerbern im Verhältnis von zwei zu eins 93 Altbewerber vorgehen (a.).
Damit dürfte er weder im Bereich einer sicher feststellbaren Mindestanzahl noch
innerhalb einer sog. "Grauzone" für eine (weitere) Aufstockung eines bisher zu geringen
Kontingents liegen (b.)
18
a. Der in Anwendung des § 13 Abs. 5 PBefG geführten Bewerber- bzw. Vormerkliste
kommt nicht nur eine verfahrensmäßige Bedeutung zu; sie berührt vielmehr die
materielle Rechtsposition eines Antragstellers, gibt ihm eine den Schutz des § 42 Abs. 2
VwGO genießende Rechtsposition und vermittelt ihm als Konsequenz daraus auch
einen Anspruch darauf, dass diese Liste in Einklang mit den Bestimmungen des PBefG
und unter Berücksichtigung der Folgerungen aus Art. 12 GG geführt und abgebaut wird.
19
Vgl. insbesondere OVG NRW, Beschluss vom 11. Juni 1990 - 13 B 1283/90 -.
20
Die Führung der Bewerberlisten durch den Antragsgegner dürfte zwar in einzelnen
Punkten rechtlichen Zweifeln unterliegen (aa.); eine grundlegende Veränderung der
Anzahl der dem Antragsteller gegenüber vorrangig zu berücksichtigenden Bewerber
dürfte sich hierdurch indes nicht ergeben (bb.).
21
aa. Voraussetzung für die Aufnahme in die Bewerberliste ist die Stellung eines Antrags
im Sinne des § 12 PBefG, dem - anders als vom Antragsgegner bislang gefordert -
jedenfalls die in § 12 Abs. 2 PBefG genannten Unterlagen beizufügen sind. Dies ergibt
sich aus der Zusammenschau von § 12 Abs. 2 PBefG und § 13 Abs. 5 Satz 2 PBefG. §
13 Abs. 5 Sätze 2 und 3 PBefG stellen hinsichtlich der Bewerberlisten auf die
Reihenfolge des Eingangs der „Anträge" ab. Welche Anforderungen an einen Antrag zu
stellen sind, regelt § 12 PBefG, insbesondere dessen Abs. 2, wonach Unterlagen, die
ein Urteil über die Zuverlässigkeit des Antragstellers und die Sicherheit und
Leistungsfähigkeit des Betriebes ermöglichen, beizufügen sind. Diese Anforderungen
sind auch zu stellen, wenn von vornherein nur ein Antrag auf Aufnahme in die
Bewerberliste gestellt wird, bzw. allenfalls eine solche in Betracht kommt. Bei der
Aufnahme in die Bewerberliste und der Erteilung der Taxikonzession handelt es sich um
ein einheitliches Genehmigungsverfahren, wobei bei dem Antrag auf Aufnahme in die
Bewerberliste eine Entscheidung über die Genehmigungserteilung selbst noch nicht
getroffen wird. Die Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 PBefG müssen nämlich
noch nicht erfüllt sein; insoweit ist grds. erst auf den Zeitpunkt der Konzessionsvergabe
abzustellen.
22
Vgl. insoweit ausführlicher VG Augsburg, Urteil vom 23. Juli 1998 - Au 3 K 97.908 -,
BayVBl. 1999, 412.
23
Bedenken des Antragsgegners im Hinblick auf die Genehmigungsfiktion des § 15 Abs. 1
Sätze 2 bis 5 PBefG greifen schon im Hinblick darauf nicht durch, dass auf die
Einhaltung der Genehmigungsfrist durch den jeweiligen Antragsteller verzichtet werden
kann
24
vgl. Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand Juni 2002, § 15, R. 22
25
und die Fiktionsfrist des § 15 Abs. 1 PBefG im Übrigen nur in Lauf gesetzt wird, wenn
der Antrag auch alle Angaben enthält, die für die Prüfung der subjektiven
Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 PBefG von Bedeutung sind.
26
Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28. Februar 1996 - 4 L 40/95 -, GewArch 1997,
118.
27
Zur Behandlung Minderjähriger bei Antragstellung und Genehmigungsvergabe enthält
das PBefG keine ausdrückliche Regelung. Bewerbungen geschäftsunfähiger
28
Minderjähriger unter sieben Jahren hat der Antragsgegner seiner Mitteilung vom 2.
Dezember 2002 zufolge nunmehr aus den Bewerberlisten gestrichen. Ob die
Vorgehensweise, beschränkt Geschäftsfähige, bei denen die Bestellung eines
Geschäftsführers in Betracht kommt, in die Bewerberliste aufzunehmen, sie aber im
Hinblick darauf, dass von einer hauptberuflichen Tätigkeit nicht ausgegangen werden
könne, nachrangig zu behandeln, rechtlichen Bedenken unterliegt, kann im Verfahren
des vorläufigen Rechtsschutzes offen bleiben - eine nachrangig zu behandelnde
Bewerbung beeinflusst aktuell die Chancen des Antragstellers nicht. Die Frage der
Zulässigkeit dieser Vorgehensweise müsste u.a. unter Berücksichtigung der Vorschrift
des § 112 BGB und auch der Minderjährigenhaftungsbeschränkung in § 1629a BGB
geprüft werden.
Soweit der Antragsgegner bei der Erteilung von Taxikonzessionen diejenigen
Bewerber, die ausgehend vom Zeitpunkt des Eingangs ihres Antrags zwar zu
berücksichtigen wären, die aber die Voraussetzungen für eine nachrangige Behandlung
gemäß § 13 Abs. 5 Satz 3 Nrn. 1, 2 oder 3 PBefG erfüllen - weil sie insbesondere das
Taxigewerbe nicht als Hauptbeschäftigung zu betreiben beabsichtigen (Nr. 1) oder weil
sie ihr Unternehmen nicht als Hauptbeschäftigung betrieben haben oder innerhalb der
letzten acht Jahre ganz oder teilweise veräußert oder verpachtet haben (Nr. 2) -, unter
Belassung ihrer Rangplätze „überspringt", dürfte dies nicht zu beanstanden sein. § 13
Abs. 5 PBefG betrifft in erster Linie die Erteilung der Taxikonzession und deren
Modalitäten. Einen dauernden Verlust der Rangstelle als zusätzliche Sanktionierung,
verbunden mit einer - dann erforderlichen - mehr oder minder willkürlichen Fiktion eines
neuen Antragsdatums, sieht das Gesetz nicht vor. Liegen zum Zeitpunkt der
Entscheidung über den Antrag die Voraussetzungen des § 13 Abs. 5 Satz 3 Nrn. 1, 2
oder 3 PBefG nicht (mehr) vor, verbleibt es bei der grundsätzlichen Berücksichtigung
nach der zeitlichen Reihenfolge des Antragseingangs.
29
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. November 1991 - 13 B 2722/91 - zum Fall des § 13
Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 PBefG; diese Vorgehensweise sieht auch Ziffer 5.5 des
Runderlasses des Ministers für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr NW vom 20.
November 1987 - II C 6-33-32 - MBL NW 1988, 7 vor.
30
Bewerber hingegen, so der Antragsgegner, die ausgehend vom Zeitpunkt des Eingangs
ihres Antrags zu berücksichtigen wären, indes aus sonstigen Gründen kein Interesse
zeigen, werden - was rechtlich nicht zu beanstanden ist - aus der Liste gestrichen. Die
Richtigkeit dieser Angaben des Antragsgegners zu bezweifeln, sieht die Kammer keine
Veranlassung, zumal auch der Antragsteller keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen
hat, die Anlass zu Zweifeln bieten könnten. Schließlich begegnet auch die
Berücksichtigung von Neubewerbern gegenüber Altunternehmern nach dem Schlüssel
von zwei zu eins keinen rechtlichen Bedenken.
31
Vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 19. September 1989 - 7 CB 32/89 -.
32
bb. Auch unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen und ohne eine - im
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht angezeigte - in Einzelheiten gehende
Überprüfung der vorgelegten Neu- und Altbewerberliste dürfte sich indes eine
grundlegende Veränderung der Anzahl der dem Antragsteller gegenüber vorrangig zu
berücksichtigenden Bewerber nicht ergeben.
33
Die bisherige Praxis des Antragsgegners, Bewerbern um die Aufnahme in die
34
Bewerberliste mittels eines Vordrucks die Rücknahme ihres „Antrags" auf Erteilung
einer Taxikonzession nahe zu legen, führt nicht dazu, dass solche Bewerber, die diesen
Vordruck ausgefüllt zurückgereicht haben, aus der Bewerberliste zu streichen wären.
Die Erklärung in dem Vordruck ist vielmehr dahin auszulegen, dass lediglich auf die
umgehende Entscheidung über die Genehmigungserteilung verzichtet wird - mithin
zugleich der Verzicht auf die Einhaltung der Genehmigungsfrist des § 15 Abs. 1 Sätze 2
bis 5 PBefG erklärt wird. Denn die vorformulierte Erklärung in dem Vordruck lässt
gerade nicht darauf schließen, dass der Erklärende von dem Begehren auf Erteilung
einer Taxikonzession Abstand nimmt - er äußert darin nämlich zugleich die Bitte um
Aufnahme in die Bewerberliste.
Auch der Umstand, dass der Antragsgegner bislang bei Antragstellung von dem
Erfordernis der Vorlage der in § 12 Abs. 2 PBefG genannten Unterlagen abgesehen hat,
dürfte nicht zu einer pauschalen vorrangigen Berücksichtigung des Antragstellers
jedenfalls vor den Bewerbern führen, die in der Vergangenheit der Praxis des
Antragsgegners folgend diese Unterlagen nicht vorgelegt haben. Das gilt schon im
Hinblick darauf, dass es - bei Zugrundelegung des obigen Rechtsstandpunktes - Sache
des Antragsgegners gewesen wäre, seiner Beratungs- und Auskunftspflicht (vgl. § 25
VwVfG) gemäß, auf die Unvollständigkeit von Antragsunterlagen hinzuweisen und
anzugeben, welche weiteren Unterlagen vorzulegen sind. Eine Streichung dieser
Bewerber aus der Bewerberliste, ohne ihnen nunmehr nach Umstellung der
Verwaltungspraxis die Möglichkeit zu geben, die gemäß § 12 Abs. 2 PBefG
erforderlichen Unterlagen nachzureichen, dürfte gegen den auch im öffentlichen Recht
anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen.
35
Damit ist hinsichtlich des Rangplatzes des Antragstellers und der Anzahl der ihm
vorgehenden Bewerbungen im Ergebnis Folgendes festzuhalten: Zunächst sind
ausgehend von den Angaben des Antragsgegners in der Neubewerberliste 21
Bewerber nachrangig zu behandeln - zu denen der Antragsgegner auch beschränkt
geschäftsfähige Minderjährige zählt. Von den verbleibenden insgesamt 376
vorgehenden Bewerbern (283 von der Neubewerberliste und 93 Altbewerber) ist ferner
ein - jedenfalls im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein zu schätzender -
Anteil an Bewerbern abzuziehen, der entweder nicht (mehr) interessiert ist oder der die
für den Antrag und die Erteilung der Genehmigung erforderlichen Unterlagen und
Belege nicht in der Lage ist vorzulegen. Diesen Anteil auf ca. ein Drittel zu schätzen
dürfte auch im Hinblick auf die Angaben des Antragsgegners im Schriftsatz vom 21.
August 2002 zu den Rangplätzen der Bewerber, die im gegenwärtigen
Zuteilungsverfahren eine Konzession erhalten haben, angemessen sein, zumal die
„Ausfallquote" bei den zeitlich jüngeren Bewerbungen geringer sein dürfte. Hiervon
ausgehend verbliebe es bei ca. 250 dem Antragsteller vorgehenden Bewerbungen.
36
b. Der Antragsteller dürfte sich damit weder im Bereich einer sicher feststellbaren
Mindestanzahl noch innerhalb einer sog. "Grauzone" für eine (weitere) Aufstockung
eines bisher zu geringen Kontingents, die die Funktionsfähigkeit des örtlichen
Taxengewerbes ebenfalls noch nicht offensichtlich bedroht, liegen.
37
Zu den Konsequenzen einer - wie hier - fehlerhaften behördlichen Prognose hat das
Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. September 1989 - 7 C 44 und
45/88 u.a - (a.a.O.) ausgeführt:
38
„....Allerdings setzt die Verpflichtung der Behörde zu positiver (statt nur zu erneuter)
39
Bescheidung des Zulassungsantrags voraus, dass die Behörde nicht ihrerseits
substantiiert Umstände darlegt, die es in hohem Maße zweifelhaft erscheinen lassen,
dass der Kläger bei Beachtung der Vormerkliste zum Zuge kommen könnte. Der Kläger
muss auf der Vormerkliste eine Rangstelle erreicht haben, bei der für das Gericht - bei
nur begrenzt möglicher Überprüfung der behördlichen Prognose - nicht offenkundig ist,
dass eine Erteilung von Genehmigungen bis zu (einschließlich) dieser Rangstelle die
Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes bedrohen würde. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass das Gericht im Regelfall nicht zuverlässig beurteilen kann, wie
viele der dem Kläger zeitlich vorrangigen Bewerber noch ernsthaft eine Genehmigung
anstreben. Auch dies hat der erkennende Senat in dem genannten Urteil vom 15. April
1988 (a.a.O. Seite 218) bereits ausgeführt. Zwar mag ein Gericht eine solche
Feststellung nur in Ausnahmefällen treffen können, weil ihm eine Prognose darüber, wie
viele Taxen ohne konkrete Gefährdung öffentlicher Verkehrsinteressen letztlich
zugelassen werden können, nicht zusteht. Zur Festlegung einer genauen Zahl als
Grenze für eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes ist vom
Gesetz nämlich nur die Behörde ermächtigt. Gleichwohl kann dem Gericht je nach den
Umständen des Einzelfalles bereits die Feststellung möglich sein, dass eine
rechtmäßige behördliche Prognose eine bestimmte Mindestzahl neu zuzulassender
Bewerber keinesfalls unterschreitet. In einem solchen Fall der Reduzierung des
Prognosespielraums ist die Behörde ohne weiteres zur Erteilung der Genehmigung zu
verpflichten, wenn der Kläger eine Rangstelle in diesem Bereich einnimmt. Darüber
hinaus kann es eine sich dem Gericht aufdrängende "Grauzone" für eine (weitere)
Aufstockung des bisher zu geringen Kontingents geben, die die Funktionsfähigkeit des
örtlichen Taxengewerbes ebenfalls noch nicht offensichtlich bedroht. Das schließt nicht
aus, dass die Behörde dieses Spektrum durch eine spätere Prognose rechtmäßig
eingrenzt. Ein Bewerber, der nach seiner Rangstelle auf der Vormerkliste innerhalb
einer solchen "Grauzone" liegt, hat aber, da er im Sinne des genannten Senatsurteils
vom 15. April 1988 nicht aussichtslos ist, gleichfalls einen Anspruch auf positive und
nicht nur auf erneute Bescheidung seines Antrags....."
Diesen zu einer früheren Fassung des PBefG entwickelten, aber auch für das PBefG in
der hier maßgeblichen Fassung geltenden Grundsätzen schließt sich die Kammer an.
40
Eine Aufstockung der in Düsseldorf bislang erteilten 1334 Taxikonzessionen in einem
Zug um 250 weitere Konzessionen auf dann insgesamt 1.584 Konzessionen dürfte die
Funktionsfähigkeit des Eer örtlichen Taxengewerbes offensichtlich bedrohen. Dabei
würde es sich um eine Erhöhung des Kontingents um knapp 19 % handeln. Die
Taxendichte würde ausgehend von einer Einwohnerzahl von 569.046 (Stand 31.
Dezember 2000) von 2,3 auf 2,784 Taxen je 1000 Einwohner steigen und damit
(ausgehend von der in den Verwaltungsvorgängen Beiakte 4 Blatt 217 aufgeführten
Aufstellung mit dem Stand 10. März 1999) mit deutlichem Abstand den Spitzenplatz
selbst im Vergleich mit anderen im oberen Bereich liegenden Städten einnehmen. Die
Taxendichte beläuft sich in der Stadt München auf 2,688, in der Stadt Frankfurt auf
2,634, in der Stadt Hamburg auf 2,263 und schließlich im Bezirk des
Landeseinwohneramtes Berlin auf 1,951 je 1000 Einwohner. Von besonderer
Bedeutung wäre darüber hinaus, dass diese Aufstockung in einem Zug. d.h. ohne
Einschaltung eines Beobachtungszeitraumes (vgl. § 13 Abs. 4 Satz 3 PBefG ) erfolgen
würde, in dem die Auswirkungen früher erteilter Genehmigungen auf die öffentlichen
Verkehrsinteressen festgestellt werden könnten.
41
B. Ob im Hauptsacheverfahren ein Anspruch des Antragstellers auf erneute
42
Bescheidung seines Antrags auf Erteilung einer Taxikonzession durchsetzbar ist, bedarf
für das hier anhängige Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner Entscheidung.
Zwar kann eine einstweilige Anordnung im Einzelfall auf eine Verpflichtung zur
Neubescheidung eines Genehmigungsantrages mit vorläufiger Wirkung gerichtet sein,
etwa dann, wenn im konkreten Fall ein berechtigtes Interesse daran besteht, dass eine
Genehmigungsbehörde möglichst frühzeitig und nicht erst nach Durchführung eines
Hauptsacheverfahrens in eine erneute Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen
eintritt. Der Antragsteller hat aber in seiner Antragsbegründung weder substantiiert
dargelegt, dass er im vorliegenden Fall ein derartiges Interesse hat, noch ist im Übrigen
ein auf eine Neubescheidung gerichtetes Interesse angesichts des Rangplatzes des
Antragstellers und des Umstandes, dass der Antragsgegner eine Überprüfung der
Bewerberlisten im Hinblick auf die Erörterung der Sach- und Rechtslage im Termin vom
5. September 2002 bereits eingeleitet hat, erkennbar.
C. Es bedarf ebenso wenig einer Entscheidung, ob ein Anspruch des Antragstellers auf
Zuordnung des Rangplatzes in der Neubewerberliste, der ihm bei ordnungsgemäßer
Führung und Überarbeitung bzw. Aktualisierung der Liste zustehen würde, mittels eines
Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durchsetzbar wäre. Einen hierauf
gerichteten Antrag hat der Antragsteller - anders als im Klageverfahren 6 K 376/01 - im
Eilverfahren nicht gestellt. Überdies hat der Antragsgegner, wie oben ausgeführt, bereits
eine Überarbeitung der Vormerkliste eingeleitet.
43
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG. Das Interesse
an der Erteilung einer Taxikonzession wird im Hauptsacheverfahren in ständiger
Rechtsprechung der Kammer mit 10.000,00 Euro (früher 20.000,00 DM) bewertet (vgl.
Ziffer 46.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 1996: 20.000,00
DM). In Verfahren betreffend die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes
ermäßigt sich dieser Betrag um die Hälfte.
45
46