Urteil des VG Düsseldorf vom 01.12.2010

VG Düsseldorf (beurteilung, kläger, verhältnis zu, aufhebung, eignung, verwaltungsgericht, stichtag, leistung, stellungnahme, verhandlung)

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 10 K 2323/10
Datum:
01.12.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 2323/10
Schlagworte:
Beurteilungslücke Beurteilungszeitraum dienstliche Beurteilung
Entwicklungskonferenz Kompetenzeinstufung Leistungsbeurteilung
Normen:
BLV § 48 Abs 1 BLV § 49 Abs 1 BLV § 50 Abs 1
Tenor:
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom
22. Februar 2010 verurteilt, die am 2. Oktober 2009 eröffnete dienstliche
Beurteilung aufzuheben und den Kläger unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts für den Beurteilungszeitraum 1. März
2008 bis 28. Februar 2009 erneut dienstlich zu beurteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
Kläger vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Der 1955 geborene Kläger steht als Verwaltungsamtsrat (BesGr A12) im Dienst der
Beklagten; er wird als Teamleiter SGB II bei der Agentur für Arbeit T eingesetzt.
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Für diese Tätigkeit wurde er bereits mit ihm am 14. Dezember 2006 eröffneter
dienstlicher Beurteilung beurteilt. Sie betrifft den Beurteilungszeitraum 1. Mai 2001 bis
31. Juli 2006. Als Gesamtnote innerhalb einer 5stufigen Notenskala ist dort die
zweithöchste Note "B" ("übertrifft die Anforderungen") vergeben. Die Beurteilung ist
noch aufgrund früherer Beurteilungsvorschriften ergangen, nämlich der PEB-RL,
beruhend auf der HE/GA (= Handlungsempfehlung/Geschäftsanweisung) 02/2006.
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Zum 20. Februar 2008 trat bei der Beklagten eine neue Beurteilungsrichtlinie in Kraft.
Sie ist Bestandteil der HE/GA 02/2008 (Beiakte H. 5; im Folgenden: RL), mit der der
"LEDi-FK" (= Leistungs- und Entwicklungsdialog für Führungskräfte) eingeführt wurde.
Nach deren Vorbemerkungen unter A 1 entfiel die an sich in der Zeit vom 1. März bis 31.
Mai 2008 zu erstellende Stichtagsbeurteilung. Die Beurteilung erfolgt nunmehr
grundsätzlich jährlich zum Beurteilungsstichtag 1. März.
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Der Kläger wendet sich gegen seine dienstliche Regelbeurteilung für den
Beurteilungszeitraum 1. März 2008 bis 28. Februar 2009 (Beiakte H. 1). Als Gesamtnote
innerhalb einer 5stufigen Notenskala ist dort die zweitniedrigste Note "D" ("entspricht
den Anforderungen teilweise") vergeben.
4
Die Beurteilung wurde dem Kläger am 2. Oktober 2009 eröffnet. Am 20. November 2009
legte er Widerspruch ein. Nach Stellungnahme des Beurteilers vom 7. Januar 2010 wies
die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 zurück;
dieser wurde dem Kläger am 11. März 2010 ausgehändigt.
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Am 6. April 2010 hat der Kläger Klage erhoben.
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Er macht geltend, die dienstliche Beurteilung sei unter mehreren Gesichtspunkten
fehlerhaft. Zum einen sei schon das Beurteilungsverfahren nicht eingehalten worden.
Zum anderen sei das Gesamturteil nicht nachvollziehbar und gehe von falschen
Tatsachen aus. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass er in dem fraglichen Zeitraum
zeitweise auch die Tätigkeit eines Abteilungsleiters nach dem Ausscheiden des
ehemaligen Abteilungsleiters I wahrgenommen habe. Zudem stütze sich der Beurteiler,
der Vorgesetzte L, auf Beobachtungen aus früheren und späteren
Beurteilungszeiträumen.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 22. Februar
2010 zu verurteilen, die am 2. Oktober 2009 eröffnete dienstliche Beurteilung
aufzuheben und den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
für den Beurteilungszeitraum 1. März 2008 bis 28. Februar 2009 erneut dienstlich
zu beurteilen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie macht unter anderem geltend, die von dem Beurteiler aufgeführten Beobachtungen
seien nur beispielhaft zu verstehen; es sei daher nicht entscheidend, ob sie sich im
Beurteilungszeitraum zugetragen hätten. Dies gelte jedenfalls deshalb, weil hier nicht
die Leistungsbeurteilung des Klägers, sondern die Einschätzung seiner Kompetenzen
in Rede stehe.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten der Beklagten sowie deren
Beurteilungsrichtlinien Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf
erneute dienstliche Beurteilung. Seine ihm am 2. Oktober 2009 eröffnete
Regelbeurteilung für den Beurteilungszeitraum 1. März 2008 bis 28. Februar 2009 und
der zu ihr ergangene Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 sind rechtswidrig.
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Dienstliche Beurteilungen sind verwaltungsgerichtlich nur beschränkt nachprüfbar. Nur
der Dienstherr bzw. der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach dem Sinn der
Regelungen über die dienstliche Beurteilung - §§ 48 ff. BLV (ehemals §§ 40, 41 BLV
a.F.) - ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der
Beamte den grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden zahlreichen fachlichen
und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht.
Wertungen des Dienstherrn im Rahmen der ihm bei Eignungs- und
Leistungsbeurteilungen eingeräumten Beurteilungsermächtigung können daher nicht
durch Wertungen des Gerichts oder Dritter ersetzt werden. Auch Selbsteinschätzungen
des Beurteilten sind rechtlich unerheblich. Die verwaltungsgerichtliche
Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob die Verwaltung
die anzuwendenden Begriffe oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei
bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt
ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde
Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der
Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom
Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den
gesetzlichen Regelungen, insbesondere denen der Laufbahnverordnung, im Einklang
stehen.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31.01 -, ZBR 2003, 359.
17
Ausgehend hiervon hält die streitige Beurteilung gerichtlicher Überprüfung nicht stand.
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1. Sie ist allerdings formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
19
Die Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens in der RL ist rechtmäßig, soweit sie die
im Streit stehende dienstliche Beurteilung betrifft. Es liegt im Ermessen der Dienststelle,
wie sie das Beurteilungsverfahren in den Einzelheiten ausgestaltet (vgl. § 50 Abs. 1
Satz 2 und 3 BLV). Der Kläger hat insoweit keine Einwände erhoben. Soweit sich aus
den Vorbemerkungen der RL (unter A 1) ergeben sollte, dass die frühere Beurteilung
zum Stichtag 1. März 2008 ersatzlos entfällt, während die folgende, zum Stichtag: 1.
März 2009, beim Kläger nur - wie geschehen - das zwischen diesen beiden Stichtagen
liegende Jahr erfasst, ergibt sich allerdings eine "Beurteilungslücke" für den Zeitraum 1.
August 2006 bis 29. Februar 2008. Dies kann vor dem Hintergrund bedenklich sein,
dass dienstliche Beurteilungen grundsätzlich regelmäßig zu erfolgen haben (§ 40 BLV
a.F., jetzt § 48 BLV). Indessen wendet sich der Kläger weder gegen das Ausbleiben
seiner dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 1. März 2008 noch verlangt er, dass die
Beurteilung zum 1. März 2009 den gesamten Zeitraum seit 1. August 2006 abdeckt.
Davon ausgehend ist die gerichtliche Überprüfung auf den von der Beklagten
zugrundegelegten Beurteilungszeitraum zu beschränken (§ 88 VwGO).
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Bezogen auf den Beurteilungszeitraum 1. März 2008 bis 28. Februar 2009 sind die
Vorschriften der RL eingehalten. Insbesondere musste nicht, wie vom Kläger
eingefordert, die Leistungsbeurteilung aufgrund einer Zielvereinbarung sowie einer
späteren Entwicklungskonferenz erfolgen.
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Die RL der Beklagten sieht Zielvereinbarungen vor (A 4.2), allerdings für das
Geschäftsjahr 2008 nur, soweit ein standardisierter Zielvereinbarungsbogen zentral
eingeführt ist (B 2a). Dies war nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten im
Bereich des Klägers nicht der Fall. Infolgedessen war der abgewandelte
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Beurteilungsbogen gemäß Anlage 5 zu verwenden (B 2b). Dies ist auch geschehen.
Dieser Beurteilungsbogen stellt eine "Übergangsversion" dar, die sich von der regulären
Version lediglich in der Leistungsbeurteilung unterscheidet (B 2b). In dem
abgewandelten Bogen wird dort anders als in dem regulären Bogen keine
Zielvereinbarung vorausgesetzt.
Einer Entwicklungskonferenz bedurfte es unter diesen Umständen nicht. Sie ist in der
RL vorgesehen zwischen dem ersten und dem zweiten Mitarbeitergespräch (A 4 und A
6), und zwar "im Vorfeld des zweiten Mitarbeitergesprächs" (A 6.2). Sie ist damit
integraler Bestandteil des aus diesen beiden Mitarbeitergesprächen bestehenden
"Leistungs- und Entwicklungsdialogs". Schon das erste Mitarbeitergespräch fällt
indessen weg, wenn keine Zielvereinbarung stattfindet. Denn die Zielvereinbarung
gehört zum hauptsächlichen Inhalt des ersten Mitarbeitergesprächs (A 4). Mit dem ersten
Mitarbeitergespräch entfällt naturgemäß auch der weitere, der Überprüfung der
Zielvereinbarungen dienende Verlauf des "Leistungs- und Entwicklungsdialogs" wie die
Entwicklungskonferenz und das zweite Mitarbeitergespräch. Unter diesen Umständen
kann es dahinstehen, ob der - in der mündlichen Verhandlung bezüglich des Datums
korrigierte - Vortrag der Beklagten zutrifft, der streitigen dienstlichen Beurteilung sei
sogar eine Entwicklungskonferenz vorausgegangen, und zwar habe diese am 22. April
2009 stattgefunden.
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2. In materieller Hinsicht bestehen jedoch Rechtsfehler, die auch bei dem
eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsumfang beachtlich sind und zur Aufhebung der
Beurteilung führen müssen.
24
Zum Teil zielen zwar die Einwände des Klägers, der das Gesamturteil für nicht
nachvollziehbar hält, auf den Kernbereich des Beurteilungswesens, der einer
gerichtlichen Überprüfung weitgehend entzogen ist. Das Gericht hat es im Ansatz
hinzunehmen, wenn der Dienstvorgesetzte des Klägers bei diesem die in der
Beurteilung angesprochenen Defizite - wie insbesondere ein für eine Führungskraft zu
formal orientiertes, passives oder zu wenig dynamisches Verhalten - sieht. Die Aussage
in dem Personalentwicklungssystem der Beklagten, der Kläger sei "optimal angesetzt"
(Gerichtsakte Bl. 61), steht dazu nicht in Widerspruch. Die Fachkenntnisse des Klägers
werden in der angegriffenen Beurteilung hoch eingeschätzt. Auch die Gesamtnote "D"
ist zwar aus Sicht des Klägers zu niedrig, bedeutet aber nicht, dass er für den
Dienstposten ungeeignet wäre oder dass eine andere Verwendung für ihn besser
passen würde. Ein Widerspruch besteht auch nicht zu der weiteren Aussage in der
Stellungnahme des Beurteilers, der Kläger trete zuweilen gegenüber den ihm
unterstellten Mitarbeitern zu forsch auf und überziehe dann deutlich. Ein im Ansatz zu
wenig dynamisches Führungsverhalten einerseits und unangemessen forsches
Auftreten im Einzelfall andererseits schließen sich nicht zwingend gegenseitig aus.
Zwar wäre es möglicherweise wünschenswert gewesen, wenn der Beurteiler das
Verhältnis der beiden Aussagen zueinander verdeutlicht hätte; unterbleibt dies, stellt
das aber keinen Rechtsfehler dar. Schließlich dringt der Kläger nicht mit dem Einwand
durch, die von ihm zeitweilig wahrgenommene Vertretung des Abteilungsleiters sei nicht
berücksichtigt worden. Da sich durch die Vertretungstätigkeit der Dienstposten des
Klägers nicht änderte, bedurfte sie keiner ausdrücklichen Erwähnung.
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Die Beurteilung unterliegt aber deshalb der Aufhebung, weil der Beurteiler Eindrücke
aus anderen (früheren oder späteren) Beurteilungszeiträumen einbezogen hat und dies
rechtswidrig ist.
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In der dienstlichen Beurteilung ist insbesondere die fachliche Leistung des Beamten
nachvollziehbar darzustellen (§ 49 Abs. 1 BLV). Bezugspunkt der Leistungsbewertung
ist dabei immer der jeweilige Beurteilungszeitraum. Die Regelbeurteilung würdigt
diesen Zeitraum abschließend. Eine Überschneidung von Zeiträumen dergestalt, dass
ein und derselbe Zeitabschnitt für zwei verschiedene Regelbeurteilungen zum
Beurteilungszeitraum gehört, ist unzulässig. Allenfalls im Verhältnis zu einer früheren
Anlassbeurteilung kann eine solche Überschneidung erwogen werden.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2001 - 2 C 41.00 -, NVwZ-RR 2002, 201;
Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, Stand: September
2010, Rdnr. 352.
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Entscheidet sich die Dienststelle - wie hier von dem Beamten unbeanstandet - dafür, die
Regelbeurteilung für einen bestimmten Zeitraum entfallen zu lassen und die
nachfolgende Regelbeurteilung auf einen darauffolgenden Jahreszeitraum zu
beschränken, so ist der übersprungene Zeitraum damit ebenfalls verbraucht. Würde sich
die Beurteilung auf ihn erstrecken, so würde nämlich die Entscheidung der Dienststelle,
für ihn keine dienstliche Beurteilung vorzunehmen, im Einzelfall wieder (teilweise)
rückgängig gemacht. Zudem würde ein solches Vorgehen auch zu einem Widerspruch
zu dem in der Beurteilung ausdrücklich ausgewiesenen Beurteilungszeitraum führen;
dieser ist allein der Jahreszeitraum, nicht aber die davorliegende Zeit.
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Ebenso wenig durfte die im Streit stehende dienstliche Beurteilung über den Zeitraum
bis zum 28. Februar 2009 hinausgehen und damit in die Zukunft vorausgreifen. Wird ein
nach diesem Zeitpunkt liegendes Ereignis in die Bewertung einbezogen, so steht dies
nicht nur - wiederum - zu dem ausgewiesenen Beurteilungszeitraum in Widerspruch,
sondern würde auch dazu führen, dass die Leistungsentwicklung des Beamten aus den
verschiedenen Beurteilungen nicht mehr nachvollzogen werden könnte. Denn sowohl
eine aus Sicht der ersten Beurteilung noch in der Zukunft liegende Leistungssteigerung
wie ein Leistungsabfall während desselben Zeitraumes könnte in der darauffolgenden
Beurteilung nicht abgebildet werden, da die betreffenden Umstände schon in der ersten
Beurteilung berücksichtigt wären.
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Hiervon ausgehend war es fehlerhaft, wenn der Beurteiler ausweislich seiner
Stellungnahme vom 7. Januar 2010 - die praktisch wörtlich Eingang in den
Widerspruchsbescheid gefunden hat - sich unter anderem zum einen von der
Beobachtung eines Vorfalls bei einer Hospitation, zum anderen von einer
Meinungsverschiedenheit mit dem Kläger bei einer grundsätzlichen Diskussion zum
besonderen Härtefall (§ 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II) sowie einem weiteren Konflikt wegen
der Angestellten C hat leiten lassen. Denn nach dem unwidersprochenen Vortrag des
Klägers ereignete sich der Vorfall bei der Hospitation am 28. Februar 2008, während die
beiden genannten Konflikte erst in der zweiten Jahreshälfte 2009 stattfanden. Das eine
lag vor, das andere nach dem Beurteilungszeitraum. Auch in anderen Punkten - z.B. bei
den "Jour fixe"-Gesprächen - hat der Kläger im übrigen geltend gemacht, dass die
Beobachtungen des Beurteilers außerhalb des Beurteilungszeitraumes lagen, ohne
dass ihm dies widerlegt werden konnte. Darauf kommt es indessen schon nicht mehr an.
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Der aufgezeigte Rechtsfehler wird nicht durch den Einwand der Beklagten ausgeräumt,
die von dem Beurteiler mitgeteilten Beobachtungen seien nur beispielhaft. Entscheidet
sich die Dienststelle für einen jährlichen Beurteilungsturnus, so muss sichergestellt sein,
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dass nur Eindrücke Eingang in die Beurteilung finden, die auch tatsächlich auf
Vorkommnissen in dem jeweiligen Jahr beruhen. Anderenfalls würde eine bei dem
Beurteiler schon bestehende Einschätzung des zu beurteilenden Beamten
fortgeschrieben, ohne dass eine Veränderung von dessen Leistungen im Zeitverlauf
berücksichtigt werden könnte.
Für die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ins Spiel gebrachte
Unterscheidung zwischen Leistungsbeurteilung und Kompetenzeinstufung ist in diesem
Zusammenhang kein Raum. Die dienstliche Beurteilung erstreckt sich auf Eignung,
Befähigung und fachliche Leistung und hat hinsichtlich aller drei Merkmale regelmäßig
zu erfolgen (§ 48 Abs. 1 BLV). Die Kompetenzen des Beamten können Gegenstand
einer dienstlichen Beurteilung nur insoweit sein, als sie sich auf die genannten
Merkmale auswirken. Wenn die Beklagte schon einen Bezug zur Leistungsbeurteilung
in Abrede stellt, so muss sie also die Kompetenzen des Klägers unter dem Blickwinkel
seiner Eignung oder Befähigung gewürdigt haben. Nicht anders als die fachliche
Leistung können sich aber auch Eignung und Befähigung im Zeitverlauf ändern.
Anderenfalls würde das Gesetz eine regelmäßige Beurteilung auch dieser Merkmale
nicht vorsehen.
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3. Bei der unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erstellenden
Neubeurteilung mag die Beklagte prüfen, ob diese sich in dem streitgegenständlichen
Beurteilungszeitraum erschöpfen soll oder mit dem 1. August 2006 einzusetzen hat.
Sollte die Beklagte die RL so handhaben wollen, dass die neue Beurteilung unmittelbar
an die letzte davorliegende Beurteilung anschließt (vgl. dort A 3.2 Nr. 4 Satz 1), so wäre
sie daran weder durch die von dem Kläger vorgenommene Beschränkung seines
Antrages auf den Jahreszeitraum ab 1. März 2008 noch durch die Rechtsausführungen
des Gerichts in dem vorliegenden Urteil gehindert. Es muss nur sichergestellt sein, dass
der Kläger auch für den Zeitraum ab 1. März 2008 bis 28. Februar 2009 neu beurteilt
wird, und dass in die Beurteilung keine Bewertungen einfließen, die außerhalb des - sei
es am 1. August 2006, sei es am 1. März 2008 beginnenden - Beurteilungszeitraumes
gewonnen wurden.
34
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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