Urteil des VG Düsseldorf vom 01.08.2006

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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 27 K 855/06
Datum:
01.08.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
27. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 K 855/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Der Kläger ist selbständiger Steuerberater. Er meldete unter dem 30. August 2004 beim
Beklagten ein Rundfunkempfangsgerät in seinem nicht ausschließlich privat genutzten
PKW für den Zeitraum ab Januar 2002 an.
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Mit Bescheid vom 5. April 2005 setzte der Beklagte gegen den Kläger
Rundfunkgebühren für ein Hörfunkgerät im Zeitraum von Oktober 2002 bis September
2004 in Höhe von 132,68 Euro (inkl. Säumniszuschlag) fest.
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Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 25. April 2005 Widerspruch. Die
unterschiedliche Berücksichtigung von ausschließlich privat und (auch) geschäftlich
genutzten PKW-Radios sei mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren. Im Übrigen
führe auch die nur partielle Erhebung dieser Abgabe zur Verfassungswidrigkeit der
Erhebung.
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Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 27. Januar 2006 zurück.
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Der Kläger hat am 28. Februar 2006 Klage erhoben. Der Widerspruchsbescheid stelle
den Sachverhalt richtig dar. Er sei Halter des KfZ mit dem amtliche Kennzeichen XX-XX
000, das er auch geschäftlich nutze seit dem 15. Februar 2002. Er rüge die
Ungleichbehandlung selbständiger und abhängig Beschäftigter. Ferner führe die ihm
aus seinem Bekannten- und Mandantenkreis bekannte unzulängliche Erhebung der
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Rundfunkgebührenpflicht für Hörfunkgeräte in PKW, die nicht ausschließlich privat
genutzt würden, zur Verfassungswidrigkeit der Erhebung, wenn nicht gleich der
Regelung selbst.
Der Kläger beantragt,
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den Gebührenbescheid des Beklagten vom 5. April 2005 in Gestalt des
Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2006 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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und bezieht sich zur Begründung auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie den des vom Beklagten überreichten Aktenauszugskonvolut Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
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Der angefochtene Gebührenbescheid vom 5. April 2005 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger
nicht in seinen Rechten, § 113 Abs.1 VwGO.
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Der Beklagte hat den Kläger für den Zeitraum vom Oktober 2002 bis September 2004 zu
Recht zu Rundfunkgebühren in Höhe von 132,68 Euro inklusive eines
Säumniszuschlags herangezogen.
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Rechtsgrundlage dieser Heranziehung sind die §§ 7 Abs. 5, 2 Abs. 2 Satz 1, 4 Abs. 1
und 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags vom 31. August 1991 (GV. NRW, S. 423) in
der Fassung des Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 6. Juli bzw. 7. August
2000 (GV. NRW. S. 706, 708) - RGebStV -. Danach hat jeder Rundfunkteilnehmer für
jedes von ihm zum Empfang bereit gehaltene Rundfunkempfangsgerät eine
Grundgebühr und für das Bereithalten jedes Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine
Fernsehgebühr zu entrichten. Die Rundfunkgebührenpflicht entsteht mit dem Beginn
des Monats, in dem der Rundfunkteilnehmer erstmals ein Rundfunkgerät zum Empfang
bereithält. Sie endet mit Ablauf des Monats, in dem das Bereithalten eines
Rundfunkempfangsgerätes endet, jedoch nicht vor Ablauf des Monats, in dem dies der
Landesrundfunkanstalt angezeigt worden ist.
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Demnach war der Kläger für den Veranlagungszeitraum (10/02 - 9/ 04)
rundfunkgebührenpflichtig, da er unstreitig seit 15. Oktober 2002 ein Hörfunkgerät zum
Empfang bereit gehalten.
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Der Kläger ist nicht gemäß § 5 RgebStV von der Gebührenpflicht ausgenommen. Nach
§ 5 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV ist eine Rundfunkgebühr für Zweitgeräte auch in
Kraftfahrzeugen nicht zu leisten, dies gilt nach § 5 Abs. 2 S. 1 RGebStV aber nur für
Kraftfahrzeuge, die nicht zu anderen als privaten Zwecken genutzt werden. Gemäß S. 2
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der Vorschrift kommt es auf den Umfang der nicht privaten Nutzung dabei nicht an.
Unstreitig handelt es sich bei dem hier die fragliche Rundfunkgebührenpflicht
auslösendem Hörfunkgerät um ein Zweitgerät, das im Kfz des Klägers zum Empfang
bereitgehalten wird und nicht ausschließlich privat genutzt wird. Die Gebührenfreiheit für
Zweitgeräte kommt ihm daher nicht zugute. Daran ändert auch sein Einwand nichts, die
aus § 5 Abs. 2 S. 1 RGebStV folgende Ungleichbehandlung von selbständigen und
Nichtselbständigen Erwerbstätigen sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Das
Bundesverwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der
Gesetzgeber bei der Gewährung von Befreiungen von der Rundfunkgebührenpflicht
einen weiten Gestaltungsspielraum hat, der erst an der Willkürgrenze endet.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6.2.1996 - 6 B 72/95 - in NJW 1996, 1163; NVwZ 1996,
602; DVBl. 1996, 1002.
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Die Differenzierung zwischen geschäftlicher und privater Nutzung ist danach sachlich
gerechtfertigt. Zum Einen gibt der Gesetzgeber den Rundfunkanstalten damit klare
Abgrenzungskriterien an die Hand, um das Gebühreneinzugsverfahren so einfach wie
möglich zu gestalten. Zum Anderen rechtfertigt sich die Ungleichbehandlung durch den
verfolgten Zweck der gewinnbringenden, auf einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil
gerichteten Tätigkeit des Kraftfahrzeughalters. Diesem Zweck dient auch das im
Kraftfahrzeug zum Empfang bereitgehaltene Hörfunkgerät. So hat auch der Kläger
vorgetragen, sein Radio im Kraftfahrzeug auf geschäftlichen Fahrten zu Mandanten
schon wegen der Verkehrshinweise zu benötigen.
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Verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der Rundfunkgebührenpflicht bestehen
nicht. Insbesondere ist bereits höchstrichterlich festgestellt worden, dass die
Rundfunkgebührenpflicht mit Art. 3 und Art. 14 GG vereinbar ist.
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Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. September 1999 - 1 BvR 1013/99 -, NJW 2000, 649 und
Urteil vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 -, BVerfGE 90, 60, BVerwG, Urteil vom 9.
Dezember 1998 - 6 C 13.97 -, NJW 1999, 2454.
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Schließlich verstößt die Rundfunkgebührenpflicht, bzw. seine Erhebung, weder
allgemein noch im Hinblick auf die nicht ausschließlich privat genutzten Zweitgeräte in
Kraftfahrzeugen gegen das Grundgesetz, weil der Rundfunkgebührenstaatsvertrag nicht
die geeigneten Instrumentarien zum Gesetzesvollzug bereitstelle. Der Kläger meint, die
Erhebung der Rundfunkgebühren genüge insoweit nicht den Anforderungen, die das
Bundesverfassungsgericht an die Erhebung von Steuern stelle. So hat das
Bundesverfassungsgericht jüngst die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von
privaten Spekulationsgeschäften bei Wertpapieren festgestellt.
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BverfG, Urteil vom 9.3.2004 - 2 BvL 17/02 -, in BVerfGE 110, 94-141; BGBl I 2004, 591;
BStBl. II 2005, 56; NJW 2004, 1022-1030.
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Dem liegt zu Grunde, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, dass die
Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet
werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des
Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der
gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen. Zur Gleichheitswidrigkeit führt
nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das
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normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts.
BverfG, Urteil vom 9.3.2004 - 2 BvL 17/02 -, ab Rz. 64.
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Der Kläger hat schon nicht substantiiert eine empirische Ineffizienz bei der
Rundfunkgebührenerhebung behauptet. Vielmehr ist aus den allgemein zugänglichen
Quellen eine solche Behauptung auch nicht zu erhärten. So waren bei der GEZ im
streitigen Zeitraum (Jahr 2004) 38.678.568 Hörfunkgeräte angemeldet.
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Quelle: GEZ Geschäftsbericht 2004, Seite 33, download bei www.gez.de.
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Dem standen im März 2004 insgesamt 39.122.000 Privathaushalte in Deutschland
gegenüber.
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Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Mikrozensus - Bevölkerung in
Privathauhalten, download bei: www.statistischesbundesamt.de.
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Ungeachtet der nicht erkennbaren Zusammensetzung der angemeldeten Hörfunkgeräte
aus solchen in Privathauhalten und solchen aus gewerblicher Nutzung, lassen diese
Zahlen jedoch eher einen hohen Grad der Erhebung vermuten. Schließlich lassen die
Regelungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrages auch kein normatives Defizit des
Erhebungsverfahrens erkennen. Zwar fußt die Erhebung der Rundfunkgebühr ganz
wesentlich auf dem Deklarationsprinzip (§ 3 RGebStV), d.h. die Anmeldung durch die
Teilnehmer. Allerdings birgt die Verletzung dieser Pflicht, wie im Falle des Klägers,
durch das System der Beauftragten vor Ort ein nicht unerhebliches Entdeckungsrisiko (§
8 RGebStV).
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Zu diesem Kriterium: BverfG, Urteil vom 9.3.2004 - 2 BvL 17/02 -, Rz: 68.
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Dies gilt insbesondere für in der Regel von Außen frei einsehbare Kraftfahrzeuge,
ungeachtet der Frage, wie der Halter des Fahrzeugs ermittelt werden kann.
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Zur Problematik des § 35 StVG: Rheinische Post v. 31.3.2006 „Autos im GEZ- Visier".
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Schließlich wird durch die Möglichkeit des Mailings (Anschreiben an bestimmte
Zielgruppen) auf Grundlage des Meldegesetzes eine gezielte Erinnerung an die
Deklarationspflicht erreicht. Nach den Ausführungen des Vertreters des Beklagten im
Termin der mündlichen Verhandlung wird von diesem Instrumentarium jüngst in großem
Maße Gebrauch gemacht. Dieses Mittel der persönlichen Ansprache erreiche - gepaart
mit der vom Adressaten mitgedachten Möglichkeit des Hausbesuchs eines Beauftragten
- eine besondere Effektivität. Zusammenfassend kann eine strukturelle normative
Ineffizienz der Rundfunkgebührenerhebung nicht festgestellt werden.
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Schließlich war der Kläger im Veranlagungszeitraum insbesondere auch nicht gemäß §
6 RgebStV i.V.m. der Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht
vom 30. November 1993 (GV. NRW, S. 970) - Befreiungsverordnung - von der
Gebührenpflicht befreit.
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Auch der Höhe nach ist der angefochtene Gebührenbescheid in der Fassung des
Widerspruchsbescheides nicht zu beanstanden. Insoweit wird auf die zutreffenden
Gründe der angefochtenen Bescheide, denen das Gericht folgt, Bezug genommen (§
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117 Abs. 5 VwGO). Hinzu kommt ein Säumniszuschlag in Höhe von 5,- Euro, der seine
Rechtsgrundlage in § 6 der Satzung über das Verfahren zur Leistung der
Rundfunkgebühren des Beklagten vom 18. November 1993 in der Fassung der zweiten
Änderungssatzung vom 3. Juni 2002 findet.
Das Gericht hat die vom Kläger für den fall der Klageabweisung begehrte Zulassung der
Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO nicht ausgesprochen, weil die Voraussetzungen
nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1, 2 VwGO in Verbindung mit §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
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