Urteil des VG Düsseldorf vom 09.03.2004

VG Düsseldorf: treu und glauben, wohnung, empfang, eltern, anzeige, hörfunk, verwaltungsverfahren, abgabe, auflage, arbeitslosigkeit

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 27 K 955/02
Datum:
09.03.2004
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
27 Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 K 955/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger erklärte in einem Formular „Anmeldung von Rundfunkgeräten" am 15. März
2001 gegenüber einer Mitarbeiterin des Beklagten, er melde ein zum Empfang bereites
Hörfunk- und ein Fernsehgerät an, und zwar für den Zeitraum seit Mai 1996. Unter
Bemerkungen heißt es: „Ratenzahlung 4x, FS auf eig. Zimmer". Diese von der
Mitarbeiterin des Beklagten (Frau F) ausgefüllte Erklärung, in der die Gesamtsumme der
seinerzeit rückständigen Rundfunkgebühren (1641,14 DM) aufgeführt war, unterschrieb
der Kläger.
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Nachdem er offenbar einen Kontoauszug vom 5. April 2001 über sein Gebührenkonto
(Teilnehmernummer 000000000) erhalten hatte, teilte der Kläger in einem Schriftsatz
vom 7. Mai 2001 mit, bei der Beurteilung der Angelegenheit sei der Beklagte von
unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen. Mangels ausreichender
Deutschkenntnisse bzw. weil er generell überrumpelt worden sei, habe er ein falsches
Anmeldeformular unterschrieben. Er sei aber nur dann zur Zahlung von
Fernsehgebühren verpflichtet, wenn er ein eigenes Fernsehgerät besitze. Dies sei nicht
der Fall. Lediglich in der Wohnung seiner Eltern befänden sich 2 Geräte, eines im
Wohn- und eines im Gästezimmer. In seinen eigenen Räumlichkeiten sei aber kein
entsprechendes Gerät.
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Auf interne Anfrage wurde nach Rücksprache mit der Mitarbeiterin, Frau F, mitgeteilt, die
Angaben im klägerischen Schriftsatz vom 7. Mai 2001 seien falsch. Der Kläger befinde
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sich in der elterlichen Wohnung und habe angegeben, auf seinem Zimmer über ein
Hörfunk- und ein Fernsehgerät zu verfügen. Da er als Haushaltsangehöriger über
eigenes Einkommen verfüge, das den sozialhilferechtlichen Regelsatz übersteige, habe
Frau F den Kläger nach Erfassung der konkreten Daten zu Recht angemeldet. Auch das
Datum für die Nachberechnung sei vom Kläger genannt worden. Die Einträge im Feld
Bemerkungen unterstrichen diesen geschilderten Sachverhalt. Das Anmelde-Gespräch
habe in normaler Atmosphäre stattgefunden. Unter dem 18. Juni 2001 teilte der Beklagte
dem Kläger daraufhin mit, dieser sei an die abgegebene Erklärung nach dem Grundsatz
von Treu und Glauben gebunden.
Hierauf teilte der Kläger mit, seiner unterschriebenen Erklärung könne zwar ein
gewisser Beweiswert zukommen, doch habe er diese Erklärung mit Schreiben vom 7.
Mai 2001 angefochten, so dass es an einer wirksamen Anmeldung fehle.
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Auf den Hinweis des Beklagten auf die Bemerkungen in der Anmeldeerklärung teilte der
Kläger mit, er habe seinerzeit nicht voll verstanden, was er unterschrieben habe, und im
Übrigen habe er die einigermaßen nervende Vertreterin des Beklagten loswerden
wollen.
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Mit Gebührenbescheid/Leistungsbescheid vom 5. November 2001 setzte der Kläger die
Rundfunkgebühren für den Zeitraum Mai 1996 bis September 2001 auf 1830,62 DM fest
(190,40 DM für den Zeitraum Mai 1996 bis Dezember 1996, 1356,- DM für den Zeitraum
Januar 1997 bis Dezember 2000 und 284, 22 DM für den Zeitraum Januar bis
September 2001).
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Unter dem 14. November 2001 legte der Kläger „Widerspruch" gegen eine
Zahlungsaufforderung vom 7. November 2001 ein.
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Der Beklagte wertete dieses Schreiben vom 14. November 2001 als Widerspruch gegen
den Gebührenbescheid vom 5. November 2001 und wies den Widerspruch mit
Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2002 zurück. Zur Begründung führte er im
Wesentlichen aus, lauf Rundfunkgebührenstaatsvertrag beginne die Gebührenpflicht,
sobald erstmals Rundfunkgeräte zum Empfang bereitgehalten würden. Insbesondere
durch den auf dem Anmeldeformular vom 15. März 2001 ausgewiesen
Nachzahlungsbetrag vom 1641,14 DM und die in das Formular aufgenommenen
Vermerke sei der Zeitraum der rückwirkenden Anmeldung deutlich geworden. Diese
Angaben habe der Kläger durch die Unterzeichnung des Formulars bestätigt.
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Hiergegen hat der Kläger am 15. Februar 2002 unter Bezugnahme auf das bisherige
Vorbringen die vorliegende Klage erhoben. Ergänzend hat er im Schriftsatz vom 10. Mai
2002 vorgetragen, der in der Anmeldeerklärung unterschriebene Sachverhalt sei
unrichtig, die Urkunde daher inhaltlich falsch. Es komme aber nur auf die wahren
Umstände an, nicht auf die falsche Erklärung. Diese Erklärung sei im Übrigen auch
wegen Irrtums angefochten worden. Deswegen könne auch von einem Verstoß gegen
Treu und Glauben keine Rede sein.
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In der mündlichen Verhandlung (9. März 2004) hat der Kläger auf Nachfrage des
Gerichts, wie groß die Wohnung sei und wie viele Räume sie habe, erklärt, die
Wohnung, die er zusammen mit seinen Eltern bewohne, sei etwa 80m² groß. Sie
bestehe aus einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer, einem Kinderzimmer, einem
Gästezimmer, der Küche und dem Bad. Er selbst bewohne das Schlafzimmer. Außer
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ihm und seinen Eltern bewohne niemand die Wohnung. Der Prozessbevollmächtigte
des Klägers hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch die Ehefrau
und die beiden Kinder des Klägers in der Wohnung wohnen. Der Kläger hat daraufhin
erklärt, seine Frau wohne dort seit der Heirat, also seit Mai 1996. Außerdem wohnten
dort seit der Geburt auch seine beiden Kinder. Der Kläger hat weiter erklärt, er sei von
ungefähr von Sommer 1999 bis Januar 2000 arbeitslos gewesen, habe ansonsten aber
immer gearbeitet. Zurzeit gebe es in der Wohnung nur ein Fernsehgerät. Im März 2001
hätten sich dort 2 Fernsehgeräte befunden. Radiogeräte habe es nicht gegeben. Von
den beiden Fernsehgeräten habe eines im Wohnzimmer und eines in seinem Zimmer,
dem Schlafzimmer gestanden. Die Fernsehgeräte habe sein Vater angeschafft. Die
Fernsehgeräte seien hauptsächlich von den Eltern, aber auch von ihm benutzt worden.
Auf die Frage, warum er seinerzeit im März 2001 die Erklärung über die Anmeldung von
Rundfunkgeräten unterschrieben habe, hat der Kläger erklärt. seinerzeit sei eine
Mitarbeiterin des Beklagten gekommen und habe gefragt, ob sie Fernsehgeräte in der
Wohnung hätten. Daraufhin habe er geantwortet, sie hätten zwei, eins im Wohnzimmer
und eines in seinem Zimmer. Sie habe dann auch gefragt, ob er verheiratet sei. Dies
habe er bejaht und dabei angegeben, dass er seit Mai 1996 verheiratet sei. Sie habe
dann gefragt, ob er auch Rundfunkgebühren für da Fernsehgerät in seinem Zimmer
zahle. Dies habe er verneint. Sie habe dann dieses Formular ausgefüllt, das er dann
unterschrieben habe.
Der Kläger beantragt,
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den Gebührenbescheid des Beklagten vom 5. November 2001 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2002 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,
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die Klage abzuweisen.
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Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Kläger unter Bezugnahme auf die
Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ausgeführt: Man habe in der gemeinsam
mit den Eltern bewohnten Wohnung unmittelbar nach der Kontrolle durch Mitarbeiter des
Beklagten das zweite Fernsehgerät entfernt. Eventuelle Ansprüche des Beklagten für
das Jahr 1996 seien auf jeden Fall verjährt. Sofern die Verjährung im vorliegenden Fall
überhaupt wie eine Einrede zu behandeln sein sollte, könne ihm eine Berufung auf
Verjährung auch unter Hinweis auf Treu und Glauben nicht verwehrt werden. Es könne
berechtigt sein, einem typischen „Schwarzseher" die Berufung auf Verjährung zu
versagen, weil jeder wisse, dass Schwarzsehen verboten sei. Dass aber ein zweites
Fernsehgerät in einem gemeinsamen Haushalt zur doppelten Zahlung von
Fernsehgebühren verpflichte, könnten nur Experten wissen, nicht aber Personen wie er.
Eine Berufung auf Verjährung könne daher nicht gegen Treu und Glauben verstoßen.
Außerdem hat der Kläger darauf hingewiesen, dass die Frage seiner
Sozialhilfebedürftigkeit im Zeitraum der Arbeitslosigkeit von Sommer 1999 bis Januar
2000 überprüft werden müsse, weil auch dies die Beklagtenforderung reduzieren würde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Das Gericht sieht auch unter Berücksichtigung des nach Schluss der mündlichen
Verhandlung gefertigten und an Gerichtsstelle eingegangenen Schriftsatzes vom 9.
März 2004 keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3
VwGO) oder weitere Sachverhaltsaufklärungen anzustellen, da dieser Schriftsatz keine
Aspekte enthält, die nicht bereits Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen
sind und im Übrigen weitere Sachaufklärungen sich hier jedenfalls nicht aufdrängen.
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der angefochtene Bescheid vom 5. November 2001 ist in der Fassung, die er durch den
Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2002 erhalten hat, rechtmäßig und verletzt den
Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21
Gemäß §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 4 Abs. 1 und Abs. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages -
RuFuGebStV - in der Fassung des Art. 4 bzw. 5 des Staatsvertrages über den Rundfunk
im vereinten Deutschland vom 31. August 1991 in den hier anzuwendenden Fassungen
des Dritten, Vierten und Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 26. August
1996 bis 11. September 1996 (GVBl NRW S. 484), vom 16. Juli 1999 bis 31. August
1999 (GVBl NRW 2000, S. 106) und vom 6. Juli 2000 bis 31. August 2000 (GVBl 2000,
S. 706) - RuFuSt - entsteht die Pflicht zur Entrichtung der Rundfunkgebühren mit Beginn
des Monats, in dem der Rundfunkteilnehmer erstmals ein Rundfunkgerät zum Empfang
bereithält; die Rundfunkgebühr setzt sich gemäß § 2 Abs. 1 RuFuGebStV aus der
Grundgebühr und der Fernsehgebühr zusammen, wobei beide Bestandteile der
Rundfunkgebühr auch dann zu entrichten sind, wenn nur ein Fernsehgerät
bereitgehalten wird (vgl. § 2 Abs. 2 RuFuGebSt sowie ergänzend Hermann,
Rundfunkrecht, 1994, § 31 Rz. 70 m.w.N.).
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Vgl. dazu, dass das Anknüpfen der Rundfunkgebührenpflicht an das „Bereithalten"
(bundesverfassungs)rechtlich nicht zu beanstanden ist, z.B. BVerwG, Urteil vom 9.
Dezember 1998 - 6 C 13.97 - (dort S. 6 bis 15), NJW 1999, S. 2454 ff.
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Die Rundfunkgebührenpflicht des Klägers ist entstanden. Denn der Kläger hat seit Mai
1996 ein Fernsehgerät zum Empfang bereitgehalten. Dies folgt bereits aus seiner
Erklärung gegenüber der Außendienstmitarbeiterin des Beklagten am 15. März 2001, in
der er angegeben hat, er halte seit Mai 1996 ein Hörfunk- und ein Fernsehgerät zum
Empfang bereit. Bei der Anzeige über den Beginn der Rundfunkgebührenpflicht handelt
es sich eine tatsächliche Erklärung bzw. „Wissenserklärung". Eine sog.
Wissenserklärung liegt vor, wenn die Mitteilung darauf gerichtet ist, dass die Beteiligten
eines Rechtsverhältnisses sich über irgendwelche Tatsachen (z.B. über vergangenes
Geschehen) informieren und wenn sie keine rechtsbegründende Wirkung hat.
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Vgl. Kramer in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1, 4.
Auflage 2001, Vor § 116 BGB, Rz. 35, Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Band 1,
11. Auflage 1999, § 36 II Rz. 7 sowie Gall in Hahn/Vesting [Hrsg.], Beckscher
Kommentar zum Rundfunkrecht, 2003, § 3 RuFuGebStV Rz. 13 m.w.N.
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Diese Voraussetzungen erfüllt die Anzeige des Bereithaltens von Rundfunkgeräten: Der
Rundfunkteilnehmer teilt einen Sachverhalt - nämlich das Bereithalten eines
Rundfunkgerätes - mit, und diese Anzeige hat auch keine rechtsbegründende Wirkung,
denn die Rundfunkgebührenpflicht entsteht gemäß § 4 Abs. 1 RuFuGebStV unabhängig
von der Anzeige mit dem ersten Tag, in dem ein Rundfunkgerät zum Empfang
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bereitgehalten wird. Handelt es sich aber bei der Erklärung des Klägers, er halte ein
Rundfunkgerät zum Empfang bereit, um eine Wissenserklärung, ist die Anfechtung
gemäß bzw. entsprechend §§ 116 ff. BGB - regelmäßig, so auch hier - ausgeschlossen.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Januar 1976 - VI A 400/74 -, NJW 1976, S. 1550 (1551);
Gall in Hahn/Vesting, a.a.O., § 3 RuFuGebStV Rz. 13 und 16 m.w.N.; a.A. Kramer in
Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, a.a.O., Vor § 116 Rz. 35 Fn. 110,
der aber übersieht, dass jedenfalls bei Massenverfahren - wie dem
Rundfunkgebühreneinzug - eine typisierende Betrachtungsweise angezeigt ist.
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Abgesehen davon, ist auch nicht erkennbar, dass der Kläger sich bei Unterzeichnung
der Erklärung am 15. März 2001 im Irrtum befunden hat. Dies gilt zunächst, soweit der
Kläger sich auf mangelnde Deutschkenntnisse bei Abgabe der Erklärung beruft. Denn
auf Grund des Eindrucks, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung gewonnen
hat, ist davon davon auszugehen, dass der Kläger sich bei Abgabe der Erklärung im
Klaren darüber war, dass er damit erklärte, ein Fernsehgerät in seinem Zimmer zur
Verfügung zu haben. Diese Erklärung entspricht auch den Tatsachen. Soweit der Kläger
im Verwaltungsverfahren unter dem 7. Mai 2001 erklärt hat, lediglich in der Wohnung
seiner Eltern befänden sich 2 Fernsehgeräte, nämlich eines im Wohnzimmer und ein
anderes in einem Gästezimmer, in seinen eigenen Räumlichkeiten stehe aber kein
eigenes Fernsehgerät, steht dieses Vorbringen in nicht unerheblichem Gegensatz zu
seinen Angaben bei anderen Gelegenheiten. So hat der Kläger in der mündlichen
Verhandlung erklärt, in der Wohnung seiner Eltern, in der er mit seiner Frau und seinen
Kindern lebe, gebe es ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, ein Kinderzimmer und ein
Gästezimmer, er selbst bewohne das Schlafzimmer, das er in diesem Zusammenhang
auch als ausdrücklich als sein eigenes Zimmer bezeichnet hat. Im
Verwaltungsverfahren hatte er - nachdem ihm der Beklagte vorgehalten hatte, die
Erklärung abgegeben zu haben „Fernsehgerät im eigenen Zimmer" - indessen noch
unter dem 19. Juli 2001 erklärt, er habe gar kein eigenes Zimmer. Bei dieser Sachlage
ist davon auszugehen, dass der Kläger - seiner Erklärung vom 15. März 2001
entsprechend - ein Fernsehgerät in dem von ihm als eigenes Zimmer genutzten und von
ihm so bezeichneten „Schlafzimmer" bereitgehalten und insoweit auch die tatsächliche
Nutzungsbefugnis gehabt hat. Auf die Eigentumsverhältnisse an dem Gerät kommt es
dabei nicht (ausschlaggebend) an.
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Vgl. VGH BW, Urteil vom 7. August 1992 - 14 S 2371/90 -, VBlBW 1993, S. 11 f. sowie
Naujock in Hahn/Vesting [Hrsg.], a.a.O., § 1 RuFuGebStV Rz. 31 und Grupp,
Grundfragen des Rundfunkgebührenrechts, 1983, S. 110.
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Die Rundfunkgebührenpflicht des Klägers hat auch in den gesamten Zeitraum, auf den
sich der Bescheid bezieht (Mai 1996 bis September 2001), bestanden. Dies gilt auch,
soweit der Kläger - erstmals in der mündlichen Verhandlung - vorgetragen hat, er sei im
Zeitraum „ungefähr von Sommer 1999" (Juni? Juli? August?) „bis etwa Januar 2000"
arbeitslos gewesen. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 RuFuGebStV besteht zwar eine
Rundfunkgebührenpflicht nicht für weitere Empfangsgeräte, die von Personen zum
Empfang bereitgehalten werden, welche mit dem Rundfunkteilnehmer (hier offenbar
dem Vater des Klägers) in häuslicher Gemeinschaft leben und deren Einkommen den
einfachen Sozialhilferegelsatz nicht übersteigt. Diese Voraussetzungen sind aber nicht
erfüllt. Es ist schon nicht vorgetragen, dass der Kläger, der u.a. mit seinem Vater in
häuslicher Gemeinschaft lebt, im genannten Zeitraum ein Einkommen hatte, dass den
einfachen Sozialhilferegelsatz nicht überstieg. Auch dem nach der mündlichen
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Verhandlung übersandten Schriftsatz vom Tag der mündlichen Verhandlung ist dies
nicht zu entnehmen, sondern es wird lediglich die Auffassung geäußert, „die Frage der
Sozialbedürftigkeit des Klägers im Zeitraum der Arbeitslosigkeit von Sommer 1999 bis
Januar 2000" müsse vor einer Entscheidung des Gerichts „überprüft werden". Da es
dem - anwaltlich vertretenen - Kläger aber ein Leichtes gewesen wäre, entsprechende
Unterlagen (z.B. über die Höhe des ggf. bezogenen Arbeitslosengeldes) beizubringen
und spätestens seit der Übersendung der Klageerwiderung vom 2. April 2002, in der
ausdrücklich davon die Rede ist, die Geräte seien angemeldet worden, da „nach den
Angaben des Klägers sein Einkommen den einfachen Sozialhilferegelsatz übersteigt"
Anlass bestanden hätte, hierzu vorzutragen, sieht das Gericht keine Veranlassung,
diesem Punkt weiter nachzugehen, zumal sich eine Beweiserhebung bei dieser Sach-
und Rechtslage jedenfalls nicht aufdrängt.
Die einmal entstandene Rundfunkgebührenpflicht hat auch jedenfalls bis September
2001 fortbestanden. Gemäß § 4 Abs. 2 RufuGebStV endet die Rundfunkgebührenpflicht
(erst) mit Ablauf des Monats, in dem das Bereithalten des Rundfunkgeräts endet, jedoch
nicht vor Ablauf des Monats, in dem dies der Landesrundfunkanstalt (bzw. der GEZ)
angezeigt wird. Um die einmal entstandene Rundfunkgebührenpflicht zu beenden, ist
deshalb eine entsprechende Anzeige des Rundfunkteilnehmers bei der Rundfunkanstalt
erforderlich. Eine solche Anzeige des Klägers, dass Rundfunkgeräte nicht mehr
bereitgehalten werden, für deren Zugang bei der jeweiligen Landesrundfunkanstalt der
Rundfunkteilnehmer die Beweislast trägt,
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vgl. Hess. VGH, Urteil vom 21. August 1985 - 5 OE 123/83 -, DÖV 1986, S. 660 [661]
m.w.N. ; vgl auch § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 der Satzung des Beklagten über das
Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren vom 18. November 1993 in der Fassung
vom 19. Dezember 1996 [GV NW 1997, S.71] - Satzung 1993 - in der zum Zeitpunkt des
Erlasses des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung,
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ist beim Beklagten jedenfalls nicht vor September 2001 eingegangen. Insbesondere
kann in den Schreiben vom 7. Mai 2001, 21. Juni 2001 und 22. August 2001 keine
wirksame Abmeldung gesehen werden. Die Abmeldeerklärung ist - anders als die
Anmeldeerklärung, bei der es sich aus den o.g. Gründen um eine reine
Wissenserklärung handelt - eine empfangsbedürftige Willenserklärung, da sie gemäß §
4 Abs. 2 RuFuGebStV eine der beiden Voraussetzungen für das Ende der
Rundfunkgebührenpflicht darstellt und damit regelmäßig rechtsbegründend wirkt. Ein
eindeutiger Erklärungsinhalt im Sinne einer Abmeldung ist den genannten Mitteilungen
aber nicht zu entnehmen. Denn in diesen Schriftsätzen wird schon nicht mitgeteilt, dass
und warum ein zuvor vorhandenes und von dem Kläger bereitgehaltenes Rundfunkgerät
abgemeldet wird, so dass schon inhaltlich nicht die von § 4 Abs. 2 RuFuGebStV
geforderte Mitteilung vorliegt.
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Vgl. zu den Anforderungen an die Abmeldeerklärung z.B. VG Sigmaringen, Urteil vom
18. November 2003 - 5 K 1206/03 - sowie Gall in Hahn/Vesting, a.a.O., § 4
RuFuGebStV Rz. 36 bis 38 i.V.m. § 3 RuFuGebStV Rz. 11 f.
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Zum anderen sind die in den genannten Schriftsätzen abgegebenen Erklärungen aus
den o.g. Gründen auch nicht frei von Widersprüchen, so dass es ihnen auch insoweit an
der erforderlichen Eindeutigkeit mangelt.
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Der geltend gemachten Rundfunkgebührenforderung von Mai 1996 bis September 2001
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stehen auch Verjährungsvorschriften nicht entgegen. Dies gilt insbesondere für die für
1996 erhobenen Gebühren. Gemäß § 4 Abs. 4 RuFuGebStV verjährt der Anspruch auf
Rundfunkgebühren in vier Jahren. Weder diese Bestimmung noch andere Regelungen
des Rundfunkgebührenstaatsvertrages normieren ausdrücklich, wann die vierjährige
Frist zu laufen beginnt. Aus dem Sinn und Zweck sowie der Gesamtsystematik ergibt
sich aber, dass die Frist des § 4 Abs. 4 RuFuGebStV grundsätzlich erst mit Schluss des
Jahres zu laufen beginnt, in dem der Beklagte oder die von ihm beauftragte Stelle (vgl. §
7 Abs. 5 Satz 1 RuFuGebStV) Kenntnis von dem die Gebührenschuld begründenden
Tatsachen und der Person des Rundfunkteilnehmers erlangt, und dass deshalb kein
Raum für eine analoge Anwendung der Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuches ist.
Vgl. hierzu im Einzelnen OVG NRW, Urteile vom 11. September 2002 - 19 A 24/00 - und
vom 1. Dezember 1988 - 4 A 484/88 -; Urteil der Kammer vom 4. Juni 2003 - 27 K
3851/02 -; a.A. Hess. VGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - 5 UE 2259/91 -, NVwZ-RR 1994,
S. 129 (130), Bay.VGH, Urteil vom 3. Juli 1996 - 7 B 94.708 -, NVwZ-RR 1997, S. 230
(230 f.) sowie Gall in Hahn/Vesting, a.a.O., § 4 RuFuGebStV Rz. 54 f.
37
Damit hat der Lauf der Verjährungsfrist hier erst im Jahre 2001 begonnen, so dass eine
Verjährung ersichtlich nicht eingetreten ist.
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Selbst wenn man aber davon ausginge, dass die Verjährung von Rundfunkgebühren
unabhängig von der Kenntnis der Landesrundfunkanstalt bereits mit der objektiven
Entstehung des Gebührenanspruchs beginnt, würde dies im vorliegenden Fall zu
keinem anderen Ergebnis führen. Denn auch dann ist die Berufung auf Verjährung
regelmäßig dann ausgeschlossen, wenn der Rundfunkteilnehmer objektiv pflichtwidrig
die Rundfunkgeräte nicht anmeldet und sich dadurch einen Vorteil verschafft hat. Ein
derartiger Vorteil soll (nur) dann nicht bestehen, wenn die Geräte bei rechtzeitiger
Anmeldung zu befreien gewesen wären.
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So ausdrücklich, BayVGH, Urteil vom 3. Juli 1996 - 7 B 94.708 -, a.a.O, S. 231 sowie
Hess. VGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - 5 UE 2259/91 -, a.a.O., S. 230.
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Auch wenn man diese Rechtsprechung im Fall des Klägers zugrundelegte, ergäbe sich
damit kein anderes Ergebnis. Der Kläger hat objektiv pflichtwidrig das Fernsehgerät
nicht angemeldet. Anhaltspunkte dafür, dass er für den Zeitraum, für den er sich auf
Verjährung beruft (1996) von der Rundfunkgebührenpflicht hätte befreit werden müssen,
sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Im Übrigen wird auf die im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen des
Widerspruchbescheides vom 17. Januar 2002 mit der Maßgabe Bezug genommen,
dass die Höhe der festgesetzten Rundfunkgebühren rechtlich nicht zu beanstanden ist,
weil die Rundfunkgebühr gemäß § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages in der
jeweiligen Fassung des Art. 5 RufuStV in der Zeit vom Mai 1996 bis zum Dezember
1996 monatlich jeweils 23,80 DM (hier also insgesamt 190,40 DM = 97,35 Euro), ab
dem 1. Januar 1997 bis zum Dezember 2000 monatlich 28,25 DM (hier also insgesamt
1356,- DM = 693,31 Euro) und für Zeit vom 1. Januar 2001 bis einschließlich September
2001 monatlich 31,58 DM (hier also insgesamt 284,22 DM = 145,32 Euro) beträgt. Damit
ergibt sich für den hier streitigen Zeitraum von Mai 1996 bis einschließlich September
2001 die hier auch geforderte Gesamtsumme von 1830,62 DM = 935,98 Euro.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO
i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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