Urteil des VG Arnsberg vom 26.11.2002

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Verwaltungsgericht Arnsberg, 4 K 1373/02
Datum:
26.11.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 1373/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks T.---straße 13 in M. , Gemarkung M1. , G. 4,
G1. 233, das mit einem L-förmigen Hallengebäude bebaut ist.
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Der Firma "L. und X. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bR", deren
Gesellschafter der Kläger ist, wurde am 26. September 1994 vom Beklagten eine
Baugenehmigung für das Bauvorhaben "Nutzungsänderung und Umbau, Nutzung als
Getränkefachmarkt und Möbelausstellung" erteilt. Die Baugenehmigung enthält die
Auflage 40005, wonach der östliche Grundstücksbereich für jeglichen Kfz- Verkehr zu
sperren ist. Insoweit sind in dem zur Baugenehmigung vom 26. September 1994
gehörenden Lageplan jeweils im vorderen und hinteren Grundstücksbereich zur
östlichen Flurstücksgrenze vier bzw. fünf bepflanzte Betonringe eingezeichnet.
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Im Frühjahr 2000 stellten Mitarbeiter des Beklagten fest, dass die bepflanzten
Betonringe entfernt worden waren und das Gebäude nicht mehr von dem
Getränkefachmarkt genutzt wurde. Der Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 1.
März 2000 auf die Sachlage hin und bat, dafür Sorge zu tragen, dass die Betonringe
wieder aufgestellt würden. Im Rahmen des sich anschließenden Schriftverkehrs teilte
der Kläger mit, dass er dem neuen Mieter der Halle, der Firma "N. Bedachungen M. "
aufgegeben habe, die Betonringe wieder aufzustellen. Das Mietverhältnis sei zum 1.
Januar 2001 gekündigt worden und er werde in Bälde einen neuen Bauantrag über die
Nutzung des Gebäudes als Dienstleistungs- und Bürozentrum stellen. Eine zunächst im
Juli 2000 ergangene Ordnungsverfügung, mit der der Beklagte dem Kläger die Sperrung
des östlichen Grundstücksbereichs gemäß der Auflage aufgegeben hatte, hob der
Beklagte im Februar 2000 wieder auf.
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In dem Aufhebungsbescheid vom 14. Februar 2001 drohte der Beklagte dem Kläger
unter Hinweis auf die Auflage in der Baugenehmigung vom 26. September 1994 ein
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Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 DM für den Fall an, dass er nicht innerhalb von vier
Wochen nach Zustellung des Bescheides den östlichen Grundstücksbereich
entsprechend der Darstellung im genehmigten Lageplan für jeglichen
Kraftfahrzeugverkehr sperre bzw. durch Dritten sperren lasse. Nachdem der Kläger
diese Frist ungenutzt hatte verstreichen lassen, setzte der Beklagte mit Bescheid vom
25. Mai 2001 das Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 DM fest und drohte ihm zugleich
ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 DM für den Fall an, dass er der Auflage
bis zum 19. Juni 2001 nicht nachkomme. Diese erste Zwangsgeldfestsetzung ist
Gegenstand des Klageverfahrens 4 K 494/02.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 6. Juli 2001 setzte der Beklagte ein zweites
Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 DM fest und drohte dem Kläger ein weiteres
Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 DM an, sofern er die Auflage aus der
Baugenehmigung bis zum 30. Juli 2001 nicht erfülle.
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Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 12. Juli 2001 Widerspruch ein, welchen
er damit begründete, dass er dem derzeitigen Mieter Mertins wiederholt Anweisungen
gegeben habe, die Sperreinrichtungen nicht zu entfernen. Trotzdem entferne Herr
Mertins die Pflanzringe immer wieder, weshalb es zur Aufhebung des
Vertragsverhältnisses gekommen sei. Der Mieter hätte schon am 30. Juni 2001 das
Objekt geräumt haben müssen. Die Räumung verzögere sich leider. Der Beklagte möge
sich unmittelbar an den Mieter wenden und ihm gegenüber die Zwangsgelder androhen
bzw. festsetzen. Des Weiteren teilte der Kläger im September dem Beklagten schriftlich
mit, dass bereits seit Monaten der Kraftfahrzeugverkehr auf dem östlichen
Grundstücksteil dadurch unterbunden werde, dass von ihm ein Container aufgestellt
worden sei. Mit weiterem Telefax der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.
Oktober 2001 erklärte die Klägerseite, dass auf dem fraglichen Grundstücksteil keine
Nutzung mehr stattfinde und daher kein Raum für weitere Zwangsgeldfestsetzungen
gegeben sei.
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Der M2. des L1. T1. wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom
8. Januar 2002 zurück.
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Hiergegen hat der Kläger am 11. Februar 2002 die vorliegende Klage erhoben, zu deren
Begründung er geltend macht, dass er den Aufforderungen des Beklagten, bepflanzte
Betonringe aufzustellen, stets nachgekommen sei. Diese seien sowohl im nördlichen
wie auch im südlichen Bereich des östlichen Grundstücksteils aufgestellt gewesen. Der
Beklagte habe unberücksichtigt gelassen, dass die an den abgesperrten
Grundstücksbereich angrenzende Halle in der Mitte durchfahrbar sei und der Nutzer der
Halle auf Grund dieser Durchfahrt mit Fahrzeugen auf den durch die Betonringe
abgesperrten Grundstücksteil habe gelangen können, um hier Gegenstände auf- bzw.
abzuladen. Dies habe nicht zu Belästigungen der Anwohner geführt. Der seit 1999 in
dem Gebäude befindliche Mieter habe entgegen seinen Anweisungen die Betonringe
mit einem Gabelstapler zur Seite geschoben, was von ihm wiederholt beanstandet
worden sei. Eine zunächst zum 31. Dezember 2000 ausgesprochene Kündigung sei
zurückgenommen worden und man habe sich geeinigt, dass der Mieter das Objekt bis
zum 30. Juni 2001 zu räumen habe. Auch in der Folgezeit habe dieser sich nicht an die
Anweisungen gehalten und weiterhin die bepflanzten Betonringe immer wieder zur
Seite geschoben, um Durchfahrtmöglichkeiten zu schaffen. Dies habe er dadurch
verhindert, dass er einen Stahlcontainer in die vom Mieter geschaffene Durchfahrt
gesetzt habe, wodurch das Umfahren des Gebäudes unmöglich geworden sei.
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Angesichts dieser Sachlage sei die Festsetzung von Zwangsgeldern
unverhältnismäßig.
Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 6. Juli 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides des Landrates des L1. T1. vom 8. Januar 2002 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und trägt
ergänzend vor, dass eine Inanspruchnahme des Klägers als Grunstückseigentümer und
Zustandsstörer ermessensfehlerfrei erfolgt sei. Die Aufstellung des Containers sei kein
geeignetes Mittel gewesen, um der Auflage in der Baugenehmigung nachzukommen.
Hierdurch sei zwar ein Umfahren des Gebäudes unmöglich geworden, man habe
jedoch von beiden Seiten an den Container heranfahren können, sodass der östliche
Grundstücksteil eben nicht vom Verkehr freigehalten worden sei. Für die Bewohner der
Häuser T.---straße 15 - 19 hätten weiterhin Immissionsbelästigungen bestanden. Auf
Grund der in unregelmäßigen Abständen erfolgten Ortsbesichtigungen sei wiederholt
festgestellt worden, dass weder die nördlichen noch die südlichen Betonringe
aufgestellt worden seien. Dem Kläger sei mehrfach Gelegenheit gegeben worden,
seinen Verpflichtungen aus der bestandskräftigen Auflage nachzukommen, weshalb die
Zwangsgeldfestsetzung nicht unverhältnismäßig sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Verfahrensakte, den Inhalt der Akten in den Parallelverfahren 4 K 494/02 und 4 K
1515/02 sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Kammer entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
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Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig, hat in der Sache
jedoch keinen Erfolg, weil der Kläger durch den Bescheid des Beklagten vom 6. Juli
2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landrates des L1. T1. vom 8. Januar
2002 nicht rechtswidrig in seinen Rechten verletzt wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die angefochtene Festsetzung eines Zwangsgeldes findet ihre rechtliche Grundlage in
den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-
Westfalen (VwVG NW). Nach § 55 Abs. 1 VwVG NW kann ein Verwaltungsakt, der auf
ein Handeln, ein Dulden oder ein Unterlassen gerichtet ist, mit den in § 57 VwVG NW
genannten Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist. Diese
Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Auf Grund der in der Baugenehmigung vom 26.
September 1994 enthaltenen Auflage Nr. 40005, die seit vielen Jahren unanfechtbar ist,
war der Kläger verpflichtet, die im Lageplan zur Baugenehmigung eingezeichneten
bepflanzten Betonringe aufzustellen, um den östlichen Grundstücksbereich für jeglichen
Kfz-Verkehr zu sperren. Gegen diese Pflicht hat der Kläger verstoßen, indem er
zahlreiche Aufforderungen des Beklagten sowie die erste Zwangsgeldfestsetzung
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unbeachtet ließ und die Pflanzringe nicht an den dafür vorgesehenen Stellen aufgestellt
hat. Dies wird anhand zahlreicher in den Verwaltungsakten befindlicher Fotografien
dokumentiert.
Der Beklagte war somit berechtigt, unter dem 25. Mai 2001 für den Fall der
Nichterfüllung der Auflage bis zum 19. Juni 2001 ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00
DM anzudrohen. Wie die Kammer im Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 4 K 494/02
ausgeführt hat, ist dieser Bescheid rechtmäßig.
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Nachdem der Kläger die ihm bis zum 19. Juni 2001 gesetzte Frist ungenutzt hatte
verstreichen lassen, war der Beklagte weiterhin berechtigt, mit der hier
streitgegenständlichen Festsetzungsverfügung vom 6. Juli 2001 das zuvor angedrohte
Zwangsgeld auf der Grundlage von § 64 Satz 1 VwVG NW festzusetzen.
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Die Erwägungen, welche die Klägerseite gegen die Rechtmäßigkeit der
Zwangsgeldfestsetzung vom 6. Juli 2001 vorträgt, greifen nicht durch. Insbesondere ist
der Kläger der Auflage 4005 aus der Baugenehmigung nicht dadurch nachgekommen,
dass er im August/September 2001 einen ca. 6,5 x 2 m großen Container an der
Ostseite des Hallengebäudes platziert hat. Denn ungeachtet des Umstandes, dass eine
derartige Abweichung bei der Wahl der Sperrvorrichtung zu keiner Zeit von dem
Beklagten genehmigt worden war, erfüllt die Aufstellung des Containers auch nicht den
mit der Auflage verfolgten Zweck. Zwar war es den Fahrzeugen auf dem Grundstück T.--
-straße 13 seit Aufstellen des Containers nicht mehr möglich, das Gebäude im Sinne
eines "Rundparcours" zu umfahren; jedoch konnte der in der Baugenehmigung zur
Sperrung vorgesehene östliche Grundstücksbereich ohne weiteres durch Heranfahren
aus nördlicher und südlicher Richtung mit Fahrzeugen erreicht werden.
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Es trifft auch nicht zu, dass der Kläger nicht hätte in Anspruch genommen werden
können, weil allein die Firma "N. Bedachungen M. " Handlungsstörerin sei. Denn
Eigentümer des Grundstücks und als Gesellschafter der Bauherrin und damit Adressat
der ursprünglichen Baugenehmigung vom 26. September 1994 und des in der Auflage
enthaltenen Handlungsgebots war der Kläger jedenfalls Zustandsstörer. Dass der
Kläger sich tatsächlich ernsthaft und nachhaltig bei dem Mieter um die Aufstellung der
bepflanzten Betonringe bemüht hätte, ist für die Kammer bereits deshalb nicht
überzeugend dargelegt, weil die Pflanzringe - wie sich bei dem gerichtlichen Ortstermin
gezeigt hat - auch nach Auszug des Mieters vom Kläger nicht aufgestellt worden sind.
Darüber hinaus gibt es keinen allgemeinen Grundsatz, dass der Handlungsstörer, also
derjenige, der den ordnungswidrigen Zustand herbeigeführt hat, vor einer
Inanspruchnahme des Zustandsstörers seitens der Behörde anzugehen ist. Die
Störerauswahl ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als es der Behörde auf Grund
des nicht angezeigten Mieterwechsels nicht ohne weiteres zumutbar war, weitere
Feststellungen zu treffen, von wem die Pflanzringe letztlich entfernt worden sind. Die
Vollstreckung aus einer bestandskräftigen Auflage erscheint geeigneter und effektiver
als der Erlass neuerlicher rechtsmittelfähiger Ordnungsverfügungen möglicherweise
sogar gegenüber mehreren Nutzern, um den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen.
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Soweit der Kläger darlegt, dass die Aufstellung der Pflanzringe auf Grund des
Mieterwechsels gar nicht mehr notwendig gewesen sei, da die für die Anwohner zu
befürchtenden Lärmbelästigungen wegen des Rangierens von Lkw's nicht mehr
aufträten, ist dem entgegenzuhalten, dass es ihm freigestanden hätte, einen
entsprechenden Antrag bei der Behörde auf Abänderung zu stellen. Ein solcher war von
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ihm mit Schreiben vom 3. August 2000 angekündigt, aber zu keiner Zeit eingereicht
worden.
Die Festsetzung des Zwangsgeldes entspricht der Androhung in dem ersten
Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 25. Mai 2001 und ist schließlich auch nicht
unverhältnismäßig, insbesondere angesichts des nach § 60 VwVG NW der Behörde zur
Verfügung stehenden Rahmens von 20 DM bis 100.000 DM und des mit seiner
Festsetzung bezweckten Erfolges. Die Festsetzung eines Betrages von 2.000,00 DM,
war angesichts des Umstandes, dass der Kläger bereits einen ersten
Vollstreckungsversuch ungenutzt hatte verstreichen lassen, angemessen. Die Frist zur
Zahlung des Zwangsgeldes ist gleichfalls nicht zu beanstanden.
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Die Androhung eines neuerlichen Zwangsgeldes findet ihre Rechtsgrundlage in § 57
Abs. 3 VwVG NW. Nach dieser Vorschrift können Zwangsmittel wiederholt werden, bis
der Verwaltungsakt, der vollstreckt werden soll, befolgt worden ist.
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Als unterliegender Teil hat der Kläger die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1
VwGO zu tragen.
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Die Berufung war nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht zuzulassen, da die Gründe
des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen.
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Beschluss:
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Ferner hat die Kammer
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beschlossen:
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Der Streitwert wird auf 2.250,00 EUR festgesetzt.
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Gründe:
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Die Streitwertfestsetzung ergeht auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 des
Gerichtskostengesetzes und berücksichtigt das festgesetzte Zwangsgeld in voller Höhe
sowie das angedrohte weitere Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 DM zur Hälfte.
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