Urteil des VerfG Nordrhein-Westfalen vom 09.06.1997

VerfG Nordrhein-Westfalen (raumordnung, landesplanung, legitimation, 1995, genehmigung, beschwerdeführer, stadt, gebiet, energieversorgung, ziel)

Verfassungsgerichtshof NRW, VerfGH 20/95, VerfGH 1/96, VerfGH 3/96,
VerfGH 7/96, VerfGH 8/96
Datum:
09.06.1997
Gericht:
Verfassungsgerichtshof NRW
Spruchkörper:
Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
VerfGH 20/95, VerfGH 1/96, VerfGH 3/96, VerfGH 7/96, VerfGH 8/96
Leitsätze:
1.
Zur Selbstbetroffenheit von Gemeinden und Kreisen, deren Gebiet
innerhalb eines in einem Braunkohlenplan (hier: Garzweiler II)
dargestellen Abbaugebiets liegt.
2.
Die Landschaftsplanung ist als Teil der Planungshoheit dem
Schutzbereich der kommunalen Selbstverwaltung zuzuordnen.
3.
Der Braunkohlenausschuß nach dem Landesplanungsgesetz NW ist für
die Aufstellung eines Braunkohlenplans hinreichend demokratisch
legitimiert.
4.
Der Braunkohlenausschuß verkürzt nicht willkürlich den
Abwägungsvorgang zu Lasten der betroffenen Gemeinden, wenn er sich
bei seiner Abwägung die von der Landesregierung im Wege politischer
Leitentscheidungen formulierten Erfordernisse langfristiger
Energieversorgung zu eigen macht.
5.
Ein Braunkohlenplan wird auch dann aus einem thematisch
einschlägigen Landesentwicklungsplan entwickelt, wenn beide Pläne
zeitlich parallel aufgestellt werden.
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
A.
2
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen den Braunkohlenplan Garzweiler II.
3
I.
4
Die Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesplanung werden nach § 11
Landesplanungsgesetz (LPlG) im Landesentwicklungsprogramm (LEPro), in einem oder
in mehreren Landesentwicklungsplänen, in Gebietsentwicklungsplänen und in
Braunkohlenplänen dargestellt.
5
Als Grundsatz der Raumordnung und Landesplanung enthält § 18 LEPro die
sogenannte Rohstoffsicherungsklausel. Soweit raumbedeutsame Planungen und
Maßnahmen Flächen betreffen, unter denen sich für die gewerbliche Wirtschaft oder die
Energiewirtschaft nutzbare Rohstofflagerstätten befinden, sind die
Standortgebundenheit der Mineralgewinnung und die Unvermehrbarkeit der
mineralischen Rohstoffe besonders zu berücksichtigen und dementsprechend in die
Abwägung einzubeziehen. Als allgemeines Ziel der Raumordnung und Landesplanung
ist nach § 26 Abs. 2 LEPro insbesondere der Einsatz einheimischer und regenerierbarer
Energieträger anzustreben. Bei Abgrabungen und oberirdischen Erdaufschlüssen sind
Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, der Grundwasserverhältnisse und des
Klimas soweit wie möglich zu vermeiden (§ 32 Abs. 3 LEPro). Nach § 35 LEPro in
seiner ursprünglichen Fassung war das Landesentwicklungsprogramm in
Landesentwicklungsplänen zu entfalten; dabei waren insbesondere (Satz 2 Buchstabe
g) Gebiete für den Abbau von Lagerstätten festzulegen. Anstelle dieser Vorschrift
bestimmt § 36 LEPro in der Fassung des Gesetzes vom 16. Mai 1989 (GV. NW. S. 310)
nur noch, das Landesentwicklungsprogramm werde nach Maßgabe des
Landesplanungsgesetzes entfaltet.
6
Ziele der Raumordnung und Landesplanung für die Gesamtentwicklung des Landes
werden gemäß § 13 Abs. 1 LPlG auf der Grundlage des Landesentwicklungsprogramms
durch Landesentwicklungspläne festgelegt. Aufgrund des § 35 Satz 2 Buchstabe g
LEPro a. F. sollte ein Landesentwicklungsplan V - Gebiete für den Abbau von
Lagerstätten - aufgestellt werden. Er ist über das Stadium eines Entwurfs (letzter Stand:
1984) nicht hinausgekommen. Der Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP
NRW) vom 11. Mai 1995 (GV. NW. S. 532) faßt die bis dahin bestehenden einzelnen
Landesentwicklungspläne - mit einer Ausnahme - zusammen. Er erwähnt in seinem Teil
C (Flächenvorsorge) IV (Heimische Bodenschätze) unter "Vorbemerkung" die noch
darzustellenden Leitentscheidungen der Landesregierung zur künftigen
Braunkohlenpolitik und die Leitentscheidungen zum Abbauvorhaben Garzweiler II: Mit
ihnen habe die Landesregierung zur Sicherung der Versorgung mit energetischen
Rohstoffen die notwendigen politischen Rahmenvorgaben für die Planungsträger
geschaffen.
7
Auf der Grundlage des Landesentwicklungsprogramms und von
Landesentwicklungsplänen sowie in Abstimmung mit den Gebietsentwicklungsplänen
legen nach § 24 Abs. 1 LPlG die Braunkohlenpläne im Braunkohlenplangebiet Ziele der
Raumordnung und Landesplanung fest, soweit es für eine geordnete
8
Braunkohlenplanung erforderlich ist. Das Braunkohlenplangebiet wird gemäß § 25 Abs.
1 LPlG innerhalb gesetzlich abgesteckter Grenzen im einzelnen durch
Rechtsverordnung festgelegt (4. Durchführungsverordnung zum Landesplanungsgesetz
vom 31. Oktober 1989, GV. NW. S. 538).
Die Aufstellung des Braunkohlenplans wird durch den Braunkohlenausschuß
beschlossen (§ 26 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Satz 1, § 33 Abs. 5 Satz 1 LPlG). Er ist als
Sonderausschuß des Bezirksplanungsrates des Regierungsbezirks ... errichtet. Der
Braunkohlenausschuß besteht aus einer Kommunalen Bank, einer Regionalen Bank
und einer Funktionalen Bank. Die Mitglieder der Kommunalen Bank werden von den
Vertretungen der Kreise und kreisfreien Städte des Braunkohlenplangebiets aus den
Vertretungen der Gemeinden im Braunkohlenplangebiet gewählt (§ 26 Abs. 2, § 27 Abs.
1 LPlG). Die Regionale Bank setzt sich aus stimmberechtigten Mitgliedern der
Bezirksplanungsräte der Regierungsbezirke ... und ... zusammen (§ 26 Abs. 3 LPlG). Sie
werden nach Listen berufen, welche die für den jeweiligen Regierungsbezirk zuständige
Leitung der Partei oder Wählergruppe einreicht (§ 27 Abs. 4 bis 6 LPlG). Die Listen
werden von der Bezirksregierung und dem Vorsitzenden des jeweiligen
Bezirksplanungsrates bestätigt (§ 27 Abs. 6 Satz 2 LPlG). Die Funktionale Bank besteht
aus Vertretern der jeweils zuständigen Industrie- und Handelskammer,
Handwerkskammer, Landwirtschaftskammer, der im Braunkohlenplangebiet tätigen
Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften sowie der Landwirtschaft (§ 26 Abs. 4 LPlG).
Sie werden aufgrund von Vorschlägen der jeweiligen Organisationen und deren
Bestätigung durch den Bezirksplanungsrat des Regierungsbezirks ... berufen (§ 27 Abs.
9 LPlG).
9
Der Braunkohlenplan muß von der Landesplanungsbehörde genehmigt werden. Sie
erteilt ihre Genehmigung im Einvernehmen mit den fachlich zuständigen
Landesministerien und im Benehmen mit dem für die Landesplanung zuständigen
Ausschuß des Landtags (§ 34 Abs. 1 LPlG). Die Genehmigung ist nur zu erteilen, wenn
der Braunkohlenplan den Erfordernissen einer langfristigen Energieversorgung auf der
Grundlage des Landesentwicklungsprogramms entspricht und die sozialen Belange der
Betroffenen sowie die Erfordernisse des Umweltschutzes angemessen berücksichtigt (§
34 Abs. 2 LPlG). Mit der Bekanntmachung der Genehmigung im Gesetz- und
Verordnungsblatt werden die Braunkohlenpläne Ziele der Raumordnung und
Landesplanung. Sie sind von den Behörden des Bundes und des Landes, den
Gemeinden und Gemeindeverbänden, von den öffentlichen Planungsträgern sowie im
Rahmen ihrer Aufgaben von den bundesunmittelbaren und den der Aufsicht des Landes
unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts bei
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten (§ 34 Abs. 4 LPlG). Die
Betriebspläne der bergbaulichen Betriebe sind mit den Braunkohlenplänen in Einklang
zu bringen; die Braunkohlenpläne sollen vor Beginn eines Abbauvorhabens aufgestellt
und genehmigt sein (§ 34 Abs. 5 LPlG). Der Braunkohlenplan muß überprüft und
erforderlichenfalls geändert werden, wenn seine Grundannahmen sich wesentlich
ändern (§ 35 LPlG).
10
II.
11
Die Rheinbraun AG stellte am 17. August 1987 einen Antrag auf Aufstellung und
Genehmigung eines Braunkohlenplans für das Abbaugebiet Garzweiler II. Sie gewinnt
derzeit Braunkohle im Tagebau Garzweiler I. Die geförderte Kohle wird ganz
überwiegend in Kraftwerken zur Stromerzeugung eingesetzt.
12
Mit Blick auch auf den geplanten Anschlußtagebau veröffentlichte die Landesregierung
im September 1987 "Leitentscheidungen zur künftigen Braunkohlepolitik": Der Einsatz
heimischer Braunkohle sei ein unverzichtbarer Beitrag zu wettbewerbsfähigen
Produktionsverhältnissen in Nordrhein-Westfalen und in der Bundesrepublik
Deutschland. Es sei Vorsorge dafür zu treffen, daß die Förderkapazität von (seinerzeit)
120 Mio. t Braunkohle/Jahr langfristig sichergestellt werde. Hierfür komme nur eine
Konzentration des Abbaus auf die Bereiche ..., ... und ... (jetzige Bezeichnung:
Garzweiler) in Betracht.
13
Die Leitentscheidungen sahen ein ergänzendes Untersuchungsprogramm vor. Von ihm
erwartete der Braunkohlenausschuß auch die Klärung von ihm formulierter Fragen; er
stellte die Fertigstellung eines Vorentwurfs zum Braunkohlenplan bis zum Abschluß des
Untersuchungsprogramms zurück (Beschluß vom 14. März 1988).
14
Die Landesregierung gab in der Folge verschiedene Untersuchungen in Auftrag,
namentlich zu Fragen des Wasserhaushalts und der Sozialverträglichkeit von
Umsiedlungen sowie zu "Energieszenarien Nordrhein-Westfalen". Auf deren Grundlage
formulierte sie im September 1991 "Leitentscheidungen zum Abbauvorhaben
Garzweiler II". Sie bekräftigte dabei die grundsätzlichen energiepolitischen Aussagen
aus ihren Leitentscheidungen vom September 1987. Im übrigen äußerte sie sich dahin:
Das Erfordernis und die Machbarkeit des beantragten Tagebaus seien nachgewiesen;
alle Beeinträchtigungen hielten sich in einem vertretbaren Rahmen; um die noch
bestehenden Risiken zu minimieren und die verbleibenden ökologischen Belastungen
weiter zu reduzieren, müsse der Tagebau aber eine "wasserwirtschaftlich-ökologische
Schutzlinie" beachten, die deutlich hinter der bisher vorgesehenen Abbaugrenze liege.
15
Der Braunkohlenausschuß stellte fest, mit den Erkenntnissen aus dem
Untersuchungsprogramm seien die Voraussetzungen geschaffen, den Vorentwurf
fertigzustellen; er beauftragte die Bezirksplanungsbehörde damit (Beschluß vom 21.
Januar 1992). Das Braunkohlenplanverfahren konzentrierte sich auf den Bereich,
welchen die Landesregierung in ihren Leitentscheidungen für genehmigungsfähig hielt.
Die Rheinbraun AG legte Unterlagen für eine Prüfung der Umweltverträglichkeit ihres
Abbauvorhabens vor. Die am Verfahren beteiligten Behörden und Stellen konnten in der
Zeit vom 3. Mai 1993 bis zum 4. Oktober 1993 Bedenken und Anregungen gegen den
Entwurf des Braunkohlenplans vorbringen. Dieser Entwurf lag in der Zeit vom 3. Mai
1993 bis zum 2. September 1993 in den beteiligten Gemeinden öffentlich aus. Die dabei
vorgebrachten Bedenken und Anregungen erörterte die Bezirksplanungsbehörde in der
Zeit vom 7. bis zum 24. März 1994 mit den Einwendern. In der Zeit vom 15. bis zum 22.
August 1994 fand die Erörterung mit den beteiligten Behörden und Stellen statt, um
einen Ausgleich der Meinungen anzustreben.
16
Der Braunkohlenausschuß beschloß in seiner Sitzung vom 16., 19. und 20. Dezember
1994 über die Bedenken und Anregungen sowie auf der Grundlage eines
überarbeiteten Entwurfs die Aufstellung des Braunkohlenplans Garzweiler II. Bei dessen
abschließender Beratung wurden die Leitentscheidungen der Landesregierung als
"Entscheidungshilfe" oder "Hilfestellung" bezeichnet, über die der
Braunkohlenausschuß "froh" sei. Der Braunkohlenplan führt sie im Kapitel
"Sachgrundlagen, Ausgangspositionen, Prämissen" an.
17
Die Landesplanungsbehörde erarbeitete den Entwurf eines Genehmigungserlasses,
18
dem das Landeskabinett in seiner Sitzung vom 7. Februar 1995 zustimmte. Der
Ausschuß für Umweltschutz und Raumordnung des Landtags Nordrhein-Westfalen
stellte sein Benehmen in der Sitzung vom 22. März 1995 her. In derselben Sitzung
stellte er auch sein Einvernehmen mit dem Entwurf des Landesentwicklungsplans
Nordrhein-Westfalen vom 11. Mai 1995 her. Die Landesplanungsbehörde genehmigte
daraufhin mit Erlaß vom 30. März 1995 den Braunkohlenplan (Bekanntmachung der
Genehmigung vom 31. März 1995, GV. NW. S. 202). Der Genehmigungserlaß war mit
"Hinweisen" versehen, welche die Landesplanungsbehörde im Braunkohlenplan
berücksichtigt wissen wollte. Der Braunkohlenausschuß faßte am 12. Juni 1995 einen
entsprechenden Beschluß.
Der Braunkohlenplan stellt einen Abbaubereich von etwa 48 km 2 Größe dar. Davon
liegen rund 40 km 2 auf dem Gebiet der Stadt ...; das ist ungefähr 1/3 des
Gemeindegebiets. Ein Teil davon liegt im Geltungsbereich des Landschaftsplans ... ...
des Kreises .... Etwa 6,5 km 2 des Abbaubereichs liegen auf dem Gebiet der Gemeinde
...; das sind circa 9 % des Gemeindegebiets. Mit einem kleinen unbewohnten Teil ihres
Gemeindegebiets liegt auch die Stadt ... in dem dargestellten Abbaubereich. Ihr
Landschaftsplan setzt hier unter anderem ein Landschaftsschutzgebiet fest (... ...). In
dem dargestellten Abbaubereich hat die Gewinnung von Braunkohle grundsätzlich
Vorrang vor anderen Nutzungs- und Funktionsansprüchen (Ziel Kapitel 1.1). Der
Tagebau soll im Jahre 2006 beginnen und im Jahre 2045 abgeschlossen sein. Das
verbleibende Restloch ist als See zu gestalten. Er wird im wesentlichen auf dem Gebiet
der Stadt ... liegen und eine Wasserfläche von rund 23 km 2 haben. Im Bereich des
Tagebaus wohnten nach dem Stand Ende 1992 etwa 7.600 Menschen in 11
Ortschaften, 2 Weilern und 4 Einzelhöfen. Davon lebten 5.120 Menschen im Gebiet der
Stadt ...; das sind ungefähr 13 % der Gemeindeeinwohner. Etwa 2.500 Personen
wohnten in ...; das sind circa 12 % der Gemeindeeinwohner. Sie sollen abschnittweise
umgesiedelt werden. Überwiegend wird das Abbaugebiet sonst landwirtschaftlich
genutzt. Zum Abbau der Braunkohle muß der Abbaubereich trockengelegt (gesümpft)
werden. Die dadurch bedingte Absenkung des Grundwassers wird sich auch auf den
Naturpark "...-...-...." nördlich des Abbaugebietes auswirken. Dieser liegt zum Teil auf
dem Gebiet der Stadt ... . Es handelt sich um Feuchtgebiete mit großflächigen intakten
Bruchwäldern, die vom Grundwasser abhängig sind. Diese Feuchtgebiete sind in ihrer
artenreichen Vielfalt und Prägung durch grundwasserabhängige Lebensgemeinschaften
zu erhalten (Ziel 1 Kapitel 3.2). Der Grundwasserstand soll dafür durch Anreicherung mit
Sümpfungswasser gehalten werden (Ziel 3 Kapitel 2.1).
19
III.
20
1.
Verfassungsbeschwerde erhoben (Verfahren VerfGH 20/95).
21
Sie beantragt
22
festzustellen,
23
daß der durch Beschluß des Braunkohlenausschusses am 20. Dezember 1994
aufgestellte und mit Bescheid vom 31. März 1995 des Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigte
Braunkohlenplan Garzweiler II die Vorschriften der Landesverfassung über das
Recht der Selbstverwaltung verletzt und
24
daß der Braunkohlenplan Garzweiler II mit höherrangigem Recht unvereinbar
und deshalb nichtig ist.
25
Sie macht geltend: Sie werde in ihrer Planungshoheit verfassungswidrig eingeschränkt.
Sie verliere ihre planerischen Gestaltungsmöglichkeiten über mehrere Jahrzehnte für
wesentliche Teile ihres Gemeindegebiets völlig. Dem Braunkohlenplan Garzweiler II
fehle eine wirksame gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Die §§ 24 ff. LPlG verstießen
gegen den verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt. Die grundsätzliche
Befürwortung des streitigen Braunkohlentagebaus und die Bestimmung seines
Standorts gehörten zu den wesentlichen Entscheidungen, die der Gesetzgeber selbst
durch förmliches Gesetz hätte treffen müssen. Die Ermächtigung zur
Braunkohlenplanung in den §§ 24 ff. LPlG sei zu unbestimmt. Der Gesetzgeber habe
zum einen den Umfang der staatlichen Aufsicht über die Braunkohlenplanung in § 34
Abs. 2 LPlG nicht eindeutig geregelt. Er habe ferner in § 35 Satz 1 LPlG nicht
hinreichend bestimmt festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ein Braunkohlenplan
überprüft und erforderlichenfalls geändert werden müsse. Schließlich habe er die
Bindungswirkung des Braunkohlenplans in § 34 Abs. 4 Satz 1 LPlG und in § 34 Abs. 5
Satz 2 LPlG unklar und zum Teil widersprüchlich geregelt. § 34 Abs. 5 LPlG sei darüber
hinaus als Regelung bergrechtlicher Natur mit Bundesrecht unvereinbar und deshalb
gemäß Art. 31 GG nichtig. Die Ermächtigungsgrundlage sei mit dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit unvereinbar. § 35 Satz 1 LPlG schränke die Möglichkeit
unverhältnismäßig ein, einen Braunkohlenplan nachträglich zu ändern.
Unverhältnismäßig eingeschränkt sei die Beteiligung der Gemeinden an der
Braunkohlenplanung. Eine bloße Anhörung trage der Bedeutung der gemeindlichen
Selbstverwaltung nicht genügend Rechnung. Jedenfalls die Rekultivierung des
Geländes müsse im Einvernehmen mit der betroffenen Gemeinde geregelt werden. Der
Braunkohlenplan Garzweiler II sei darüber hinaus mit der - unterstellt
verfassungsgemäßen - Ermächtigungsgrundlage sowohl in formeller als auch in
materieller Hinsicht nicht vereinbar. Das Verfahren sei unter Verstoß gegen § 32 Abs. 1
Satz 1 LPlG ohne zureichende Unterrichtung durch den Bergbautreibenden geführt
worden. In seinem formalen Aufbau vermische der Braunkohlenplan in unzulässiger
Weise Erläuterungsbericht und textliche Darstellung. Inhaltlich sei der Braunkohlenplan
nicht auf den gesetzlich vorgegebenen Grundlagen entwickelt worden. Das
Braunkohlenplangebiet sei in der Vierten Durchführungsverordnung nicht
ordnungsgemäß abgegrenzt worden; entgegen § 25 Abs. 1 LPlG seien nicht alle
Gebiete erfaßt, deren oberster Grundwasserleiter durch Sümpfungsmaßnahmen
beeinflußt werde. Der Braunkohlenplan hätte gemäß § 24 Abs. 1 LPlG aus einem
Landesentwicklungsplan entwickelt werden müssen, der die Sicherung von
Lagerstätten zum Gegenstand habe. Politische Leitentscheidungen könnten einen
Landesentwicklungsplan nicht ersetzen. Der Braunkohlenausschuß habe sich durch die
Leitentscheidungen der Landesregierung gebunden gefühlt. Eine eigene Abwägung
habe er insoweit unterlassen. Der Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen vom
11. Mai 1995 sei erst nach der Genehmigung des Braunkohlenplans in Kraft getreten.
Ein Parallelverfahren sei im Landesplanungsgesetz nicht vorgesehen. Der
Landesentwicklungsplan enthalte im übrigen keine landesplanerische Ausweisung des
Braunkohlenvorhabens Garzweiler II. Ein Abwägungsausfall bei der Aufstellung des
Braunkohlenplans durch den Braunkohlenausschuß könne ohnehin nicht nachträglich
durch einen Landesentwicklungsplan kompensiert werden. Auch im übrigen verletze der
Braunkohlenplan das Abwägungsgebot. Der Braunkohlenausschuß habe es an einer
eigenen Abwägung fehlen lassen, was schon daraus folge, daß der Braunkohlenplan
26
keine zusammenfassende Entscheidung enthalte, bei der alle sachlich betroffenen
Belange gewürdigt und umfassend abgewogen würden. Die Landesplanungsbehörde
habe über eine beratende Tätigkeit hinaus durch "Anregungen, Bedenken,
Klarstellungen, Erläuterungen, Richtigstellungen und Ergänzungen" unzulässig auf ein
bestimmtes Planergebnis und auf einen bestimmten Planinhalt hingewirkt. Einzelne
Ziele im Braunkohlenplan seien inhaltlich fehlerhaft. Das gelte namentlich für das Ziel,
mit dem Abraum zunächst den Abbaubereich Garzweiler I und das verbleibende
Restloch mit Wasser zu füllen. Versäumnisse im Planbereich Garzweiler I würden derart
an den Standort Garzweiler II verlagert, obwohl nicht sichergestellt sei, daß die dadurch
ausgelösten Probleme auch bewältigt werden könnten. Schließlich genüge die Prüfung
der Umweltverträglichkeit nicht den gesetzlichen Anforderungen.
2.
(Verfahren VerfGH 1/96).
27
Sie beantragt
28
festzustellen,
29
daß der Braunkohlenplan Garzweiler II die Vorschriften der Landesverfassung
über das Recht der Selbstverwaltung verletzt und deswegen nichtig ist.
30
Sie rügt ebenfalls einen verfassungswidrigen Eingriff in ihre kommunale
Planungshoheit. Neben einem Verstoß der Ermächtigungsgrundlage gegen den
Vorbehalt des Gesetzes macht sie geltend: Die Braunkohlenplanung sei mit dem
Braunkohlenausschuß einem demokratisch nicht ausreichend legitimierten Organ
übertragen. Der Braunkohlenausschuß übe bei der Aufstellung des Braunkohlenplans
hoheitliche Gewalt aus. Die Mitglieder der Regionalen Bank und der Funktionalen Bank
verfügten nicht über die dafür erforderliche demokratische Legitimation. Sie würden von
den Parteien und Wählergruppen sowie den jeweiligen
Selbstverwaltungskörperschaften und Interessengemeinschaften benannt. Diesen fehle
ihrerseits demokratische Legitimation. Die Bestätigung des Vorschlags durch die
Bezirksregierung und den Vorsitzenden des jeweiligen Bezirksplanungsrates bzw.
durch den Bezirksplanungsrat des Regierungsbezirks ... verschaffe keine demokratische
Legitimation; ihnen komme bei der Bestätigung keine materielle
Mitentscheidungsbefugnis zu. Dem Braunkohlenausschuß fehle ferner die sachlich-
inhaltliche demokratische Legitimation. Seine Mitglieder handelten nicht im Auftrag und
nicht nach Weisung der Regierung oder eines der Regierung verantwortlichen
Amtswalters. Die ausreichend demokratisch legitimierte Landesplanungsbehörde könne
durch ihre Genehmigung dem Braunkohlenplan nicht die erforderliche demokratische
Legitimation verschaffen.
31
3.
VerfGH 3/96).
32
Sie beantragt
33
festzustellen,
34
daß der durch Beschluß des Braunkohlenausschusses am 20. Dezember 1994
aufgestellte und mit Bescheid vom 31. März 1995 des Ministeriums für Umwelt,
35
Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigte
Braunkohlenplan Garzweiler II die Vorschriften der Landesverfassung über das
Recht der Selbstverwaltung verletzt und
daß der Braunkohlenplan Garzweiler II mit höherrangigem Recht unvereinbar
und deshalb nichtig ist.
36
Sie sieht sich durch die faktischen Folgen des Tagebaus in ihrem Recht auf
Selbstverwaltung verletzt: Der Grundwasserstand in ihrem Gemeindegebiet werde
sinken. Die Standsicherheit von Gebäuden in dem davon betroffenen Bereich werde
beeinträchtigt. Das gelte für Gebäude in ihrem Eigentum, aber auch für Bauvorhaben in
noch auszuweisenden Baugebieten. Sie müsse sich in ihrer Planung bereits jetzt auf
die künftigen Folgen der Sümpfungsmaßnahmen einstellen. Die
Sümpfungsmaßnahmen würden mit hoher Wahrscheinlichkeit den Naturpark ...-...
irreparabel schädigen; durch ihn werde ihr Gemeindegebiet als Freizeit- und
Erholungsschwerpunkt geprägt. In der Sache hält die Stadt ... den Braunkohlenplan aus
ähnlichen Gründen für verfassungwidrig wie die Stadt ... . Ergänzend verweist sie
darauf: Die Genehmigung des Braunkohlenplans sei fehlerhaft, nämlich ohne
Bezugnahme auf die Hinweise der Landesplanungsbehörde im Gesetz- und
Verordnungsblatt bekannt gemacht worden. Der Braunkohlenausschuß habe in seiner
Sitzung vom 12. Juni 1995 nicht sämtliche Hinweise der Landesplanungsbehörde
übernommen.
37
4.
VerfGH 7/96).
38
Er beantragt
39
festzustellen,
40
daß der durch Beschluß des Braunkohlenausschusses am 20. Dezember 1994
aufgestellte und mit Erlaß des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und
Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. März 1995
genehmigte Braunkohlenplan Garzweiler II
41
die Vorschriften der Landesverfassung über
42
43
das Recht der Selbstverwaltung verletzt
44
sowie aufgrund der Unvereinbarkeit mit der
45
46
Landesverfassung nichtig ist.
47
Er sieht sich als Träger der Landschaftsplanung in seinem Selbstverwaltungsrecht
verletzt. Über den Vortrag der beschwerdeführenden Gemeinden hinaus macht er
geltend: Bei der Erörterung der Einwendungen und Bedenken sei der Redebeitrag
jedes Einwenders auf drei Minuten und eine Nachfrage begrenzt gewesen. Darin liege
eine fehlerhafte Beteiligung auch der betroffenen Gemeinden und Kreise. Der
Braunkohlenplan sei nicht aus dem Landesentwicklungsprogramm entwickelt worden;
er lasse nicht erkennen, wie er die in § 18 LEPro genannten Erfordernisse der
Landschaftsentwicklung in die Abwägung einbezogen habe. Aus dem Braunkohlenplan
werde nicht erkennbar, ob und inwieweit die Festsetzungen des Landschaftsplans bei
der Abwägung berücksichtigt worden seien. Der Braunkohlenplan bewerte das Gebiet
fehlerhaft, nämlich als eintönige, landwirtschaftlich geprägte Fläche. Der
Braunkohlenplan verstoße gegen den Landesentwicklungsplan III. Dieser lege für große
vom Tagebau betroffene Bereiche den Schutz des Grundwasservorkommens fest. In die
Abwägung über das "Ob" des Vorhabens sei unzulässigerweise die rechtlich nicht
durchsetzbare Zusage der RWE Energie AG und der Rheinbraun AG einbezogen
worden, die vorhandenen Braunkohlenkraftwerke schrittweise durch Anlagen mit jeweils
bester zur Verfügung stehender Technik zu ersetzen.
48
5.
(Verfahren VerfGH 8/96).
49
Sie beantragen,
50
den Braunkohlenplan Garzweiler II in der Fassung der Genehmigung des
Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft NW vom 31. März
1995 (GV. NW. 1995, 202, 338) für verfassungswidrig-nichtig zu erklären.
51
Die Stadt ... sieht sich als Trägerin der Bauleitplanung und der Landschaftsplanung
sowie als Trägerin kommunaler Einrichtungen, namentlich der Wasserversorgung, in
ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt. Sie macht geltend: Als Folge veränderter
Grundwasserverhältnisse sei mit erheblichen Bergschäden zu rechnen; dadurch werde
der Vollzug bestehender Bebauungspläne erschwert. Die Versorgung
ansiedlungswilliger Betriebe mit Trink- und Brauchwasser werde beeinträchtigt. In ihrem
Landschaftsplan ausgewiesenen Natur- und Landschaftsschutzgebieten außerhalb des
Abbaubereichs werde Grundwasser entzogen. Die geschützten Feuchtgebiete
trockneten aus. Der Tagebau beeinträchtige den Betrieb kommunaler Einrichtungen,
namentlich der Wasserversorgung. Die Sümpfung werde das förderbare Grundwasser
im Stadtgebiet vermindern und seine Qualität verschlechtern. Über die Rügen der
anderen Beschwerdeführer hinaus trägt die Stadt Mönchengladbach ferner vor: Die
Ermächtigungsgrundlage verstoße gegen § 52 Abs. 2 b Satz 2 BBergG. Die Prüfung der
Umweltverträglichkeit bleibe im Braunkohlenplanverfahren hinter den Anforderungen
zurück, die das Bundesberggesetz hierfür vorschreibe; sie finde zu einem Zeitpunkt
statt, zu dem die Umweltauswirkungen noch nicht vollständig und umfassend erfaßt
werden könnten. Dadurch werde zugleich ihr Beteiligungsrecht im
Betriebsplanverfahren ausgehöhlt; dort habe sie keine Möglichkeit mehr, seit der
Aufstellung des Braunkohlenplans zutage getretene Auswirkungen des Tagebaus
geltend zu machen. Die Planunterlagen seien nicht vollständig offengelegt worden.
Einzelne Gutachten seien ihr erst kurz vor Beginn des Erörterungstermins zugegangen.
52
Der Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht sei nicht durch überörtliche Interessen von
höherem Gewicht gerechtfertigt. Es fehle jeder Nachweis für die Behauptung, die
Braunkohle sei insgesamt ein kostengünstiger Energieträger. Der Plangeber habe nicht
geprüft, ob der Braunkohlentagebau für eine ausreichende, sichere, umweltverträgliche
und möglichst preisgünstige Energieversorgung erforderlich sei. Energiepolitische
Prioritäten unterlägen aktueller politischer Einschätzung. Sie trage das Risiko, daß
zunächst mit dem Abbau begonnen, dieser aber später eingestellt werde, weil
Braunkohle nicht mehr gefragt sei oder ihre Verbrennung nicht mehr opportun
erscheine. Der Braunkohlenplan mißachte die weltweiten energiepolitischen
Vorstellungen und die Ziele der Bundesregierung zur kurzfristigen und drastischen
Reduzierung des Primärenergieverbrauchs. Die "wasserwirtschaft-ökologische
Schutzlinie" in den Leitentscheidungen der Landesregierung sei weder aus
naturräumlichen noch aus hydrologischen oder ökologischen oder geologischen
Gegebenheiten nachvollziehbar abgeleitet; sie beruhe vielmehr auf politischer
Opportunität. Nicht hinreichend gesichert sei die Annahme, durch Versickern von
Sümpfungswasser könnten der Grundwasserstand gehalten und nachteilige
Auswirkungen auf die Feuchtgebiete verhindert werden. Mit ihren umfangreichen
Gegenargumenten habe der Braunkohlenausschuß sich nicht auseinandergesetzt.
Ungeklärt sei ferner das Problem einer Versauerung des Grundwassers durch
verkipptes Material. Die Wirksamkeit der Gegenmaßnahmen sei nicht nachgewiesen.
Das vorgesehene Monitoring sei unzulänglich. Eine Genehmigung in Teilabschnitten
habe sich aufgedrängt.
Die Stadt Viersen macht geltend: Der Tagebau werde die Wasserwirtschaft auf ihrem
Gebiet nachhaltig beeinflussen. Der Braunkohlenplan gehe zu Unrecht davon aus, eine
im Gebiet der Stadt ... in West-Ost-Richtung gelegene geologische Störung sei nicht
wasserdurchlässig. In diesem Bereich befinde sich vielmehr ein hydraulisches Fenster,
durch das Grundwasser aus dem Norden in das sümpfungsbeeinflußte Gebiet gesaugt
werde.
53
6.
54
Die Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet: Die §§ 24 ff.
LPlG genügten dem Vorbehalt eines parlamentarischen Gesetzes. Der
Braunkohlenplan habe nicht aus einem vorher aufgestellten Landesentwicklungsplan
entwickelt werden müssen. Die Landesregierung habe durch ihre Leitentscheidungen
die materielle Rückkoppelung an die Planungsvorstellungen sichergestellt, die auf
Landesebene mit Zustimmung des Landtags artikuliert worden seien. Diese
Leitentscheidungen fußten auf der Verantwortung der Landesregierung für eine
landesweite Energiepolitik. Eine strikte Bindung des Braunkohlenausschusses sei mit
ihnen nicht verbunden gewesen. Informelle Kontakte, die darüber hinaus zwischen
Braunkohlenausschuß und Genehmigungsbehörde planbegleitend stattgefunden
hätten, stellten keine unzulässige Einflußnahme der Landesregierung dar. Der
Braunkohlenplan zeige mit hinreichender Deutlichkeit die Gesichtspunkte auf, welche
die planerische Abwägung maßgeblich gesteuert hätten. Dem Braunkohlenausschuß
fehle es nicht an der erforderlichen demokratischen Legitimation. Die kommunalen
Beteiligungsrechte würden nicht durch die Prüfung der Umweltverträglichkeit im
Braunkohlenplanverfahren ausgehöhlt. Nur eine möglichst frühzeitige Beteiligung
gewährleiste eine effektive Beteiligung. Die Beschwerdeführer könnten keine
umfassende Prüfung der Vereinbarkeit des Plans mit einfach-gesetzlichen Vorgaben
erreichen. Soweit sie den Vorwurf erhöben, überörtliche Interessen seien zu Lasten ihrer
55
kommunalen Belange fehlgewichtet, komme es nur darauf an, ob die Wertungen und
Prognosen des Plangebers offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar seien.
Dies lasse sich nicht feststellen.
B.
56
Die Verfassungsbeschwerden der Städte ... und ... sind unzulässig; die
Verfassungsbeschwerden der übrigen Beschwerdeführer sind hingegen zulässig.
57
I.
58
Die Verfassungsbeschwerden sind gemäß Art. 75 Nr. 4 LV, § 52 Abs. 1 VerfGHG
statthaft. Braunkohlenpläne sind "Landesrecht" im Verständnis dieser Bestimmungen.
Hierfür gelten dieselben Erwägungen wie für Darstellungen in
Gebietsentwicklungsplänen (zu ihnen vgl. VerfGH NW, NWVBl. 1990, 51, 52; ferner
BVerfGE 76, 107, 114). Braunkohlenpläne sind nach dem Landesplanungsgesetz
Gebietsentwicklungspläne mit sachlich und räumlich begrenztem Gegenstand. Zielen
der Raumordnung und Landesplanung in Braunkohlenplänen kommt Außenwirkung zu.
Sie beschränken die kommunale Planungshoheit. Sie weisen insoweit normative
Elemente auf, als sie für alle Gemeinden sowie alle anderen öffentlichen
Planungsträger, welche durch die Lage des Abbauvorhabens betroffen sind, für eine
unbestimmte Vielzahl künftiger Planungsentscheidungen verbindlich sind (§ 5 Abs. 4
Satz 1 ROG; § 1 Abs. 4 BauGB; § 11, § 34 Abs. 4 LPlG). Insoweit sind sie hinreichend
abstrakt. In ihrer inhaltlichen Wirkung sind sie mit sonstigen baurechtlichen und
raumbezogenen Regelungen vergleichbar.
59
II.
60
Die Verfassungsbeschwerden der Städte ... und ... sind unzulässig, denn diese
Gemeinden können nicht geltend machen, durch die Ziele der Raumordnung und
Landesplanung in dem angegriffenen Braunkohlenplan selbst, gegenwärtig und
unmittelbar in ihren Rechten betroffen zu sein.
61
Selbst betroffen ist ein Beschwerdeführer, der unmittelbar rechtlich und nicht lediglich
mittelbar faktisch (reflexhaft) von der angegriffenen Rechtsnorm betroffen wird (vgl.
BVerfGE 78, 350, 354). Die Städte ... und ... werden allenfalls durch faktische
Auswirkungen eines künftigen Tagebaus berührt. Diese Auswirkungen knüpfen nicht
unmittelbar an den Braunkohlenplan an. Wenn sie eintreten, werden sie Folge derzeit
noch ausstehender anderer Entscheidungen sein, die sich nicht als Vollzugsakte des
streitigen Braunkohlenplans darstellen. Ihre normative Grundlage liegt vielmehr in
anderen Regelungswerken, dem Bundesberggesetz, dem Wasserhaushaltsgesetz und
dem Landeswassergesetz.
62
Rechtlich und damit selbst betroffen sind die Adressaten der Rechtsnorm, an die der
Gesetzesbefehl sich unmittelbar richtet. Dazu gehören die Städte ... und ... nicht. Der
Braunkohlenplan enthält keine Ziele der Raumordnung und Landesplanung, welche
diese Gemeinden kraft der rechtlichen Bindungswirkung des Braunkohlenplans bei
ihren eigenen Planungen zu beachten hätten.
63
Dies gilt zunächst für das Ziel der Raumordnung und Landesplanung, im Abbaubereich
habe die Gewinnung von Braunkohle grundsätzlich Vorrang vor anderen Nutzungs- und
64
habe die Gewinnung von Braunkohle grundsätzlich Vorrang vor anderen Nutzungs- und
Funktionsansprüchen (Ziel Kapitel 1.2). Rechtliche Vorgaben für die Bauleitplanung der
Städte ... und ... sind damit nicht formuliert. Sie können ihre Bauleitplanung vielmehr
nach eigenen Vorstellungen betreiben, ohne daran rechtlich durch den
landesplanerischen Vorrang des Braunkohlenabbaus gehindert zu sein. Sie liegen mit
ihrem Gemeindegebiet nicht in dem dargestellten Abbaubereich. Zwar kann die
Darstellung eines Abbauvorhabens in einem Braunkohlenplan auch benachbarte
Gemeinden selbst betreffen (zur Darstellung eines Deponiestandorts in einem
Gebietsentwicklungsplan vgl. VerfGH NW, NVwZ 1992, 874). Auch sie haben bei ihren
Planungen den Vorrang des Braunkohlenabbaus auf dem Gebiet der Nachbargemeinde
zu berücksichtigen. Sie haben alle eigenen Planungen zu unterlassen, welche geeignet
wären, die vorrangige Nutzung des Abbaugebiets für die Braunkohlengewinnung zu
unterlaufen. Ebenso haben sie etwa Planungen zu unterlassen, die mit einem
dargestellten Umsiedlungsstandort im Gebiet der Nachbargemeinde nicht vereinbar
wären. Ein derartiger Sachverhalt ist hier indes nicht gegeben. Die Stadt ..., erst recht
aber die Stadt ... liegen so weit von den dargestellten Umsiedlungsstandorten und dem
dargestellten Abbaugebiet entfernt, daß sie mit eigenen Bauleitplänen und deren
Verwirklichung nicht auf den Braunkohlenabbau und die Umsiedlungsstandorte
einwirken können. Eine sachgerechte Planung mag - hier wie auch sonst - tatsächliche
Entwicklungen in der weiteren Umgebung mit in den Blick nehmen müssen. Eine
rechtliche Betroffenheit und damit eine Beschwer als Voraussetzung für eine
kommunale Verfassungsbeschwerde vermittelt dies allein nicht.
Soweit der Braunkohlenplan Ziele der Raumordnung und Landesplanung für den
Sachbereich "Grundwassersümpfung" festlegt, sind Adressat dieser Ziele nicht die
Gemeinden als Selbstverwaltungsträger. Mit diesen Zielen wendet der Braunkohlenplan
sich an die (staatlichen) Behörden, welche für die Zulassung von
Sümpfungsmaßnahmen zuständig sind. Umgesetzt werden die Ziele der Raumordnung
und Landesplanung insoweit im Betriebsplanverfahren nach dem Bundesberggesetz,
namentlich aber in den wasserrechtlichen Verfahren, insbesondere durch Erteilung
wasserrechtlicher Erlaubnisse.
65
Zwar ist nicht in allen Fällen allein der Adressat einer Rechtsnorm von dieser im Sinne
einer Beschwerdebefugnis selbst betroffen. Vielmehr kann es auch derjenige sein, der
durch die angegriffene Norm formell im Sinne einer Reflexwirkung betroffen ist, sofern
sich die Norm nach ihrer Bedeutung und Zielrichtung auch an ihn wendet (vgl. BVerfGE
6, 273, 277 f.; BVerfGE 13, 230, 232 f.; BVerfGE 50, 290, 320 f.; BVerfGE 53, 1, 14 f.;
BVerfGE 78, 350, 354 f.). Erfaßt werden hierdurch aber nur die Fälle, in denen der
Gesetzgeber einen Sachverhalt regelt, an dem mehrere beteiligt sind, und er dabei
rechtstechnisch nur an ein Sachverhaltselement anknüpft. Darum geht es hier nicht. Die
Ziele der Raumordnung und Landesplanung, mit denen landesplanerische Vorgaben für
die Einwirkung auf den Wasserhaushalt gemacht werden, wenden sich nach Bedeutung
und Ziel nicht ebenso an die Gemeinden als Selbstverwaltungsträger wie an die
unmittelbaren Adressaten, nämlich Bergbehörden und Wasserbehörden.
66
Unerheblich ist, daß im Braunkohlenausschuß und in seinen Unterausschüssen als
Vertreter der "jeweils betroffenen Gemeinden" auch Vertreter solcher Gemeinden
mitwirken können, deren Gemeindegebiet durch Sümpfungsmaßnahmen beeinflußt wird
(§ 25 Abs. 3, § 29 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LPlG). Der Gesetzgeber kann für das
Aufstellungsverfahren den Kreis der "Betroffenen" über die durch die abschließende
Entscheidung rechtlich Betroffenen hinaus auf die nur faktisch in ihren Belangen
Betroffenen erstrecken.
67
Der Braunkohlenplan enthält über die einzelnen Ziele der Raumordnung und
Landesplanung hinaus keine Regelung des Inhalts, daß der Braunkohlenabbau und
damit zusammenhängende Maßnahmen, wie die Sümpfung von Grundwasser
zugelassen werden. Lediglich einer solchen Zulassungsentscheidung könnte
spiegelbildlich eine rechtliche Pflicht von Drittbetroffenen entsprechen, die mit dem
zugelassenen Abbau oder den zugelassenen begleitenden Maßnahmen verbundenen
Einwirkungen hinzunehmen. Diese Wirkung kommt erst den Entscheidungen zu, die
den Braunkohlenabbau selbst zulassen (bergrechtliche Zulassung von Betriebsplänen)
oder Sümpfungsmaßnahmen erlauben (wasserrechtliche Erlaubnisse).
68
III.
69
1.
hingegen zulässig, denn diese Beschwerdeführer sind durch die Ziele der
Raumordnung und Landesplanung selbst betroffen. Das zeichnerisch dargestellte
Abbaugebiet liegt auf ihrem Gemeinde- bzw. Kreisgebiet. Als Träger der Bauleitplanung
oder als Träger der Landschaftsplanung haben sie bei ihren Planungen den Vorrang
des Braunkohlenabbaus vor konkurrierenden Nutzungen zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 4
BauGB, § 16 Abs. 2 Satz 1 LG NW).
70
2.
Braunkohlenplan in ihrem verfassungsgeschützten Selbstverwaltungsrecht betroffen zu
sein. Dem Schutzbereich der kommunalen Selbstverwaltung ist als Teil der
kommunalen Planungshoheit nicht nur die Bauleitplanung zuzuordnen, sondern auch
die Landschaftsplanung. Der Schutz von Natur und Landschaft ist zwar eine auch
staatliche Aufgabe. Die Landschaftsplanung nehmen die Kreise und kreisfreien Städte
aber als Selbstverwaltungsangelegenheit wahr (vgl. Schink, Naturschutz und
Landschaftspflegerecht Nordrhein-Westfalen, S. 247 f.). Sie werden dabei nicht in ihrer
Eigenschaft als untere Landschaftsbehörde und damit nicht als
Sonderordnungsbehörde tätig (vgl. § 8 Abs. 1 und 2 LG NW). Das Landschaftsgesetz
unterscheidet zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten als unterer
Landschaftsbehörde und den damit zusammenhängenden Aufgaben einerseits sowie
der Aufstellung des Landschaftsplans andererseits, die § 16 Abs. 2 Satz 1 LG NW ihnen
als ausdrücklich so bezeichneten Trägern der Landschaftsplanung zuweist. Als
Regelungsinstrument sieht das Landschaftsgesetz für den Landschaftsplan die Satzung
vor und damit das Instrument, mit dem die Selbstverwaltungskörperschaften
typischerweise ihre Selbstverwaltungsangelegenheiten regeln. Inhaltlich kann der
Träger der Landschaftsplanung im Rahmen der landschaftlichen und der gesetzlichen
Vorgaben einen gestaltenden Einfluß auf die künftige Entwicklung des (baurechtlichen)
Außenbereichs im Kreis oder der kreisfreien Stadt nehmen, mag die Aufstellung von
Landschaftsplänen in ihrer Struktur auch nicht ohne weiteres mit einer
Fachplanungsentscheidung vergleichbar sein (BVerwG, BRS 48 Nr. 203).
71
3.
aufgrund dessen eine Verletzung ihres Rechts auf Selbstverwaltung möglich ist (vgl.
VerfGH NW, NWVBl. 1992, 242). Die Stadt ... und die Gemeinde ... werden von dem
Abbaugebiet großflächig in Anspruch genommen. Insoweit kommt es nicht mehr darauf
an, welche konkreten Planungen sie dort im einzelnen verfolgen. Ähnliches gilt für den
Kreis ...; seiner Landschaftsplanung wird ein weiter Raum entzogen, für den er einen
Landschaftsplan rechtskräftig aufgestellt hat.
72
Die Möglichkeit einer Verletzung der verfassungsrechtlich gewährleisteten
Planungshoheit ist auch bei der Stadt ... nicht von vornherein ausgeschlossen. Der
Braunkohlenplan nimmt zwar nur einen kleinen Teil ihres Gemeindegebiets in
Anspruch. An einer hinreichend konkreten Bauleitplanung fehlt es insoweit. Sie hat in
ihrem Flächennutzungsplan dort eine Fläche für die Landwirtschaft dargestellt. Als
Trägerin der Landschaftsplanung kann sie aber auf ein festgesetztes
Landschaftsschutzgebiet verweisen. Diese Planung war bei Aufstellung des
Braunkohlenplans hinreichend konkretisiert (Aufstellungsbeschluß 21. Mai 1981;
Offenlegung des Landschaftsplans: 18. Juni bis 30. Juli 1990 und 22. März bis 21. April
1993).
73
C.
74
Die zulässigen Verfassungsbeschwerden sind unbegründet. Der angegriffene
Braunkohlenplan verletzt mit den in ihm festgelegten Zielen der Raumordnung und
Landesplanung nicht das Recht der Gemeinde ..., der Städte ... und ... sowie des Kreises
... Selbstverwaltung aus Art. 78 Abs. 1 und 2 LV (Art. 28 Abs. 2 GG).
75
I.
76
Art. 78 Abs. 1 LV gewährleistet ebenso wie Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden und den
Kreisen als Gemeindeverbänden das Recht der Selbstverwaltung.
77
1.
der Geschäfte, bei den Gemeinden in grundsätzlich allen Angelegenheiten der örtlichen
Gemeinschaft, bei den Kreisen grundsätzlich in allen auf das Kreisgebiet beschränkten
überörtlichen Angelegenheiten (vgl. VerfGH NW, NWVBl. 1996, 426, 427; NWVBl.
1995, 126, 128 m. w. N.).
78
Zur Selbstverwaltung gehört die Planungshoheit. Sie bedeutet für die Gemeinden die
Befugnis, im Rahmen ihrer Bauleitplanung die künftige Entwicklung des
Gemeindegebiets grundsätzlich nach eigenen Vorstellungen zu steuern und zu
gestalten. Für die Kreise und kreisfreien Städte bedeutet sie bezogen auf ihr jeweiliges
Gebiet die entsprechende Befugnis im Rahmen der Landschaftsplanung.
79
Der angegriffene Braunkohlenplan beschränkt mit seinen Zielen der Raumordnung und
Landesplanung diese planerischen Möglichkeiten der Beschwerdeführer.
80
2.
Abs. 2 LV; Art. 28 Abs. 2 GG). In den Bereich der Selbstverwaltung kann gemäß Art. 78
Abs. 2 LV (Art. 28 Abs. 2 GG) aufgrund von Gesetzen eingegriffen werden.
81
Derartigen Eingriffen sind Grenzen gesetzt. Sie dürfen den Kernbereich der
Selbstverwaltungsgarantie nicht antasten. Außerhalb des Kernbereichs hat der
Gesetzgeber das verfassungsrechtliche Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich der
Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zugunsten der Gemeinden und hinsichtlich
der auf das Kreisgebiet beschränkten überörtlichen Aufgaben zugunsten der Kreise
sowie das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Willkürverbot zu beachten (VerfGH NW,
NWVBl. 1996, 426, 427 m. w. N.).
82
Gesetze im Sinne des Art. 78 Abs. 2 LV (Art. 28 Abs. 2 GG) sind nicht nur förmliche
Gesetze, sondern auch untergesetzliche Rechtsnormen, sofern sie auf einer
hinreichenden Ermächtigungsgrundlage beruhen. Greift eine untergesetzliche Norm in
die Selbstverwaltung ein, so muß auch die ermächtigende gesetzliche Norm selbst mit
Art. 78 LV vereinbar sein. Die verfassungsgerichtliche Prüfung, ob die untergesetzliche
Norm mit Art. 78 LV vereinbar ist, umfaßt außerdem die Frage, ob diese
untergesetzliche Norm den allgemeinen gesetzlichen Ermächtigungsrahmen einhält
(VerfGH NW, NWVBl. 1995, 126, 128 m. w. N.).
83
II.
84
Die Aufstellung und Genehmigung des Braunkohlenplans Garzweiler II und die darin
festgelegten Ziele der Raumordnung und Landesplanung haben eine
verfassungsgemäße Ermächtigungsgrundlage in § 24 Abs. 1 LPlG i. V. m. § 34 Abs. 1
LPlG.
85
1.
aus, um Ziele der Raumordnung und Landesplanung für ein Abbauvorhaben wie
Garzweiler II festzulegen. Die landesplanerische Ordnung des Braunkohlentagebaus
durch Aufstellung und Genehmigung von Braunkohlenplänen gehört zu den
wesentlichen Fragen, die aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes nicht am Parlament
vorbei entschieden werden dürfen. Die in diesem Sinne wesentlichen Fragen der
Landesplanung des Braunkohlenabbaus hat der Landtag durch das
Landesplanungsgesetz geregelt. In Anbetracht der eingehenden Regelung des
Braunkohlenabbaus im Landesplanungsgesetz muß der Landtag weder über das "Ob"
eines konkreten Tagebaus noch über dessen Standort oder räumliche Ausdehnung
durch einen zusätzlichen Gesetzgebungsakt entscheiden (VerfGH NW, Urteil vom 29.
April 1997 - VerfGH 9/95 -).
86
2.
bestimmt (so für die vergleichbare Ermächtigungsgrundlage zur Aufstellung von
Gebietsentwicklungsplänen in § 14 Abs. 1 LPlG: VerfGH NW, NWVBl. 1990, 51, 52).
Deshalb kann offenbleiben, ob Art. 70 Abs. 2 LV auf die Ermächtigung zur Aufstellung
von Braunkohlenplänen unmittelbar oder entsprechend anwendbar ist.
87
a)
Braunkohlenplänen verwirklicht werden soll. Braunkohlenpläne sollen nach § 24 Abs. 1
LPlG im Braunkohlenplangebiet Ziele der Raumordnung und Landesplanung festlegen,
soweit es für eine geordnete Braunkohlenplanung erforderlich ist. Sie sind dabei an den
Erfordernissen einer langfristigen Energieversorgung auf der Grundlage des
Landesentwicklungsprogramms auszurichten und haben die sozialen Belange der vom
Braunkohlentagebau Betroffenen sowie die Erfordernisse des Umweltschutzes
angemessen zu berücksichtigen (vgl. § 34 Abs. 2 LPlG). Dieses Programm und damit
Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung werden in § 18, § 26 Abs. 2 und § 32 Abs.
3 LEPro gesetzlich weiter konkretisiert. Diese Vorschriften bestimmen als Grundsätze
und allgemeine Ziele der Raumordnung und Landesplanung eine vorsorgende
Sicherung von Rohstofflagerstätten (§ 18 LEPro), den vorrangigen Einsatz
einheimischer Energieträger (§ 26 Abs. 2 LEPro) sowie das Gebot, bei oberirdischen
Erdaufschlüssen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, der
Grundwasserverhältnisse und des Klimas soweit wie möglich zu vermeiden (§ 32 Abs. 3
88
LEPro).
b)
Braunkohlenplanung rügen, kann offenbleiben, ob diese Vorschriften unmittelbar auf die
kommunale Selbstverwaltung einwirken und in untrennbarem Zusammenhang mit der
Ermächtigungsgrundlage selbst stehen. Auch diese Vorschriften sind jedenfalls
hinreichend bestimmt.
89
§ 34 LPlG läßt sich ohne weiteres der Umfang entnehmen, in dem die
Landesplanungsbehörde einen Braunkohlenplan zu überprüfen hat. Er unterliegt
zunächst einer Rechtskontrolle, wie sie mit dem Erfordernis jeder Genehmigung gewollt
ist. Der Braunkohlenplan unterliegt darüber hinaus einer Fachaufsicht der
Landesplanungsbehörde. Die Ermächtigung hierzu und ihre Grenzen ergeben sich aus
§ 34 Abs. 2 LPlG.
90
Die Bindungswirkung der Braunkohlenpläne ist in § 34 Abs. 4 Satz 1 LPlG hinreichend
bestimmt und ohne Widerspruch zu § 24 Abs. 1 LPlG geregelt. Braunkohlenpläne
bestehen aus einer textlichen und zeichnerischen Darstellung von Zielen der
Raumordnung und Landesplanung (§ 24 Abs. 1 und Abs. 2 LPlG). Diese werden mit der
Bekanntmachung der Genehmigung verbindlich. Der Erläuterungsbericht nimmt an der
Bindungswirkung nicht teil. Er ist nach § 24 Abs. 4 Satz 3 LPlG dem Braunkohlenplan
(nur) beizufügen.
91
Ebenfalls hinreichend bestimmt regelt § 35 LPlG die Voraussetzungen, unter denen ein
Braunkohlenplan geändert werden muß. Die dabei verwendeten Begriffe
"Grundannahmen" und "wesentlich" sind zwar auslegungsbedürftig, aber mit den
herkömmlichen Mitteln juristischer Interpretation auslegungsfähig. Die Sicherung der
gemeindlichen Selbstverwaltung gebietet nicht, daß der Braunkohlenausschuß jederzeit
aufgrund veränderter Wertmaßstäbe auf einen aufgestellten und genehmigten
Braunkohlenplan zugreifen kann.
92
3.
gemeindliche Selbstverwaltung aus Art. 78 Abs. 1 und Abs. 2 LV.
93
a)
Planungshoheit zuzurechnen ist. Art. 78 Abs. 1 LV garantiert ebenso wie Art. 28 Abs. 2
Satz 1 GG die kommunale Selbstverwaltung als Einrichtung. Diese
Verfassungsbestimmung gewährleistet den Wirkungskreis der Gemeinden in ihrem
Kernbereich nur institutionell, nicht ohne weiteres auch individuell. Deshalb sind
Gesetze nicht verfassungsrechtlich unzulässig, die bei ihrer Anwendung lediglich
einzelnen Gemeinden bestimmte Selbstverwaltungsrechte teilweise entziehen. Ein
allgemeiner Eingriff in die kommunale Planungshoheit ist möglicherweise anders zu
beurteilen. Er liegt jedoch nicht vor, wenn ein Gesetz den untergesetzlichen Normgeber
nur ausnahmsweise zu Einschränkungen der Planungshoheit einzelner Gemeinden in
räumlich klar abgegrenzten Gebieten ermächtigt (vgl. BVerfGE 56, 298, 313; BVerfGE
76, 107, 119; VerfGH NW, NWVBl. 1990, 51, 52). Die Befugnis zur Braunkohlenplanung
ermächtigt nur zu konkreten Eingriffen in die Planungshoheit einzelner Gemeinden.
94
b)
Selbstverwaltung nicht gegen Art. 78 LV. Die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie
95
erlaubt eine Einschränkung der Planungshoheit einzelner Gemeinden, wenn und soweit
diese durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gefordert wird (vgl. BVerfGE
76, 107, 119 f.; VerfGH NW, NWVBl. 1990, 51, 52). Die Ermächtigung zur
Braunkohlenplanung genügt diesen Anforderungen. Sie dient dem überörtlichen
Interesse an der Gewinnung einheimischer Bodenschätze und damit der mittel- und
langfristigen Sicherung der Energieversorgung. Die Sicherung der Energieversorgung
ist ein Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges (BVerfGE 30, 292, 323 f.). Soll
überörtliche Planung ihre Ziele sinnvoll verfolgen, muß sie notwendig die
Planungshoheit der betroffenen Gemeinden einschränken. Die Notwendigkeit einer
übergeordneten Planung mit der Möglichkeit, die Planabsichten der kleinräumigen
Planungsträger zu koordinieren und mit Anspruch auf Verbindlichkeit im Interesse des
Gemeinwohls der Region oder des Landes zu korrigieren, ist rechtlich anzuerkennen
(VerfGH NW, NWVBl. 1990, 51, 52 f.). Diese Notwendigkeit ließe sich nicht realisieren,
wenn der Braunkohlenausschuß an Bedenken und Anregungen der betroffenen
Gemeinden gebunden wäre und sich nicht über sie hinwegsetzen könnte. Das gilt auch,
soweit der Braunkohlenplan Ziele der Raumordnung und Landesplanung für die
Rekultivierung des in Anspruch genommenen Geländes festlegt. Diese Ziele erfordern
ebenfalls eine Koordination von Belangen, die über das Gebiet der einzelnen Gemeinde
hinaus wirken. Beispielsweise sind Belange der Wasserwirtschaft, sowie der Land- und
Forstwirtschaft, aber auch Freiraumfunktionen zu berücksichtigen.
c)
der Braunkohlenplanung. Ausfluß der Selbstverwaltungsgarantie wie des
Rechtsstaatsgebots ist die Pflicht, den für die beabsichtigte Planung erheblichen
Sachverhalt zutreffend und vollständig zu ermitteln und die individuell betroffene
Gemeinde anzuhören (vgl. BVerfGE 76, 107, 122). Die gesetzlichen Vorschriften über
die Braunkohlenplanung verkürzen das Anhörungsrecht der Gemeinden nicht deshalb,
weil sie die Prüfung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens in das
Braunkohlenplanverfahren vorverlagern (§ 24 Abs. 3 LPlG). Zwar wird im
bergrechtlichen Betriebsplanverfahren auf eine (erneute) Prüfung der
Umweltverträglichkeit und damit auf eine Beteiligung der Gemeinden insoweit
verzichtet, wenn das Vorhaben Gegenstand eines landesplanerischen Verfahrens mit
Umweltverträglichkeitsprüfung gewesen ist (§ 52 Abs. 2 b Satz 2 i. V. m. § 54 Abs. 2
Satz 3 BBergG). Wenn überhaupt wird dadurch die Beteiligung der Gemeinden im
Betriebsplanverfahren verkürzt, nicht jedoch im Braunkohlenplanverfahren. Die geltend
gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken können sich allenfalls gegen das
Bundesberggesetz richten. Im übrigen liegt insoweit kein Verstoß gegen höherrangiges
Bundesrecht vor. Genügt die Umweltverträglichkeitsprüfung nach den Vorschriften des
Landesplanungsgesetzes nicht den Anforderungen, die das Bundesberggesetz an eine
solche stellt, hat dies allenfalls zur Folge, daß eine Umweltverträglichkeitsprüfung im
bergrechtlichen Betriebsplanverfahren stattzufinden hat (§ 52 Abs. 2 b Satz 2 BBergG).
96
4.
Verfassungsbestimmungen und Verfassungsgrundsätze, die nach ihrem Inhalt das
verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet sind.
97
Zu diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen gehört das Demokratieprinzip (VerfGH
NW, OVGE 39, 292, 293). Die Ermächtigungsgrundlage für die Braunkohlenplanung
verletzt das Demokratieprinzip nicht. Die Aufstellung des Braunkohlenplans ist mit dem
Braunkohlenausschuß einer hierfür demokratisch legitimierten Einrichtung übertragen.
98
a)
Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG). Organe und Amtswalter bedürfen zur Ausübung von
Staatsgewalt einer Legitimation, die - als eine demokratische - auf die Gesamtheit der
Staatsbürger, das Volk, zurückgeht. Als Ausübung von Staatsgewalt, die demokratischer
Legitimation bedarf, stellt sich jedenfalls alles amtliche Handeln mit
Entscheidungscharakter dar. Notwendig sind eine personelle Legitimation des
Amtswalters und eine sachlich-inhaltliche Legitimation seines Handelns. Personelle
Legitimation besitzt ein Amtswalter dann, wenn er verfassungsgemäß sein Amt
entweder im Wege einer Wahl durch das Volk oder durch das Parlament oder dadurch
erhalten hat, daß er durch einen seinerseits personell legitimierten Amtsträger, der dabei
unter Verantwortung gegenüber dem Parlament handelt, oder mit seiner Zustimmung
bestellt worden ist (ununterbrochene Legitimationskette). Der demokratische
Legitimationszusammen-hang, den eine ununterbrochene Legitimationskette für einen
Amtswalter begründet, bezieht sich jeweils auf das im Wege solcher Legitimation
verliehene Amt; sie geht nicht darüber hinaus. Tätigkeiten, die von den Aufgaben des
übertragenen Amtes nicht umfaßt werden, sind nicht mitlegitimiert. Sachlich-inhaltlich
wird der ununterbrochene Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher
Herrschaft vor allem durch die Wahl des Parlaments, durch die von ihm beschlossenen
Gesetze als Maßstab für das Handeln des einzelnen Amtswalters, durch den
parlamentarischen Einfluß auf die Politik der Regierung sowie durch die grundsätzliche
Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung hergestellt, durch die
die Regierung in die Lage versetzt wird, die Sachverantwortung für das Handeln des
einzelnen Amtswalters gegenüber Volk und Parlament zu übernehmen (vgl. BVerfGE
93, 37, 66 ff.; BVerfGE 83, 60, 71 ff.; BVerfGE 47, 253, 275 f.; VerfGH NW, OVGE 39,
292, 293 ff.).
99
b)
und einer sachlichen Legitimation seines Handelns. Er übt Staatsgewalt aus. Die
Aufstellung eines Braunkohlenplans stellt sich als amtliches Handeln mit
Entscheidungscharakter dar. Der Braunkohlenausschuß entscheidet über die
Aufstellung des Braunkohlenplans (so § 33 Abs. 5 Satz 1 LPlG). Er legt dadurch die
Ziele der Raumordnung und Landesplanung für eine geordnete Braunkohlenplanung in
dem betroffenen Abbaugebiet fest, auch wenn diese Ziele erst mit der Genehmigung der
Landesplanungsbehörde verbindlich werden. Die Genehmigung bezieht sich auf den
Braunkohlenplan, den der Braunkohlenausschuß aufgestellt hat. Die
Landesplanungsbehörde kann den Braunkohlenplan nicht selbst ändern. Sie kann die
Genehmigung eines Plans verweigern, wenn sie diesen für rechtlich fehlerhaft hält oder
aus ihrer fachlichen Sicht die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 34 Abs. 2
LPlG nicht gegeben sind. Es bleibt dann Sache des Braunkohlenausschusses, den
Gründen der Landesplanungsbehörde Rechnung zu tragen und einen geänderten
Braunkohlenplan aufzustellen.
100
c)
101
Soweit sie der Kommunalen Bank angehören, werden sie gemäß § 26 Abs. 2 LPlG von
den Vertretungen der Kreise und kreisfreien Städte gewählt. Auch den Gemeinden und
Kreisen ordnet Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG ein "Volk" zu, das demokratische Legitimation
vermitteln kann (vgl. BVerfGE 83, 60, 75). Die von diesem Volk gewählten Vertretungen
sind ihrerseits in der Lage, durch ihre Wahl den Mitgliedern der Kommunalen Bank
personelle Legitimation zu verschaffen.
102
Die Regionale Bank setzt sich aus stimmberechtigten Mitgliedern der
Bezirksplanungsräte der Regierungsbezirke ... und ... zusammen. Die Mitgliedschaft im
Bezirksplanungsrat vermittelt bereits für sich eine hinreichende personelle Legitimation
für die Mitwirkung im Braunkohlenausschuß. Er wird gemäß § 26 Abs. 1 LPlG als
Sonderausschuß des Bezirksplanungsrats des Regierungsbezirks ... errichtet.
Braunkohlenplanung ist räumlich und gegenständlich begrenzte
Gebietsentwicklungsplanung, die ihrerseits Aufgabe der Bezirksplanungsräte ist. Die
amtliche Tätigkeit in einem Bezirksplanungsrat umfaßt eine Tätigkeit in einem
Sonderausschuß, der Gebietsentwicklungsplanung betreibt. Nach der gesetzlichen
Konstruktion gehört zur Mitgliedschaft in einem der betroffenen Bezirksplanungsräte von
vornherein die Möglichkeit, in dieser amtlichen Eigenschaft in den
Braunkohlenausschuß entsandt zu werden. Das Mitglied des Bezirksplanungsrats wird
insoweit nicht persönlich außerhalb seines Amtes tätig. Das unterscheidet ihn von
einem Mitglied der Einigungsstelle, das von einer Personalvertretung bestellt wird und
der Einigungsstelle nicht kraft seines ihm sonst übertragenen Amtes, sondern als
Beschäftigter der Dienststelle angehört (vgl. hierzu BVerfGE 93, 37 ff.). Die Mitglieder
des Bezirksplanungsrats sind für eine Tätigkeit in diesem zumindest überwiegend
hinreichend personell legitimiert. Sie werden zu drei Vierteln durch die Vertretungen der
kreisfreien Städte und Kreise gewählt (§ 5 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 LPlG).
103
Schon damit ist eine Mehrheit der Mitglieder des Braunkohlenausschusses hinreichend
demokratisch legitimiert. Diese können im Konfliktfall ihre Auffassung durchsetzen. Bei
Kollegialorganen ist eine ausreichende demokratische Legitimation gegeben, wenn so
viele Mitglieder über eine individuelle demokratische Legitimation verfügen, daß
dadurch die Entscheidung des Organs als solche ihre demokratische Legitimation
erhält.
104
Demokratisch legitimiert sind die Mitglieder der Regionalen Bank darüber hinaus durch
den konkreten Akt ihrer Berufung. Sie werden zwar nach Listen berufen, welche die
jeweils zuständige Leitung der Partei oder Wählergruppe aufgestellt und eingereicht hat
(§ 27 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 LPlG); diese besitzt selbst keine demokratische
Legitimation für die Ausübung von Staatsgewalt. Die notwendige personelle
Legitimation erfahren die Mitglieder der Regionalen Bank aber dadurch, daß die Listen
von der Bezirksregierung bestätigt werden (§ 27 Abs. 6 Satz 2 LPlG). Die für sie
handelnden Amtswalter sind ihrerseits demokratisch legitimiert. Die Bezirksregierung
muß den Vorschlag billigen und sich zu eigen machen. Das ist für eine demokratische
Legitimierung einerseits erforderlich, andererseits aber auch ausreichend (vgl. BVerfGE
38, 258, 275). Die Bezirksregierung ist bei ihrer Bestätigung nicht an den Vorschlag
gebunden, sondern hat eine umfassende Entscheidungsbefugnis. Der Begriff
"bestätigen" in § 27 Abs. 6 LPlG ist für eine solche Auslegung offen. Nach der
Gesetzesgeschichte ist sie gewollt. Der erkennbare Wille des Gesetzgebers war darauf
gerichtet, die von ihm eingeführte Bestätigung der Listen in einer Weise inhaltlich
auszugestalten, welche die demokratische Legitimation der so berufenen Mitglieder des
Braunkohlenausschusses sicherstellt. Er hat die Bestätigung der eingereichten Listen
hier wie auch bei den Mitgliedern des Bezirksplanungsrates (vgl. dort § 5 Abs. 9 LPlG)
eingeführt, um die notwendige demokratische Legitimation für jedes einzelne
stimmberechtigte Mitglied des Bezirksplanungsrats außer Zweifel zu stellen; zu diesem
Zweck umfaßt nach der Begründung des Gesetzentwurfs die Bestätigung der
eingereichten Listen durch die Landesplanungsbehörde deren uneingeschränktes
Entscheidungsrecht. Entsprechendes sollte für die Bestätigung der Mitglieder des
Braunkohlenausschusses gelten (Landtag NW Drucksache 8/4700, S. 28 und 33).
105
Aus denselben Gründen sind auch die Mitglieder der Funktionalen Bank hinreichend
personell legitimiert. Sie werden durch den Bezirksplanungsrat des Regierungsbezirks
... bestätigt, der seinerseits - wie ausgeführt - hinreichend personell legitimiert ist.
106
d)
demokratisch legitimiert. Seine Mitglieder sind zwar nicht an Weisungen der
Landesplanungsbehörde oder der Bezirksregierung gebunden. Sie üben ihre Tätigkeit
aber in Bindung an das Gesetz aus (§ 38 LPlG i. V. m. § 10 Abs. 1 LPlG). Namentlich
sind sie nicht an Aufträge einer Stelle gebunden, die außerhalb parlamentarischer
Verantwortung steht, etwa der Parteien, Wählergruppen, Organisationen oder Stellen,
die sie für ihre Tätigkeit vorgeschlagen haben (vgl. ebenfalls § 38 LPlG i. V. m. § 10 Abs.
1 LPlG). Die Gesetzesbindung des Braunkohlenausschusses wird durch die
Genehmigung des Braunkohlenplans sichergestellt. Diese Rechtskontrolle wird durch
die Landesplanungsbehörde ausgeübt. Der hierfür zuständige Minister ist seinerseits
dem Parlament verantwortlich. Der Braunkohlenplan unterliegt darüber hinaus im
Rahmen des § 34 Abs. 2 LPlG seiner Fachaufsicht. Er kann danach die
parlamentarische Verantwortung für die Tätigkeit des Braunkohlenausschusses
übernehmen.
107
5.
Weise mit höherrangigem Bundesrecht unvereinbar, die zu einer Verletzung der
Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Selbstverwaltung führt. Der in diesem
Zusammenhang angesprochene § 34 Abs. 5 LPlG berührt das Selbstverwaltungsrecht
der Gemeinden nicht. Die Vorschrift könnte allenfalls auf die Rechtsposition des
Bergbautreibenden in einer Weise Einfluß nehmen, die mit vorrangigem Bundesrecht
(Bundesberggesetz) nicht vereinbar ist. Sie verlangt, seine Betriebspläne seien mit den
Braunkohlenplänen in Einklang zu bringen. § 34 Abs. 5 LPlG gehört darüber hinaus
nicht zu den Vorschriften, mit deren Wirksamkeit die Ermächtigungsgrundlage selbst
gleichsam steht und fällt. Die Braunkohlenplanung bliebe auch dann ein sinnvolles
landesplanerisches Instrument, wenn Braunkohlenpläne nicht in der Weise auf
bergrechtliche Betriebspläne einwirkten, wie dies für die Annahme eines Verstoßes
gegen vorrangiges Bundesrecht vorauszusetzen wäre (vgl. hierzu insbesondere Hoppe,
DVBl. 1982, 100 ff.).
108
III.
109
Der angegriffene Braunkohlenplan ist mit den einfach-rechtlichen Vorgaben des
Landesplanungsgesetzes vereinbar, soweit dies auf eine kommunale
Verfassungsbeschwerde hin vom Verfassungsgerichtshof nachgeprüft werden kann.
110
Ob die einfach-rechtlichen Vorgaben der Ermächtigungsnorm eingehalten sind, kann
verfassungsgerichtlich nur für solche Normen überprüft werden, die selbst Ausprägung
der Selbstverwaltungsgarantie sind oder deren Schutzbereich für den untergesetzlichen
Normgeber verdeutlichen. Dasselbe gilt für einfachrechtliche Vorgaben, die Ausfluß
anderer Verfassungsgrundsätze sind, die ihrerseits das Bild der Selbstverwaltung mit
prägen oder doch unmittelbar Auswirkungen auf diese Verfassungsgrundsätze haben.
Hierzu zählen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Demokratieprinzip und das
Willkürverbot (vgl. M. Dietlein, NWVBl. 1992, 1 ff.).
111
1.
112
denen Bedeutung für die kommunale Selbstverwaltung zukommt.
a)
NWVBl. 1990, 51, 54).
113
Die Bezirksplanungsbehörde ... hat die Anhörung (auch) der betroffenen Gemeinden bei
der Erörterung von Bedenken und Anregungen nicht unangemessen verkürzt. Es war
nach dem Verlauf des Erörterungstermins sachgerecht, Redebeiträge auf drei Minuten
und auf eine konkrete Frage oder Feststellung zu begrenzen, die das gerade zu
behandelnde Thema betraf. Nur die sehr gestraffte Form der Diskussion konnte es allen
Einwendern ermöglichen, ihre Rechte in gleicher Weise wahrzunehmen.
114
Zwar sind den Gemeinden erst nach Auslegung des Planentwurfs, aber noch vor dem
Erörterungstermin vom 7. bis 24. März 1994 weitere Unterlagen übersandt worden. Ob
auch sie öffentlich auszulegen waren, kann offenbleiben. Jedenfalls hatten die
Gemeinden ausreichend Zeit, allfällige Anregungen und Bedenken zu den ergänzten
Unterlagen bis zu dem gesonderten Erörterungstermin mit ihnen vom 15. bis 22. August
1994 vorzubringen.
115
b)
das Braunkohlenplanverfahren sei nach den Leitentscheidungen der Landesregierung
vom September 1991 nur noch für ein verkleinertes Vorhaben fortgesetzt worden, ohne
daß der Bergbautreibende den Braunkohlenausschuß gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 LPlG
über ein solches Vorhaben unterrichtet hätte. Der Vorwurf ist zudem in der Sache
unberechtigt. Die Unterrichtung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 LPlG steht im Zusammenhang
mit der Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Angaben der Rheinbraun AG zur
Umweltverträglichkeit des Vorhabens enthalten eine Projektbeschreibung; sie
beschränkt sich unter ausdrücklichem Hinweis auf die Leitentscheidungen der
Landesregierung auf das verkleinerte Abbauvorhaben, das die Rheinbraun AG sich
damit zu eigen gemacht hat.
116
c)
deckungsgleich. Die insoweit geltend gemachten Bedenken gegen die Wirksamkeit des
Braunkohlenplans sind nicht gerechtfertigt. Der Braunkohlenausschuß hat in seiner
Sitzung vom 12. Juni 1995 beschlossen, die mit der Genehmigung gegebenen
Hinweise der Landesplanungsbehörde zu berücksichtigen. Die dabei vorgenommenen
Änderungen sind lediglich redaktioneller Art.
117
d)
Verletzung von Gemeinden in ihrem Recht auf Selbstverwaltung führen könnten.
118
Die textliche und zeichnerische Darstellung der Ziele der Raumordnung und
Landesplanung ist von dem Erläuterungsbericht getrennt, die Reichweite der
Bindungswirkung damit kenntlich. Zwar folgt kein geschlossener Erläuterungsbericht auf
eine geschlossene textliche Darstellung. Vielmehr ist jeder textlichen Darstellung eines
Ziels der Raumordnung und Landesplanung sofort der darauf bezogene Abschnitt des
Erläuterungsberichts zugeordnet. Beide sind aber durch Überschriften und
unterschiedliche Druckarten deutlich von einander abgesetzt. Ausgeschlossen und
damit willkürlich ist ein solches Vorgehen nach dem Wortlaut der einschlägigen
Vorschriften nicht.
119
Die Erläuterungen der Ziele der Raumordnung und Landesplanung genügen inhaltlich
der Funktion eines Erläuterungsberichts. Es mag eine zusammenfassende Begründung
des Für und Wider eines Braunkohlenabbaus Garzweiler II fehlen. Der Braunkohlenplan
legt in Kapitel 1.2 als Ziel der Raumordnung und Landesplanung den Vorrang der
Gewinnung von Braunkohle im Abbaubereich vor anderen Nutzungs- und
Funktionsansprüchen fest. Die Erläuterung zu diesem Ziel spricht die wesentlichen
Punkte knapp an, die für den erfaßten Bereich einen Vorrang des Braunkohlenabbaus
rechtfertigen sollen. Ebenso knapp angesprochen sind die Gründe, aus denen der
Braunkohlenausschuß die wasserwirtschaftlichen Bedenken gegen einen Abbau
hintangestellt hat. Dies ist in den hierauf bezogenen folgenden Kapiteln zusätzlich
erläutert. Weitere Anforderungen formeller Art sind an die Begründung von Verfassungs
wegen nicht zu stellen.
120
2.
der Verfassungsgerichtshof nachzugehen hat.
121
a)
ihm verfolgte Ziel steht mit dem Ermächtigungszweck in § 18, § 26 Abs. 2 LEPro im
Einklang. Danach sind Lagerstätten einheimischer Bodenschätze für einen Abbau
landesplanerisch zu sichern.
122
Offenbleiben kann, ob zum allgemeinen Ermächtigungsrahmen gleichsam räumlich
auch § 25 Abs. 1 LPlG gehört und ob das Braunkohlenplangebiet in der Vierten
Durchführungsverordnung den gesetzlichen Vorgaben entsprechend abgegrenzt ist.
Jedenfalls die beschwerdeführenden Gemeinden liegen nach der Vierten
Durchführungsverordnung zum Landesplanungsgesetz im Braunkohlenplangebiet, der
Kreis ... mit nahezu sämtlichen kreisangehörigen Gemeinden. Für das Gebiet der
Beschwerdeführer besteht mithin eine hinreichende Ermächtigung zur
Braunkohlenplanung.
123
b)
Beschwerdeführer ein. Er entzieht zwar mit dem dargestellten Abbaubereich
wesentliche Teile des jeweiligen Gemeindegebiets einer rechtlich anzuerkennenden
Planung der betroffenen Beschwerdeführer oder stört dort eine bestimmte örtliche
Planung nachhaltig (zu diesem Ansatz vgl. VerfGH NW, NWVBl. 1995, 126, 128 f.).
Braunkohlenausschuß und Landesplanungsbehörde haben aber angenommen, der
landesplanerischen Sicherung des konkreten Tagebaus Garzweiler II komme wegen
seines Beitrags zu einer gesicherten Energieversorgung ein überörtliches Interesse von
höherem Gewicht zu. Dies kann unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten weder
im Ergebnis (
1
124
(1)
welche die überörtliche Planung zugreift; auch die Beschwerdeführer könnten sie bei
ihrer örtlichen Planung nicht schlechthin außer Acht lassen. Der Braunkohlenplan nimmt
ein Gebiet in Anspruch, unter dem sich eine abbauwürdige Lagerstätte befindet.
Gemeinden mit derartigen Bodenschätzen auf ihrem Gebiet unterliegen schon von ihrer
geographischen Lage her einer gewissen "Situationsgebundenheit" (zu diesem
Gesichtspunkt vgl. BVerfGE 76, 107, 123). Der Braunkohlenplan konkretisiert mithin die
in der Örtlichkeit vorgefundene Lage der Gemeinde.
125
Die energiepolitische Notwendigkeit, auf dieses vorhandene Vorkommen zuzugreifen,
haben Braunkohlenausschuß und Landesplanungsbehörde den beiden
Leitentscheidungen der Landesregierung entnommen.
126
Die Leitentscheidungen zur künftigen Braunkohlenpolitik von September 1987
bezeichnen den Einsatz von Braunkohle als unverzichtbaren Beitrag zu
wettbewerbsfähigen Produktionsverhältnissen in Nordrhein-Westfalen und in der
Bundesrepublik Deutschland. Die Förderkapazität von (seinerzeit) 120 Mio. t
Braunkohle/Jahr müsse langfristig sichergestellt werden. Die Leitentscheidungen
betrachten das Abbaufeld ... (Garzweiler I und II) als unerläßlich, um diese Fördermenge
zu halten: Das nutzbare Volumen der Lagerstätte im Rheinischen Braunkohlengebiet
sei wegen der Einschränkungen, die aus der Situation der Tagesoberfläche folgten,
erheblich geringer als bisher angenommen. Die nutzbaren Vorkommen müßten deshalb
möglichst vollständig abgebaut werden, soweit ökologische und soziale Belange dies
zuließen. Dabei werden 16 andere Abbaufelder in die Betrachtung einbezogen und
bewertet: Für eine langfristige Kapazitätserhaltung komme nur eine Konzentration des
Abbaus auf die Bereiche ..., ... und ... in Betracht. Der Abbau des größeren Kohlenfeldes
.../... widerspreche dem anzustrebenden regionalen Vorteils- und Belastungsausgleich.
Er führe zu einer Konzentration von Belastungen des Braunkohlenbergbaus im Kreis ....
Die kleineren Vorkommen seien nicht geeignet, je für sich die notwendige Förderung
sicherzustellen. Denkbare Kombinationen aus mehreren Abbauvorhaben könnten
weder unter bergtechnischen noch wirtschaftlichen Gesichtspunkten den Tagebau
Garzweiler II ersetzen. Es würden größere Flächen in Anspruch genommen, die
Förderkosten zum Teil erheblich erhöht und damit der energiepolitisch gebotene Beitrag
der Braunkohle zur Energieversorgung gefährdet. Die Leitentscheidungen der
Landesregierung zum Abbauvorhaben Garzweiler II aus dem September 1991
bestätigen in ihrem energiepolitischen Teil die Ergebnisse der Leitentscheidungen aus
dem Jahr 1987. Sie bauen auf der Studie "Energieszenarien Nordrhein-Westfalen" der
... AG auf. In ihr werden die Möglichkeiten des Energiesparens, rationeller
Energieverwendung und alternativer Energien erwogen: Um den in Zukunft zu
erwartenden Strombedarf decken zu können, sei auch bei drastischer
Energieeinsparung die Braunkohle ein unverzichtbarer Energieträger, der
Deckungsbeitrag aus dem Tagebau Garzweiler II notwendig.
127
Diese Annahmen sind im Rahmen der nur eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit
des Verfassungsgerichtshofs verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit bei der
Abwägung über Wertungen und Prognosen zu befinden ist, hat der
Verfassungsgerichtshof seine Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die
Einschätzungen und Entscheidungen des untergesetzlichen Normgebers offensichtlich
fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der verfassungsrechtlichen Ordnung
widersprechen (VerfGH NW, NWVBl. 1995, 373, 375).
128
Die Prognose über den künftigen Energiebedarf mußte notwendig einen sehr langen
Zeitraum umfassen. Sie ist deshalb naturgemäß mit Unsicherheiten belastet. Die
Landesregierung hat ihre Prognose auf der Grundlage eines hierfür eingeholten
Gutachtens gestellt. Einer verfassungsgerichtlichen Beurteilung weitgehend entzogen
ist die sich daran anknüpfende Frage, wie dieser Energiebedarf zweckmäßig gedeckt
werden soll. Ebenfalls mit großen Unsicherheiten belastet ist die Prognose darüber,
welche Möglichkeiten des Energiesparens realistischerweise bestehen und in welchem
Umfang herkömmliche Energieträger durch alternative Energieträger ersetzt werden
können. In diesem Spannungsfeld ist es eine in erster Linie politische
129
Wertentscheidung, auch künftig auf die Braunkohle als eine sichere einheimische
Energiequelle zu setzen. Die Beschwerdeführer halten dem im Kern lediglich ihre
abweichenden Prognosen, Einschätzungen und Wertungen entgegen, ohne daß sich
diese eindeutig als "besser" oder "richtiger" anbieten oder aufdrängen.
Dasselbe gilt für die Überlegungen, aus denen das Abbauvorhaben Garzweiler II vor
anderen Braunkohlenvorkommen zur Deckung der für notwendig gehaltenen
Fördermenge herangezogen werden sollte. Diese Überlegungen, namentlich im Kreis ...
sei die Belastungsgrenze erreicht und die Zersplitterung in mehrere kleine
Abbauvorhaben sei wegen des größeren Flächenverbrauchs und der höheren
Förderkosten bergtechnisch und wirtschaftlich nachteilig, sind sachgerecht und
nachvollziehbar.
130
Offenbleiben kann, ob das Versprechen der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke
als Muttergesellschaft des Bergbautreibenden rechtlich durchsetzbar ist, ihre
Braunkohlenkraftwerke auf eine andere Technik umzustellen, die zu einem geringeren
Ausstoß an Kohlendioxid führe. Was zum Schutze des Klimas jeweils erforderlich ist
und wie die Landesregierung diese Notwendigkeiten gegenüber dem Betreiber der
Kraftwerke durchsetzt, blieb ihrer Beurteilung vorbehalten.
131
(2)
Garzweiler II als Bestandteil einer gesicherten Energieversorgung den
Leitentscheidungen der Landesregierung entnommen hat, führt nicht zu einem
verfassungsrechtlich erheblichen Mangel im Abwägungsvorgang. Offenbleiben kann, ob
einfach-rechtlich überhaupt ein Abwägungsfehler vorliegt.
132
Nicht jede Verletzung des einfach-rechtlichen Abwägungsgebots bedeutet zugleich
einen Verfassungsverstoß. Ein solcher liegt vor, wenn Belange der betroffenen
Gemeinde willkürlich fehlgewichtet werden oder wenn der Abwägungsvorgang sonst zu
ihren Lasten willkürlich verkürzt wird (vgl. VerfGH NW, NWVBl. 1995, 373, 376). Nach
dem Ablauf des Planverfahrens kann hier indes nicht festgestellt werden, daß der
Braunkohlenausschuß eine Bindung durch die Leitscheidungen angenommen hat, die
sich als willkürliche Verkürzung des Abwägungsvorgangs zu Lasten der kommunalen
Planungshoheit darstellt.
133
Zwar mußte der Braunkohlenausschuß in eigener Zuständigkeit die überörtlichen
Belange gesicherter Energieversorgung für seine Abwägung aufbereiten. Die
Leitentscheidungen waren für ihn jedenfalls bei Aufstellung des Braunkohlenplans
rechtlich nicht verbindlich. Ein Landesentwicklungsplan mit dem Gegenstand "Abbau
von Lagerstätten" bestand zu diesem Zeitpunkt nicht. Daß die langfristige Sicherung der
Energieversorgung einen Braunkohlentagebau Garzweiler II erfordert, durfte der
Braunkohlenausschuß aber insoweit den Leitentscheidungen der Landesregierung
entnehmen und seiner Abwägung zugrundelegen. Der Braunkohlenausschuß hat damit
nicht ungeprüft einseitige Vorgaben der Landesregierung übernommen. Eine solche
Wertung wird dem Ablauf und den Notwendigkeiten des Planverfahrens nicht gerecht.
Der Braunkohlenausschuß hat sich zum einen in rechtlich zulässiger Weise sachliche
Vorarbeiten zunutze gemacht, welche die Landesregierung gerade mit Blick auf das
Vorhaben Garzweiler II geleistet hat. Er hat sich zum anderen der notwendigen
energiepolitischen Übereinstimmung mit der Landesregierung versichert; insoweit hat er
deren Bewertungen erwartet, um selbst sinnvoll planen und entscheiden zu können.
134
Die Landesregierung hat mit ihren Leitentscheidungen und den ihnen
zugrundeliegenden Untersuchungen vorab für eine Klärung von Sachfragen gesorgt.
Dazu gehörte auch eine verläßliche Abschätzung des künftigen Energiebedarfs und der
Möglichkeiten seiner Deckung. Für diese frühzeitige Klärung hat (auch) der
Braunkohlenausschuß Bedarf gesehen. Er hat sie von der Landesregierung erwartet,
damit er das eigentliche Planverfahren sinnvoll betreiben konnte. Er hatte Kenntnis von
der Absicht der Landesregierung, ein (zweites) Untersuchungsprogramm in Auftrag zu
geben. Dafür hat er den von ihm gesehenen Klärungsbedarf formuliert (Beschluß vom
14. März 1988). Seine eigentliche Sacharbeit an dem Braunkohlenplan hat der
Braunkohlenausschuß erst aufgenommmen, nachdem die Landesregierung ihr zweites
Untersuchungsprogramm abgeschlossen hatte; dessen Ergebnisse bildeten die
Grundlage ihrer Leitentscheidungen vom September 1991. Dem Braunkohlenausschuß
standen die Gutachten aus dem Untersuchungsprogramm zur Verfügung. Dazu gehörte
namentlich die schon erwähnte Studie "Energieszenarien Nordrhein-Westfalen" der ...
AG. Der Braunkohlenausschuß hat die in die Leitentscheidungen eingeflossenen
Erkenntnisse selbst nachvollzogen. Er hat das zweite Untersuchungsprogramm der
Landesregierung und dessen Ergebnisse geprüft, als ausreichende Grundlage des
weiteren Verfahrens gebilligt und die Bezirksplanungsbehörde mit dieser Maßgabe
beauftragt, den Planentwurf zu erarbeiten (Beschluß vom 21. Januar 1992).
135
Die Erfordernisse langfristiger Energieversorgung ergeben sich nicht allein aus
sachverständigen Feststellungen zum künftigen Energiebedarf und den Möglichkeiten
seiner Deckung. Erforderlich ist vielmehr auch deren politische Bewertung. Der
Braunkohlenausschuß durfte sich auch die energiepolitischen Wertungen der
Leitentscheidungen zu eigen machen.
136
Die Landesregierung hatte in ihnen die energiepolitische Notwendigkeit des
Abbauvorhabens Garzweiler II begründet, gleichzeitig aber eine Verkleinerung des
Abbaubereichs aus ökologischen, namentlich wasserwirtschaftlichen Gründen für
erforderlich gehalten. Sie und mit ihr die Landesplanungsbehörde hatten schon zu
diesem Zeitpunkt deutlich gemacht, daß ein Braunkohlenplan nur für das reduzierte
Vorhaben genehmigt werden konnte. Der Landesplanungsbehörde steht eine
Fachaufsicht über den Braunkohlenausschuß zu. Sie umfaßt gerade auch die Frage, ob
ein Abbauvorhaben den Erfordernissen einer langfristigen Energieversorgung entspricht
(§ 34 Abs. 2 LPlG). Diese Fachaufsicht ist wiederum einer der Bausteine, auf denen
sachlich-inhaltlich die demokratische Legitimation des Braunkohlenausschusses beruht.
Sie stellt sicher, daß der Braunkohlenausschuß sich mit seiner Braunkohlenplanung im
Rahmen der parlamentarisch verantworteten Energiepolitik der Landesregierung hält.
Die Aufsichtsbehörde kann danach das Ergebnis der Planung vorprägen, indem sie
frühzeitig ihre Vorstellungen zu einzelnen Fragen äußert. Dadurch werden nicht in sach-
und verfahrensfremder Weise von außen Bindungen an den Braunkohlenausschuß als
den Plangeber herangetragen. Die Genehmigungsbehörde ist im Ergebnis imstande,
ihre Vorstellungen durchzusetzen. Eine frühzeitige gegenseitige Abstimmung ist nicht
ausgeschlossen. Dadurch werden keine Bindungen außerhalb gesetzlich geordneter
Verfahren und Zuständigkeiten geschaffen.
137
Der Braunkohlenausschuß kann die frühzeitig geäußerten Vorstellungen der
Aufsichtsbehörde übernehmen, um das sach- und zeitaufwendige Verfahren mit einem
genehmigungsfähigen Ergebnis abzuschließen. Das ist jedenfalls dann nicht sachfremd
und damit willkürlich, wenn er insoweit selbst nicht über bessere Erkenntnis- und
Beurteilungsmöglichkeiten verfügt. Der Braunkohlenausschuß hat sich selbst nicht für
138
sachkompetent gehalten, die energiepolitischen Erfordernisse eigenständig zu
formulieren. Hierzu hat er vielmehr den Beitrag der Landesregierung erwartet und deren
Leitentscheidungen "als eine unter mehreren Entscheidungshilfen" in seine Abwägung
einbezogen. In diesem Lichte betont der Braunkohlenplan selbst (S. 14), er sei in
bundes- und landespolitische Entscheidungen eingebettet; so seien die Probleme, die
sich aus der Nutzung der Braunkohle ergäben, originärer Bestandteil der Wirtschafts-
und Umweltpolitik des Bundes und des Landes. Der Braunkohlenplan könne in solche
Vorgaben von "oben" nicht beliebig eingreifen. Die Sachkompetenz für die
Formulierung energiepolitischer Zielvorstellungen, in die der Braunkohlenplan sich
einzupassen hatte, hat der Braunkohlenausschuß willkürfrei bei der Landesregierung
gesehen. Er erwartete von ihr eine Aussage zu den von ihr gesehenen
energiepolitischen Notwendigkeiten. Er hat die Leitentscheidungen der
Landesregierung als willkommene Entscheidungshilfe entgegengenommen (so
ausdrücklich einzelne Beiträge bei der abschließenden Beratung des Braunkohlenplans
in der Sitzung vom 16., 19. und 20. Dezember 1994) und sie mangels abweichender
Erkenntnisse dem Verfahren zugrundegelegt. Der Braunkohlenplan führt demgemäß die
Leitentscheidungen im Kapitel "Sachgrundlagen, Ausgangspositionen, Prämissen" an
und übernimmt aus ihnen die vom Braunkohlenausschuß für erforderlich gehaltenen
energiepolitischen Voraussetzungen für die Zulassung des Vorhabens. Dies ist eine
willkürfreie, verfassungsrechtlich unbedenkliche Übernahme der Leitentscheidungen
durch den Braunkohlenausschuß im Sinne einer Sachgrundlage für das weitere
Verfahren.
Zwar hätte die Landesplanungsbehörde dem Braunkohlenausschuß landesplanerische
Vorgaben für seine Entscheidung durch rechtzeitige Aufstellung eines thematisch
einschlägigen Landesentwicklungsplans, gegebenenfalls durch einen räumlich und
gegenständlich beschränkten Teilplan (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 2 LPlG), machen können,
einfach-rechtlich vielleicht sogar machen müssen.
139
Offenbleiben kann aber, ob § 24 Abs. 1 LPlG einfach-rechtlich vorschreibt, daß
Braunkohlenpläne aus einem Landesentwicklungsplan mit dem Gegenstand "Abbau
von Lagerstätten" zu entwickeln sind, der landesplanerische Grundsatz einer
langfristigen Sicherung der Energieversorgung in § 18, § 26 Abs. 2 LEPro also zunächst
durch einen Landesentwicklungsplan zu konkretisieren ist. Hier interessiert allein der
verfassungsrechtlich bedeutsame Gehalt, den § 24 Abs. 1 LPlG bei einer solchen
Auslegung hätte. Er läge darin, daß die Erfordernisse einer langfristigen
Energieversorgung dem Braunkohlenausschuß nur unter Mitwirkung des Parlaments
und einer Beteiligung der Gemeinden verbindlich vorgegeben werden könnten und nur
mit dieser Legitimation als überörtliches Interesse in den Abwägungsvorgang eingehen
dürften. Mit dem Demokratieprinzip und dem Beteiligungsrecht der Gemeinden wären
einfach-rechtliche Vorgaben angesprochen, die zugleich das verfassungsrechtlich
garantierte Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden und Kreise prägen.
Landesentwicklungspläne werden im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuß
des Landtags aufgestellt (§ 13 Abs. 2 Satz 3 LPlG). Dies kann als einfach-rechtliche
Konkretisierung des Demokratiegebots verstanden werden, namentlich als Ausprägung
des teilweise in der Literatur vertretenen Grundsatzes einer staatsleitenden Planung zur
gesamten Hand von Parlament und Regierung (vgl. etwa Würtenberger,
Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 219 ff.). Im Erarbeitungsverfahren sind
die Gemeinden und Gemeindeverbände, für die eine Anpassungspflicht begründet
werden soll, oder deren Zusammenschlüsse zu beteiligen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz
2 i. V. m. § 12 Satz 3 LPlG).
140
Weder eine etwa erforderliche Mitwirkung des Parlaments noch eine Beteiligung der
Gemeinden sind jedoch verkürzt worden. Der Braunkohlenplan Garzweiler II ist parallel
mit dem Landesentwicklungsplan NRW vom 11. Mai 1995 entwickelt und aufgestellt
worden. Der verfassungsrechtliche Gehalt eines - unterstellten - einfach-rechtlichen
Entwicklungsgebots ist bereits damit gewahrt.
141
Im Februar 1994 legte die Landesregierung dem Landtag den Entwurf des
Landesentwicklungsplans vor (Landtag NW Drucksache 11/3289, S. 46). Zu diesem
Zeitpunkt stand im Braunkohlenplanverfahren die Erörterung der Anregungen und
Bedenken noch bevor. Dieser Entwurf des Landesentwicklungsplans war dann
Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des zuständigen Ausschusses (Sitzung vom
23. November 1994, Landtag NW Ausschußprotokoll 11/1399). Zu ihm hatten zuvor
zahlreiche Organisationen und Verbände Stellung nehmen können, darunter die
Bezirksplanungsräte, der Städtetag Nordrhein-Westfalen, der Landkreistag Nordrhein-
Westfalen, der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund. Sie kamen auch in
der Anhörung des Ausschusses zu Wort. Mitte Dezember 1994 beschloß der
Braunkohlenausschuß die Aufstellung des Braunkohlenplans. Der Ausschuß für
Umweltschutz und Raumordnung hat sein Einvernehmen mit dem
Landesentwicklungsplan in derselben Sitzung vom 22. März 1995 erteilt, in der er sein
Benehmen mit dem Braunkohlenplan Garzweiler II hergestellt hat (Landtag NW
Ausschußprotokoll 11/1586). Damit war offenkundig, daß der Braunkohlenplan bei
seinem Inkrafttreten mit dem künftigen Landesentwicklungsplan inhaltlich abgestimmt
sein würde. Zu diesem Zeitpunkt war der Braunkohlenplan noch nicht genehmigt. Die
Landesplanungsbehörde hätte dem Braunkohlenplan die Genehmigung versagen
können und müssen, wenn zu erwarten gewesen wäre, daß dieser Braunkohlenplan in
Widerspruch zu dem in Aufstellung befindlichen Landesentwicklungsplan stehen würde.
Soweit es um die Erfordernisse langfristiger Energieversorgung ging, schuf der
Braunkohlenplan keine vollendeten Tatsachen, die der Landesentwicklungsplan
allenfalls nachvollziehen, gleichsam nachrichtlich übernehmen konnte. Der
Braunkohlenplan selbst verweist diese Fragen vielmehr auf die planerisch höhere
Ebene, die bis zum Abschluß der Planung auf dieser Stufe die Kontrollmöglichkeiten für
den Braunkohlenplan noch nicht aus der Hand gegeben hatte. Das gilt erst recht, wenn
berücksichtigt wird, daß der Braunkohlenausschuß erst am 12. Juni 1995, und damit
nach Inkrafttreten des Landesentwicklungsplans, endgültig über den Braunkohlenplan
befunden hat, indem er ihn den Hinweisen in dem Genehmigungserlaß anpaßte.
142
c)
werden.
143
aa)
144
Zwar enthält der Braunkohlenplan kein eigenes Kapitel "Gesamtabwägung", in dem
sämtliche Belange, die für und gegen den Braunkohlentagebau sprechen,
zusammengestellt, gewichtet und mit Blick auf ein grundsätzliches "Ja" oder "Nein"
abgewogen werden. Dieser Einwand einiger Beschwerdeführer betrifft aber nur die Art
der Darstellung. Rückschlüsse auf eine fehlende Abwägung läßt sie nicht zu. Der
Braunkohlenplan entscheidet nicht abschließend über die Zulassung des Tagebaus. Er
legt nur einzelne Ziele der Raumordnung und Landesplanung fest. Sie sind insgesamt
an den Genehmigungserfordernissen auszurichten. Diese, nämlich die Erfordernisse
einer langfristigen Energieversorgung einerseits und die sozialen Belange der
145
Betroffenen sowie die Belange des Umweltschutzes andererseits, beschreiben auch für
die Aufstellung des Braunkohlenplans das Spannungsfeld, in welchem die Abwägung
sich bewegt. Die Erfordernisse langfristiger Energieversorgung schlagen sich im
Vorrang der Nutzung des dargestellten Abbaufeldes nieder. Belange des
Umweltschutzes sowie die sozialen Belange der Betroffenen werden in den Kapiteln
"Umweltverträglichkeit" und "Sozialverträglich-keit" erfaßt und bewertet. Der
Abwägungsprozeß zwischen diesen Belangen schlägt sich in den Zielen der
Raumordnung und Landesplanung nieder, die den Vorrang der Abbautätigkeit räumlich
und sachlich begrenzen, etwa durch die Rücknahme der Abbaugrenze, aber auch durch
das Ziel, den Naturpark "...-...-..." zu erhalten und hierfür Sümpfungswasser zu
versickern.
bb)
Landesplanungsbehörde jenseits der Leitentscheidungen in einer Weise gesteuert
worden, die sich als Abwägungsdefizit zu Lasten der Beschwerdeführer darstellt.
146
Durch ihre Vermerke zu den verschiedenen Entwürfen des Braunkohlenplans hat die
Landesplanungsbehörde den Entscheidungsspielraum des Braunkohlenausschusses
nicht unzulässig verengt. Sie ist über eine sachgerechte Beratung nicht
hinausgegangen und hat dabei das legitime Ziel verfolgt, möglichst frühzeitig auf einen
genehmigungsfähigen Plan hinzuwirken. Ihr Vermerk vom 7. Oktober 1994 belegt nichts
anderes. Er zielt auf eine sachgerechte Erfassung und Berücksichtigung der geltend
gemachten Anregungen und Bedenken. Die Landesplanungsbehörde hat die
Stellungnahmen der Bezirksplanungsbehörde zu Anregungen und Bedenken
aufgelistet, die nach ihrer Auffassung unbefriedigend waren; insoweit sollten begleitend
zum Genehmigungserlaß Erwägungen nachgeschoben werden. Mehr ist nicht mit dem
Ziel gemeint, "auf jeden Fall auf Nummer sicher zu gehen".
147
cc)
Weise abgewogen, die verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden kann. Die
Beschwerdeführer können in diesem Verfahren nur geltend machen, ihre eigenen
Belange seien in der Abwägung willkürlich unberücksichtigt geblieben.
148
Der Braunkohlenausschuß hat die Belange des Landschaftsschutzes nicht verkannt.
149
Die in Anspruch genommene Landschaft wird im Braunkohlenplan ähnlich beschrieben
wie im Landschaftsplan "... ..." des Kreises ... . Eine unzutreffende Erfassung des
Sachverhalts läßt sich insoweit nicht feststellen. Der Plangeber ist - was keiner
ausdrücklichen Hervorhebung bedurfte - davon ausgegangen, daß die vorhandene
Landschaft im Zuge des Abbaus beseitigt wird. Er hat dies in seiner Abwägung als
gerechtfertigt angesehen, weil sich durch die Rekultivierung des Geländes ein
Ausgleich und Ersatz schaffen lasse. Eine verfassungsrechtlich erhebliche
Fehlgewichtung des Belangs Natur und Landschaft ist dabei nicht ersichtlich. Hierfür ist
unerheblich, wenn Art. 29 a LV in der Abwägung nicht ausdrücklich erwähnt sein sollte.
150
Die Belange der Wasserwirtschaft sind in der Abwägung ebenfalls berücksichtigt.
Offenbleiben kann, in welchem Umfang es sich bei diesen Belangen um eigene der
Beschwerdeführer handelt.
151
Dem Zugriff auf das Grundwasser stand nicht schon der Landesentwicklungsplan III -
Umweltschutz durch Sicherung von natürlichen Lebensgrundlagen (Freiraum, Natur und
152
Landschaft, Wald, Wasser, Erholung) - in seiner Fassung vom 15. September 1987
(MBl. NW S. 1676) entgegen, der bei der Entscheidung des Braunkohlenausschusses
vom 16., 19. und 20. Dezember 1994 über die Aufstellung des Braunkohlenplans noch
galt. Dieser Landesentwicklungsplan stellte für weite Teile des Abbaubereichs Gebiete
und Standorte mit Bedeutung für die öffentliche Wasserversorgung und den
Naturhaushalt dar. Diese waren ihrer Bedeutung entsprechend zu schützen (Nr. 2.4).
Der Landesentwicklungsplan III maß der zeichnerischen und textlichen Darstellung von
Gebieten zum Schutz der Wasserversorgung indes keinen absoluten Vorrang vor
konkurrierenden Nutzungen bei. In seinem Erläuterungsbericht (dort Nr. 5.4) wies er
dem Braunkohlenausschuß die Aufgabe zu, in eigener Zuständigkeit zu entscheiden, ob
auf der Grundlage des "ökologischen Anforderungsprofils" der Landesregierung ein
Braunkohlenplan erarbeitet und aufgestellt werden soll.
Über die Zulassung von Sümpfungen und die damit verbundenen Folgen war im
Braunkohlenplan nicht abschließend zu entscheiden. Der Braunkohlenausschuß mußte
sich aber eine hinreichende Überzeugung davon verschaffen, daß die Folgen des
Braunkohlentagebaus in den dafür vorgesehenen Verfahren würden bewältigt werden
können. Anderenfalls hätte er für das vorgesehene Abbaugebiet nicht den Vorrang der
Braunkohlengewinnung vor anderen Nutzungen landesplanerisch festlegen dürfen.
Einzelheiten durfte und mußte er hingegen jenen späteren Verfahren überlassen. Zu
den einschlägigen Fragen lagen dem Braunkohlenausschuß die Gutachten und
Untersuchungen vor, welche die Landesregierung in Auftrag gegeben hatte. Sie
ermöglichten dem Braunkohlenausschuß nach seiner Einschätzung eine Antwort auf
die aufgeworfenen Fragen, soweit sie im Braunkohlenplanverfahren schon gegeben
werden mußte. Er hat sich dabei auch mit den umfangreichen Anregungen und
Bedenken namentlich der Stadt Mönchengladbach auseinandergesetzt. Verbleibende
Unsicherheiten hat der Braunkohlenausschuß zudem durch die Vorgabe aufgefangen,
daß die Auswirkungen der Grundwasserabsenkung auf den Wasser- und Naturhaushalt
und die Wirksamkeit aller Gegenmaßnahmen ständig zu überwachen sind (Kapitel 2.1
Ziel 4: Monitoring). Daß er die künftigen Folgen des Tagebaus und ihre
Beherrschbarkeit offensichtlich fehlerhaft eingeschätzt hätte und dadurch zu einer
willkürlichen Fehlgewichtung der betroffenen Belange gelangt ist, läßt sich nicht
feststellen.
153
Ebenfalls nicht willkürlich gegriffen ist die "wasserwirtschaftlich-ökologische
Schutzlinie". Der Braunkohlenplan nennt nachvollziehbare Gründe dafür, die
Abbaugrenze auf diese "Schutzlinie" festzulegen.
154
Keinen Abwägungsfehler zu Lasten namentlich der Stadt Erkelenz läßt das Ziel
erkennen, mit dem Abraum aus dem Abbaubereich Garzweiler II zunächst den
Abbaubereich Garzweiler I zu verfüllen (Ziel 1 Kapitel 1.3). Dadurch bleibt zwar auf
ihrem Gebiet nach Abschluß der Auskohlung ein Restsee; diese Fläche wird auf Dauer
ihrer Planung entzogen. Hierfür sind indes nachvollziehbare Gründe angeführt: Es
verbleibe aus beiden Tagebauvorhaben ein Restloch. Dieses liege am Rande des
Abbaugebiets. Dort grenze der Restsee zu zwei Dritteln an unverritztes Gebirge. Dieses
biete in diese Richtung Schutz dagegen, daß Schadstoffe aus dem Verkippungsmaterial
in das Grundwasser ausgetragen würden.
155
d)
den einschlägigen Vorschriften. Sie führt nicht auf eine mögliche Verletzung der
gemeindlichen Selbstverwaltung. Namentlich ist die gemeindliche Planungshoheit
156
durch § 1 Abs. 5 BauGB nicht um die Verantwortung für den Umweltschutz in der Weise
angereichert, daß die Gemeinde sich insgesamt zum Hüter dieses Rechtsguts
aufschwingen und dieses auch gegenüber anderen Planungsträgern notfalls auf
gerichtlichem Wege durchsetzen könnte (BVerwG, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 114,
S. 119, 127).