Urteil des SozG Neuruppin vom 06.10.2010

SozG Neuruppin: versicherungspflicht, kost und logis, arbeitsentgelt, arbeitskraft, gehalt, arbeitslosenversicherung, sozialversicherung, abgrenzung, urlaub, handelsregister

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Gericht:
SG Neuruppin 25.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 25 KR 73/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 7 Abs 1 SGB 4, § 25 Abs 1 SGB
3, § 5 Abs 1 Nr 1 SGB 5, § 1 S 1
Nr 1 SGB 6, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1
SGB 11
Sozialversicherungspflicht - Abgrenzung zwischen abhängiger
Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit bei
Familienangehörigen - persönliche Abhängigkeit - Fehlen eines
Unternehmerrisikos
Leitsatz
1. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche
Merkmale überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild. Der Annahme eines
Beschäftigungsverhältnisses bei Familienangehörigen steht nicht entgegen, dass die
Abhängigkeit unter Eheleuten weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht
mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird.
2. Die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung setzt voraus, dass der
Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem
fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und
dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des
Arbeitgebers unterliegt.
3. Entscheidend gegen die Annahme einer selbständigen Tätigkeit spricht das fehlende
Tragen eines Unternehmerrisikos. Hierzu wäre der Einsatz eigenen Kapitals auch mit der
Gefahr des Verlustes erforderlich. Wird unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des
Unternehmens ein festes Gehalt bezogen, so sprechen in der Regel ganz überwiegende
Umstände für die Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses.
4. Die Beschäftigteneigenschaft ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil im Falle der
Insolvenz des Unternehmens des Ehegatten die Ehefrau aus ehelichen Motiven heraus
eigenes Kapital zur Rettung des Unternehmens verwenden würde.
Berufung eingelegt – L 9 KR 339/10 –
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses für den Zeitraum ab dem 01. Juli 1995.
Die am 25. Juni 1960 geborene Klägerin hat den Beruf der
Sozialversicherungsfachangestellten erlernt und ist seit dem 23. Juni 1995 – eine
notarielle Vereinbarung des ehelichen Güterstandes der Gütergemeinschaft liegt nicht
vor – mit dem Beigeladenen zu 1) verheiratet, der seit dem Jahre 1985 eine Firma zur
Aufstellung von Automaten betreibt; seit dem 23. Juli 1985 ist er mit seiner Firma im
Handelsregister eingetragen (vgl. beglaubigte Fotokopie des Handelsregisterauszuges
vom 12. August 1996). Bei der Beklagten besteht für den Beigeladenen zu 1) seit dem
01. Juli 1985 ein Arbeitgeberbeitragskonto. Das Einzelunternehmen des Beigeladenen zu
1) firmiert ausweislich des Firmenstempels unter der Bezeichnung „…“. Die Klägerin
wurde durch den Beigeladenen zu 1) zum 01. März 1986 als Bürohilfskraft zur Kranken-,
Renten- und Arbeitslosenversicherung angemeldet. In dem Betrieb des Beigeladenen zu
1) war die Klägerin seit dem 01. März 1986 zunächst als Bürohilfskraft beschäftigt. Seit
dem 01. November 1992 ist sie in dem Betrieb als Prokuristin auf der Grundlage „eines
Arbeitsvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer“ tätig. Zumindest im Zeitraum von Juni
2006 bis Mai 2007 erhielt sie von dem Beigeladenen zu 1) einen Arbeitgeberzuschuss
zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung (vgl. die zu den Prozessakten gereichten
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zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung (vgl. die zu den Prozessakten gereichten
Abrechnungen der Brutto-Netto-Bezüge für den Zeitraum von Juni 2006 bis Mai 2007).
Der zwischen der Firma des Beigeladenen zu 1) als „Arbeitgeber“ und der Klägerin als
„Arbeitnehmerin“ geschlossene „Arbeitsvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer“ vom 10.
November 1992 (als Nachtrag zu einem Arbeitsvertrag vom 06. Februar 1986, den die
Klägerin trotz Aufforderung des Gerichts nicht vorgelegt hat) enthält u. a. folgende
Regelungen:
Bereits zuvor – nämlich mit Bescheid vom 19. Juni 1998 – stellte die Beklagte – nach
ihren Angaben „im Rahmen der Verjährungsvorschriften“ – fest, dass die Klägerin seit
dem 01. Dezember 1993 durchgehend der Versicherungspflicht in der
Krankenversicherung sowie ab dem 01. Januar 1995 der Versicherungspflicht in der
Pflegeversicherung unterliege; dieser Bescheid ist nach der Rücknahme des hiergegen
erhobenen Widerspruchs bestandskräftig geworden.
Die Klägerin selbst gewährte der Firma des Beigeladenen zu 1) mit Darlehensvertrag
vom 01. Juni 2001 ein mit 8 % jährlich verzinsliches Darlehen in Höhe eines
Gesamtbetrages von 20.000,00 DM. Die Klägerin verfügt seit dem 26. Juni 2001 über
eine im Handelsregister eingetragene Einzelprokura nebst der Befugnis, Grundstücke zu
veräußern und zu belasten.
Unter dem 08. August 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die
sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ihres Beschäftigungsverhältnisses unter
Beifügung des o. g. Arbeitsvertrages sowie eines Feststellungsbogens, der unter dem
18. Juli 2005 die Unterschriften der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) unter der
folgenden Erklärung enthält:
Ausweislich ihrer Angaben im o. g. Feststellungsbogen ist die Klägerin an durchschnittlich
60 Stunden in der Woche im Betrieb und zu Hause als Prokuristin tätig und kann sich
ihre Arbeitszeit nach Belieben einteilen. Für ihre Tätigkeit erhält sie ein regelmäßiges
monatliches Arbeitsentgelt in Höhe eines Betrages von 3.274,00 € brutto, das auf ein
privates Bank-/Girokonto überwiesen wird, für das sie allein verfügungsberechtigt ist. Das
Arbeitsentgelt entspreche dem tariflichen bzw. ortsüblichen Gehalt. Von dem
Arbeitsentgelt werde Lohnsteuer entrichtet und es werde als Betriebsausgabe gebucht.
Es würden sonstige Bezüge in Form eines Weihnachtsgeldes in Höhe von 600,00 €
gewährt. Es bestehe ein Urlaubsanspruch und es sei eine Kündigungsfrist vereinbart.
Darüber hinaus werde bei Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsentgelt für sechs Wochen
fortgezahlt. Die mitarbeitende Angehörige sei in dem Betrieb eingegliedert, sie übe
diese Tätigkeit tatsächlich aus. Ohne die Mitarbeit des Angehörigen müsse eine andere
Arbeitskraft eingestellt werden. Die mitarbeitende Angehörige sei an Weisungen des
Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit nicht gebunden und das Weisungsrecht
werde auch tatsächlich nicht ausgeübt. Die mitarbeitende Angehörige könne ihre
Tätigkeit frei bestimmen und gestalten. Sie wirke bei der Führung des Betriebes – z. B.
aufgrund besonderer Fachkenntnisse – mit. Die Mitarbeit sei – aufgrund familienhafter
Rücksichtnahme – durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber
geprägt. Die mitarbeitende Angehörige habe dem Betriebsinhaber ein Darlehen in Höhe
eines Betrages von 20.000,00 DM gewährt. Darüber hinaus gehöre der Betrieb nicht
zum gemeinschaftlichen Eigentum der Ehegattin, vielmehr gehöre der Betrieb zum
Alleineigentum des Ehegatten, bei dem die Beschäftigung ausgeübt werde.
Nach mit Schreiben vom 27. September 2005 erfolgter Anhörung stellte die Beklagte
mit an sie gerichtetem Bescheid vom 18. Oktober 2005 fest, dass die Klägerin ab dem
01. Dezember 2000 der Versicherungspflicht in der Renten- und
Arbeitslosenversicherung unterliege und in der Kranken- und Pflegeversicherung
Versicherungsfreiheit bestehe, weil die Klägerin mit ihrem Entgelt die für das
Kalenderjahr 2000 geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten habe. Ab dem 01.
Januar 2001 bestehe auch Kranken- und Pflegeversicherungspflicht, weil die
Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschritten werde. Zur Begründung führte die Beklagte im
Wesentlichen aus, Grundlage der Versicherungspflicht sei das Beschäftigungsverhältnis.
Das Beschäftigungsverhältnis sei das auf den tatsächlichen Verhältnissen beruhende
zweiseitige Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, in welchem der
Arbeitnehmer sich gegenüber dem Arbeitgeber in persönlicher Abhängigkeit befinde.
Der Arbeitgeber übe seinerseits die Verfügungsgewalt über die Arbeitskraft des
Arbeitnehmers aus. Die persönliche Abhängigkeit drücke sich also in der Verpflichtung
des Beschäftigten aus, im Rahmen des Direktionsrechts den Weisungen des
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des Beschäftigten aus, im Rahmen des Direktionsrechts den Weisungen des
Arbeitgebers zu folgen. Diese Weisungen bezögen sich hauptsächlich auf den Arbeitsort,
die Arbeitszeit und die Art und Weise der Arbeit. Der zu meldende Geschäftsinhaber sei
zum damaligen Zeitpunkt durchgehend von einem versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis ausgegangen. Die Klägerin habe Anspruch auf
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Das Arbeitsentgelt werde als Betriebsausgabe
gebucht. Sie erhalte für ihre Tätigkeit ein entsprechendes Gehalt, das auch regelmäßig
gezahlt werde. Das Arbeitsentgelt werde auf ein privates Bankkonto überwiesen, für das
die Klägerin verfügungsberechtigt sei. Die Kündigungsfristen und Urlaubsansprüche
seien festgesetzt. Es sei weiterhin ein Weihnachtsgeld vereinbart. Es liege daher ein
abhängiges versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor. Dieser Bescheid ist
dem Beigeladenen zu 1) mit gesondertem Schreiben, dem eine Rechtsbehelfsbelehrung
beigefügt war, ebenfalls übersandt worden; Widerspruch erhob er hiergegen nicht.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2005 und 14. November 2005 erhob die Klägerin
Widerspruch und führte zur Begründung aus, sie widerspreche der Entscheidung
bezüglich ihres sozialversicherungsrechtlichen Status rückwirkend ab dem 01. Juli 1995.
Die getroffene Entscheidung würde in keiner Weise die tatsächlich vorliegenden
Verhältnisse in dem Unternehmen berücksichtigen. Hinsichtlich der betrieblichen
Belange, der Art und Weise der Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf Zeit und Ort
sei sie zu keinem Zeitpunkt weisungsgebunden gewesen. Ihr Tätigkeitsbereich umfasse
die gesamte kaufmännische Abwicklung, die Organisation und die Finanzbuchhaltung.
Hierfür trage sie allein die Verantwortung. Ihr Ehemann zeichne sich als Feinmechaniker
aus und sei für die Organisation des technischen Teils zuständig. Bezüglich der
Eintaktung ihres Urlaubes unterliege sie keinerlei Weisungen. Die Urlaubsplanung werde
auf die betrieblichen Erfordernisse abgestimmt. Sie sei seit 1992 als Prokuristin im
Handelsregister eingetragen und besitze demzufolge sämtliche Vollmachten. Sie habe
dem Unternehmen im Jahre 2001 Darlehen gewährt und trage gemeinsam mit ihrem
Ehemann das Unternehmensrisiko.
Mit Schreiben vom 30. November 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, den Antrag
auf Statusfeststellung für die Zeit ab dem 01. Juli 1995 – nach der Eheschließung mit
dem Beigeladenen zu 1) – als Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 19. Juni 1998
zu werten. Die Prüfung dieses Bescheides habe jedoch ergeben, dass dieser Bescheid
nicht rechtswidrig ergangen sei, weil – gemessen an den in der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätzen – im gesamten Zeitraum ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis zu dem Beigeladenen zu 1) vorgelegen habe bzw. vorliege. Für
die Klägerin habe daher vom 01. Juli 1995 bis zum 31. Dezember 1998 und ab dem 01.
Januar 2001 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und
Arbeitslosenversicherung und vom 01. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2000
Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung bestanden. In der Zeit
vom 01. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2000 habe Versicherungsfreiheit in der
Kranken- und Pflegeversicherung vorgelegen, da das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt
die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten habe. Die Beklagte teilte ferner mit, dass
dieser Bescheid gemäß § 86 SGG Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens
werde.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2006 als
unbegründet zurück. Sie führte aus, Arbeitnehmer unterlägen grundsätzlich dann der
Sozialversicherungspflicht, wenn sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt seien. Unter
Beschäftigung sei die nichtselbständige Tätigkeit, insbesondere in einem
Arbeitsverhältnis zu verstehen. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung seien eine
Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des
Weisungsgebers. Die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis
und familienhafter Mithilfe hänge von allen Umständen des Einzelfalles ab, maßgebend
sei das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der
allgemeinen Verkehrsanschauung. Das Bundessozialgericht habe in seiner
Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass die Ernsthaftigkeit eines
Beschäftigungsverhältnisses nach den tatsächlichen Umständen eindeutig
nachgewiesen sein müsse und jeweils im Einzelfall zu prüfen sei, ob eindeutige
Grundlagen für die Annahme eines echten Beschäftigungsverhältnisses gegeben seien.
Bei einer Beschäftigung von Familienangehörigen könne ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis regelmäßig dann angenommen werden, wenn der Angehörige
auf die Verwertung seiner Arbeitskraft angewiesen sei, wie ein Arbeitnehmer in dem
Betrieb eingegliedert und damit dem Weisungsrecht des Betriebsinhabers unterworfen
sei und für seine Mitarbeit ein angemessenes Arbeitsentgelt erhalte. Die Klägerin sei von
dem Beigeladenen zu 1) zum 01. März 1986 als Bürohilfskraft bei der Beklagten
angemeldet worden. Der Beigeladene zu 1), der in den zurückliegenden 20 Jahren
diverse fremde Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigt habe, habe im
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diverse fremde Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigt habe, habe im
Zusammenhang mit der Anmeldung zur Sozialversicherung die
Sozialversicherungspflicht seiner Arbeitnehmer zu prüfen (§ 28 a SGB IV). An der
versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beigeladenen zu 1), der die Tätigkeit der
Klägerin als versicherungspflichtig angesehen habe, lasse sich mit Blick auf die
gemeinsamen Angaben im Feststellungsbogen vom 18. Juli 2005 nicht zweifeln. Der
eheliche Güterstand habe unmittelbar keinen Einfluss auf die versicherungsrechtliche
Beurteilung einer Tätigkeit beim Ehegatten. Nur wenn der Betrieb aufgrund der
güterrechtlichen Regelungen und Vereinbarungen zum gemeinschaftlichen Eigentum
bzw. Gesamtgut der Ehegatten gehöre, könne dies Auswirkungen auf die Beurteilung der
Versicherungspflicht haben, das sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Klägerin und der
Beigeladene zu 1) hätten in dem Feststellungsbogen vom 18. Juli 2005 bestätigt, dass
die Klägerin an Stelle einer anderen Arbeitskraft benötigt werde. Die Notwendigkeit der
Einstellung einer anderen Arbeitskraft deute auf ein Beschäftigungsverhältnis hin. Würde
hier keine Arbeitskraft benötigt werden, bestünden Zweifel, dass tatsächlich Bedarf an
der Arbeitskraft der Klägerin bestehe. Die Klägerin sei seit dem 01. Dezember 1992 als
Prokuristin angestellt. Sie solle keinen Weisungen unterliegen und ihre Tätigkeit frei
bestimmen und gestalten können. Letztlich sei die Klägerin ab dem 01. März 1986
ausschließlich für den Betrieb des Beigeladenen zu 1) tätig. Ein eigenes Gewerbe habe
die Klägerin nicht ausgeübt. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis könne allerdings
nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen auch angenommen werden,
wenn der Angehörige dem Weisungsrecht – wenn auch in abgeschwächter Form –
unterliege. Die Weisungsgebundenheit der Klägerin ergebe sich aus dem
vorgeschriebenen Aufgabengebiet (Personal-Lohnbuchhaltung, Finanzbuchhaltung,
Zahlungsverkehr, sämtlicher Schriftwechsel). Die gesamten Umstände würden hier u. a.
auch deshalb auf eine abhängige Beschäftigung der Klägerin hinweisen, weil der
Beigeladene zu 1) von dem Arbeitsentgelt Lohnsteuer abführe und das Arbeitsentgelt
als Betriebsausgabe buche. Die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung auch den
Darlehensvertrag vom 01. Juni 2001 nicht unbeachtet gelassen. Hieraus lasse sich
jedoch keine Mitunternehmerschaft ableiten, da keine weiteren Aspekte für eine
Mitunternehmerschaft sprächen. Die Klägerin erhalte ein festes Gehalt und trage kein
Unternehmerrisiko. Nach der Gesamtbetrachtung aller Umstände sei von einer
abhängigen Beschäftigung auszugehen.
Hiergegen haben die Klägerin und der Beigeladene zu 1) mit Schriftsatz vom 03. April
2006 bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben. Im Termin zur mündlichen
Verhandlung vom 30. Mai 2007 hat der Beigeladene zu 1) seine Klage
zurückgenommen. Zur Begründung ihrer Klage verweist die Klägerin auf ihre
Ausführungen im Verwaltungsverfahren.
Sie beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 2005 in der Fassung des
Änderungsbescheides vom 30. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 28. Februar 2006 aufzuheben
und
festzustellen, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Firma A.
Automatenaufstellungen, ...straße in ... Berlin ab dem 01. Juli 1995 nicht der
Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den
angegriffenen Entscheidungen.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 30. Mai 2007 den Firmeninhaber der Firma A.
Automatenaufstellungen – Beigeladener zu 1) – sowie mit Beschluss vom 27. November
2008 in der Fassung des Änderungsbeschlusses vom 05. Januar 2009 die Deutsche
Rentenversicherung Bund – Beigeladene zu 2) –, die Pflegekasse der Beklagten –
Beigeladene zu 3) und die Bundesagentur für Arbeit – Beigeladene zu 4) – zum
Verfahren beigeladen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Das Gericht hat ferner im Rahmen eines Termins zur mündlichen Verhandlung am 30.
Mai 2007 die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) angehört. Wegen des Ergebnisses
dieser Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 30. Mai 2007 ergänzend Bezug
genommen.
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Das Gericht hat schließlich – nach erfolgtem Wechsel in der Kammerzuständigkeit und
im Kammervorsitz – in einem weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung am 06.
Oktober 2010 die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) erneut angehört und darüber
hinaus Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen G., der bei dem Beigeladenen
zu 1) als Arbeitnehmer beschäftigt ist. Wegen des Ergebnisses der erneuten Anhörung
und der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 06.
Oktober 2010.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die zwischen den
Beteiligten gewechselte Korrespondenz, die Prozessakte sowie die die Klägerin
betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten zum Aktenzeichen 128 112 995 Bezug
genommen. Diese Unterlagen lagen in der mündlichen Verhandlung vor und waren
ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand von Beratung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
1.
28. Oktober 2005 in der Fassung des gemäß § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)
zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen Änderungsbescheides vom
30. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2006,
mit dem die Beklagte über die Versicherungspflicht der Klägerin zur Kranken-, Sozialen
Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ab dem 01. Juli 1995 entschieden hat.
2.
Feststellungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Zu
Recht hat die Beklagte in den angegriffenen verwaltungsbehördlichen Entscheidungen
festgestellt, dass die Klägerin im Unternehmen des Beigeladenen zu 1) abhängig
beschäftigt ist und sie damit der Sozialversicherungspflicht in allen Zweigen der
Sozialversicherungspflicht unterliegt, soweit sie nicht aufgrund der (teilweisen)
Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze schon von Gesetzes wegen nicht der
Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Kranken- und der Sozialen Pflegeversicherung
unterliegt, was die Beklagte ebenfalls zutreffend festgestellt hat; die Klägerin ist durch
die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten dementsprechend auch nicht
beschwert (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
3.
Änderungsbescheides vom 30. November 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2006 ist rechtmäßig. Dementsprechend
besteht ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte – entgegen gesetzte – Feststellung
ihrer Sozialversicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung nicht.
a)
Beitragshöhe in dem von der Klägerin eingeleiteten Verfahren gemäß § 28h Abs. 2 S. 1
des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die
Sozialversicherung – (SGB IV) auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des
Einzelfalls rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin, wie dies auch der
geübten Beitragspraxis des Beigeladenen zu 1) seit deren Eintritt in die Firma entspricht,
in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu diesem steht und der
Versicherungspflicht unterliegt. Für eine solche Entscheidung war die Beklagte gemäß §
28h Abs. 2 S. 1 SGB IV als Einzugsstelle zuständig. Einzugsstelle ist jeweils die
Krankenkasse, von der die Krankenversicherung eines abhängig Beschäftigten
durchgeführt wird (vgl. § 28i SGB IV). Gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 Hs. 1 SGB IV entscheidet
die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-,
Sozialen Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid (Halbsatz 2). Das Gesetz trägt mit dieser
umfassenden Zuständigkeitszuweisung an die Einzugsstelle dem Umstand Rechnung,
dass in den genannten Versicherungszweigen die Versicherungspflicht mit der
Anknüpfung an die abhängige Beschäftigung weithin gleichen Grundsätzen folgt und die
Beiträge für alle Versicherungszweige einheitlich berechnet und als
Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt werden. Diese Zuständigkeit gemäß § 28h
Abs. 2 S. 1 SGB IV ist nicht auf Entscheidungen zur Versicherungspflicht und zur
Beitragshöhe gegenüber dem Arbeitgeber als dem Schuldner der Beiträge beschränkt.
Sie besteht vielmehr auch, wenn entsprechende Fragen, wie vorliegend, vom
Beschäftigten aufgeworfen werden und entschieden werden müssen
(Bundessozialgericht, Urteil vom 23. September 2003, - B 12 RA 3/02 R, zitiert nach
juris).
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b)
zutreffend dargestellt hat, in der Kranken-, Sozialen Pflege-, Renten- und
Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V); § 20
Abs. 1 S. 2 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung –
(SGB XI); § 1 S. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche
Rentenversicherung – (SGB VI) sowie § 25 Abs. 1 S. 1 des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III)). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen
einer abhängigen Beschäftigung als Grundlage für die Versicherungspflicht zu allen
Zweigen der Sozialversicherung ist dabei die Vorschrift des § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist
Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S.
1). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine
Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist.
Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte
in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung
umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine
selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das
Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene
Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit
gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon
ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der
Arbeitsleistung (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger
Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht,
Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996, - 1 BvR 21/96 sowie aus der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts zur Abgrenzung zwischen abhängiger und selbständiger Tätigkeit:
Urteil vom 11. März 2009, B 12 KR 21/07 R; Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R
und Urteil vom 04. Juli 2007, B 11a AL 5/06, jeweils zitiert nach juris). Der Annahme eines
Beschäftigungsverhältnisses steht dabei grundsätzlich nicht entgegen, dass die
Abhängigkeit unter Familienangehörigen im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt und
deshalb das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschränkungen ausgeübt
wird (vgl. hierzu etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2002, - B 7 AL
34/02 R sowie Urteil vom 10. Mai 2007, - B 7a AL 8/06 R, jeweils zitiert nach juris).
c)
sich die Kammer nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage ausdrücklich an.
Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen: Der Tätigkeit der Klägerin für den
Beigeladenen zu 1) liegt für den hier zu beurteilenden Zeitraum ein schriftlicher
Arbeitsvertrag (Vertrag vom 10. November 1992) zugrunde, an den bei der Beurteilung
der Versicherungspflicht zunächst anzuknüpfen ist. Die Regelungen des Arbeitsvertrages
sprechen eindeutig für eine abhängige Beschäftigung: Der Klägerin steht danach ein
festes monatliches Entgelt für eine fest umrissene Tätigkeit zu, sie hat einen für
Arbeitnehmer üblichen Urlaubsanspruch, erhält nach den übereinstimmenden Angaben
im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines
Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vom 18. Juli 2005 Fortzahlung des
Arbeitsentgelts im Krankheitsfall. Gekündigt worden ist der Vertrag bis heute nicht,
weder schriftlich noch mündlich. Entsprechend der arbeitsvertraglichen Verpflichtung ist
auch die äußere Abwicklung (bis heute) erfolgt, das heißt der Beigeladene zu 1) hat u. a.
die Personalausgaben für die Klägerin als Betriebsausgabe verbucht, Lohnsteuer und
Sozialversicherungsbeiträge für diese entrichtet und das Gehalt für die Klägerin ist auf
ein gesondertes Konto gezahlt worden, für das die Klägerin verfügungsberechtigt ist.
Darüber hinaus gewährt ihr der Beigeladene zu 1) ein jährliches Weihnachtsgeld in Höhe
eines Betrages von 600,00 €. Darüber hinaus beteiligt sich der Beigeladene zu 1)
ausweislich der zu den Prozessakten gereichten Unterlagen einen monatlichen
Arbeitgeberzuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung, wobei die Kammer
davon ausgeht, dass dies im Wesentlichen in denjenigen Zeiträumen der Fall gewesen
ist, in denen die Klägerin die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten hat und damit –
allein aus diesem Grunde – gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6, 7 SGB V und § 20 Abs. 1 Nr.
1 SGB XI nicht mehr der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Kranken- und der
Sozialen Pflegeversicherung unterlag.
Die Tätigkeitsinhalte, die sich zwar nicht dem schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrag
entnehmen lassen (in dem lediglich von einer Tätigkeit als Prokuristin die Rede ist), die
die Klägerin und der Beigeladene jedoch im Rahmen der Termine zur mündlichen
Verhandlung am 30. Mai 2007 und nach dem Wechsel in der Kammerzuständigkeit und
im Kammervorsitz am 06. Oktober 2010 anschaulich beschrieben haben, lassen
ebenfalls nicht den Schluss auf eine selbständige Tätigkeit der Klägerin zu. Die
Tätigkeiten enthalten das Spektrum von einfachen bis gehobeneren kaufmännischen
Tätigkeiten, die sämtlich auch abhängigen Beschäftigungsbildern mit typischer
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Tätigkeiten, die sämtlich auch abhängigen Beschäftigungsbildern mit typischer
Eingliederung in den Betrieb zuzuordnen wären; bei einer kleinen Firma mit nur wenigen
Mitarbeitern, maximal einer weiteren Kraft im Büro, erscheint es auch nicht
verwunderlich, dass die Klägerin alle anfallenden kaufmännischen Tätigkeiten, soweit sie
nicht an den Steuerberater übertragen worden sind, ausübt.
Dass der Urlaub nur unter Rücksicht auf die betrieblichen Belange genommen worden
sein mag, stellt kein Argument für eine selbständige Tätigkeit dar, da auch Arbeitnehmer
eine Pflicht zur Rücksichtnahme trifft (§ 7 Abs. 1 des Bundesurlaubsgesetzes). Eine nicht
vollständige Inanspruchnahme von Urlaub kommt durchaus auch bei Arbeitnehmern vor,
so dass dieser Gesichtspunkt für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen
Status der Klägerin ebenfalls unergiebig ist.
Der Klägerin ist auch weiter bis zum heutigen Tage keine formale Rechtsposition einer
Betriebsinhaberin bzw. -mitinhaberin innerhalb des Betriebes eingeräumt worden; dass
sie aufgrund der Einräumung einer Prokura und der Einräumung der Befugnis,
Grundstücke zu veräußern und zu belasten (vgl. § 48 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches
(HGB)) und § 49 Abs. 1 und Abs. 2 HGB sowie § 54 Abs. 2 HGB) und deren Eintragung in
das Handelsregister mit umfassenden Vollmachten ausgestattet ist (vgl. 53 Abs. 1 S. 1
HGB), ist für sich gesehen nicht aussagekräftig bezüglich der hier zu entscheidenden
Frage, ob Versicherungspflicht besteht. Vielmehr ist die Einräumung einer Prokura und
die Einräumung der Befugnis Grundstücke zu veräußern und zu belasten auch und
gerade für leitende Angestellte im kaufmännischen Bereich typisch und lässt noch nicht
den Rückschluss auf eine selbständige Tätigkeit der Klägerin zu, zumal die Prokura
ohnehin gemäß § 52 Abs. 1 HGB jederzeit widerruflich ist und die Rechtsmacht hierzu
ausschließlich bei dem Beigeladenen zu 1) liegt. Entscheidend ist in diesem
Zusammenhang aus Sicht der Kammer letztlich, dass der Beigeladene zu 1) seiner Frau
in keiner Weise weitergehende rechtliche Befugnisse eingeräumt hat, sei es durch z. B.
Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer anderen
Personengesellschaft. Dies wäre ihm aber als eingetragener Kaufmann rechtlich ohne
weiteres möglich gewesen. Im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit hätten die Klägerin und
der Beigeladene zu 1) daher ohne Weiteres eine andere Betriebsform als eine
Einzelfirma wählen können. Dies haben sie jedoch bis zum heutigen Tage gerade nicht
getan, sondern an der gewählten Form - abhängige Beschäftigung der Klägerin in der
Einzelfirma des Beigeladenen zu 1) - festgehalten. Dementsprechend hat der
Beigeladene zu 1) auf die entsprechende Frage des Gerichts auch keinen Zweifel daran
gelassen, dass er der alleinige Betriebsinhaber sei und selbst davon ausgehe, dass die
Klägerin zwar selbständig arbeite, jedoch abhängig beschäftigt sei. Jedenfalls hat
ausschließlich der Beigeladene zu 1) die Rechtsmacht, an den rechtlichen Verhältnissen
der Firma Änderungen vorzunehmen oder die Klägerin von ihren Aufgaben wieder zu
entbinden. Damit ist die Klägerin in ihrer Betätigung bei dem Beigeladenen zu 1) in
jeglicher Hinsicht rechtlich von diesem abhängig.
Dass die Klägerin in ihrem Aufgabenbereich, der kaufmännischen Leitung des Betriebes,
sicherlich keiner ständigen Aufsicht und Kontrolle, zu der sich der Beigeladene zu 1) in
kaufmännischen Angelegenheiten auch gar nicht in der Lage sieht, unterliegt, sondern –
wie bei Diensten höherer Art üblich – weitgehend weisungsfrei ist, spricht ebenfalls nicht
für eine selbständige Tätigkeit. Das Weisungsrecht kann, vornehmlich bei sog. Diensten
höherer Art, sogar stark eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe
am Arbeitsprozess" verfeinert sein (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Januar 2006,
- B 12 KR 12/05 R m. w. N., zitiert nach juris), ohne dass dies gegen eine abhängige
Tätigkeit spräche. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Wahrnehmung von
Arbeitgeberfunktionen, wie der eigenständigen Einstellung von Personal (vgl.
Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R, zitiert nach
juris), die die Klägerin zuletzt nicht einmal mehr selbst behauptet hat. In diesem
Zusammenhang hebt die Kammer ausdrücklich hervor, dass - wie bei der Klägerin in
Folge ihrer Ausbildung als Sozialversicherungsfachangestellte und ihrer jahrelang
erworbenen kaufmännischen Kenntnisse - der eigentlich Weisungsbefugte häufig
aufgrund seiner fachlichen Unterlegenheit überhaupt nicht dazu in der Lage ist,
Weisungen zu erteilen. Hinzu kommt bei Familienunternehmen im Übrigen eine
besondere familienhafte Rücksichtnahme, die ebenfalls die Erteilung von Weisungen
einschränkt. Ein eingeschränktes oder im Einzelfall überhaupt nicht ausgeübtes
Weisungsrecht ändert nach Auffassung der Kammer aber nichts daran, dass eine
rechtliche Weisungsunterworfenheit der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen zu 1)
vorliegt, die aus dessen Stellung als Betriebsinhaber herrührt. Zu beachten ist insoweit
auch, dass die Nichtausübung eines Weisungsrechts solange unbeachtlich ist, wie diese
Rechtsposition nicht wirksam abgedungen worden ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil
vom 15. Januar 2006, - B 12 KR 30/04 R, zitiert nach juris); letztlich bleibt der
Beigeladene zu 1) rechtlich verantwortlich. Dagegen hat eine Eingliederung der Klägerin
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Beigeladene zu 1) rechtlich verantwortlich. Dagegen hat eine Eingliederung der Klägerin
in den Betrieb durchgehend vorgelegen, und zwar nicht nur räumlich durch einen
eigenen Arbeitsplatz in den Betriebsräumen, sondern auch funktionell bis hin zu einer für
Arbeitnehmer bzgl. Lage und Verteilung sowie Umfang üblichen Arbeitszeit, wobei sich
die Klägerin, wie aber bei leitenden Angestellten ebenfalls nicht unüblich, gewisse
Freiheiten, nehmen durfte; Im Übrigen verfügte die Klägerin auch nicht etwa über eine
eigene Betriebsstätte, was Indiz für die Qualifizierung einer selbständigen Tätigkeit wäre
(vgl. hierzu: Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Mai 2008, - B 12 KR 13/07 R, zitiert nach
juris).
Tatsächlich betreute die Klägerin in dem hier zu beurteilenden Zeitraum den
kaufmännischen Bereich. Auch wenn sie insoweit möglicherweise als leitende Angestellte
mit Personalbefugnissen und besonderen Fachkenntnissen tätig war, konnte sie die
wesentlichen Entscheidungen für das Unternehmen wie z. B. Erweiterung der
Geschäftsbereiche, Verkauf, Beteiligung an anderen Unternehmen, Umzug des
Unternehmens usw. weder allein bestimmen noch entscheidend mitbestimmen.
Unternehmensinhaber war vielmehr allein der Beigeladene zu 1), wie sich auch aus
sämtlichen aktenkundigen Geschäftspapieren und nicht zuletzt auch – nach einer
Recherche des Gerichts – aus dem eigenen Internetauftritt unter der Webadresse
„http://www.alleritz-automaten.de“. Dass die Klägerin aufgrund ihrer familiären Bindung
zum Unternehmensinhaber einen größeren Einfluss auf das Unternehmen gehabt haben
mag als ein familienfremder Arbeitnehmer, liegt – zumindest bei intakten familiären
Verhältnissen – in der Natur derartiger Beschäftigungsverhältnisse, erlaubt jedoch
keinerlei Rückschlüsse auf eine selbständige Tätigkeit. Hinzu kommt als maßgeblicher
Umstand, dass nach den übereinstimmenden Ausführungen der Klägerin, des
Beigeladenen zu 1) und des gehörten Zeugen G. nur der Beigeladene zu 1) die
Entscheidungen darüber trifft, welche größeren Investitionen – etwa die Entscheidung
darüber, welche neuen Automaten oder welche neuen Kraftfahrzeuge anzuschaffen sind
– zu erfolgen haben. Daher ist die Kammer auch davon überzeugt, dass nur der
Beigeladene zu 1) die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen in den Händen
hält und die Klägerin erst nach der Entscheidung des Beigeladenen zu 1) über das „Ob“
einer Investition in die weiteren Prozesse eingebunden ist. Dass die Klägerin im weiteren
Verlauf des „Wie“ nach ihren Angaben auch maßgeblichen Einfluss auf die
Vertragsverhandlungen nehmen kann, hält die Kammer für das geradezu typische
Erscheinungsbild einer leitenden Angestellten mit weitreichenden Befugnissen; eine
selbständige Tätigkeit vermag die Kammer daraus indes nicht schlusszufolgern.
Entscheidend ist und bleibt, dass der Beigeladene zu 1) die besonders risikobehafteten
Entscheidungen selbst trifft und das damit verbundene unternehmerische Risiko allein
trägt. Im Übrigen mag es sein – worauf der Zeuge G. glaubhaft hingewiesen hat –, dass
die Klägerin für die Mitarbeiter des Unternehmens des Beigeladenen zu 1) die
Ansprechpartnerin in allen nichttechnischen Belangen ist. Dies erscheint der Kammer im
Hinblick auf ihren kaufmännischen Arbeitsbereich auch durchaus plausibel zu sein, lässt
sie jedoch nicht als selbständig Tätige erscheinen, da auch derartige Umstände für
leitende Angestellte im kaufmännischen Bereich mit Personalverantwortung typisch sind.
Soweit auch damit argumentiert wird, dass die Klägerin – entgegen der Regelung im
Arbeitsvertrag – keine regelmäßige Arbeitszeit zu verrichten hatte und an keine festen
Arbeitszeiten gebunden war und auch weisungsunabhängig tätig wurde, handelt es dabei
um Gegebenheiten, die auch für abhängig Beschäftigte in leitender Position typisch sind.
Dies macht im Ergebnis auch deutlich, dass etwaige vorübergehende, nur wenige
Wochen umfassende Abwesenheiten den Vergütungsanspruch nicht berühren sollen.
Nach der vertraglichen Gestaltung kann die Klägerin daher auch in Krankheits- und
Urlaubszeiten diese Vergütung beanspruchen. Sie läuft damit nicht Gefahr, ihre
Arbeitsleistung ohne Gegenleistung erbringen zu müssen. Dies wird sogar noch
plastischer, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Klägerin nach ihren eigenen
Angaben im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung am 06. Oktober 2010
seit etwa drei Jahren – von Ausnahmen abgesehen – nur noch bis mittags arbeitet, ohne
dass sich an der Höhe des Gehaltes – zumindest zu ihren Ungunsten – etwas verändert
hätte.
Die Klägerin selbst trägt – im Gegensatz zu dem Beigeladenen zu 1) – auch kein
unternehmerisches Risiko. Nach den vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätzen
(vgl. etwa Urteil vom 28. Mai 2008, - B 12 KR 13/07 R, zitiert nach juris m. w. N.) ist
maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene
Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, insbesondere aber auch,
ob der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel ungewiss ist. Dies ist
bei der Klägerin in keiner Weise jemals der Fall gewesen. Unabhängig vom
wirtschaftlichen Erfolg des Beigeladenen zu 1) erhält sie seit ihrem Eintritt in die Firma
ein festes Gehalt als Gegenleistung für den Einsatz ihrer Arbeitskraft. Soweit die Klägerin
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ein festes Gehalt als Gegenleistung für den Einsatz ihrer Arbeitskraft. Soweit die Klägerin
ihr Unternehmerrisiko einzig und allein darin erblickt, dass sie im Falle einer Insolvenz
der Firma des Beigeladenen zu 1) mit ihrem Privatvermögen haften müsse, überzeugt
dies die Kammer schon deshalb nicht, weil die Klägerin das finanzielle Risiko gerade nicht
als Mitinhaberin übernommen hat. Dass sie im Falle der Insolvenz der Firma
(möglicherweise) dem Beigeladenen finanziell zur Seite stehen würde, führt die Kammer
allein auf die eherechtlichen Bindungen zurück, ein maßgebliches Unternehmerrisiko
trägt die Klägerin damit jedoch nicht.
Schließlich stellt zwar die Gewährung des Darlehens in Höhe eines Betrages von
20.000,00 DM auch nach Auffassung der Kammer ein Indiz für eine selbständige
Tätigkeit der Klägerin dar, da ein solches Engagement arbeitnehmeruntypisch ist.
Andererseits erhielt und erhält die Klägerin ein festes - von der monatlichen Ertragslage
des Beigeladenen zu 1) unabhängiges - monatliches Gehalt. Die Annahme einer
selbständigen Tätigkeit ist indes erst dann gerechtfertigt, wenn ein echtes
Unternehmerrisiko getragen wird, wovon unter anderem jedoch erst dann ausgegangen
werden kann, wenn trotz fehlender Einnahmen Betriebsausgaben zu tragen sind
(Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. November 2005, - L 13 R
112/05, zitiert nach juris), was hier zu keinem Zeitpunkt der Fall gewesen ist. In der
vorzunehmenden Gesamtbetrachtung kann die Höhe des finanziellen Engagements die
gegen eine selbständige Tätigkeit der Klägerin sprechenden Umstände nicht überlagern.
Die Tatsache, dass sie weder tatsächlich noch rechtlich zur Bestimmung der Geschicke
des Beigeladenen zu 1) in der Lage war und ist, wiegt zu schwer.
Die Kammer vermag auch nicht die Auffassung einer vollständigen Unabhängigkeit der
steuerrechtlichen von der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der klägerischen
Tätigkeit zu teilen. Richtig ist zwar, dass zwischen diesen Rechtsgebieten keine
Bindungswirkung besteht, also der Einzugsstelle jeglicher Beurteilungsspielraum und
jegliche Entscheidungskompetenz bei Vorlage eines Steuerbescheides genommen wäre,
doch besteht eine starke Indizwirkung im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses.
Dies hat der Gesetzgeber etwa in § 28p SGB IV berücksichtigt, wonach bei
Betriebsprüfungen auf die Lohnsteuerprüfungen zurückgegriffen werden kann (§ 10 Abs.
2 der Beitragsverfahrensordnung). Auch findet sich ein entsprechender der Bezug in § 1
Abs. 1 Nr. 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung, als Nachfolgevorschrift der
früheren Arbeitsentgeltverordnung. Die Kammer kann und will nicht darüber
hinweggehen, dass die Klägerin bei Abgabe ihrer Steuererklärung – gegebenenfalls über
ihren Steuerberater – stets ihre Arbeitnehmereigenschaft vorgetragen hat. Im Übrigen
ist die steuerrechtliche Behandlung auch nicht nur eine bloße Formalie. Wenn gegenüber
dem Finanzamt über Jahrzehnte hinweg nach besten Wissen und Gewissen erklärt wird,
als Arbeitnehmer sein Geld zu verdienen und auch entsprechende Vergünstigungen
steuerlicher Art in Anspruch genommen werden, ist dies ein gewichtiges Indiz, das für die
Qualifizierung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht. Dies gilt auch für die
Betriebsprüfungen. Dass die in der Vergangenheit mehrfach durchgeführten
Betriebsprüfungen keinerlei Beanstandungen dieser Praxis ergeben haben, ist rechtlich
nicht ausschlaggebend, ergänzt aber das Bild einer zutreffend als abhängige
Beschäftigung eingestuften Tätigkeit der Klägerin. Anhaltspunkte dafür, dass sich die
Klägerin und der Beigeladene zu 1) bei der Frage, ob die Klägerin ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis ausübt, in einem Rechtsirrtum befanden, bestehen nicht, denn
in dem Betrieb des Beigeladenen zu 1) sind und waren fortlaufend Arbeitnehmer
beschäftigt, für die eine Meldung zur Sozialversicherung zu erfolgen hatte, für die die
Klägerin – die im Übrigen den Beruf der Sozialversicherungsfachangestellten erlernt hat
und damit ohnehin über sozialversicherungsrechtliche Kenntnisse verfügt – die
Verantwortung trug. Die Frage der Sozialversicherungspflicht und die diese
begründenden Tatsachen waren daher sowohl der Klägerin als auch dem Beigeladenen
zu 1) vertraut, so dass – entgegen der Auffassung der Klägerin und des Beigeladenen zu
1) – nichts dafür spricht, die Meldung der Klägerin habe auf einer fehlerhaften rechtlichen
Einschätzung der Beziehungen der Eheleute beruht.
d)
mithelfende Familienangehörige. Dies sind Personen, die nicht auf der Grundlage eines
entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses, sondern aufgrund familiärer bzw.
unterhaltsrechtlicher Verpflichtung tätig werden und deshalb nicht der
Sozialversicherungspflicht unterliegen (vgl. hierzu im Einzelnen: Seewald in Kasseler
Kommentar, § 7 SGB IV, Rn. 101ff. mit umfangreichen Nachweisen aus der
Rechtsprechung). Dagegen widmete die Klägerin ihre gesamte Arbeitskraft für das
Unternehmen des Beigeladenen zu 1) und sie bestritt ihren gesamten Lebensunterhalt
aus dem hierfür gezahlten Entgelt. Das erzielte monatliche Bruttoentgelt in Höhe eines
Betrages, der seit mehreren Jahren stetig die Jahresarbeitsverdienstgrenze
überschreitet, übersteigt die bei einer familiären Mitarbeit typische Gegenleistung (Kost
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überschreitet, übersteigt die bei einer familiären Mitarbeit typische Gegenleistung (Kost
und Logis nebst Taschengeld) bei weitem. Gegen eine familiäre Mithilfe und für ein
reguläres Beschäftigungsverhältnis spricht schließlich auch das Verhalten der Klägerin
und des Beigeladenen zu 1), die das gezahlte Entgelt – wie bereits erwähnt – durchaus
als Arbeitsentgelt angesehen und dementsprechend Lohnsteuern und
Sozialversicherungsbeiträge abgeführt haben.
e)
rückwirkend in das jahrelang mit Billigung aller Beteiligten bestehende
Versicherungsverhältnis einzugreifen. Schwerwiegende Fehler, Ungereimtheiten oder
Erschleichung eines Versicherungsschutzes sind auszuschließen. Gerade, weil eine
solche in die Vergangenheit zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel
verschiedenster Beteiligter zutreffenden Rechtszustandes zu solchen Unklarheiten und
Unsicherheiten wie hier führt, hat das Bundessozialgericht den einleuchtenden
Rechtssatz formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich nicht
nachträglich geändert werden sollen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 08. Dezember 1999, - B
12 KR 12/99 R, zitiert nach juris). Der Gedanke von der Kontinuität eines
Versicherungslebens, wonach Änderungen darin erst für die Zukunft gelten sollen, ist ein
beachtlicher Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung.
4.
Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung nicht durchzudringen
vermochte, war die Klage auch hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens abzuweisen.
Denn die Klägerin war in dem zur Beurteilung gestellten Zeitraum ab dem 01. Juli 1995
mehr als nur geringfügig abhängig beschäftigt und unterlag daher nach § 5 Abs. 1 Nr. 1
SGB V, § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XI sowie § 25 SGB III der
Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der
Sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Darüber
hinaus hat die Beklagte im Hinblick auf die Überschreitung der
Jahresarbeitsentgeltgrenze auch zutreffend diejenigen Zeiträume ausgeschieden, in
denen die Klägerin nicht der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Kranken- und
Sozialen Pflegeversicherung unterlag. Insoweit verweist die Kammer gemäß § 136 Abs. 3
SGG auf die Ausführungen im angegriffenen Widerspruchsbescheid vom 28. Februar
2006, folgt dieser und macht sie sich zu Eigen.
Soweit ein Zeitraum im Streit stand, über den die Beklagte bereits mit Bescheid vom 19.
Juni 1998 bindend entschieden hatte, hat die Beklagte nach alledem im Übrigen
zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen der insoweit einschlägigen
Rechtsgrundlage des § 44 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch –
Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) mangels Rechtswidrigkeit
nicht vorliegen. Soweit die Beklagte darüber hinaus eine Feststellung auch für den sich
anschließenden Zeitraum und für die Zukunft getroffen hat, ist auch diese aus den
dargestellten Gründen nicht zu beanstanden.
Schließlich hat die Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden nach deren Auslegung
und ihrem Gesamtzusammenhang nicht nur über die Versicherungspflicht dem Grunde
nach entschieden, sondern eine umfassende Entscheidung herbeigeführt, so dass es
sich nicht lediglich um eine rechtswidrige Elementenfeststellung handelt (vgl. zu diesem
Aspekt eingehend: Bundessozialgericht, Urteil vom 11. März 2009, - B 12 R 11/07 R,
zitiert nach juris). Die Problematik der unzulässigen Elementenfeststellung stellt sich im
Übrigen nach Auffassung der Kammer schon deshalb nicht, weil für die Klägerin in der
Vergangenheit – entsprechend ihrem Bruttoarbeitsentgelt – tatsächlich
Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt bzw. – zwischenzeitlich – angefordert
worden sind (vgl. hierzu auch: Sozialgericht Neuruppin, Urteil vom 15. September 2010,
- S 25 KR 186/06, zitiert nach juris).
5.
außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§ 193 SGG). Auch hält es die Kammer nicht für
geboten, der unterlegenen Klägerin eventuelle Kosten des Beigeladenen zu 1)
aufzuerlegen.
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