Urteil des SozG Marburg vom 08.09.2010

SozG Marburg: gemeinschaftspraxis, rückforderung, zusammensetzung, vertragsarzt, abrechnung, wirtschaftliche tätigkeit, job sharing, vertrauensschutz, honorarforderung, versorgung

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 08.09.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 126/10
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 71/10
1. Die Rückforderungsbescheide der Beklagten vom 04.12.2008 bzgl. des fünften bis siebten. Leistungsjahres
Jobsharing (Quartale II/05 bis I/07) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Honorarrückforderung in Höhe von 344.799,14 EUR wegen Überschreitens der
Leistungsbeschränkung im Rahmen eines sog. Jobsharing-Verhältnisses für den Zeitraum II/04 bis I/07 (fünftes bis
siebtes Leistungsjahr).
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt. Sie besteht aus sechs Radiologen. Frau Dr. med.
CC wurde als Fachärztin für diagnostische Radiologie durch Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der
Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 28.03.2000 zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit Herrn Dr.
med. DD gem. § 101 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abschnitt 4 Nr. 23a der Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte zugelassen. Der
Zulassungsausschuss genehmigte mit weiterem Beschluss vom 28.03.2000 die gemeinsame vertragsärztliche
Tätigkeit der Frau Dr. CC mit den übrigen fünf Radiologen der Gemeinschaftspraxis und legte zur Beschränkung des
Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber den Erstzugelassenen in den Quartalen I/96 bis IV/96 ergangenen
Abrechnungsbescheiden ein quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen, welches bei der Abrechnung
vertragsärztlicher Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis gemeinsam als Leistungsbeschränkung für Herrn
Dr. DD und Frau Dr. CC maßgeblich ist, wie folgt fest:
1. Jahresquartal – 2.224.972,18 Punkte 2. Jahresquartal – 2.303.798,08 Punkte 3. Jahresquartal – 2.364.090,20
Punkte 4. Jahresquartal – 2.396.412,18 Punkte jeweils zzgl. 3 % des Fachgruppendurchschnitts des entsprechenden
Vorjahresquartals.
Frau Dr. CC beendete zum 31.07.2007 das Jobsharing-Verhältnis und schied aus der Gemeinschaftspraxis aus.
Ebenfalls endete die Tätigkeit a des Facharztes für diagnostische Radiologe Dr. med. EE als angestellter Arzt gem. §
101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV zum 31.03.2007 (Beschluss des Zulassungsausschusses vom
27.03.2007).
In den streitbefangenen Quartalen nahm die Beklagte folgende Honorarfestsetzungen vor:
II/04 III/04 IV/04 I/04 Honorarbescheid vom 09.10.2004 07.02.2005 18.04.2005 26.07.2005 Nettohonorar gesamt in
EUR 572.739,86 574.657,68 658.538,79 613.527,39 Bruttohonorar PK + EK in EUR 573.670,71 570.344,52
659.283,83 615.444,00 Fallzahl PK + EK 6.734 6.830 7.024 7.084 Angefordertes Honorar Basis EBM in Punkten
930.256,52 981.293,64 995.947,42 1.027.581,93 Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 930.256,52
981.293,64 995.947,42 1.027.581,93
II/05 III/05 IV/05 I/06 Honorarbescheid vom 29.06.2006 12.08.2006 06.08.2007 20.01.2007 Nettohonorar gesamt in
EUR 614.102,46 525.492,53 617.349,42 508.255,81 Bruttohonorar PK + EK in EUR 617.066,46 527.896,06
625.094,76 512.077,30 Fallzahl PK + EK 7.597 6.878 7.087 7.506 Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in Punkten
876.480,24 820.477,13 842.740,76 850.645,34 Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 876.480,24
820.477,13 842.740,76 850.645,34
II/06 III/06 IV/06 I/07 Honorarbescheid vom 04.02.2007 17.03.2007 18.04.2007 08.03.2008 Nettohonorar gesamt in
EUR 526.688,11 527.873,54 600.824,84 533.633,39 Bruttohonorar PK + EK in EUR 531.026,60 531.308,91
608.589,25 537.396,92 Fallzahl PK + EK 7.014 6814 7.432 7.556 Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in Punkten
804.894,50 814.471,93 861.543,74 898.163,99 Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 804.894,50
814.471,93 861.543,74 898.163,99
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 04.12.2008 für das fünfte Leistungsjahr – Quartale II/04 bis I/05 einen
Rückforderungsbetrag in Höhe von 143.609,57 EUR (147.343,25 EUR brutto abzüglich 3.733,68 EUR anteilige
Verwaltungskosten) fest. Zur Begründung verwies sie auf das Jobsharing-Verhältnis und einen beigefügten
Berechnungsbogen.
Hiergegen legte die Klägerin am 12.12.2008 Widerspruch ein. Die Beklagte setzte mit weiteren
Rückforderungsbescheiden vom 04.12.2008 für das sechste Leistungsjahr – Quartale II/05 bis I/06 – und für das
siebte Leistungsjahr – Quartale II/06 bis I/07 – eine Honorarrückforderung in Höhe von 102.744,01 EUR bzw.
98.445,56 EUR fest. Auch hiergegen legte die Klägerin am 12.12.2008 Widerspruch ein.
Zur Begründung ihrer Widersprüche trug die Klägerin vor, die Bedarfsplanungs-Richtlinie lasse offen, wie bei einer
bereits vor dem Jobsharing bestehenden Berufsausübungsgemeinschaft die anerkannten Punktzahlanforderungen im
entsprechenden Vorjahresquartal des erstzugelassenen Vertragsarztes zu rechnen seien. Die Beklagte mache sich
diese Berechnung sehr einfach, indem sie sich an den jeweiligen EHV-Quoten orientiere und unterstelle, dass diese
1:1 dem entsprächen, was der einzelne Vertragsarzt anteilig an der von der Berufsausübungsgemeinschaft insgesamt
zur Abrechnung gebrachten Punktzahlvolumen an Leistung erbracht habe. Die Beklagte stelle zudem nur auf das
Jobsharing-Paar ab und nehme keine Gesamtbetrachtung vor. Sie lasse unberücksichtigt, ob die
Berufsausübungsgemeinschaft insgesamt mit der von ihr zur Abrechnung gebrachten Gesamtpunktzahl die
Gesamtpunktzahl der Berufsausübungsgemeinschaft im entsprechenden Ausgangquartal überschritten habe. Dies
gelte für das erste Leistungsjahr. Die Rückforderungsbescheide seien an die Berufsausübungsgemeinschaft Dres.
med. AA adressiert. Diese Berufsausübungsgemeinschaft existiere aber erst seit dem Quartal II/07. Sie könne schon
rein zeitlich nicht die im Rahmen des Jobsharings überzahlte Berufsausübungsgemeinschaft sein. Komme es
innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft zu einem Wechsel der Gesellschafter, werde lediglich die der
Berufsausübungsgemeinschaft zugrunde liegende Gesellschaft fortgeführt, nicht jedoch die vertragsärztliche
Berufsausübungsgemeinschaft. Eine Haftung der Gesellschaft scheide aus, da es zwischen ihr und der
Kassenärztlichen Vereinigung mangels Zulassungsstatus an einer Rechtsbeziehung fehle. Mangels Haftung der
Gesellschafter bestehe dann nach dem zwingenden Akzessorietätsgrundsatz auch keine Haftung der Gesellschafter.
Bei einem Neuantritt von Gesellschaftern komme es zu einer neuen vertragsärztlichen
Berufsausübungsgemeinschaft. Richtiger Adressat wäre die Berufsausübungsgemeinschaft Dres. med. AB gewesen.
Die Anpassungsfaktoren seien ihr zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden. Sie sei erst durch die angefochtenen
Bescheide hierüber informiert worden. Der Anpassungsfaktor sei stets (1 gewesen. Dies habe dazu geführt, dass die
ihr zuerkannte Gesamtpunktzahlobergrenze stets deutlich unterhalb des Fachgruppendurchschnitts gelegen habe.
Wegen der fehlenden Kenntnis des Anpassungsfaktors habe sie keine Orientierung gehabt. Soweit die Beklagte sie
mit jeder Quartalsabrechnung über eine Prüfung der Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der
Punktzahlobergrenzen im Rahmen des Jobsharings hingewiesen habe, habe sie weiter erklärt, jeweils nach Ablauf
eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben zu informieren. Die angekündigte Information sei
aber nicht nur nach Ablauf des ersten Leistungsjahres nicht erfolgt, sie sei vielmehr während des gesamten
Jobsharings ausgeblieben. Es bestehe ein schützenswertes Vertrauen, wenn es die Kassenärztliche Vereinigung
unterlassen habe, auf ihr bekannte Ungewissheiten hinzuweisen. Die Beklagte sei sieben Jahre untätig geblieben.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2010 alle drei Widersprüche als unbegründet zurück. Sie
führte darin aus, der Zulassungsausschuss habe das Punktzahlvolumen festgelegt. Soweit sie sich gegen die von ihr
angewandte Berechnungsweise anhand der EHV-Aufteilung wende, sei anzuführen, dass die festgelegten
Punktzahlobergrenzen vor Erlass des Zulassungsbeschlusses schriftlich anerkannt worden seien. Der Beschluss sei
inzwischen bestandskräftig. Etwaige Einwände hätten vor dem Zulassungsausschuss geltend gemacht werden
müssen. Die Begrenzung des Leistungsvolumens erfolge, weil die Beschäftigung eines Jobsharing-Partners gerade
auch in wegen Überversorgung gesperrten Zulassungsbereichen ermöglicht werde. Gläubiger der Forderung einer
BGB-Gesellschaft sei die BGB-Gesellschaft selbst, unabhängig vom Bestand ihrer Mitglieder. Dies gelte auch für
Honoraransprüche einer vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft gegenüber
der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Neugesellschafter träten in die Haftung für Altverbindlichkeiten der
Gesellschaft ein. Die BGB-Gesellschafter, nicht ihre einzelnen Mitglieder seien Gläubiger der Honorarforderung im
Verhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung. Nach dem Bundessozialgericht sei es aus Rechtsgründen
ausgeschlossen, einer Gemeinschaftspraxis alle Vorteile der gemeinsamen Patientenbehandlung zugute kommen zu
lassen, im Falle einer Regressforderung einer Gemeinschaftspraxis diese jedoch außer Betracht zu lassen (BSG,
Urteil vom 20.04.2004 – B 6 KA 41/03 –).
Hiergegen hat die Klägerin am 04.02.2010 die Klage erhoben. Sie trägt vor, mit Beendigung des Jobsharings habe
gleichzeitig ein Wechsel von drei Gesellschaftern stattgefunden. Die Dres. FF, GG und CC. hätten die
Berufsausübungsgemeinschaft verlassen. Als neue Gesellschafter seien die Dres. EE, HH und JJ hinzugekommen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, die Rückforderungsbescheide seien gegenüber einem fehlerhaften Adressaten
ergangen. Eine Berufsausübungsgemeinschaft unterscheide sich insofern von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts
dadurch, dass sie in sozialrechtlicher Hinsicht erst dann existiere, wenn sie durch den Zulassungsausschuss
entsprechend genehmigt werde. Es müsse zwischen der sozialrechtlichen Figur Berufsausübungsgemeinschaft und
der ihr zivilrechtlich zugrunde liegenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterschieden werden. Ein
Gesellschafterwechsel bedeute auch, eine haftungsrechtliche Zäsur der Berufsausübungsgemeinschaft. Sie mache
weiterhin Vertrauensschutzgesichtspunkte geltend. Aufgrund der Untätigkeit der Beklagten nach dem zweiten
Leistungsjahr hätte sie überhaupt keine Chance gehabt, die Gesamtpunktzahlobergrenzen einzuhalten, da ihnen diese
überhaupt nicht bekannt gewesen seien. Sie habe in den streitgegenständlichen Quartalen das ihr zugewiesene
Regelleistungsvolumen teilweise deutlich überschritten und deshalb nicht die angeforderte Honorarsumme zum
Durchschnittspunktwert der Fachgruppe vergütet erhalten. Wenn sie nun Leistungen, die sie zum unteren Punktwert
vergütet erhalten habe, zum oberen Punktwert zurückzahlen solle, müsse sie im Ergebnis mehr zurückzahlen, als sie
tatsächlich erhalten habe. Maßgeblich müsse nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der
durchschnittliche Punktwert sein. Liege jedoch keine schuldhafte Pflichtverletzung vor, wie bei ihr, fehle es jedoch an
einem sanktionswürdigen Verhalten. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Anpassungsfaktor von Amts wegen
mitzuteilen. Selbst in Kenntnis des Anpassungsfaktors hätte sie nicht die einzuhaltende Gesamtpunktzahlobergrenze
berechnen können, da hierfür der jeweilige Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe bekannt sein müsse.
Wegen der fehlenden Hinweise sei sie davon ausgegangen, dass sie die Gesamtpunktzahlgrenze wohl einhalten
werde, selbst nachdem es nach Beginn des Jobsharings zu einer Zunahme der zur Abrechnung gebrachten Punkte
gekommen sei, da andernfalls eine Reaktion der Beklagten hätte erfolgen müssen. Ursprünglich hätten für den
Zeitraum II/02 bis I/07 555.201,21 EUR zurückgefordert werden sollen. Für die nicht streitbefangenen Vorquartale
habe die Beklagte aber keine Rückforderung geltend gemacht. Sie habe erst 14 Monate später die Bescheide
erlassen und die Forderung wegen Verjährung beschränkt. Ihrer Prozessbevollmächtigten sei ein weiterer Fall
bekannt, in dem die Beklagte entsprechend vorgegangen sei. Unterstellt, die Beklagte habe Rückforderungsbeträge
ermittelt, so habe sie anscheinend die Verjährung absichtlich in Kauf genommen. Mit einem derartigen pflichtwidrigen
Verhalten müsse ein Vertragsarzt nicht rechnen. Die Beklagte verstoße gegen ihre Amtspflicht zum Nachteil aller
Vertragsärzte und könne sich nicht mehr auf die pflichtgemäße Umsetzung rechtlicher Vorgaben berufen.
Die Klägerin beantragt, die Rückforderungsbescheide der Beklagten vom 04.12.2008 bezüglich des fünften (Quartale
II/04 bis I/05), sechsten (Quartale II/05 bis I/06) und siebten Leistungsjahres Jobsharing (Quartale II/06 bis I/07) in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, die Vorgaben des Zulassungsausschusses seien bindend. Die Klägerin habe diese
auch anerkannt. Der Beschluss des Zulassungsausschusses sei bestandskräftig geworden. Die Klägerin habe auch
die Möglichkeit gehabt, einen entsprechenden Antrag auf Erweiterung der Punktzahlgrenzen beim
Zulassungsausschuss zu stellen. Zu trennen seien die Vorgaben für die Honorarverteilung und die Berechnung des
Rückforderungsbetrages. Die Feststellung, dass die Überschreitung der Leistungsobergrenze im Jobsharing
ausschließlich durch solche Leistungen begründet sei, die dem Regelleistungsvolumen zugeordnet seien, sei nicht
sachgerecht. Es habe mehrere Leistungsbereiche (Honorartöpfe), die jeweils mit eigener Quote bzw. Punktwerten
vergütet worden seien, gegeben. Da dem Jobsharing sämtliche Leistungen unterworfen seien, seien demnach auch
abstrakt Leistungsentwicklungen in allen Bereichen, z. B. der Prävention, für die Überschreitung verantwortlich. Eine
Festlegung, dass nur die angeforderten Punktzahlen, die in diesem Leistungsjahr an Honorar vertraglich dem
Regelleistungsvolumen zugeordnet werden, rechnerisch für die Überschreitung verantwortlich seien, sei demnach
nicht möglich. Der Rückforderungsbetrag müsse nach einer Durchschnittsbetrachtung berechnet werden. Die
Berechnung des durchschnittlichen Punktwertes eines Quartals erfolge durch Bereinigung der Honorarforderung um
die LG14 und auch deren Euro-Bewertung, so dass ausschließlich Punktzahlen, die dem Jobsharing unterworfen
würden, mit Punktwerten dieses Bereichs bewertet würden. Bei dieser Berechnung werde der sog. untere Punktwert
anteilig betrachtet. Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu Honorarkürzungen bei
Wirtschaftlichkeitsprüfungen und sachlich-rechnerischer Berichtigung. Daher sei der jeweils auf Bl. 201, 397 und 600
der Verwaltungsakte genannte rechnerische Punktwert des Quartals in die Berechnung des Rückforderungsbetrages
des jeweiligen Leistungsjahres eingeflossen. Soweit der Klägerin die entsprechend Anpassungsfaktoren nicht
mitgeteilt worden seien, so schließe dies eine Honorarrückforderung nicht aus. Der Klägerin wäre es ohne weiteres
möglich gewesen, die jeweiligen Anpassungsfaktoren bei ihr nachzufragen. Vertrauensschutzgesichtspunkte stünden
der Rückforderung nicht entgegen. Ab dem Quartal II/04 habe sie gemeinsam mit den Honorarunterlagen ein
Schreiben übersandt, wonach auf den Vorbehalt evtl. Rückforderung durch die Jobsharing-Berechnung verwiesen
worden sei. Sie habe nicht mitgeteilt, dass bis zum Ende des jeweiligen Leistungsjahres eine Überprüfung und
Mitteilung erfolge. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung, dass ein Wechsel im Mitgliederbestand solange
keinen Einfluss auf die Fortführung der Gesellschaft habe, solange durch die Zulassungsgremien keine
Statusentscheidung getroffen und dadurch die Gemeinschaftspraxis zulassungsrechtlich beendet worden sei.
Aufgrund des Anpassungsfaktors sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Erhöhung der
Punktzahlobergrenze aufgrund von Änderungen des EBM oder vertraglicher Vereinbarungen nicht vorlägen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die Kammer konnte dies trotz
Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten tun, weil diese ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit
hingewiesen worden war.
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben
worden.
Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide vom 04.12.2008 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 sind rechtswidrig. Sie waren daher aufzuheben. Der Klage war
stattzugeben.
Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu
stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die
vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2
1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu
überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der
von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit
der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf
Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb
nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der
Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu
prüfen und ggf. zu berichtigen.
Die Beklagte hat aber zu Unrecht für das fünfte bis siebte Leistungsjahr die Punktzahlvolumen abgesetzt, die über
dem vom Zulassungsausschuss genehmigten Leistungsvolumen lag. Insofern kann sich die Klägerin auf
Vertrauensschutz berufen.
Der Bescheid des Zulassungsausschusses vom 28.03.2000 ist bestandskräftig, was zwischen den Beteiligten
unstrittig ist. Die von der Klägerin abgerechneten Honorarvolumina überschritten das im Bescheid des
Zulassungsausschusses genannte Leistungsvolumen, was die entsprechenden Honorarrückforderungen ergibt. Auch
dies ist insoweit unstreitig zwischen den Beteiligten. Eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs
der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum Vorjahresvolumen ist zulässig (Nr. 3.1 Satz 6 Halbsatz 2 Angestellte-Ärzte-
Richtlinien). Mit Jahresbezug ist das Tätigkeitsjahr und nicht Kalenderjahr gemeint, wovon auch die Beklagte
zutreffend ausgegangen ist.
Strittig zwischen den Beteiligten sind insbesondere die Fragen, ob wegen des Gesellschafterwechsels die Klägerin der
richtige Adressat der Forderung ist, ob Vertrauensschutzgesichtspunkte der Forderung entgegenstehen, ob die
fehlende Mitteilung des Anpassungsfaktor der Berichtigung entgegensteht und ob der Rückforderungsbetrag richtig
berechnet ist
Die Klägerin ist trotz des Gesellschafterwechsels der richtige Adressat der Honorarrückforderungsbescheide.
In einem Grundsatzurteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2001 entschieden, dass der Gesellschaft
bürgerlichen Rechts (GbR) Rechtsfähigkeit zukommt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte
und Pflichten als Außen-GbR begründet (vgl. BGH, Urt. v. 29.01.2001 - II ZR 331/00 - BGHZ 146, 341 = NJW 2001,
1056, zitiert nach juris Rdnr. 5 ff.). Ein für die Praxis bedeutsamer Vorzug der nach außen bestehenden
Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts besteht nach dem BGH darin, dass danach ein Wechsel im
Mitgliederbestand keinen Einfluss auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat.
Bei strikter Anwendung der traditionellen Auffassung müssten Dauerschuldverhältnisse mit der "Gesellschaft" bei
jedem Wechsel im Mitgliederbestand von den Vertragsparteien neu geschlossen bzw. bestätigt werden. Wenn die
Gesellschaft im Außenverhältnis nur ein Schuldverhältnis darstellt, können zwei aus verschiedenen Mitgliedern
bestehende Schuldverhältnisse nicht identisch sein. Das Erfordernis von Neuabschlüssen von
Dauerschuldverhältnissen bei einem Gesellschafterwechsel ist aber ohne innere Rechtfertigung und würde die
Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Rechtsverkehr erheblich beeinträchtigen. Die traditionelle Auffassung vermöge
im Übrigen keine befriedigende Erklärung dafür zu liefern, warum auch ein neu in die Gesellschaft eintretender
Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen für Altschulden haften sollte (BGH, ebd., Rdnr. 9). In Fortführung
seiner Rechtsprechung zur Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft geht der BGH ferner davon
aus, dass der eintretende Neugesellschafter in die Haftung für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft eintritt. Die
persönliche Haftung aller Gesellschafter entspricht in ihrem jeweiligen personellen Bestand dem Wesen der
Personengesellschaft und ihren Haftungsverhältnissen, weil die Gesellschaft kein eigenes, zu Gunsten ihrer Gläubiger
gebundenes garantiertes Haftkapital besitzt. Ihr Gesellschaftsvermögen steht dem Zugriff der Gesellschafter jederzeit
uneingeschränkt und sanktionslos offen. Bei dieser Sachlage ist die persönliche Haftung ihrer Gesellschafter für die
Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht nur die alleinige Grundlage für die Wertschätzung und Kreditwürdigkeit der
Gesellschaft; sie ist vielmehr das notwendige Gegenstück zum Fehlen jeglicher Kapitalerhaltungsregeln. Dabei kann
die Rechtsordnung konsequenterweise nicht bei einer Haftung nur der Altgesellschafter Halt machen. Denn mit dem
Erwerb seiner Gesellschafterstellung erlangt auch ein neu eintretender Gesellschafter dieselben Zugriffsmöglichkeiten
auf das Gesellschaftsvermögen wie die Altgesellschafter, was angesichts der Komplementarität von Entnahmefreiheit
und persönlicher Haftung sinnvollerweise nur durch Einbeziehung der Neugesellschafter in dasselbe Haftungsregime,
dem auch die Altgesellschafter unterliegen, kompensiert werden kann. Zudem erwirbt der neu Eintretende mit seinem
Eintritt in die Gesellschaft auch Anteil an dem Vermögen, der Marktstellung sowie den Kunden- bzw.
Mandantenbeziehungen, die die Gesellschaft durch ihre bisherige wirtschaftliche Tätigkeit begründet hat. Es ist
deshalb nicht unangemessen, wenn er im Gegenzug auch in die Verbindlichkeiten eintritt, die die Gesellschaft im
Zuge ihrer auf Erwerb und Vermehrung dieser Vermögenswerte gerichteten wirtschaftlichen Tätigkeit begründet hat.
Nicht selten wird die Altverbindlichkeit, für die der neu eingetretene Gesellschafter mithaften soll, exakt einem
Aktivum der Gesellschaft als Gegenleistung (aus der Sicht der Gesellschaft Gegenverpflichtung) zuzuordnen sein, an
dem der Eintretende für sich eine Mitberechtigung reklamiert (vgl. BGH, Urteil v. 07.04.2003 - II ZR 56/02 - BGHZ
154, 370 = NJW 2003, 1803, zitiert nach juris Rdnr. 11 f.).
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung, der die Kammer folgt, wird Gläubiger der Forderung einer BGB-
Gesellschaft jeweils die BGB-Gesellschaft selbst, unabhängig vom Bestand ihrer Mitglieder. Dies gilt auch für
Honoraransprüche einer vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft gegenüber
der Beklagten als Kassenärztliche Vereinigung. Dies hat die Kammer bereits mit Urteil v. 07.03.2007 - S 12 KA 59/07
- www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris = www.lareda.hessenrecht.hessen.de (rechtskräftig) entschieden (s. a. SG
Marburg, Beschl. v. 23.08.2007 - S 12 KA 313/07 ER -, aaO., Beschwerde durch LSG Hessen, Beschl. v. 10.04.2008
- L 4 KA 63/07 ER – zurückgewiesen). Die Kammer hat darin weiter ausgeführt:
"Honoraransprüche sind vermögensrechtliche Ansprüche. Es sind keine zwingenden öffentlich-rechtlichen
Vorschriften ersichtlich, die ein Abweichen von der genannten BGH-Rechtsprechung gebieten würden.
Die von der Beklagten angeführte "Sperrwirkung des Zulassungsrechts" gilt nur insofern, als es für den jeweiligen
Bestand der Gemeinschaftspraxis ausschließlich auf den aktuellen Zulassungsstatus, nicht die diesem zugrunde
liegenden vertraglichen Absprachen zwischen den Gesellschaftern ankommt. Insofern kommt es auch nicht auf eine
Kenntnis der Gesellschaftsverträge an, wenn sich aus dem Zulassungsstatus ergibt, dass die Gemeinschaftspraxis,
wenn auch in veränderter Zusammensetzung fortbesteht. Erst bei Ausscheiden aller Mitglieder einer
Gemeinschaftspraxis bzw. bei Übrigbleiben eines Vertragsarztes ist die Gemeinschaftspraxis zulassungsrechtlich
beendet. Solange zwei oder mehr Mitglieder in ihr verbleiben, wird sie fortgeführt, unabhängig vom Wechsel ihrer
Mitglieder. Hat die Beklagte Zweifel am Fortbestand der Gemeinschaftspraxis, so kann sie Einsicht in die
Zulassungsunterlagen nehmen. Anhand der Zulassungen kann im Regelfall nachverfolgt werden, ob eine
Gemeinschaftspraxis aufgelöst wird oder nicht. Im Falle einer Auflösung haben die Beteiligten dies gegenüber dem
Zulassungsausschuss zu erklären, der eine entsprechende Feststellung zu treffen hat. Insoweit übt der
Zulassungsausschuss eine Notarfunktion aus. Wird eine Gemeinschaftspraxis fortgeführt, so kann man dies daran
erkennen, dass ein Rest der Gemeinschaftspraxis bestehen bleibt. Insofern kann anhand der Zulassungen
nachverfolgt werden, ob eine Gemeinschaftspraxis fortbesteht oder aufgelöst wird. Im Rechtsverkehr mit der
Beklagten kommt es ausschließlich auf den Zulassungsstatus an. Insofern ist der Beklagten zuzugeben, dass hier
eine öffentlich-rechtliche Überlagerung stattfindet, allerdings nicht mit den von der Beklagten genannten Folgerungen.
Auf Grund des Zulassungsverfahrens und des Zulassungsregisters tritt insofern verbindlich die Gemeinschaftspraxis
im Außenverkehr auf und muss sich daran festhalten lassen, wie sie zugelassen ist.
Den ausscheidenden Mitgliedern obliegt es mit den verbleibenden Mitgliedern im Rahmen der Auseinandersetzung
über das Gesellschaftsvermögen zu regeln, wie die noch ausstehenden Honoraransprüche, die bereits erarbeitet
wurden, aber noch nicht festgesetzt sind, verrechnet werden (§ 738 BGB). Dies ist im Übrigen keine Besonderheit des
Vertragsarztrechts, sondern gilt für alle BGB-Gesellschaften bzgl. künftiger bzw. noch nicht fälliger Forderungen. Im
Außenverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung tritt aber nur die Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen
Zusammensetzung auf. Entsprechend wird sie mit Leistung an diese auch von ihrer Leistungspflicht vollständig
befreit. Gegenüber den ausscheidenden Mitgliedern ist sie im Grunde genommen nie leistungspflichtig geworden, als
nicht diese, sondern eben die Gemeinschaftspraxis an der Honorarverteilung nach § 85 Abs. 4 SGB V teilnimmt.
Ändert sich deren Zusammensetzung, so nimmt sie eben in der geänderten Zusammensetzung an der
Honorarverteilung teil.
Mit Ausscheiden eines Gesellschafters wird der bisherig praktizierten Ausübungsform vertragsärztlicher Tätigkeit
nicht die reale Grundlage entzogen. Dies wird sinnbildlich, wenn die Gemeinschaftspraxis die bereits zuvor
behandelten Patienten auch weiterhin behandelt. Die Vergabe einer neuen Abrechnungsnummer hat allenfalls eine
honorartechnische, verwaltungsinterne Bedeutung. Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung ist lediglich
eine Voraussetzung für die Abrechenbarkeit einer Leistung. Folgerungen für den Vergütungsanspruch ergeben sich,
soweit die vertragsärztliche Leistung durch ein Mitglied der Gemeinschaftspraxis erbracht wurde, nicht. Auch die
Beklagte geht davon aus, dass trotz des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung die Vergütung nicht dem
einzelnen Arzt, sondern der Gemeinschaftspraxis zuzufließen hat. Im Übrigen besteht nach § 85 Abs. 4 SGB V kein
Anspruch auf Vergütung einer einzelnen Leistung, sondern nur auf Teilnahme an der Honorarverteilung.
Soweit sich das Bundessozialgericht mit dieser spezifischen Fallgestaltung noch nicht befasst hat, hat es aber in
verschiedenen Entscheidungen zu erkennen gegeben, dass es ebf. der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt
(vgl. z. B. BSG, Urteil v. 21.05.2003 – B 6 KA 33/02 R – MedR 2004, 172, juris Rdnr. 17). Soweit das BSG betont
hat, auch der Schutz des neuen Praxispartners spreche dafür, Einzel- und Gemeinschaftspraxis im Zeitablauf nicht
als Einheit zu sehen, da bei einer einheitlichen Betrachtung sich nämlich möglicherweise die Folgerung ergäbe, dass
der erst später eingetretene Praxispartner für eventuelle Regresse wegen früherer unzulässiger Verordnungen und für
etwaige Honorarrückforderungen z. B. wegen nachträglicher sachlich-rechnerischer Richtigstellungen mitzuhaften
hätte und werde hiervor der hinzutretende Partner bewahrt, wenn der Wechsel des Praxisstatus als Zäsur anerkannt
werde (vgl. BSG, Urteil v. 21.05.2003 – B 6 KA 33/02 R – MedR 2004, 172, juris Rdnr. 24), so betraf diese
Entscheidung allein den Fall des Hinzutretens eines weiteren Vertrags(zahn)arztes in die Praxis eines bereits
praktizierenden Vertrags(zahn)arztes, also der Neugründung einer Gemeinschaftspraxis. In der Entscheidung zur
Genehmigung überörtlicher Gemeinschaftspraxen führt das BSG aus, die Gemeinschaftspraxis ist berechtigt, ihre
Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen KÄV abzurechnen, und tritt dieser
entsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber. Rechtlich gesehen ist eine
Gemeinschaftspraxis eine Praxis (vgl. BSG, Urteil v. 16.07.2003 – B 6 KA 49/02 R – SozR 4-5520 § 33 Nr. 1 = BSGE
91, 164 = GesR 2004, 47 = MedR 2004, 114 = NJW 2004, 1820, juris Rdnr. 31). Die BGB-Gesellschaft und nicht ihre
einzelnen Mitglieder sind Gläubiger der Honorarforderung im Verhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung. Der
Honoraranspruch aus den ärztlichen Leistungen ihrer Mitglieder steht nur der BGB-Gesellschaft selbst zu, denn diese
ist nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst Träger aller Rechte und Pflichten im
Rechtsverkehr. Umgekehrt richten sich Ansprüche der Kassenärztlichen Vereinigung im Zusammenhang mit
Honorarberichtigungen oder Honorarrückforderungen gegen die Gemeinschaftspraxis selbst und nicht gegen nur
einzelne ihr angehörenden Ärzte. Das gilt auch für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie für Regresse
wegen unwirtschaftlicher oder unzulässiger Verordnungen von Arznei- bzw. Heil- und Hilfsmitteln. Nicht die
Behandlungs- und Verordnungsweise des einzelnen Arztes, sondern der Gemeinschaftspraxis als Ganzes ist
Gegenstand der Prüfung durch die Prüfgremien (vgl. BSG, Urteil v. 16.07.2003 – B 6 KA 49/02 R – aaO., juris Rdnr.
34). In einer weiteren Entscheidung hat es für den Regressanspruch, der sich aus unzulässigen Verordnungen eines
Mitglieds einer Gemeinschaftspraxis ergibt, die Haftung auch der weiteren Mitglieder der Gemeinschaftspraxis bejaht.
Nach dem BSG ist es aus Rechtsgründen ausgeschlossen, einer Gemeinschaftspraxis alle Vorteile der gemeinsamen
Patientenbehandlung zu Gute kommen zu lassen, im Falle eines unwirtschaftlichen oder rechtswidrigen Behandlungs-
bzw. Verordnungsverhaltens den Status der Gemeinschaftspraxis aber außer Betracht zu lassen. Die wirtschaftlichen
Folgen von Falschabrechnungen bzw. rechtswidrigen Verordnungen treffen notwendig die Gemeinschaftspraxis. Auf
die vertretungs- und gesellschaftsrechtlichen Fragen kommt es nicht an. Solange ein Vertragsarzt seine Tätigkeit im
Status einer Gemeinschaftspraxis ausübt, sind seine Behandlungen, Abrechnungen und Verordnungen im
Rechtssinne solche der Gemeinschaftspraxis. Lösen diese Abrechnungen oder Verordnungen Rückzahlungs- und
Regressansprüche der Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung aus, hat dafür die Gemeinschaftspraxis und
damit jedes ihrer Mitglieder in gesamtschuldnerischer Haftung einzustehen. Diese Einstandspflicht kann durch
vertragliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Gemeinschaftspraxis nicht im Außenverhältnis zu den
Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen oder eingeschränkt werden (vgl. BSG, Urteil v.
20.2004 – B 6 KA 41/03 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 6 = GesR 2005, 252 = MedR 2005, 421, juris Rdnr. 37 f.)."
An dieser Rechtsauffassung hat die Kammer im Urteil vom 20.05.2009 – S 12 KA 394/07 – aaO. festgehalten und hält
nach nochmaliger Prüfung daran weiterhin fest. Soweit das BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 6/06 R – aaO., juris
Rdnr. 15 ff., eine Kassenärztliche Vereinigung nicht als befugt ansieht, Honoraransprüche einer neu gegründeten
Gemeinschaftspraxis mit Forderungen zu verrechnen, die ihr gegen einen der Praxispartner aus dessen
vorangegangener Tätigkeit als Einzelvertragsarzt zustehen, so betrifft dieses Entscheidung gerade nicht das
Fortbestehen einer Gemeinschaftspraxis. Das BSG hat im Übrigen an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten
und betont, dass Schuldnerin eines Arzneikostenregresses, der wegen unwirtschaftlicher Verordnungen durch Ärzte
einer vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis festgesetzt wird, die Gemeinschaftspraxis ist. Wird diese
Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft betrieben, kommt dieser selbst die
Sachbefugnis zu, eine solche Gesellschaftsverpflichtung im Prozess abzuwehren, und zwar unabhängig von
Änderungen in ihrem Mitgliederbestand, die im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens möglicherweise erfolgen. Gleiches
gilt hinsichtlich der Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGG) und der Aktivlegitimation im
Sozialgerichtsprozess; auch diese stehen der Gemeinschaftspraxis als solcher unabhängig von Wechseln in ihrem
Mitgliederbestand zu. Findet im Verlauf des Verfahrens ein Mitgliederwechsel statt, der zu einer Änderung des
Namens der Gemeinschaftspraxis führt, ist dies von Amts wegen durch Anpassung ihrer Bezeichnung im Rubrum zu
berücksichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 27.06.2007 - B 6 KA 27/06 R – SozR 4-1500 § 141 Nr. 1 = ZMGR 2008, 36 = GesR
2008, 150 = Breith 2008, 440 = USK 2007-71, juris Rdnr. 17).
Das bedeutet, dass Forderungsinhaberin eines Honoraranspruchs die Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen
Zusammensetzung ist, die sich aber umgekehrt auch alle erfolgten Zahlungen anrechnen lassen muss. Andernfalls
müsste eine Kassenärztliche Vereinigung zwar an die Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen Zusammensetzung das
Honorar auch für vergangene Quartale ausschütten, dürfte aber bereits erfolgte Zahlungen oder
Honorarrückforderungen wegen eines Gesellschafterwechsels nicht anrechnen. Konsequenterweise würde dies nicht
nur für "Überzahlungen", sondern für alle Abschlagszahlungen gelten. So hätte unter Berücksichtigung des
Zeitfaktors, dass der Honorarbescheid in der Vergangenheit bei der Beklagten erst ca. 5 bis 12 Monate nach
Quartalsende ergeht, die Gemeinschaftspraxis einen Anspruch auf den festgesetzten Honoraranspruch in voller Höhe,
ohne dass die Kassenärztliche Vereinigung die bereits an die Gemeinschaftspraxis in ihrer früheren
Zusammensetzung erfolgten Abschlagszahlungen anrechnen könnte. Dies ist nicht im Einklang mit der Stellung einer
BGB-Gesellschaft im Rechtsverkehr nach der genannten neueren Rechtsprechung. Sinn dieser Rechtsprechung ist es
gerade auch, dem Gläubiger, hier der Kassenärztlichen Vereinigung, einen Schuldner, hier die Klägerin, unabhängig
vom Bestand ihrer Gesellschafter zu geben (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 20.05.2009 – S 12 KA 394/07 – aaO.).
Die Beklagte ist im Ergebnis daher zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen
Rechts in ihrer jeweils aktuellen Zusammensetzung Schuldnerin des Berichtigungsbetrages ist. Die
zulassungsrechtlichen Beschlüsse des Zulassungsgremiums bedeuten nicht, dass jeweils mit Ein- oder Austritt eines
Gesellschafters eine neue Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder neue Berufsausübungsgemeinschaft entsteht. Sie
geben lediglich die aktuelle Zusammensetzung der Berufsausübungsgemeinschaft wieder, auch richtet sich der
Bestand der Berufsausübungsgemeinschaft nach den Feststellungen der Zulassungsgremien. Nur insofern ist
zwischen der sozialrechtlichen Berufsausübungsgemeinschaft und der ihr zivilrechtlich zugrunde liegenden
Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu unterscheiden. Es handelt sich aber nicht um zwei verschiedene
Zusammenschlüsse, vielmehr setzt die Berufsausübungsgemeinschaft bzw. Gemeinschaftspraxis das Bestehen
einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (oder einer Partnerschaftsgesellschaft) zwischen den Partnern der
Gemeinschaftspraxis voraus (Vgl. BSG v. 16.07.2003 – B 6 KA 49/02 R – juris Rn. 34 - BSGE 91, 164 = SozR 4-
5520 § 33 Nr. 1; BSG v. 29.09.1999 - B 6 KA 1/99 R - juris Rn. 46 - SozR 3-2500 § 103 Nr. 5).
Der Honorarrückforderung stehen aber Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die umfassende Berichtigungsbefugnis der Kassenärztlichen
Vereinigung, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, im Hinblick auf den
gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in
der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei solchen, die auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der
Honorarverteilung, insbesondere der Unwirksamkeit der ihr zu Grunde liegenden Vorschriften, beruhen. Insbesondere
im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus
vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der Kassenärztlichen Vereinigung auf die Weitergabe
nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu
einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85
Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549 = USK 2004-124, juris
Rdnr. 19). Die Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigung zur nachträglichen Honorarberichtigung auf der Grundlage
der bundesmantelvertraglichen Vorschriften endet nicht nur mit dem Ablauf der dazu vorgesehenen Fristen, sondern
auch dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung eine sachlich-rechnerische Berichtigung durchgeführt und diese auf
Rechtsbehelfe des Vertragsarztes hin ohne jegliche Einschränkung rückgängig gemacht hat. In diesem Fall wird die
jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben, und die
Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den
Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen. Unabhängig davon hat das Bundessozialgericht unter bestimmten
Voraussetzungen das Vertrauen des Vertragsarztes auf die Rechtmäßigkeit einer bestimmten Abrechnungsweise
gegenüber rückwirkenden Bescheidkorrekturen im Zusammenhang mit der Erbringung fachfremder Leistungen für
schutzwürdig gehalten (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 27). Soweit die anfängliche
Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung beruht, wird
der Vertrauensschutz des Arztes durch die Grundsätze über die Anbringung von Vorläufigkeitshinweisen und deren
inhaltliche und umfangmäßige Begrenzung realisiert (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 28).
In der Konstellation einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der Kassenärztlichen Vereinigung bei Erlass des
ursprünglichen Honorarbescheides können Honorarberichtigungen nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen
Vorschriften über die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Honorarbescheiden durchgeführt werden,
im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind aber die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m.
Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen (vgl. zur Begründung im Einzelnen BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA
34/03 R -, aaO., Rdnr. 30-36).
Soweit auf die Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 SGB X zurückzugreifen ist, ist in Bezug auf die
Festsetzungen der Gesamtpunktzahlvolumina zunächst davon auszugehen, dass nicht schon mit dem Erlass des
Honorarbescheids ein schutzwürdiges Vertrauen entstehen kann. Dies liegt in der Regelungssystematik, nach der die
Festsetzungen der Gesamtpunktzahlvolumina ab dem zweiten Leistungsjahr anzupassen sind und das Leistungsjahr
insgesamt, nicht quartalsweise zu betrachten ist. Von daher kann bei Bestehen eines sog. Jobsharing-Verhältnisses
eine Vertragsarztpraxis bei Erhalt des Honorarbescheids nicht davon ausgehen, dass die durch den
Zulassungsausschuss festgesetzte Leistungsbegrenzung bereits durchgeführt worden ist. Für das Entstehen von
Vertrauensschutz bedarf es vielmehr der Setzung eines Vertrauenstatbestandes, dass die Festsetzungen der
Gesamtpunktzahlvolumina berücksichtigt wurden und eine Leistungsüberschreitung nicht vorliegt. Insofern
unterscheidet sich diese Konstellation von der bereits erwähnten und vom Bundessozialgericht entschiedenen
Konstellation einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der Kassenärztlichen Vereinigung bei Erlass des
ursprünglichen Honorarbescheides. Bei Erlass des Quartalshonorarbescheids kann die Leistungsbegrenzung noch
nicht berücksichtigt werden. Grundlage der Rückforderung ist insofern auch kein Rechtsanwendungsfehler, sondern
die Nichteinhaltung der Leistungsbegrenzung durch die Jobsharing-Praxis, die erst im Nachhinein festgestellt werden
kann.
Nach der ab April 2007 geltenden Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie
die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung
(Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 15. Februar 2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007, S.
3491, in Kraft getreten am 1. April 2007, zuletzt geändert am 18. Februar 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger
2010, S. 1641, in Kraft getreten am 8. Mai 2010 (im Folgenden: BedarfsplRL-Ä), die bzgl. der hier maßgeblichen
Regelungen insofern inhaltsgleich mit der in den streitbefangenen Quartalen geltenden Vorgängerfassung ist, legt der
Zulassungsausschuss vor der Zulassung des Antragstellers in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des
Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen
mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest,
welche bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis von dem Vertragsarzt
sowie dem Antragsteller nach seiner Zulassung gemeinsam als Leistungsbeschränkung maßgeblich sind
(Obergrenze). Diese Gesamtpunktzahlvolumina sind so festzulegen, dass die in einem entsprechenden
Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr
als 3 v. H. überschritten werden. Das Überschreitungsvolumen von 3 v. H. wird jeweils auf den
Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen
(Punktzahlvolumen zuzüglich Überschreitungsvolumen) wird nach § 23f durch die Kassenärztliche Vereinigung
angepasst. Bei Internisten ist zur Ermittlung des Fachgruppendurchschnittes auf die Entscheidung des bereits
zugelassenen Vertragsarztes zur hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgung abzustellen. Im Übrigen gilt für
Anpassungen § 23e. Außergewöhnliche Entwicklungen im Vorjahr, wie z. B. Krankheit eines Arztes, bleiben außer
Betracht; eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum
Vorjahresvolumen ist zulässig. Der Zulassungsausschuss trifft seine Festlegungen auf der Grundlage der ihm durch
die Kassenärztliche Vereinigung übermittelten Angaben (§ 23c BedarfsplRL-Ä).
Sowohl für die Berechnung des Ausgangspunktzahlvolumens als auch des Vergleichspunktzahlvolumens nach § 23c
BedarfsplRL-Ä ist das im Zeitpunkt der Abrechnung jeweils geltende Berechnungssystem für die vertragsärztlichen
Leistungen maßgeblich. Auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn
Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare
Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Landesverbände
der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen
der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die
Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den
Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung / Benachteiligung darstellen würde (§ 23e BedarfsplRL-
Ä).
Die Gesamtpunktzahlvolumina zur Beschränkung des Praxisumfangs folgen der Entwicklung des
Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Die
Anpassungsfaktoren werden im ersten Leistungsjahr von der Kassenärztlichen Vereinigung errechnet. Die dafür
maßgebliche Rechenformel lautet: PzVol (Quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis)./. PzFg
(Quartalsbezogener Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe ) = Fakt (Quartalsbezogener
Anpassungsfaktor). Sie stellen die Grundlage zur Ermittlung der Gesamtpunktzahlvolumina für die Folgejahre dar. Der
jeweilige Anpassungsfaktor wird ab dem zweiten Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der
Fachgruppe multipliziert und ergibt die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis (die Saldierungsregelung nach §
23c Satz 6 bleibt hiervon unberührt). Die Kassenärztliche Vereinigung teilt dem Vertragsarzt die für ihn verbindlichen
Anpassungsfaktoren mit (§ 23f BedarfsplRL-Ä).
Damit können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der
Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.
Von daher scheidet die Begründung eines Vertrauensschutzes allein aufgrund der Untätigkeit der Beklagten aus.
Aufgrund des Jobsharingverhältnisses war der Klägerin das Bestehen einer Leistungsbegrenzung zwar grundsätzlich
bekannt und musste sie davon ausgehen, dass ihr eine darüber hinausgehende Leistungsvermehrung nicht möglich
war. Soweit ihr die aktuellen Gesamtpunktzahlobergrenzen nicht bekannt waren, muss sie sich an den bisherigen
Festsetzungen orientieren bzw. an der Festsetzung für das Vorjahr. Ggf. hätte sie die Beklagte hierzu um Auskunft
ersuchen können. Insofern kommt dem Anpassungsfaktor eine Schutzwirkung zugunsten einer Jobsharingpraxis zu.
Der Anpassungsfaktor ermöglicht der Jobsharingpraxis grundsätzlich so zu wachsen, wie auch die Fachgruppe
insgesamt wächst. Es kann hier dahinstehen, ob bereits insofern Vertrauensschutz dahingehend besteht, dass trotz
einer möglicherweise stärkeren Leistungsbegrenzung aufgrund eines "negativen" Wachstums der Fachgruppe der
Jobsharingpraxis immer die im ersten Leistungsjahr bzw. später im Vorjahr festgesetzte Leistungsgrenze
zuzugestehen ist, da die Leistungsgrenze des ersten Leistungsjahrs hier nicht unterschritten wird und die Klägerin
Vertrauen aufgrund der Festsetzungen der Folgejahre nicht aufbauen konnte, da ihr diese nicht bekannt waren.
Die Beklagte hat aber allen quartalsmäßig ergehenden Honorarbescheiden ein Schreiben beigefügt, in dem sie u. a.
ausführte:
"Die Prüfung, ob die im Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte angegebenen maximalen
Punktzahlobergrenzen eingehalten worden sind, erfolgt jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr. Hierbei ist jedoch zu
beachten, dass sich Überschreitungen mit möglichen Unterschreitungen jeweils innerhalb eines (Jahres-)Blocks von
vier aufeinanderfolgenden Quartalen ausgleichen. Anbei erhalten Sie Ihre Honorarunterlagen des o. g. Quartals
vorbehaltlich eventueller Honorarrückforderungen durch die Job-Sharing-Berechnung. Bezüglich der Prüfung ihrer
Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job-Sharings werden wir Sie
jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben informieren."
Dennoch ist die Beklagte über Jahre hinweg untätig geblieben. Im Fall der Klägerin lagen jedenfalls wenigstens auch
im dritten und vierten Leistungsjahr nicht unerhebliche Überschreitungen der Leistungsbegrenzung vor, die die
Beklagte nicht zu einer Rückforderung veranlasst hat, bzw. es war bei einer Überprüfung dann wegen Überschreitens
der vierjährigen Verjährungsfrist eine Rückforderung nicht mehr möglich. Diese ihren gesetzlichen Verpflichtungen
offensichtlich nur höchst unzureichend nachkommende Verwaltung geht in erster Linie zu Lasten der gesamten
Vertragsärzteschaft, führt sie doch zu rechtlich so nicht vorgesehenen Honorarzuweisungen, die im Hinblick auf die
Verjährungsvorschriften nicht zurückgefordert werden können. Sie setzt aber auch für die Jobsharingpraxis einen
Vertrauenstatbestand, als sie eine – letztlich unmittelbare – Prüfung nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres
ankündigt. Soweit die Beklagte aber dann untätig geblieben ist, konnte sich nach Auffassung der insoweit mit zwei
Vertragsärzten fachkundig besetzten Kammer das Vertrauen bilden, die Prüfung der Beklagten habe ergeben, dass
eine Leistungsüberschreitung nicht vorliege oder aber die Beklagte werde von einer Rückforderung absehen. Dies gilt
insbesondere für die Klägerin, die über Jahre bzw. 28 Quartale hinweg solche Schreiben erhalten hat, ohne dass eine
weitere Reaktion der Beklagten erfolgte. Die Klägerin hat dann sogleich auch auf die erstmalige Geltendmachung einer
Rückforderung mit Beendigung des Jobsharingverhältnisses reagiert. Ein ähnliches Verhalten der betroffenen
Vertragsärzte ist der Kammer aus weiteren Verfahren bekannt.
Von daher war der Klägerin Vertrauensschutz zuzubilligen, soweit die Beklagte nach Abschluss eines Leistungsjahres
die Rückforderung nicht festgesetzt hat. Die Kammer geht davon aus, dass die Beklagte hierzu grundsätzlich mit dem
Erlass des vierten Honorarbescheides in der Lage ist, da zu diesem Zeitpunkt die Abrechnungswerte der
Jobsharingpraxis und der Fachgruppe bekannt sind. Die Kammer sieht die Vertrauensbildung aber erst dann als
abgeschlossen an, wenn die Beklagte untätig bleibt und mit der Honorarbescheidung wie bisher fortfährt, also den
ersten Honorarbescheid für das nächste Leistungsjahr erlässt. Im Sinne einer Rechtssicherheit ist hierbei von einem
Zeitraum von sechs Monaten nach Erlass des letzten Honorarbescheids eines Leistungsjahres auszugehen.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe stand Vertrauensschutz einer Rückforderung auch für das siebte
Leistungsjahr entgegen. Der Honorarbescheid vom 08.03.2008 ist der Klägerin spätestens im April 2008 zugegangen,
von daher war die weitere Frist von sechs Monaten im Dezember 2008 jedenfalls abgelaufen.
Soweit die Beklagte verpflichtet ist, den Anpassungsfaktor von Amts wegen mitzuteilen, und dieser Verpflichtung
nicht nachgekommen ist, folgt daraus nicht zwingend die Rechtswidrigkeit der Rückforderung. Hierauf kommt es aber
letztlich nicht an, da die angefochtenen Bescheide bereits aus anderen Gründen rechtswidrig sind ...
Im Ergebnis war der Klage daher stattzugeben und waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens.