Urteil des SozG Marburg vom 06.10.2010

SozG Marburg: stadt, bereitschaftsdienst, fehlende rechtsmittelbelehrung, versorgung, belastung, verwaltungsakt, ausdehnung, obmann, bevölkerung, verfügung

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 06.10.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 7/10
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit eines Widerspruchs gegen die Restrukturierung des ärztlichen
Bereitschaftsdienstes im Landkreis B-Stadt.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Psychiatrie mit Vertragsarztsitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassen.
Sie nahm bislang am ärztlichen Bereitschaftsdienst der Notdienstgemeinschaft A-Stadt teil.
Die Bezirksstelle B-Stadt der Beklagten unterbreitete dem Vorstand den Vorschlag, ein Konzept zur Re-
/Neuorganisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes mit Kooperation der ÄBD-Zentrale B-Stadt. Danach sollte der
ärztliche Bereitschaftsdienst rund um B Stadt in drei Sektoren zusammengeschlossen werden. Die zu versorgende
Bevölkerung betrug im Sektor Nord bei einer maximalen Ausdehnung von ca. 20 km 64.372 Einwohner, im Sektor
West bei 25 km 50.051 Einwohner und im Sektor Süd/Ost bei 18 km 67.190 Einwohner. In den Sektoren standen 57,
86 bzw. 65 Ärzte zur Verfügung. Die niedergelassenen Vertragsärzte sollten zukünftig an praxisfreien Zeiten nur noch
Hausbesuche durchführen. Die mobilen Patienten sollten von der ÄBD-Zentrale B-Stadt versorgt werden. Für die
Hausbesuche in den Sektoren sollten die Ärzte eine Bereitschaftspauschale in Höhe von 150,00 EUR je 24 Std.
Dienst erhalten. Diese Pauschale sollte durch eine Umlage finanziert werden. Die Bezirksstelle verwies auf die
demografische Entwicklung. Bei einer alternden Bevölkerung gerade in ländlichen Regionen sei es immer schwieriger,
freiwerdende Arztsitze neu zu besetzen. Viele Nachbesetzungen scheiterten an der Belastung im ärztlichen
Bereitschaftsdienst. Sollten alle Sektoren wie geplant diesem Konzept zustimmen, würde die ÄBD-Zentrale B-Stadt
mit den drei Sektoren insgesamt 375.759 Einwohner mit 776 Ärzten versorgen. Die flächenmäßige Ausdehnung über
alle Sektoren betrage vom äußerten Norden bis zum südlichen Rand 34 km. Diese Entfernung sei auch in der Ost-
West-Achse gegeben.
Diesem Vorschlag stimmten der Vorstandsbeauftragte des Vorstands am 10.10.2008 und der Vorstand der Beklagten
am 16.10.2008 zu.
Am 16.06.2009 fand eine Sitzung der Obleute der ärztlichen kollegialen Vertretungsdienste statt, die sich zu den
Sektoren Südost und West zusammenschließen sollten. Es wurde eine Übereinkunft getroffen, dass sich die
kollegialen Vertretungsdienste C-Ort, D-Ort, E-Ort, F-Ort und G-Ort zum kollegialen Vertretungsdienst-Sektor Südost
und die kollegialen Vertretungsdienste A-Stadt, HA-Ort und JA-Ort zu dem kollegialen Vertretungsdienst-Sektor West
zusammenschließen würden. Die Fusion solle zum 01.01.2010 erfolgen. Diese Sektoren sollten in Kooperation mit der
ÄBD-Zentrale B-Stadt zusammenarbeiten. Der Sektor West sollte folgende Ortschaften umfassen: KA-Ort, LA-Ort,
LB-Ort, LC-Ort, MA-Ort, NA-Ort, NB-Ort, NC-Ort, ND-Ort, OA-Ort, PA-Ort, PB-Ort, PC-Ort, JA-Ort, QA-Ort, QB-Ort,
QC-Ort, QD-Ort, SA Ort, TA-Ort, KA-Ort, VA-Ort, VB-Ort, WA-Ort, XA-Ort, XB-Ort, YA-Ort.
Die zu versorgende Bevölkerung des Sektors West wurde mit 50.051 Einwohnern ermittelt, die von 86 Ärzten betreut
würden. Die räumliche Ausdehnung des Sektors West betrage in den entferntesten Punkten 25 km. Die Dienstzeiten
orientierten sich an denen der ÄBD-Zentrale B-Stadt: Werktags von 19:00 Uhr bis 7:00 Uhr, mittwochs und freitags
von 13:00 Uhr bis 7:00 Uhr, sowie an Feiertagen, Brückentagen und Wochenenden von 19:00 Uhr des Vortags bis
7:00 Uhr des Folgetags.
Diesem Vorschlag stimmten der Vorstandsbeauftragte am 30.06. und der Vorstand der Beklagten am 03.07.2009 zu.
Die Bezirksstelle B-Stadt der Beklagten informierte mit Schreiben vom 14.07.2009 die von der Neustrukturierung
betroffenen Vertragsärzte, so auch die Klägerin. In dem Schreiben führte sie aus, der Vorstand habe auf Grundlage
seiner Organisationsentscheidung vom 16.10.2008 auch die Bildung der Sektoren West und Südost beschlossen.
Diese Sektoren sollten bereits wie der Sektor Nord in Kooperation mit der ÄBD-Zentrale B-Stadt den ärztlichen
Bereitschaftsdienst in der Region sicherstellen. Die ÄBD-Sektoren entstünden durch die Fusion der zurzeit
eigenständigen ÄBD-Bezirke. Für den Sektor West seien dies A-Stadt, JA-Ort und HA-Ort. Alle Ärzte in einem Sektor
bildeten ab dem 01.01.2010 eine ÄBD-Gemeinschaft. Aus ihrer Mitte sei ein Obmann zu wählen und ggf. eine
ausreichende Anzahl von Vertretern. Der Obmann eines Sektors sei auch Mitglied im Beirat der ÄBD-Zentrale B-
Stadt. Dem Obmann obliege des Weiteren die Aufstellung des kollegial abgestimmten Dienstplanes und er sei
Mittler/Ansprechpartner zwischen den niedergelassenen Vertragsärzten und der Kassenärztlichen Vereinigung
Hessen. Es werde deshalb empfohlen, rechtzeitig eine Versammlung aller Beteiligten Ärzte je ÄBD-Sektor
einzuberufen, um dort einen Obmann und ggf. Vertreter zu wählen sowie die Dienstplanabteilung ab dem 01.01.2010
kollegial abzusprechen und vorzunehmen. Für den zukünftigen Hausbesuch in den Sektoren werde eine Pauschale in
Höhe von 150,00 EUR je 24 Stundendienst gezahlt. Die Beträge liefen als Kosten in das Zahlenwerk der ÄBD-Zentrale
B-Stadt ein. Die Gesamtkosten der ÄBD-Zentrale B-Stadt würden um die Einnahmen aus den Kostenabzügen der
erwirtschafteten Honorare und den KV-Pauschalen gemindert. Sollte sich eine Unterdeckung weiterhin ergeben, werde
dieser Betrag allen angeschlossenen Ärzten, d. h. den Ärzten der ÄBD-Gemeinschaft B-Stadt und den Ärzten der
Sektoren entsprechend ihres Praxisumsatzes per Umlage belastet. Der Beschluss des Vorstandes über die
Organisationsentscheidung vom 16.10.2008 und der ergänzende Vorstandsbeschluss vom 03.07.2009 würden als
Anlage beigefügt.
Hiergegen legte die Klägerin am 07.10.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die
Vorstandsbeschlüsse seien rechtswidrig und verletzten sie in ihren Rechten. Das Schreiben enthalte, auch wenn eine
Rechtsbehelfsbelehrung fehle, eine regelnde Wirkung, da durch dieses Schreiben die Vorgaben für den ärztlichen
Bereitschaftsdienst verbindlich festgelegt werden. Es liege ein Verwaltungsakt vor. Der Vorstand habe die örtlichen
Gegebenheiten und Erfordernisse zu berücksichtigen. Die räumliche Ausdehnung betrage lediglich in der Luftlinie 25
km, gehe man von der maßgeblichen räumlichen Ausdehnung unter Einbeziehung der verkehrstechnischen
Gegebenheiten aus, sei die Distanz beispielsweise zwischen QA-Ort und KA-Ort mit ca. 42 km anzusetzen. Die
Fahrstrecke zwischen WA-Ort und KA-Ort betrage 38,6 km, zwischen WA-Ort und VA-Ort 35,2 km. Nicht
berücksichtigt worden sei, wie verkehrstechnisch die Ortschaften miteinander verbunden seien. Es handele sich
überwiegend um Landstraßen, die eine kurzfristige Zurücklegung der Strecke unmöglich machten. Die Erweiterung
des Bezirks stelle einen maßgeblichen Nachteil für die Patienten dar. Es sei nicht mehr möglich, dass der Arzt
innerhalb einer halben Stunde bei den Patienten eintreffe. Der Arzt in der ÄBD-Zentrale müsse eine riskante
Ferndiagnose vornehmen. Die konkrete Ausgestaltung des Notdienstes sei Aufgabe der Notdienstgemeinschaft.
Darüber setze sich das Vorstandskonzept hinweg. Die Grenzen der Notdienstgemeinschaften würden nicht
berücksichtigt. Die Notdienstzentrale in B-Stadt sei einem anderen Notdienstbezirk zuzurechnen. Eine derartige
übergreifende Einrichtung könne sicherlich durch Beschluss der jeweiligen Notdienstgemeinschaften, aber nicht durch
Vorstandsbeschluss erreicht werden. BSG, Urteil vom 28.09.2005 – B 6 KA 73/04 R – habe festgestellt, dass die
Behandlung in der Praxis des Bereitschaftsarztes stattfinde. In größeren Bezirken sei auch nicht mehr zu erwarten,
dass ein Teil der Patienten bereits bekannt sei. Für die Pauschale in Höhe von 150,00 EUR fehle es an einer
Rechtsgrundlage. Der Vorstandsbeschluss verlängere die Zeiten für den Bereitschaftsdienst entgegen der
Notdienstordnung. Durch die Erweiterung insbesondere an Mittwoch- und Freitagnachmittagen werde massiv in die
Praxis des Notdienstarztes eingegriffen, da diese ab 13:00 Uhr Notdienstbereitschaft vorhalten müsse, obwohl in der
Regel die Arztpraxen im Bereich der Notdienstgemeinschaft A Stadt noch Dienst versähen. Dies könne nur durch die
Notdienstgemeinschaft mit Zustimmung des Vorstandes erfolgen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2009 den Widerspruch als unzulässig zurück. Zur
Begründung führte sie aus, ein Widerspruch könne nur gegen einen Verwaltungsakt erhoben werden. Bei der
Zusammenlegung der Bereitschaftsdienstbezirke A-Stadt, JA-Ort und HA-Ort zum ÄBD-Sektor West handele es sich
jedoch um eine Organisationsentscheidung des Vorstandes. Im Übrigen sei nur zur Information anzumerken, dass
nach § 2 Abs. 1 Satz 2 der Notdienstordnung sich der "Notdienstbezirk" auf eine unter Berücksichtigung der örtlichen
Gegebenheiten und Erfordernisse vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium zu definierenden
Zuständigkeitsbereich erstrecke und in § 11 Abs. 1 Satz 1 der Notdienstordnung sei geregelt, dass die Beschlüsse
der Vertreterversammlung, des Vorstandes und des von ihm beauftragten Gremiums der Kassenärztlichen
Vereinigung Hessen zur Gestaltung des "Notdienstes" für alle Vertragsärzte bindend seien. Gem. § 9 Abs. 7 Satz 5
der Notdienstordnung könnten Notdienstgemeinschaften mit diensttuenden Ärzten dienstbezogene
Garantiepauschalen vereinbaren. Gem. § 9 Abs. 7 Satz 6 der Notdienstordnung könnten vom Vorstand oder einem
von ihm beauftragten Gremium aufgrund der Organisationsform des organisierten Notdienstes im Einzelfall
zusätzliche Regelungen/Vorgaben für den jeweiligen Notdienstbezirk erlassen werden. In § 11 Abs. 3 Satz 1 und 2 der
Notdienstordnung sei im Übrigen geregelt, dass der Vorstand oder ein vom ihm beauftragtes Gremium ermächtigt sei,
in begründeten Fällen über die Regelungen dieser Notdienstordnung hinaus weitere Aufgaben im Zusammenhang mit
der Führung der Notdienstgemeinschaft und der Organisation des Notdienstes zu übernehmen. Über den Umfang der
Übernahme entscheide der Vorstand oder ein von ihm beauftragtes Gremium in eigenem Ermessen.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 29.12.2009 am 04.01.2010 die Klage erhoben. Ergänzend zu ihrem
Widerspruchsvorbringen trägt sie vor, es handele sich bei dem Schreiben vom 14.07.2009 auch deshalb um einen
Verwaltungsakt, weil die Beklagte das Schreiben als "Neuregelung ab 2010" deklariere. Somit sei die regelnde
Wirkung als wesentliches Element eines Verwaltungsaktes gegeben. Die regelnde Wirkung sei letztlich darauf
zurückzuführen, dass durch die Neuregelung sich die Diensthäufigkeit und die finanziellen Grundlagen des
Notdienstes erheblich änderten. Sie sei verpflichtet, sich an den Kosten der ÄBD-Zentrale der ÄBD-Gemeinschaft der
Stadt B-Stadt zu beteiligen, ohne auf deren Dienstgestaltung und Kosten bzw. Einnahmen überhaupt Einfluss nehmen
zu können. Es liege auch ein Ermessensfehlgebrauch vor, da keine sachgemäße Beurteilung stattgefunden habe. Die
tatsächlichen Anfahrtswege seien wesentlich länger. In der bisherigen ÄBD-Gemeinschaft A-Stadt seien zwischen 3
und 25 Einsätze bisher geleistet worden. Diese Frequenz könne in den neuen Bezirken nicht mehr geleistet werden.
Die überwiegende Zahl der Patienten werde sich nach B Stadt begeben, sondern müsse aufgesucht werden. Die
Kompetenz der lokalen ÄBD-Gemeinschaften werde ausgehebelt. Das Schreiben vom 14.07.2008 entfalte eine
unmittelbare Rechtswirkung. Es würden neue Notdienstzeiten festgelegt und die Notdienstordnung modifiziert werden.
Dies habe sie in den von ihr in der Folgezeit wahrzunehmenden Bereitschaftsdiensten umzusetzen und beachten.
Auch die Pauschalenregelung beinhalte eine unmittelbare Rechtswirkung. Auch müsse sie sich an den Kosten der
Notdienstzentrale der Stadt B-Stadt beteiligen. Der Honorarbescheid sei nur noch die rechnerische Umsetzung der
getroffenen Regelung.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagte vom 14.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
16.12.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig, weil es an einem Verwaltungsakt fehle. Die Klage habe auch
in der Sache keinen Erfolg. Eine kassenärztliche Vereinigung könne Regelungen in Satzungsform über die
Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in der sprechstundenfreien Zeit erlassen. Von dieser Kompetenz
habe sie durch den Erlass der Notdienstordnung Gebrauch gemacht. Es obliege allein der Kassenärztlichen
Vereinigung, die Einteilung der Notdienstbezirke vorzunehmen bzw. Neustrukturierungen der
Bereitschaftsdienstbereiche. Ihr komme ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der einzelne Arzt könne durch die
Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung nur in seinen Rechten verletzt sein, wenn dies nicht mehr von
sachbezogenen Erwägungen getragen werde und einzelne Arztgruppen oder Ärzte willkürlich benachteiligt würden
(BSG, Urt. v. 06.09.2006 – B 6 KA 43/09 R -). Gegenstand der gerichtlichen Prüfung könne damit nicht die Frage
sein, ob die Beklagte die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gewählt habe. Die Restrukturierung
sei notwendig gewesen, um den Bereitschaftsdienst langfristig überhaupt aufrecht zu erhalten und attraktive
Bedingungen für die Gründung bzw. Nachfolge von Arztpraxen im ländlichen Raum zu schaffen. Sie habe zunächst
zum 01.01.2009 den Sektor Nord gegründet. Die Kooperation mit der ÄBD-Gemeinschaft B Stadt habe zur Folge,
dass in dem neugebildeten Sektor niedergelassene Vertragsärzte an praxisfreien Zeiten nur noch Hausbesuche
durchführten. Die mobilen Patienten würden von der ÄBD-Zentrale B-Stadt versorgt werden. Der Erstkontakt der
Patienten erfolge ebenfalls über die ÄBD-Zentrale in B-Stadt. Dort werde abgeklärt, ob ein Hausbesuch notwendig sei,
ob der Patient nicht in die Zentrale kommen solle oder ob der Notarztwagen hinzugezogen werden müsse. Die Ärzte
aus den Sektoren könnten sich auch für zusätzliche Dienste in der ÄBD-Zentrale in B-Stadt einteilen lassen. Es habe
sich eine erhebliche Entlastung der Ärzte ergeben. So seien im Schnitt 1 2 Hausbesuche je Dienst angefallen, was
die Belastung im Vergleich zur vorherigen Strukturierung bedeutet habe. Je nach Modell seien zuvor
Bereitschaftsdienstzeiten von 48 Stunden am Wochenende und sogar Dienste über eine ganze Woche zu leisten
gewesen. Die Neustrukturierung sei auch von den Patienten gut aufgenommen worden. Zum 01.01.2010 seien daher
die beiden anderen Sektoren gegründet worden. Zu berücksichtigen sei auch gewesen, dass in dem früheren
Vertretungsdienst XY./ZZ. 12 Vertragsärzte die Versorgung von fast 12.000 Einwohnern und im früheren
Vertretungsdienst QQ. 15 Vertragsärzte für die Versorgung von über 10.000 Einwohnern hätten sicherstellen müssen,
während in A-Stadt bereits 59 Vertragsärzte für die Versorgung von 27.700 Einwohnern zur Verfügung gestanden
hätten. Die Neustrukturierung bedeute keine unzumutbare Belastung für die Klägerin. Es stünden mehr Ärzte als in
den anderen Sektoren zur Verfügung. Die maximale Fahrstrecke betrage 33 km. Im Sektor Nord betrage die maximale
Fahrstrecke 25 km, im Sektor West betrage sie 23 km. Aufgrund ihres Praxissitzes in A-Stadt sei die Klägerin auch
nicht von den maximalen Entfernungen betroffen. Die Mehrzahl der Einwohner im Sektor West falle auf den Bezirk A-
Stadt mit 27.762 Einwohnern. Die Ärzte würden nur zur Versorgung der Patienten herangezogen werden, bei denen
auch nach dem früheren System Hausbesuche durchzuführen gewesen seien. Inzwischen sei ein Obmann für den
Notdienstbezirk West gewählt worden. Sie habe sich nicht über die Kompetenzen nach der Notdienstordnung
hinweggesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und
Psychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und
Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Ein Widerspruch kann nur gegen Verwaltungsakte erhoben werden (§ 84 Abs. 1 SGG). Verwaltungsakte müssen eine
Regelung enthalten, die u. a. auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 31 SGB X).
Das angefochtene Schreiben der Beklagten vom 14.07.2009 und die diesem Schreiben zugrunde liegenden
Vorstandsbeschlüsse der Beklagten stellen keine Verwaltungsakte dar. Es fehlt an einer unmittelbaren Rechtswirkung
nach außen. Die Klägerin wird als Mitglied eines Bereitschaftsdienstbezirkes durch die Entscheidung des Vorstands
der Beklagten lediglich mittelbar betroffen. Eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen. liegt nur dann vor, wenn es
keine weiteren Handlungen bedarf, um die Klägerin in ihren Rechten und Pflichten zu betreffen. Die Klägerin wird aber
in ihren Rechten nur durch die Heranziehung zum Bereitschaftsdienst und ggf. zur Zahlung einer Umlage betroffen.
Bei der strittigen Neustrukturierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Landkreis B-Stadt handelt es sich insofern
um einen verwaltungsinternen Organisationsakt, der die Klägerin erst in ihren Auswirkungen durch Umsetzung in der
Heranziehung zum Bereitschaftsdienst unmittelbar betrifft. Insofern folgt die Kammer nicht der Auffassung des
Sozialgerichts Dresden, Gerichtsbescheid vom 09.06.2008 – S 18 KA 1561/07 – juris. Grundlage jener Entscheidung
war insofern abweichend zu dem hier zu entscheidenden Fall, dass die Kassenärztliche Vereinigung im Bescheid zur
Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst in dem neu gebildeten Bereitschaftsdienstbereich nach Maßgabe
der jeweiligen Bereitschaftsdiensteinteilung verpflichtet hat (vgl. Rdnr. 4).
Die Beklagte hat auch in der äußeren Form mit dem Schreiben vom 14.07.2009 erkennbar keinen Verwaltungsakt
erlassen wollen. Abzustellen ist hier auf den Empfängerhorizont. Insofern weist bereits die Klägerin auf eine fehlende
Rechtsmittelbelehrung hin. Ferner ist auch ein entsprechender Verfügungssatz nicht zu ersehen. Die Beklagte
verweist in diesem Schreiben vielmehr auf die Organisationsentscheidung des Vorstandes. Soweit Vergütungen in
dem Schreiben angesprochen werden, erfolgt eine Belastung eines Vertragsarztes erst bei Heranziehung zu einer
Notdienstpauschale bzw. bei Abrechnung eines Notdienstes.
Eine Rechtsschutzlücke entsteht durch die Auffassung der Kammer nicht. Insofern verbleibt es bei der Anfechtbarkeit
der Heranziehung zum Notdienst, dann ist zu überprüfen, ob die Neustrukturierung rechtmäßig ist und ob sie ggf. zu
einer unzumutbaren Belastung führt.
Nach allem war der angefochtene Bescheid rechtmäßig und die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens.