Urteil des SozG Marburg vom 22.12.2010

SozG Marburg: innere medizin, genehmigung, kolloquium, labor, abrechnung, erlass, fachkunde, berechtigung, facharzt, markierung

Sozialgericht Marburg
Beschluss vom 22.12.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 900/10 ER
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 4/11 B ER
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 13.12.2010 wird abgewiesen.
2. Der Antragsteller hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 1.667,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die Erteilung einer Genehmigung zur
Durchführung und Abrechnung der Leistungen nach den Ziffern 32353 bis 32358, 32360, 32367, 32369 und 32411
EBM.
Der Antragsteller ist Arzt für Innere Medizin mit der Teilgebietsbezeichnung Endokrinologie. Er ist als angestellter Arzt
in dem Medizinischen Versorgungszentrum am WG.-Krankenhaus A-Stadt tätig.
Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 13.03.2010 die Genehmigung zur Abrechnung spezieller
Laboratoriumsuntersuchungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung.
Die Antragsgegnerin lehnte mit Bescheid vom 27.04.2010 die Genehmigung zur Abrechnung der Laborleistungen nach
den Nummern 32190, 32353 bis 32360, 32365 bis 32370, 32385, 32386, 32410 bis 32413, 32420 und 32421 aus
Kapitel 32.3 EBM ab. Zur Begründung führte sie aus, nach Prüfung und Beratung des Antrags durch die zuständige
Fachkommission sei festzustellen, dass für die beantragten Untersuchungen keine Qualifikationsnachweise
entsprechend den Vorgaben der Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die Durchführung von
Laboratoriumsuntersuchungen vorlägen. Die dem Antrag beigefügten Zeugnisse beinhalteten ausschließlich
Ausführungen zu radioimmunologischen Verfahren. Zu den vom Antragsteller beantragten nicht radioaktiven Verfahren
lägen jedoch keine Nachweise vor. Nach den Richtlinien bedürfe es der Teilnahme an einem Kolloquium. Die
Teilnahme an einem Kolloquium setze jedoch voraus, dass Zeugnisse über den Erwerb eingehender Kenntnisse,
Erfahrungen und Fertigkeiten für die jeweils beantragten laboratoriumsmedizinischen Untersuchungen vorlägen.
Hiergegen legte der Antragsteller am 12.05.2010 Widerspruch ein. Er trug vor, der EBM unterscheide im Kapitel 32.3
nicht zwischen verschiedenen Labormethoden. Bei den Hormonen laute die Kapitelüberschrift: "Quantitative
Bestimmungen mittels Immunoassay" ohne Differenzierung, ob mit RIA, EIA, CLIA usw. In den großen Laboratorien
würden heute immer noch RIA eingesetzt und ggf. umgestellt auf nicht radioaktive Methoden. Der Facharzt für
Labormedizin dürfe also alle Methoden uneingeschränkt nutzen, die RIA seien also nicht den Nuklearmedizinern
vorbehalten. In der Hessischen Weiterbildungsordnung von 2005 würden für den Facharzt für Innere Medizin und
Endokrinologie Laboruntersuchungen verlangt werden, ohne Hinweis auf bestimmte Methoden. Auch in den Richtlinien
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erkenne er keine spezielle Differenzierung der angewandten Labormethoden.
Sein Widerspruch beziehe sich nur auf die Ziffern 32353 bis 32358, 32360, 32367, 32369 und 32411. Für die übrigen
Parameter ziehe er den Antrag zurück.
Die Antragsgegnerin wies mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2010 den Widerspruch als unbegründet zurück. Im
Widerspruchsbescheid führte sie aus, der Antragsteller müsse als Facharzt für Innere Medizin zum Nachweis seiner
fachlichen Befähigung nach den Laborrichtlinien ein Kolloquium absolvieren. Für die Teilnahme an einem Kolloquium
reichten die vorgelegten Zeugnisse nicht aus, da aus diesen hervorginge, dass er die beantragten Leistungen mittels
Radioimmunoassays erbracht habe, die Laborgenehmigung jedoch für NON-RIA-Methoden gelte. Es müsse zwischen
radioimmunologischen und nicht-radioaktiven Labormethoden bei der Genehmigungserteilung differenziert werden.
Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Labor-Richtlinien, wonach eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeit
für die jeweils beantragte labormedizinische Untersuchung durch Zeugnisse nachgewiesen werden müssten, die
Angaben über die angewandten labormedizinischen Methoden und Parameter enthielten. Hier unterschieden die Labor-
Richtlinien nicht nur nach den zu untersuchenden Parametern, sondern zusätzlich auch nach der angewandten
Methode (z. B. enzymimmunologisch). RIA- und NON-RIA-Verfahren stellten unterschiedliche Methoden dar.
Eingehende Kenntnisse bzw. Erfahrungen müssten für die "beantragte Untersuchung" nachgewiesen werden. Diese
setze sich aus dem zu untersuchenden Parameter und der angewandten Methode zusammen. Für RIA-
Untersuchungen müsse eine Genehmigung nach der Vereinbarung zur Strahlendiagnostik und –therapie vorliegen.
Inwieweit der EBM oder die Weiterbildungsordnung (k)eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Methoden
vorsehe, sei für die Erteilung der Laborgenehmigung unerheblich, da sich die Genehmigungsvoraussetzungen
ausschließlich nach den Labor-Richtlinien richteten.
Hiergegen hat der Antragsteller am 27.08.2010 zum Aktenzeichen S 12 KA 708/10 die Klage erhoben, über die die
Kammer noch nicht entschieden hat. Er hat bisher vorgetragen, er habe von 1983 bis 1989 als Funktionsoberarzt das
Hormonlabor der Abteilung für Endokrinologie des Zentrums für Innere Medizin des Klinikums der ZO.Universität ZX.
geleitet. Dort habe er sechs Jahre lang regelmäßig zahlreiche Laboruntersuchungen und deren qualifizierte Befundung
durchgeführt. Zudem habe er als klinischer Partner mit dem Leiter des dortigen Forschungslabors der Abteilung
klinisch-wissenschaftliche Schwerpunkte zusammen gearbeitet. Er habe die beantragten Laborleistungen zunächst
unter Anleitung und später eigenverantwortlich durchgeführt. Seit 1997 leite er die Organisationseinheit Labor am WG.
Krankenhaus in A-Stadt. Dort führe er die beantragten Untersuchungen während des gesamten Zeitraums selbständig
und eigenverantwortlich durch. Die beantragten Ziffern des EBM hätten die quantitative Bestimmung von Hormonen
mittels Immunoassay zum Gegenstand. Der Begriff "Immunoassay" stehe für alle Varianten der auch als
Bindungsanalyse oder Ligandenassay bezeichneten Untersuchungsverfahren. Weder die Labor-Richtlinien noch die
Qualitätssicherungsvereinbarung differenzierten den Fachkundennachweis nach der angewandten Methode.
Der Antragsteller hat bisher beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.04.2010 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28.07.2010 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verurteilen, ihm die Genehmigung
zur Durchführung und Abrechnung der Leistungen nach Ziffern 32353 bis 32358, 32360, 32367, 32369 und 32411 zu
erteilen, hilfsweise ihn zu einem Kolloquium zuzulassen.
Die Antragsgegnerin hat bisher beantragt, den Antrag abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, für die Erteilung einer Genehmigung fehle es an der erfolgreichen Teilnahme an
einem Kolloquium und für die Teilnahme an dem Kolloquium fehle es an einem Nachweis der eingehenden Kenntnisse
für die jeweils beantragten laboratoriumsmedizinischen Untersuchungen. Die vom Kläger in Bezug genommene
Entscheidung des LSG Hessen vom 11.03.2009 – L 4 KA 47/07 – habe nicht über die Zulassung zu einem Kolloquium
entschieden, sondern über eine durch sie dem dortigen Kläger im Jahre 1986 erteilte Genehmigung.
Am 13.12.2010 hat der Antragsteller den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eingereicht. Ergänzend zu
seinem bisherigen Vorbringen trägt er vor, für seine Tätigkeit erhalte er neben einer Festvergütung eine
Umsatzbeteilung in Höhe von 6,5 % des Jahresumsatzes des internistischen Sitzes, auf dem er angestellt sei.
Zudem sei er ärztlicher Leiter des MVZ. Durch die Versagung der begehrten Genehmigung entstünden dem MVZ und
ihm erhebliche und irreparable finanzielle Nachteile. Für das Quartal I/10 habe die Antragsgegnerin das Honorar wegen
der zu Unrecht versagten Laborgenehmigung um 7.849,80 EUR gekürzt. Im Quartal II/10 betrage die Kürzung
5.589,60 EUR. Zudem habe sie die monatlichen Abschlagszahlungen von 20.000,00 EUR auf 15.000,00 EUR
gesenkt. Da eine Rückwirkung der Genehmigung nicht erteilt werden könne, entgingen seinem Arbeitgeber rund
7.000,00 EUR an Einnahmen pro Quartal. Daraus resultiere die Minderung seiner Gewinnbeteiligung. Am 01.07.1998
sei ihm durch die Antragsgegnerin im Rahmen seiner damaligen Ermächtigung die Abrechnungsgenehmigung für
Laborleistungen nach den Nrn. 4151, 4152 und 4164 EBM in der damals gültigen Fassung erteilt worden. Die
Antragsgegnerin habe seinerzeit keine Differenzierung nach der jeweils angewandten Untersuchungsmethode
vorgenommen, sondern die Genehmigung für die jeweiligen Nummern des EBM erteilt. Diese Handhabung spreche für
seine Auffassung, dass nur auf die Nummern des EBM abzustellen sei. Aufgrund seines Schwerpunkts
Endokrinologie verfüge er über eine gleichwertige Qualifikation im Sinne von Ziffer 8 Satz 2 der Labor-Richtlinien,
sodass er einen Anspruch auf Überprüfung seiner fachlichen Qualifikation in einem Kolloquium nach Ziffer 8 der
Labor-Richtlinien habe. Der Antragsteller hat eine eidesstattliche Versicherung zur Gerichtsakte gereicht.
Der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm die
Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung der Leistungen nach den EBM-Ziffern 32353 bis 32358, 32360,
32367, 32369 und 32411 zu erteilen, hilfsweise ihn zu einem Kolloquium zuzulassen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, der Antragsteller erfülle nicht die Voraussetzungen zur Zulassung zu einem
Kolloquium, weshalb es an einem Anordnungsanspruch fehle. Ein Anordnungsgrund sei nicht gegeben. Die geltend
gemachten Einnahmeeinbußen hätten keine existentielle Bedeutung. Es bestehe auch ein Vorwegnahmeverbot.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verfahrensakte mit Az.:
S 12 KA 708/10 nebst Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Antragsteller die
Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung der Leistungen nach den EBM-Ziffern 32353 bis 32358, 32360,
32367, 32369 und 32411 zu erteilen, hilfsweise ihn zu einem Kolloquium zuzulassen, ist im Haupt- und Hilfsantrag
zulässig, aber im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag einen Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf den
Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die
Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige
Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 1 u. 2
Sozialgerichtsgesetz – SGG). Es müssen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht
werden (§ 920 Zivilprozessordnung i. V. m. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG).
Nach Aktenlage ist ein Anordnungsanspruch zweifelhaft.
Die Anforderungen an die fachliche Befähigung zur Erbringung von Laboratoriumsleistungen in der vertragsärztlichen
Versorgung ergeben sich aus dem Anhang zu Abschnitt E der Labor-Richtlinien. In diesem Anhang haben die Partner
des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) und des Arzt-/Ersatzkassenvertrages (EKV-Ä) gemäß § 135 Abs. 2 SGB
V die Anforderungen festgelegt. Die Vereinbarung dient dem Ziel, die Qualität von Laboratoriumsuntersuchungen in
der vertragsärztlichen Versorgung sicher zu stellen, nachdem für deren Ausführung und Abrechnung bestimmte
Anforderungen an fachliche Befähigungen erfüllt sein müssen und hält sich demnach im Rahmen der
Ermächtigungsgrundlage. Hierbei handelt es sich um einen Vertrag mit normativer Wirkung, mit dem Rechte und
Pflichten nicht am Vertragsschluss beteiligter Dritter - der Kassenärztlichen Vereinigungen - und der Vertragsärzte
begründet bzw. verändert werden (vgl. auch BSG, Urt. v. 31.01.2001 - B 6 KA 24/00 R - SozR 3-2500 § 135 Nr. 16).
Die Regelungen im Anhang zu Abschnitt E der Labor-Richtlinien sind aus Gründen des Gemeinwohls von der
Ermächtigungsgrundlage des § 135 Abs. 2 SGB V gedeckt und mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. zuletzt BSG
SozR 3-2500 § 135 Nr. 15) (so LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 10.07.2002 - L 5 KA 2592/00 - zitiert nach juris, Rdnr.
22; s. ferner LSG Berlin, Urt. v. 15.11.1995 - L 7 Ka 25/95 - juris). Auch die Kammer hat keine Zweifel an der
Gültigkeit der genannten Qualitätssicherungsvereinbarung (vgl. weiter BVerfG, 1. Senat 2. Kammer, Beschl. v.
16.07.2004 - 1 BvR 1127/01 - SozR 4-2500 § 135 Nr. 2 = ZMGR 2004, 195 = NVwZ 2004, 1347= MedR 2004, 608=
GesR 2004, 530 = NZS 2005, 91¸ BVerfG, 2. Senat 2. Kammer, Beschl. v. 08.07.2010 – 2 BvR 520/07 –
www.bundesverfassungsgericht.de = juris).
Die Anforderungen an die fachliche Befähigung zur Erbringung von Laboratoriumsleistungen sind nach Nr. 1 Anhang
zu Abschnitt E der Labor-Richtlinien erst erfüllt, wenn der Arzt – soweit wie hier die Fachkunde nicht durch eine
Weiterbildung nach Nr. 2 durch die Berechtigung zum Führen bestimmter Arztbezeichnungen nachgewiesen wird -
erfolgreich an einem Kolloquium teilgenommen hat. Die Berechtigung ist bei der Kassenärztlichen Vereinigung zu
beantragen (Nr. 4 Anhang zu Abschnitt E der Labor-Richtlinien). Diese hat die Unterlagen vor Erteilung der
Genehmigung zu überprüfen. Die Ausführung und Abrechnung von Leistungen nach Kapitel 32.3 EBM ist erst nach
Erteilung der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung zulässig (s. Nr. 2 Präambel zu Kap. 32.3 EBM
2009). Zutreffend geht die Antragsgegnerin daher davon aus, dass frühestens mit Vorlage der Unterlagen und dem
Bestehen des Kolloquiums eine Genehmigung erteilt werden kann. Denn erst mit Bestehen des Kolloquiums liegen die
Genehmigungsvoraussetzungen vor. Eine darüber hinausgehende Möglichkeit, die Genehmigung für die
Vergangenheit zu erteilen, also für die Zeit vor Bestehen des Kolloquiums, sieht Anhang zu Abschnitt E der Labor-
Richtlinien nicht vor, was generell für Vereinbarungen zur Qualitätssicherung gilt, soweit die Genehmigung als
Maßnahme der Qualitätssicherung als Abrechnungsvoraussetzung formuliert ist (vgl. Steinhilper in Schnapp/Wigge
(Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, 2002, § 16, Rdnr. 23). Insofern wird auch in § 11 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä/§
39 Abs. 1 Satz 1 EKV-Ä ausdrücklich bestimmt, dass Leistungen, die einer besonderen Fachkunde bedürfen, nur
ausgeführt und abgerechnet werden können, wenn der Arzt die vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt.
Der fachliche Nachweis ist für jede Laborleistung vollumfänglich zu erbringen. Nach der Laborrichtlinie, Anhang,
Abschnitt 6 sind für die Zulassung zum Kolloquium (Fachgespräch) Zeugnisse über den Erwerb eingehender
Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten für die jeweils beantragte(n) laboratoriumsmedizinische(n) Untersuchung(en)
vorzulegen. Damit wird eindeutig geregelt, dass der Qualifikationsnachweis für jedes einzelne Verfahren zu führen ist.
Dies ist von der Kammer nicht zu beanstanden. Von daher kann die frühere Teilnahme an einem Kolloquium kein
Nachweis für Leistungen sein, die nicht Gegenstand dieses früheren Kolloquiums waren (vgl. bereits SG Marburg, Urt.
v. 30.01.2008 - S 12 KA 817/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris).
Die Antragsgegnerin hat die strittige Genehmigung bzw. die Zulassung zum Kolloquium abgelehnt, da sie zwischen
RIA- und NON-RIA-Methoden unterscheidet und der Kläger Zeugnis nur für die Radioimmunassays vorgelegt habe.
Der Antragsteller bestreitet dies nicht, sondern ist der Auffassung, dass nach dem EBM selbst eine Unterscheidung
zwischen diesen Methoden nicht zulässig sei. Nach Aktenlage spricht mehr für die Auffassung der Antragsgegnerin.
Nach Nr. 6 des Anhangs zu Abschnitt E der Richtlinien für die Durchführung von Laboratoriumsuntersuchungen
kommt es nicht auf eine einzelne Abrechnungsziffer an, sondern auf die Unterschiedlichkeit der Methoden aufgrund
laboratoriumsmedizinischer Erkenntnisse. Die Genehmigung ist insoweit für jede einzelne Methode zu erteilen.
Als Immunassays werden zusammenfassend eine Reihe von Methoden in der Bioanalytik bezeichnet, deren
gemeinsames Grundprinzip die Erkennung und damit der Nachweis eines Analyten in einer flüssigen Phase durch die
Bindung eines Antigens an einen Antikörper ist. Je nach Konfiguration des Assays können sowohl Antigen als auch
Antikörper der nachzuweisende Analyt sein. Bei der Durchführung von Immunassays wird die hohe Spezifität und
Bindungsstärke der Bindung zwischen Antigenen und Antikörpern genutzt. Als einfacher Vorgänger spezialisierter
Verfahren kann der Immundiffusionstest bezeichnet werden. Zum Nachweis und zur quantitativen Bestimmung ist in
Immunassays der Einsatz markierter Reagenzien notwendig. Je nach Assayformat, Anwendung und gewünschter
Sensitivität sind dabei verschiedene Markierungen möglich. Weit verbreitet ist die Markierung mittels Enzymen, die
eine chemische Reaktion katalysieren, bei der entweder durch ein Substrat eine bestimmte Farbe entsteht
(chromogenes Substrat) oder über Chemilumineszenz Licht abgegeben wird. Ein weiteres optisches Verfahren ist die
Markierung mit Fluoreszenz-Farbstoffen. Sowohl die Farbintensität bei chromogenen Substraten als auch die
Lichtintensität bei lumineszenten und fluoreszenten Substraten beziehungsweise Markierungen sind mit
entsprechenden Geräten messbar. Auf Enzymmarkierungen basierende Assays werden als Enzyme-linked
Immunosorbent Assays (ELISA) bezeichnet. In Radioimmunassays (RIA) werden schwachradioaktive Substanzen zur
Markierung verwendet, der Nachweis und die Quantifizierung erfolgen hierbei durch die Messung der Radioaktivität
(vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Immunassay). Es ist daher zu unterscheiden zwischen den einzelnen Methoden zur
Bestimmung der Immunassays.
Soweit der EBM selbst nicht zwischen den einzelnen Methoden unterscheidet, folgt hieraus nicht, dass eine
Genehmigung nicht für jede Methode erteilt werden muss. Die hier strittigen EBM-Ziffern 32353 bis 32358, 32360,
32367, 32369 und 32411 betreffen die quantitative Bestimmung mittels Immunoassay, gilt für die Leistungen nach den
Nrn. 32350 bis 32361, hier strittig im Einzelnen für Follitropin (FSH), Lutropin (LH), Prolaktin, Prolaktin, Progesteron,
Testosteron und/oder freies Testosteron und Sexualhormonbindendes Globulin (SHBG) bzw. die quantitative
Bestimmung mittels Immunoassay, gilt für die Leistungen nach den Nrn. 32365 bis 32381, hier strittig für Cortisol
sowie Dehydroepiandrosteron (DHEA) und/oder -sulfat (DHEA-S) bzw. die quantitative Bestimmung mittels
Immunoassay, gilt für die Leistungen nach den Nrn. 32410 bis 32416, hier strittig für intaktes Parathormon. Der EBM
dient der Bewertung der Leistungen. Soweit er nur nach den zu bestimmenden Stoffen unterscheidet, geht der EBM-
Geber offensichtlich davon aus, dass eine unterschiedliche Bewertung nach der angewandten Methode nicht
erforderlich ist. Damit trifft der EBM-Geber keine Aussage über die Qualitätssicherung, die in den Laborrichtlinien
geregelt ist und die, wie bereits ausgeführt, für jede einzelne Methode eine gesonderte Genehmigung voraussetzen.
Der vom Antragsteller vorgelegte Genehmigungsbescheid vom 01.07.1998 betraf, unter Berücksichtigung der
Berichtigung durch Bescheid vom 10.07.1998, nicht die Genehmigung der hier strittigen Leistungen. Er genehmigte
die Abrechnung nach den Nrn. 4151, 4152 und 4164 EBM. Die Nrn. 4151, 4152 und 4164 EBM 1996 betraf die
quantitative Bestimmung der freien Schilddrüsenhormone mit dem Katalog "Freies Thyroxin (fT4)" und "Freies
Trijodthyronin (fT3)" bzw. die Quantitative Bestimmung mit dem Katalog u. a., "Carcinoembryonales Antigen (CEA)".
Die Berechtigung zur Führung der Teilgebietsbezeichnung Endokrinologie führt nach der Laborrichtlinie nicht dazu,
dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist. Es handelt sich nicht um eine Fachkunde nach Nr. 2 der Laborrichtlinie,
die vom Nachweis der erforderlichen Teilnahme an einem Kolloquium befreit.
Soweit nach Aktenlage mehr für die Rechtmäßigkeit der Nichtzulassung zum Kolloquium spricht, sind erhöhte
Anforderungen an den Anordnungsgrund zu stellen. Der Antragsteller verweist insofern auf Einnahme-Einbußen
sowohl für ihn, als auch für das MVZ als Arbeitgeber. Nach dem bisherigen Vortrag ist nicht ersichtlich, dass diese
Einnahmebußen annähernd existenzielle Bedeutung hätten. Im Hinblick auf die Qualitätssicherung, die mit der
Laborrichtlinie bezweckt wird, ist dem Antragsteller daher zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens
abzuwarten.
Von daher war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Haupt- als auch Hilfsantrag abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.
Für das Klageverfahren gilt das Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts
(Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718, da der Antrag nach dem
30.06.2004 anhängig wurde (vgl. § 72 Nr. 1 GKG). Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht
bindet, was hier der Fall ist, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss
fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig
erledigt (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG). In Prozessverfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird die
Verfahrensgebühr mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe
der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 GKG).
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach
den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet
der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert
von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Für Genehmigungen aufgrund besonderer Fachkunde geht die Kammer vom Regelstreitwert aus. Für einstweilige
Anordnungsverfahren ist dieser zu dritteln. Dies ergab den festgesetzten Wert.