Urteil des SozG Düsseldorf vom 06.07.2006

SozG Düsseldorf: anhaltende somatoforme schmerzstörung, innere medizin, rente, fibromyalgie, berufsunfähigkeit, arbeitsmarkt, behandlung, osteoporose, verkäuferin, berufsausbildung

Sozialgericht Düsseldorf, S 26 R 251/05
Datum:
06.07.2006
Gericht:
Sozialgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
26. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 26 R 251/05
Nachinstanz:
Landessozialgericht NRW, L 3 R 231/06
Sachgebiet:
Rentenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die
Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
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Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
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Die Klägerin ist am 00.00.1943 geboren. Sie hat keinen Beruf mit Abschluss erlernt. Sie
war bisher bei verschiedenen Arbeitgebern als angelernte Egalisiererin, Verkäuferin,
Arbeiterin und Heimarbeiterin bis 1971 tätig. Nach einer langen Berufspause, in die
auch Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten fielen, nahm die
Klägerin im August 1999 eine Tätigkeit bei ihrem Ehemann als Arbeitgeber auf, die als
geringfügige Tätigkeit in ihrem Fall wegen Verzicht auf die Befreiung von der
Rentenversicherungsfreiheit rentenversicherungspflichtig war. Diese Tätigkeit bestand
aus allgemeinen Hilfsarbeiten wie Büroreinigung und Botengängen und anderem,
täglich etwa 1,5 bis 2 Stunden. Die Tätigkeit dauerte an bis zur Auflösung der Firma
ihres Ehemannes (31.12.2003). Seit dem 02.01.2004 ist die Klägerin arbeitslos und
arbeitssuchend gemeldet, jedoch ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen der
vorausgegangenen nur geringfügigen Beschäftigung.
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Am 22.04.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen
Erwerbsminderung. Zur Begründung wurden diverse Leiden angegeben. Ärztliche
Berichte wurden zur Verwaltungsakte gereicht bzw. eingeholt. Die Beklagte veranlasste
die Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen und eines orthopädischen
Gutachtens durch W und N. Diese Gutachter hielten die Klägerin noch für in der Lage,
alle leichten Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten zu können, dies auch
6 Stunden und mehr täglich. Sie könne auch noch als Bürohilfe arbeiten. Auf
nervenärztlichem Fachgebiet bestünden keine wesentlichen Erkrankungen und keine
wesentlichen Funktionseinschränkungen.
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Mit Bescheid vom 29.06.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur
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Begründung nahm sie Bezug auf die ärztlichen Feststellungen. Die Klägerin sei danach
noch in der Lage, ihr zumutbare Tätigkeiten als Büroangestellte und solche des
allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten, und damit
weder berufsunfähig noch voll oder teilweise erwerbsgemindert.
Dagegen legte die Klägerin am 23.07.2004 Widerspruch ein. Zur Begründung gab sie
an, die Beklagte verkenne den Gesundheitszustand. Außerdem habe sie nie
Büroarbeiten im eigentlichen Sinne verrichtet, eher Reinigungsarbeiten und anderes.
Die Beklagte holte noch Arztberichte ein, die der beratungsärztliche Dienst prüfte. Die
Beklagte holte auch noch ein weiteres orthopädisches Gutachten von L1 ein. Dieser
hielt die Klägerin auch noch für in der Lage, 6 Stunden und mehr täglich Hilfstätigkeiten
in einem Büro zu verrichten. Generell könnten leichte Tätigkeiten noch 6 Stunden und
mehr pro Tag ausgeübt werden.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 19.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Sie begründete dies damit, dass die Klägerin nach ihren ärztlichen Feststellungen
weder als berufsunfähig noch als voll oder teilweise erwerbsgemindert anzusehen sei.
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Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 11.05.2005 Klage zum Sozialgericht
Düsseldorf erhoben.
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Sie begründet die Klage damit, dass die Beklagte ihren Gesundheitszustand verkenne
und ihr Leistungsvermögen falsch beurteile. Sie sei mit allen gutachterlichen
Einschränkungen nicht mehr in der Lage, im bisherigen Beruf oder in zumutbaren
Verweisungsberufen oder sonst auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Die
bisherigen Gutachter würden die Leistungsfähigkeit falsch bzw. zu theoretisch
beurteilen. Der behandelnde Arzt G unterstütze eine Berentung. Außerdem könne sie
als Bürogehilfin im eigentlichen Sinne nicht tätig sein, weil sie solche Arbeiten noch nie
verrichtet habe.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.06.2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19.04.2005 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller,
hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf der Grundlage eines
Versicherungsfalls vom 22.04.2004 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu
gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, ein Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit bzw. der
Erwerbsminderung sei nicht eingetreten. Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der
angefochtenen Bescheide. Alle Gutachten bestätigten ihre Auffassung.
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Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen. Der Arzt für
Allgemeinmedizin L2 berichtet, er halte eine Tätigkeit bis zu 6 Stunden täglich bei der
Klägerin für nicht mehr möglich wegen der Schmerzsympthomatik. Die Neurochirurgin
Frau T1-S1 berichtet, im Zeitraum ihrer Behandlung bis November 2004 wäre eine
leichte Tätigkeit bis zu 6 Stunden täglich noch möglich gewesen. Der Arzt für innere
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Medizin T2 berichtet, durch die Osteoporose sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin
eingeschränkt für schwere Arbeiten. Im Zeitraum seiner Behandlung bis 22.08.2005 sei
die Klägerin als arbeitsfähig anzusehen gewesen für leichte Tätigkeiten bis zu 6
Stunden.
Sodann hat das Gericht durch Einholung medizinischer Sachverständigengutachten
Beweis darüber erhoben, welche Erkrankungen im einzelnen bei der Klägerin vorliegen
und wie diese sich auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Der Arzt für Orthopädie K und
der Arzt für Neurologie und Psychiatrie S2 kommen in ihren Gutachten zur Beurteilung,
bei der Klägerin lägen im einzelnen folgende Diagnosen vor:
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Anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Angst und Depression, gemischt.
Erkrankung der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule, beginnender Verschleiß beider
Kniegelenke, Senk-Spreiz-Knickfuß beiderseits mit beginnender Fehlstellung beider
Großzehen, beginnende Krampfaderbildung beider Beine, jeweils wie im Gutachten des
Herrn K beschrieben.
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Mit diesen Befunden könne die Klägerin noch, so diese Ärzte, vollschichtig eine
körperlich leichte Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung verrichten, überwiegend im
Sitzen, zu etwa 70 % einer Schicht, und ohne ungünstige Bedingungen wie
Zwangshaltungen und ohne Wechselschicht und ohne häufiges Bücken oder Knien und
nicht an schnell laufenden gefährlichen Maschinen. Eine wesentliche Einschränkung
des geistigen Leistungsvermögens bestehe nicht. Das Umstellungsvermögen sei
genügend. Eine psychische Fehlhaltung liege nicht vor. In Betracht käme auch noch
eine Tätigkeit als Pförtnerin oder Sortiererin und Montiererin von kleinen Teilen oder
auch Bürohilfsarbeiten, dies vollschichtig. Die Klägerin könne auch noch Wegstrecken
zu Fuß von 4 mal über 500 Meter täglich zurücklegen (in einer Zeit von nicht mehr als 15
bis 20 Minuten für 500 Meter) und öffentliche Verkehrsmittel benutzen und einen PKW
als Fahrer. Im übrigen gelte diese Beurteilung auch seit Antragstellung und ca. 3 Monate
zuvor.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten
Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte
der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
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Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtene Verwaltungsakte der
Beklagten, nämlich der Bescheid vom 29.06.2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19.4.2005, sind nicht rechtswidrig und beschweren die
Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil die
Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Rente wegen
Erwerbsminderung abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der
Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war damit nicht zu entsprechen.
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Wegen des Wortlautes der maßgeblichen Vorschriften der §§ 43, 240 SGB VI wird
gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug genommen auf den Inhalt der angefochtenen
Bescheide. Dort hat die Beklagte den Wortlaut dieser Vorschriften bereits
wiedergegeben.
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Die Klägerin erfüllt nicht diese Voraussetzungen, auch nicht für eine Rente nur wegen
teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Zwar liegen die
rein versicherungsrechtlichen (beitragsrechtlichen) Voraussetzungen für einen
Versicherungsfall der teilweisen (oder auch vollen) Erwerbsminderung vor, weil die
Klägerin in den letzten fünf Jahren vor Rentenantragstellung 36 Pflichtbeiträge in der
Rentenversicherung zurückgelegt hat, was sich aus dem Versicherungsverlauf vom
28.06.2005 ergibt; denn im Fall der Klägerin wurden auch für die geringfügige Tätigkeit
Pflichtbeiträge entrichtet. Die Klägerin ist aber nicht berufsunfähig im Sinne von § 240
SGB VI. Denn die Klägerin kann noch vollschichtig (das heißt 8 Stunden täglich - § 3
Arbeitszeitgesetz) und damit also auch noch mindestens 6 Stunden täglich eine
körperlich leichte Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen,
verrichten, bei Meidung nur der oben im Tatbestand und in den Gutachten
wiedergegebenen Einschränkungen; dabei liegt bei der Klägerin eine wesentliche
Einschränkung des geistigen Leistungsvermögens auch nicht vor und sie könnte
durchschnittlichen Anforderungen auch noch genügen, ohne dass das
Umstellungsvermögen nicht ausreichen würde. Die Klägerin kann damit beispielsweise
noch eine Tätigkeit als Pförtnerin oder als Sortiererin und Montiererin von kleinen Teilen
mindestens 6 Stunden täglich verrichten, oder sonstige leichte einfache Tätigkeiten des
allgemeinen Arbeitsmarktes, worauf sie verweisbar ist, und ist damit nicht als
berufsunfähig anzusehen.
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Was das allgemeine Leistungsvermögen der Klägerin angeht, so ist die Kammer davon
überzeugt, dass die Klägerin auch für die Zeit seit Stellung ihres Rentenantrages (April
2004) noch eine körperlich zumindest leichte Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung
überwiegend im Sitzen verrichten kann, bei Meidung der bereits genannten
Einschränkungen, und das sie auch geistig durchschnittlichen Anforderungen noch
genügen könnte, so wie dass im einzelnen in den Gutachten von S2 und K beschrieben
ist. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die in diesen Gutachten im einzelnen
gestellten Diagnosen vorliegen und bisher keine weitergehenden relevanten
Erkrankungen oder Leistungseinschränkungen vorliegen als bereits in den Gutachten
von S2 und K beschrieben. Auch aus dem nervenfachärztlichen Attest von G vom
21.05.2006 ergeben sich keine wesentlichen weiteren neuen Diagnosen. Die
Fibromyalgie hat S2 in seinem Gutachten auch bereits berücksichtigt, indem er auf Seite
9 seines Gutachtens ausführt, bei der Klägerin müsse die Diagnose einer anhaltenden
somatoformen Schmerzstörung unter dem Erscheinungsbild einer Fibromyalgie gestellt
werden. Die bei der Klägerin vorhandenen Erkrankungen bewirken damit nur eine
Einschränkung wie von den Gutachtern S2 und K beschrieben, aber keine
darüberhinausgehenden weiteren Funktionseinschränkungen. Dazu hat S2 auf Seite 9
und 10 seines Gutachtens auch die medizinische Fachliteratur zur Fibromyalgie von
Berg herangezogen, wonach ein Fibromyalgiesyndrom der Ausführung körperlich
leichter einfacher Tätigkeiten nicht entgegensteht (vergleiche dazu auch LSG
Neubrandenburg Urteil vom 9.8.2000 - L 7 RJ 104/99; Reimers: Neurologische
Begutachtung bei inadäquaten Befunden, Befund und Befinden, herausgeben von
Suchenwirth, Ritter und Widder Seite 28 f, und Bräckner und andere, "Diagnose
Fibromyalgie" - in Med. Sach 98 (2002) Nr. 1, Seite 22 ff, 26). Danach ist hier davon
auszugehen, dass bei der Klägerin zwar ein Schmerzsyndrom besteht, das aber nicht so
gravierend ist, dass es auch körperlich leichte Tätigkeiten unmöglich machen würde.
Allein auf die Klägerin unterstützende Befundberichte behandelnder Ärzte (z. B. von L2
und G) könnte das Gericht eine Entscheidung nur im Sinne der Klägerin ohnehin nicht
stützen, da behandelnde Ärzte in der Regel erfahrungsgemäß ihre Patienten eher
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unterstützen möchten. Die Leiden und körperlichen Einschränkungen der Klägerin
waren daher durch Gutachten von ärztlichen Sachverständigen zur objektivieren, was
hier mit den Gutachten von S2 und K geschehen ist, die erfahrene Sachverständige seit
vielen Jahren für das Sozialgericht Düsseldorf sind. Im übrigen hat sogar der noch bis
August 2005 behandelnde Internist T2 berichtet, er sehe für leichte Tätigkeiten keine
Einschränkungen, auch nicht durch die Osteoporose der Klägerin.
Mit dem wie oben beschriebenen vollschichtigen bzw. zumindest 6-stündigem
Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen bei
Meidung der gemachten Einschränkungen ist die Klägerin aber nicht berufsunfähig im
Sinne von § 240 SGB VI. Denn nach den gesetzlichen Vorschriften ist die Klägerin
verweisbar auf alle einfachen leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes,
ohne dass hier zwingend überhaupt eine konkrete bestimmte Verweisungstätigkeit zu
benennen wäre. Diese Verweisbarkeit der Klägerin ergibt sich aus dem von dem
Bundessozialgericht entwickelten Stufenschema. Danach gibt es die Angestellten ohne
reguläre Ausbildung bzw. mit nur Anlernung, die Angestellten mit einer
abgeschlossenen Ausbildung von bis zu zwei Jahren, die Angestellten mit einer
Ausbildungsdauer von über zwei Jahren und entsprechendem Berufsabschluss und
dann noch die besondere Gruppe derjenigen Angestellten, die Leitungsfunktionen
innehaben und im Bereich der Beitragsbemessungsgrenze arbeiten. Zu beachten ist
dabei, dass sich der Berufsschutz, also die Berufsstufe, grundsätzlich in aller Regel
nach Intensität und Dauer der Ausbildung für ausgeübte versicherungspflichtige
Tätigkeiten richtet und nicht nach irgendeiner tariflichen Einstufung oder Entlohnung
(BSG Urteil vom 24.01.1994 in: Amtliche Mitteilungen der LVA Rheinprovinz 1994, 313
ff, 316). Dabei müssen sich Versicherte einer Stufe nach der Rechtsprechung auf die
gleiche oder auf die nächst untere Berufsstufe verweisen lassen. Die Klägerin ist nach
ihrer Berufsbiographie nur als angelernte Angestellte bzw. Arbeiterin anzusehen, denn
gearbeitet hat sie bisher - ohne eine Berufsausbildung absolviert zu haben oder einen
Ausbildungsabschluss erworben zu haben - als angelernte Egalisiererin, Verkäuferin,
Arbeiterin und Heimarbeiterin und zuletzt als Hilfskraft mit Ausübung von
Reinigungstätigkeiten und Botengängen und anderem. Die Klägerin ist mithin
verweisbar auf alle Tätigkeiten des gesamten allgemeinen Arbeitsmarktes, ohne dass
es an sich überhaupt noch der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit
bedurfte. Beispielsweise käme hier aber auch durchaus in Betracht die Tätigkeit als
Pförtnerin, die in wechselnder Körperhaltung ausgeübt wird, überwiegend auch im
Sitzen, jedoch mit der Möglichkeit des Wechsels der Körperhaltung. Eine solche
Tätigkeit ist auch nicht verbunden mit unzumutbaren Zwangshaltungen, oder sonst der
Klägerin nicht zumutbaren Einschränkungen (vergleiche dazu Urteile des LSG
Rheinland-Pfalz vom 10.05.1996 - L 6 An 80/95 und des LSG Bremen vom 13.06.1996 -
L 2 An 9/95). Gerade bei einer Tätigkeit als Pförtnerin könnte die Klägerin auch in
beliebiger Körperhaltung, auch mit den Beschwerden des Bewegungsapparates, ohne
Zwangshaltungen und ohne besondere Belastungen arbeiten. Die Tätigkeit als
Pförtnerin ist auch nicht mit besonderen manuellen Anforderungen verbunden und eher
überwachender Art. In Betracht kämen auch Tätigkeiten als Sortiererin und Montiererin
von kleinen Teilen; derartige Montiertätigkeiten sind gerichtsbekannt auch körperlich nur
leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung in geschlossenen temperierten
Räumen und ohne ungünstige Bedingungen, häufig auch überwiegend im Sitzen, wie z.
B. im Rahmen eines früheren Klageverfahrens (S 26 (9) RJ 137/00) festgestellt wurde.
Die Verweisbarkeit von Arbeitnehmern ohne Berufsausbildung auf solche Tätigkeiten
wie z. B. Sortieren, Zusammensetzen von kleinen Teilen, Kontrollieren und Montieren ist
auch bereits bestätigt worden mit Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom
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28.10.2003 (L 5 RJ 588/01). Solche Tätigkeiten gibt es beispielsweise in der Montage
von kleinen Haushaltsgeräten oder in der Montage von Türschlössern für PKW und
LKW. Ob derartige Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt für die Klägerin tatsächlich
verfügbar wären, ist nach der Rechtssprechung unerheblich. Das Risiko der
Vermittelbarkeit der Klägerin fällt nämlich nicht in den Zuständigkeitsbereich der
Rentenversicherung; auch der Gesetzgeber hat die irrelevante Situation des
Arbeitsmarktes schon früher betont (BSG SozR 3-2200 - § 1246 Nr. 52). Diese
Beurteilung wird auch durch das neue Recht der §§ 240, 43 SGB VI bestätigt, danach
kommt es nur auf die theoretische Ausübbarkeit einer Tätigkeit an und nicht ob sie auf
dem Arbeitsmarkt tatsächlich derzeit offen steht (so auch § 43 Abs. 3 SGB VI). Die
Klägerin ist somit nicht berufsunfähig.
Die Klägerin ist damit auch nicht teilweise oder voll erwerbsgemindert im Sinne von §
43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI, denn diese Vorschriften setzen eine noch weitergehende
Leistungseinschränkung als die der Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI voraus, die
die Kammer schon verneinen musste. Eine allgemeine volle oder teilweise
Erwerbsminderung im Sinne von § 43 Abs. 1, 2 SGB VI besteht nach § 43 Abs. 3 SGB
VI schon nicht für den, der unter den üblichen Bedingungen (auch nur) des allgemeinen
Arbeitsmarktes (noch) mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist
die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
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