Urteil des SozG Dresden vom 29.06.2010

SozG Dresden: betriebskosten, unterkunftskosten, nebenkosten, wohnraum, konzept, vorauszahlung, verfügung, anrechenbares vermögen, soziale sicherheit, heizung

Sozialgericht Dresden
Urteil vom 29.06.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 40 AS 391/09
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Leistungszeitraum vom 1.1.2009 bis 31.1.2009 weitere 40,09 EUR
für Kosten der Unterkunft zu zahlen. Der Bescheid vom 3.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
19.1.2009 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Beklagte
hat 1/5 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. 4. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Höhe der Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung im Januar 2009.
Der alleinstehende, erwerbslose und erwerbsfähige Kläger bezieht seit dem 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung
nach dem SGB II. Anrechenbares Vermögen ist nicht vorhanden. Er bewohnt seit Februar 2002 eine 49,38 m² große
2-Zimmer-Wohnung der Wohnungsgenossenschaft Glückauf. Der Wohnblock des Klägers umfasst nahezu 900 m²
vermietete Wohnfläche. Das Objekt wird mit Fernwärme beheizt; auch die Warmwasserbereitung erfolgt zentral über
die Fernwärmeheizung. Die Nutzer der Wohnungen sind verpflichtet, die Kosten für einen Breitbandkabelanschluss zu
übernehmen, der über die Nebenkosten abgerechnet wird. Die Anbringung von Satellitenschüsseln für
Fernsehempfang ist untersagt. Der Kläger hatte ursprünglich seine gesamten tatsächlichen Wohnkosten von der
Beklagten erstattet bekommen. Bereits am 29.8.2005 hatte die Beklagte jedoch den Kläger unter Hinweis auf die
Obergrenzen für Unterkunftskosten nach dem Stadtratsbeschluss vom 24.2.2005 (Bruttokaltmiete 252,45 EUR und
Heizkosten 46,80 EUR für einen Einpersonenhaushalt) aufgefordert, die Kosten seiner Unterkunft und Heizung zu
senken. Der Kläger hatte daraufhin, nachdem seine Bemühungen, die Miete und die Nebenkostenvorauszahlungen zu
verringern, fehlgeschlagen waren, auf einen Umzug in eine kleinere Wohnung verzichtet und der Beklagten schriftlich
bestätigt, dass er "die Mehrkosten für Unterkunft übernehmen werde". Er erhielt seit dem 1.1.2006 daher nur noch
Unterkunfts- und Heizkosten in der Höhe der Stadtratsbeschlüsse vom 24.2.2005 bzw. später vom 24.1.2008. Der
Kläger stellte am 25.11.2008 einen Fortzahlungsantrag für den Leistungszeitraum ab 1.1.2009 und fügte diesem
Fortzahlungsantrag seine Betriebskostenabrechnung für 2007 bei. Diese ergab ein Guthaben von 210,79 EUR,
welches der Kläger im Dezember 2008 erhielt. Ab dem 1.12.2008 betrug die Grundmiete des Klägers 224,- EUR, die
Vorauszahlung für kalte Nebenkosten incl. Wasser 54,- EUR und die Vorauszahlung für
Heizkosten/Warmwassererwärmung wegen einer vom Vermieter erwarteten Preissteigerung in dem Segment um 25 %
nunmehr 87,- EUR an Stelle von bislang 63,- EUR. In der Vorauszahlung für die kalten Nebenkosten war ein Betrag
von 6,- EUR/monatlich enthalten für den Breitbandkabelanschluss. Einkünfte erzielte der Kläger nicht. Mit
Bewilligungsbescheid vom 3.12.2008 wurden dem Kläger für Januar 2009 insgesamt 448,91 EUR bewilligt. Davon
entfielen 97,91 EUR auf die Kosten der Unterkunft. Der Bescheid bewilligte für die Folgemonate 1.2.2009 bis
30.6.2009 jedoch Kosten der Unterkunft in Höhe von 308,70 EUR. Die abweichende Bewilligung für Januar 2009
beruhte darauf, dass die die Beklagte von der sonst anerkannten Grundmiete in Höhe von 224,- EUR, den Heizkosten
in Höhe von 46,80 EUR und sonstigen (kalten) Betriebskosten in Höhe von 50,91 EUR die Betriebskostengutschrift
von 210,80 EUR aus der Nebenkostenabrechnung für 2007 abgezogen hatte. Den hiergegen gerichteten Widerspruch
des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.1.2009 zurück. Der Kläger hat fristgerecht am
22.1.2009 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass die Gutschrift aus der Betriebskostenerstattung ihm selbst
zustehe, da er von der Beklagten ohnehin bislang nur eine gekürzte Leistung für Unterkunftskosten bekommen und
den Rest selbst habe zahlen müssen. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom
3.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.1.2009 zu verurteilen, dem Kläger für den Monat Januar
2009 weitere 210,79 EUR als Kosten der Unterkunft zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die ergangenen Bescheide. Der Kläger müsse die Betriebskostengutschriften in voller Höhe
zur Bestreitung seines Lebensunterhalts einsetzen. Nur so nutze er alle Möglichkeiten, seine Hilfebedürftigkeit zu
verringern. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte das Konzept des Trägers der Unterkunftskosten zur
Ermittlung der Angemessenheitsgrenze näher erläutet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Behördenakte Bezug genommen, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Von der Beklagten wurden im Verfahren S 40 AS 390/09 folgende
Unterlagen der Landeshauptstadt Dresden vorgelegt, die auch zum Gegenstand dieses Verfahrens gemacht wurden:
Mietspiegeltabellen 2004, 2006 und 2008 nebst Methodenberichten der TU Dresden, Schreiben der Landeshauptstadt
Mietspiegeltabellen 2004, 2006 und 2008 nebst Methodenberichten der TU Dresden, Schreiben der Landeshauptstadt
an die Beklagte vom 16.3.2010 zur Erläuterung der Entstehungsgeschichte der Stadtratsbeschlüsse vom 24.2.2005
(V0382-SR09-05) und vom 24.1.2008 (V2198-SR62-08), Schreiben der Landeshauptstadt Dresden an die Beklagte
vom 4.6.2010 ("schlüssiges Konzept"), Wohnungsmarktberichte 2004, 2006 und 2009, Kommunale Bürgerumfrage
2005 und 2007 und Statistische Mitteilungen Bauen und Wohnen 2009. Der Kläger erhält Einsicht in diese Unterlagen.
Außerdem standen dem Gericht die von der Beklagten an die Bibliothek des Landessozialgerichts übermittelten
Unterlagen zur Grundsicherung zur Verfügung; hier ist insbesondere das Dokument "Dresden-
Betriebskostenübersicht 2007 – Erläuterungen" zu nennen, welches in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg.
Sie ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bewilligungsbescheid vom 3.12.2008 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 19.1.2009 zulässig (§ 54 Abs. 4 SGG), aber nur teilweise begründet. Die
streitbefangenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit dem Kläger für
Januar 2009 lediglich Kosten der Unterkunft in Höhe von 97,91 EUR gewährt wurden, denn dem Kläger standen
insgesamt 138,- EUR zu. Weitergehende Leistungen für Kosten der Unterkunft waren dem Kläger jedoch nicht
zuzusprechen.
Der im streitgegenständlichen Leistungszeitraum erwerbsfähige und hilfebedürftige (§ 7 Abs. 1 SGB II) Kläger hat
nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen
Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Im vorliegenden Fall sind insgesamt 348,67 EUR als angemessene
Unterkunftskosten des Klägers anzusetzen (dazu 1.). Durch die Nebenkostenerstattung für das Abrechnungsjahr 2007
in Höhe von 210,79 EUR ist dem Kläger im Monat Dezember 2008 Einkommen zugeflossen, welches nach § 22 Abs.
1 Satz 4 SGB II zur Minderung der Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung im Januar 2009 geführt hat
(dazu 2.). Mithin standen dem Kläger insgesamt gerundet 138,- EUR zu.
1. Der Kläger hatte im Januar 2009 an seinen Vermieter folgende Zahlungen zu leisten: Grundmiete 224,- EUR, die
Vorauszahlung für kalte Nebenkosten incl. Wasser 54,- EUR und die Vorauszahlung für
Heizkosten/Warmwassererwärmung 87,- EUR. In der Vorauszahlung für die kalten Nebenkosten war ein Betrag von
6,- EUR für den Breitbandkabelanschluss enthalten.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der die Kammer folgt, ist zunächst von der
Heizkostenvorauszahlung die sogenannte Warmwasserpauschale von 6,64 EUR abzuziehen, denn in der
Regelleistung des Klägers (351,- EUR im Monat Januar 2009) ist dieser Betrag bereits für die Erwärmung von Wasser
enthalten, so dass dieser nicht nochmals bei den Kosten der Unterkunft gewährt werden muss (BSG, Urt. v.
27.2.2008, B 14/11b AS 15/07 R, juris, vgl. auch Brünner in LPK-SGB II, § 20 Rn. 11: 1,8905 % der Regelleistung).
Daneben ist von der Betriebskostenvorauszahlung für kalte Betriebskosten der auf den Breitbandkabelanschluss
entfallende monatliche Betrag von 6,- EUR abzuziehen, denn auch diese Kosten enthält der Kläger mit der
Regelleistung, so dass diese nicht nochmals als Kosten der Unterkunft zu gewähren sind.
Bei den monatlichen Grundgebühren für die Nutzung eines Breitbandkabelanschlusses, die der Kläger hier in Höhe
von 6,- EUR zu tragen hat, handelt es sich zwar dem Grunde nach um erstattungsfähige Nebenkosten i.S.v. § 2
Betriebskostenverordnung, die als Aufwendungen für Unterkunft i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II von der Beklagten
zu erbringen wären. Nach den Feststellungen der Kammer stellt die Vermieterin des Klägers den
Breitbandkabelanschluss nicht nur grundsätzlich für sämtliche Mieter zur Verfügung, sondern die Mieter sind
mietvertraglich auch verpflichtet, für diesen Breitbandkabelanschluss in jedem Fall zu zahlen, auch wenn sie ihn nicht
nutzen sollten. Darüber hinaus ist es dem Kläger verwehrt, z. B. durch das Anbringen einer Satellitenschüssel seinen
Fernsehempfang anderweitig sicherzustellen. Auch wenn der Kläger andere elektronische Medien nutzte um
fernzusehen, wie z.B. das Internet, müsste er die Breitbandkabelgebühren entrichten. Gleichwohl ist die Kammer der
Überzeugung, dass die Kosten des Breitbandkabelanschlusses, auch wenn sie für den Kläger nicht disponibel sind,
nicht als Kosten der Unterkunft zu erstatten sind, denn diese sind bereits in der Regelleistung enthalten.
Für die Fälle nicht disponibler Kabelanschlussgebühren wird zwar in der Rechtsprechung überwiegend vertreten, dass
der Grundsicherungsträger zur Zahlung dieser Kosten verpflichtet ist, weil sich der Hilfeempfänger nicht freiwillig von
diesen Kosten lösen kann.
So hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 48/08 R, juris, hierzu Folgendes ausgeführt:
"Die Kosten für Kabelanschluss und -nutzung sind auch nicht deswegen von den Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1
SGB II auszunehmen, weil sie der Informationsbeschaffung, Bildung sowie Unterhaltung dienen und es dem
Einzelnen ermöglichen, seine Umwelt zu erfahren sowie am kulturellen Leben teilzuhaben (vgl zum Schwarz-Weiß-
Fernsehgerät BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 34/91, BVerwGE 95, 145; zum gebrauchten Fernsehgerät vom
18.12.1997 - 5 C 7/95, BVerwGE 106, 99). Zwar sind derartige Bedürfnisse des täglichen Lebens regelmäßig von der
Regelleistung abgedeckt (BVerwG, Urteil vom 28.11.2001 - 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256; vgl hierzu auch Lang/Link
ind Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 23, die die Kosten für eine Satellitenschüssel dem Regelbedarf
zuordnen; grundsätzlich zweifelnd, ob § 22 SGB II als Anspruchsgrundlage für die Übernahme von
Kabelanschlussgebühren in Betracht kommt: Piepenstock in Juris-PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 34). Dies gilt
aber zumindest dann nicht, wenn Fernsehen und Radiohören von einer technischen, fest mit den Mietsachen
verbundenen Vorrichtung abhängig sind und die Aufwendungen hierfür mietvertraglich begründet werden. In diesem
Fall müssen sie - im Gegensatz zu Aufwendungen durch die GEZ und Stromkosten - vom Grundsicherungsträger als
Bestandteil der Kosten der Unterkunft vom Grundsicherungsträger übernommen werden (s auch BVerwG, Urteil vom
28.11.2001 - 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256). Verlagerte man die Kosten eines derartigen Fernseh- und Radiozugangs
in die Regelleistung, müsste auch derjenige, der zwar mietvertraglich verpflichtet ist, die Aufwendungen für einen
Breitbandkabelanschluss zu tragen, diese Form der Informationsbeschaffung jedoch nicht nutzen will, die
Aufwendungen hierfür aus der Pauschale nach § 20 Abs 1 SGB II bestreiten (vgl hierzu BVerwG, Urteil vom
28.11.2001 - 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256). Anders als der Kauf einer Tageszeitung wohnt der Finanzierung eines
derartigen mietvertraglich unausweichlichem Fernseh- und Radiozugangs als einer Möglichkeit der
Informationsbeschaffung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht das Element der Freiwilligkeit inne. Müsste
der Hilfebedürftige, der aus der mietvertraglichen Verpflichtung keinen Nutzen zieht, die Aufwendungen hierfür aus der
Regelleistung bestreiten, wäre er in seinem Recht auf freie Information iS des Art 5 Abs 1 Satz 1 GG beeinträchtigt.
Ihm fehlten die für den Fernseh- und Radiozugang aufgewendeten Mittel, um eine andere Form der
Informationsbeschaffung zu finanzieren. Aber auch umgekehrt, also für den Nutzer der Möglichkeiten des mit der
Wohnung verbundenen Fernsehzugangs, gilt es seinem Recht auf die verfassungsrechtlich garantierte
Informationsfreiheit (vgl hierzu BVerfG, Beschluss vom 9.2.1994 - 1 BvR 1687/92, BVerfGE 90, 27) Rechnung zu
tragen. Fernsehen und Radiohören gehören heute zu den in allen Gesellschaftsschichten standardmäßig genutzten
Informationsquellen. Rund 36 Mio Haushalte haben zu Hause Fernsehen, was einer Ausstattung von 95 % der
Gesamtbevölkerung Deutschlands entspricht (vgl Information des Statistischen Bundesamtes, Institut für Forschung
und Entwicklung in der Bundesstatistik, Pötzsch, Korth, Schnorr-Bäcker, Informationstechnologie in Haushalten -
Ergebnisse einer Pilotstudie für das Jahr 2002, Wiesbaden 2003). Die Einrichtung eines Zugangs hierzu ist üblicher
Wohnstandard, dem sich der Mieter in den seltensten Fällen entziehen kann und auf deren konkrete Kostenhöhe er
auch keinen Einfluss hat. Sein Recht auf Informationsfreiheit drohte beeinträchtigt zu werden, wenn die Kosten für
diese Art der Informationsbeschaffung zwar durch das Anmieten der Wohnung zwangsläufig entstünden, sie jedoch
vom Grundsicherungsträger nicht als Unterkunftskosten übernommen würden."
Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht insoweit an, als auch das erkennende Gericht davon
ausgeht, dass es sich bei Breitbandkabelgebühren, die als Mietnebenkosten nicht zur Disposition des Hilfesuchenden
stehen, um Kosten der Unterkunft handelt, die regelmäßig von der Regelleistung abgedeckt werden. Die Kammer
vermag indessen den verfassungsrechtlichen Argumenten, mit denen das Bundessozialgericht eine Übernahmepflicht
für Kabelanschlussgebühren durch den Grundsicherungsträger herleitet, obwohl diese bereits in der Regelleistung
enthalten sind, nicht zu folgen. Nach Auffassung der Kammer hat nämlich der Hilfeempfänger durch den Bezug einer
Wohnung, die für ihn erkennbar mit der Verpflichtung verbunden ist, die Fernsehinformationen über den vom Vermieter
zentral bereitgestellten Kabelanschluss entgegenzunehmen, seine Wahlfreiheit im Sinne des Artikels 5 Abs. 1 Satz
GG bereits ausgeübt. Es besteht auch keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung dafür, Hilfeempfänger, die in eine
Wohnung gezogen sind, in der Kabelanschluss bereitgestellt wird, besser zu behandeln als Hilfeempfänger, die in eine
Wohnung ziehen, in der durch den Vermieter keine Informationswege vorgeben sind und demzufolge ein separater
Versorgungsvertrag mit einem Kabelanbieter geschlossen werden müsste. Ein Vergleich dieser Fälle zeigt nämlich,
dass ersterer in den Genuss der zusätzlichen Übernahme der Breitbandkabelgebühren käme, während der andere
Hilfeempfänger, sollte er sich ebenfalls für die Nutzung eines Breitbandkabels entscheiden, dieses aus der
Regelleistung finanzieren müsste. Die Kammer kann nicht erkennen, wie die Informationsfreiheit eines
Hilfeempfängers beeinträchtigt werden kann, der sich freiwillig zur Anmietung einer Wohnung entschlossen hat, in der
ihm ein Fernsehkonsum über ein kostenpflichtiges Kabel zur Verfügung gestellt wird.
Insoweit unterscheidet sich diese Problematik nicht wesentlich von den in den Heizkostenvorauszahlungen
enthaltenen Kosten der Warmwasserbereitung, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes in Höhe des
in der Regelleistung enthaltenen Betrages, bzw. sofern technische Einrichtungen vorhanden sind, mit denen die
Kosten der Warmwasserbereitung separat erfasst werden können, in eben jener festgestellten Höhe, von den
Heizkostenvorauszahlungen abgezogen werden müssen.
Im vorliegenden Fall sind die Breitbandkabelgebühren nicht nur in der Höhe des Betrages herauszurechnen, der für
Informationsbeschaffung in der Regelleistung enthalten sein könnte, sondern es ist die volle Vorauszahlung auf die
Kabelgebühren, die der Kläger leistet, herauszurechnen. Dies liegt daran, dass im Fall des Klägers - anders als bei
seinen in der Heizkostenvorauszahlung enthaltenen Warmwasserbereitungskosten - konkret ermittelt werden kann,
welche Kosten für das Breitbandkabel anfallen. Dies ist nämlich der in der Vorauszahlung insgesamt enthaltene
Betrag, soweit er in der vergangenen Betriebskostenabrechnung (auf Monate verteilt) angefallen ist. Die Kammer hat
insoweit festgestellt, dass der Mietvertrag des Klägers eine Abänderung erfahren hat. Während ursprünglich nach dem
Mietvertrag eine pauschale Vorausleistung für Breitbandkabelgebühr in Höhe von 6,- EUR geschuldet war, ist es in der
Folgezeit zu einer stillschweigenden Abänderung dieser Vereinbarung dahingehend gekommen, dass bereits mit den
Nebenkostenabrechnungen für 2004 und 2005 nur noch ein einheitlicher Betriebskostenvorauszahlungsanteil
festgelegt wurde (jedoch separat für Wasserkosten). Aus den Betriebskostenabrechnungen lässt sich jedoch ersehen,
dass sich die Festsetzung neuer Vorauszahlungen an den tatsächlich in dem vorangegangenen Abrechnungszeitraum
entstandenen Kosten orientiert. Die Breitbandkabelgebühren des Klägers waren daher zwischenzeitlich niedriger als
6,- EUR monatlich gewesen (z.B. 5,86 EUR ab dem 1.8.2007), betrugen aber zum 1.1.2009 wieder 6,- EUR und
errechnen sich aus dem in der Betriebskostenabrechnung erscheinenden Betrag von 72,11 EUR geteilt durch 12
Monate. Dass die vom Bundessozialgericht zwar im Ergebnis offen gelassene Unterscheidung der
Übernahmefähigkeit von Breitbandkabelgebühren je nachdem, ob diese nach dem Mietvertrag disponibel sind oder
nicht, nicht zu zweckentsprechenden Lösungen führt, zeigt sich auch an der Tendenz einiger Gerichte, nunmehr auch
in den Fällen, in denen sich der Mieter jederzeit von einem privaten Kabelanbieter lösen könnte, eine Übernahme
dieser Kabelkosten jedenfalls in Erwägung zu ziehen – obwohl es sich nicht einmal mehr um Kosten der Unterkunft
handelt (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschl. v. 27.5.2010, L 7 AS 116/10 B PKH, n. v.). Spätestens an
dieser Stelle wird deutlich, dass der freiwillige Abschluss eines Vertrages mit einem Kabelanbieter letztlich nicht
anders behandelt werden kann, als der freiwillige Bezug einer Wohnung, bei der von vornherein feststeht, dass eine
Breitbandkabelversorgung stattfindet.
Es bleiben mithin als grundsätzlich berücksichtigungsfähige tatsächliche Kosten der Unterkunft eine Grundmiete von
224,- EUR, eine Heizkostenvorauszahlung von 87,- EUR - 6,64 EUR = 80,36 EUR und eine
Betriebskostenvorauszahlung von 54,- EUR - 6,- EUR = 48,- EUR. Hiervon sind nach Auffassung der Kammer die
Grundmiete zuzüglich kalter Betriebskosten als angemessen i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzusehen (dazu a)).
Die Heizkosten sind in Höhe von 76,67 EUR angemessen (dazu b)).
a) Die Bruttokaltmiete des Klägers in Höhe von 224,- EUR + 48,- EUR = 272,- EUR ist angemessen im Sinne des §
22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, denn sie übersteigt nicht die Kosten für einfachen, den grundlegenden Bedürfnissen eines 1-
Personenhaushaltes entsprechenden Wohnraum. Soweit die Landeshauptstadt Dresden in ihrem Stadtratsbeschluss
vom 24.1.2008 für einen 1-Personenhaushalt die Angemessenheitsgrenze bei einer Bruttokaltmiete von 252,45 EUR
angesetzt hat, und die Kosten der Unterkunft des Klägers entsprechend beschränkt, sind diese Beträge nicht
anzuwenden, denn dabei handelt es sich nicht um eine zutreffende Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (Urt. v. 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R und Urt. v. 22.9.2009, B 4
AS 18/08 R, juris), der die Kammer folgt, müssen für die Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft
zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Standard der Unterkunft festgelegt werden. Dabei ist
auch darauf zu achten, dass der zutreffende räumliche Vergleichsmaßstab angewendet wird. Sodann ist der
Quadratmeterpreis auf dem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung zu ermitteln. Die angemessenen Kosten der
Unterkunft sind sodann als Produkt zwischen der als angemessen erachteten Quadratmetergröße mit der als
angemessen ermittelten Bruttokaltmiete für eine einfache Wohnung im räumlichen Vergleichsmaßstab zu ermitteln
(Produkttheorie). Die Angemessenheit der Heizkosten muss isoliert von derjenigen der Unterkunftskosten bestimmt
werden (vgl. BSG, Urt. v. 2.7.2009, B 14 AS 36/08 R, juris – Absage an sog. "Bruttowarmmietenkonzept").
Die Kammer folgt dem Bundessozialgericht auch dahingehend, dass ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln innerhalb
des Vergleichsraumes nur dann gewährleistet werden kann, wenn die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze auf der
Grundlage eines überprüfbaren sogenannten "schlüssigen Konzeptes" erfolgt. Das schlüssige Konzept soll
hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben
werden. Dabei muss der Grundsicherungsträger zwar nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten
Mietspiegel i.S.d. §§ 558 c und 558 d BGB abstellen. Ein qualifizierter Mietspiegel kann jedoch als Grundlage eines
schlüssigen Konzeptes zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete im Vergleichsraum geeignet sein (vgl. BSG,
Urt. v. 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R, Leitsatz, juris). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes bedeutet
"Konzept" ein planmäßiges Vorgehen des Grundssicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und
Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen
Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.
Das Konzept ist schlüssig, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
• Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum
erfolgen (keine Ghettobildung). • Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.
B. welche Art von Wohnung – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete, Differenzierung
nach Wohnungsgröße. • Angaben über den Beobachtungszeitraum • Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung
(Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel) • Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten • Validität der
Datenerhebung • Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und • Angaben
über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwerte oder Kappungsgrenze).
Nach diesen Maßgaben, die sich das erkennende Gericht zu Eigen macht, ist die von der Landeshauptstadt Dresden
in dem genannten Stadtratsbeschluss ermittelte Bruttokaltmiete als Obergrenze nicht auf der Grundlage eines
sogenannten "schlüssigen Konzeptes" ermittelt. Denn die Landeshauptstadt Dresden hat die ihr zur Verfügung
stehenden, hinreichenden Daten fehlerhaft ausgewertet und insbesondere nicht nach der Wohnungsgröße differenziert.
Die Kammer hat zunächst keinen Zweifel daran, dass die qualifizierten Mietspiegel, die dem Gericht nebst den
dazugehörigen Methodenberichten vorliegen, als Datengrundlage für die Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete
für einfachen Wohnraum geeignet sind. Anhand der vorgelegten Methodenberichte konnte die Kammer die
Datenerhebung und - auswertung nachvollziehen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der qualifizierte Dresdner
Mietspiegel nach den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als valide Datengrundlage für eine
Bestimmung der Angemessenheitsgrenze herangezogen werden kann. Dem steht auch nicht entgegen, dass
Wohnungen, die im Eigentum von Genossenschaften stehen, in den Mietspiegel einbezogen worden sind. Jede
Prüfung der validen Datengrundlage muss zwar vor dem Hintergrund erfolgen, dass ermittelt werden soll, zu welchem
Preis ein Hilfeempfänger den für ihn angemessenen Wohnraum anmieten kann. Bei Genossenschaftswohnungen, die
in Dresden einen statistisch relevanten Anteil am Gesamtmietwohnungsbestand ausmachen, besteht die
Besonderheit, dass eine Nutzung der Wohnung vom vorherigen Erwerb von Genossenschaftsanteilen abhängig ist, die
ein Empfänger von Grundsicherungsleistungen nur aus seinem Schonvermögen oder nur durch eine Kreditgewährung
der Beklagten aufzubringen vermag. Gleichwohl ist die Kammer der Meinung, dass dieser Wohnungsbestand mit
seinen durchweg günstigen Mieten in die valide Datengrundlage einfließen kann, denn einerseits ist es den
Empfängern von Grundsicherungsleistungen nicht grundsätzlich verwehrt, diesen Wohnraum anzumieten und
andererseits wohnt gerichtsbekannt eine Vielzahl von Klägern in Genossenschaftswohnungen, deren
Genossenschaftsanteile in Zeiten vor dem Leistungsbezug aufgebracht wurden. Da die Ermittlung der angemessenen
Miethöhe auch auf bereits vermieteten Wohnraum erstreckt werden muss (vgl. BSG, Urt. v. 2.7.2009, B 14 AS 33/08
R, juris) darf diese nicht unerhebliche Anteil von Mietwohnungen nicht unberücksichtigt bleiben.
Die Kammer verkennt auch nicht, dass Mietspiegel Daten der Gegenwart und Vergangenheit nutzen, um eine
Aussage für gegenwärtige und zukünftige Zeiträume zu treffen. Diese "Schwäche" eines Mietspiegels ist jedoch
systemimmanent und lässt sich nicht anders methodisch umgehen. Da die Bestimmung einer Obergrenze dem Zweck
dient, verbindlich für einen gewissen Zeitzraum festzulegen, mit welchen Unterkunftskosten ein Hilfeempfänger den
ihm zustehenden angemessenen Wohnraum anmieten kann, wird mit den Daten der qualifizierten Mietspiegel eine für
die Ausfüllung des Rechtsbegriffs der Angemessenheit hinreichende Genauigkeit erzielt.
Die Kammer hat des Weiteren auch keinen Zweifel daran, dass die Landeshauptstadt Dresden von einem
zutreffenden räumlichen Vergleichsmaßstab ausgegangen ist. Das Gebiet der Landeshauptstadt Dresden ist ein
ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund der räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und
insbesondere der verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachteten homogenen Lebens- und
Wohnbereich bildet. Diesen räumlichen Vergleichsmaßstab hat auch der qualifizierte Mietspiegel jeweils zugrunde
gelegt.
Die in den einzelnen Feldern des Mietspiegels ausgewiesenen Zahlen sind zum Einen das arithmetische Mittel der in
den Datensätzen ermittelten Nettokaltmiete für das entsprechende Segment nach einer vorherigen
Extremwertbereinigung. Bei den weiteren ausgewiesenen Kaltmietenspannen handelt es sich nicht um die Spanne
sämtlicher in dem jeweiligen Feld ermittelten Nettokaltmieten, sondern um eine sogenannte 2/3 Streuung. Gibt der
Mietspiegel 2008 beispielweisweise in der Baualtersklasse C und Ausstattungsklasse 4 für die Wohnungsgröße 24 –
50 m² eine "Spanne" von 3,77 EUR bis 5,15 EUR bei einem arithmetischen Mittelwert von 4,50 EUR an, so bedeutet
dies, dass 1/3 sämtlicher für dieses Feld ermittelten Nettokaltmieten zwischen 4,09 EUR und 4,50 EUR lagen und 1/3
der Nettokaltmieten zwischen 4,50 EUR und 4,92 EUR.
Desgleichen stellt die Betriebskostenübersicht 2007 für Wohnungen, die durch die kommunale Bürgerumfrage 2007
ermittelt wurde, auch für das Jahr 2009 eine hinreichend valide Datengrundlage dar, aufgrund derer die kalten
Nebenkosten ermittelt werden können, die ihrerseits wiederum als Berechnungsfaktor in die Produkttheorie eingehen
sollen. Bei der kommunalen Bürgerumfrage, die auf der Grundlage der Satzung der Landeshauptstadt Dresden vom
21.6.2007 über die Durchführung Kommunaler Bürgerumfragen durchgeführt wurde, sind nach den Erkenntnissen der
Kammer statistisch-mathematisch anerkannte Methoden beachtet worden, um aus dieser Zufallsumfrage eine
hinreichende Repräsentativität der Daten gewährleisten zu können. Die Rücklaufquote von 39,4 % vermittelte letztlich
Daten von jedem 63. Einwohner im Alter ab 16 Jahre bzw. aus jedem 39. Privathaushalt. Damit geht die kommunale
Bürgerumfrage über den Mikrozensus hinaus. Die Überrepräsentierung von Haushalten mit mehreren Personen über
16 Jahre und die Unterrepräsentierung von 1-Personenhaushalten wurde bei den haushaltsbezogenen Fragen
entsprechend ausgeglichen. Die Kammer hat daher keinen Zweifel daran, dass die aus der kommunalen
Bürgerumfrage extrahierte Betriebskostenübersicht die durchschnittlich in der Landeshauptstadt Dresden im Jahr 2007
zu zahlenden Betriebskosten wiedergibt. Man mag dem entgegenhalten, dass im September 2007, als die kommunale
Bürgerumfrage durchgeführt wurde, noch keine Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2007 vorgelegen haben
können. Da indessen Nebenkostenvorauszahlungen vom Vermieter angepasst werden können und dürfen, geht die
Kammer gleichwohl davon aus, dass die im September 2007 erfassten Daten eine hinreichende Repräsentativität
besitzen. An dieser Stelle müssten ohnehin sämtliche zeitnahen statistischen Erhebungen an die Grenze ihrer
Realitätstreue gelangen, weil man nichts erfragen kann, was noch nicht bekannt ist. Darum geht es indessen bei der
Ermittlung von Daten zur Feststellung einer angemessenen Bruttokaltmiete für einfachen Wohnraum auch nicht, denn
es soll nicht erfragt werden, welche Nebenkosten im folgenden Jahr konkret abgerechnet werden, sondern die Daten
sollen eine Einschätzung dazu erlauben, zu welchem Preis angemessener Wohnraum in Dresden im Zeitpunkt der
Betrachtung grundsätzlich angemietet werden kann. Dass es bis zum Januar 2009, dem hier streitgegenständlichen
Zeitraum, keine aktuellere Datenerhebung über die im Gebiet der Landeshauptstadt Dresden zu zahlenden
Nebenkosten gegeben hat, ist nach Auffassung der Kammer unschädlich. § 22 Abs. 1 SGB II verpflichtet die
Kommunen nicht dazu, jährlich erheblich kostenintensive Bürgerbefragungen durchzuführen. Der vorliegend
verstrichene Zeitraum von knapp zwei Jahren ist nach den Erkenntnissen der Kammer jedenfalls noch nicht so lang,
dass den bei der Bürgerbefragung 2007 gewonnenen Erkenntnissen tatsächlich die Grundlage entzogen wäre. Die seit
2007 insbesondere im Ortsrecht der Landeshauptstadt vorgenommenen Veränderungen, die sich auf die Höhe der
Nebenkosten auswirken, sind in ihrer Gesamtheit noch nicht so erheblich, dass sie die Daten der Bürgerumfrage 2007
in Frage stellen. Dass Veränderungen im Ortsrecht tatsächlich stattgefunden haben, die sich im Jahr 2009
kostenerhöhend bei den durchschnittlichen Nebenkosten auswirken, lässt sich nach Auffassung der Kammer noch
durch eine entsprechende wertende Betrachtung der Zahlen aus dem Jahr 2007 bzw. durch einen prozentualen
Aufschlag gewährleisten.
Der von der Landeshauptstadt Dresden sodann angestellte Rechenweg, der aus den ermittelten Daten die Obergrenze
der angemessenen Unterkunftskosten für einen 1-Personenhaushalt mit 252,45 EUR errechnet, leidet an
systemischen Schwächen, die es verbieten, hierin ein schlüssiges Konzept im Sinne der vorgenannten
Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zu sehen.
Für die Ermittlung der Angemessenheitsobergrenze für einen 1-Personenhaushalt hat die Landeshauptstadt Dresden
nämlich eine Quadratmeteranzahl von 45 multipliziert mit einer Bruttokaltmiete von 5,61 EUR. Bei diesen
Überlegungen ist die Landeshauptstadt Dresden zudem davon ausgegangen, dass in dieser Bruttokaltmiete eine
Nettokaltmiete von 4,35 EUR maßgeblich ist zuzüglich kalter Nebenkosten in Höhe von 1,26 EUR, und dass diese
Werte ausreichend sind, damit Hilfeempfänger in der Landeshauptstadt Dresden einen angemessenen Wohnraum
anmieten können. Dem vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen.
Soweit die Landeshauptstadt Dresden mit ihrer Berechnung zum Ausdruck bringt, dass sie für einen Hilfeempfänger,
der in einem 1-Personenhaushalt lebt, die abstrakte Angemessenheitsgrenze einer Wohnung bei 45 m² sieht, ist diese
Annahme unzutreffend und entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben.
Für Hilfeempfänger nach dem SGB II ist zunächst von einfachen grundlegenden Wohnbedürfnissen auszugehen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (Urt. v. 22.9.2009, B 4 AS 70/08 R, juris), der die Kammer folgt,
sind die einfachen und angemessenen Wohnverhältnisse hinsichtlich der Quadratmeteranzahl in Anlehnung an die
Werte der landesrechtlichen Wohnraumförderungsbestimmungen zu ermitteln. Anzuwenden sind die bezogen auf den
Bewilligungszeitraum aktuell im Land festgesetzten Werte; dies waren in Sachsen im streitgegenständlichen Zeitraum
2009 die Werte aus der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Modernisierung und Instandsetzung von
Mietwohnungen als Ersatzwohnraum im Rahmen des Stadtumbaus vom 27.06.2005, Sächsisches Amtsblatt vom
28.7.2005, S. 682. Es ist zwar zutreffend, dass diese Verwaltungsvorschrift nicht primär den Zweck verfolgt,
leistungsrechtliche Angemessenheitsobergrenzen für die Kosten der Unterkunft festzulegen. Diese
Wohnraumförderbestimmungen legen vielmehr fest, bis zu welchen Obergrenzen der soziale Wohnungsbau durch den
Freistaat unterstützt werden kann. Gleichwohl ist es aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität erforderlich,
auf die auf der Grundlage des § 10 Wohnraumfördergesetz von den Ländern festgelegten Werte zurückzugreifen, bis
der Verordnungsgeber eine auf der Grundlage des § 27 SGB II mögliche und im Hinblick auf eine gleichmäßige
Rechtsanwendung dringend wünschenswerte bundeseinheitliche Bestimmung Wohnungsgrößen durch Verordnung
selbst vorgenommen hat.
Gleichwohl darf nach Auffassung der Kammer nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Rückgriff auf die Werte der
genannten Verordnung deswegen erfolgt, um abstrakt und einheitlich zu ermitteln, welche Wohnungsgröße für einen
Hilfeempfänger zumutbar, mithin noch angemessen ist. Soweit in der genannten Verwaltungsvorschrift unter IV. 4 a)
und b) Einraumwohnungen mit einer Größe bis zu 50 m² und Zweiraumwohnungen mit einer Größe bis zum 60 m² für
förderfähig erachtet werden, wobei beide Wohnungsgrößen mit einer Person belegt sein können, ist die Kammer der
Auffassung, dass nicht auf den unter Buchstabe b genannten Wert, sondern auf den unter Buchstabe a genannten
Wert von 50 m² abzustellen ist. Denn die Anzahl der Zimmer einer Wohnung ist für die Prüfung der angemessenen
Wohnungsgröße letztlich unerheblich. Die Kammer entnimmt den landesrechtlichen Förderbestimmungen, dass es im
sozialen Wohnungsbau für eine Person zumutbar ist, mit einer Wohnungsgröße bis 50 m² auszukommen. Denn es
kommt entscheidend insoweit auf die Anzahl der Personen an, die die Wohnung bewohnen, nur danach richtet sich
die angemessene Wohnungsgröße (BSG, Urt. v. 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R, juris). Es steht dem Hilfeempfänger
letztlich innerhalb dieser Angemessenheitsgrenzen frei, ob er eine Wohnung mit einem oder sogar mehreren Zimmern
wählt. Nach Auffassung der Kammer ist – auch wenn der Kläger eine solche bewohnt - nicht auf die Fördergrenze für
2-Raumwohnungen abzustellen. Diese können, wie die Verwaltungsvorschrift zeigt, zwar bis zu 60 m² gefördert
werden, aber eben auch mit zwei Personen belegt sein. Diese Fördergrenze ist daher nicht geeignet, Auskunft über
die für einen 1-Personenhaushalt zumutbare und angemessene Wohnungsgröße zu geben.
Aber auch die weiteren von der Landeshauptstadt Dresden im Rahmen des "schlüssigen Konzepts" angesetzten
Berechnungsfaktoren halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Dem Stadtratsbeschluss von 2008 lag die Mietspiegeltabelle von 2006 zugrunde. Bei dieser Mietspiegeltabelle hat die
Landeshauptstadt aus den in der Baualtersklasse C und der Ausstattungsklasse 4 verfügbaren Wohnungen über die
unterschiedlichen Wohnungsgrößen hinweg jeweils den arithmetischen Mittelwert herausgezogen und diesen über
sämtliche Wohnungsgrößen hinweg wiederum zu einem arithmetischen Mittel von 4,35 EUR/m² (mit Rundungsfehler,
wie von der Beklagten eingeräumt wurde) verdichtet. Auf eine Korrektur dieses Rundungsfehlers wurde verzichtet,
nachdem der im Jahr 2008 nach dem Stadtratsbeschluss vorliegende Mietspiegel 2008 nach Ansicht der Beklagten
rückläufige Mietpreise zeigte. Diese Überlegungen sind nach Auffassung der Kammer bereits deswegen zu
beanstanden, weil hiermit zu Lasten des auf eine Wohnungsgröße bis höchsten 50 m² beschränkten Hilfeempfängers
(1-Personenhaushalt) eine Ermittlung des angemessenen Preises auch über größere Wohnungsgrößen hinweg erfolgt,
die, wie ein Blick in den Mietspiegel zeigt, durchschnittlich zu geringeren Bruttokaltmieten anzumieten sind als die
kleineren Wohnungen. Aus den Methodenberichten zu den qualifizierten Mietspiegeln, die dem Gericht vorliegen, hat
die Kammer zwar entnommen, dass es in der Landeshauptstadt Dresden - insoweit möglicherweise abweichend von
anderen bundesdeutschen Großstädten – in bestimmten Baualtersklassen keine statistisch relevante Tendenz gibt,
dass die Quadratmeterpreise in kleineren Wohnungen deutlich teuerer wären als die Quadratmeterpreise in größeren
Wohnungen. Dies gilt jedoch, wie der qualifizierte Mietspiegel folgerichtig dann ausweist, überwiegend für den
sogenannten Altwohnungsbestand, in dem nach statistisch-mathematisch anerkannten Methoden unabhängig von der
Wohnungsgröße jeweils nur ein arithmetisches Mittel für jede Baualtersklasse ausgegeben wird. Gerade die von der
Landeshauptstadt Dresden in den Blick genommene Baualtersklasse C (Baujahr 1946 bis 1990) hat indessen die
Eigenschaft, dass Wohnungen mit kleinerer Wohnungsgröße nur zu einem höheren Quadratmeterdurchschnittspreis
angemietet werden können als Wohnungen mit einer größeren Größe. Wenn also der qualifizierte Mietspiegel, auf den
die Beklagte zur Ermittlung der höchstangemessenen Wohnungskosten Bezug nimmt, eine Differenzierung bei den
Quadratmeterpreisen nach Wohnungsgrößen vornimmt, ist es nach Auffassung der Kammer dem
Grundsicherungsträger verwehrt, den Hilfeempfänger gleichwohl auf einen Mittelwert aus größeren und kleineren
Wohnungen zu verweisen. Dies benachteiligt gerade die auf kleinere Wohnungen beschränkten Hilfeempfänger, wie
auch den Kläger, die in einem 1-Personenhaushalt leben.
Des Weiteren dürfte das schlüssige Konzept der Landeshauptstadt Dresden auch daran kranken, dass - ausgehend
von den bereits zuvor als rechtswidrig dargestellten Überlegungen - ein einheitlicher Bruttokaltmietenpreis für
sämtliche Wohnungsgrößen zu Grunde gelegt und dann jeweils mit den höheren Quadratmeterzahlen multipliziert
wurde (vgl. BSG, Urt. v. 20.8.2009, B 14 AS 41/08 R, juris).
Bei der Ermittlung der angemessenen kalten Betriebskosten, die der Nettokaltmiete hinzuzurechnen sind, hat die
Landeshauptstadt Dresden zudem eine Berechnung aufgestellt (dargestellt im Schreiben der Landeshauptstadt vom
4.6.2010 auf S. 15 ff.), die von der Kammer aus mehreren Gründen nicht nachvollzogen werden kann und die nicht
den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entspricht. Durch die Einbeziehung von "alten
Erfahrungen mit dem Bundessozialhilfegesetz", die in eine geschätzte Quote zwischen kalten und warmen
Betriebskosten einmünden und "Angaben des Mietervereins Dresden" sind zwei Überlegungen in die Berechnung
eingeflossen, die nicht auf einer verlässlichen validen Datengrundlage beruhen.
Das von der Landeshauptstadt Dresden in den Raum gestellte Verhältnis von kalten zu warmen Betriebskosten von
55 % zu 45 % ist nicht durch eine hinreichende Datenerhebung unterlegt, wie auch die Beklagte in der mündlichen
Verhandlung einräumen musste. Die Kammer lässt an dieser Stelle offen, ob es dem Grundsicherungsträger bei der
Erstellung eines "schlüssigen Konzepts" nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts überhaupt
erlaubt sein kann, Schätzwerte in die Berechnung einzubringen. Denn jedenfalls sind Schätzungen - wie hier - ohne
Datenerhebung bei der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten dann nicht erlaubt, wenn Datenmaterial zur
Verfügung steht oder mit angemessenem Aufwand gesammelt werden kann. Ohne Datenmaterial hat aber die
Schätzung des Verhältnisses von kalten und warmen Betriebskosten mit 55% zu 45 % letztlich etwas Willkürliches.
Außerdem zeigt das Dokument "Dresden- Betriebskostenübersicht 2007 – Erläuterungen", das auf der Bürgerumfrage
2007, mithin also auf einer repräsentativen und hinreichend großen Datensammlung fußt, dass die Schätzwerte
unzutreffend sind. Betrachtet man die angegebenen arithmetischen Mittelwerte für alle Baualtersklassen, in denen
durchschnittlich insgesamt 2,03 EUR/m² an Betriebskosten anfallen, von denen 0,91 EUR wiederum auf die
Heizkosten entfallen, so ergibt sich zwar ein Verhältnis von 56% zu 44%. In den einzelnen Baualtersklassen und
abhängig vom Sanierungsstand der Gebäude ergeben sich indessen auch deutlich abweichende Werte, so zum
Beispiel in der Baualtersklasse 1961 bis 1990, saniert, d.h. in einem Wohnungsbestand, der für Hilfeempfänger als
angemessen anzusehen ist und auf dem Mietwohnungsmarkt in größerem Umfang zur Verfügung steht, ein Verhältnis
von kalten zu warmen Betriebskosten von 50,8% zu 49,2 %.
Soweit zudem das geschätzte Verhältnis von kalten zu warmen Nebenkosten auf Durchschnittswerte aus
Befragungen des Mietervereins Dresden angelegt worden ist, sind diese Datenerhebungen, wie in der mündlichen
Verhandlung ebenfalls eingeräumt werden musste, nicht hinreichend repräsentativ. Denn der Mieterverein ermittelt
seine Zahlen anhand von Befragungen seiner Mitglieder und den ihm sonst zur Verfügung gestellten Daten über
Betriebskostenabrechnungen. Es finden jedoch keine Überprüfungen statt, ob diese ermittelten Daten repräsentativ für
die im Vergleichsraum, nämlich dem Gebiet der Landeshauptstadt Dresden, anfallenden Betriebskosten sind. Es zeigt
sich vielmehr sogar die Tendenz, dass die Daten des Mietervereins eher nach oben von repräsentativen
Durchschnittswerten abweichen, weil der Mieterverein aufgrund seiner Zielsetzung überwiegend von Personen in
Anspruch genommen wird, die hohe Betriebskosten haben und höhere Mieten bezahlen (und daher die Hilfe des
Mietervereins benötigen). Daher kann das Datenmaterial des Mietervereins Dresden 2004 für den hier relevanten
einfachen Wohnungsstandard nicht plausibel herangezogen werden.
Schließlich ist es nach Auffassung der Kammer zu beanstanden, dass Veränderungen der zugrunde gelegten Daten –
hier die Verfügbarkeit des Mietspiegels 2008 nach dem Stadtratsbeschluss von 2008 – nicht zu einer Veränderung der
Angemessenheitsobergrenzen geführt haben. Ausgehend von der – fehlerhaften – Konzeption der Landeshauptstadt
mag es zwar nur folgerichtig gewesen sein, die Angemessenheitsgrenzen nach Veröffentlichung des Mietspiegels
2008 nicht zu verändern, da die festgelegten Obergrenzen noch als ausreichend empfunden worden sind. Gleichwohl
ist die Kammer der Meinung, dass Angemessenheitsgrenzen immer dann einer Prüfung durch das zuständige Organ
zu unterziehen sind, wenn die Datengrundlage, die ihnen zugrunde gelegt worden ist, durch neuere Datenerhebungen
überholt wird.
Im Ergebnis hat die Kammer daher festgestellt, dass die Landeshauptstadt Dresden nicht über ein "schlüssiges
Konzept" zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten verfügt.
Als Konsequenz hieraus ist die Kammer nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 17.12.2009,
B 4 AS 27/09 R, juris), der die Kammer folgt, dazu verpflichtet, die angemessenen Unterkunftskosten im Falle des
Klägers selbst zu bestimmen. Denn bei dem Begriff der Angemessenheit handelt es sich um einen durch die Gerichte
vollständig überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff. Dieser könnte zwar hier wegen der hohen Komplexität und
besonderen Dynamik der geregelten Materie so vage sein, dass die gerichtliche Kontrolle an die Funktionsgrenzen der
Rechtsprechung stößt. Dies entbindet das Gericht gleichwohl nicht von der Verpflichtung, dann, wenn eine
hinreichende Datengrundlage vorhanden ist, selbst für eine Auswertung derselben zu sorgen. Es ist hingegen nicht
Aufgabe des Gerichtes, der Beklagten lediglich die Rechenfehler und falschen Annahmen des schlüssigen Konzeptes
aufzuzeigen und sodann die Beklagte zu verurteilen, eine neue Entscheidung hierüber zu treffen (zur dogmatischen
Problematik eines Gestaltungsspielraums der kommunalen Träger vgl. auch Groth, jurisPR-SozR 12/2010 Anm. 2).
Auf der Grundlage des qualifizierten Mietspiegels 2008, der dem Gericht vorliegt und des Betriebskostenspiegels 2007
ist es dem Gericht möglich, die rechtsfehlerhaften Berechnungen der Landeshauptstadt durch eigene Berechnungen
zu ersetzen und somit die Angemessenheitsobergrenze für einen 1-Personenhaushalt im hier streitgegenständlichen
Zeitraum zu ermitteln, der die Wirklichkeit, das heißt, die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des
Vergleichsraumes, realistisch abbildet. Da die Kammer hier eine nachträgliche Überprüfung vornimmt, sind die für den
streitgegenständlichen Zeitraum nunmehr vorhandenen konkreten Zahlenwerte aus der Betriebskostenübersicht 2007
und dem Mietspiegel 2008 zu Grunde zu legen, auch wenn letztere im Zeitpunkt des Stadtratsbeschlusses vom
24.1.2008 noch nicht vorlagen (vgl. SächsOVG Urt. v. 4.6.2008, 5 B 65/06, juris). Weil diese hinreichenden
Datengrundlagen vorhanden sind, ist es der Kammer verwehrt, auf Zahlen aus Wohngeldtabellen oder auf die
zulässigen Mietgrenzen der in Ergänzung zum WoFG erlassenen landesrechtlichen
Wohnraumförderungsbestimmungen (zuzüglich eines angemessenen Aufschlags) zurückgreifen, denn diese
Möglichkeit ist dem Gericht nur dann eröffnet, wenn es sonst keine Möglichkeit hat, Erkenntnisse über die im
Vergleichsraum für einfachen Wohnraum zu zahlende Miete zu erlangen (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS
50/09 R, und BSG Urt. v. 2.7.2009, B 14 AS 33/08 R, juris).
Die Kammer hat bei ihrer Berechnung sodann die obergerichtlichen Vorgaben an ein "schlüssiges Konzept" ebenfalls
beachtet, denn dabei handelt es sich letztlich um den zulässigen Rechenweg, mit dem angemessene Kosten der
Unterkunft bestimmt werden können.
Zur Bestimmung der angemessenen Kaltmiete hat die Kammer in der Mietspiegeltabelle 2008 den in der
Ausstattungsklasse 4 im Feld C (Baualtersklasse 1946 bis 1990) genannten arithmetischen Mittelwert von 4,50 EUR
zugrunde gelegt. Dieser Wert ist als Obergrenze geeignet, weil zur Überzeugung des Gerichtes zu diesem Preis
angemessener Wohnraum durch Hilfeempfänger angemietet werden kann.
Insoweit greift die Kammer die Überlegungen des Grundsicherungsträgers in dessen Konzept, soweit es den
rechtlichen Vorgaben entspricht, zunächst auf. Die Kammer hätte zwar auch den Wohnraum anderer Baualtersklassen
zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen hätte machen können, denn ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung
besteht - wie oben ausgeführt wurde - nicht. Gleichwohl sieht sich die Kammer nach "der Logik der Verteilung der
Verantwortung für die Erstellung des schlüssigen Konzepts" (BSG, Urt. v. 20.8.2009, B 14 AS 41/08 R, juris, dort Rn.
22) daran gehindert, zutreffende Grundsatzerwägungen des kommunalen Trägers außer Acht zu lassen. Denn nach
der Rechtsprechung des BSG, der die Kammer folgt, sind die Ermittlungen der Beklagten aufzunehmen,
gegebenenfalls unzulängliche Feststellungen der Verwaltung mit deren Unterstützung nachzubessern und das
Konzept um gegebenenfalls erkennbar werdende konzeptionelle Schwächen zu bereinigen. Dies stellt nach
Auffassung des erkennenden Gerichts keinen Widerspruch zu dem gerichtlich uneingeschränkt überprüfbaren Begriff
der Angemessenheit der Unterkunftskosten dar. Das Gericht billigt der Verwaltung an dieser Stelle nämlich keinen
Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative zu, sondern nutzt die auf der Verwaltungsebene
bestehenden Erkenntnismöglichkeiten für seine eigene Auswertung der Datengrundlage.
Der arithmetische Mittelwert des bezeichneten Mietspiegelfeldes ist maßgebend. Das Gericht folgt insoweit nicht der
Auffassung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil vom 24.04.2009, L 32 AS 923/07, juris), dass die
Obergrenze nur in dem Spannenoberwert der Mietspiegeltabelle gesehen werden kann, denn die vom LSG Berlin-
Brandenburg befürchteten Verdrängungseffekte zu Lasten von Leistungsempfängern werden in Dresden bereits durch
den Wohnungsleerstand und Angebotsüberhang hinreichend kompensiert.
Die Kammer hält es auch deswegen nicht für erforderlich, den in dem genannten Feld des Mietspiegels 2006
genannten Oberwert von 5,15 EUR anzusetzen, weil hier nicht die gerade noch angemessene Ausstattungsklasse 3,
sondern bereits die nächst höhere Ausstattungsklasse 4 gewählt wurde. Die Ausstattungsklasse 4 stellt zusätzlich
sicher, dass ein hinreichender Wohnungsbestand über sämtliche Stadtteile des Gebietes der Landeshauptstadt
Dresden vorhanden ist, der von den Hilfeempfängern auch angemietet werden kann (Vermeidung der Ghettobildung).
Zudem sind in dieser Baualtersklasse, was die Beklagte nachvollziehbar durch die Untersuchungen des
Wohnungsmarktberichtes 2006 und 2009 belegt hat, auf dem Mietwohnungsmarkt die meisten Wohnungen verfügbar.
Schließlich bleibt festzuhalten, dass die "Bandbreite" des Mietspiegelfelds: 3,77 EUR bis 5,15 EUR eine so genannte
2/3-Spanne darstellt, das heißt, dass 2/3 der Werte des Feldes, die in die Berechnung des arithmetischen Mittels von
4,50 EUR eingeflossen sind, sich in diesem Bereich bewegen. Es handelt sich mithin nicht um einen
"Spannenoberwert", sondern um die Darstellung einer sogenannten 2/3 "Streuungsabweichung". Mit der Festlegung
auf das arithmetische Mittel von 4,50 EUR ist aber hinreichend sichergestellt, dass es Wohnungen gibt, die zu diesem
Mietzins angemietet werden können und die abstrakt für Hilfeempfänger nach dem SGB II angemessen sind. Dies
schon deswegen, weil auch sämtliche Wohnungen der Ausstattungsklasse 3, die ebenfalls noch als zumutbar
angesehen werden können, in diesem Preissegment angemietet werden könnten; dies würde auch insoweit gelten,
wenn man dort auf die oberen Werte der Mietspiegeltabelle abstellen wollte. Außerdem ermöglicht die Verwendung
des arithmetischen Mittels aus dem genannten Feld der Mietspiegeltabelle zugleich, dass Wohnungen der einfachen
Wohnlage in den Baualtersklassen bis 1945 noch in hinreichender Anzahl zur Verfügung stehen. Dies ist erkennbar an
den dort angegebenen 2/3-Streuungswerten, die deutlich zeigen, dass es bereits in der Preisklasse ab 3,92 EUR bzw.
4,43 EUR auch angemessene Wohnungen der Ausstattungsklasse 4 im Altbaubestand gibt, die zu einem Preis von
4,50 EUR angemietet werden können. Erst recht gilt dies für den Altbaubestand mit etwas geringfügig schlechterer
Ausstattungsklasse, nämlich der Ausstattungsklasse 3. Die Kammer ist daher der Meinung, dass der Rückgriff auf
das arithmetische Mittel der Mietspiegeltabelle 2008 in der Ausstattungsklasse 4 und Baualtersklasse C den Oberwert
für eine angemessene Nettokaltmiete hinreichend abbildet. Zu diesem Preis konnten im streitgegenständlichen
Zeitraum 2009 angemessene Wohnungen angemietet werden, so dass die aus der Mietspiegeltabelle abstrakt
ermittelte Obergrenze auch eine hinreichende Plausibilisierung durch eine nachfrageorientierte Erhebung erfahren hat.
Bei den Betriebskosten ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass hier mindestens die maximalen
durchschnittlichen kalten Betriebskosten aus der Betriebskostenübersicht 2007 in sämtlichen Baualtersklassen mit
Ausnahme des Neubaus ab 1990, mithin 1,12 EUR/m² zugrunde zu legen sind. Die Neubauten ab 1990 sind
durchgängig der Ausstattungsklasse 5 zuzuordnen, das heißt, einer höheren Ausstattungsklasse, als sie für
Hilfeempfänger noch als angemessen anzusehen sind. Dass in diesen Wohneinheiten mit einem höheren
Ausstattungsgrad auch höhere kalte Betriebskosten anfallen, bedeutet nicht, dass diese in eine vergleichende
Betrachtung für die Angemessenheitsgrenze nach dem SGB II einzubeziehen sind, denn diese Wohnungen kommen
abstrakt für Hilfeempfänger nach dem SGB II nicht in Betracht. In den anderen Baualtersklassen, die jedenfalls
überwiegend für Hilfeempfänger abstrakt in Frage kommen, zeigen sich durchschnittliche kalte Betriebskosten von
1,12 EUR. Da in die Betriebskostenübersicht die Daten von Wohnungen verschiedener Ausstattungsklassen
eingeflossen sind, mithin auch von solchen Ausstattungsklassen, die für Hilfeempfänger zu hochwertig sind, hält das
Gericht hier den arithmetischen Mittelwert allemal für ausreichend, um es Hilfeempfängern zu ermöglichen, eine
angemessene Wohnung anzumieten.
Kalte Betriebskosten sind in noch viel stärkerem Umfang als warme Betriebskosten von den örtlichen Gegebenheiten
abhängig, denn viele der Kostenpositionen, die die Vermieter in ihrer Nebenkostenabrechnung verrechnen, hängen
unmittelbar von der ortsrechtlichen Ausgestaltung ab. Dies gilt zum Beispiel für Müllgebühren, Wasser/Abwasser,
Niederschlagswasser, Straßenreinigungsgebühren, Grundsteuern und unter Umständen auch für Hausstrom, soweit
sich der örtliche Energieversorger in städtischem Besitz befindet. Aus diesem Grund hält es die Kammer gerade nicht
für tunlich, auf bundesweite Erhebungen zur Plausibilisierung der hier gefundenen Durchschnittswerte
zurückzugreifen. Die Nebenkosten einer Großstadt wie Dresden sind schon nicht mit den Nebenkosten in einem
ländlichen Landkreis zu vergleichen und erst recht nicht mit sämtlichen Landkreisen in der Bundesrepublik
Deutschland. Soweit in der Betriebskostenübersicht 2007 für Wohnungen ein so genannter Maximalwert angegeben ist
(dabei handelt es sich sozusagen um die obere Streuung der erhobenen Daten), ist dieser nach Auffassung der
Kammer nicht maßgeblich. Denn durch die Einbeziehung besserer Ausstattungsklassen in die Datenerhebung ist
bereits hinreichend berücksichtigt, dass auch möglicherweise unzumutbarer Wohnraum in der Datenerhebung zu einer
Veränderung des arithmetischen Mittels geführt hat. Die Streuungsobergrenze stellt daher nicht die angemessenen
Betriebskosten einer einfachen Wohnung für einen Leistungsbezieher dar, sondern eben schon einen Höchstwert, der
über das Angemessene hinausgeht.
Die Kammer kann im vorliegenden Fall letztlich offenlassen, wie der Zeitablauf seit der Datenerhebung bei den kalten
Betriebskosten konkret zu berücksichtigen ist. Die Ermittlungen der Kammer haben ergeben, dass es
kostenerhöhende Veränderungen im Ortsrecht der Landeshauptstadt Dresden tatsächlich gegeben hat, so dass eine
Erhöhung der durchschnittlichen kalten Nebenkosten überwiegend wahrscheinlich ist. Die Kammer hält insoweit
allerdings eine Anpassung des Wertes von 1,12 EUR/m² im Jahr 2007 in Anlehnung an die allgemeine
Preissteigerungsrate für weniger realitätsgetreu, als eine Anpassung in Abhängigkeit von den festgestellten lokalen
Veränderungen. Weitere Untersuchungen dazu, wie sich diese satzungsbedingten Kostensteigerungen im Einzelnen
ausgewirkt haben, etwa bei Niederschlagswasser, Müllgebühren etc., und ob diese Kostenerhöhungen durch einen
Aufschlag von 5 % auf die durchschnittlichen kalten Betriebskosten von 2007 angemessen dargestellt sind, wozu die
Kammer nach ihrem derzeitigen Kenntnisstand durchaus neigt, brauchte die Kammer gleichwohl im vorliegenden Fall
nicht anzustellen, weil die Bruttokaltmiete des Klägers (272,- EUR) auch schon ohne eine angemessene Erhöhung bei
den kalten Betriebskosten unterhalb der Angemessenheitsgrenze liegt. Denn bei der Multiplikation einer
Nettokaltmiete von 4,50 EUR und kalter Betriebskosten von 1,12 EUR mit der abstrakt angemessenen
Wohnungsgröße für einen 1-Personen-Haushalt von 50 m² ergibt sich bereits eine Bruttokaltmietenobergrenze von
281,- EUR für einen 1-Personen-Haushalt. Wo genau die tatsächliche Obergrenze im Jahr 2009 liegt, konnte daher
offen bleiben.
b) Bei der Ermittlung einer Obergrenze für Heizkosten folgt die Kammer der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (Urt. v. 22.9.2009, B 4 AS 70/08 R, juris). Danach sind die Heizkosten im Sinne des § 22 SGB
II nicht zu pauschalieren. Heizkosten sind in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen lediglich dann nicht
erstattungsfähig, wenn sie bei sachgerechter und wirtschaftlicher Beheizung der Höhe nach als nicht erforderlich
erscheinen. Dies setzt eine konkrete Prüfung im Einzelfall voraus. Das Überschreiten der oberen Grenzwerte eines
lokalen bzw. des bundesweiten Heizspiegels kann insoweit als Indiz für die fehlende Erforderlichkeit angesehen
werden (vgl. auch Bundessozialgericht, Urt. v. 2.7.2009, B 14 AS 36/08 R, juris). In Ermangelung eines lokalen
Heizspiegels für Dresden für die Abrechnungsperiode 2009, die hier im Streit steht, hat die Kammer insoweit auf den
bundesweiten Heizspiegel für das Abrechnungsjahr 2009 zurückgegriffen, und dort den Tabellenwert in der rechten
Spalte bei Fernwärme und einer beheizten Wohnfläche zwischen 501 und 1000 m² von 18,40 EUR mit der
angemessenen Wohnungsgröße von 50 m² multipliziert. Dieser Jahreswert war sodann auf die 12 Monate zu teilen, so
dass sich eine höchstzulässige Heizkostenübernahme in Höhe von 76,67 EUR im konkreten Fall des Klägers ergibt.
Im Fall des Klägers sind keine Gründe ersichtlich, die eine Überschreitung dieser Grenze rechtfertigen; der Kläger hat
insoweit auch keine konkreten Tatsachen vorgetragen, warum seine tatsächlichen Heizkosten in Höhe von monatlich
80,36 trotz der Überschreitung der Grenze noch angemessen sein könnten. Die Überschreitung beruht vielmehr
wesentlich auf einer Erhöhungserklärung der Vermieterin des Klägers nach § 560 Abs. 4 BGB, deren rechtliche
Zulässigkeit zweifelhaft sein dürfte, weil der Kläger in der vorangegangenen Abrechnungsperiode niedrigere
Heizkosten hatte. Dass die Vermieterin eine Kostensteigerung von 25 % prognostiziert, und der Kläger gegen die
Erhöhungserklärung nicht vorgeht, kann hier nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Weitere Ermittlungen des Gerichts
waren nicht veranlasst.
Die überhöhten Heizkosten sind auch nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu übernehmen. Der Kläger ist über seine
Verpflichtung zum sparsamen Umgang mit Heizenergie bereits durch die Kostensenkungsaufforderung vom
29.8.2005, wenn auch unter Angabe unzutreffender Obergrenzen für Heizkosten belehrt worden. Die Kammer erachtet
die Kostensenkungsaufforderung insoweit für ausreichend, um eine Obliegenheit des Klägers zum sparsamen
Umgang mit Heizenergie auszulösen. Dass in der Aufforderung unzutreffende Obergrenzen genannt sind, schadet
nicht, weil einerseits die konkreten Obergrenzen erst nachträglich (nämlich mit Veröffentlichung des Heizspiegels)
festgestellt werden können und andererseits aber dem Kläger hinreichend deutlich gemacht wurde, dass es Grenzen
für Heizkosten gibt und dass diese nur bei einem sparsamen Umgang mit Heizenergie eingehalten werden können.
Der Warnfunktion der Kostensenkungsaufforderung ist damit Genüge getan. Insofern ist bei einer Aufforderung zur
Senkung der Heizkosten ein anderer Maßstab anzulegen als bei einer Kostensenkungsaufforderung, wenn die
Nettokaltmiete zu hoch ist (vgl. zu letzterer BSG, Urt. v. 1.6.2010, B 4 AS 78/09 R, juris).
Als angemessene Unterkunfts- und Heizkosten ist daher für Januar 2009 ein Betrag von 272,- EUR + 76,67 EUR =
348,67 EUR anzunehmen.
2. Von diesem Betrag ist die gesamte (hier nicht den Kosten für Haushaltsenergie zuzuordnende)
Nebenkostenerstattung für das Abrechnungsjahr 2007 in Höhe von 210,79 EUR abzuziehen, denn dem Kläger ist im
Monat Dezember 2008 diese Betriebskostenrückerstattung als Einkommen zugeflossen, welches nach § 22 Abs. 1
Satz 4 SGB II zur Minderung der Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung im Januar 2009 geführt hat.
Es ist nach Auffassung der Kammer unerheblich, dass hier die Betriebskostenrückerstattung für einen Zeitraum
(2007) erfolgt, in dem der Kläger vom Grundsicherungsträger nicht seine vollen, sondern lediglich abgesenkte
Unterkunftskosten in Höhe der Beträge des Stadtratsbeschlusses vom 24.1.2008 erhalten hat.
Der Gesetzeswortlaut ist zunächst eindeutig dahingehend zu verstehen, dass es nicht darauf ankommt, ob die
Betriebskostenrückerstattung durch sparsames Verhalten während des Bezuges von SGB II-Leitungen oder sogar
vielleicht außerhalb des Bezuges von SGB II-Leistungen erfolgt ist, das heißt, dass nach dem Willen des
Gesetzgebers Betriebskostenrückerstattungen auch dann die Kosten der Unterkunft mindern, wenn der Betroffene im
Abrechnungszeitraum gar nicht hilfebedürftig gewesen sein sollte und mithin das Guthaben ausschließlich aus den
Einkünften des nunmehr Hilfebedürftigen stammt.
Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist zum 1.1.2006 eingeführt worden, weil Einkommen des
Hilfeempfängers zunächst auf die Regelleistungen anzurechnen ist. Dies hatte nach der früheren Gesetzeslage zur
Folge, dass Betriebskostenrückerstattungen, die im Regelfall auf Vorausleistungen der für die Kosten der Unterkunft
zuständigen Leistungsträger beruhten, letztlich der Bundesagentur für Arbeit zu Gute kamen (vgl. zur Behandlung von
Betriebskostenrückerstattungen nach der früheren Rechtslage auch BSG, Urt. v. 15.4.2008, B 14/7b AS 58/06 R,
juris). Dies sollte mit der Neuregelung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II verhindert werden; es handelt sich mithin um
eine Vorschrift, die zu einer besonderen Form der Einkommensanrechnung führt.
Im Zusammenhang mit der Neuregelung hat der Gesetzgeber indessen darauf verzichtet, die Anrechnung einer
Betriebskostenrückerstattung auf Kosten der Unterkunft näher auszugestalten und damit z. B. den Umstand
Rechnung zu tragen, dass es sich um Erstattungen handeln könnte, die aus einer Zeit stammen, in der der
Hilfeempfänger nicht bedürftig gewesen ist oder in denen er nicht die gesamten tatsächlichen Unterkunftskosten
erhalten hat, weil diese unangemessen hoch waren. Dies mag der Kläger als "ungerecht" empfinden, jedoch ist diese
Regelung in einem Gesamtgefüge zu sehen, in dem es vorrangig auf die Hilfe in einer aktuellen Notlage ankommt.
Während der Hilfeempfänger einerseits verpflichtet ist, sämtliche ihm zur Verfügung stehende Geldmittel – und damit
eben auch Betriebskostenrückerstattungen – zur Sicherung seines Lebensunterhaltes und zur Beseitigung der
aktuellen Notlage einzusetzen, ist andererseits der Grundsicherungsträger gegebenenfalls auch verpflichtet, die in der
aktuellen Notlage vorhandenen Mietschulden zu übernehmen, die der Hilfeempfänger in Zeiten ohne Leistungsbezug
angehäuft hat (vgl. § 22 Abs. 5 SGB II).
Das erkennende Gericht kann der Formulierung in § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II keine teleologische Einschränkung
dahingehend entnehmen, dass die Betriebskostenrückerstattung nur insoweit die Kosten der Unterkunft des
Folgemonats mindert, als sie auf Vorauszahlungen beruht, die der Grundsicherungsträger erbracht hat (andere
Auffassung: Berlit in LPK – SGB II, 3. Auflage, § 22 Rn. 59). Desgleichen vermag die Kammer der Rechtsauffassung
von Groth (Soziale Sicherheit 2009, S. 393 ff.) nicht zu folgen, wonach aus den Heizkostenrückzahlungen
gegebenenfalls der auf die Warmwasserbereitung entfallende Anteil herauszurechnen sei. Nach dem Wortlaut des §
22 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist dies nicht vorgesehen. Außerdem kommt eine derartige Berechnung im vorliegenden Fall
aber schon deswegen nicht in Betracht, weil sich der Betriebskostenrückstattung des Klägers nicht dezidiert
entnehmen lässt, welche Rückzahlungsbeträge konkret auf die Warmwasserbereitung entfallen, da der Kläger eine
einheitliche Vorauszahlung für Kosten der Heizung und Warmwasserbereitung erbringen muss. Vielmehr ist das
erkennende Gericht der Auffassung, dass der zurückerstattete Betrag in voller Höhe von den angemessenen
Aufwendungen der Unterkunft abzuziehen ist, die der Grundsicherungsträger ohne die Betriebskostenrückerstattung
zu leisten gehabt hätte. Auch ein anteiliger Abzug der Betriebskostenrückerstattung, etwa in dem Verhältnis von den
als angemessen angesehenen Kosten der Unterkunft zu den tatsächlichen Kosten der Unterkunft des
Hilfeempfängers, hier z.B. etwa im Verhältnis von 348,67 EUR zu 365,- EUR, lässt sich dem Willen des
Gesetzgebers und dem Gesetzestext nach Auffassung der Kammer nicht entnehmen. Aus verfassungsrechtlichen
Gründen ist eine derartige Auslegung nicht geboten.
Dem Kläger hätten daher richtigerweise für den Monat Januar 2009 Kosten der Unterkunft in Höhe von 138,- EUR
gewährt werden müssen, weil von der Bruttokaltmiete in Höhe von 272,- EUR zuzüglich der Heizkosten von 76,67
EUR die Betriebskostenrückerstattung von 210,79 EUR abzuziehen war. Dies ergibt rechnerisch zunächst 137,88
EUR, die sodann auf 138,- EUR aufzurunden gewesen wären.
Denn nach der Rechtsprechung des BSG sind die individuellen Auszahlungsansprüche gem. § 41 Abs. 2 SGB II zu
runden (vgl. BSG Urt. v. 16.5.2007, B 11b AS 29/06 R, juris). Die Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1
SGB II sind getrennt von dem Anspruch auf Regelleistungen (dieser gegebenenfalls einschließlich Mehrbedarf sowie
Zuschlag nach § 24 SGB II) zu runden. Dies ist erforderlich, weil es sich bei den Kosten für Unterkunft und Heizung
nicht um einen einzelnen Rechenschritt handelt, der zu einem Gesamtanspruch des Hilfebedürftigen führt. Vielmehr
sind Regelleistung und Kosten der Unterkunft getrennte Ansprüche des Hilfeempfängers, die nach der Konzeption des
Gesetzgebers – insbesondere bei getrennter Trägerschaft – sogar getrennt beschieden werden. Entsprechend hat
auch die Rundung getrennt zu erfolgen, selbst wenn die Leistungen – wie hier – von einer Behörde veranlasst werden
(vgl. SG Chemnitz, Urt. v. 26.2.2009, S 22 AS 3132/08; a.A. wohl LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.1.2009, L 28
AS 1072/07; offengelassen unter Hinweis darauf, dass sich die Kosten der Unterkunft an den tatsächlichen
Aufwendungen orientieren BSG, Urt. v. 19.3.2008, B 11b AS 23/06 R, alle juris). Die Gegenauffassung, wonach nur
der Gesamtauszahlungsanspruch zu runden ist, kommt indessen nicht in jedem Fall zu sachgerechten Ergebnissen,
weil dadurch ein Kläger gezwungen sein könnte, den Auszahlungsanspruch insgesamt zur Entscheidung des
Gerichtes zu stellen, auch wenn entweder die Regelleistung oder die Unterkunftskosten auch nach Auffassung des
Klägers richtig berechnet wären. Dies stünde im Widerspruch zu der vom Bundessozialgericht nachvollziehbar
begründeten prozessualen Möglichkeit, den Streitgegen-stand auf die Kosten der Unterkunft oder die Höhe der
Regelleistung zu beschränken (vgl. z.B. BSG, Urt. v. 7.11.2006, B 7 b AS 8/06 R, mit weiteren Ausführungen zum
Anspruchsbegriff im SGB II).
Nachdem dem Kläger mit dem streitbefangenen Bewilligungsbescheid lediglich 97,91 EUR gewährt wurden, ihm aber
138,- EUR zustehen, war die Beklagte zur Zahlung weiterer Unterkunftskosten in Höhe von 40,09 EUR zu verurteilen.
An den vorstehenden Berechnungen ändert auch das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 1.12.2005, mit der
er sich zur Übernahme der Mehrkosten der Unterkunft bereit erklärte, nichts. Der Kläger hat den Bewilligungsbescheid
vom 3.12.2008 angegriffen und die Zahlung weiterer 210,79 EUR begehrt. Dieser, über den bereits gewährten Betrag
hinausgehende Leistungsanspruch ist der Streitgegenstand, der zur Entscheidung durch das Gericht steht. Bei der
Berechnung des "richtigen" weitergehenden Anspruchs des Klägers ist es den Beteiligten jedoch verwehrt, einzelne
Rechenschritte auf dem Weg zum Ergebnis unstrittig zu stellen, denn die Beteiligten können lediglich über den
Streitgegenstand als solchen oder abtrennbare Teile davon verfügen. Die Berechnung wird indessen vollständig durch
das Gericht durchgeführt. Außerdem ist in der schriftlichen Äußerung des Klägers kein vollständiger
Anspruchsverzicht (vgl. § 46 Abs. 1 SGB I) oder Klageverzicht zu sehen. Die schriftliche Erklärung des Klägers ist
vielmehr nach ihrem objektiven Erklärungswert allenfalls dahingehend zu verstehen, dass der Kläger monatlich
jedenfalls nicht höhere, als die in den Stadtratsbeschlüssen genannten für sich begehrt, was er im vorliegenden
Verfahren mit seinem auf 210,79 EUR beschränkten Zahlungsantrag im Übrigen auch verdeutlicht. Dieser Erklärung
kann jedoch nicht der Inhalt beigemessen werden, dass es der Kläger im Falle einer Betriebskostenrückerstattung der
Beklagten zusätzlich freistellen möchte, die Betriebskostenrückerstattung nur von diesen ohnehin begrenzten
Unterkunftskosten abzuziehen, denn einzelne Rechenschritte können - wie bereits gesagt - nicht unstrittig sein. Die
Kammer brauchte daher an dieser Stelle nicht zu vertiefen, ob sich der Kläger wegen Irrtums über die Rechtmäßigkeit
der ihm mitgeteilten Angemessenheitsgrenzen von seiner schriftlichen Erklärung rückwirkend lösen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Teilunterliegen der Beklagten.
Die Zulassung der Sprungrevision beruht auf § 161 SGG.
Die Kammer konnte die Sprungrevision zulassen, obwohl die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht
erreicht ist. In der Zulassung der Sprungrevision liegt zugleich die Berufungszulassung (vgl. Leitherer in Meyer-
Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, § 161 Rn. 2). Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil einerseits
ungeklärt ist, ob arithmetische Mittelwerte in qualifizierten Mietspiegeln die angemessene Nettokaltmiete darstellen
können, wenn durch einen Zugriff auf höherwertige Ausstattungsklassen sichergestellt wird, dass jedenfalls eine
hinreichende Menge von Wohnraum zu einer Kaltmiete unterhalb des arithmetischen Mittelwerts vorhanden ist. Zudem
ist ungeklärt aber grundsätzlich bedeutsam, ob die Betrachtung auf eine bestimmte Baualtersklasse beschränkt
werden darf und welches Datenmaterial als hinreichend für die Ermittlung der kalten Betriebskosten angesehen
werden kann. Beim Sozialgericht Dresden sind eine Vielzahl von Fällen anhängig, die die gleiche Rechtsfrage,
nämlich die Angemessenheit der in den Stadtratsbeschlüssen der Landeshauptstadt Dresden vom 24.2.2005 und
24.1.2008 niederlegten Obergrenzen für Unterkunftskosten zum Gegenstand haben. Außerdem war die Sprungrevision
auch deswegen zuzulassen, weil die Kammer hinsichtlich der Breitbandkabelgebühr von dem Urteil des
Bundessozialgerichts vom 19.2.2009, B 4 AS 48/08 R, juris, abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung
beruht.