Urteil des SozG Dresden vom 12.05.2010

SozG Dresden: ausbildung, ausschluss, härtefall, link, beschränkung, darlehen, behinderter, zuschuss, erstreckung, umkehrschluss

Sozialgericht Dresden
Urteil vom 12.05.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 36 AS 1891/08
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Kläger zwischen dem 01.11.2007 und dem 30.06.2008 weitere
Leistungen i.H.v. insgesamt über 750 EUR zustehen. Der im September 1989 geborene Kläger wohnt mit seinem
Vater in einer gemeinsamen Wohnung in D. Bei dem Kläger liegt ein Grad der Behinderung von 30 vor. Der Kläger
erhielt auf Antrag des Vaters vom 23.05.2007 mit Bescheid vom 06.06.2007 ab dem 01.07.2007 bis zum 31.12.2007
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ab dem 03.09.2007 begann der Kläger eine
geförderte Ausbildung in D., an der er bis zum Tag der mündlichen Verhandlung des Gerichts weiterhin teilgenommen
hat. Im Rahmen dieser Ausbildung wurde dem Kläger mit Bescheid vom 25.09.2007 monatlich ein Ausbildungsgeld
i.H.v. 282 EUR (für die Zeit vom 03.09.2007 bis 02.03.2009) sowie Reisekosten für Pendelfahrten i.H.v. 87,36 EUR in
der Zeit vom 03.09.2007 bis 02.09.2010 gewährt. Mit Bescheid vom 05.11.2007 wurde der Bescheid der Beklagten
vom 06.06.2007 für die Zeit ab dem 01.09.2007 aufgehoben und Leistungen für die Zeit vom 01.09.2007 bis
31.10.2007 zurückgefordert. Auf Antrag vom 06.12.2007 wurde dem Kläger mit Bescheid vom 15.01.2008 für die Zeit
vom 03.09.2007 bis zum 30.06.2008 Leistungen gem. § 22 Abs. 7 SGB II i.H.v. 68,19 EUR gewährt. Weitere
Leistungen wurden nicht bewilligt. Gegen den Bescheid vom 15.01.2008 hat der Kläger am gleichen Tag Widerspruch
erhoben. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 01.04.2008 hat der Kläger am 17.04.2008 Klage beim Sozialgericht
Dresden eingereicht. Im Erörterungstermin vom 18.02.2010 hat der Kläger den Streitgegenstand auf die Frage
beschränkt, ob dem Kläger neben den gewährten Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 7 SGB II ein Mehrbedarf gem.
§ 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II zusteht. Überdies hat er die Klage für die Monate September und Oktober 2007
zurückgenommen. Der Kläger trägt vor, dass ihm ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II zustehe. Er erfülle
die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II und habe deshalb einen Anspruch auf einen Mehrbedarf nach §
21 Abs. 4 Satz 1 SGB II. Denn es handele sich hierbei um einen behinderungsbedingten Mehrbedarf. Aber selbst
wenn § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II einen ausbildungsbedingten Bedarf abdecken sollte, habe der Kläger einen Anspruch
hierauf. Denn dieser sei nicht vom Ausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II erfasst. Denn der Ausschluss des § 7
Abs. 5 Satz 1 SGB II beziehe sich lediglich auf Ausbildungen, die gem. §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach
förderfähig sind. Die Ausbildung des Klägers werde hingegen nach § 104 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 105 Abs. 1 Nr. 1 SGB
III gefördert.
Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 15.01.2008 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom
01.04.2008 abzuändern und dem Kläger weitere Leistungen i.H.v. 122,85 EUR/monatlich für die Zeit vom 01.11.2007
bis 30.06.2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, dass § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II ein Mehrbedarf sei, der ausbildungsbedingt gewährt werde.
Hiervon sei der Kläger jedoch gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen. Denn der Kläger absolviere eine
Ausbildung, die gem. §§ 104 ff. SGB III gefördert werde. Das dem Kläger nach § 104 i.V.m. § 105 Abs. 1 Nr. 1 SGB
III gewährte Ausbildungsgeld decke den ausbildungsbedingten Bedarf des Klägers ab. Ergänzende Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sei jedoch in diesem Fall durch § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II
ausgeschlossen. Der Verweis in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II erfasse nach seinem Wortlaut zwar lediglich solche
Ausbildungen, die nach §§ 60 bis 62 SGB III gefördert werden. Nach dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 5 SGB II
seien hiervon jedoch auf solche Maßnahmen erfasst, die gem. §§ 97 ff. SGB III gefördert werden.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen
Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Sie ist unbegründet, da dem Kläger ein weitergehender Leistungsanspruch in
den Monaten November 2007 bis Juni 2008 nicht zusteht (1). Weder hat er einen Anspruch auf einen Zuschuss gem.
§ 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II (2) noch auf ein Darlehen gem. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II (3).
1. Der Kläger hat die Klage auf den Zeitraum vom 01.11.2007 bis 30.06.2008 und auf den Anspruch nach § 21 Abs. 4
Satz 1 SGB II beschränkt. Die Begrenzung wurde wirksam im Erörterungstermin vom 18.02.2010 zu Protokoll erklärt
und ist auch zulässig, jedenfalls soweit hierdurch der Anspruch nach § 22 Abs. 7 SGB II von der gerichtlichen
Überprüfung ausgeschlossen wird. Legt man die Erklärung des Klägers, dass er den Streitgegenstand auf die
Leistungsberechtigung des § 21 Abs. 4 SGB II beschränken möchte, anhand des Meistbegünstigungsgrundsatzes
aus, begehrt er mit seiner Klage weiterhin Leistungen, die ergänzend – trotz des Ausschlusses des § 7 Abs. 5 Satz 1
SGB II – gewährt werden können. Durch die Erklärung hat der Kläger, auch wenn man § 21 Abs. 4 SGB II nicht als
eigenständigen Streitgegenstand auffasst (vgl. LSG Berlin-Brandenburg vom 01.12.2009, Az. L 19 AS 1351/07 (Rn
31), zum Ausdruck gebracht, dass die Kosten der Unterkunft nicht mehr Streitgegenstand sein sollen. Als Leistungen,
die trotz des Ausschlusses des § 7 Abs 5 SGB II gewährt werden können, kommen der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4
Satz 1 SGB II und die Gewährung eines Darlehens gem. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II in Betracht. Beide Leistungen
stellen – jedenfalls in der hiesigen Fallkonstellation – einen eigenständigen Verfügungssatz dar (vgl. BSG vom
7.11.2006, Az. B 7b AS 8/06 R; BSG vom 31.10.2007, Az. B 14/11 b AS 59/05 R). Ihre Bewilligung träte neben die
Leistungen nach § 22 Abs. 7 SGB II. Sie wären auch nicht Teil des Verfügungssatzes Regelleistung. Denn hiervon ist
der Kläger gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen.
2. Auf Leistungen gem. § 21 Abs. 4 Satz 1 hat der Kläger jedoch keinen Anspruch. Zwar gehört der Kläger dem Kreis
der grundsätzlich Berechtigten nach dem SGB II an und erfüllt auch die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 Satz 1
SGB II (a)). Der Kläger ist jedoch von den Leistungen gem. § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II gem. § 7 Abs. 5 SGB II
ausgeschlossen (b)).
a) Der Kläger ist zwar anspruchsberechtigt gem. § 7 Abs. 1 SGB II und erfüllt auch die Voraussetzungen des § 21
Abs. 4 Satz 1 SGB II. Er hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in D., ist zwischen 15 und 65 Jahre alt, mangels
Einkommen und Vermögen hilfebedürftig gem. § 9 Abs. 1 SGB II und gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Satz 1 SGB II
erwerbsfähig. Der Kläger erfüllt auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 4 SGB II. Der Kläger ist ein
erwerbsfähiger behinderter Hilfebedürftiger gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Er hat am 03.09.2007 eine Ausbildung
begonnen, die durch Bewilligungsbescheid vom 09.11.2006 ab dem 01.09.2007 u.a. nach § 33 SGB IX von der
Bundesagentur gefördert wird.
b) Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf den geltend gemachten Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II.
Das Gericht kann an dieser Stelle offen lassen, ob der geltend gemachte Anspruch des Klägers für die Zeit vom
01.11.2007 bis 05.12.2007 bereits deshalb ausscheidet, da er keinen fristgerechten Antrag auf Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gestellt hat (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Denn der Kläger ist von
Leistungen nach § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II infolge des Ausschlusses des § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Denn
Leistungen nach § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II dienen einem ausbildungs- und keinem behinderungsbedingten
Mehrbedarf (aa)). Da der Kläger jedoch Leistungen nach § 104 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 105 Abs. 1 Nr. 1 SGB III erhält,
die ihm gewährt werden, um seinen ausbildungsbedingten Bedarf abzudecken, steht ihm kein Anspruch nach § 21
Abs. 4 Satz 1 SGB II zu. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II und seiner
systematischen Interpretation im Lichte des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II (bb)).
aa) § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II hat zum Ziel einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf behinderter Hilfebedürftiger
abzudecken, vgl. Lang/Knickrehm in: Eicher/Spellbrink (Hrsg.) 2. Aufl., § 21 Rn 40; Spellbrink aaO. § 7 Rn 92;
Münder in: LPK-SGB II, 3. Aufl., § 21 Rn 21; a.A. SG Stade vom 07.02.2008, Az. S 3 AS 35/08 ER (Rn 44). Zwar
folgt dies nicht bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, aber maßgeblich aus ihrer historischen Auslegung sowie
ihrem Sinn und Zweck. Die Vorgängervorschrift des § 23 Abs. 3 BSHG sollte durch § 21 Abs. 4 SGB II übernommen
werden. Dies folgt aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 15/1516 S. 57). Unter Geltung von § 23 Abs. 3 BSHG war
anerkannt, dass diese Leistungen den ausbildungsbedingten Mehrbedarf, der behinderungsbedingte Bedarf hingegen
mittels Leistungen nach § 33 SGB IX sichergestellt wird, vgl. OVG Lüneburg, 22.3.2006, 4 LB 153/04 (Rn 29 ff., 33).
Dieser sieht die entsprechenden Sachleistungen oder Eingliederungshilfen vor, durch die behinderten Menschen die
Integration in den Arbeitsmarkt ermöglicht bzw. erleichtert werden soll, vgl. Münder in: LPK-SGB II, 3. Aufl. § 21 Rn
22. Eine Förderung nach § 33 SGB IX umfasst jedoch keine Hilfe zum Lebensunterhalt und auch nicht die
allgemeinen Kosten (z.B. Fahrtkosten o.ä.), die die Teilnahme an einer Maßnahme nach § 33 SGB IX mit sich
bringen. Diese Lücke wird durch § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II geschlossen. Ihr Sinn und Zweck besteht darin, diese
Mehrkosten in pauschalierter Form zu erstatten.
bb) Der Kläger ist von Leistungen nach § 21 Abs. 4 SGB ausgeschlossen. Dies beruht auf § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II.
Denn der Kläger erhält eine Förderung nach § 104 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 105 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Der Ausschluss des
§ 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II erfasst nach Sinn und Zweck auch Ausbildungen die gem. § 104 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 105
Abs. 1 Nr. 1 SGB III gefördert werden ((1)). Dies folgt insbesondere aus der systematischen Auslegung im Lichte des
§ 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II ((2)).
(1) Der Anspruch des Klägers auf Leistungen nach § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II ist gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II
ausgeschlossen. Von dem Ausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II sind auch Personen erfasst, die, wie der Kläger,
eine Förderung nach § 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 105 Abs. 1 Nr. 1 SGB III erhalten. Dies folgt zwar nicht aus
dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II, aber aus dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der
Vorschrift. Durch § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II sollte sichergestellt werden, dass Leistungen nach dem SGB II neben
dem System der Ausbildungsförderung nur gewährt werden, wenn hierdurch einer besonderen, nicht
ausbildungsbedingten Bedarfslage Rechnung getragen wird oder es sich um Leistungen handelt, die außerhalb des
Abschnitts 2 des Dritten Kapitels des SGB II beansprucht werden können (BSG vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS
28/06 R (Rn 28). Nach der Rechtsprechung des BSG fällt hierunter z.B. der Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 2, 3 und 5
SGB II (BSG vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 28/06 (Rn 28); BSG vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 36/06 R (Rn
19). Nach Überzeugung des Gerichts zählt hierzu jedoch nicht der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II, wenn
dem Kläger zeitgleich Leistungen gem. §§ 104 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 105 Abs. 1 Sat 1 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 33
SGB IX gewährt werden (a.A. LSG Berlin-Brandenburg vom 11.02.2008, Az. L 5 B 10/08 AS ER (Rn 22); zust. SG
Chemnitz vom 01.04.2009, Az. S 22 AS 3533/07 (Rn 69 ff.)). Das Gericht teilt nicht die Auffassung des LSG Berlin-
Brandenburg in seiner Entscheidung vom 11.02.2008, Az. L 5 B 10/08 (Rn 22). Das Gericht stützt seine Auffassung
auf den Sinn und Zweck des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Hierdurch sollten Leistungen nach dem SGB II
ausgeschlossen werden, wenn der Bedarf einer Person nach spezialgesetzlichen Regelungen des
Bundesausbildungsförderungsgesetztes (BAföG) oder der Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) gedeckt werden kann.
Zwar geht diese Beschränkung nicht aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II hervor, da dieser nur Ausbildungen
erfasst, die nach dem BAföG oder als BAB gem. §§ 60 bis 62 SGB III grundsätzlich förderungsfähig sind (vgl. BSG
vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 36/06 R (Rn 16). Durch § 7 Abs. 5 SGB II sollte jedoch ein Vorrangverhältnis der
Leistungen des BAföG und des BAB für bestimmte Leistungen statuiert werden. Das SGB II sollte nicht zu einer
zweiten Ebene der Ausbildungsförderung werden (BSG vom 06.09.2007, Az. B 14/7b, AS 28/06 R (Rn 25 m.w.N.);
BSG vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 36/06 R (Rn 17 f.)). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte durch § 7 Abs.
5 SGB II der bisherige § 26 BSHG in das System des SGB II übertragen werden (BT-Drucks 15/1749 S. 31). Zwar
war dem Gesetzgeber der begrenzte Anwendungsbereich des § 26 BSHG bewusst und es sollte durch § 7 Abs. 5
SGB II kein vollständiger Ausschluss geschaffen werden (BSG vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 36/06 R (Rn 19).
Anhaltspunkte dafür, dass der Ausschluss nicht für die hiesige Fallkonstellation gelten sollte, gibt es jedoch nicht.
(2) Das Gericht folgert insbesondere aus dem systematischen Zusammenhang mit § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II, dass
der Ausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II im Falle einer Förderung nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB III greift (a.A.
LSG Berlin-Brandenburg vom 11.02.2008, Az. L 5 B 10/08 (Rn 22). Maßgebliches Argument ist hierbei, dass der
Gesetzgeber in § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II an § 105 Abs. 1 Nr. 1 SGB III anknüpft. Hierdurch hat der Gesetzgeber
zum Ausdruck gebracht, dass in dieser Fallkonstellation lediglich ergänzende Leistungen nach dem SGB II gewährt
werden können, da sie unter den Ausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II fällt. § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II wurde
eingeführt, um Personen, die von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II
ausgeschlossen sind, ergänzende Leistungen zu gewähren, wenn die durch das BAföG oder BAB gewährten
Leistungen nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts ausreichen (BT-Drucks 16/1410, S. 24). Aus der Auflistung des
§ 105 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III folgt, dass dem Gesetzgeber, als er § 22 Abs. 7 durch Art. 1 Nr. 16 Buchstabe d
des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung nachträglich eingefügt hat, bewusst war, dass es auch in
dieser Fallkonstellation zu einer Bedarfsunterdeckung bei Beziehern von Ausbildungsgeld kommen kann, vgl.
Lang/Link in: Eicher/Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn 119, 121; zust. SG Chemnitz vom 01.04.2009, Az. S
22 AS 3533/07 (Rn 79 f.). Das Gericht hält es für zulässig, hieraus einen Umkehrschluss zu ziehen. Durch die
Aufnahme bestimmter Fallkonstellationen in § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II zeigt der Gesetzgeber, dass er diese
Personengruppe – durch § 7 Abs. 5 Satz 1 – ebenfalls als von ergänzenden Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen erachtet, vgl. Lang/Link in: Eicher/Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2.
Aufl., § 22 Rn 120; a.A. LSG Berlin-Brandenburg vom 11.02.2008, Az. L 5 B 10/08 (Rn 22). Eine andere Sichtweise
hält das Gericht nicht für überzeugend. Andernfalls würde hieraus ein Systembruch resultieren. Denn es ließe sich
nicht erklären, weshalb die Bezieher von Ausbildungsgeld – obwohl bei ihnen keine Bedarfsunterdeckung eintreten
kann, da sie nicht gem. § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen
sind – dennoch ergänzende Leistungen nach § 22 Abs. 7 SGB II erhielten, die gerade gewährt werden, wenn eine
Bedarfsunterdeckung eintritt. Ein solches Ergebnis würde der gesetzgeberischen Intention zuwider laufen, das SGB II
nicht zu einer zweiten Ebene der Ausbildungsförderung zu machen. Anhaltspunkte für die Auffassung, dass der
Gesetzgeber dieses Prinzip im Rahmen des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II durchbrechen wollte, finden sich nicht. Es
sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Erstreckung auf Personen, die Ausbildungsgeld nach §§
104 ff. SGB III beziehen, auf einem gesetzgeberischen Irrtum beruht (zust. Berlit in: LPK-SGB II, 3. Aufl., § 22 Rn
137; a.A. Berlin-Brandenburg vom 11.02.2008, Az. L 5 B 10/08 (Rn 22)). Das erkennende Gericht schließt sich
vielmehr der Auffassung des SG Chemnitz an, dass der Ausschluss in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II an die
Förderfähigkeit der Ausbildung anknüpft, nicht an die der Person (SG Chemnitz vom 01.04.2009, Az. S 22 AS
3533/07 (Rn 76).
3. Dem Kläger sind auch keine Leistungen nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II zuzusprechen. Es kann insoweit
dahinstehen, ob in der Beschränkung des Klagegegenstands auf Leistungen nach § 21 Abs. 4 SGB II eine
Beschränkung des Klagebegehrens gesehen werden kann (§ 103 SGG) und ob der Kläger fristgerecht einen Antrag
gestellt hat, § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II (a)). Denn der Kläger hat jedenfalls keinen Anspruch nach § 7 Abs. 5 Satz 2
SGB II, da seine Lage keinen besonderen Härtefall i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II darstellt (b)).
a) Das Gericht hat Zweifel, ob ein Darlehen für einen vergangenen und abgeschlossenen Zeitraum überhaupt vom
Klagebegehren des Klägers umfasst ist. Denn in der Begrenzung des Streitgegenstands auf Leistungen nach § 21
Abs. 4 Satz 1 SGB II kann zugleich der Wille des Klägers gesehen werden, lediglich Leistungen zu erhalten, die als
Zuschuss gewährt werden. Des Weiteren ist auch fraglich, ob der Antrag des Klägers vom 06.12.2007 gem. § 37 Abs.
2 Satz 1 zu einer rückwirkenden Leistungsbewilligung ab dem 01.11.2007 führen kann. Das Gericht kann diese Fragen
jedoch dahingestellt lassen. Denn das Begehren des Klägers ist – auch wenn man es i.S.d.
Meistbegünstigungsgrundsatzes als Antrag auf Leistungen gem. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II auslegt – deshalb
abzulehnen, da er die Tatbestandsvoraussetzung des besonderen Härtefalls des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II nicht
erfüllt.
b) Der Kläger befindet sich im streitigen Zeitraum nicht in einer Lage, die als besonderer Härtefall i.S.d. § 7 Abs. 5
Satz 2 SGB II angesehen werden kann. Der Begriff des besonderen Härtefalls ist aus § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG
übernommen (vgl. Spellbrink: in Eicher/Spellbrink (Hrsg.) SGB II, 2. Aufl., § 7 Rn 100 m.w.N.). Unter Geltung des § 26
Abs. 1 Satz 2 BSHG wurde dies nur dann bejaht, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß
hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist und
vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen wurde (BVerwG vom 14.10.1993, Az. 5 C 16/91 (Rn 10). Das BSG
fordert nunmehr, dass außergewöhnliche, schwerwiegende, atypische und möglichst nicht selbstverschuldete
Umstände vorliegen (BSG vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 28/06 R (Rn 32). Das BSG hielt es z.B. nicht für
ausreichend, dass eine Ausbildung wegen fehlender Förderung abgebrochen werden muss, sondern forderte, dass
überdies weitere Gesichtspunkte hinzutreten müssten, die es als unzumutbar erscheinen lassen, dem Hilfebedürftigen
Leistungen zu verweigern (BSG aaO. Rn 34). Die vom Gericht festgestellten Tatsachen vermögen einen besonderen
Härtefall in diesem Sinne nicht zu begründen. Der Kläger erhält im streitigen Zeitraum sowohl Ausbildungsgeld gem.
§§ 104 f. SGB III als auch Leistungen gem. § 22 Abs. 7 SGB II, die gerade besondere Härten abfedern sollen (vgl.
Lang/Link in: Eicher/Spellbrink (Hrsg.) SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn 119). Überdies befand sich der Kläger am Anfang
seiner Ausbildung, die er seitdem über einen nicht unerheblichen Zeitraum weiter verfolgt hat. Alleine die Tatsache,
dass der Vater des Klägers im Rahmen eines anderen Widerspruchsverfahren am 15.11.2007 vorgetragen hat, dass
er nicht über hinreichend Geldmittel verfüge und deshalb weitere Leistungen für seinen Sohn benötige, vermag an sich
noch keinen besonderen Härtefall zu begründen. Das Vorbringen von Geldmangel stellt jedenfalls keine atypischen
Umstände des Ausschlusses des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II dar und ist auch keine Phänomen, das über die normalen
Folgen des Anspruchsausschlusses des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II hinausgeht. Andere Umstände, die die Annahme
rechtfertigen, dass nach der Bewilligung von Leistungen gem. § 22 Abs. 7 SGB II der Kläger dennoch einen
besonderen Härtefall i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II darstellt, hat der Kläger weder vorgetragen noch sind solche
ersichtlich.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.