Urteil des SozG Dresden vom 22.12.2009

SozG Dresden: bwa, auflösung, einkünfte, gewinnanteil, verfügung, rücklage, buchführung, verwaltungsakt, rücknahme, investition

Sozialgericht Dresden
Urteil vom 22.12.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 40 AS 2407/08
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Beklagte hat dem Kläger über das Kostenanerkenntnis hinaus keine weiteren
außergerichtlichen Kosten zu erstatten. 3. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich nur noch gegen die Aufhebung der Bewilligung und Erstattungs-forderung von Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß SGB II für den Lei-stungszeitraum 1.10.2005 bis 31.12.2005. Der allein
stehende Kläger stellte erstmals am 31.3.2005 einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Der
Kläger bewohnte eine 34 m² große Einraumwohnung zu einer Kaltmiete von 184,07 EUR monatlich. Für die
Heizkosten- und Betriebskostenvoraus-zahlung fielen insgesamt 95,- EUR an. Die Warmwasserbereitung erfolgte
nicht über die zen-trale Heizungsanlage. Die Nebenkostenabrechnung für 2003 lag vor. Zu seinem Einkom-men aus
selbstständiger Tätigkeit machte der Kläger keine Angaben. Im Zusatzblatt 2 hatte der Kläger an der Stelle "ich
erziele Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit gemäß umseitiger Selbsteinschätzung" kein Kreuz gemacht,
mit grünem Stift war von der Berate-rin eingefügt worden "Ich-AG 3.2.03 – 1 Jahr Förderung". Mit Bescheid vom
19.4.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Siche-rung des Lebensunterhalts in Höhe von 20,06 EUR
für den Monat März 2005 (11,03 EUR Regel-leistung und 9,03 EUR Kosten der Unterkunft). Für April bis einschl.
September 2005 bewil-ligte die Beklagte dem Kläger insgesamt einen Betrag von 601,89 EUR, der sich aus der Re-
gelleistung in Höhe von 331,- EUR und Kosten der Unterkunft in Höhe von 270,89 EUR KdU zusammensetzte. Bei der
Kosten der Unterkunft hatte die Beklagte die volle Grundmiete in Höhe von 184,07 EUR, 52,25 EUR kalte
Nebenkosten sowie 34,57 EUR Heizkosten angesetzt. Ein-kommen des Klägers wurde nicht angerechnet, der
Bescheid erging nicht vorläufig. In seinem Fortzahlungsantrag vom 28.7.2005 gab der Kläger an, dass sich keine
Änderun-gen– auch keine Änderung in den Einkommensverhältnissen ergeben hätten. Mit Bescheid vom 16.8.2005
bewilligte die Beklagte dem Kläger auch ab Oktober 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von
monatlich 601,89 EUR, dessen Höhe sich wie zuvor zusammensetzte. Am 29.12.2005 legte der Kläger eine
Änderungsmitteilung vor und gab an, er sei vom 9.1.2006 bis 28.2.2006 selbstständig tätig (Abbruch, Entkernung,
Maurerarbeiten). Zu-sammen mit dieser Änderungsmitteilung füllte der Kläger das Zusatzblatt 2.1. (Einkom-
menserklärung) aus und legte die Anlage GSE zu seiner Einkommensteuererklärung für 2004 vor. Der Kläger gab an,
er werde vom 9.1.2006 bis 28.2.2006 voraussichtliche Be-triebseinnahmen in Höhe von 750,- EUR bei
Betriebsausgaben in Höhe von 225,- EUR haben. Die Beiträge der Kfz Haftpflicht betrügen monatlich 43,- EUR.
Hieraus errechnete die Beklagte ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 340,- EUR und erließ zuletzt am
8.8.2006 einen Änderungsbescheid, der die Bewilligung für den 1.10.2005 bis 31.12.2005 lediglich wiederholte, aber
nicht veränderte und für den Zeitraum ab dem 1.1.2006 monatliche Lei-stungen in Höhe von nur noch 374,20 EUR
gewährte. Am 9.5.2006 und am 3.8.2006 legte der Kläger betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) für die Jahre
2005 und für die bereits abgelaufenen Monate des Jahres 2006 vor. Aus diesen ergaben sich für den jetzt noch
strittigen Leistungszeitraum 2005 unterschiedli-che Zahlen; die am 3.8.2006 vorgelegte BWA vom 17.1.2006 wies
zum Beispiel für das Vorjahr (2005) ein positives betriebswirtschaftliches Gesamtergebnis von 14.631,10 EUR aus.
Mit seinem Fortzahlungsantrag vom 4.1.2007 reichte der Kläger eine am 3.1.2007 erstellte betriebswirtschaftliche
Auswertung ein, aus der sich für das Jahr 2005 ein vorläufiges be-triebswirtschaftliches Ergebnis von 8.581,40 EUR
ergab. Am 16.7.2007 erhielt die Beklagte vom Kläger schließlich den Steuerbescheid für 2005, aus dem sich
Einkünfte aus Gewer-bebetrieb in Höhe von 10.405,- EUR ergaben, sowie ein Steuerberaterschreiben, in dem ausge-
führt wurde, dass sich der in dem Steuerbescheid angesetzte Gewinn in Höhe von 10.405,- EUR aus zwei Positionen
zusammensetze, nämlich einem Gewinnanteil aus laufendem Ge-schäftsbetrieb in Höhe von 381,- EUR und einem
Gewinnanteil in Höhe von 10.024,- EUR, der aus der Auflösung, Neubildung und Verzinsung von Sonderposten mit
Rücklageanteil nach § 7g EStG (Ansparabschreibungen) entstanden sei. Der Steuerberater führte aus: "Der hohe
Gewinn des Jahres 2003 wurde im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des § 7g EStG in die Folgejahre
verschoben. Dieser Gewinnanteil ist im Jahr 2005 nicht zugeflossen und stand damit nicht zur Bestreitung des
Lebensunterhaltes zur Verfügung." Den Steuerbe-scheid für das Jahr 2006 legte der Kläger am 16.1.2008 vor. Mit den
Gesamteinkünften, die sich aus dem Steuerbescheid für 2005 und 2006 ergaben, führte die Beklagte eine
Neuberechnung für den Leistungszeitraum 1.10.2005 bis 31.3.2006 durch, hob mit dem hier streitbefangenen
Bescheid vom 24.1.2008 die Bewilli-gungsbescheide vom 16.8.2005 und 8.8.2006 vollständig auf und begründete dies
mit § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X. Zugleich wurde der Kläger aufgefordert, eine Summe von insgesamt 2.225,50 EUR zu
erstatten. Mit dem Änderungsbescheid vom 24.4.2008 wurde die Leistungs-bewilligung für den hier noch
interessierenden Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 lediglich teilweise in Höhe von monatlich 587,59 EUR
aufgehoben und die Erstattungsforde-rung für diesen Zeitraum auf monatlich 484,76 EUR reduziert. Dies begründete
die Beklagte mit § 50 SGB X und § 40 Abs. 2 SGB II. Den gleichwohl aufrecht erhaltenen Widerspruch des Klägers
vom 28.1.2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.4.2008 zurück. Der Widerspruchsbescheid fasst
die Berechnungen der Beklagten nochmals zu-sammen und verdeutlicht, dass für den Zeitraum 1.10.2005 bis
31.12.2005 zwar eine höhe-re Erstattungsforderung hätte aufgestellt werden können, dass es aus "Vertrauensschutz-
gründen" indessen bei dem im Erstattungsbescheid vom 24.1.2008 genannten Erstattungs-betrag verbleibe. Der
Kläger hat fristgerecht am 16.5.2008 Klage erhoben, die sich ursprünglich auf den Leistungszeitraum 1.10.2005 bis
31.3.2006 bezog. Er ist der Ansicht, die Bescheide seien inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Auch habe dem
Widerspruchsbescheid ein Berech-nungsbogen gefehlt. Die Rückforderung habe auch nicht auf § 48 SGB X, sondern
allen-falls auf § 45 SGB X gestützt werden dürfen, weil der ursprüngliche Bewilligungsbescheid von Anfang an
rechtswidrig gewesen sei. Auch sei die Rücknahmefrist nicht eingehalten, denn am 4.1.2007 hätten die BWA
2005/2006 komplett vorgelegen. Aus diesen hätte die Beklagte entnehmen können, dass der Kläger vom 1.9.2005 bis
31.12.2005 seinen Bedarf vollständig aus den Einnahmen hätte decken können. Der Kläger weist zudem darauf hin,
dass die Einnahmen aus der BWA zu entnehmen seien und nicht aus dem Steuerbescheid. Dieser sei nämlich
"falsch", denn im Jahr 2005 stammten von dem im Steuerbescheid an-gegebenen Gewinn in Höhe von 10.405,- EUR
nur 381,- EUR aus Einnahmen des laufenden Ge-schäftsbetriebs. Dagegen stammten 10.024,- EUR aus der
Auflösung, Neubildung und Verzin-sung von Sonderposten mit Rücklageanteil nach § 7g EStG
(Ansparabschreibungen). Die-ser Betrag sei dem Kläger im Jahr 2005 allerdings nicht zugeflossen und habe daher
nicht für den Lebensunterhalt des Klägers zur Verfügung gestanden. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte
die streitbefangenen Bescheide teilweise, nämlich für den Zeitraum 1.1.2006 bis 31.3.2006 zurückgenommen und
erklärt, dass 1/3 der Kosten des Rechtsstreits übernommen würden. Der Kläger hat das Teilkostenanerkenntnis
angenommen, den Rechtsstreit hinsichtlich des Zeitraumes 1.1.2006 bis 31.3.2006 für erledigt erklärt und beantragt
nunmehr noch, den Bescheid der Beklagten vom 24.1.2008 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 24.4.2008 und
des Widerspruchsbescheids vom 25.4.2008 aufzuheben, soweit die Beklagte diesen nicht aufgehoben hat. Die
Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie verteidigt die ergangenen Bescheide, soweit diese noch Bestand
haben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge-richtsakte und der
Verwaltungsakte, die zum Verfahren 40 AS 23669/08 eingereicht wur-de, Bezug genommen, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren. Zudem lagen die Gerichtsakten der weiteren vom Kläger geführten Klageverfahren 40
AS 2369/08, 40 AS 2408/08, 40 AS 2409/08 und 40 AS 2410/08 vor.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Anfechtungsklage hat keinen Erfolg, denn der Bescheid vom 24.1.2008 in Gestalt des
Änderungsbescheids vom 24.4.2008 und des Widerspruchsbescheids vom 25.4.2008 ist, soweit er nach der
Teilaufhebung durch die Beklagte noch Bestand hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Es bestehen keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Bescheide; insbe-sondere sind diese inhaltlich
hinreichend bestimmt gemäß § 33 Abs. 1 SGB X. Ein Verwaltungsakt ist inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn der
Adressat aus dem Ent-scheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne
weiteres erkennbaren Umständen eindeutig erkennen kann, was die Behörde regeln will (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG,
8. Aufl., § 37 Rn. 5ff). Dies ist hier der Fall. Da der während des Widerspruchsverfahrens erlassene
Änderungsbescheid nach § 86 SGG Ge-genstand des Vorverfahrens und damit auch Gegenstand des
Klageverfahrens (§ 95 SGG) geworden ist, ist der Regelungsgehalt aus einer Gesamtschau der erlassenen Bescheide
zu ermitteln, so dass es unschädlich ist, wenn dem Widerspruchsbescheid, wie der Kläger vorträgt, kein
Berechnungsbogen beigefügt gewesen sein sollte. Gleichfalls ist es unschäd-lich, dass der Änderungsbescheid vom
24.4.2008 zwar die Leistungszeiträume nennt, für den eine Aufhebung der bisherigen Bewilligung ausgesprochen wird,
nicht jedoch die auf-gehobenen Bewilligungsbescheide mit Datum bezeichnet, denn dieser werden in dem Be-scheid
vom 24.1.2008 benannt. Auch die Teilaufhebung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung für den Zeitraum
1.1.2006 bis 31.3.2006 ist insoweit unschädlich, weil die beiden Zeiträume in den streitbefangenen Bescheiden
deutlich getrennt behandelt werden und somit der Regelungsgehalt der Bescheide, soweit sie noch Bestand haben,
hinreichend deutlich ist. Der Kläger kann daher unzweifelhaft erkennen, dass im Ergebnis der ur-sprüngliche
Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 für den Leistungszeitraum 1.10.2005 bis 31.12.2005 in der Höhe von monatlich
587,59 EUR aufgehoben und dass noch eine Erstat-tungsforderung in Höhe von 1.454,28 EUR (484,76 EUR x 3
Monate) gegen ihn geltend gemacht wird. Der Widerspruchsbescheid wiederum erläutert zusätzlich einzelne
Rechenschritte bei der Ermittlung des Einkommens. 2. Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig, soweit sie
noch Gegenstand des Rechts-streites sind. a) Die rückwirkende Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom
16.8.2005 ist durch die Beklagte zutreffend auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt worden. Nach dieser Vor-
schrift soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den zum Zeitpunkt seines Er-lasses vorgelegenen
tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Ände-rung eingetreten ist, mit Wirkung vom Zeitpunkt
der Änderung der Verhältnisse aufgeho-ben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Entscheidung
Einkommen oder vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder Minderung des Anspruchs geführt ha-ben würde.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. aa) Der Bescheid vom 16.8.2005 war bei seinem Erlass rechtmäßig, so dass
die Rücknah-me des Verwaltungsaktes nach den Voraussetzungen des § 48 und nicht nach § 45 SGB X
auszusprechen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 29.11.2007, L 12 AS 1181/07, juris). Insbesondere bestand
für die Beklagte keine Veranlassung, den Bewilligungsbe-scheid vom 16.8.2005 nur vorläufig zu erlassen. Die
Beklagte hatte aufgrund der Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Bewilligung von Leistungen keine
Veranlassung zu ver-muten, dass sich im Leistungszeitraum Einkünfte des Klägers - in wechselnder Höhe - aus
selbständiger Tätigkeit ergeben könnten (vgl. BSG, Urt. v. 2.6.2004, B 7 AL 58/03 R, ju-ris). Selbst die offensichtlich
im Beratungsgespräch nachträglich eingefügten Bemerkun-gen über die Existenzgründung des Klägers im Jahr 2003
mussten von der Beklagten bei der Leistungsgewährung nicht berücksichtigt werden. Es ist Sache des Antragstellers,
An-gaben zu seinen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit zu machen und diese selbst ein-zuschätzen. Die
Kammer glaubt dem Kläger, dass er beim Ausfüllen des Antrags weder Einkünfte hatte, noch solche erwartete und
deswegen die entsprechenden Felder des An-trags nicht ankreuzte. Wenn indessen nachträglich doch Geldeinnahmen
erfolgen, sieht § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gerade in diesen Fällen die Rücknahme des Bewilligungs-bescheids
vor. Auf den Änderungsbescheid vom 8.8.2006 ist hingegen nicht abzustellen, denn dieser entfaltet nur für den
Zeitraum 1.1.2006 bis 31.3.2006 Rechtswirkungen. Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.10.2005 bis
31.12.2005 wird lediglich der bereits ergangene Verwaltungsakt wiederholt; es handelt sich hierbei mangels
unmittelba-rer Rechtserheblichkeit nicht um eine Regelung (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rn. 55). bb)
Es ist im Leistungszeitraum Einkommen erzielt worden, das zum Wegfall des An-spruchs führt. Nach § 11 Abs. 1
SGB II sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen, mithin auch Einnahmen aus selbständiger
Tätigkeit. Die für den hier streitbefangenen Leistungszeitraum 1.10.2005 bis 31.12.2005 gültige ALG II-V enthält in §
2a Alg II-V eine Verweisung auf § 15 SGB IV bzw. auf die Vorschriften des Einkom-menssteuergesetzes. Das
Einkommen ist für das Kalenderjahr zu berechnen und zu zwölf-teln (§ 2a Abs. 2 Alg II-V). Es verletzt den Kläger
daher nicht in seinen Rechten, dass die Beklagte zur Berechnung der dem Kläger zustehenden Leistungen auf die
Zahlen aus dem Steuerbescheid für 2005 zurückgegriffen und diese gleichmäßig auf die Kalendermonate verteilt hat.
Die betriebswirtschaftlichen Auswertungen können nicht zur nachträglichen und endgülti-gen Einkommensermittlung
des Klägers herangezogen werden, denn diese stellen nur Momentaufnahmen eines Standes der Buchführung dar.
Dies wird nicht nur aus der Fuß-zeile dieser Auswertungen deutlich, sondern zeigt sich auch zum Beispiel an einem
Ver-gleich der BWA vom 17.1.2006 (Blatt 49 der Verwaltungsakte) mit der BWA vom 3.1.2007 (Blatt 71 der
Verwaltungsakte), die immerhin im Abstand von einem Jahr erstellt wurden. Beide weisen zwar für das Jahr 2005 in
der ersten Zeile Erlöse aus betrieblicher Tätigkeit von 11.793,94 EUR aus. Im Weiteren unterscheiden sich diese
betriebswirtschaftli-chen Auswertungen für denselben Zeitraum aber wesentlich. Nicht nur bei den Be-triebsausgaben
besteht eine Differenz von nahezu 7.000,- EUR, sondern die BWA vom 3.1.2007 enthält erstmals betriebliche Erlöse
von 18.948,- EUR aus der Auflösung von An-sparabschreibungen. Würde man daher für die Gewährung von
Sozialleistungen auf diese Form der Einkommensermittlung zurückgreifen wollen, wäre diese von Zufälligkeiten im
Stand der Buchführung abhängig. Dies ist nach der gesetzlichen Formulierung in § 11 Abs. 1 SGB II nicht gewollt. Die
Kammer ist daher der Auffassung, dass für die Ermittlung des Einkommens von den durch Steuerbescheid
festgestellten Einkünften - dies ist bei Einkünften aus Gewerbebe-trieb der zu versteuernde Gewinn (vgl. § 2 Abs. 2
Nr. 1 EStG und §§ 4 ff. EStG) – ausge-gangen werden muss (so auch Hauck/ Nofts, SGB II, § 11 Rn. 48 c ff.; für die
Rechtslage nach dem 1.10.2005 ausdrücklich auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.4.2007, L 26 B 422/07 AS
ER, juris). Der Steuerbescheid stellt mit Tatbestandswirkung fest, dass der Kläger diese steuerpflichtigen Einkünfte
aus dem Gewerbebetrieb tatsächlich hatte. Pro-bleme könnten sich allenfalls in der Situation der Bildung einer
Ansparabschreibung erge-ben, denn diese wirkt sich gewinnmindernd aus und dient zugleich der Vermögensbildung,
was im Hinblick auf die Hilfebedürftigkeit nach SGB II durchaus unangemessen sein kann, auch wenn der
Gesetzgeber derartige steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten ausdrück-lich vorsieht. Dies war jedoch hier nicht zu
entscheiden, denn der Kläger hat 2005 keine Ansparabschreibungen gebildet. Von dem durch den Steuerbescheid
festgestellten steuerlichen Gewinn des Jahres 2005 ist der auf die Auflösung der Ansparabschreibungen entfallende
Gewinnanteil, der nach Aus-kunft des Steuerberaters 10.024,- EUR betragen soll, nicht abzuziehen. Es besteht kein
Anlass hierfür. Insbesondere geht das Argument des Klägers, es habe sich lediglich um eine "steu-errechtliche
Verschiebung" des hohen Gewinns aus dem Jahr 2003 gehandelt, fehl. Bei der Ansparabschreibung nach § 7g EStG
in der damals gültigen Fassung konnten kleinere und mittlere Betriebe für die künftige Anschaffung oder Herstellung
eines neuen beweglichen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die
Bildung und Auflösung der Rücklage musste in der Buchführung verfolgt werden können. Die Auflösung der Rücklage
fließt dem Steuerpflichtigen daher zu, weil Gelder, die ur-sprünglich für eine Investition vorgesehen und gebunden
waren, nun wieder dem Steuer-pflichtigen - auch zur Bestreitung seines Lebensunterhalts - zur Verfügung stehen.
Selbst wenn sich der Kläger ohne die tatsächliche Planung einer Investition durch die Bildung einer
Ansparabschreibung eine Steuerstundung verschafft haben sollte, besteht kein An-lass, diesen Fall anders zu
behandeln und den Kläger gleichsam sozialrechtlich zu beloh-nen. Der Kläger kann auch nicht verlangen, dass die
Beklagte seine besondere Situation im Hinblick auf die aufgelösten Ansparabschreibungen bei ihrer
Ermessensausübung berück-sichtigt und auf eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit verzichtet. Denn es
handelt sich hier bei der Rücknahme des Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergan-genheit um eine gebundene
Entscheidung (§ 40 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Von den durch den Steuerbescheid festgestellten
Einkünften sind gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II (in der ab dem 1.10.2005 gültigen Fassung) die entrichteten
Steuern abzuzie-hen. Dies ergibt ein monatliches Einkommen von 830,67 EUR ((10.405,- EUR - 437,- EUR): 12).
Weiterhin war gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II der Versicherungspauschalbetrag (100,- EUR) und die weiteren
Freibeträge des § 30 SGB II in der ab dem 1.10.2005 gültigen Fassung abzuziehen, d.h. 20% von 700,- EUR, und
10% von 30,67 EUR folglich weitere 143,06 EUR. Dies ergibt berücksichtigungsfähige Einkünfte des Klägers in Höhe
von 587,61 EUR. Diese sind auf den in dem ursprünglichen Bescheid vom 16.8.2005 zugrunde gelegten monatlichen
Gesamtbedarf des Klägers in Höhe von 601,89 EUR, gegen den der Kläger nichts vorbringt und bei dem das Gericht
Rechtsfehler nicht erkennen kann, anzurechnen, so dass der Be-scheid vom 16.8.2005 sogar in der Höhe von 587,61
EUR hätte aufgehoben werden können und nicht nur - wie es die Beklagte anhand des von ihr errechneten
Einkommens in Höhe von 587,59 EUR getan hat - in dieser Höhe. Der Rechenfehler verletzt den Kläger indessen
nicht in seinen Rechten Bei ihrer Rücknahmeentscheidung vom 24.1.2008 hat die Beklagte auch die Jahresfrist des §
48 Abs. 4 SGB X i. V. m. § 45 Abs, 4 Satz 2 SGB X eingehalten, denn es kommt, wie vorstehend dargelegt wurde,
nicht auf die Vorlage der betriebswirtschaftlichen Auswertun-gen, sondern den Steuerbescheid vom 10.10.2006 für
das Steuerjahr 2005 an. Diesen hatte der Kläger am 16.7.2007 erstmals vorgelegt. b) Das Erstattungsverlangen ist
ebenfalls rechtmäßig und kann auf die Ermächtigungs-grundlage des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X gestützt werden. Den
Erstattungsbetrag hat die Beklagte aus Vertrauensschutzgesichtspunkten auf 484,76 EUR monatlich begrenzt. In
dieser Höhe ist der Erstattungsbetrag jedenfalls nicht zu beanstanden. Bei einer nur teilweisen Aufhebung der
Bewilligung ist der Erstattungsbetrag nicht nach § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II begrenzt (§ 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Die
Beklagte hätte daher für die drei Monate jeweils 587,61 EUR zurückfordern dürfen. Diesen Betrag unterschreitet die
Erstattungsforderung; der Kläger ist daher nicht in seinen Rechten verletzt. bb) Dass der Kläger bei der "nur"
teilweisen Aufhebung des Bewilligungsbescheids in Höhe von 587,59 EUR bei der Erstattungsforderung schlechter
gestellt ist, als er stehen würde, wenn der Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 vollständig aufgehoben worden wäre,
ist in der Gesetzessystematik angelegt. Bei einer vollständigen Aufhebung der Bewilligungsent-scheidung, wäre der
Erstattungsbetrag zwar gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II auf monat-lich 469,55 EUR begrenzt gewesen. Die Kammer
hat hiergegen jedoch keine verfassungs-rechtlichen Bedenken, weil die Ungleichbehandlung insoweit auf einem
sachlichen Grund, nämlich dem weiterhin bestehen bleibenden Ausschluss vom Wohngeldbezug beruht (vgl. Eicher in
Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 40 Rn. 29 ff)
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Beklagte hat dem Kläger lediglich 1/3 der Kosten des Klägers
zu erstatten. Das Gericht hält es nicht für angemessen, der Be-klagten, die in dem Rechtsstreit, soweit er nach der
Teilaufhebung der streitbefangenen Bescheide fortgeführt wurde, voll obsiegt hat, weitere Kostentragungspflichten
aufzuerle-gen, auch wenn das Anerkenntnis in Höhe von 1/3 das Verhältnis zwischen der von der Beklagten
aufgehobenen Erstattungsforderung und der bestehen gebliebenen Erstattungs-forderung nicht mathematisch genau
abbildet. Ebenso hat die Kammer berücksichtigt, dass die Beklagte bereits 1/10 der Kosten des
Widerspruchsverfahrens des Klägers erstattet hat.
4. Die Zulassung der Sprungrevision beruht auf § 161 SGG. Die Rechtssache hat grund-sätzliche Bedeutung, weil –
soweit für das Gericht ersichtlich – die rechtliche Behandlung von Ansparabschreibungen nach dem 1.10.2005
höchstrichterlich nicht geklärt ist. Dabei wird die grundsätzliche Bedeutung nicht dadurch in Frage gestellt, dass es
sich bei der ab dem 1.10.2005 gültigen AlG II-V teilweise um nicht mehr geltendes Recht handelt. Beim Sozialgericht
Dresden sind weitere Fälle anhängig, die die gleiche Rechtsfrage zum Ge-genstand haben und die maßgeblichen
Vorschriften des § 2a Alg II-V sind im wesentlichen unverändert, auch wenn sich die steuerliche Rechtslage bei den
nunmehr als Investitions-abzugsbeträgen bezeichneten Ansparabschreibungen leicht geändert hat.