Urteil des SozG Dresden vom 18.05.2010

SozG Dresden: versorgung, ambulante behandlung, aufschiebende wirkung, innere medizin, vollziehung, öffentliches interesse, onkologie, leistungserbringer, berufsfreiheit, konkurrenz

Sozialgericht Dresden
Beschluss vom 18.05.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 18 KA 10/10 ER
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 25.05.2009, Az. S 18 KA 86/09, gegen den Bescheid
des Antragsgegners vom 28.04.2009, Az. 34-5441.10-302/21 (bekanntgegeben unter dem Az. 34-5441.10-302/17),
wird wiederhergestellt. Soweit die Beigeladene zu 1 bereits die ambulante Behandlung von Patienten auf Grundlage
des Bescheides vom 28.04.2009 aufgenommen und den Behandlungsbeginn dokumentiert hat, bleibt der Bescheid
vom 28.04.2009 hinsichtlich dieser Patienten weiterhin vollziehbar. II. Die Kosten des Verfahrens tragen der
Antragsgegner und die Beigeladene zu 1 jeweils zur Hälfte. III. Der Streitwert wird auf 55.031,40 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des
Antragsgegners zur Bestimmung des zu 1 beigeladenen Klinikums zur ambulanten Diagnostik und Versorgung
gesetzlich versicherter Patienten mit onkologischen Erkrankungen.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine von den Ärzten Dr. med. T. E. und M. W. gebildete Gesellschaft
Bürgerlichen Rechts, die unter der Bezeichnung "MVZ M." ein Medizinisches Versorgungszentrum mit Sitz in S.
betreibt. Die Antragstellerin nimmt auf Grund von Beschlüssen des Zulassungsausschusses Ärzte L. vom 05.06.2007
seit dem 01.07.2007 an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Die Antragstellerin nimmt auf der Grundlage einer in das Medizinische Versorgungszentrum eingebrachten
Sonderbedarfszulassung des Mitgesellschafters Dr. E. an der fachärztlichen Versorgung teil. Die
Sonderbedarfszulassung wurde Dr. E. zur Betreuung onkologischer Patienten einschließlich der Durchführung von
Chemotherapien erteilt und berechtigt, Leistungen aus dem Leistungsspektrum des Einheitlichen
Bewertungsmaßstabes für Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie
vertragsärztlich zu erbringen und abzurechnen. Dr. E. ist Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie
und Onkologie und onkologisch verantwortlicher Arzt nach der Vereinbarung über die qualifizierte ambulante
Versorgung krebskranker Patienten - Onkologie-Vereinbarung - (Anlage 7 zu den Bundesmantelverträgen) sowie der
Onkologie-Vereinbarung gemäß § 73a SGB V zwischen der Beigeladenen zu 2 und der AOK Plus sowie den
Landesverbänden der übrigen Primär- und der Ersatzkassen.
Darüber hinaus nimmt die Antragstellerin mit der angestellten Ärztin Dr. med. I. (geb. K.) an der hausärztlichen
Versorgung teil. Der Mitgesellschafter M. W. ist nicht im Rahmen des Medizinischen Versorgungszentrums, sondern
als Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie in einer Gemeinschaftspraxis in L. tätig.
Die Beigeladene zu 1 betreibt in L. ein Krankenhaus der Schwerpunktversorgung nach dem Krankenhausplan des
Freistaates Sachsen und fungiert als Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität L.
Mit Bescheid vom 28.04.2009, Az. 34-5441.10-302/21 (bekanntgegeben unter dem Az. 34-5441.10-302/17),
bestimmte der Antragsgegner die Beigeladene zu 1. gemäß § 116b Abs. 2 SGB V ab dem 01.05.2009 zur ambulanten
Diagnostik und Versorgung von Patienten mit gastrointestinalen Tumoren und Tumoren der Bauchhöhle, urologischen
Tumoren sowie Tumoren des lymphatischen und blutbildenden Gewebes und schweren Erkrankungen der Blutbildung,
darüber hinaus ab dem 01.05.2009 befristet bis zum 30.04.2011 zur ambulanten Diagnostik und Versorgung von
Patientinnen und Patienten mit Knochen- und Weichteil-Tumoren, wobei diese Bestimmungen auch die Diagnostik und
Therapie näher bezeichneter anderer primärer und sekundärer bösartiger Neubildungen erfassen.
Zur Begründung wird ausgeführt, die Beigeladene zu 1. sei in den Krankenhausplan des Freistaats Sachsen
aufgenommen und damit gemäß § 108 Nr. 2 SGB V zur Krankenhausbehandlung zugelassen. Es lägen keine
Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beigeladene zu 1. für die Behandlungen nicht geeignet sei. Die Anforderungen nach
Anlage 3 Nr. 1 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ambulante Behandlung im Krankenhaus
nach § 116b SGB V seien erfüllt.
Die vertragsärztliche Versorgung sei berücksichtigt worden. Die Kassenärztliche Vereinigung habe sich gegen die
Bestimmung der Beigeladenen zu 1. ausgesprochen, weil in L. bereits ein dichtes Netz an onkologischen
Schwerpunktpraxen bestehe. Da nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers keine Bedarfsprüfung erfolge
(Deutscher Bundestag, Drucksache 16/3100 zu § 116b SGB V), stelle dieser Einwand keinen Ausschlussgrund dar.
Mit ihrem am 25.05.2009 beim Sozialgericht Dresden im Verfahren Az. S 18 KA 73/09 eingegangenen
Klageerweiterungsantrag hat die Antragstellerin diesen Bescheid angefochten. Das Sozialgericht hat diesen Antrag
durch Beschluss vom 05.06.2009 vom Verfahren Az. S 18 KA 73/09 abgetrennt und, unter gleichzeitiger Verbindung
mit den gegen denselben Bescheid gerichteten und von den ursprünglichen Verfahren abgetrennten
Klageerweiterungsanträgen der Beigeladenen zu 9 und zu 10 aus deren Klageverfahren Az. S 18 KA 75/09 und Az. S
18 KA 76/09, als selbständiges Klageverfahren unter dem Az. S 18 KA 86/09 fortgeführt.
Auf den am 29.04.2009 beim Antragsgegner unter Hinweis auf das öffentliche Interesse an der Patientenversorgung
eingereichten Antrag der Beigeladenen zu 1. vom 28.04.2009 ordnete der Antragsgegner am 05.05.2009, Az. 34-
5441.10-302/21, die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 28.04.2009 an. Die sofortige Vollziehung des
Bescheides vom 28.04.2009 liege im öffentlichen Interesse und im überwiegenden Interesse der Beigeladenen zu 1.
Die Klagen der Vertragsärzte seien mangels Klagebefugnis bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Dem
Antrag der Beigeladenen zu 1. sei zu entsprechen. Eine Anhörung der Beteiligten sei nicht erforderlich gewesen, denn
bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Die Entscheidung
gründe sich auf eine Folgenabwägung. Die von den niedergelassenen Ärzten erhobenen Klagen seien unzulässig,
jedenfalls unbegründet. Die niedergelassenen Ärzte seien nicht klagebefugt. Auf eine Bedarfsprüfung und -planung
habe der Gesetzgeber bewusst verzichtet, was verdeutliche, dass § 116b Abs. 2 SGB V keine drittschützende
Wirkung habe.
Die Klage sei auch unbegründet. Der Antragsgegner sei nicht an die ablehnende Stellungnahme der Beigeladenen zu
2. gebunden gewesen. Wie der Begriff der "Berücksichtigung" der vertragsärztlichen Versorgung auszufüllen sei,
lasse sich aus der gesetzgeberischen Vorstellung ableiten. "Berücksichtigen" bedeute im Gegensatz zu "beachten",
dass Gesichtspunkte in Betracht gezogen werden müssten und eine sachliche Abwägung stattzufinden habe, aber
nach pflichtgemäßer Abwägung davon abgewichen werden könne. Die Krankenhausplanungsbehörde sei deshalb nicht
daran gebunden, wie sich die Situation im vertragsärztlichen Bereich auf Grund der Bedarfsplanung darstellt, zumal
die Entscheidung nach § 116b Abs. 2 SGB V nicht die Fachgebiete nach der Weiterbildungsordnung aufgreife,
sondern es um hochspezialisierte Leistungen sowie um die Behandlung seltener Erkrankungen und von Erkrankungen
mit besonderen Krankheitsverläufen gehe. Der Gesetzgeber habe durch die Öffnung der Sektorengrenzen gerade
einen Wettbewerb zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern eröffnen wollen, was nur zum Tragen komme, wenn
bestimmte Leistungen im vertragsärztlichen Versorgungsbereich bereits in ausreichendem Maße vorhanden sind. Bei
der Interessenabwägung sei das im öffentlichen Interesse liegende Ziel des Gesetzgebers verfolgt worden, Routine
und Erfahrung in die Behandlung einzubringen und Kompetenzen zu bündeln.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit würde aber auch bei einem etwaigen Erfolg der Klage eines
Vertragsarztes keine irreparablen Folgen bewirken. Die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG schütze nicht vor
der Zulassung neuer Konkurrenten und vermittle kein Recht auf Erhaltung eines bestimmten Geschäftsumfanges und
auf Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten. Ohnehin könnten Vertragsärzte nicht darauf vertrauen, immer dieselben
Einnahmen zu erzielen. Schon deshalb sei nicht nachvollziehbar, wieso die mit der Klage vorgetragene
Existenzbedrohung gerade aus der Bestimmung der Beigeladenen zu 1. zur ambulanten Versorgung resultieren solle.
Mit dem am 22.01.2010 vollständig beim Sozialgericht Dresden eingegangen Antrag vom 20.01.2010 begehrt die
Antragstellerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.
Sie sei im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG klagebefugt. Eine drittschützende Wirkung des § 116b Abs. 2 SGB V
sei nicht offensichtlich ausgeschlossen. Der ein reales Konkurrenzverhältnis begründende Schwellenwert von 5 %
Patienten aus dem Einzugsbereich der Vertragsarztpraxis, die mit den gleichen Leistungen behandelt werden, wie sie
die Beigeladene zu 1 erbringt, sei überschritten.
Ein die Klagebefugnis der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren begründender Drittschutz ergebe sich bereits
einfach-rechtlich daraus, dass der Gesetzgeber die Bestimmung eines zugelassenen Krankenhauses in § 116b Abs. 2
Satz 1 SGB V ausdrücklich nur unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation zugelassen habe.
Wegen der Schaffung eines "Parallelmarktes" für ambulante Leistungen der Krankenhäuser zu bevorzugten
Bedingungen sei eine grundrechtskonforme Auslegung des § 116b Abs. 2 SGB V geboten. Drittschutz könne sich
nicht nur aus einfach-gesetzlichen Normen ergeben, sondern auch aus dem Wertgehalt der Grundrechte abgeleitet
werden. Der Gesetzesbegründung, wonach eine Bedarfsprüfung nicht zu erfolgen habe, komme nur eine geringe
Bedeutung zu. Insoweit sei schon unklar, ob die Aussage nicht lediglich einen redaktionellen Fehler darstelle, weil die
Berücksichtigungsklausel erst nachträglich in den Gesetzesentwurf aufgenommen worden sei. § 116b Abs. 2 SGB V
sei unter Würdigung von Sinn und Zweck der Regelung, mit Rücksicht auf die Wettbewerbsbedingungen im staatlich
regulierten Gesundheitsmarkt sowie im Lichte der Grundrechte aus Artikel 12 Abs. 1 und Artikel 19 Abs. 4 GG
drittschützend auszulegen. Aus der Norm folge ein Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen der bereits
niedergelassenen Vertragsärzte, die in demselben räumlichen Bereich bereits eine Position am Markt der
Leistungserbringer innehaben. Eine Beeinträchtigung der Berufsfreiheit der niedergelassenen Ärzte drohe auf Grund
eines in der Bestimmung des Krankenhauses liegenden Eingriffs in den staatlich regulierten Markt der Vertragsärzte.
Dieser wirke sich in wettbewerbsverzerrender Weise aus, denn die Wettbewerbsbedingungen begünstigten die
Krankenhäuser im Vergleich mit den Vertragsärzten durch den Verzicht auf bedarfsplanerische Beschränkungen und
auf Honorarbudgetierungen. Krankenhäuser müssten keine Investitionen für den Praxiserwerb aufbringen, sondern
nähmen statt dessen die Krankenhauseinrichtung in Anspruch, die aus Mitteln der öffentlichen Investitionsförderung
mitfinanziert werde.
Für eine am Versorgungsbedarf orientierte Auslegung der Regelung spreche schon, dass der Gesetzgeber in § 116b
Abs. 4 SGB V die Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Leistungserbringung von der medizinischen
Notwendigkeit der Leistungserbringung im Krankenhaus im Vergleich zur Erbringung in der Vertragsarztpraxis
abhängig mache.
Der Antragsgegner habe die vertragsärztliche Versorgungssituation auf Grund seiner unzutreffenden Auffassung nicht
berücksichtigt und vertragsärztliche Belange nicht abgewogen.
Die Bestimmung der Beigeladenen zu 1. zur ambulanten Versorgung bedrohe die berufliche und wirtschaftliche
Existenz der Antragstellerin.
Das Medizinische Versorgungszentrum der Antragstellerin befinde sich noch im Aufbau und verfüge noch über freie
Behandlungskapazitäten auf dem Gebiet der Onkologie. Auf Grund der von Dr. E. in das Medizinische
Versorgungszentrum eingebrachten Sonderbedarfszulassung für Leistungen auf dem Gebiet der Hämatologie und
internistischen Onkologie bestehe keine Möglichkeit, diese Stelle anders auszufüllen.
In den Aufbau des Medizinischen Versorgungszentrums hätten die Gesellschafter der Antragstellerin ca. 160.000,00
EUR investiert, die Kredite beliefen sich derzeit auf ca. 156.000,00 EUR. Es würden zwölf Infusionsplätze und
onkologisch qualifiziertes Fachpersonal vorgehalten. Neben den laufenden Praxiskosten für Miete, Personal u.s.w.
habe die Antragstellerin die laufenden Fortbildungen für die Ärzte und das Fachpersonal zu finanzieren, die nach der
Onkologie-Vereinbarung vorzuweisen seien.
Der Anteil onkologischer Leistungen mache 100 % des fachinternistischen Umsatzes der Antragstellerin und rund 65
% des vertragsärztlichen Umsatzes aus (ca. 70.000,00 EUR pro Quartal). Bereits bei Wegfall der Chemotherapie-
Patienten drohe der Wegbruch von mehr als 50 % der Einnahmen aus der vertragsärztlichen Versorgung bei
unverändert laufenden Kosten. Die Antragstellerin erhalte fast alle onkologischen Behandlungsfälle zur weiteren
Betreuung, insbesondere zur ambulanten Chemotherapie und zur Nachsorge, aus dem Krankenhaus. Die Überweisung
sowohl zur stationären Behandlung als auch zur weiteren ambulanten Behandlung erfolge typischerweise durch
Hausärzte oder Fachärzte, nicht aber durch Onkologen. Letztere hätten auf das Überweisungsverhalten keinen
Einfluss.
Die Antragstellerin und die Beigeladene zu 1 erbrächten in demselben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen.
Das Medizinische Versorgungszentrum der Antragstellerin sei nur ca. 14 km vom Krankenhaus der Beigeladenen zu 1
entfernt. Der Einzugsbereich der Antragstellerin (L.-Nord, L.-West, L.-Mitte, Landkreis N. mit S., T. und D.)
überschneide sich vollständig mit dem der Beigeladenen zu 1. Der Großteil der Patienten der Antragstellerin komme
aus L. (Übersicht Ast. 45, Bl. 440 ff. der Akte des Antragsverfahrens: 526 von 871). Der Einzugsbereich der
Beigeladenen zu 1, als Krankenhaus der Schwerpunktversorgung, gehe über den der Antragstellerin hinaus. 67 %
ihrer Patienten stammten aus L., 17 % aus L.-Land.
Die Krankenhäuser hätten einen exzellenten Erstzugriff auf onkologische Patienten, der auch durch
Überweisungserfordernisse nicht wirksam eingeschränkt sei, so dass der Patient aus dem Behandlungskreislauf des
Krankenhauses nicht mehr herauskomme.
Von den 2009 im Medizinischen Versorgungszentrum der Antragstellerin betreuten Chemotherapie-Patienten seien ca.
40 % (63 von 160) entweder vor der Behandlungsübernahme durch die Antragstellerin (36 % bzw. 58 von 160) oder
intermittierend (3 % bzw. 5 von 160) von der Beigeladenen zu 1 behandelt worden (Übersicht Ast. 55, Bl. 559 f. der
Akte des Antragsverfahrens).
Die freie Arztwahl habe in diesem Bereich praktisch keine Relevanz. Werde der Patient nicht schon zur Abklärung
eines Verdachts in das Krankenhaus eingewiesen, erfolge spätestens, wenn sich im Rahmen der ambulanten
Diagnostik der Verdacht einer onkologischen Erkrankung bestätigt, die Krankenhauseinweisung zur Operation bzw.
zur weiteren Abklärung. Erst anschließend werde im Krankenhaus im Rahmen eines interdisziplinären Tumorboards
unter Einbeziehung eines niedergelassenen Onkologen über das anschließende Behandlungskonzept beraten. Sei ein
ambulantes Behandlungskonzept festgelegt, erfolge die ambulante Weiterbehandlung in der vertragsärztlichen
Versorgung. Sei jedoch das Krankenhaus nach § 116b Abs. 2 zur ambulanten Behandlung bestimmt, habe das
Krankenhaus kein Interesse an der Teilnahme eines vertragsärztlich tätigen Onkologen am Tumorboard und werde der
Patient die Weiterbehandlung im Krankenhaus vornehmen lassen. Erfahrungsgemäß wüssten die Patienten schon
nicht, dass sie sich bei einem niedergelassenen Onkologen chemotherapeutisch weiterbehandeln lassen können. Die
Krankenhäuser hätten kein Interesse, die Patienten hierüber aufzuklären, sondern seien an einer ambulanten
Weiterbehandlung im Krankenhaus interessiert, um hieraus Einnahmen generieren zu können.
Die Bestimmung der Beigeladenen zu 1. zur ambulanten Versorgung führe zu einer Wettbewerbsverzerrung. Die
ambulanten Leistungen der Krankenhäuser seien nicht budgetiert. Es gebe keine Leistungsbegrenzung wie für
Vertragsärzte. Die Bestimmung erfolge ohne zeitliche Befristung. Die Krankenhäuser müssten, anders als die
Vertragsärzte, auch keine Investitionen für den Erwerb der Praxis aufbringen. Hinzu komme, dass die im
Krankenhaus erbrachten Leistungen mit Geräten und Einrichtungen erbracht würden, die den Vorteil einer öffentlichen
Investitionsförderung mit sich brächten. Insoweit bestehe die Gefahr beihilferechtswidriger Quersubventionierungen.
Die Beigeladene zu 1 könne die von ihr behaupteten Investitionen (Räumlichkeiten, Gerätschaften, Mobiliar, Personal)
nicht aus den Einnahmen der Ambulanz getätigt haben.
Eingeschränkte Überweisungserfordernisse sicherten den Erstzugriff auf die Patienten ab. Ein
Überweisungserfordernis bestehe nach Anlage 3 Nr. 1 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die
ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V nur für die vertragsärztliche Erstzuweisung, im
Ausnahmefall reiche im stationären Bereich eine konsiliarische oder hausinterne Überweisung aus. Erst drei Jahre
nach der Erstzuweisung sei eine erneute Überweisung durch einen Vertragsarzt notwendig. Da Rezidive in etwa 80 %
aller Fälle innerhalb von drei Jahren auftreten würden, bedürfe das Krankenhaus nicht einmal für die Behandlung der
Rezidivpatienten einer erneuten Zuweisung. Damit bleibe für niedergelassene Onkologen kein Behandlungsfall mehr
übrig.
Die Bestimmung der Beigeladenen zu 1 bedrohe nicht nur die berufliche und wirtschaftliche Existenz der
Antragstellerin. Dass die Leistungserbringung der Krankenhäuser nach § 116b SGB V, anders als die der
Vertragsärzte, nicht budgetiert werde und eine unbegrenzte Leistungsausweitung erlaube, lasse die Sicherstellung der
finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung als wichtigen Gemeinwohlbelang unberücksichtigt, obwohl
es sich dabei um eine wichtige Gemeinwohlaufgabe handele, der sich der Gesetzgeber nicht entziehen dürfe.
Im Umkreis der Beigeladenen zu 1 seien insgesamt 20 Fachärzte für Innere Medizin und 31 Fachärzte für Urologie
vertragsärztlich als onkologisch verantwortliche Ärzte tätig. Die onkologische Versorgung von Patienten mit
internistischen und urologischen Tumoren sei flächendeckend wohnortnah sichergestellt.
Nach den Feststellungen der Beigeladenen zu 2 bestehe jedoch keine Notwendigkeit einer ambulanten Diagnostik und
Therapie im Krankenhaus der Beigeladenen zu 1. Die onkologische Versorgung sei durch die niedergelassenen
Vertragsärzte in qualifizierter Weise sichergestellt. Lasse sich ein besonderer Versorgungsbedarf mit den
Katalogleistungen nicht begründen, weil die onkologische Versorgung bereits in qualifizierter Form vertragsärztlich
sichergestellt ist, habe die Bestimmung zu unterbleiben. Es sei nicht die Absicht gewesen, die vertragsärztliche
onkologische Versorgung zu zerstören, sondern lediglich, diese zu ergänzen. Nur um Defizite im ambulanten Bereich
auszugleichen, komme deshalb eine Bestimmung nach § 116b Abs. 2 SGB V in Betracht.
Bei den nur von der Beigeladenen zu 1, nicht aber von den niedergelassenen Ärzten, angebotenen
Behandlungsmethoden SIRT (selektive intraarterielle Radiotherapie) HIPEC (hypertherme intraperitoneale
Chemoperfusion) sei schon zweifelhaft, ob diese gemäß § 116b Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 in Verbindung mit § 135 SGB
V vom ambulanten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst seien; wegen der Komplexität
und Überwachungsbedürftigkeit würden diese Leistungen üblicherweise voll- oder teilstationär erbracht.
Der Antragsgegner habe bei seiner Entscheidung die vertragsärztliche Versorgungssituation entgegen § 116b Abs. 2
Satz 1 SGB V nicht berücksichtigt. Er habe sich im Bescheid vom 28.04.2009 nicht damit auseinandergesetzt, dass
eine flächendeckende qualifizierte und fachübergreifende onkologische Versorgung bestehe und die Existenz der
niedergelassenen Onkologen auf Grund der unfairen Konkurrenz bedroht sei. Eine Abwägung sei nicht ansatzweise
erkennbar. Auf Seiten des Antragsgegners liege damit offensichtlich ein Ermessensausfall, jedenfalls aber ein
Ermessensfehlgebrauch vor. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass der Krankenhausplanungsausschuss,
dessen Votum der Antragsgegner gefolgt sei, nur mit einem Vertreter der Vertragsärzte, aber mit drei Vertretern der
Krankenhausgesellschaft Sachsen besetzt sei.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei zur Abwendung eines schweren, voraussichtlich nicht wieder
gutzumachenden Nachteils für die Antragstellerin dringend geboten. Habe sie erst einmal Patienten an die
Beigeladene zu 1 verloren, sei nicht anzunehmen, dass sie diese zurückgewinnen könne.
Würden der Antragstellerin allein die ca. 40 % ihrer Chemotherapie-Patienten wegbrechen, welche im Verlauf der
Behandlung auch im Krankenhaus der Beigeladenen zu 1 betreut werden (Übersicht Ast. 55, Bl. 559 f. der Akte des
Antragsverfahrens), so entspräche dies bei einem durchschnittlichen vertragsärztlichen Honorar von 509,55 EUR je
Chemotherapie-Patient (Übersicht Ast. 36, Bl. 398 f. der Akte des Antragsverfahrens) und 27 (40 %) von insgesamt
67 Chemotherapie-Patienten pro Quartal einem Honorarverlust aus vertragsärztlicher Tätigkeit von 13.757,85 EUR im
Quartal bzw. 55.031,40 EUR im Jahr. Bei gleichbleibenden Kosten von jährlich 209.183,82 EUR würde sich infolge
des Rückganges der Einnahmen von jährlich 268.453,12 EUR auf 213.403,72 [richtig: 213.421,72] EUR der Gewinn
von 59.251,30 [richtig: 59.269,30] EUR auf nur noch 4.219,90 [richtig: 4.237,90] EUR reduzieren. Ziehe man hiervon
die gebundene Gewinnverwendung ab (u.a. die Tilgung von Darlehensverbindlichkeiten durch Dr. E. in Höhe von
10.181,83 EUR sowie notwendige Vorsorgeaufwendungen), liege die Existenzbedrohung auf der Hand (Kosten- und
Gewinnverwendungsübersichten Ast. 37, Bl. 400 ff., und Ast. 57, Bl. 576 der Akte des Antragsverfahrens).
Änderungen des Zuweiserverhaltens sowie Verschiebungen bei den nicht chemotherapeutisch behandelten Patienten
seien in dieser Prognose noch nicht einmal berücksichtigt. Auch von diesen Patienten würden zwei Drittel vor oder
während der Behandlung durch die Antragstellerin stationär behandelt.
Auf Grund der fehlenden Leistungsmengenbegrenzungen gehe die Eingriffintensität über die im Falle einer
Einzelermächtigung nach § 116 SGB V hinaus. Die Ausweitung der Fallzahlen könne faktisch beliebig erfolgen.
Die Beigeladene zu 1 könne eine Gefährdung der Antragstellerin nicht unter Hinweis darauf in Abrede stellen, dass sie
auf Grund der streitgegenständlichen Bestimmung bislang im Wesentlichen nur Leistungen der Großgerätediagnostik
ambulant erbracht habe. Denn sie habe ihren Antrag auf Bestimmung zur ambulanten Behandlung gerade nicht auf die
Leistungen der Großgerätediagnostik beschränkt, sondern eine Bestimmung zur ambulanten Leistungserbringung für
das komplette onkologische Spektrum (einschließlich der medikamentösen Tumortherapie und der leitliniengerechten
medikamentösen Langzeittherapie) erteilen lassen, das auch onkologische Schwerpunktpraxen erbringen.
Insoweit sei es der Antragstellerin nicht zuzumuten, sich bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage der Willkür
der Beigeladenen zu 1 auszusetzen, einseitig darüber zu entscheiden, ob und ggf. wann diese von der ihr erteilten
Bestimmung in vollem Umfang Gebrauch macht oder nicht.
Die Antragstellerin werde bereits durch das drohende Abwandern der Patienten mit laufender Chemotherapie bedroht.
Das Aus im Hinblick auf die Onkologie drohe zudem, wenn sie die Mindestmengen nach der Onkologie-Vereinbarung
nicht mehr erfüllen kann.
Über die individuelle Existenz der Antragstellerin hinaus sei das funktionierende System der wohnortnahen
vertragsärztlichen onkologischen Versorgung von Patienten mit onkologischen Erkrankungen bedroht.
Ergehe die einstweilige Anordnung, drohten hingegen keine Nachteile bei der Patientenversorgung. Es bleibe lediglich
der status quo erhalten. Die Abstimmung der ambulanten Weiterbehandlung nach der Krankenhausentlassung erfolge
weiterhin durch das Tumorboard. Bei der Weiterbehandlung durch den vertragsärztlichen Onkologen bleibe dem
Patienten der Facharztstandard garantiert. Die ambulante onkologische Versorgung sei vertragsärztlich sichergestellt.
Der Nachteil für die Beigeladene bestehe allein darin, dass sie erst zu einem späteren Zeitpunkt mit der ambulanten
Diagnostik und Therapie von Patienten mit onkologischen Erkrankungen beginnen und ihre Gewinnchance nutzen
könne. Auf Grundrechte könne sich die Beigeladene, da in kommunaler Trägerschaft, nicht berufen. Da sie bisher
ohne diese zusätzliche Gewinnchance habe bestehen können, drohe ihr auch kein Existenzverlust. Die teilstationäre
Behandlung bleibe unberührt.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 25.05.2009 vor dem Sozialgericht Dresden, Az. S 18 KA 86/09, gegen
den Bescheid des Antragsgegners vom 28.04.2009, Az. 34-5441.10-302/21 (bekanntgegeben unter dem Az. 34-
5441.10-302/17), wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zu prüfen sei zunächst, ob der erst ein halbes Jahr nach Anordnung der sofortigen Vollziehung gestellte Antrag nicht
verwirkt sei.
Der Antragstellerin fehle die Antrags- und im Hauptsacheverfahren die Klagebefugnis.
Die Antragstellerin stelle die vertragsärztliche Versorgung im Einzugsbereich der Beigeladenen zu 1 nicht sicher, sie
gehöre, da im Bedarfsplanungsbereich D. ansässig, nicht einmal dem Bedarfsplanungsbereich L.-Stadt an, in dem die
Beigeladene zu 1 ihre Ambulanz betreibt. Ein niedergelassener Arzt sei nicht befugt, gegen die Niederlassung eines
Konkurrenten in einem benachbarten Bedarfsplanungsbereich vorzugehen.
§ 116b Abs. 2 SGB V räume den Vertragsärzten kein Individualrecht ein. Der Vortrag der Antragstellerin gehe nicht
über das Anliegen hinaus, Konkurrenz zu verhindern und Mitwettbewerber abzuwehren, die ihren wirtschaftlichen und
finanziellen Erfolg gefährden könnten. Die Sicherung wirtschaftlich ungefährdeter Tätigkeit sei von Artikel 12 Abs. 1
GG nicht geschützt. Sei schon der Schutzbereich des Grundrechts nicht eröffnet, könne § 116b Abs. 2 SGB V auch
nicht in dessen Licht ausgelegt werden. Der Gesetzgeber habe auf jegliche Bedarfsprüfung und -planung bei der
Bestimmung eines Krankenhauses nach § 116b Abs. 2 SGB V verzichtet (Verweis auf die Gesetzesbegründung,
Deutscher Bundestag, Drucksache 16/3100, Seite 139). Damit werde deutlich, dass § 116b Abs. 2 SGB V keine
drittschützende Wirkung im Sinne der potentiell konkurrierenden Vertragsärzte entfalte.
Bei der Bestimmung des Krankenhauses handele es sich gerade nicht um eine Entscheidung, die im Zusammenhang
mit staatlicher Planung und der Verteilung staatlicher Mittel stehe. Die Übertragung der Bestimmung nach § 116b Abs.
2 SGB V auf die Krankenhausplanungsbehörde trage dem Umstand Rechnung, dass von der bis zum 01.04.2007
geltenden Vertragsregelung kein Gebrauch gemacht worden sei, und habe keine Auswirkung auf die
Krankenhausplanung und den Krankenhausplan. Die Aufgabe der Krankenhausplanungsbehörde beschränke sich im
Wesentlichen auf die Prüfung der Eignung des Krankenhauses für die Erbringung der in § 116b Abs. 3 SGB V
genannten Katalogleistungen. Die Vergütung der ambulant tätigen Krankenhäuser gehe nicht zu Lasten der
Gesamtvergütung, es gehe also nicht um die Verteilung staatlicher Mittel.
Eine Betroffenheit der Antragstellerin in eigenen Rechten lasse sich auch nicht aus einer drohenden
Wettbewerbsverzerrung ableiten. Die wettbewerbsrechtliche Argumentation treffe nicht zu. Förderungsfähig seien
ausschließlich Erstinvestitionen für den im Krankenhausplan ausgewiesenen Versorgungsauftrag. Die ambulante
Behandlung nach § 116b Abs. 2 SGB V gehöre aber nicht zum Versorgungsauftrag des Krankenhauses. Die
medikamentöse Tumortherapie erfordere weder einen großen apparativen noch einen großen bautechnischen
Aufwand.
Dem Gesetzgeber sei es nicht in erster Linie um ein Aufbrechen des ambulanten Versorgungsmonopols der
niedergelassenen Fachärzte gegangen, sondern darum, den Patienten durch Öffnung der Sektorengrenzen und
Wettbewerb zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern Behandlungsalternativen anzubieten. Diese könnten sich
entweder für die wohnortnahe ambulante Versorgung oder für die Versorgung "aus einer Hand" am Standort des
Krankenhauses entscheiden.
Das Überweisungserfordernis schließe aus, dass die Öffnung der Krankenhäuser zu grenzenlosen
Behandlungsmöglichkeiten für stationäre Einrichtungen führe.
Auf die Anforderungen der Onkologie-Vereinbarung zwischen der AOK Plus und der Beigeladenen zu 2 komme es bei
der Beurteilung der Eignung der Beigeladenen zu 1 nicht an. Diese Verträge seien für den vertragsärztlichen Bereich
geschlossen worden. Weder die zuständige Krankenhausplanungsbehörde noch die Krankenhäuser seien
Vertragspartner der Vereinbarungen.
Die Einwände der Beigeladenen zu 2 gegen eine Bestimmung der Beigeladenen zu 1 sei im
Krankenhausplanungsausschuss ausführlich erörtert worden, der sich im Ergebnis der Diskussion mit 8: 1 Stimme bei
4 Enthaltungen mehrheitlich für die Bestimmung ausgesprochen habe.
An die ablehnende Stellungnahme der Beigeladenen zu 2 sei der Antragsgegner nicht gebunden gewesen. Zutreffend
sei, dass der Gesetzgeber nicht näher vorgegeben habe, wie die nach § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V vorgegebene
Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation erfolgen solle. Die Verwendung des Verbs "beachten"
bringe eine höhere Intensität der Gesetzesbindung zum Ausdruck als der Bedeutungsgehalt des Verbs
"berücksichtigen". Für Letzteres sei ausreichend, dass gegen die Bestimmung sprechende Gesichtspunkte in
Betracht gezogen werden und eine sachliche Auseinandersetzung erfolge; nach pflichtgemäßer Abwägung dürfe aber
davon abgewichen werden. Eine Bindung daran, wie sich die Situation im vertragsärztlichen Bereich darstelle, bestehe
deshalb nicht. Mit der Überwindung der sektoralen Grenzen habe der Gesetzgeber den Wettbewerb eröffnen wollen,
der aber nur zum Tragen kommen könne, wenn Krankenhäuser auch bei einem im vertragsärztlichen Bereich
gedeckten Bedarf zur Leistungserbringung zugelassen würden. Fazit der Stellungnahmen der Beigeladenen zu 2 sei
gewesen, dass die Bestimmung der Beigeladenen zu 1 nicht erforderlich sei. Dieses Argument habe aus den
dargelegten Gründen keine Berücksichtigung finden können. Die Bestimmung sei dem überwiegenden öffentlichen
Interesse geschuldet gewesen, den vom Gesetzgeber gewollten Wettbewerb zu schaffen, um krebskranken
Menschen Behandlungsalternativen zu bieten. Dieses Ergebnis reflektiere die gesetzgeberischen Intentionen und
werde durch das Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Abs. 1 GG gestützt, das zweifellos höher zu bewerten sei als das
rein ökonomische Interesse der Antragstellerin, potentielle Konkurrenten vom Wettbewerb auszuschließen.
Die wirtschaftliche Betroffenheit der Antragstellerin sei zudem überzogen dargestellt. Eine finanzielle Betroffenheit
einzelner Praxen sei bis zur Bekanntgabe der Entscheidung weder schlüssig dargestellt noch mit Zahlen unterlegt
worden. Ein Rückgang der Behandlungszahlen der Antragstellerin in Folge der Bestimmung der Beigeladenen zu 1
würde voraussetzen, dass sämtliche Patienten zuvor stationär bei der Beigeladenen zu 1 behandelt würden. Dem sei
jedoch nicht so. Im unmittelbaren Einzugsbereich der Antragstellerin existiere mit der H. Klinik S. eine weitere
stationäre Einrichtung, in der Dr. E. als verantwortlicher Onkologe an den Besprechungen des Tumorboards
teilnehme.
Die Beigeladene zu 1 beantragt,
die mit Bescheid des Antragsgegners vom 05.05.2009, Az. 34-5441.10-302/21, angeordnete sofortige Vollziehung des
Bescheides vom 28.04.2009, Az. 34-5441.10-302/21 (bekanntgegeben unter dem Az. 34-5441.10-302/17), aufrecht zu
erhalten,
mithin die Ablehnung des Antrags.
Eine Existenzbedrohung sei nicht glaubhaft gemacht. Eine Konkurrenzsituation sei nicht dargetan. Keineswegs
überschnitten sich die Einzugsbereiche der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1, deren Patienten zum Großteil
aus dem Stadtgebiet von L. und aus dem östlichen L.er Umland stammten, während die Antragstellerin westlich von
L. ansässig sei.
Weder die Einnahmesituation der Antragstellerin noch die befürchteten Umsatzeinbrüche seien nachvollziehbar
dargestellt, obwohl die Beigeladene zu 1 bereits seit dem 15.08.2009 auf Grundlage der Bestimmung nach § 116b
Abs. 2 SGB V tätig sei.
Insbesondere hinsichtlich bestimmter hochspezialisierter Behandlungsverfahren (SIRT-Therapie bei inoperablen
Lebermetastasen, HIPEC-Therapie bei Bauchfellkrebs) fehle es auch an einer Überschneidung der
Leistungsangebots.
In den Quartalen II/2009 bis IV/2009 seien im Rahmen der Ambulanz nach § 116b SGB V insgesamt 82 Patienten mit
onkologischen Erkrankungen behandelt und 87 Behandlungsfälle abgerechnet worden, davon 73 Behandlungsfälle mit
Großgerätediagnostik, was 13.986,78 EUR Honoraranteil von 17.783,16 EUR Honorar aus der ambulanten Tätigkeit
nach § 116b SGB V entspreche (Übersicht Anlage B 10, Bl. 509 ff. der Akte des Antragsverfahrens). Gerade die
Großgerätediagnostik könne die Antragstellerin nicht durchführen; sie sei nicht Bestandteil des Leistungsspektrums
nach der Onkologie-Vereinbarung.
Soweit die Antragstellerin geltend mache, die Leistungen der Beigeladenen zu 1 unterlägen keiner Budgetierung, treffe
dies auch auf die im Rahmen der Onkologie-Vereinbarung und die privatärztlich erbrachten Leistungen der
Antragstellerin zu.
§ 116b Abs. 2 SGB V sei bedarfsunabhängig ausgestaltet. Ein Vorrang niedergelassener Ärzte, dem drittschützender
Charakter zukommen könne, sei in die Regelung gerade nicht aufgenommen worden. Der Gesetzesbegründung
komme maßgebliche Bedeutung für die Beurteilung des Drittschutzes zu; es gebe keine Anhaltspunkte für ein
Redaktionsversehen.
Das Ergebnis der Bedarfsabfrage der Beigeladenen zu 2 unter den niedergelassenen Onkologen, die onkologische
Versorgung sei auch ohne die Bestimmung der Beigeladenen zu 1 gesichert, sei nicht ausreichend, das Bestehen
oder Nichtbestehen eines Versorgungsbedarfs festzustellen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.06.2000,
Az. B 6 KA 35/99 R).
Ein Parallelmarkt für ambulante Leistungen werde durch die Bestimmung der Beigeladenen zu 1 nicht eröffnet.
Die Bestimmung der Beigeladenen zu 1 begründe keine Wettbewerbsverzerrung. Die Beigeladene zu 1 genieße im
Rahmen der Tätigkeit nach § 116b Abs. 2 SGB V keine Vorteile aus der öffentlichen Investitionsförderung der
Krankenhäuser (Verweis auf §§ 10, 11 SächsKHG und die diese Normen sowie die Vorgaben des Europäischen
Beihilferechts konkretisierenden Förderrichtlinien).
Der Hinweis auf die Budgetierung der Gesamtvergütung gehe fehl, soweit ein großer Teil der vertragsärztlichen
Leistungen - insbesondere im Rahmen der Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung - außerhalb der budgetierten
Regelleistungsvolumina erbracht und vergütet werde.
Es sei der Antragstellerin zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Die bisherige Tätigkeit
der Beigeladenen zu 1 nach § 116b Abs. 2 SGB V habe nicht zu einem Nachteil für die Antragstellerin geführt.
Umsatzeinbußen seien auch künftig nicht zu erwarten.
Eine beliebige Leistungsausweitung durch die Beigeladene zu 1 sei schon auf Grund des Mangels an qualifiziertem
ärztlichen Fachpersonal nicht zu befürchten.
Die qualifizierte wohnortnahe Versorgung der Patienten der Antragstellerin sei mangels Überschneidung der
Einzugsbereiche nicht gefährdet.
Im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung müssten die bereits auf Grundlage des § 116b Abs. 2
SGB V begonnenen ambulanten Behandlungen abgebrochen werden. Zudem würden die seit der Anordnung des
Sofortvollzugs in die ambulante Leistungserbringung getätigten Investitionen entwertet.
Die Beigeladene zu 2 stellt keinen Antrag, pflichtet aber in der Sache dem Vorbringen der Antragstellerin bei. Wenn
die einstweilige Anordnung ergehe, die Klage jedoch erfolglos bleibe, entstehe für die Patienten kein Nachteil. Die
Beigeladene zu 1 sei auf die Erbringung der streitgegenständlichen Leistungen wirtschaftlich nicht angewiesen,
während sich die Abwanderung von Patienten während eines längeren Rechtsstreits für die Antragstellerin als
existenzgefährdend erweisen könne.
Der Beigeladene zu 8 unterstützt, ohne einen Antrag zu stellen, den Antrag der Antragstellerin. Es bestehe keine
Versorgungsnot, die den sofortigen Vollzug begründen würde. Die sofortige Vollziehung würde vielmehr die berufliche
Existenz der onkologischen Facharztpraxen durch die drohende Abwanderung und Umverteilung der Patienten
gefährden, ohne dass die Qualität der ambulanten Versorgung der Krebspatienten durch die Beigeladene zu 1 in
vergleichbarer Weise wie durch niedergelassene Vertragsärzte gesichert sei. Die Reduzierung der Patientenzahlen bei
den niedergelassenen Ärzten lasse eine allgemeine Abnahme der Betreuungsqualität und die Unterschreitung der
Mindestzahlen für die Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung erwarten.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Akten des Hauptsache- und des
Antragsverfahrens sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Das Gericht entscheidet gemäß Abschnitt B des Geschäftsverteilungsplanes des Sozialgerichts Dresden durch die
für Vertragsarztangelegenheiten zuständige Kammer (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGG). Als Angelegenheiten des
Vertragsarztrechts definiert § 10 Abs. 2 SGG Streitigkeiten auf Grund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und
Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände. Hier macht
die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner Rechte geltend, die sie aus ihrer Position als Teilnehmerin an der
vertragsärztlichen Versorgung und damit aus der Rechtsbeziehung der Antragstellerin zu den Krankenkassen
herleitet, in die der Antragsgegner dem Vortrag der Antragstellerin zufolge mit dem im Hauptsacheverfahren
angefochtenen Bescheid von außen in rechtswidriger Weise eingreife.
Antragstellerin und als solche im Sinne des § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig ist die das Medizinische
Versorgungszentrum tragende Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Auf die konkrete Art und den Umfang der Mitwirkung
der Gesellschafter der Antragstellerin an der vertragsärztlichen Leistungserbringung im Medizinischen
Versorgungszentrum kommt es für die Frage der Beteiligtenfähigkeit ebenso wenig an wie für die Beurteilung der
Antragsbefugnis und der Aktivlegitimation der Antragstellerin.
Dem gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG statthaften und mit Rücksicht auf
Zeitablauf und Umstände auch nicht verwirkten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist im
Wesentlichen zu entsprechen.
Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder
Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise
anordnen. Das Gericht entscheidet über den Antrag in den Fällen, in denen die Klage keine aufschiebende Wirkung
hat, unter Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung auf der einen und des Interesses des
Antragstellers an einer vorläufigen Aussetzung der Vollziehung auf der anderen Seite entsprechend den für die
Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde geltenden Maßstäben des § 86a Abs. 3 Satz 3 SGG. Danach
soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen
Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht
durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Zu beachten ist dabei, dass es sich bei dem an die Beigeladene zu 1 gerichteten Bescheid im Verhältnis zur
Antragstellerin - eine Betroffenheit in eigenen Rechten zunächst unterstellt - um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung
im Sinne des § 86a Abs. 1 Satz 2 SGG handelt. Entscheidungen des Antragsgegners und des Gerichts über die
Anordnung oder Aussetzung der aufschiebenden Wirkung einer von einzelnen Drittbetroffenen gegen den Bescheid
erhobenen Klage ergehen deshalb in einem mehrpoligen Rechtsverhältnis mit Wirkung für und gegen alle von der
gleichen Regelung unmittelbar in eigenen Rechten Betroffenen, unabhängig davon, ob diese den an sie gerichteten
Bescheid wirksam angefochten haben oder nicht. Trifft - was hier zu unterstellen ist - die Argumentation der
Antragstellerin zu, dass § 116b Abs. 2 SGG drittschützende Wirkung zu Gunsten der an der vertragsärztlichen
Versorgung teilnehmenden Ärzte kommt, so unterscheidet sich das vorliegende Verfahren von den in § 86b Abs. 1
SGG in erster Linie geregelten zweipoligen Verfahrenskonstellationen dadurch, dass der Antragsgegner einen
Ausgleich auch zwischen dem öffentlichen Interesse und den Interessen der verfahrensbeteiligten
Privatrechtssubjekte untereinander zu treffen hat. Der gemäß Artikel 19 Abs. 4 GG gebotene Rechtsschutz ist den
von einer solchen Vollzugsanordnung Betroffenen - mangels eines speziellen kassatorischen Rechtsbehelfs
gegenüber rechtswidrigen Sofortvollzugsanordnungen - im Wege einer Wiederherstellungsanordnung des Gerichts
nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Grund einer gestuften Prüfung der Sach- und Rechtslage zu gewähren, die
sowohl der nach dem Gewaltenteilungsprinzip zunächst der Verwaltung zugewiesenen Verantwortung der Behörde
zum Erlass einer Sofortvollzugsanordnung nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG als auch der Kompetenz des Gerichts, nach
dem Erkenntnisstand im Zeitpunkt seiner Entscheidung eine eigene Abwägung ohne Bindung an die behördliche
Entscheidung zu treffen, Rechnung trägt. Die Rechtslage gleicht damit trotz des Fehlens einer Spezialregelung für
derartige mehrpolige Rechtsverhältnisse im Ausgangspunkt den Maßstäben für die gerichtliche Abänderungsbefugnis
nach § 80a Abs. 3 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. dazu: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner-Schoch,
VwGO, Vorb § 80 Rn. 65 f.; Sodan/Ziekow-Puttler, VwGO § 80 Rn. 155, § 80a Rn. 14). Dabei hat das Gericht
zunächst die formelle Rechtmäßigkeit der Vollzugsanordnung der Behörde - namentlich die Begründung der
Sofortvollzugsanordnung - zu prüfen und bei einem Mangel die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Sofern
diese Prüfung keine Fehler der behördlichen Anordnung ergibt, hat das Gericht im Rahmen seiner eigenen
Entscheidung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zusätzlich eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen,
in die die betroffenen Interessen der Adressatin des Verwaltungsaktes und der von der Drittwirkung des
Verwaltungsaktes Betroffenen einschließlich der Antragstellerin sowie das von der Behörde zu wahrende öffentliche
Interesse einzubeziehen sind (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer-Keller, SGG § 86b Rn. 12 f.; Schleswig-Holsteinisches
Landessozialgericht, Beschluss vom 03.08.2006, Az. L 4 B 269/06 KA ER).
Erweist sich dabei schon nach summarischer Prüfung der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich als
rechtswidrig, hat die Klage also im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Erfolg, besteht grundsätzlich weder ein
öffentliches Interesse noch ein überwiegendes Interesse des Begünstigten am Sofortvollzug. Nur ausnahmsweise
kann zur Abwendung von Gefahren für wichtige Rechtsgüter die Sofortvollzugsanordnung aufrecht erhalten bleiben,
wenn die angefochtene Entscheidung nicht schlechthin aufzuheben, sondern eine Verurteilung zur Neubescheidung,
flankiert von einer einstweiligen Anordnung in entsprechender Anwendung des § 131 Abs. 5 Satz 2 SGG geboten ist
(vgl. Sozialgericht Dresden, Beschluss vom 23.01.2006, Az. S 18 KA 691/05 ER). Ist der angefochtene
Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig und die Drittanfechtungsklage deshalb voraussichtlich abzuweisen,
ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs in der Regel nicht gerechtfertigt. Sind die
Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs offen, kommt der Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten
Interessen maßgebliche Bedeutung zu. Dabei ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gerechtfertigt, wenn eine
umfassende Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange zu dem Ergebnis kommt, dass das Interesse an der
aufschiebenden Wirkung überwiegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, wie sich die Beeinträchtigungen der
widerstreitenden Rechtsgüter im Falle des sofortigen Vollzugs einerseits bzw. des Aufschubs der Vollziehung
andererseits gerade im grundrechtsrelevanten Bereich auswirken (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom
24.10.2003, Az. 1 BvR 1594/03).
Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung wieder herzustellen.
Die Vollziehung des Bescheides vom 28.04.2009 ist bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht schon wegen
formeller Mängel der Sofortvollzugsanordnung vom 05.05.2009 aufzuschieben. Die Anordnung der sofortigen
Vollziehung genügt den formellen Anforderungen. Insbesondere hat der Antragsgegner die Anordnung gemäß § 86a
Abs. 2 Nr. 5 SGG begründet. An die Begründung der Sofortvollzugsanordnung sind im Hinblick auf deren Funktion,
Transparenz und Rechtsklarheit zu schaffen und die Behörde zu besonderer Sorgfalt anzuhalten, hohe Anforderungen
zu stellen. Die Begründung muss sämtliche Gesichtspunkte enthalten, welche die Behörde in die Entscheidung
einbezogen hat, und erkennen lassen, warum im konkreten Einzelfall das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt und
dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht.
Diesen formellen Anforderungen wird die Vollzugsanordnung gerecht. Die Begründung der Sofortvollzugsanordnung
wird im Wesentlichen von der Überlegung getragen, dass ein baldiger Vollzug - wenn auch nur in vorläufigem Rahmen
- die Patientenversorgung durch den Beigeladenen zu 1 gewährleiste, während der Antragstellerin keine unzumutbaren
Nachteile drohen. Dieser Begründung lässt sich entnehmen, dass der Antragsgegner die Entscheidung auf eine
Folgenabwägung gegründet hat. Bei der Interessenabwägung habe er als maßgebliches öffentliches Interesse dem
gesetzgeberischen Ziel den Vorrang eingeräumt, durch die Öffnung der Sektorengrenzen einen Wettbewerb zwischen
Vertragsärzten und Krankenhäusern zu eröffnen, so die Möglichkeit zu schaffen, die Routine und Erfahrungen der
Krankenhäuser in die Behandlung gesetzlich Versicherter einzubringen und Kompetenzen zu bündeln, während -
selbst bei einem Erfolg der Klage - keine abwägungsrelevante Beeinträchtigung von Rechten der niedergelassenen
Ärzte drohe, da § 116b Abs. 2 SGB V keinen Drittschutz vermittele, die Berufsausübungsfreiheit der
niedergelassenen Ärzte weder vor Konkurrenz schütze noch die Erhaltung eines bestimmten Geschäftsumfanges
oder die Sicherung von Erwerbsmöglichkeiten garantiere und eine eventuelle Existenzbedrohung jedenfalls nicht aus
der Bestimmung der Beigeladenen zu 1 zur ambulanten Versorgung resultiere. Das lässt erkennen, dass sich der
Antragsgegner sowohl des notwendigen Abwägungsprozesses als auch der Tragweite seiner Anordnung für die
Beteiligten bewusst war. Ob die Begründung des Antragsgegners auch inhaltlich zutrifft und in jeder Hinsicht fehlerfrei
ist, bedarf darüber hinaus keiner weiteren Erörterung, weil das Gericht über diese Fragen eigenständig entscheidet
(Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.11.1991, Az. 9 S 2743/91; Sächsisches
Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.02.1995, Az. 3 S 74/95).
Die vorläufige Vollziehung des Bescheides vom 28.04.2009 ist zu beenden, weil dieser nach summarischer Prüfung
rechtswidrig ist, Rechte der Antragstellerin verletzt und die Anfechtungsklage der Antragstellerin deshalb
voraussichtlich Erfolg haben wird.
Die Klage der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG
klagebefugt. Nach dieser Vorschrift ist die Klage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zulässig, wenn der
Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts
beschwert zu sein. Durch die Zulässigkeitsvoraussetzung der subjektiven Beschwer sollen Popularklagen und solche
Klagen, mit denen der Kläger außerrechtliche Interessen verfolgt, ausgeschlossen werden. Abgesehen davon, dass
sich im Einzelfall häufig Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben, wenn ein Kläger einen Verwaltungsakt anficht, der sich
nicht gegen ihn richtet, schließt § 54 SGG eine Klagebefugnis derartiger Drittbetroffener nicht von vornherein aus. Ein
solcher Dritter muss allerdings geltend machen können, durch den Verwaltungsakt in eigenen Rechten verletzt zu sein
(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 09.01.1991, Az. 1 BvR 207/87). Dies bedeutet, dass nach dem Vortrag
des Klägers eine Verletzung in eigenen Rechten in Folge des angefochtenen Verwaltungsaktes als möglich erscheint.
Die Beschwer ist dann nicht gegeben, wenn die geltend gemachten Rechte unter Zugrundelegung des
Klagevorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder dem Kläger zustehen
können, eine Verletzung subjektiver Rechte des Klägers also nicht in Betracht kommt (Bundessozialgericht, Urteil
vom 07.02.2007, Az. B 6 KA 8/06 R). Hier ist ein drittschützender Charakter des Gebots, die Bestimmung nach §
116b Abs. 2 Satz 1 SGB V "unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation" zu treffen, nicht von
vorn herein ausgeschlossen. Der maßgeblichen Frage, ob sich aus § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V oder sogar
unmittelbar aus Grundrechten der von der Antragstellerin repräsentierten Ärzte subjektive Rechte ableiten lassen, die
durch die angefochtene Entscheidung des Antragsgegners verletzt sein können, ist im Hauptsacheverfahren im
Rahmen der Begründetheit der Klage nachzugehen.
Die Klage des Antragstellers ist nach summarischer Prüfung auch begründet.
Der angefochtene Bescheid vom 28.04.2009 ist rechtswidrig, weil der Antragsgegner die Bestimmung der
Beigeladenen zu 1 zur ambulanten Versorgung unter Verstoß gegen § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht unter
Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation getroffen hat.
Der darin liegende Beurteilungsausfall verletzt die Antragstellerin in eigenen Rechten. Das in § 116b Abs. 2 Satz 1
SGB V enthaltene Rücksichtnahmegebot entfaltet im vorliegenden Fall drittschützende Wirkung, weil die
Antragstellerin in handgreiflicher Weise von der angefochtenen Bestimmung der Beigeladenen zu 1 zur ambulanten
Leistungserbringung betroffen ist.
Der Antragsgegner hat die ihm gesetzlich aufgegebene Verpflichtung verkannt, im Rahmen einer einzelfallbezogenen
Abwägung die vertragsärztliche Versorgungssituation auch im Interesse der von einer Bestimmung nach § 116b Abs.
2 SGB V über den bloßen Konkurrenzdruck hinaus in qualifizierter und individualisierter Weise betroffenen
Vertragsärzte zu berücksichtigen.
§ 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V ist potentiell drittschützend.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts soll sich die Befugnis zur Erhebung einer sog. defensiven
Konkurrentenklage zur Abwehr eines zusätzlichen Konkurrenten nicht aus materiellen Grundrechten ableiten lassen,
weil die Rechtsordnung bei der Ausübung beruflicher Tätigkeiten grundsätzlich keinen Schutz vor Konkurrenz
gewähre. Demgemäß hätten Marktteilnehmer regelmäßig keinen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen
für sie gleich bleiben, insbesondere nicht darauf, dass Konkurrenten vom Markt fernbleiben. Eine Befugnis zur Abwehr
des Konkurrenten könne sich nur aus einschlägigen sog. einfach-rechtlichen Regelungen ergeben. Dies sei lediglich
der Fall in der besonderen Konstellation, dass den Bestimmungen, auf die sich die Rechtseinräumung an den
Konkurrenten stützt, ein Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen derer zu entnehmen ist, die schon eine
Position am Markt innehaben, wenn also die einschlägigen Bestimmungen diesen Drittschutz vermitteln. Bei der
Auslegung, ob den einschlägigen gesetzlichen Regelungen eine solche drittschützende Wirkung entnommen werden
kann, seien die Besonderheiten des jeweils betroffenen Sachbereichs zu berücksichtigen. Ausgehend davon hat das
Bundessozialgericht für den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung die Auffassung vertreten, neben der
Voraussetzung, dass der anfechtende Vertragsarzt im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen wie der
durch den Verwaltungsakt Begünstigte anbietet, sei für die Anerkennung der Berechtigung zur Anfechtung ein
Vorrang-Nachrang-Verhältnis erforderlich (Urteil vom 07.02.2007, Az. B 6 KA 8/06 R, juris Rn. 15 f., 20 f.)
Nach diesen Maßstäben wäre eine Rechtsposition der Antragstellerin, die ihr subjektive Abwehrrechte gegenüber dem
Zugang der Beigeladenen zu 1 zur ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter vermitteln könnte, zweifelhaft.
Denn § 116b Abs. 2 SGB V ordnet gerade keinen Vorrang der vertragsärztlichen Leistungserbringer gegenüber
Krankenhäusern bei der Teilnahme an der ambulanten Versorgung an, wie ihn beispielsweise § 116 Satz 2 SGB V
niedergelassenen Vertragsärzten gegenüber Krankenhausärzten für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit
einräumt. Insbesondere macht § 116b Abs. 2 SGB V die Bestimmung eines Krankenhauses zur Teilnahme an der
ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter nicht davon abhängig, dass hinsichtlich des Leistungsumfangs, der
durch den Katalog nach § 116b Abs. 3 und 4 SGB V und den Anlagen zur Richtlinie des Gemeinsamen
Bundesausschusses über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V bezeichnet ist, ein
Versorgungsdefizit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung festgestellt sein müsste. Ausweislich der
Gesetzesbegründung (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/3100, S. 139 f.) soll eine Bedarfsprüfung nicht
stattfinden. Das Gericht geht insoweit davon aus, dass es sich dabei nicht um ein Redaktionsversehen handelt,
sondern dass vor dem Hintergrund der Strukturentscheidung des Gesetzgebers eine Bedarfsprüfung nach der
Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von
Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen werden sollte.
Ein Drittschutz ist damit indessen nicht ausgeschlossen. Ist die Bestimmung des Krankenhauses nicht auf den Fall
des Bestehens einer Versorgungslücke beschränkt, bedeutet das nicht umgekehrt, dass auch im Falle einer
bestehenden ausreichenden Versorgung die Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten Versorgung zwingend
und ohne Einschränkungen zu erfolgen hat. Die vom Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 07.02.2007, Az. B 6
KA 8/06 R, für den dort zu beurteilenden Fall entwickelten Kriterien lassen sich auf den vorliegenden Sachverhalt
nicht uneingeschränkt übertragen.
Der Wertegehalt der Grundrechte aus Artikel 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG, die gemäß Artikel 19 Abs. 3 GG auch
von der Antragstellerin geltend gemacht werden können (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 02.09.2002,
Az. 1 BvR 1103/02) gebietet eine Auslegung des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V, die dieser Norm eine potentiell
drittschützende Wirkung (auch) zu Gunsten der von der Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten
Versorgung in ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit spezifisch betroffenen Vertragsärzte beimisst.
Die Teilnahme der Antragstellerin an der ambulanten Betreuung gesetzlich Versicherter im Rahmen der
vertragsärztlichen Versorgung steht unter dem verfassungsrechtlich garantierten Schutz der Berufsfreiheit nach
Artikel 12 Abs. 1 GG. Die Berufsfreiheit gewährleistet dem Einzelnen die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage
seiner persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Sie konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der
Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung. Das Grundrecht schützt nicht nur die
Freiheit der Berufswahl, sondern auch die freie Berufsausübung gegenüber Eingriffen der staatlichen Gewalt. Im
Rahmen der bestehenden freiheitlichen Wirtschaftsverfassung erfasst der Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit
als Teil der Unternehmer- bzw. Gewerbefreiheit auch das Recht zur Teilnahme am Wettbewerb. Eingriffe in die durch
Artikel 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit sind nur zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des
Gemeinwohls gerechtfertigt sind und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.
Im Ausgangspunkt zutreffend ist deshalb die Aussage, dass das Grundrecht keinen Schutz vor (privater)
wirtschaftlicher Konkurrenz gewährt, wie sie jedem Wettbewerb immanent ist. Das Hinzutreten von Mitwettbewerbern
ist deshalb ungeachtet der damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken für die bereits am Markt präsenten Teilnehmer
am Wettbewerb hinzunehmen. Die Vertragsärzte haben aufgrund ihres Zulassungsstatus auch keinen Rechtsanspruch
auf die Sicherung einer wirtschaftlich ungefährdeten Tätigkeit. Ihre Wettbewerbsposition und ihre Erträge unterliegen
grundsätzlich dem Risiko laufender Veränderung je nach den Marktverhältnissen.
Gleichwohl kann eine Wettbewerbsveränderung durch Einzelakt, die bei einem regulierten Marktzugang erhebliche
Konkurrenznachteile zur Folge hat, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Grundrecht der
Berufsfreiheit beeinträchtigen, wenn sie im Zusammenhang mit staatlicher Planung und der Verteilung staatlicher
Mittel steht (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17.08.2004, Az. 1 BvR 378/00; Beschluss vom 12.06.1990,
Az. 1 BvR 355/86). Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 17.08.2004, Az. 1 BvR 378/00, eine
solche Situation in Bezug auf die Situation niedergelassener Vertragsärzte im Verhältnis zu nach § 116 SGB V
ermächtigten Krankenhausärzten angenommen und dabei insbesondere auf folgende Umstände abgestellt:
- Für die Leistungserbringer habe sich mit Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes das Spektrum an Dienst-
und Sachleistungen verengt, das mit den Krankenkassen abgerechnet werden kann. Die Zuwächse bei den
Vergütungen der Vertragsärzte seien an die beitragspflichtigen Einnahmen gekoppelt worden. Die Vertragsärzte
würden Wirtschaftlichkeits- und Plausibilitätskontrollen unterzogen.
- Der Zustrom der Leistungserbringer werde durch Mechanismen der Bedarfsplanung gelenkt. Die Begrenzung der
Arztzahlen diene nach dem Willen des Gesetzgebers der Kostenreduzierung und damit einer Stabilisierung des
Systems insgesamt. Gleichzeitig werde aber auch der einzelne Vertragsarzt begünstigt, der innerhalb des
geschlossenen Systems der vertragsärztlichen Versorgung nur einer für ihn noch tragbaren Konkurrenz ausgesetzt
ist. Das gewährleiste zugleich den Erhalt einer leistungsfähigen Ärzteschaft.
- Dem Aspekt der quantitativ begrenzten Konkurrenz komme für die Berufsausübung des einzelnen Vertragsarztes
wegen der budgetierten Gesamtvergütung wachsende Bedeutung zu. Je mehr Ärzte Leistungen erbringen und
abrechnen, desto geringer sei potentiell der Wert der einzelnen ärztlichen Leistung. Werden keine Krankenhausärzte
ermächtigt, würden niedergelassene Vertragsärzte stärker in Anspruch genommen. Sie könnten mehr an Leistungen
selbst abrechnen, soweit sie noch über Kapazitäten verfügen.
- Krankenhausärzte genössen gegenüber niedergelassenen Vertragsärzten einen Wettbewerbsvorteil, als sie im Falle
unzureichender Auslastung kein unternehmerisches Risiko trügen, während für nicht ausgelastete Niedergelassene
die Investitionskosten ruinös sein könnten; eine angemessene Auslastung der Niedergelassenen hänge davon ab,
dass der Bedarf nicht schon durch Krankenhausärzte gedeckt sei.
- Mit dem in § 116 Satz 2 SGB V angeordneten Vorrang der Vertragsärzte gegenüber den Krankenhausärzten, deren
Teilnahme nur im Fall einer Versorgungslücke vorgesehen ist, habe der Gesetzgeber dem spezifischen
unternehmerischen Risiko der niedergelassenen Ärzte im Verhältnis zu den Krankenhausärzten, die auf mit
staatlichen Mitteln geförderte Investitionen zurückgreifen können, Rechnung getragen.
- Zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit müsse der Vertragsarzt Einschränkungen seines
Behandlungsspektrums ebenso hinnehmen wie Regelungen, die seine Niederlassungsfreiheit, seine Fallzahlen und
seine Vergütung begrenzen. Diese Eingriffe könnten im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung durch den
Gemeinwohlbelang der Sicherstellung der Versorgung der gesetzlich Versicherten gerechtfertigt werden. An diesem
legitimen Zweck seien aber auch die jeweiligen Beschränkungen der Berufsfreiheit der im System tätigen
Leistungserbringer zu messen. Komme es durch hoheitliche Maßnahmen zu weiter gehenden, an diesen Belangen
nicht ausgerichteten Eingriffen in die gesetzlich durchstrukturierten Marktbedingungen, die zu einer Verwerfung der
Konkurrenzverhältnisse führen können, könnten die im System eingebundenen Leistungserbringer in ihrem Grundrecht
aus Artikel 12 Abs. 1 GG verletzt sein.
Zu Recht hat das Bundessozialgericht diesen Ausführungen in seinem Urteil vom 07.02.2007, Az. B 6 KA 8/06 R
(juris Rn. 21), entgegen gehalten, dass die Schmälerung der Verdienstmöglichkeiten niedergelassener Vertragsärzte
aus der budgetierten Gesamtvergütung infolge des Hinzutretens von Konkurrenten allein nicht ausreiche könne, um
dem Vertragsarzt einen Abwehranspruch gegen die Ermächtigung von Krankenhausärzten oder die Zulassung weiterer
niedergelassener Vertragsärzte zu vermitteln. Insoweit stellt der vom Bundesverfassungsgericht in den Vordergrund
gerückte "Zusammenhang mit staatlicher Planung und Verteilung der staatlichen Mittel" in Ermangelung eines
spezifischen Bezugs zum Schutzgut des Artikel 12 Abs. 1 GG weder ein plausibles noch für Auslegung und
Anwendung des Gesetzes praktisch handhabbares Kriterium für die Abgrenzung zwischen bloßen Rechtsreflexen und
wehrfähigen Rechtspositionen dar.
Darüber hinaus dient die Begrenzung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung und die Reglementierung der
vertragsärztlichen Leistungserbringung und -abrechnung durch Sektoren- und Fachgebietsgrenzen und die dadurch
vermittelte Verringerung der Konkurrenz, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 17.08.2004,
Az. 1 BvR 378/00 (juris Rn. 23), selbst klarstellt, dem öffentlichen Interesse am Erhalt einer leistungsfähigen
Ärzteschaft. Die Begrenzung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung stellt sich als eine Begünstigung der
bereits zugelassenen Vertragsärzte dar, die ihrerseits der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung gegenüber anderen
potentiellen Leistungserbringern bedarf. Der drittschützende Charakter der nach § 116 Satz 2 SGB V
vorgeschriebenen Bedarfsprüfung lässt sich insoweit nicht aus den individuellen Grundrechten der durch die
Zulassungsbeschränkungen in ihrer Wettbewerbsposition geschützten, bereits zugelassenen Vertragsärzte ableiten.
Er ergibt sich vielmehr allein - und ohne Bezug zur verfassungsrechtlich garantierten Berufsfreiheit - aus dem vom
Gesetzgeber im Allgemeininteresse angestrebten Regelungszweck des § 116 Satz 2 SGB V, die Strukturen der
vertragsärztlichen Versorgung zu stabilisieren, mithin aus einfachem Gesetzesrecht. Der Wesensgehalt des Artikel 12
Abs. 1 GG ist deshalb im Kontext des Beschlusses für die Auslegung der Norm als drittschützend nur wenig ergiebig.
Die Anerkennung ausschließlich einfachgesetzlich vermittelten Drittschutzes ist in Bezug auf den grundrechtlichen
Schutz der Vertragsärzte lediglich im Rahmen des Artikel 19 Abs. 4 GG und nur insoweit von Bedeutung, als bei
Anerkennung eines drittschützenden Gehalts des Gesetzes die daraus resultierenden subjektiven Abwehrrecht auch
gerichtlich effektiv durchsetzbar sein müssen.
Tatsächlich sehen sich Vertragsärzte bereits zahlreichen Einschränkungen ihrer Berufsfreiheit ausgesetzt,
insbesondere durch die Beschränkung ihres Leistungsspektrums auf die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für
vertragsärztliche Leistungen und der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung aufgeführten ambulanten Leistungen unter gleichzeitiger
Bindung an die Grenzen ihres Versorgungsbereichs und des Fachgebiets nach Maßgabe des § 73 Abs. 1, 1a und 2
sowie des § 87 Abs. 2a SGB V (dazu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17.06.1999, Az. 1 BvR 2507/97;
Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2009, Az. B 6 KA 22/08 R). Innerhalb dieser Inhalts- und
Schrankenbestimmungen müssen sie sich gleichwohl der Konkurrenz anderer Ärzte stellen, ohne dass darin ein
Eingriff in den Schutzbereich des Artikel 12 Abs. 1 GG läge. Die Grundrechtsrelevanz dieser Rahmenbedingungen im
Wettbewerb kommt erst dann zum Tragen, wenn der Wettbewerb für Konkurrenten freigegeben wird, welche diesen
Beschränkungen nicht unterworfen sind, während die engen gesetzlichen Vorgaben den Vertragsärzten die
Möglichkeit versagen, auf die veränderten Bedingungen durch eine Verschiebung ihres Tätigkeitsspektrums zu
reagieren. Insoweit ist allerdings nicht primär der Schutzbereich des Artikel 12 Abs. 1 GG tangiert. Vielmehr handelt
es sich in erster Linie um ein Problem der von Artikel 3 Abs. 1 GG geschützten Gleichbehandlung im
berufsbezogenen Kontext.
Schließlich erscheint bei isolierter Betrachtung auch die Behauptung des Bundesverfassungsgerichts in dessen
Beschluss vom 17.08.2004, Az. 1 BvR 378/00 (juris Rn. 27), nicht zwingend, dass sich weiter gehende
Einschränkungen der Marktbedingungen, denen sich die Vertragsärzte ausgesetzt sehen, an dem gleichen Zweck -
der Sicherstellung der Versorgung - messen lassen müssten wie die bereits geltenden Einschränkungen des
Behandlungsspektrums, der Niederlassungsfreiheit und der Vergütung, um nicht mit Artikel 12 Abs. 1 GG zu
kollidieren. Dass der Wettbewerb in einem - auch zu Gunsten der schon zugelassenen Ärzte - bereits regulierten
Markt stattfindet, macht eine von den Intentionen der bisherigen Regularien unabhängige Neugestaltung der
Wettbewerbsbedingungen allein noch nicht zu einem rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in den Schutzbereich des
Grundrechts. Denn die verfassungsrechtlich ohnehin erforderliche Legitimation bestehender Beschränkungen der
Berufsausübungsfreiheit schränkt weder den weiten Beurteilungsspielraum noch das Gestaltungsermessen des
Gesetzgebers ein, die Vertragsärzte anderen wettbewerblichen Rahmenbedingungen zu unterwerfen, wenn und
solange diese in ihrem Zusammenwirken mit den bestehenden Regelungen noch verhältnismäßig und durch
Gemeinwohlbelange gerechtfertigt sind.
Für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Regelung des einfachen Gesetzesrechts über die
Teilnahme an der ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter den hiervon mittelbar in ihrer Wettbewerbsposition
betroffenen Ärzten eigene gerichtlich durchsetzbare Abwehrrechte gegen die Zulassung von Konkurrenten verleihen,
lässt sich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mithin in Bezug auf die Grundrechte der bereits
niedergelassenen Ärzte auf den ersten Blick keine eindeutige Aussage entnehmen.
Weder der Wortlaut der Norm noch die Systematik des Gesetzes oder die Entstehungsgeschichte des § 116b SGB V
enthalten klare Hinweise darauf, ob nach Sinn und Zweck des Gesetzes das in § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V
verankerte Gebot, die vertragsärztliche Versorgungssituation zu berücksichtigen, auch im individuellen Interesse der
an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte angeordnet ist und, wenn ja, wann und unter welchen
Voraussetzungen diese gegebenenfalls das darin zum Ausdruck kommenden Rücksichtnahmegebot ggf. gerichtlich
sollen durchsetzen können.
Die Herbeiführung eines ruinösen Wettbewerbs zu Lasten der Vertragsärzte hat der Gesetzgeber mit der - begrenzten
- Öffnung der Krankenhäuser zur ambulanten Versorgung gemäß § 116b Abs. 2 SGB V allerdings weder beabsichtigt
noch in Kauf genommen. Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz hat der Gesetzgeber unter anderem eine
Intensivierung des Wettbewerbs innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung angestrebt, um Qualität und
Effizienz der medizinischen Versorgung deutlich zu verbessern. In der Gesetzesbegründung (Deutscher Bundestag,
Drucksache 16/3100, Seite 87) heißt es hierzu:
"Stärker als bisher wird sich die medizinische Versorgung künftig am Bedarf und an den Interessen der Versicherten
orientieren und darauf ausgerichtet sein, heute noch bestehende Schnittstellenprobleme zu beseitigen. Die ambulante
Versorgung stützt sich weiterhin auf freiberuflich tätige Haus- und Fachärzte sowie in besonderen Fällen auf die
Behandlung im Krankenhaus. Im Interesse einer kontinuierlichen Behandlung der Versicherten werden die
Zusammenarbeit der verschiedenen Arztgruppen und die Zusammenarbeit zwischen ambulanten und stationärem
Sektor verbessert, die Übergänge erleichtert und die Qualität der medizinischen Versorgung verbessert".
Zu § 116b Abs. 2 SGB V ist ausgeführt (Deutscher Bundestag, Drucksache 16/3100, Seite 87):
"Nach geltendem Recht können die Krankenkassen mit zugelassenen Krankenhäusern Verträge über die ambulante
Erbringung hochspezialisierter Leistungen sowie zur Behandlung seltener Erkrankungen und Erkrankungen mit
besonderen Krankheitsverläufen schließen, sofern diese Leistungen und diese Behandlung in dem Katalog nach §
116b Abs. 3 und 4 enthalten sind. Diese Möglichkeit zur Ergänzung der vertragsärztlichen Versorgung haben die
Krankenkassen bisher kaum genutzt. Die Vertragskompetenz der Krankenkassen entfällt daher."
Daraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber den bestehenden Strukturen der Versorgung durch niedergelassene Ärzte
und Medizinische Versorgungszentren sowie der vorhandenen Versorgungssituation eine grundlegende Funktion
beigemessen hat, die auch mit einer Teilnahme der Krankenhäuser an der ambulanten Versorgung nicht gefährdet
werden sollte. Die mit § 116b Abs. 2 SGB V vorgesehene ambulante Leistungserbringung der Krankenhäuser mit
hochspezialisierten Leistungen, zur Behandlung seltener Erkrankungen und von Erkrankungen mit besonderen
Behandlungsverläufen soll vielmehr eine Ergänzung der ambulanten Versorgung durch die niedergelassenen
Vertragsärzte darstellen. Die bestehende vertragsärztliche Versorgungslage sollte auch mit der Bestimmung des
Krankenhauses gewährleistet und weder beeinträchtigt noch gefährdet werden. In diesem Sinne hat sich auch der
Staatssekretär des Bundesgesundheitsministeriums Dr. Klaus-Theo Schröder geäußert, dem zufolge es nicht darum
gehe, die ambulante vertragsärztliche Versorgung zu ersetzen, sondern allenfalls zu ergänzen ("Freiberuflichkeit der
Fachärzte steht nicht zur Debatte", Ärzte-Zeitung vom 26.07.2009). Vor diesem Hintergrund erschließt sich die
Bedeutung der Formulierung "unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation" in § 116b Abs. 2
SGB V als Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen (auch) der Vertragsärzte, die in demselben räumlichen
Bereich wie das nachsuchende Krankenhaus bereits eine Position am Markt der Leistungserbringer innehaben -
freilich ohne dass schon damit Bestand und Reichweite eines damit korrespondierenden Drittschutzes umrissen
wären.
Es würde deshalb zu kurz greifen, mangels eindeutiger Aussagen des Gesetzgebers zum fraglichen subjektiv-
rechtlichen Gehalt der Berücksichtigungsklausel in § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V schließen zu wollen, dass die
Berufsausübungsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte für die Auslegung des Gesetzes keine Bedeutung habe.
Lässt sich, wie dargelegt, weder der Beeinträchtigung der Erwerbsmöglichkeiten in Folge des zusätzlichen
Konkurrenzdrucks noch der Teilnahme an einem bereits staatlich regulierten Markt oder dem - wie auch immer zu
definierenden - "Zusammenhang mit staatlicher Planung und Verteilung der staatlichen Mittel" das qualifizierende
Moment beimessen, dass der im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.2004 zu beurteilenden
Ermächtigung des Krankenhausarztes das Potential eines Eingriffs in den Schutzbereich des Artikel 12 Abs. 1 GG zu
Lasten der niedergelassenen Vertragsärzte und damit letzteren die Klagebefugnis (auch) auf der Grundlage der
Berufsfreiheit verleiht, so stellt sich als das entscheidende Kriterium letztlich die vom Bundesverfassungsgericht
befürchtete Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse dar, die im dortigen Falle in erster Linie aus den ungleichen
Wettbewerbsrisiken der Vertragsärzte einerseits und der Krankenhausärzte andererseits infolge der unterschiedlichen
Investitionslasten resultierte (Beschluss vom 17.08.2004, Az. 1 BvR 378/00, juris Rn. 27 und Rn. 25).
Der gegen eine Auslegung des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V als potentiell drittschützende Regelung erhobene
Einwand des Antragsgegners, Artikel 12 Abs. 1 GG schütze nicht vor Wettbewerb, verfehlt im Sinne einer mutatio
elenchi das Problem. Die Antragstellerin wehrt sich nicht schlechthin gegen eine Erweiterung des Rahmens, in dem
der Wettbewerb erfolgt, also gegen den Wettbewerb als solchen, sondern vielmehr gegen verzerrte Bedingungen,
unter denen der Wettbewerb zwischen niedergelassenen Vertragsärzten bzw. Medizinischen Versorgungszentren und
Krankenhäusern stattfinden soll. Dieses Begehren ist vom Schutzbereich der Grundrechte erfasst.
Artikel 12 Abs. 1 GG kommt insoweit nicht primär in seiner Ausprägung als Freiheitsgrundrecht zum Tragen, dass
dem Grundrechtsträger die von der Berufs(ausübungs)freiheit geschützte Teilnahme am Wettbewerb erst ermöglicht.
Vielmehr ist der Schutzbereich des Grundrechts hier in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3
Abs. 1 GG eröffnet, um der Antragstellerin die gleichberechtigte Teilnahme an einem von Verzerrungen freien
Wettbewerb zu ermöglichen. Es geht nicht in erster Linie um Wettbewerbsfreiheit, sondern um Wettbewerbsgleichheit.
Der Wertgehalt der Grundrechte gebietet in diesem Sinne eine Auslegung der Vorschriften über die Teilnahme
unterschiedlicher Leistungserbringer an der ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter, die diesen die Möglichkeit
einräumt, zu nicht zwingend gleichen, aber jedenfalls vergleichbaren und fairen Bedingungen am Wettbewerb
teilzunehmen, um so ihre jeweils - sofern Grundrechtsträger - verfassungsrechtlich geschützte
Berufsausübungsfreiheit zur Geltung zu bringen.
Allerdings werden die Voraussetzungen, unter denen sich Wettbewerbsteilnehmer gestützt auf Grundrechte gegen
Beeinträchtigungen der Wettbewerbsgleichheit durch Begünstigung von Konkurrenten in Folge staatlicher Maßnahmen
zur Wehr setzen können, im Allgemeinen restriktiv beurteilt und eine Verletzung von Grundrechten aus Artikel 2 Abs.
1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 oder Art. 14 Abs. 1 GG erst bei massiven Benachteiligungen bestimmter
Berufsgruppen, der praktischen Vereitelung jeglicher unternehmerischer Betätigung, der Entwertung der
Unternehmenssubstanz oder willkürlichen bzw. sachwidrigen Eingriffen in die Wettbewerbsbedingungen anerkannt. Für
die Frage, ob § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V als Norm des einfachen Rechts ein drittschützender Gehalt beizumessen
ist, kommt es auf diese strengen Voraussetzungen indessen nicht an. Eine Auslegung des Gesetzes im Lichte der
Grundrechte aus Artikel 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG hat maßgeblich den objektiven Wertgehalt der Grundrechte
zu berücksichtigen. Eine Grundrechtsverletzung beschreibt dagegen nur die äußersten Grenzen der Auslegung, die
ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht überschritten werden dürfen. § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V ist deshalb
so auszulegen, dass es auch im Einzelfall nicht erst zu einer Verletzung von Grundrechten von Vertragsärzten
kommen kann.
Eine Einschränkung erfährt dieses weite in erster Linie maßgebliche Grundrechtsverständnis für die Auslegung des
einfachen Gesetzesrechts hier dadurch, dass es sich bei den Auswirkungen der von der Antragsgegnerin
angegriffenen Öffnung der Krankenhäuser gesetzlich versicherter Patienten letztlich nur um eine mittelbar-faktisch
Beeinträchtigung in Folge der gesetzlichen Neuordnung der ambulanten Versorgung handelt. Eine auch für die
Auslegung und Anwendung des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V beachtliche Grundrechtsbetroffenheit kann sich unter
dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes nur ergeben, wenn insoweit auch die wettbewerbsrelevante
Berufsausübung über den bloßen Konkurrenzdruck hinaus in qualifizierter Weise betroffen ist.
Die Annahme einer Grundrechtsbeeinträchtigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die von der Antragstellerin
befürchteten Nachteile keine unmittelbare Folge der auf § 116b Abs. 2 SGB V gestützten Bestimmung der
Beigeladenen zu 1 ist. Ihr steht nicht entgegen, dass diese Regelung nur mittelbare Wirkungen entfaltet und die
möglichen wirtschaftlichen Nachteile für die Antragstellerin allein auf dem autonomen Verhalten Dritter beruhen,
nämlich dem der Beigeladenen zu 1, der von ihr auf Grundlage der Bestimmung behandelten Patienten und der diese
an die Beigeladene zu 1 überweisenden Ärzte. Unter Berücksichtigung der Schutzfunktion des jeweiligen Grundrechts
kann - je nach Art und Ausmaß - auch eine tatsächliche Betroffenheit des Grundrechtsträgers einen
Grundrechtseingriff bedeuten.
So hat das Bundesverfassungsgericht für Artikel 12 Abs. 1 GG entschieden, dass das dort garantierte Grundrecht
auch durch Vorschriften beeinträchtigt werden kann, die infolge ihrer tatsächlichen Auswirkungen geeignet sind, die
Berufsfreiheit mittelbar zu beeinträchtigen; erforderlich sei allein ein enger Zusammenhang mit der Berufsausübung
und eine deutlich erkennbare objektive berufsregelnde Tendenz (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom
30.10.1961, Az. 1 BvR 833/59). Das Bundesverwaltungsgericht hat für verschiedene Fallgruppen eine bloße
tatsächliche Betroffenheit als Grundrechtsbeeinträchtigung genügen lassen, soweit schon dadurch der Schutzbereich
des jeweiligen Grundrechts berührt wird. So hat es einen Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit angenommen, wenn der
Staat durch die einseitige Subventionierung eines Konkurrenten die Wettbewerbslage verzerrt und die wirtschaftliche
Stellung des nicht begünstigten Unternehmers in unerträglichem Maße und unzumutbar schädigt
(Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.08.1968, Az. VII C 122.66)
Andererseits schützen die Grundrechte nicht schon vor jeder nachteiligen Betroffenheit eines Einzelnen. Wann und in
welchem Ausmaß gewisse tatsächliche Einwirkungen eine relevante Beeinträchtigung eines Grundrechts darstellen,
ist in Ermangelung einheitlicher formaler Eingriffskriterien materiell nach Maßgabe des Schutzzwecks des jeweiligen
Grundrechts zu ermitteln. Dementsprechend ist es geboten, den Schutzbereich der grundrechtlichen
unternehmerischen Betätigungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG einzugrenzen. Der
Grundrechtsschutz zielt einerseits auf eine berufliche und wirtschaftliche Betätigung, die möglichst unreglementiert
und frei auch von relevanten tatsächlichen Beeinträchtigungen ist. Andererseits gibt es in der freien
Wettbewerbswirtschaft im Grundsatz kein subjektives verfassungskräftiges Recht auf Erhaltung eines bestimmten
Geschäftsumfanges und auf Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten. Ein Unternehmer muss stets die Dynamik der
seine Erwerbstätigkeit maßgeblich beeinflussenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in Rechnung stellen.
Angesichts der Tatsache, dass sich die für das wirtschaftliche Schicksal eines jeden Unternehmens bestimmenden
sozialen Verhältnisse ständig im Fluss befinden und steter Veränderung unterworfen sind, kann auch das Grundrecht
der unternehmerischen Betätigungsfreiheit nicht statisch eine zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehende
Rahmenkonstellation schützen. Deshalb können staatliche Maßnahmen, mit denen für einen Unternehmer nachteilige
Veränderungen wirtschaftlicher Verhältnisse einhergehen, nicht schon allein deshalb als Grundrechtsbeeinträchtigung
verstanden werden. So beinhalten beispielsweise die staatliche Konzessionierung eines neuen Konkurrenten oder das
Hinzutreten des Staates als Konkurrent lediglich eine weitgehend systemimmanente Verschärfung des
marktwirtschaftlichen Konkurrenzdrucks.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 18.04.1985, Az. 3 C 34.84, die Auffassung vertreten, dies sei
anders bei Maßnahmen, mit denen der Staat zielgerichtet gewisse Rahmenbedingungen verändert, um zu Lasten
bestimmter Unternehmen einen im öffentlichen Interesse erwünschten Erfolg herbeizuführen. Solche Maßnahmen
hätten eine andere rechtliche Qualität. Im Gegensatz zu einer Veränderung sozialer Bedingungen als bloßer Reflex
staatlicher Maßnahmen handele es sich hier um "grundrechtsspezifische" Maßnahmen. Im Rahmen von Art. 12 Abs.
1 GG seien das Maßnahmen, die eindeutig auf einen auf Seiten des Unternehmens eintretenden nachteiligen Effekt
abzielen und diesen Effekt nicht lediglich als Begleiterscheinung mit sich bringen. Der Grundrechtsschutz der
unternehmerischen Betätigungsfreiheit könne sich mithin ausnahmsweise auf die Veränderung von
Erwerbsbedingungen erstrecken, wenn und soweit diese staatlicherseits final und grundrechtsspezifisch erfolgt. Ein
anderes Ergebnis wäre mit dem Schutzzweck des Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar, weil es dem Staat erlauben
würde, ohne Beachtung grundrechtlicher Schutzbedingungen unternehmerisches Verhalten zu steuern und die
unternehmerische Dispositions- und Betätigungsfreiheit einzuschränken und womöglich auszuhöhlen.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann dem Berücksichtigungsgebot des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V keine
generelle drittschützende Bedeutung zukommen. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Öffnung der Krankenhäuser für die
ambulante Versorgung final gestaltend in die Wettbewerbsstrukturen der bislang im Wesentlichen dem
vertragsärztlichen Sektor vorbehaltenen ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter eingegriffen. Der potentiell
drittschützende Gehalt des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V verdichtet sich jedoch erst dann zu einem subjektiven Recht
der mittelbar betroffenen Vertragsärzte, wenn sich ein Verstoß gegen das objektiv-rechtliche Gebot der
Rücksichtnahme auf die vertragsärztliche Versorgung in qualifizierter und individualisierter Weise, die über eine bloße
Verschärfung des Konkurrenzdruckes hinausgeht, auf die Berufsausübung der im Einzugsbereich des Krankenhauses
die gleichen Leistungen erbringenden Vertragsärzte auswirkt.
Ein solcher "relativer" Drittschutz, der durch ein allgemeines Gebot der Rücksichtnahme im Zusammenhang mit
staatlichen Planungsentscheidungen im Bereich konkurrierender Rechtsgüter Privater vermittelt wird, ist dem Recht
nicht fremd und beispielsweise im öffentlichen Baurecht seit langem anerkannt (vgl. exemplarisch
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.02.1977, Az. IV C 22.75; Urteil vom 19.09.1986, Az. 4 C 8/84). Danach ist
es für die potentielle drittschützende Wirkung einer Norm weder erforderlich, dass diese in ihrer vollen Reichweite
auch dem Schutz individueller Interessen zu dienen bestimmt ist, noch dass sie den geschützten Personenkreis
räumlich abgrenzt, solange er sich nur von der Allgemeinheit abgrenzen lässt.
Letzteres ist hier mit der Eingrenzung des Rücksichtnahmegebots auf die "vertragsärztliche Versorgungssituation"
und damit auf die im Einzugsbereich des Krankenhauses die gleichen Leistungen erbringenden Vertragsärzte der Fall.
Gleichwohl ist Drittschutz nicht in jedem Fall ohne Rücksicht auf den Grad der Beeinträchtigung zu gewähren. Denn
die Auslegung einer Vorschrift, die im Grundsatz Drittschutz vermitteln will, kann durchaus zu dem Ergebnis führen,
dass Drittschutz nur zu gewähren ist, wenn eine bestimmte Schwelle der Beeinträchtigungen erreicht wird. Die
Beantwortung der Frage, ob eine angefochtene Entscheidung den von deren Auswirkungen mittelbar Betroffenen in
seinen Rechten verletzt, hängt danach wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei die Interessen des
Begünstigten und des hiervon mittelbar Betroffenen, ihre tatsächliche und rechtliche Schutzwürdigkeit und
Schutzbedürftigkeit sowie Art und Intensität der in Betracht kommenden relevanten Beeinträchtigungen oder Nachteile
gegeneinander abzuwägen sind. Dem objektivrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung
zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar
abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist, namentlich, wenn dessen Betroffenheit "handgreiflich" ist.
Auch diese Rechtsprechung ist das Ergebnis einer grundrechtskonformen Norminterpretation, die sich auf die
Annahme gründet, dass die Grundrechte den Gesetzgeber und den untergesetzlichen Normgeber verpflichten, nicht
nur Privat- und Allgemeininteressen, sondern auch konfligierende Privatinteressen untereinander zu einem Ausgleich
zu bringen (Krebs in: Schmidt-Aßmann [Hrsg.], Besonderes Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2005, Kap. 4, Rn. 237 f., S.
544 f.)
Im Falle der Antragstellerin sind die Voraussetzungen für eine solche qualifizierte und individualisierte Betroffenheit
erfüllt. Der Antragsgegner ist nicht nur schlechthin allgemein verpflichtet, sondern die Antragstellerin hat ein eigenes
Recht darauf, dass der Antragsgegner vor der Bestimmung der Beigeladenen zu 1 die Interessen und die individuelle
Betroffenheit derjenigen Ärzte analysiert, in die Abwägung einbezieht und erkennbar gewichtet, die im
voraussichtlichen ambulanten Einzugsbereich der Beigeladenen zu 1 die gleichen Leistungen erbringen.
Die Antragstellerin ist von der Bestimmung der Beigeladenen zu 1 zunächst in ihrer Eigenschaft als Mit-
Wettbewerberin betroffen. Das vom Bundessozialgericht (Urteil vom 17.10.2007, Az. B 6 KA 42/06 R, juris Rn. 24) im
Rahmen der Prüfung der Anfechtungsberechtigung herausgearbeitet Mindesterfordernis für eine wettbewerbliche
Betroffenheit, dass der Antragsteller und der neu zur Leistungserbringung zugelassene Anbieter in räumlicher Nähe
gleiche Leistungen erbringen, ist mit Blick auf die Teilnahme der Antragstellerin an der onkologischen Versorgung
nicht fraglich. Der Schwellenwert von 5 % Patienten aus dem Einzugsbereich der Vertragsarztpraxis, die mit den
gleichen Leistungen behandelt werden, wie sie die Beigeladene zu 1 erbringt ist überschritten. Zudem überschneiden
sich die Einzugsbereiche der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1. Auf den Zuschnitt der
Bedarfsplanungsbereiche und den Sitz des Medizinischen Versorgungszentrums der Antragstellerin kommt es in
diesem Zusammenhang nicht an; dieser hat nur für die - hier nicht einschlägige - Bedarfsplanung Bedeutung; die
Antragstellerin hat ihren Versorgungsauftrag ohne räumliche Beschränkungen wahrzunehmen. Gerade bei
spezialisierten fachärztlichen Leistungen geht der Tätigkeitsradius in der Regel über die Grenzen des
Planungsbereichs hinaus. Insoweit steht eine reale Konkurrenzsituation außer Zweifel.
Die über diese reine Konkurrenzbetroffenheit hinausgehende besondere Betroffenheit im Schutzbereich des Artikel 3
Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 12 Abs. 1 GG, die hier eine individualisierte Rücksichtnahme gebietet, resultiert bei
den im Umkreis der Beigeladenen zu 1 vertragsärztlich tätigen Onkologen - ebenso wie in dem Fall, den das
Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 17.08.2004, Az. 1 BvR 378/00, zu beurteilen hatte - aus einem
strukturell bedingten Wettbewerbsungleichgewicht zwischen Vertragsärzten und Krankenhaus. Zu Unrecht hat der
Antragsgegner sich nicht mit den sich daraus ergebenden Risiken für die Berufsausübung der niedergelassenen
Onkologen auseinandergesetzt.
Im Vergleich mit den Vertragsärzten genießen die nach § 116b Abs. 2 SGB V an der ambulanten Versorgung von
Tumorpatienten teilnehmenden Krankenhäuser einen - von der Antragstellerin als "exzellenter Erstzugriff"
bezeichneten - Wettbewerbsvorsprung auf Grund der Möglichkeit, versorgungsbereichsübergreifend den
Therapieverlauf der an sie überwiesenen Patienten mitzubestimmen. Über diese Möglichkeit verfügen die
vertragsärztlichen Onkologen nicht.
Auf Grund der Schwere und Komplexität onkologischer Erkrankungen werden die Patienten regelhaft bereits in einem
frühen Behandlungsstadium nach Einweisung durch den Haus- oder Facharzt zur abschließenden Diagnostik und zur
Therapie stationär in ein Krankenhaus aufgenommen. Von den 63 Chemotherapie-Patienten der Antragstellerin, die im
Jahr 2009 auch im Krankenhaus der Beigeladenen zu 1 behandelt wurden, sind 58 erst nach der stationären
Behandlung zur weiteren Behandlung und Nachbetreuung der Antragstellerin zugewiesen worden.
Das nach § 116b SGB V bestimmte Krankenhaus erhält damit eine Schlüsselposition zugewiesen, auf Grund derer es
wesentlichen Einfluss darauf nehmen kann, ob der Patient anschließend bei einem niedergelassenen Onkologen oder
in der eigenen Ambulanz weiter betreut wird. Im Zeitpunkt der Entscheidung, bei welchem Arzt die weitere ambulante
Behandlung erfolgt, kann das für die Wettbewerbsposition des vertragsärztlichen Onkologen maßgebliche Verhalten
des Patienten als "Nachfrager am Markt" nicht als ausschließlich im eigenen Interesse liegendes rationales Verhalten
interpretiert werden. Vielmehr bestimmt der aktuell behandelnde Arzt auf Grund seines Wissensvorsprunges und des
ihm vom Patienten - zwangsläufig - entgegen gebrachten Vertrauens maßgeblich über Art und Umfang der weiteren
Behandlung. Befindet sich der Arzt - wie das Krankenhaus nach einer Bestimmung gemäß § 116b SGB V - in einer
Doppelrolle sowohl als Berater des Patienten wie auch als potentieller künftiger Leistungserbinger mit der Chance, an
der Weiterbehandlung in der eigenen Ambulanz wirtschaftlich zu partizipieren, besteht die reale Wahrscheinlichkeit,
dass die Therapieempfehlung auf Grund dieses natürlichen Interessenkonfliktes nicht ausschließlich von
medizinischen Gesichtspunkten geleitet ist und die Inanspruchnahme des konkreten Behandlungsweges von einer
sog. anbieterinduzierten Nachfrage überlagert wird (vgl. Hajen/Paetow/Schumacher, Gesundheitsökonomie, 5. Aufl.
2010, Seite 65 ff.; Zweifel/Bolgiani/Domenighetti in Gutzwiller/Paccaud [Hrsg.] Sozial- und Präventivmedizin - Public
Health, 3. Aufl. 2007, Seite 138). Das Krankenhaus hat es damit in der Hand, im Zuge dieser Weichenstellung beim
Patienten auf eine ambulante Weiterbehandlung in der eigenen Einrichtung hinzuwirken. Der vertragsärztliche
Onkologe, der erst nach der Krankenhausbehandlung hinzugezogen wird, hat diese Möglichkeit nicht.
An dem daraus resultierenden Ungleichgewicht ändert es nichts, dass das Krankenhaus nach Anlage 3 Nr. 1 der
Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b Abs.
2 SGB V nur auf Überweisung ambulant tätig werden darf. Denn die Überweisung ist keinem Facharzt mit einem für
die Behandlung der Krankheiten nach dem Katalog der Anlage 3 einschlägigen Schwerpunkt vorbehalten und deshalb
nicht ausreichend, um das aus der ungleichen Ausgangsposition herrührende Defizit an Wettbewerbsgleichheit
auszugleichen.
Klarzustellen ist, dass auch ein fachärztlicher Überweisungsvorbehalt voraussichtlich den gleichen Effekt, nur
umgekehrt - zu Gunsten der niedergelassenen Leistungserbinger und Medizinischen Versorgungszentren, bewirken
würde, der letztlich auf einen vom Gesetzgeber nicht gewollten faktischen Vorrang der vertragsärztlichen Versorgung
vor der ambulanten Behandlung im Krankenhaus hinausliefe. Dies enthebt den Antragsgegner indessen nicht von
seiner Pflicht, die zu erwartenden Auswirkungen der Bestimmung nach § 116b Abs. 2 SGB V auf die vertragsärztliche
Versorgung und die in Frage kommenden Entscheidungsalternativen - beispielsweise gegenständliche oder zeitliche
Beschränkungen der Bestimmung - eingehend abzuwägen.
Es kommt insoweit nicht darauf an, ob unvermeidliche Unterschiede zwischen niedergelassenen Ärzten,
Medizinischen Versorgungszentren und Krankenhäusern im Wettbewerb überwunden werden können oder nicht.
Entscheidend ist, dass der Antragsgegner dafür Sorge zu tragen hat, dass die verbleibenden Ungleichheiten im
Wettbewerb noch von dem mit § 116b SGB V verfolgten gesetzgeberischen Anliegen gerechtfertigt sind und nicht zu
unverhältnismäßigen Auswirkungen für die vertragsärztlichen Leistungserbringer führen und dass sie deshalb - ggf.
flankiert von entsprechenden Maßgaben - in grundrechtskonformer Auslegung und Anwendung des Gesetzes
hingenommen werden können.
Zu berücksichtigen ist weiter, dass die zur vertragsärztlichen Versorgung bereits zugelassenen Leistungserbringer nur
geringe Möglichkeiten haben, auf die mit dem Hinzutreten eines Krankenhauses geänderten Bedingungen in
wettbewerbsadäquater Weise zu reagieren. Im Falle der Antragstellerin kommt hinzu, dass sie auf Grund der von Dr.
E. in das Medizinische Versorgungszentrum eingebrachten Sonderbedarfszulassung im fachärztlichen Bereich
ausschließlich zur onkologischen Versorgung berechtigt, gemäß § 95 Abs. 3 SGB V aber auch verpflichtet ist. Sie
kann sich weder diesem Versorgungsauftrag entziehen noch andere Tätigkeitsschwerpunkte erschließen, die von der
Zulassung und den Anstellungsgenehmigungen nicht gedeckt sind. Anders als die Beigeladene zu 1 darf sie nur die
im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen und der Richtlinie des Gemeinsamen
Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung aufgeführten
ambulanten Leistungen in den Grenzen des Fachgebiets erbringen (§ 135 SGB V). Für Krankenhäuser gelten dagegen
die Vorgaben des § 135 SGB V gemäß § 116b Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 2 SGB V nur hinsichtlich der sächlichen und
personellen Anforderungen, nicht hinsichtlich des Leistungskatalogs. Im Bereich der ambulanten Leistungen, deren
ambulante Erbringung den Krankenhäusern nach § 116b Abs. 2 SGB V gestattet wird, kann es damit zu erheblichen
Asymmetrien im Wettbewerb zwischen den auf das gleiche Behandlungsspektrum spezialisierten Vertragsärzten und
den Krankenhäusern kommen, weil Letzteren ein zusätzliches Tätigkeitsfeld mit den damit verbundenen
Gewinnchancen eröffnet wird, während die Erweiterung des Wettbewerbsrahmens für die bereits zugelassenen
Vertragsärzte und Medizinischen Versorgungszentren lediglich eine Verschärfung der wettbewerblichen Risiken mit
sich bringt, denen auf Grund der vorbestehenden Berufsausübungsbeschränkungen keine entsprechende Ausweitung
wettbewerblicher Chancen gegenüber steht.
Diese Wettbewerbsasymmetrie drückt sich auch in einem Ungleichgewicht der wettbewerbsbedingten
Investitionsrisiken aus. Während Krankenhäuser auf Grund der Teilnahme an der stationären Versorgung über eine
breite wirtschaftliche Basis verfügen, um die notwendigen Investitionen für die Teilnahme auch am ambulanten
Leistungsspektrum aufzubringen, müssen niedergelassene Ärzte und Medizinische Versorgungszentren, soweit sie
nicht ihrerseits von Krankenhausträgern finanziert werden, ihre Investitionen im Wesentlichen aus ambulanten
vertragsärztlichen Leistungen aufbringen. Auf die von der Antragstellerin problematisierte Gefahr der
Quersubventionierung aus öffentlicher Investitionsförderung kommt es vor diesem Hintergrund noch nicht einmal an.
Dieser "natürliche" Wettbewerbsvorteil der Krankenhausträger ist als grundrechtsrelevanter Abwägungsgesichtspunkt
deshalb beachtlich, weil er wegen der gesetzlichen Bindung der Vertragsärzte an ihren ambulanten
Versorgungsauftrag von diesen nicht im Rahmen der zulässigen beruflichen Betätigungsmöglichkeiten überwunden
werden kann.
Wie schwer diese Asymmetrien sich voraussichtlich auf die vertragsärztliche Versorgungsstruktur und
Versorgungssituation auswirken, ist eine Frage der planerischen Beurteilung, die § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V den
Krankenhausplanungsbehörden aufgegeben hat und der sich der Antragsgegner hier auch im Interesse der insoweit
spezifisch betroffenen Antragstellerin nicht entziehen darf.
Sind es in erster Linie diese strukturellen Verwerfungen der wettbewerblichen Rahmenbedingungen, die dem
Antragsgegner eine eingehende Beurteilung der Versorgungsstrukturen mit und ohne Bestimmung nach § 116b Abs. 2
SGB V (auch) zu Gunsten der Antragstellerin abverlangt, so hat der Antragsgegner im Rahmen der gebotenen
Prognose und Abwägung - ohne dass dies allein einen Drittschutz begründen könnte - auch in Rechnung zu stellen,
dass nach § 116b SGB V an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Krankenhäuser insoweit einen weiteren
Wettbewerbsvorteil genießen, als der Umfang der Vergütung gemäß § 116b Abs. 5 SGB V keiner mengenmäßigen
Leistungsbeschränkung durch Regelleistungsvolumina unterliegt, obwohl die Punktwerte an die durchschnittlichen
vertragsärztlichen Punktwerte gekoppelt sind. Zwar erfolgt die Vergütung außerhalb der budgetierten
Gesamtvergütung direkt durch die Krankenkassen. Da indessen das Beitragsaufkommen, aus denen die
Krankenkassen sowohl die Gesamtvergütung als auch die Vergütungen der Krankenhäuser nach § 116b Abs. 5 SGB
V wie auch die übrigen Ausgaben des Gesundheitssystems aufbringen müssen, insgesamt begrenzt ist, haben es die
Krankenhäuser in der Hand, ihren Leistungsumfang ohne systemimmanente Begrenzung zu Lasten der übrigen
Anbieter von Gesundheitsleistungen auszuweiten, während den Vertragsärzten auf Grund der gesetzlichen
Leistungsmengenbegrenzungen ein schrankenloser Zuwachs ihrer Vergütung durch Ausweitungen der
Leistungsmenge auf Kosten anderer Leistungserbringer weitgehend versagt ist. Dass die nach der Onkologie-
Vereinbarung angerechneten fachärztlichen Leistungen der Antragstellerin ebenfalls keiner Budgetierung durch
Regelleistungsvolumina unterliegen, fällt dabei nicht ins Gewicht, weil die nach der Onkologie-Vereinbarung
außerbudgetär gezahlten Pauschalen (Gebührenordnungsposition Nr. 86000 bis 96508) lediglich Zuschläge zur
Abgeltung des Mehraufwandes für die geforderte Qualitätssicherung darstellen. Die spezifisch diagnostischen und
therapeutischen Leistungen, die den Kernbereich der vertragsärztlichen Tätigkeit vertragsärztlicher Onkologen
ausmachen (namentlich die Gebührenordnungspositionen Nr. 01510 bis 01512, 02100 bis 02120, 13490 bis 13502 des
Einheitlichen Bewertungsmaßstabes), unterliegen dagegen den gesetzlich vorgeschriebenen
Abrechnungsmengenbegrenzungen.
Die Beigeladene zu 1 kann dem Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin nicht entgegen halten, sie habe, seitdem
sie auf Grund der Sofortvollzugsanordnung vom 05.05.2009 an der ambulanten Versorgung teilnimmt, im
Wesentlichen Leistungen der Großgerätediagnostik erbracht, welche die Antragstellerin selbst nicht anbiete, so dass
die Antragstellerin auf Grund der sofortigen Vollziehung keinen Wettbewerbsnachteil erlitten habe. Das Gericht kann
offen lassen, aus welchen Gründen die Beigeladene zu 1 gerade die Leistungen der bildgebenden Diagnostik in die
nach § 116b Abs. 2 SGB V abgerechneten ambulanten Leistungen verlagert hat. Die [Beigeladene zu 1] hat die
Bestimmung zur ambulanten Versorgung nach § 116b Abs. 2 SGB V ohne Einschränkung auf bestimmte
diagnostische und therapeutische Leistungen beantragt und bewilligt erhalten. Der Wille, von der ihr erteilen
Genehmigung in vollem Umfang Gebrauch zu machen, ist unwiderleglich zu vermuten. Soweit die Beigeladene zu 1
darauf hinweist, dass einer Ausweitung des ambulanten Angebots ohnehin der Mangel an qualifizierten onkologischen
Fachkräften entgegen stehe, beschreibt sie nur einen in ihrer Organisations- und Verantwortungssphäre liegenden
Umstand, der prinzipiell behebbar ist. Die Antragstellerin muss sich dem gegenüber nicht darauf verweisen lassen,
abzuwarten, ob und wann die Beigeladene zu 1 tatsächlich von der ihr erteilten Bestimmung weiter gehend Gebrauch
machen wird. Allein die rechtliche Betroffenheit und die daran anknüpfende Möglichkeit einer tatsächlichen
Beeinträchtigung vermittelt der Antragstellerin eine ausreichende Betroffenheit in eigenen Rechten, welche die
Dringlichkeit ihres Rechtsschutzersuchens begründet. Sie muss nicht erst in Kauf nehmen, dass sich eine Verletzung
ihrer Rechte in einem tatsächlichen Nachteil manifestiert, um dagegen vorzugehen.
Dem Erfordernis der Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation ist der Antragsgegner mit dem
angefochtenen Bescheid nicht gerecht geworden. "Berücksichtigen" verlangt, dass die maßgeblichen Gesichtspunkte
in Betracht gezogen werden müssen und eine sachliche Auseinandersetzung mit ihnen zu erfolgt hat, aber nach
pflichtgemäßer Abwägung davon abgewichen werden kann (Bundessozialgericht, Urteil vom 10.05.2000, Az. B 6 KA
20/99 R). Der Antragsgegner hat die vertragsärztliche Situation indessen unberücksichtigt gelassen.
Entgegen dem einleitenden Satz der Begründung des angefochtenen Bescheides vom 28.04.2009 ist mit den weiteren
Ausführungen gerade keine Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation erfolgt. Vielmehr kommt
zum Ausdruck, dass der Antragsgegner - aufgrund seiner Rechtsansicht - der vertragsärztlichen Versorgungssituation
wegen des Ausschluss einer Bedarfsprüfung keine Bedeutung beigemessen hat. Welche öffentlichen und privaten
Belange erwogen wurden, ist mangels näherer Ausführungen nicht erkennbar.
Eine Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation muss nicht zwingend dazu führen, dass der Antrag
der Beigeladenen zu 1 in vollem Umfang abzulehnen wäre. Entsprechend der Begrenzung von Ermächtigungen nach §
116 SGB V bzw. § 31a Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV (Bundessozialgericht, Urteil vom 17.10.2007, Az. B 6 KA 42/06 R)
kann auch in Erwägung gezogen werden, die Bestimmung nach § 116b Abs. 2 SGB V räumlich zu begrenzen, um so
die Betätigungsmöglichkeiten der in demselben räumlichen Bereich niedergelassenen Vertragsärzte nicht übermäßig
einzuschränken (Sozialgericht Dresden, Beschluss vom 29.09.2009, Az. S 11 KA 114/09 ER). Eine
grundrechtskonforme Auslegung und Anwendung des Gesetzes und der Richtlinie des Gemeinsamen
Bundesausschusses über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V kann darüber hinaus auch
eine gegenständliche Beschränkung nahe legen.
Die nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 86a Abs. 3 Satz 3 SGG gebotene umfassende Abwägung ergibt, dass das
Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung der Klage überwiegt. Ein besonders schützenwertes
Interesse der Beigeladenen zu 1 an der sofortigen Vollziehbarkeit ist nicht zu erkennen.
Soweit die Beigeladene zu 1 Einkommenseinbußen erleidet, handelt es sich bei ihr lediglich um die Aussicht auf
künftige Erwerbsmöglichkeiten, auf die sie aber zur Existenzsicherung - anders als die Antragstellerin - nicht
angewiesen ist. Demgegenüber ist bei der sofortigen Vollziehung von einer Existenzbedrohung der Antragstellerin
auszugehen. Diese ist mit den von der Antragstellerin vorgelegten Honorarbescheiden, Häufigkeitsstatistiken und der
betriebswirtschaftlichen Auswertung mit Gewinnverwendungsübersicht nachvollziehbar dargelegt. Die Gefahr einer
Existenzbedrohung der Antragstellerin ist, auch wenn nur ein Teil der bislang betreuten Patienten in die ambulante
Versorgung durch die Beigeladene zu 1 nach § 116b SGB V abwandern sollte, auf Grund der Bindung des
verbleibenden Gewinns in Folge bereits getätigter Investitionen als real einzuschätzen. Der damit anzunehmenden
schwerwiegenden Beeinträchtigung für die Antragstellerin steht auf Seiten der Beigeladenen zu 1 keine vergleichbare
nachhaltige wirtschaftliche Betroffenheit gegenüber.
Soweit die Beigeladene zu 1 gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einwendet, dadurch würden die
seit der Anordnung des Sofortvollzugs in die ambulante Leistungserbringung getätigten Investitionen entwertet, kann
sie nicht gehört werden, weil sie mit dieser Ausweitung des Leistungsangebots im Hinblick auf die noch offene
Entscheidung im Hauptsacheverfahren auf eigenes Risiko gehandelt hat.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit ist auch nicht im Interesse der Patientenversorgung geboten. Mit der
derzeitigen Versorgungssituation ohne Leistungserbringung der Beigeladenen zu 1 ist, wie sich aus der Stellungnahme
der Beigeladenen zu 2 ergibt, die allein streitige Versorgung mit ambulanten Leistungen bis zur Entscheidung in der
Hauptsache quantitativ und qualitativ gesichert. Nur hinsichtlich der Patienten, deren Behandlung die Beigeladene zu
1 im Zeitpunkt der Zustellung dieses Beschlusses auf Grund der Sofortvollzugsanordnung der im
Hauptsacheverfahren angefochtenen Bestimmung bereits - an Hand der Dokumentation nachweisbar - begonnen hat,
überwiegt das individuelle Interesse der Versicherten an der konsequenten Weiterführung des bereits in Angriff
genommenen ambulanten Behandlungsregimes im Krankenhaus. Die Kammer übt das ihr nach § 86b Abs. 1 Satz 3
SGG zustehende Ermessen hinsichtlich der anzuordnenden Rechtsfolgen dahin gehend aus, dass hinsichtlich dieser
Versicherten die Sofortvollzugsanordnung des Antragsgegners Bestand hat. Es liegt damit im Ermessen der
Beigeladenen zu 1, ob sie die ambulante Behandlung dieser Patienten im Rahmen des § 116b Abs. 2 SGB V für die
Geltungsdauer der Überweisung fortsetzt oder ob sie diesen Patienten im Hinblick auf den bislang ungeklärten
Ausgang des Hauptsacheverfahrens eine Fortsetzung der ambulanten Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen
Versorgung empfiehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO.
Der gemäß § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 4 und § 1 Nr. 4 GKG in Verbindung mit § 197a SGG nach der Bedeutung der
Sache für die Antragstellerin festzusetzende Streitwert bemisst sich an Hand der von ihr bezifferten voraussichtlichen
Gewinneinbußen in Folge der streitgegenständlichen Vollziehung des Bescheides vom 28.04.2009 für die
voraussichtliche Dauer des Hauptsacheverfahrens von einem Jahr. Ein Abschlag wegen der Vorläufigkeit der
Entscheidung war hiervon nicht vorzunehmen, weil die Entscheidung des Gerichts über Anordnung oder Aussetzung
der Vollziehung für die Dauer ihrer Geltung endgültig wirkt.