Urteil des SozG Dresden vom 28.07.2010

SozG Dresden: anrechenbares einkommen, angemessene frist, unterhalt, verfügung, hauptsache, spesen, existenzminimum, pauschal, reserven, blindheit

Sozialgericht Dresden
Beschluss vom 28.07.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 6 AS 2932/10 ER
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller beginnend ab dem
01.06.2010 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber für die Dauer von 6 Monaten vorläufig
monatlich 743,00 EUR Arbeitslosengeld II zu bewilligen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des
Antragstellers. Die Gerichtsgebühr wird auf 150,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Der am
23.12.1985 geborene Antragsteller ist schwerbehindert (blind) mit einem Grad der Behinderung von 100, aber in der
Lage täglich mehr als 3 Stunden zu arbeiten. Der Antragsteller wohnt allein in einer angemieteten Wohnung, für
welche er monatlich 310,00 EUR Grundmiete zuzüglich 80,00 EUR Nebenkosten zu zahlen hat. Mit Bescheid des
Amt für Familie und Soziales vom 03.06.2004 wurde dem Antragsteller Landesblindengeld nach dem Gesetz über die
Gewährung eines Landesblindengeldes und anderer Nachteilsausgleiche (Landesblindengeldgesetz – LBlindG) in Höhe
von 333,00 EUR monatlich bewilligt. Mit weiterem Bescheid der Landeshauptstadt A-Stadt vom 26.08.2009 wurde
dem Antragsteller unter Anrechnung des bewilligten Landesblindengeldes Blindenhilfe nach § 71 SGB XII in Höhe von
275,96 EUR bewilligt. Weiters Einkommen und Vermögen ist nicht vorhanden. Am 15.06.2009 beantragte der
Antragsteller erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom
24.08.2009 und 04.11.2009 wurden dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II bis 31.05.2010 bewilligt. Mit
Bescheid vom 28.04.2010 lehnte die Antragsgegnerin die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II auf
Folgeantrag des Antragstellers vom 22.04.2010 mit der Begründung ab, er sei nicht erwerbsfähig. Gegen diesen legte
der Antragsteller Widerspruch ein. Zugleich beantragte er am 18.05.2010 die Gewährung einstweiligen Rechtschutz,
da er ohne die Zahlungen der Antragsgegnerin nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Mit
Änderungsbescheid vom 20.05.2010 bewilligte der Antragsgegner ab dem 01.06.2010 bis 30.11.2010 monatlich
261,57 EUR. Hierbei rechnete der Antragsgegner auf den monatlichen Bedarf Unterhalt in Höhe von 51,00 EUR,
Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR und die Blindenhilfe von 275,96 EUR, bereinigt um die Versicherungspauschale
von 30,00 EUR, an. Trotz des Änderungsbescheides hält der Antragsteller an seinem Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung fest. Er erhalte keinen Unterhalt von 51,00 EUR mehr. Das Kindergeld erhalte seine Mutter,
welche es verbrauche. Auch sei die Blindenhilfe nicht als Einkommen anrechenbar. Die ihm bewilligten Leistungen
seien deswegen zu niedrig bemessen. Er könne seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten.
Er beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne
Anrechnung von Unterhalt, Kindergeld und Blindenhilfe zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzuweisen.
Sie hält den Änderungsbescheid vom 20.05.2010 für rechtmäßig. Mehr Leistungen könne der Antragsteller nicht
beanspruchen. Die Blindenhilfe sei als Einkommen anrechenbar. Nur das Landesblindengeld werde ihrer Meinung
nach zweckgebunden gewährt Bei der Blindenhilfe handele es sich um keine zweckbestimmte Einnahme. Dies lasse
sich aus dem Wortlaut des Gesetzes allein nicht herleiten. Bei der Blindenhilfe nach § 72 SGB XII handele es sich
vielmehr um eine ähnliche Regelung wie die Spesen im Steuerrecht. Die Spesen als Pauschalleistung dienen der
Abgeltung eines bestimmten mit der Arbeitserbringung verbundenen Mehraufwandes. Durch das Bundessozialgericht
sei festgehalten worden, dass der tatsächlich entstandene Mehraufwand nachzuweisen sei. Soweit die tatsächlichen
Mehraufwendungen den Wert der pauschal gewährten Leistungen nicht erreichen, stünde der Restbetrag der
Pauschale zum allgemeinen Lebensunterhalt zur Verfügung. Analog verhalte es sich mit der Blindenhilfe. Blindenhilfe
werde geleistet um Mehrkosten, welche aus der Blindheit resultieren zu kompensieren. Soweit diese nicht für
Mehraufwendungen ausgegeben werde, stünde sie zum allgemeinen Lebensunterhalt zur Verfügung.
Weiter habe der Antragsteller darzulegen, welche Anstrengungen er unternommen habe, dass Kindergeld und den
Unterhalt (weiter) zu erhalten. Bis zu diesem Nachweis sei der Änderungsbescheid vom 20.05.2010 nicht zu
beanstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages wird auf die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 15.06.2010,
22.07.2010 und 27.07.2010 verwiesen.
Der Antragsteller hat seine Angaben durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht. Zudem konnte das
Gericht seine Originalkontoauszüge der letzten 3 Monat einsehen.
Das Gericht hat die Antragsgegnerin auf den Wortlaut des § 72 Abs. 1 SGB XII hingewiesen und unter Hinweis auf die
möglichen Folgen nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dargelegt, dass es die Fortführung des
Rechtstreites für missbräuchlich hält.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
II.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes ist zulässig und vollumfänglich begründet.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch
eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder
wesentlich erschwert werden könnte. Eine einstweilige Anordnung kann auch getroffen werden zur Regelung eines
vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, wenn eine solche Regelung zur Abwendung
wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Eine einstweilige Anordnung ergeht demnach nur, wenn
sie zur Abwendung wesentlicher, nicht wieder gutzumachender Nachteile für den Antragsteller notwendig ist. Dabei
hat der Antragsteller wegen der von ihm geltend gemachten Eilbedürftigkeit der Entscheidung die Voraussetzungen für
den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 202 SGG, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO), also
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, glaubhaft zu machen. Der Antrag hat daher dann Aussicht auf Erfolg,
wenn ein sog. Anordnungsanspruch und ein sog. Anordnungsgrund vorliegen. Bei dem Anordnungsanspruch muss es
sich um einen der Durchsetzung zugänglichen materiell-rechtlichen Anspruch des Antragstellers handeln. Diesen
muss der Antragsteller gemäß § 86b Abs. 2 S. 3 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht haben.
Voraussetzung ist der Nachweis der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, trotz der Möglichkeit des Gegenteils dürfen
Zweifel nicht überwiegen (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, III. Kapitel,
Rn. 157). Das Begehren des Antragstellers muss im Rahmen der beim einstweiligen Rechtsschutz allein möglichen
und gebotenen summarischen Prüfung begründet erscheinen. Für eine vorläufige Entscheidung müssen zudem
gewichtige Gründe vorliegen; dies ist der sog. Anordnungsgrund. Er liegt vor, wenn dem Antragsteller wesentliche,
insbesondere irreversible Nachteile drohen, die für ihn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache
unzumutbar machen und die Regelung zur Verhinderung dieser unzumutbaren Nachteile durch eine Anordnung nötig
erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.10.1977, Az: 2 BvR 42/76). Sinn und Zweck des einstweiligen
Rechtschutzverfahrens liegen in der Sicherung der Entscheidungsfähigkeit und der prozessualen Lage, um eine
endgültige Rechtsverwirklichung im Hauptsacheverfahren zu ermöglichen. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren
will nichts anderes, als allein wegen der Zeitdimension der Rechtserkenntnis und der Rechtsdurchsetzung im
Hauptsacheverfahren eine zukünftige oder gegenwärtige prozessuale Rechtsstellung vor zeitüberholenden
Entwicklungen sichern (so ausdrücklich: Sächsisches LSG, Beschl. v. 11.02.2004, Az: L 1 B 227/03 KR-ER).
Grundsätzlich ist der Rechtssuchende auf das vom Gesetzgeber vorgesehene Hauptsacheverfahren zu verweisen
(Sächsisches LSG, Beschl. v. 12.05.2006, Az: L 3 B 113/06 AS-ER).
Nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung hat der Antragsteller einen
Anordnungsanspruch und es besteht ein Anordnungsgrund.
Anordnungsanspruch Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus den §§ 7, 9, 19 Abs. 2 und 22 Abs. 1 SGB II. Es kann
im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung dahinstehen, ob der Antragsteller erwerbsfähig im Sinne von §
8 Abs. 1 SGB II ist. Hiervon geht die Antragsgegnerin selbst aus. Der Antragsteller hat auch Leistungen nach dem
SGB XII zur Sicherung des Lebensunterhaltes beantragt, über welche noch nicht entschieden ist. Jedenfalls bis zu
einer Entscheidung des zuständigen Sozialhilfeträgers ist die Antragsgegnerin als erstangegangene Sozialbehörde
verpflichtet vorläufig Leistungen zu erbringen, um Lücken in der Existenzsicherung zu vermeiden (Rechtsgedanke des
§ 43 Abs. 1 SGB I).
Der Antragsteller ist auch hilfebedürftig im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II, da er glaubhaft gemacht hat, nicht in der
Lage zu sein, seinen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen oder Vermögen zu bestreiten.
Sein Bedarf richtet sich nach §§ 19, 20 Abs. 1 Satz 1 1. Alt und 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Der dem Antragsteller
zustehende Regelsatz beträgt gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II 359,00 EUR. Hinzu kommen die kosten der vom ihm
angemieteten Wohnung von insgesamt 390,00 EUR. Da in diesen Kosten auch die Kosten für die Aufbereitung von
Warmwasser enthalten sind, welche aus dem Regelsatz zu bestreiten sind (Urteil des Bundessozialgericht vom
27.02.2008, B 14/11b AS 15/07 R), sind diese Kosten pauschal in Abzug zu bringen. Mithin errechnet sich ein
27.02.2008, B 14/11b AS 15/07 R), sind diese Kosten pauschal in Abzug zu bringen. Mithin errechnet sich ein
monatlicher Bedarf des Antragstellers von 742,53 EUR (359,00 EUR Regelsatz, 390,00 EUR Kosten der Unterkunft
und Heizung abzüglich 6,47 EUR Warmwasserpauschale).
Dem Bedarf des Antragstellers steht kein anrechenbares Einkommen gegenüber.
Weder Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR, Unterhalt von 51,00 EUR noch die Blindenhilfe von 275,96 EUR sind
anrechenbares Einkommen.
Kindergeld und Unterhalt stehen schon deswegen nicht als Einkommen zur Verfügung, da der Antragsteller glaubhaft
gemacht hat, diese nicht zu erhalten. Insofern geht auch die Auffassung der Antragsgegnerin fehl, diese Einnahmen
seien fiktiv anzurechen, solange keine Bemühungen seitens des Antragstellers nachgewiesen sind, diese Zahlungen
wieder zu erhalten. Zwar mag der Antragsteller einen Anspruch auf Abzweigung des Kindergeldes haben, solange ihm
dieses aber nicht ausgezahlt wird, steht es ihm nicht zur Sicherung des Lebensunterhaltes zur Verfügung. Insoweit ist
die Antragsgegnerin gehalten, den Antragsteller über die Möglichkeit der Abzweigung aufzuklären und ihm eine
angemessene Frist zur Durchsetzung seiner Ansprüche zu setzen, bevor aus § 2 Abs. 2 SGB II Nachteile
entgegengehalten werden können (vom SächsLSG entschieden für den Fall der Abänderung von Unterhaltstiteln,
Beschluss vom 12.05.2009, L 7 AS 146/09 B ER).
Gleiches gilt für den nicht mehr gezahlten Unterhalt. Hier geht aber die Kammer darüber hinaus davon aus, dass die
(fiktive) Anrechnung des Unterhalts unter Verweis auf das Selbsthilfegebot seitens der Antragsgegnerin
missbräuchlich erfolgt, da die Antragsgegnerin ausweislich eines Aktenvermerks vom 27.09.2009 (Bl. 70 d. VA)
selbst festgestellt hat, dass der Antragsteller dem Grunde nach keine Unterhaltsansprüche mehr hat.
Die Blindenhilfe von 275,96 EUR monatlich ist ebenfalls nicht als Einkommen anrechenbar.
Blindenhilfe wird gemäß § 72 Abs. 1 SGB XII blinden Menschen zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten
Mehraufwendungen gewährt.
Bei der Blindenhilfe handelt es sich damit kraft Gesetz um eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3
SGB II. Sie dient vom Zweck der Gewährung anderen Zwecken als die Leistungen des SGB II.
Für die Auffassung der Antragsgegnerin ist angesichts des eindeutigen Wortlautes des § 72 Abs. 1 SGB XII kein
Raum. Die Argumentation der Antragsgegnerin, der Zweckbestimmung im Gesetz folge keine Zweckbindung ist
sachfremd.
Es kommt für die Annahme einer zweckbestimmten Leistung auch nicht darauf an, dass die Leistung zweckgebunden
verwendet wird. Dies lässt sich dem Wortlaut des § 11 Abs. 3 SGB II nicht entnehmen. Ausreichend ist vielmehr,
dass die zweckgebundene Verwendung zumindest möglich ist. Daran besteht für die Kammer kein Zweifel.
Der Gesetzgeber wollte mit dem pauschalierten Bedarf den blinden Menschen ermöglichen in freier Entscheidung
Anschaffungen zu tätigen, welche ihm das Leben erleichtert (vgl. zum Ganzen BVerwGE 32, 89; 51, 281, 289 m. w.
N.). Er soll unter Anderem auch in die Lage versetzt werden bei Bedarf Hilfspersonen anzustellen und bezahlen zu
können Auf den Nachweis der Zweckverwendung hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet. Die Möglichkeit die
Blindenhilfe zu versagen, wenn deren Zweck nicht erreichbar war (§ 67 Abs. 4 Satz 2 BSHG) hat der Gesetzgeber
abgeschafft.
Sofern die Antragsgegnerin auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verweist, wonach steuerfreie Spesen nur in
Höhe nachgewiesener Ausgaben zweckgebunden sein sollen, so muss sich die Antraggegnerin entgegenhalten
lassen, dass es eine derartige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht gibt. Zu keiner Zeit hat das
Bundessozialgericht in diesem Sinne entschieden. Es hat zuletzt lediglich zu steuerfrei gewährten Zuschlägen für
Sonntags-, Feiertags- u. Nachtarbeit, dass diese als Einkommen zu behandeln sind, sofern nicht eine ausdrückliche
privatrechtliche Zweckvereinbarung nachgewiesen wird (Urteil vom 01.06.2010, B 4 AS 89/09 R, nur als Terminbericht
unter www.bundessozialgericht.de verfügbar). Eine "analoge" Anwendung auf den hier streitigen Sachverhalt scheidet
von vornherein aus, da sich die Zweckbindung der Blindenhilfe bereits aus dem Gesetz ergibt.
Die Erklärung, warum nach Auffassung der Antragsgegnerin die Landesblindenhilfe nach § 1 LBlindG zweckgebunden
im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II ist, die Blindenhilfe trotz identischer Zweckbindung hingegen nicht, blieb die
Antragsgegnerin trotz Aufforderung zur Begründung schuldig. Insofern erscheint die Auffassung und
Rechtsanwendung der Antragsgegnerin als willkürlich.
Die Blindenhilfe ist auch nicht so hoch, dass daneben Leistungen nach dem SGB II als nicht gerechtfertigt
erscheinen.
Der Anspruch des Antragstellers ist gemäß § 41 Abs. 2 SGB II auf 743,00 EUR aufzurunden.
Anordnungsgrund Da es sich bei den begehrten Leistungen um Leistungen zur Existenzsicherung handelt, ist ein
Anordnungsgrund bereits dann gegeben, wenn das Existenzminimum nicht gedeckt ist. Ein Anordnungsgrund könnte
nur dann entfallen, wenn der Antragsteller du Zugriff auf andere finanzielle Reserven in der Lage wäre, sein
Existenzminimum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu sichern (z. B. Schonvermögen). Der Antragsteller
hat dem Gericht gegenüber glaubhaft gemacht, über keine finanziellen Reserven zu verfügen, um seinen
Lebensunterhalt anderweitig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu sichern.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 192 Abs. 1 Nr. 2, 193 SGG. Die Kammer sieht die Verweigerung der
Leistungen durch die Antragsgegnerin als missbräuchlich an. Für die Rechtsansichten der Antragstellerin findet sich
keine Stütze im Gesetz. Eine Auseinandersetzung mit entsprechenden Hinweisen des Gerichts fand nicht statt.
Stattdessen wurde auf dem Standpunkt, unter Verweis auf nicht existente Rechtsprechung des Bundessozialgerichts,
beharrt. Den Verweis auf die nicht existente Rechtsprechung wertet die Kammer zudem als Versuch, die Kammer
bewusst in die Irre zu führen. Die Kammer ist nicht gewillt ein derartiges Prozessverhalten einer an Recht und Gesetz
gebundenen Verwaltung mit Blick auf die grundsätzliche Kostenfreiheit des Verfahrens hinzunehmen. Die Kammer hat
deswegen vom ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens
auferlegt. Unter Berücksichtigung der für und wider die Antragstellerin sprechenden Umstände hält das Gericht die
Mindestpauschgebühr nach § 184 Abs. 2 SGG von 150,00 EUR als Gerichtskosten für ausreichend.