Urteil des SozG Augsburg vom 14.01.2008

SozG Augsburg: befreiung von der versicherungspflicht, unternehmen, private unfallversicherung, unternehmer, grundstück, tierhaltung, forstwirtschaft, gewinnerzielungsabsicht, bewirtschaftung

Sozialgericht Augsburg
Gerichtsbescheid vom 14.01.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 5 U 5059/06 L
Bayerisches Landessozialgericht L 3 U 81/08
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 18. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2006 wird
abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht ihre Zuständigkeit für das Grundstück des Klägers erklärt und damit eine
Mitgliedschaft des Klägers als landwirtschaftlicher Kleinstunternehmer in der gesetzlichen landwirtschaftlichen
Unfallversicherung begründet hat.
Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks mit einer Gesamtfläche von 0,3257 ha, wovon 0,0107 ha als Gebäude-
und Freifläche Wohnen und 0,3150 ha als Gartenland im LSV-Kataster eingetragen sind.
Auf diesem Grundstück befindet sich ein Wohngebäude und Schuppen; es werden zwei Ponys auf dem Grundstück
gehalten.
Von der Beklagten nach der Nutzung des Grundstücks befragt, teilte der Kläger am 24.03.2006 mit, dass dieses
einmal im Jahr gemäht werde. Das gewonnene Gras/Heu werde in der eigenen Tierhaltung verwendet. Auf ergänzende
Frage der Beklagten zur Pferdehaltung gab er am 08.05.2006 an, dass ca. 0,1 ha für Weidezwecke und ca. 0,1 ha für
die Futtergewinnung dienen würden. 30 % des Pferdefutters würden selbst gewonnen, die restlichen 70 % würden
zugekauft. Weiter wies der Kläger darauf hin, dass er keine Landwirtschaft habe; es sei nur ein Einfamilienhaus mit
Garten und hinter dem Haus ein wenig Grund, der, wenn nötig, von Hand gemäht werde.
Mit Bescheid vom 18.05.2006 erklärte die Beklagte die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Unfallversicherung für
das landwirtschaftliche Kleinstunternehmen des Klägers ab dem 01.07.2005.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 28.06.2006 Widerspruch ein. Wie bereits mehrfach mitgeteilt, handle es
sich bei seinem Anwesen um ein privat genutztes Gartengrundstück mit Wohngebäude und Schuppen. Eine
landwirtschaftliche Nutzung erfolge nicht, was angesichts der Fläche von brutto ca. 3.000 qm wohl auch einleuchtend
sei. Die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft bei der Beklagten seien nicht gegeben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger
betreibe nach den vorliegenden Unterlagen bzw. seinen eigenen Angaben eine Tierhaltung mit zwei Ponys. Die Fläche
werde als Weidefläche und zur Futtergewinnung für seine Ponys genutzt. Als überwiegender Zweck der Tierhaltung
sei vom Kläger das Abweiden von Grünland angegeben worden.
Zur Landwirtschaft würden grundsätzlich alle Acker-, Wiesen- und Weideflächen gehören. Dabei bilde jedes
landwirtschaftlich genutzte Grundstück, ohne Rücksicht auf seine Größe, ein landwirtschaftliches Unternehmen.
Deshalb würden auch Kleinstunternehmen der landwirtschaftlichen Unfallversicherung unterliegen. Um das
Begriffsmerkmal der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu erfüllen, reiche es aus, wenn, wie vorliegend, eine
Bodenbewirtschaftung durch Tierhaltung bzw. durch das Abweiden und Abmähen der Flächen zum Zwecke der
Futtergewinnung für die Tierhaltung betrieben werde. Auf die Beweggründe für die landwirtschaftliche Tätigkeit komme
es nicht an. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung setze auch keine Gewinnerzielungsabsicht voraus und stelle
nicht auf die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ab. Es sei damit unerheblich, dass auf dem
Grundstück ausschließlich zwei Ponys versorgt würden. Eine Möglichkeit zur Versicherungsbefreiung bestehe nicht,
da die vom Gesetzgeber in § 5 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) eingeführte Bagatellgrenze von 0,25 ha
überschritten sei. Die in § 5 SGB VII geregelte Befreiung von der Versicherungspflicht bis zu einer Größe von 0,25 ha
stelle zudem klar, dass selbst bei Unterschreitung dieser Flächengröße grundsätzlich eine Versicherungspflicht in der
gesetzlichen landwirtschaftlichen Unfallversicherung bestehe. Der früheren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG), dass landwirtschaftliche Kleinstunternehmen nicht von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung erfasst
würden, wenn der Umfang der Bodenbewirtschaftung eine arbeitsaufwandsbezogene Geringfügigkeitsgrenze
unterschreite, komme unter der Geltung des SGB VII keine Bedeutung mehr zu. Der Annahme eines
landwirtschaftlichen Unternehmens stehe auch nicht die Ausnahmevorschrift des § 123 Abs. 2 SGB VII entgegen,
wonach lediglich Haus- und Ziergärten sowie andere Kleingärten unter den Voraussetzungen des § 123 Abs. 2 SGB
VII keine landwirtschaftlichen Unternehmen seien. Angesichts der Fläche von 3.150 qm handele es sich nicht um
einen versicherungsfreien Haus- oder Ziergarten.
Mit Schreiben vom 01.09.2006 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage. Der Kläger bestreite, dass ein
landwirtschaftliches Unternehmen gegeben sei. Er bewohne mit seiner Familie ein Einfamilienhaus, das einen großen
Garten habe. In diesem Garten befänden sich zwei Ponys, die früher einmal von den Kindern geritten worden seien
und jetzt ihr Gnadenbrot bekämen. Es liege weder eine Gewinnerzielungsabsicht noch in irgendeiner Form eine
landwirtschaftliche Tätigkeit vor. Auch die Größe des Grundstücks spreche dafür, dass hier ausschließlich im privaten
Rahmen der Garten der Familie bewirtschaftet werde.
Mit Schreiben vom 03.01.2007 wies die Beklagte darauf hin, dass der Kläger im Fragebogen vom 12.05.2006 selbst
angegeben habe, dass von seinem Grundstück 0,10 ha als Weide und 0,10 ha zur Futtergewinnung für die von ihm
gehaltenen Ponys dienen würden. Darüber hinaus habe der Kläger als überwiegenden Zweck seiner Tierhaltung das
Abweiden von Grünland angegeben. Damit sei vorliegend eindeutig eine landwirtschaftliche Nutzung der Fläche durch
den Kläger gegeben.
Die Bevollmächtigten des Klägers führten im Schreiben vom 08.02.2007 aus, dass es sich bei dem Grundstück
letztlich um den zum Haus gehörenden Garten handele. Weder das Besitzen eines größeren Grundstücks noch die
Eigentümerschaft hinsichtlich eines Ponys würde eine Unternehmerschaft im landwirtschaftlichen Sinne begründen.
Dazu erläuterte die Beklagte mit Schreiben und 20.02.2007, dass sie die Versicherungspflicht weder an den bloßen
Besitz des Grundstücks noch an das Eigentum an Ponys knüpfe. Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Unfallversicherung ergebe sich vorliegend daraus, dass der Kläger sein Grundstück bewirtschafte, d.h. als Weide und
zur Futtergewinnung für die von ihm gehaltenen Ponys landwirtschaftlich nutze und nicht etwa als Brachland auf
Dauer der Verwilderung überlasse. Bei der Fläche von 3.150 qm handele es sich weder um einen Garten im Sinne des
Bundeskleingartengesetzes (Größengrenze: 400 qm) noch um einen versicherungsfreien Haus- oder Ziergarten. Seit
der Geltung des SGB VII komme einer durch Richterrecht gesetzten Bagatellgrenze keine Bedeutung mehr zu. Mit
der Schaffung der Befreiungsmöglichkeit in § 5 SGB VII sowie der Präzisierung des Begriffs des Kleingartens in § 123
Abs. 2 Nr. 2 SGB VII habe der Gesetzgeber selbst klargestellt, wo bei landwirtschaftlichen Kleinstbetrieben die
Grenze der Versicherungspflicht verlaufen solle. Darüber hinaus werde das Grundstück zum überwiegenden Teil
landwirtschaftlich als Weide und Futterfläche für die Tierhaltung genutzt und nicht etwa als Haus- oder Ziergarten.
Mit Schreiben vom 07.11.2007 äußerten die Bevollmächtigten des Klägers die Ansicht, dass das
streitgegenständliche Grundstück von der Größe her nicht einem landwirtschaftlichen Anwesen entspreche. Die
beiden Ponys, die mittlerweile über 20 Jahre alt seien, würden im Garten des Klägers ihr Gnadenbrot erhalten. Wenn
die Beklagte angebe, der Kläger habe erklärt, ca. 30 % des Pferdefutters selbst zu erzeugen, so sei damit gemeint,
dass durch das Abweiden der Wiese ca. 30 % des Futters sichergestellt seien. Der Kläger bewirtschafte die Wiese
jedoch nicht. Er mache auf dieser Wiese kein Heu. Er lasse lediglich die beiden Ponys auf der Wiese grasen.
Mit Schreiben vom 21.11.2007 wies die Beklagte darauf hin, dass der Kläger seine Fläche als Weidefläche nutze.
Damit erfolge eine Bodenbewirtschaftung durch Abweiden. Zudem hätten weitere Ermittlungen der Beklagten ergeben,
dass durch den Kläger auch eine weitere, an sein eigenes Grundstück angrenzende Fläche für die Tierhaltung genutzt
werde. Diese Fläche sei im Liegenschaftskataster des Vermessungsamts mit der Nutzungsart "Grünland"
eingetragen. Nach den Angaben des Eigentümers nutze der Kläger eine Fläche von 0,20 ha als Weidefläche für seine
Pferdehaltung. Diese Fläche sei mit einem Weidezaun eingezäunt. Zusätzlich werde auch das auf einer (weiteren)
Fläche von ca. 2.000 qm anfallende Gras vom Kläger für seine Tierhaltung verwendet. Damit werde vom Kläger auf
einer weiteren Fläche von insgesamt ca. 0,40 ha Grünland eine landwirtschaftliche Bodenbewirtschaftung durch
Abweiden und Abmähen betrieben.
In der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2008 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers,
den Bescheid vom 18.05.2006 in Gestalt des Bescheides vom 27.07.2006 aufzuheben.
Der Vertreter der Beklagten beantragte,
die Klage abzuweisen.
Anschließend wurde die mündliche Verhandlung vertagt und die Beteiligten befragt, ob Einwendungen gegen eine
Entscheidung durch Gerichtsbescheid bestünden.
Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden; eine weitere
Stellungnahmefrist wurde von ihnen nicht für erforderlich gehalten.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten des Gerichts und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden. Beide Beteiligten
haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erklärt.
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger ist als Eigentümer eines Grundstücks mit einer Fläche von rund 0,315 ha Gartenland, das zur Ponyhaltung
und Abweiden durch diese Tiere sowie zur Futtergewinnung für sie genutzt wird, als landwirtschaftlicher
Kleinstunternehmer bei der Beklagten versichert.
1. Vorbemerkung
Die Frage der Pflichtmitgliedschaft von Eigentümern und Besitzern kleinster und kleinerer Grundstücke, bei denen
eine land- und/oder forstwirtschaftliche Nutzung im Raum steht, ist seit Jahren immer wieder Gegenstand der
obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung gewesen. Dabei bezog und bezieht sich diese
Rechtsprechung weitestgehend auf Fälle, in denen die Pflichtmitgliedschaft auf den Besitz von kleinen und kleinsten
Waldgrundstücken gestützt wird. Die einschlägige Rechtsprechung reicht weit in die Vergangenheit zurück.
Mit dem Inkrafttreten des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) zum 01.01.1997 (Art. 36 des
Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes - UVEG -) anstelle der Reichsversicherungsordnung (RVO) hat sich an der
Rechtslage mit kleinen Ausnahmen nichts Grundlegendes geändert (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum
UVEG, BTag-Drs. 13/2204, S. 104 zur zentralen Regelung des § 123 SGB VII), so dass die zur RVO ergangene
Rechtsprechung zum Vorliegen eines land- und/oder forstwirtschaftlichen Unternehmens, der Unternehmereigenschaft
sowie der Beitragspflichtigkeit auch nach Inkrafttreten des SGB VII weitgehend herangezogen werden kann (vgl.
Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 28.09.1999, Az.: B 2 U 40/98 R; Bayer. Landessozialgericht - BayLSG -,
Urteil vom 28.11.2001, Az.: L 18 U 252/99).
Im Vergleich zur Rechtsprechung zu Waldgrundstücken ist die Rechtsprechung zu anderen kleinen und kleinsten
Grundstücken, bezüglich derer eine landwirtschaftliche Nutzung in Betracht kommt, vergleichsweise spärlich und auf
Einzelfallfragen reduziert. Da aber die landwirtschaftliche und die forstwirtschaftliche Nutzung jedenfalls für den
Rechtsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung vergleichbar sind, ist es im Rahmen der Rechtsauslegung bei
Streitigkeiten zu kleinen und kleinsten möglicherweise landwirtschaftlichen Grundstücken außerhalb des Waldbereichs
zulässig, weitgehend auf die Rechtsprechung zu den Eigentümern und Besitzern kleiner und kleinster
Waldgrundstücke zurückzugreifen.
2. Zur Frage der sog. Pflicht- oder "Zwangsmitgliedschaft" land- und forstwirtschaftlicher Unternehmer bei der gesetz-
lichen Unfallversicherung
Der Versicherung kraft Gesetzes unterliegen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a SGB VII "Unternehmer eines
landwirtschaftlichen Unternehmens".
Alle Unternehmer, die nach dieser Vorschrift versichert sind oder die versicherte Arbeitskräfte beschäftigen, sind
gemäß § 150 Abs. 1 SGB VII beitragspflichtig. Der Begriff des landwirtschaftlichen Unternehmens wird in § 123 Abs.
1 SGB VII definiert; er umfasst nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII auch Unternehmen der Forstwirtschaft.
2.1. Geschichtlicher Rückblick auf die Entwicklung der land- wirtschaftlichen Unfallversicherung
Der Unfallversicherungsschutz für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft reicht bis zum Reichsgesetz betreffend
die Unfall- und Krankenversicherung der in den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen vom
05.05.1886 (RGBl. S. 132) zurück. Dieses Reichsgesetz konzipierte die landwirtschaftliche Unfallversicherung wie
auch schon die gewerbliche Unfallversicherung vorrangig als eine Arbeitnehmerversicherung und verfolgte damit die
bereits im Unfallversicherungsgesetz vom 06.07.1884 (RGBl. S. 69) und im Gesetz über die Ausdehnung der Unfall-
und Krankenversicherung vom 28.05.1885 (RGBl. S. 159) angestrebten Ziele, insbesondere auch im Hinblick auf die
Ablösung der Unternehmerhaftung, weiter.
Zur Zeit der Einführung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung war der Arbeitnehmeranteil in der Landwirtschaft
weit höher als heute. So ging beispielsweise das Reichsversicherungsamt im Jahre 1896 von rund 12 Millionen
Arbeitnehmern in der Landwirtschaft aus (vgl. amtliche Nachrichten (AN) des Reichsversicherungsamts 1896, 13 und
17). Demgegenüber haben sich die Strukturen in der Landwirtschaft bis heute massiv dahingehend geändert, dass
heutzutage die große Mehrzahl der landwirtschaftlichen Betriebe ausschließlich durch den Betriebsinhaber selbst,
allenfalls mit der Unterstützung von Familienangehörigen, aber nur noch selten mit familienfremden Arbeitskräften
bewirtschaftet wird.
Obwohl zur Zeit der Einführung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung noch die Prägung als
Arbeitnehmerversicherung vorherrschte, war bereits damals die Entwicklung zur Unternehmerversicherung durch das
Gesetz über die landwirtschaftliche Unfallversicherung selbst inhaltlich abgedeckt. So hatte z.B. der Initiator der
Sozialversicherung, Reichskanzler Bismarck, in seiner Grundsatzrede vom 02.04.1881 zur ersten Lesung eines
ersten Entwurfs eines Unfallversicherungsgesetzes (vgl. Verhandlungen des Reichstags - Stenographische Berichte -
1881, S. 711 ff) bereits darauf hingewiesen, dass ihm als Landwirt nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die
"übrige größere Masse der landwirtschaftlichen Bevölkerung" schutzbedürftig erscheine. Zwar sah das Gesetz vom
05.05.1886 eine gesetzliche Pflichtversicherung der landwirtschaftlichen Unternehmerfamilie noch nicht vor, die
freiwillige und satzungsmäßige Versicherung des Unternehmers war aber bereits nach § 2 dieses Gesetzes möglich.
Zudem wurde die Landesgesetzgebung in § 1 Abs. 3 des Gesetzes ermächtigt, die Unfallversicherung auch auf die
Unternehmer selbst auszudehnen. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung kann daher unter Berücksichtigung der
Entwicklung in der Gründerzeit von Beginn an auch als Unternehmerversicherung angesehen werden.
Die Versicherung land- und forstwirtschaftlicher Unternehmer in der gesetzlichen Unfallversicherung wird daher zu
Recht als eine genossenschaftliche, auf versicherungsrechtlicher Grundlage aufgebaute Eigenhilfe der Unternehmer
der Landwirtschaft angesehen (vgl. Schlegel, in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 2
Unfallversicherungsrecht, § 16, RdNr. 31).
2.2. Keine Gewinnerzielungsabsicht als Voraussetzung für den land- und forstwirtschaftlichen Unternehmerbegriff
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt die Annahme eines Unternehmens der Forstwirtschaft voraus,
dass der Inhaber des Unternehmens über Grund und Boden verfügt, die zum Zwecke der Gewinnung von land- oder
forstwirtschaftlichen Erzeugnissen bearbeitet werden (vgl. BSG SozR 2200 § 647 Nr. 5; BSG SozR 3-2200 § 776 Nr.
5; BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R). Damit nicht verbunden muss eine Absicht sein, Gewinn in
wirtschaftlicher Sicht zu erwirtschaften.
So führte beispielsweise das BSG bereits mit Urteil vom 01.02.1979 (vgl. SozR 2200 § 647 Nr. 5) aus, dass ein
Unternehmen der Forstwirtschaft, das von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung umfasst werde, grundsätzlich
voraussetze, dass der Inhaber des Unternehmens über Grund und Boden verfüge, die zum Zwecke der Gewinnung
von Forsterzeugnissen bearbeitet würden, wobei der Begriff der Gewinnung von Forsterzeugnissen sehr weit zu
fassen sei. Denn Unternehmen der Forstwirtschaft könnten den Anbau und den Abschlag des Holzes in
verschiedenen Betriebsweisen betreiben, entweder als Nachhaltsunternehmen, in denen jedes Jahr schlagreifes Holz
geschlagen werde, oder als aussetzende Unternehmen, die nur in mehrjährigen Zwischenräumen einen Ertrag liefern
würden (vgl. BSG, Beschluss vom 12.06.1989, Az.: 2 BU 175/88). Die Zeiten ohne Anbau und Einschlag von Holz
könnten sich dabei über Jahrzehnte hinziehen (vgl. BayLSG, Urteil vom 17.10.2001, Az.: L 2 U 90/00). Nicht zuletzt
im Hinblick auf solche aussetzenden Unternehmen gehöre auch die Vorbereitung des Bodens für die Bepflanzung, die
Bepflanzung selbst, die Pflegearbeiten einschließlich der Maßnahmen zur Verhütung von Schäden und die Kontrolle
des Waldzustandes sowie des Wachstums aller notwendigen Pflanzen zur forstwirtschaftlichen Tätigkeit (vgl. BSG
SozR 2200 § 647 Nr. 5).
Das BSG stellte weiter im Urteil vom 03.05.1984, Az.: 11 RK 1/83, zum Rechtsbereich der Krankenversicherung der
Landwirte, das aber auch Rückschlüsse für den Rechtsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung zulässt, fest, dass
die Begriffe "Unternehmen" und "Unternehmer" in der gesetzlichen Sozialversicherung grundsätzlich auf längere
Zeiträume zu beziehen seien. Dies sei in der Forstwirtschaft noch mehr als in der Landwirtschaft erforderlich, weil sich
in der Forstwirtschaft (bei aussetzenden Unternehmen) die Zeiten ohne Anbau und Abschlag des Holzes über
Jahrzehnte hinziehen könnten. Für das Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) hielt das BSG
zwar daran fest, dass bloße Besitz- und Nutzungsrechte noch nicht die Eigenschaft als land- oder forstwirtschaftlicher
Unternehmer im Sinne des KVLG begründen könnten. Von einem unternehmensschädlichen "Brachliegenlassen" in
der Forstwirtschaft könne aber zumindest dann keine Rede sein, wenn auf den forstwirtschaftlichen Flächen noch
Bäume stehen, wachsen oder nachwachsen würden (vgl. BSG, Beschluss vom 12.06.1989, Az.: 2 BU 175/88).
Jedenfalls dieser Umstand würde eine tatsächliche Vermutung dahingehend begründen, dass bei bestehenden
Nutzungsrechten die forstwirtschaftliche Bearbeitung auch dementsprechend erfolge, selbst wenn sich
Bearbeitungsmaßnahmen im konkreten Einzelfall nicht feststellen lassen würden (vgl. BSG SozR 5420 § 2 Nr. 30).
Diese Vermutung stützt sich in rechtlicher Hinsicht auf die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften der Waldgesetze
(vgl. z.B. Hessisches LSG, Urteil vom 11.03.1981, Az.: L 3 U 1303/80), die dem Waldeigentümer oder Waldbesitzer -
damals wie heute - konkrete Bewirtschaftungspflichten auferlegen.
Die landwirtschaftliche Unfallversicherung umfasste damit bereits seit jeher Unternehmen der Forstwirtschaft im weit
gesetzten Rahmen des § 658 Abs. 2 Nr. 1 RVO (Betrieb, Einrichtung oder Tätigkeit), der weit über die Grenzen des
"forstwirtschaftlichen Betriebes" im Sinne des Baurechts (vgl. Bayer. Verwaltungsgerichtshof - BayVGH -, Urteil vom
29.01.1979, Az.: 71 XIV 76) und auch im Sinne des Einkommensteuerrechts (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht -
FG -, EFG 1972, S. 532 ) hinausgeht. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung setzte bereits nach der
Rechtsprechung zur RVO vor allem keine Gewinnerzielungsabsicht voraus. Sie stellte nicht wie das
Einkommensteuerrecht auf die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ab (vgl. Niedersächsisches FG,
a.a.O.). Das forstwirtschaftliche Unternehmen im Sinne des Sozialrechts brauchte auch nicht nach den Maßstäben
des Baurechts nachhaltig und mit einer auf Dauer berechneten und auf Dauer lebensfähigen Planung oder Nutzung
größerer Waldflächen mit einer gewissen Intensität betrieben zu werden (vgl. BayVGH, Urteil vom 29.01.1979, Az.: 71
XIV 76). Entscheidend war vielmehr nach dem Sinn und Zweck der landwirtschaftlichen Unfallversicherung allein die
Tatsache, dass forstwirtschaftliche Arbeiten im oben genannten Sinne verrichtet wurden. Die darin liegenden
möglichen Risiken sollten soweit wie möglich durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt werden.
Auch die sozialgerichtliche Rechtsprechung zum SGB VII, wie schon zur RVO, geht durchwegs davon aus, dass die
land- und forstwirtschaftliche Unfallversicherung für das Vorliegen eines Unternehmens keine
Gewinnerzielungsabsicht voraussetzt. Sie stellt nicht, anders als das Einkommensteuerrecht, auf die Beteiligung am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ab (vgl. BayLSG, Urteil vom 23.03.2005, Az.: L 17 U 430/04). Nach Sinn und
Zweck der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist vielmehr entscheidend allein die Tatsache, dass
forstwirtschaftliche Arbeiten, wie die Vorbereitung des Bodens für die Bepflanzung, die Bepflanzung selber, die
Pflegearbeiten einschließlich der Maßnahmen zur Verhütung von Schäden und die Kontrolle des Waldzustandes
sowie des Wachstums aller notwendigen Pflanzen verrichtet werden. Die darin liegenden möglichen Risiken sollen
durch die Unfallversicherung abgedeckt werden (vgl. BayLSG, Urteil vom 17.10.2001, Az.: L 2 U 90/00; BayLSG,
Urteil vom 23.03.2005, Az.: L 17 U 430/04).
Auch außerhalb eines forstwirtschaftlichen Unternehmens ist, um ein landwirtschaftliches Unternehmen bejahen zu
können, eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich; landwirtschaftlicher Unternehmer ist auch der, der sein
Unternehmen als reine Liebhaberei ohne Gewinnerzielungsabsicht betreibt (vgl. BSG, Urteil vom 12.03.1981, Az.: 11
RLw 2/80 - zur Pferdehaltung; BayLSG, Urteil vom 20.08.2003, Az.: L 2 U 290/01).
2.3. Keine Mindestgröße der land- und forstwirtschaftlichen Fläche als Voraussetzung für den land- und
forstwirtschaftli- chen Unternehmerbegriff, Abgrenzung von versicherungsfreien Haus- und Ziergärten
Eine bestimmte Mindestgröße der (im weiten sozialrechtlichen Sinne land- oder forstwirtschaftlich genutzten) Fläche
ist zur Begründung der Unternehmereigenschaft nicht erforderlich. Das Gesetz sieht in § 5 SGB VII für Inhaber land-
und forstwirtschaftlicher Unternehmen bis zu einer Größe von 0,25 ha (bis zum 29.03.2005 noch 0,12 ha) und ihre
Ehegatten aber die Möglichkeit einer Befreiung von der Versicherungspflicht auf Antrag vor. Damit wird gleichzeitig
klargestellt, dass selbst bei Unterschreitung einer Flächengröße von 0,25 ha grundsätzlich eine Versicherungspflicht
in der gesetzlichen landwirtschaftlichen Unfallversicherung besteht. Auch sog. Klein- oder Kleinstflächenbesitzer sind
deshalb, wenn sie sich land- oder forstwirtschaftlich im Sinne des Rechts des SGB VII betätigen, versicherungs- und
beitragspflichtig zu der für sie zuständigen land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft.
Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass auch bei Kleinstunternehmen oder Zwergbetrieben das Unfallrisiko land-
oder forstwirtschaftlicher Tätigkeit im Einzelfall genauso groß sein kann wie in einem großen Unternehmen. So sind
nur Haus-, Zier- und andere Kleingärten gemäß § 123 Abs. 2 SGB VII ebenso wie bei der früher geltenden Regelung
des § 778 RVO unter den dort genannten Voraussetzungen von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung
ausgenommen (vgl. BSG, Urteil vom 31.01.1989, Az.: 2 RU 30/88).
Vorgenannte Überlegungen werden auch bestätigt durch einen Blick in die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes
zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfachungsgesetz), der die Anhebung der
Geringfügigkeitsgrenze auf 0,25 ha beinhaltete. So wurde darin die Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze wie folgt
begründet: "Dadurch soll denjenigen Unternehmern, die landwirtschaftliche Kleinstflächen nicht oder nur in nicht
nennenswertem Umfang nutzen bzw. bewirtschaften, die Möglichkeit eröffnet werden, selbst über die
Schutzbedürftigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung zu entscheiden" (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung
vom 03.09.2004 - Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht
(Verwaltungsvereinfachungsgesetz) - BRatsDrs. 676/04).
Aus den genannten Gründen geht die Rechtsprechung daher auch bei mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken, die
eine Grundfläche von 2.500 qm übersteigen, regelmäßig davon aus, dass es sich dabei um Grundstücke handelt, die
vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung (sei es im Sinne einer Garten- und Parkpflege gemäß § 123
Abs. 1 Nr. 4 SGB VII oder als landwirtschaftliches Unternehmen im Sinne von 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) umfasst
sind (vgl. BayLSG, Urteil vom 16.05.2006, Az: L 3 U 261/04). In diesem Zusammenhang hat das BayLSG ausgeführt,
dass § 123 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, wonach Haus- und Ziergärten von der Versicherungspflicht befreit sind, auch bei
Grundstücken, die wie ein Haus- und Ziergarten in unmittelbarer Verbindung zu einem Wohnhaus stünden, nicht zur
Anwendung kommen könne, wenn die Fläche des Grundstücks die Obergrenze für die nicht von der
landwirtschaftlichen Unfallversicherung erfassten Haus- und Ziergärten von 2.500 qm überschreite. Dies lässt den
Rückschluss zu, dass das BayLSG davon ausgeht, dass auch bei Hausgrundstücken nicht mehr von einem
Hausgarten im Sinne des § 123 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auszugehen ist, wenn die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 SGB
VII von 2.500 qm überschritten ist.
Die Regel, dass Ausnahmevorschriften rechtstechnisch eng auszulegen sind, und die Systematik der gesetzlichen
Regelungen für die Annahme eines landwirtschaftlichen Unternehmens in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung
belegen daher eindeutig, dass das Gesetz mangels ausdrücklich geregelter Ausnahmen hinsichtlich aller anderen
landwirtschaftlichen Unternehmen auch Klein- und Kleinstbetriebe in die Pflichtversicherung einbeziehen wollte (vgl.
BayLSG, Urteil vom 18.01.2007, Az.: L 17 U 300/05).
2.4. Kein Mindestmaß an Arbeitsaufwand bei der Bewirtschaftung der land- oder forstwirtschaftlichen Fläche als
Voraussetzung für den land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmerbegriff
Die Annahme des Status als land- oder forstwirtschaftlicher Unternehmer setzt nicht voraus, dass die Bewirtschaftung
der land- oder forstwirtschaftlichen Fläche ein bestimmtes Mindestmaß an Arbeitsaufwand erfordert. Soweit das BSG
in früheren Entscheidungen geäußert hat, dass land- und forstwirtschaftliche Kleinstunternehmen nicht von der
landwirtschaftlichen Unfallversicherung erfasst würden, wenn der Umfang der Bodenbewirtschaftung eine
arbeitsaufwandsbezogene Geringfügigkeitsgrenze unterschreite (vgl. z.B. BSGE 64, 252, 253; BSG, Beschluss vom
12.06.1989, Az.: 2 BU 175/88), kommt dem unter der Geltung des SGB VII keine Bedeutung mehr zu (vgl. BSG,
Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R). Die Notwendigkeit einer Bagatellgrenze ist ehedem unter dem
Anwendungsbereich der RVO mit dem Zweck der Unfallversicherung begründet worden, der es einerseits gebiete,
wegen der bestehenden Unfallrisiken auch Kleinst- und Zwergbetriebe der Versicherungspflicht zu unterstellen,
andererseits aber einen Versicherungszwang nicht rechtfertige, wenn wegen der geringen Größe und der Eigenheit des
landwirtschaftlichen Grundstücks im konkreten Einzelfall ein nennenswerter Arbeitsaufwand für die
Bodenbewirtschaftung nicht zu erwarten sei. Hintergrund war, dass die RVO selbst, anders als die jetzige Rechtslage
in § 5 SGB VII, keine Geringfügigkeitsgrenze vorsah und die Ausnahmeregelung für Haus-, Zier- und andere
Kleingärten in § 778 RVO nach der Rechtsprechung keine eindeutige Grenzziehung ermöglichte.
Mit der Einführung der flächenabhängigen Möglichkeit zur Versicherungsbefreiung in § 5 SGB VII und der Präzisierung
des Begriffs "Kleingarten" in § 123 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII hat der Gesetzgeber mit der Einführung des SGB VII
klargestellt, wo bei landwirtschaftlichen Kleinstbetrieben die Grenze der Versicherungspflicht verlaufen soll. Einer
durch Richterrecht geschaffenen Bagatellgrenze ist damit die Legitimation und Grundlage entzogen. So hat das BSG
in diversen Entscheidungen die Berechtigung einer durch Richterrecht gesetzten Bagatellgrenze im zeitlichen
Geltungsbereich des SGB VII ausdrücklich verneint (vgl. BSG, Urteil vom 06.05.2003, Az.: B 2 U 37/02 R; BSG,
Urteil vom 11.11.2003, Az.: B 2 U 51/02 R; BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R).
Die Frage des Bewirtschaftungsaufwandes land- und forstwirtschaftlicher Flächen als Abgrenzungsmerkmal zwischen
einem versicherten landwirtschaftlichen Unternehmen und einem versicherungsfreien privaten Grundbesitz stellt sich
daher nicht mehr und ist ersetzt worden durch die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 SGB VII (vgl. BayLSG, Urteil vom
16.05.2006, Az: L 3 U 261/04).
Soweit Ricke (vgl. Ricke, in: Kasseler Kommentar, § 123 SGB VII, RdNr. 5) einerseits zutreffend auf die
Rechtsprechung des BSG zur (durch eine Mindestgröße beschriebene) Geringfügigkeitsgrenze hinweist, diese
Rechtsprechung aber insofern wieder etwas relativiert, als er die Ansicht äußert, dass bei minimalsten und nur
gelegentlichen Tätigkeiten Ausnahmen begründet sein können, so kann das Gericht diesen Ausführungen nicht
zustimmen. Denn durch diese Relativierung würde wiederum eine Bagatellgrenze in Anlehnung an die zur
Rechtsprechung zur RVO entwickelten Grundsätze eingeführt, was im eindeutigen Widerspruch zur gesetzlichen
Regelung und der insofern eindeutigen Rechtsprechung des BSG stehen würde. Vielmehr kann bei
landwirtschaftlichen Flächen erst dann vom Nichtvorliegen eines landwirtschaftlichen Unternehmens ausgegangen
werden, wenn durch objektive Gesichtspunkte nachgewiesen ist, dass eine landwirtschaftliche Nutzung im weitesten
Sinne auf längere Zeit nicht erfolgt oder nicht beabsichtigt ist. So führt beispielsweise das Brachliegenlassen
landwirtschaftlicher Flächen erst dann zum Entfall eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn ein Zeitraum von
fünf Jahren ohne irgendeine Nutzung vergangen ist (vgl. BSG, Urteil vom 23.09.2004, Az.: B 10 LW 13/02 R - zum
Recht der landwirtschaftlichen Altersversorgung).
Nicht einer Überprüfung durch die Rechtsprechung unterliegt die Frage, ob das durch den Gesetzgeber eingeführte
Abgrenzungsmerkmal der Grundstücksfläche die Frage der Versicherungspflicht/Versicherungsbefreiung besser und
sachgerechter lösen kann, als dies früher durch die Rechtsprechung anhand des Kriteriums des Mindestaufwands der
Bewirtschaftung erfolgt ist. Denn bei der Frage der Schaffung von Abgrenzungsmerkmalen ist dem Gesetzgeber ein
weiter Spielraum eröffnet, der allenfalls dann überschritten wäre, wenn die vom Gesetzgeber eingeführte Regelung
schlichtweg nicht tragbar wäre und zu völlig ungerechten Ergebnissen führen würde. Davon kann aber vorliegend nicht
ausgegangen werden. Vielmehr ist durch die Einführung einer flächenabhängigen Geringfügigkeitsgrenze ein anhand
von objektiven Kriterien leicht bestimmbares Abgrenzungsmerkmal geschaffen worden, dass mehr Rechtssicherheit
gewährleistet, als dies bei dem unbestimmten Rechtsbegriff eines Mindestaufwands der Fall wäre. Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit des § 5 SGB VII hat das Gericht daher nicht.
Dass eine Flächengrenze von 2.500 qm im Einzelfall zu Unverständnis bei den Betroffenen führen kann, ist
nachvollziehbar, angesichts des Schutzzwecks der gesetzlichen Unfallversicherung und der geschichtlichen
Hintergründe jedoch hinzunehmen. Auch die Kommentarliteratur weist zutreffend auf die sozialpolitische
Fragwürdigkeit der Versicherungspflicht kleinster landwirtschaftlicher Unternehmen, aber auch darauf hin, dass die
Lösung dieser Frage nicht über den Unternehmensbegriff durch die Rechtsprechung erfolgen kann, sondern nur durch
den Gesetzgeber möglich ist (vgl. Ricke, a.a.O., § 123 SGB VII, RdNr. 5 a.E.).
2.5. Frage der Bewirtschaftung oder Bewirtschaftungsabsicht in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft als
Voraussetzung für den forstwirtschaftlichen Unternehmerbegriff
2.5.1. Forstwirtschaftlicher Unternehmerbegriff: keine konkrete Bewirtschaftung oder Bewirtschaftungsabsicht in der
Vergangen- heit, Gegenwart oder Zukunft erforderlich
Die Rechtsprechung zu forstwirtschaftlichen Flächen ist insofern eindeutig: Ob eine Bewirtschaftung der
forstwirtschaftlichen Fläche in der Vergangenheit nicht erfolgt ist, derzeit nicht geschieht und auch für die Zukunft
nicht beabsichtigt ist, ist ohne Einfluss auf die Versicherungspflicht. Die Bearbeitung und Bewirtschaftung von
Waldflächen kann entsprechend der Eigenart der Forstwirtschaft auf verschiedene Weise erfolgen. Während die sog.
Nachhaltsunternehmen jedes Jahr schlagreifes Holz ernten, geschieht dies bei den sog. aussetzenden Unternehmen
nur in mehrjährigen Zwischenräumen, wobei sich die Zeiten ohne Anbau und Einschlag von Holz über Jahrzehnte
hinziehen können. Demnach können sich forstwirtschaftliche Unternehmen zumindest über lange Zeiträume hinweg in
ihrer äußeren Erscheinung stark unterscheiden. Gemeinsam ist ihnen lediglich der Bestand von Flächen, auf denen
Bäume wachsen bzw. nachwachsen; irgendwelche konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen (z.B. Anpflanzungen,
Fällungen) bzw. deren Spuren gehören nicht zum notwendigen Erscheinungsbild eines forstwirtschaftlichen
Unternehmens (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R; BayLSG, Urteil
vom 11.05.2005, Az.: L 2 U 298/04; BayLSG, Urteil vom 10.05.2005, Az.: L 17 U 179/04; BayLSG, Urteil vom
23.03.2005, Az.: L 17 U 430/04; BayLSG, Urteil vom 17.10.2001, Az.: L 2 U 90/00).
Es ist daher auch ohne jede Bedeutung, wenn völlig glaubhaft angegeben wird, dass weder in der Vergangenheit noch
irgendwann in der Zukunft eine forstwirtschaftliche Nutzung erfolgen werde. Denn damit kann die Vermutung der
Eigenschaft des Nutzungsberechtigten als forstwirtschaftlicher Unternehmer nicht widerlegt werden (vgl. BayLSG,
Urteil vom 17.10.2001, Az.: L 2 U 219/99). Greifbare Umstände, die auf eine andersartige, nicht auf die Gewinnung
von Forsterzeugnissen gerichtete Nutzung der Waldfläche hinweisen, ergeben sich daraus nicht. Die bloße Absicht,
keine forstwirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten, ändert an der Eigenschaft als forstwirtschaftlicher Unternehmer
jedenfalls solange nichts, wie auf dem Grundstück forstwirtschaftliche Pflanzen wachsen. Sie entzieht der auf
tatsächliche und rechtliche Kriterien gestützten Vermutung keine ihrer Grundlagen. Insbesondere in rechtlicher
Hinsicht ändert sich dadurch an der Verpflichtung des Waldbesitzers, den Wald jedenfalls in gewissem Umfang zu
bewirtschaften, nichts (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.1999, Az.: B 2 U 40/98 R).
Aufgrund der die Forstwirtschaft prägenden langen Bewirtschaftungszeiträume besteht die - widerlegbare - Vermutung,
dass bei bestehenden Nutzungsrechten an forstwirtschaftlichen Flächen auch bei im Einzelfall fehlenden konkreten
Bewirtschaftungsmaßnahmen eine forstwirtschaftliche Tätigkeit und damit die Eigenschaft des Nutzungsberechtigten
als forstwirtschaftlicher Unternehmer gegeben ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 776 Nr. 5; ebenso für den Bereich der
landwirtschaftlichen Krankenversicherung: BSG SozR 5420 § 2 Nr. 30). Solange auf den streitgegenständlichen
Flächen Bäume wachsen oder nachwachsen, kann von einem "Brachliegenlassen" nicht gesprochen werden, auch
wenn über einen langen Zeitraum keine Pflege- oder Erhaltungsmaßnahmen vorgenommen werden. Dabei begründet
sich die aufgezeigte Vermutung u.a. damit, dass nach den landesrechtlichen Waldgesetzen, auch dem Waldgesetz
für Bayern (BayWaldG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.07.2005 (GVBl 2005, S. 313), den Eigentümern
und Nutzungsberechtigten von Waldgrundstücken Pflichten (vgl. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG:
Wiederaufforstungspflicht bei Schadenseintritt, d.h. unabhängig davon, ob der Waldbesitzer den Anlass für die
Erforderlichkeit der Wideraufforstung gesetzt hat) im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der Waldflächen
auferlegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 03.05.1984, Az.: 11 RK 1/83; BayLSG, Urteil
vom 23.03.2005; Az.: L 17 U 430/04). Darauf, ob waldrechtliche Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung der
Pflichten eröffnet sind, kommt es nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.1999, Az.: B 2 U 40/98 R).
Um die Vermutung der Eigenschaft des Nutzungsberechtigten als forstwirtschaftlicher Unternehmer zu widerlegen,
reicht es deshalb nicht aus, wenn behauptet wird, die betreffende Forstfläche werde, gleich aus welchen Gründen,
nicht bewirtschaftet. So ist beispielsweise das BayLSG (vgl. BayLSG, Urteil vom 11.05.2005, Az.: L 2 U 298/04) von
einer Beitragspflichtigkeit ausgegangen, obwohl dagegen eingewandt worden war, dass keinerlei Nutzung des
Grundstücks stattfinde, es in den letzten 50 Jahren von keinem Eigentümer betreten worden sei, keinerlei Zugang
bestehe, da sich rundum bebaute Grundstücke befänden, das Grundstück seit dem 19. Jahrhundert Brachland sei und
daher keinerlei Versicherungsrisiko bestehe.
Lediglich dann, wenn (potentiell gefährdende) Tätigkeiten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen vollständig
ausgeschlossen sind, wobei hier die Beweislast dem potentiellen (als Unternehmer) Versicherten obliegt, kann von
einer forstwirtschaftlichen Tätigkeit nicht mehr ausgegangen werden, sodass unter keinem Gesichtspunkt mehr ein
Bedürfnis für einen unfallversicherungsrechtlichen Schutz besteht und damit jede Legitimation für die Einbeziehung in
die gesetzliche Unfallversicherung entfällt (vgl. Sozialgericht - SG - Augsburg, Gerichtsbescheid vom 03.08.2007,
Az.: S 5 U 5056/07 L).
2.5.2. Landwirtschaftlicher Unternehmerbegriff: keine unmittel- bare/konkrete Bewirtschaftung oder
Bewirtschaftungsabsicht er- forderlich
Auch wenn die Ausgangslage bei landwirtschaftlichen Flächen auf der einen und forstwirtschaftlichen Flächen auf der
anderen Seite nicht identisch ist, da die forstwirtschaftlichen Flächen aufgrund der spezifischen Besonderheiten des
Waldes auch bei einer beabsichtigten wirtschaftlichen Nutzung möglicherweise über mehrere Jahre hinweg unberührt
bleiben, stellt die sozialgerichtliche Rechtsprechung zu landwirtschaftlichen Flächen nur etwas geringere
Anforderungen auf. So ist von der Aufgabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens wegen fehlender
landwirtschaftlicher Nutzung erst dann auszugehen, wenn aufgrund objektiver Umstände und einer prognostischen
Sicht davon auszugehen ist, dass keine Landwirtschaft mehr betrieben wird. Dabei ist von einem nachhaltigen
Brachliegenlassen landwirtschaftlicher Flächen, das zum Entfall eines landwirtschaftlichen Unternehmens führt, nach
den Vorstellungen des Gesetzgebers erst nach einem Zeitraum von fünf Jahren auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom
23.09.2004, Az.: B 10 LW 13/02 R - zum Recht der landwirtschaftlichen Altersversorgung).
Es ist daher bei potentiell landwirtschaftlich nutzbaren Flächen davon auszugehen, dass eine Versicherungspflicht
lediglich dann nicht besteht, wenn landwirtschaftliche Tätigkeiten, die eine Gefahrenquelle für Versicherungsfälle im
Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung eröffnet, weitgehend auszuschließen sind.
2.6. Vielgestaltigkeit der (potentiellen) Tätigkeiten im Rahmen eines landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinne des
Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung
Landwirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung können in vielfältiger und
vielgestaltiger Form vorliegen. Insbesondere die Bodenbewirtschaftung stellt eine landwirtschaftliche Tätigkeit dar
(vgl. Ricke, a.a.O., § 123 SGB VII, RdNr. 6). Unter Bodenbewirtschaftung sind Tätigkeiten von nicht ganz kurzer
Dauer zu verstehen, die dazu bestimmt sind, Bodengewächse überwiegend planmäßig aufzuziehen, abzuernten oder
in sonstiger Weise zu nutzen (vgl. BSG, Urteil vom 11.11.2003, Az. B 2 U 51/02 R).
Auch die Zucht und Pflege von Haustieren können ein landwirtschaftliches Unternehmen begründen (BSGE 48,181
,183). Eine landwirtschaftliche Tätigkeit ist in derartigen Fällen insbesondere dann gegeben, wenn eine
Bodenbewirtschaftung durch Abweidung durch die gehaltenen Tiere erfolgt (vgl. auch BSG, Urteil vom 29.09.1997,
Az.: 10 BK 1/97).
Werden die Tiere nicht mehr für eine landwirtschaftliche Nutzung gehalten, wie dies (insbesondere früher) zur
Ackerbewirtschaftung der Fall war, ist dann nicht mehr von einem landwirtschaftlichen Unternehmen, sondern von
einer entweder privaten oder unter einem anderen Gesichtspunkt als der Bodenbewirtschaftung versicherten
Tierhaltung auszugehen, wenn die vorhandenen Flächen nicht mehr in relevantem Umfang für die Futtergewinnung
verwendet werden (vgl. BayLSG, Urteil vom 04.04.2005, Az.: L 17 U 360/04). Von einer relevanten Futtergewinnung
durch die möglicherweise der Versicherungspflicht unterliegenden Flächen ist dann nicht mehr auszugehen, wenn bei
natürlicher Betrachtungsweise ein ins Gewicht fallender Teil des Futters nicht mehr dem Bodenertrag entstammt (vgl.
BayLSG, Urteil vom 20.08.2003, Az.: L 2 U 290/01: In dem zu Grunde liegenden Fall stand eine Weidefläche von 0,62
ha einem Tierbestand von sieben Pferden gegenüber). Die Kommentarliteratur (vgl. Ricke, a.a.O., § 123 SGB VII,
RdNr. 9, m.w.N.) hält es für die Begründung einer Versicherungspflicht für ausreichend, wenn etwa 1/5 des
Futterbedarfs durch die eigenen Flächen gedeckt werden.
Wird kein relevanter Futteranteil mehr aus den eigenen Flächen gewonnen, steht die Tierhaltung im Vordergrund und
die Frage der Beurteilung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung hängt davon ab, ob die
Tierhaltung eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung eröffnet, wobei sich die Zuständigkeit aus
dem Hauptunternehmen (der Tierhaltung) ergeben würde.
Werden also die zur Verfügung stehenden Flächen den gehaltenen Tieren rein als Auslauffläche zur Verfügung
gestellt, ohne dass sie aus diesen Flächen auch Nahrung aufnehmen können (dies ist dann der Fall, wenn es sich um
eine Koppel handelt, die nicht mehr mit Gras bewachsen ist), kann von einem landwirtschaftlichen Unternehmen im
Sinne der gesetzlichen landwirtschaftlichen Unfallversicherung nicht ausgegangen werden (vgl. BayLSG, Urteil vom
04.04.2005, Az.: L 17 U 360/04).
2.7. Keine Auswirkungen des Bestehens privatrechtlicher Versicherungen und damit einer anderweitigen Absicherung
der aus der landwirtschaftlichen Fläche resultierenden Unfallgefahr auf die Pflichtmitgliedschaft
Ob etwaige, aus dem im Sinne des Sozialrechts gegebenen landwirtschaftlichen Unternehmen resultierende Risiken
durch andere Versicherungen (insbesondere eine private Unfallversicherung) abgedeckt sind, ist ohne jede Bedeutung
für die Frage der kraft Gesetzes vorliegenden Versicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung. Denn einer vom
Gesetzgeber vorgesehenen Pflichtmitgliedschaft in einem Teil der gesetzlichen Sozialversicherungssysteme kann
nicht durch den Abschluss privater Versicherungsverträge ausgewichen werden und damit dem System der
Sozialversicherung der Boden entzogen werden. Insofern stellt eine private Unfallversicherung lediglich eine private,
im Belieben des Versicherten stehende, ergänzende, nicht aber eine die zwingende gesetzliche Versicherung
ersetzende Absicherung dar (vgl. zur grundsätzlichen Frage der Vereinbarkeit des Systems der gesetzlichen
Unfallversicherung im Sinne einer Pflichtmitgliedschaft mit Verfassungs- und Europarecht: BSG, Urteil vom
09.05.2006, Az.: B 2 U 34/05 R).
2.8. Keine Versicherungspflicht bei Haus- und Ziergärten oder anderen Kleingärten gemäß § 123 Abs. 2 SGB VII
In der Praxis läuft die Regelung des § 123 Abs. 2 SGB VII weitgehend leer (vgl. Ricke, a.a.O., § 123 SGB VII, RdNr.
29). Jedenfalls ist die Annahme einer Ausnahme von der Versicherungspflicht bei derartigen Gärten ausgeschlossen,
wenn diese eine Größe von 2.500 qm übersteigen (vgl. Ricke, a.a.O., § 123 SGB VII, RdNr. 30, m.w.N.; BayLSG,
Urteil vom 16.05.2006, Az.: L 3 u 261/04).
2.9. Ausschluss der Versicherungspflicht durch Versicherungsbe- freiung gemäß § 5 SGB VII
Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft im oben dargestellten Sinne können auf Antrag von der Versicherung in
der landwirtschaftlichen Unfallversicherung befreit werden, wenn das landwirtschaftliche Unternehmen die Größe von
0,25 ha nicht übersteigt.
3. Übertragung der Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Fall
Der Kläger ist als landwirtschaftlicher Kleinstunternehmer bei der Beklagten versichert.
Er verfügt über Wiesenflächen mit einer Größe von etwas über 0,3 ha, nach den letzten Ermittlungen der Beklagten
sogar über weitere 0,4 ha.
Auf diesen Flächen werden zwei Ponys gehalten. Nach den Angaben des Klägers wird die zur Verfügung stehende
Fläche (von rund 0,3 ha) etwa zur Hälfte als Weide, zur anderen Hälfte zur Futtergewinnung genutzt.
Ein relevanter Anteil des Futterbedarfs wird durch die eigenen Flächen gedeckt. Nach den eigenen Angaben des
Klägers werden rund 30 % des Futters aus den eigenen Flächen gewonnen. Dies geschieht zum einen durch das
Abweiden durch die gehaltenen Tiere, zum anderen durch das einmal im Jahr per Hand erfolgende Abmähen des
Grundstücks.
Mit der beschriebenen Nutzung des Grundstücks erfolgt eine Bodenbewirtschaftung durch Abweiden durch die
gehaltenen Ponys, für die das Futter zu einem relevanten Anteil aus dem Grundstück des Klägers gewonnen wird.
Damit stellt die Nutzung des Grundstücks eine landwirtschaftliche Nutzung dar, für die eine Befreiung von der
Versicherung nicht möglich ist, da die Fläche die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 SGB VII überschreitet.
Zu den einzelnen Einwendungen des Klägers ist ergänzend Folgendes festzuhalten:
- Wenn der Kläger vorträgt, dass eine Gewinnerzielungsabsicht nicht vorliege, mag dies zwar zutreffen, ist aber für die
unfallversicherungsrechtliche Beurteilung irrelevant. Eine Gewinnerzielungsabsicht muss, wie oben ausführlich
erläutert, mit dem landwirtschaftlichen Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nicht verbunden
sein. Insofern ist der landläufige Begriff des "Unternehmers" nicht deckungsgleich mit dem
unfallversicherungsrechtlichen Unternehmerbegriff.
- Entgegen der Annahme des Klägers liegt sehr wohl eine landwirtschaftliche Tätigkeit vor. Nach der oben
aufgezeigten und überzeugenden Rechtsprechung stellt das Abweiden von Flächen durch Tiere und die
Futtergewinnung aus diesen Flächen, wie dies hier erfolgt, eine landwirtschaftliche Nutzung dar.
- Sowohl die vorliegende Nutzung des Grundstücks als auch dessen über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 SGB VII
liegende Größe lassen es nicht zu, von einem (unversicherten) Hausgarten im Sinne des § 123 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII
auszugehen.
- Dass der Kläger rund 70 % des Futters zukaufen muss, steht einer landwirtschaftlichen Nutzung im Sinne einer
Bodenbewirtschaftung im Zusammenhang mit der Tierhaltung nicht entgegen. Denn die Gewinnung eines Anteils von
rund 30 % des Futters, die im Wesentlichen durch das Abweiden, teilweise auch durch das Abmähen erfolgt, ist, wie
oben ausgeführt, ausreichend dafür, von einer versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Nutzung im Sinne einer
Bodenbewirtschaftung auszugehen.
- Ohne rechtliche Bedeutung ist es, wenn der Kläger - auch aus Sicht des Gerichts nicht völlig ohne Grund - darauf
hinweist, dass in derartigen Fällen kein Anlass besteht, wegen der (in derartigen Konstellationen aufgrund der in nur
sehr geringem Umfang ausgeübten landwirtschaftlichen Nutzung) fernliegenden Gefahr möglicher Unfälle von einer
Schutzbedürftigkeit auszugehen, die letztlich die Legitimation der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Unfallversicherung darstellt. Denn aufgrund der vom Gesetzgeber in § 5 SGB VII festgeschriebenen
Geringfügigkeitsgrenze ist es dem Gericht nicht (mehr, d.h. anders als noch zu Zeiten der Geltung der RVO,) möglich,
aufgrund einer durch den geringen Arbeitsaufwand begründeten Bagatellgrenze gegebenenfalls vom Nichtvorliegen
einer Versicherungspflichtigkeit auszugehen. Dass dieses Ergebnis unter Umständen sozialpolitisch fragwürdig ist,
kann nur durch den Gesetzgeber, nicht aber die Rechtsprechung korrigiert werden.
- Es ist daher auch unbeachtlich, wenn sich der Kläger privat gegen das Unfallrisiko absichert. Die gesetzliche
Unfallversicherung stellt keine Option oder Wahlmöglichkeit bei der Absicherung dar, sondern baut auf einer
Pflichtmitgliedschaft kraft Gesetzes auf, der man sich nicht durch privatrechtliche Gestaltungen entziehen kann. Denn
anderenfalls würde der gesetzlichen Sozialversicherung, hier der Unfallversicherung, die Grundlage entzogen.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Beklagte zu Recht ihre Zuständigkeit für den Kläger als
landwirtschaftlichen Kleinstunternehmer im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung erklärt hat.
Die Klage ist als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG und nicht aus § 197 a SGG, da der Kläger zu den in § 183
SGG benannten Personen gehört.
Dies entspricht der ständigen und aktuellen Rechtsprechung des BayLSG, die auf die ausführlichen Erläuterungen im
Beschluss des Präsidentensenats vom 29.06.2005, Az.: L 1/3 U 291/04, verweist (vgl. Beschlüsse aller für den
Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung zuständigen Senate des BayLSG, z.B. vom 11.10.2006, Az.: L 2 U
152/04, vom 16.05.2006, Az.: L 3 U 261/04, und vom 04.10.2006, Az.: L 17 B 603/05 U ER).
Ansatzpunkte, von dieser ständigen bayerischen Rechtsprechung abzuweichen, sieht das Gericht auch in Ansehung
des Beschlusses des LSG Baden-Württemberg vom 15.03.2007, Az.: L 10 U 900/07 ER, L 10 U 900/07, nicht. Die
dort vorgenommene Interpretation des Beschlusses des BSG vom 23.11.2006, Az.: B 2 U 258/06 B, kann das
Gericht nicht teilen. So ist für das Gericht nicht erkennbar, dass sich das BSG in der vorgenannten Entscheidung
weitergehende Gedanken zur Frage, ob bei Beitragsstreitigkeiten von Land- und Forstwirten ein Anwendungsfall des §
197 a SGG gegeben ist, gemacht hat. Vielmehr liegt für das Gericht der Schluss nahe, dass das BSG zur Frage der
Anwendbarkeit des § 197 a SGG keine grundlegende Entscheidung hat treffen wollen und sich bei dieser Frage
lediglich unreflektiert der Ansicht des vorentscheidenden Gerichts angeschlossen hat. Hätte das BSG eine
grundlegende Entscheidung zu § 197 a SGG treffen wollen, hätte es sich mit Sicherheit mit der unterschiedlichen
Rechtsprechung auf Ebene der Landessozialgerichte auseinandergesetzt. Dass dazu im Beschluss des BSG vom
23.11.2006 keinerlei Ausführungen enthalten sind, belegt, dass die Frage, ob § 197 a SGG bei derartigen
Streitigkeiten zur Anwendung kommt, keiner genaueren Prüfung unterzogen worden ist.