Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 15.05.2007

OVG Koblenz: bebauungsplan, schutz der gesundheit, halle, öffentliches interesse, staatliches handeln, karte, flughafen, entlastung, gutachter, befreiung

OVG
Koblenz
15.05.2007
8 C 10751/06.OVG
Bauplanungsrecht; Normenkontrolle
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Normenkontrollverfahren
1. der Frau K.,
2. des Herrn B.,
3. der Frau K.,
4. des Herrn E.,
5. des Herrn R.,
6. der Frau R.,
7. der Frau W.,
8. der Frau K.,
9. des Herrn K.,
10. des Herrn N.,
11. der Frau N.,
12. des Herrn S.,
- Antragsteller -
Prozessbevollmächtigter zu 1-12: Rechtsanwalt Dr.jur. Hans Goll, Mathystraße 17, 76133 Karlsruhe,
gegen
die Ortsgemeinde Jockgrim, vertreten durch den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Jockgrim, Untere
Buch Straße 22, 76751 Jockgrim,
- Antragsgegnerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Allen & Overy, Taunustor 2, 60311 Frankfurt,
wegen Normenkontrolle (Bebauungsplan)
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 25. April 2007, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held
Richterin am Oberverwaltungsgericht Lang
Richter am Oberverwaltungsgericht Müller-Rentschler
für Recht erkannt:
Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan “Ortsrandstraße Teil 2/K 10“ der
Antragsgegnerin.
Es handelt es sich um einen einfachen Bebauungsplan, der die öffentliche Verkehrsfläche für den zweiten
Teil einer Ortsumgehung im westlichen Teil der Gemeinde Jockgrim ausweist, verbunden mit
Festsetzungen über öffentliche Grünflächen, Flächen für Schutzbepflanzungen entlang der Trasse sowie
einen angrenzenden Lärmschutzwall zu dem in östlicher Richtung geplanten Wohngebiet „Waldäcker“.
Der Bebauungsplan umfasst eine Bruttofläche von 4,91 ha. Die geplante Straße soll an den fertig
gestellten ersten Teil der Ortsrandstraße anschließen, der ortsseitig derzeit über die B...straße erreichbar
ist. Die dadurch bedingte Zunahme des Straßenverkehrs in dieser Straße bis zur Realisierung des zweiten
Teils der Ortsrandstraße wurde seinerzeit als unvermeidbare Zwischenphase in Kauf genommen. Der
Bebauungsplan über den ersten Teil der Ortsrandstraße war Gegenstand zweier Normenkontrollverfahren
vor dem Senat (Az.: 8 C 11432/96, 8 C 11556/98).
Die im Jahr 1996 eingeleitete Planung zum zweiten Teil der Ortsrandstraße geht ebenfalls zurück auf
einen Dorfentwicklungsplan aus dem Jahr 1987, der die verkehrliche Entlastung der Innerortslage zum
Gegenstand hat. Darin wurden zum einen Möglichkeiten einer Ableitung des Durchgangsverkehrs aus
Rheinzabern und zum anderen einer Ableitung sowohl des Ziel- und Quellverkehrs aus dem nördlichen
Teil Jockgrims nach Osten auf die B 9 als auch einer Ableitung des Durchgangverkehrs aus Hatzenbühl
einschließlich des Ziel- und Quellverkehrs aus dem südwestlichen Teil von Jockgrim nach Süden auf die L
540 aufgezeigt.
Das Plangebiet liegt innerhalb eines im Landesentwicklungsprogramm Rheinland-Pfalz (1995)
ausgewiesenen Gebiets für den Arten- und Biotopschutz und im Grenzbereich eines im regionalen
Raumordnungsplan Rheinpfalz (2004) dargestellten Grünzugs; die Abweichung von den Zielen des
Landesentwicklungsprogramms und des vorangegangenen regionalen Raumordnungsplans aus dem
Jahr 1989 hatte das Ministerium des Innern und für Sport des Landes mit Bescheid vom 27. Dezember
2001 zugelassen. Die Straßenfläche des zweiten Teils der Ortsrandstraße führt ferner durch ein gesetzlich
geschütztes Biotop, wofür unter dem 27. September 2005 von der Struktur- und Genehmigungsdirektion
Süd eine Befreiung nach dem Landesnaturschutzgesetz erteilt wurde. Die Straßenfläche liegt schließlich
im Landschaftsschutzgebiet „Bienwald“ und quert das FFH-Schutzgebiet „Bienwaldschwemmfächer“
sowie das Vogelschutzgebiet „Bienwald und Viehstrichwiesen“ in ihren Randbereichen.
Nach Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange beschloss
der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 10. Mai 2006 den Bebauungsplan, der noch im selben Monat
ausgefertigt und bekannt gemacht wurde.
Dagegen richtet sich der Normenkontrollantrag der Antragsteller vom 23. Juni 2006. Sie tragen im Kern
vor, das Abwägungsgebot und dabei relevante subjektive Rechtspositionen seien missachtet worden. Der
Bebauungsplan habe Auswirkungen auf die Verkehrsströme in der Südpfalz. Während die bestehende
Verkehrsführung weitgehend die Aufnahme überregionalen Verkehrs verhindere, werde die Attraktivität
der Ortsrandstraße 2/K 10 die Verkehrsströme insbesondere mit überregionalem Verkehr durch Jockgrim
und die umliegenden Gemeinden in Richtung Wörth verstärken. Hierzu werde auch die Freigabe der
gesamten neuen K 10 für den Schwerlastverkehr beitragen. Insgesamt entstehe - über Hatzenbühl - eine
Ausweichstrecke für die Bundesautobahn A 65. Die eigentliche Zielsetzung der Baumaßnahme sei
demnach nicht die Verkehrsentlastung der Innerortslage von Jockgrim, sondern die überörtliche
Verkehrsversorgung, die nicht mittels eines Bebauungsplanes habe geregelt werden dürfen. Die
angesichts eines überregionalen Verkehrsvorhabens drohenden hohen Lärmimmissionen für die in
nächster Nähe zum Straßenvorhaben gelegenen Grundstücke der Antragsteller seien bei der Abwägung
allerdings unberücksichtigt geblieben. Darüber hinaus begründeten die prognostizierten
Verkehrsentlastungswirkungen kein öffentliches Interesse für das Straßenvorhaben. Dieses sei nicht zu
rechtfertigen mit einer Verkehrsentlastung in der B...straße von nur 24%. Dasselbe gelte für die in den
Verkehrsgutachten der Firma M. C. U. GmbH angenommene Zunahme des Durchgangverkehrs um 16%.
Es stehe zudem zu erwarten, dass der Ziel- und Quellverkehr großer Teile Jockgrims weiterhin die
Ortsmitte frequentieren werde. Die Aussagequalität des Gutachtens der M. C. U. GmbH aus dem Jahr
2005 leide, weil sie nicht von aktuellen Verkehrsuntersuchungen in Form von Verkehrszählungen
hinsichtlich der Be- und Entlastungen durch Straßenverkehr insbesondere in der B...straße ausgehe. Die
prognostizierten Verkehrssteigerungen seien nicht hinreichend untermauert worden; die Annahme einer
allgemeinen Mobilitätszunahme unter Außerachtlassung demographischer Entwicklungen entwerte das
Gutachten. Das Straßenvorhaben stehe mit seiner nur geringen Entlastungswirkung schließlich außer Ver-
hältnis zu der Zerstörung bedeutsamer Lebensräume gemäß der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie,
deren naturschützende Vorgaben nicht eingehalten werden könnten.
Die Antragsteller beantragen,
den Bebauungsplan „Ortsrandstraße Teil 2/K10“ für unwirksam zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
den Normenkontrollantrag abzulehnen.
Sie hält die Antragsteller bereits zum Teil für nicht antragsbefugt, weil ihre Wohngrundstücke bis zu 400 m
Luftlinie von der geplanten Straßenverkehrsfläche entfernt gelegen seien, den Normenkontrollantrag im
Übrigen für unbegründet. Die Planung der Straße mittels Bebauungsplan sei gerechtfertigt, insbesondere
sei gemäß § 5 Abs. 2 Landesstraßengesetz nicht die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens
erforderlich gewesen. Dem Abwägungsgebot werde Genüge getan. Hinsichtlich der Entlastungswirkung
stelle es eine unzulässige Verkürzung dar, wenn allein die Wirkungen des zweiten Teils der
Ortsrandstraße in den Blick genommen würden; entscheidend sei die in ihrem Ziel der Verkehrsentlastung
des Ortskerns anzuerkennende Gesamtmaßnahme, deren erster Abschnitt bereits zu einer erheblichen
Entlastung geführt habe. Die Verkehrszunahme durch den geplanten Teil der Ortsrandstraße sei von dem
Gemeinderat der Antragsgegnerin auf der Grundlage der überzeugenden Verkehrsgutachten der M. C. U.
GmbH erkannt und in die Abwägung eingestellt worden. Er habe sich dabei für den Vorrang einer
Entlastung von dem Durchgangsverkehr in der H. Straße und dem Ziel- und Quellverkehr in Jockgrim
entscheiden dürfen, der nur unter Inkaufnahme einer (gemäßigten) Zunahme des Fremdverkehrs zu
erreichen sei. Die Entlastung der B...straße sei auch nicht so gering, dass ihr ein öffentliches Interesse
abgesprochen werden könne. Die schalltechnischen Untersuchungen ergäben im Bereich der B...straße
vielfach deutliche Pegelabnahmen im Bereich von mehr als 2 dB(A). Der Bebauungsplan erweise sich
des Weiteren in naturschutzrechtlicher Hinsicht als rechtsfehlerfrei. Die Verträglichkeitsprüfung gelange zu
dem Ergebnis, dass durch spezifische vorgezogene und funktionsgleiche Maßnahmen die durch die
Straße bedingten erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensraumtypen, Habitate und Arten
ausgeschlossen werden könnten. Jedenfalls sei aber eine Abweichungszulassung möglich, und zwar
auch hinsichtlich des Vogelschutzgebiets. Hierfür sei ausreichend, dass dieses kraft Gesetzes formal unter
Schutz gestellt worden sei und Erhaltungsziele sowie Erhaltungsmaßnahmen in nachgeordneten
Verfahren geregelt würden; deshalb greife nicht das absolute Verschlechterungsverbot nach Art. 4 Abs. 4
Satz 1 der Vogelschutzrichtlinie. Die Entlastung von dem gesamten innerörtlichen Verkehr zum Schutz der
Gesundheit der dort lebenden Menschen, zunächst mit Teil 1 der Ortsrandstraße, nunmehr abschließend
mit dem zweiten Teil, stelle einen zwingenden Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses dar, der
eine Abweichung von den Erhaltungszielen der Schutzgebiete rechtfertige. Es existierten keine
zumutbaren Alternativen, die den mit dem Plan verfolgten Zweck an anderer Stelle oder mit geringeren
Beeinträchtigungen erreichen könnten. Aufgrund der Großflächigkeit der Schutzgebiete stelle jede andere
Trassenführung, die im Übrigen durch die Lage des ersten Teils der Ortsrandstraße im Umfeld vor-
gegeben sei, eine nicht weniger erhebliche Beeinträchtigung dar. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf
gemeindeeigenen Gründstücken in zeitlichem und funktionalem Zusammenhang mit der Planung seien
auf die Grundlage gutachterlicher Bewertung in Ziffer I. 7 der textlichen Festsetzungen zum
Bebauungsplan geregelt. Dieser Schutz des FFH-Regimes umfasse auch das betroffene Biotop.
Schließlich stehe das Artenschutzrecht der Straßenplanung nicht entgegen. Hinsichtlich der
Verwirklichung möglicher Verbotstatbestände bestehe eine Befreiungslage, was für die Rechtmäßigkeit
eines Bebauungsplans ausreiche. Eine artenschutzrechtlich weniger einschneidende Alternative bestehe
nicht; gutachterlich sei festgestellt, dass den geschützten Vogelarten ein günstiger Erhaltungszustand
gewahrt werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die eingereichten
Planaufstellungsunterlagen verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung und
Entscheidungsfindung gewesen sind.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Der zulässige Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan „Ortsrandstraße Teil 2/K 10“ ist
unbegründet.
Die Antragsteller sind insbesondere antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, denn sie
können geltend machen, durch den Bebauungsplan oder dessen Anwendung in ihren Rechten verletzt zu
sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Für die Antragstellerin zu 1) folgt dies daraus, dass sie als
Eigentümerin eines in dem Bereich der geplanten Straßentrasse gelegenen Grundstücks eine mögliche
Verletzung ihrer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsstellung anführen kann. Die Antragsteller zu
2) bis 12) vermögen sich auf eine mögliche Verletzung ihres Rechts auf gerechte Abwägung (§ 1 Abs. 6
BauGB in der vor dem 20. Juli 2004 geltenden Fassung) ihrer privaten Belange zu berufen. Zu diesen
Belangen gehört das Interesse eines auch außerhalb des Plangebiets begüterten Eigentümers an der
Vermeidung von Verkehrsimmissionen, denen sein Grundstück durch von der Planung zurechenbar
verursachtem (Mehr)Verkehr mehr als nur geringfügig ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, BauR 2005, 829). Eine
abwägungsbeachtliche Verkehrslärmbelastung liegt hinsichtlich der nur geringen Entfernung der
Wohngrundstücke der Antragsteller zu 2) bis zu 7) zur geplanten Straße nahe. Angesichts der Bedeutung
der Ortsrandstraße für den Verkehrsfluss in Jockgrim und ihrer Entfernung von ca. 200 bis 300 m zu den in
der D.- und der K. Straße gelegenen Wohngrundstücken kann eine abwägungsrelevante
Verkehrslärmbelastung durch die Straße aber auch hinsichtlich der Antragsteller zu 8) bis 12) nicht
ausgeschlossen werden.
Der Normenkontrollantrag ist allerdings unbegründet.
I. Unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten sind Mängel des Bebauungsplans „Ortsrandstraße Teil 2/K
10“ weder geltend gemacht worden noch ersichtlich. Sowohl die Öffentlichkeit als auch die Träger
öffentlicher Belange sind im Planaufstellungsverfahren ordnungsgemäß beteiligt worden. Eine
Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB in der Fassung des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau vom
20. Juli 2004 - EAG Bau - (Neubekanntmachung vom 23. September 2004, BGBl. I S. 2414) war nach dem
Überleitungsrecht noch nicht erforderlich (§ 244 Abs. 1 und 2 BauGB). Für die Planung einer Kreisstraße
erwies sich auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung als entbehrlich.
Der Bebauungsplan ist im Anschluss an die Beschlussfassung über ihn als Satzung ausgefertigt worden,
ohne dass insoweit Fehler erkennbar wären. Besteht eine Satzung aus mehreren Teilen und sind diese
nicht untrennbar miteinander verbunden, so sind grundsätzlich alle Teile mit einem Ausfertigungsvermerk
zu versehen. Die Ausfertigung nur eines Teils genügt aber, wenn in diesem mit hinreichender
Bestimmtheit auf die anderen Teile der Satzung Bezug genommen wird, so dass alle Teile durch eine
„gedankliche Schnur“ verbunden sind (vgl. BVerwGE 88, 204 [205]; Beschluss des erkennenden Senats
vom 7. März 2002 ‑ 8 A 10036/02 -, juris, Rn. 8; BayVGH, DÖV 2003, 641 und juris, Rn. 17). Diese
Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Bebauungsplanurkunde und der Satzungstext sind jeweils mit
Unterschrift des Ortsbürgermeisters am 19. Mai 2006 ausgefertigt worden. § 2 des Satzungstextes
benennt in hinreichend bestimmter Weise die Bestandteile der Satzung, nämlich neben der Bebauungs-
planurkunde die textlichen Festsetzungen einschließlich der Gestaltungssatzung sowie den
Landesplanerischen Beitrag (des Ingenieurbüros Dipl.-Ing. Gunter N. vom Februar 2006). Unsicherheit
darüber, was Regelungsgehalt des Bebauungsplan „Ortsrandstraße 2/K 10“ ist, besteht daher nicht.
II. Auch in materieller Hinsicht verstößt der Bebauungsplan „Ortsrandstraße Teil 2/K 10“ nicht gegen
höherrangiges Recht.
1. Bedenken hinsichtlich der Planerforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bestehen nicht.
Nach dieser Vorschrift dürfen die Gemeinden Bauleitpläne nur aufstellen, soweit es für die städtebauliche
Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinne „erforderlich“ ist, bestimmt sich
maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde
sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu
betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Dies schließt die Befugnis der
Gemeinde ein, durch einen Bebauungsplan eine eigene „Verkehrspolitik“ zu betreiben sowie einer
Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BVerwG, NVwZ 1999, 1222
[1223] und BauR 2005, 818 [818]).
Der Bebauungsplan verfolgt offenkundig in erster Linie das städtebaulich vertretbare Ziel, mit dem
abschließenden zweiten Teil einer Straßengesamtmaßnahme eine deutliche und nachhaltige
Verkehrsentlastung im westlichen Teil der Innerortslage von Jockgrim zu erreichen. Die Notwendigkeit der
Verfolgung dieses Ziels wird auch von den Antragstellern nicht in Abrede gestellt. Dass hierzu die
Ableitung des Durchgangsverkehrs aus Richtung Hatzenbühl und des Ziel- und Quellverkehrs aus dem
südwestlichen Teil Jockgrims über eine Straße unmittelbar nach Süden nach dem Konzept der
Antragsgegnerin eine geeignete, nach den straßen- und infrastrukturell bestehenden Verhältnissen in der
Ortslage aber auch sinnvolle Maßnahme zur Zielerreichung darstellt, kann ebenso wenig einem Zweifel
unterliegen. Dies gilt auch insoweit, als die Antragsgegnerin darüber hinaus das Ziel verfolgt, das im
Süden der Ortschaft gelegene Gewerbegebiet „Mittelweg“ sowie das im Südwesten geplante neue
Wohngebiet „Waldäcker“ ‑ letzteres mit einem eigenen Anschluss - über die Ortsrandstraße Teil 2
verkehrstechnisch zu erschließen, um auch hier eine straßenmäßige Anbindung ausschließlich über die
vorhandenen innerörtlichen Straßen insbesondere im Westen und Süden der Gemeinde zu vermeiden.
An der Verwirklichung ihres städtebaulichen Verkehrsentlastungskonzepts muss sich die Antragsgegnerin
nicht deshalb gehindert sehen, weil die Vollausbildung der Ortsumgehungsstraße im Südwesten des
Ortes - was geradezu unvermeidbar erscheint - eine gewisse überregionale Attraktivität für einen
zusätzlichen, nach den ermittelten Verkehrsprognosen gleichwohl überschaubaren Zusatzverkehr (2.300
Kfz/24 Stunden im Jahr 2020, vgl. S. 4 des Gutachtens der Firma M. C. U. GmbH vom 23. Februar 2005,
Stand: 3. Mai 2005) zur Folge haben wird, der jedoch - nach dem Verkehrskonzept konsequent - mit der
Ortsrandstraße gerade an der Ortschaft vorbei geführt werden soll. Das Ziel der Verkehrsentlastung der
Innerortslage steht eindeutig im Vordergrund der kommunalen Planung. Hierin liegt zugleich ein örtlicher
Bezug, der es der Gemeinde auch erlaubt, mit Bebauungsplan eine (auf regionale Verbindungen
ausgerichtete) Kreisstraße zu planen (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 Landesstraßengesetz). Insoweit kann auf die
Ausführungen in dem Urteil des Senats vom 6. Juni 2000, UA S. 14 f. (8 C 11556/98.OVG), zum ersten Teil
der Ortsrandstraße verwiesen werden.
Unzulässig wäre ferner eine Bebauungsplanung, wenn von Anfang an feststünde, dass mit ihrer
Verwirklichung nicht gerechnet werden kann, weil es auf Dauer ‑ innerhalb eines Zeitraums von etwa
zehn Jahren nach Inkrafftreten des (wie hier planfeststellungsersetzenden) Bebauungsplans - an der
unzureichenden Wirtschaftlichkeit oder dem Fehlen benötigter Finanzmittel scheitern muss (vgl. BVerwG,
NVwZ 2004, 856 [856 f.]). Diesem strengen Ansatz genügende Anhaltspunkte sind vorliegend entgegen
der Auffassung der Antragsteller nicht gegeben. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung
ausgeführt, dass sie die aufgrund einer Vereinbarung mit dem Landkreis Germersheim auf sie zukommen-
den Kosten für Bau und Unterhalt (auch) des zweiten Teils der Ortsrandstraße (vgl. dazu auch Urteil des
Senats vom 6. Juni 2000, UA S. 14 f. ‑ 8 C 11556/98.OVG -) aus Verkäufen von gemeindeeigenen
Grundstücken in dem geplanten Wohngebiet „Waldäcker“ zu finanzieren beabsichtigt. Diese Aus-
führungen sind konkret, nachvollziehbar und nicht geeignet, ausreichende Zweifel an einer dauerhaften
Unfinanzierbarkeit der Straßenverwirklichung zu begründen. Ob es der Gemeinde letztlich tatsächlich
gelingen wird, die übernommenen Kosten zu tragen, ist eine Frage, die sich im Rahmen der Prüfung der
Erforderlichkeit der Bauleitplanung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht stellt.
2. Der Bebauungsplan „Ortsrandstraße Teil 2/K 10“ verstößt des Weiteren nicht gegen das
Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB. Denn es besteht kein Widerspruch zu Zielen der Raumordnung.
Die Antragsgegnerin war daher nicht verpflichtet, vor dem Satzungsbeschluss die Zulassung einer
(weiteren) Zielabweichung zu erwirken.
Der geplanten Ortsrandstraße Teil 2 stehen Festlegungen des hier maßgeblichen regionalen
Raumordungsplans Rheinpfalz aus dem Jahr 2004 nicht entgegen. Die Karte zu diesem Plan weist u.a.
für den Bereich im Süden von Jockgrim einen regionalen Grünzug aus, lässt nach ihrer zeichnerischen
Darstellung jedoch südwestlich der für das geplante neue Wohngebiet „Waldäcker“ ausgewiesenen
Fläche noch einen ausreichenden Freiraum, der die Planung der in Rede stehenden Straßentrasse nach
vorgesehener Lage und Ausdehnung durchaus ermöglicht. Diese Betrachtung erfährt eine Bestätigung
durch den Umstand, dass die für die Aufstellung des regionalen Raumordnungsplanes Rheinpfalz
zuständige Planungsgemeinschaft (vgl. § 14 Landesplanungsgesetz) im Rahmen des Beteili-
gungsverfahrens zum Bebauungsplan ausdrücklich das Vorliegen von Bedenken u.a. hinsichtlich der
gewählten Straßentrasse verneint hat (vgl. Schreiben vom 11. Mai 2004, Bl. 398 ff. der Verfahrensakte).
Sie hat auf der Grundlage des ihr seinerzeit vorliegenden Lageplans mit vergleichbarer Straßenführung
wie nach dem schließlich beschlossenen Bebauungsplan (vgl. Bl. 284 der Verfahrensakte) weiter
ausgeführt, dass - ausgehend von dem zu dem früheren Regionalplan 1989 ergangenen
Zielabweichungsbescheid - im neuen Regionalplan 2004 der Bereich des regionalen Grünzuges bis zur
geplanten Trasse der Ortsrandstraße Teil 2 zurückgenommen worden sei. Davon, dass keine Abweichung
von den raumordnerischen Zielen gegeben ist, geht ferner die Begründung des Bebauungsplans aus (vgl.
S. 9).
Dass der Bebauungsplan zu dem zweiten Teil der Ortsrandstraße im Einklang mit den Zielen des
weiterhin geltenden Landesentwicklungsprogramms 1995 steht, hat der Senat bereits in dem
vorangegangenen Normenkontrollverfahren zu dem ersten Teil der Straße dargelegt (vgl. Urteil vom 6.
Juni 2000, UA S. 17 ff. - 8 C 11556/98.OVG -); hierauf kann Bezug genommen werden.
3. Der Bebauungsplan „Ortsrandstraße Teil 2/K 10“ ist nicht aus Gründen des europäischen
Naturschutzrechts unzulässig.
a) Das Planvorhaben genügt den Anforderungen des FFH-Rechts an den Lebensraumschutz.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 7 Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG - vom 28. September 2005
(GVBl. S. 387) sind u.a. Bebauungspläne vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit
mit den Erhaltungszielen eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines europäischen
Vogelschutzgebiets - den Natura 2000-Gebieten - zu überprüfen. Das Nähere regeln die weiteren
Bestimmungen in § 27 LNatSchG, die sich an die Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie
92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der
wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7 sowie späteren Änderungen) - FFH-
Richtlinie (FFH-RL) - anlehnen. § 27 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG knüpft die Zulassung von Plänen an das
Ergebnis einer (positiven) Verträglichkeitsprüfung. Fällt diese erhaltungsziel- und schutzzweckbezogene
Prüfung negativ aus, so ist das Vorhaben unzulässig (§ 27 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG), es sei denn, die in
Abs. 2 bis Abs. 4 genannten Ausnahmevoraussetzungen sind erfüllt.
aa) Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens wurde eine FFH-Verträglichkeits-prüfung durchgeführt, die
der Zulässigkeit der Straßenplanung nicht von vornherein entgegensteht.
Der Bebauungsplan trifft Regelungen für in Rheinland-Pfalz kraft Landesgesetz unter Schutz gestellte (vgl.
§ 25 Abs. 2 Satz 1 LNatSchG) und daher der FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliegende Gebiete (vgl.
dazu BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - , Rn. 75; Füßer, NVwZ
2005, 144), nämlich das FFH-Gebiet „Bienwaldschwemmfächer„ sowie das europäische
Vogelschutzgebiet „Bienwald und Viehstrichwiesen“ (vgl. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/409/EWG des
Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vögel, Abl. L. 103 vom 25.4.1979, S. 1
sowie spätere Änderungen, - Vogelschutzrichtlinie [V-RL] -). Er berührt den Randbereich der beiden
Gebiete. Auf der Grundlage des nachvollziehbaren, überzeugenden Gutachtens des Ingenieurbüros Dipl.-
Ing. G. N. vom Februar 2006 ist die Antragsgegnerin im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu dem
Ergebnis gelangt, dass der Bebauungsplan zu erheblichen Beeinträchtigungen der geschützten Gebiete
in ihren für die Erhaltungs- und Schutzziele wesentlichen Bestandteilen führt (vgl. S. 41 f. des Gutachtens
N. 2006, S. 3 der Begründung zum Bebauungsplan). Für die Ortsrandstraße Teil 2 liegt die Begründung
hierfür in der Zerschneidung/Fragmentierung und in der Beunruhigung des Gebiets, untergeordnet auch
in dem Flächenverlust (vgl. S. 37 des Gutachtens N. 2006). Im Vorhabenraum werden hierdurch
hinsichtlich der geschützten Lebensraumtypen (Anlage 1 LNatSchG i.V.m. Anhang I FFH-RL)
insbesondere Mähwiesen und offene Grasflächen, hinsichtlich der geschützten Habitate (Anlage 1
LNatSchG i.V.m. Anhang II FFH-RL) am ehesten das Große Mausohr betroffen; einer erheblichen Beein-
trächtigung unterliegen im Vogelschutzgebiet von den geschützten Arten (Anlage 2 LNatSchG i.V.m.
Anhang I, Art. 4 Abs. 2 V-RL) im Wesentlichen die Heidelerche, der Grau- und der Schwarzspecht, der
Neuntöter sowie der Ziegenmelker.
Die Aussagekraft des Gutachtens N. vom Februar 2006 erfährt keine Einschränkung dadurch, dass es
seiner Prüfung nicht die in der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura 2000-Gebieten
vom 18. Juli 2005 (GVBl. S. 36) für die beiden Schutzgebiete im einzelnen genannten Erhaltungsziele
zugrunde gelegt hat, sondern sich bei der Bestimmung der Erhaltungs- und Schutzziele an den für die
Gebietsmeldungen an die EU-Kommission (vgl. Art. 4 FFH-RL) erarbeiteten Standard-Datenbögen
orientiert hat (vgl. S. 19 f. des Gutachtens N. 2006). Mit Blick darauf, dass diese der nationalen
Unterschutzstellung der Gebiete wie auch der Festlegung der Erhaltungsziele nicht nur zeitlich, sondern
auch in inhaltlicher Hinsicht vorangegangen sind (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A
20.05 - , Rn. 75), führt auch ein Vergleich der von dem Gutachten zugrunde
gelegten mit den in der Landesverordnung enthaltenen Erhaltungszielen zu den hier betroffenen Natura
2000-Gebieten nicht zur Feststellung einer Abweichung von Gewicht in der Sache, insbesondere nicht zu
einer Verkürzung der landesrechtlich normierten Erhaltungsziele.
Das Gutachten N. vom Februar 2006 ist im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung darüber hinaus zu
dem weiteren Ergebnis gelangt, dass die festgestellten erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungs-
und Schutzziele des FFH- und des Vogelschutzgebiets durch vorhabenspezifische vorgezogene und
funktionsgleiche Maßnahmen so aufgefangen werden können, dass ein Unterschreiten der
Erheblichkeitsschwelle angenommen werden kann (vgl. S. 43 des Gutachtens N. 2006). Die Gutachter
Dipl.-Ing. N. und Dipl.-Biogeograph M.-S. haben insoweit zur Erläuterung in der mündlichen Verhandlung
ausgeführt, dass von der Straßenplanung sehr dynamische Lebensräume und Arten betroffen seien, die in
relativ kurzer Zeit neu herzustellen (halboffenes Gebiet) bzw. sich sehr flexibel veränderten
Lebensräumen und Strukturen anzupassen in der Lage seien (z.B. Ziegenmelker). Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass sich die nachteiligen Wirkungen
eines Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle bewegen, wenn durch Schutz- und Kompen-
sationsmaßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten
Lebensraumtypen, Habitate und Arten stabil bleibt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -
, Rn. 36, 43, 53 ff.; BVerwGE 118, 15 und juris, Rn. 33 ff.). Das Schutzkonzept
erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens, denn aus Sicht des Habitatschutzes macht es keinen
Unterschied, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich
einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst dadurch erlangen, dass Schutzvorkehrungen
angeordnet und getroffen werden. Ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme eines solchen
Schutzkonzepts vorliegend gegeben sind - wofür einiges spricht -, bedarf jedoch keiner Entscheidung.
bb) Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Planung im Wege der Ausnahme nach § 27 Abs. 2 und 4
LNatSchG sind jedenfalls erfüllt.
(1) Zunächst ist festzustellen, dass das Straßenvorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden
öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (§ 27 Abs. 2
Nr. 1 LNatSchG; prioritäre Biotope und Arten sind von dem Vorhaben nicht unmittelbar betroffen, sodass
eine Prüfung anhand der strengeren Voraussetzungen des § 27 Abs. 3 LNatSchG unterbleiben kann).
Dies verlangt nicht das Vorliegen von Sachzwängen, denen niemand ausweichen kann (BVerwGE 110,
302 [314]). Gemeint ist vielmehr ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches
Handeln, das jedoch ggf. hinter der Bedeutung des Habitatschutzes zurückzustehen hat (sog.
Nullvariante, vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - , Rn. 142).
Ermöglicht wird ein Ausgleich zwischen den durch die Schutzgebietsfestsetzung anerkannten Belangen
des Naturschutzes mit den nicht minder legitimen Nutzungsinteressen des Menschen (vgl. VerfGH
Rheinland-Pfalz, AS 32, 251 [269 f.]).
Hiervon ausgehend ist als gewichtiger Grund für die Rechtfertigung des Planvorhabens in erster Linie auf
eine Verkehrs- und damit Lärm- und Schadstoffentlastung der Anwohner im westlichen Teil von Jockgrim,
insbesondere in der H.- und der B...straße zu verweisen. Das Verkehrsgutachten der M. C. U. GmbH vom
23. Februar 2005 (Stand: 3. Mai 2005) stellt überzeugend dar, dass der zweite Teil der Ortsrandstraße -
bezogen auf das Prognosejahr 2020 - zu einer Verkehrsentlastung in der H. Straße um 1.900 bis 2.900
Kfz/Tag (26 bis 35%) und in der B…straße um 1.700 bis 2.600 Kfz/Tag (33 bis 36%) führt (vgl. 3 des
Gutachtens 2005). Die geringeren Fahrzeugbewegungen schlagen sich auch in einer Verkehrsentlastung
am innerörtlichen Knotenpunkt H.-/B...straße um 24% nieder (vgl. S. 4 des Gutachtens 2005). Diese -
angesichts einer relativ kleinen Ortschaft von nur rund 7.000 Einwohnern - sowohl nach absoluten wie
nach relativen Zahlen beachtlichen Entlastungswirkungen spiegeln sich wieder in Lärmentlastungen in
weiten Bereichen der B...straße, im nördlichen Bereich sogar im schalltechnisch signifikanten Bereich von
etwas über 2 dB(A) (vgl. S. 22 des Gutachtens IBK, Ingenieur- und Beratungsbüro Dipl.-Ing. G. K. vom 8.
Februar 2006, Bericht-Nr. 98-40-3-1, im Anschluss an Bl. 259 der Verfahrensakte). Die prognostizierte
Abnahme des Kraftfahrzeugverkehrs dürfte sich auch in einer Reduktion der Schadstoffe auswirken (vgl.
S. 5 f. des Gutachtens M. C. 2005). Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang jedoch,
dass erst die gegenständliche Straßenplanung den Abschluss einer Gesamtmaßnahme darstellt, die
geeignet ist, die angestrebte höchstmögliche und nachhaltige Verkehrsentlastung des westlich der
Bahntrasse gelegenen Teils Jockgrims - auch mit Blick auf neue Baugebiete („Waldäcker“, „Mittelweg“) -
herbeizuführen; ohne die vorliegende Planung würden die bisher durchgeführten
Entlastungsmaßnahmen in diesem Bereich nur Stückwerk bleiben. Ein besonderer Stellenwert kommt
darüber hinaus aber auch dem Umstand zu, dass mit der Errichtung des ersten Teils der Ortsrandstraße
vorübergehend eine zusätzliche Verkehrsbelastung in der (schon zuvor mit hohen Lärmpegeln
belasteten) B...straße in Kauf genommen wurde, die nunmehr - was von Beginn an beabsichtigt war - mit
dem abschließenden Teil der Gesamtmaßnahme wieder rückgängig gemacht werden soll. Insgesamt wird
also eine umfassende, wirksame Verkehrslenkung von Bedeutung angestrebt, die den Verkehr vom Orts-
kern fernhält bzw. vom Entstehungsort möglichst direkt auf eine Straße am Ortsrand ableitet und damit auf
unmittelbarem Weg zu den Zielorten in Richtung Süden führt. Die Auffassung der Antragsteller, dass das
Verkehrskonzept nur eine zu vernachlässigende Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in Jockgrim zur
Folge haben könne, vermag der Senat danach nicht zu teilen.
Die angestrebte Verkehrsentlastung des Ortskerns in Jockgrim verliert auch deshalb nicht an
Gewichtigkeit, weil mit der Verwirklichung des zweiten Teils der Ortsrandstraße eine Zunahme des
Durchgangsverkehrs in Jockgrim verbunden ist. Das Verkehrsgutachten nimmt zwar - bei einem westlich
der H. Straße ankommenden Gesamtverkehr in einer Höhe von 9.600 Kfz/Tag im Jahr 2020 - eine
zusätzliche Belastung mit Durchgangsverkehr von 2.300 Kfz/Tag an, der bei Vollverwirklichung der
Ortsrandstraße angezogen wird (vgl. S. 3 f., Pläne 4 und 5 des Gutachtens M. C. 2005). Dieser wird aber in
vollem Umfang von der Ortsrandstraße aufgefangen werden, die nach der Prognoseberechnung täglich
einen Durchgangsverkehr von 3.800 Kfz (im Jahr 2020) aufnehmen wird. Der Ortsrandstraße wird
insgesamt eine hohe Verkehrswirksamkeit zuerkannt (5.600 bis 6.100 Kfz/Tag auf der Ortsrandstraße Teil
2, vgl. 3 f. des Gutachtens M. C. 2005).
Zugunsten der Planung der Ortsrandstraße darf schließlich nicht außer Acht bleiben, dass sie Ausdruck
der verfassungsrechtlichen Garantie der kommunalen Planungshoheit (Art. 28 GG, Art. 49 LV Rheinland-
Pfalz) ist, die es den Gemeinden ermöglicht, ihre städtebaulichen Planungsanliegen auch im Rahmen der
europarechtlichen Entscheidungsspielräume auszunutzen (vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, AS 32, 251 [267
ff.]). Die kommunale Planung der Ortsrandstraße zur unbestritten notwendigen und auch zielführenden
Verkehrsentlastung des Gemeindegebiets, die - im Einklang mit diesem Ziel - auch einen Anschluss an
die Ortsrandstraße für ein (zur Befriedigung einer allseits anerkannten Nachfrage nach Wohnbebauung in
Jockgrim wie im gesamten nördlichen Einzugsbereich von Wörth/Karlsruhe, vgl. Bl. 140, 192, 398 der
Verfahrensakte) geplantes Wohngebiet vorsieht, ist hier von einem größeren Gewicht als die berührten
gegenläufigen Belange des Habitatschutzes und geeignet, dem Planungsvorhaben einen Aus-
nahmegrund zu verschaffen.
Dem Habitatschutz kann - entgegen der Auffassung der Antragsteller - nicht unter Verweis auf die
Möglichkeit von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen innerhalb Jockgrims und des Ausbaus des öffentlichen
Personennahverkehrs besser Rechnung getragen werden. Auf diese Weise ließen sich die mit der
Ortsrandstraße verfolgten Ziele nämlich nicht, jedenfalls nicht in dem geplanten Umfang bzw. nicht
vollständig erreichen. Der Verzicht auf die Planung kann daher unter Habitatgesichtspunkten nicht
verlangt werden.
Die der Abwägung der betroffenen Belange zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung Jockgrim der M. C.
Ulm GmbH vom 23. Februar 2005 (Stand: 3. Mai 2005) weist - entgegen der Ansicht der Antragssteller -
keine Mängel auf, die ihre Aussagekraft mindern könnten. Methodische Einwände sind nicht aufgezeigt
worden oder ersichtlich; solche benennt auch nicht das von den Antragstellern vorgelegte Gutachten des
Ingenieurbüros für Verkehrswesen K., L. und Partner GbR vom Dezember 2005. In der mündlichen
Verhandlung wurde von Dipl.-Ing. S. (M. C. GmbH) vielmehr nachvollziehbar und überzeugend
dargestellt, dass der anlässlich der Verkehrserhebung im Jahr 2002 gemessene Durchgangsverkehr in
der B...straße in und aus Richtung Hatzenbühl mit 763 Kraftfahrzeugen (vgl. Bl. 18 der Gerichtsakte) auch
um künftige Verkehrsdurchgangspotenziale (u.a. aus dem innerörtlichen Bereich) zu erhöhen und darüber
hinaus einer rechnerischen Bereinigung zuzuführen war, um den Analyse- und sodann den Prognose-
Nullfall ermitteln zu können. Gestützt auf die von ihr für den Süden Rheinland-Pfalz erstellte
Verkehrsgesamtdatenbasis, hat M. C. seiner Verkehrsuntersuchung zu Jockgrim ein die Südpfalz mit dem
Bereich Karlsruhe umfassendes Untersuchungsgebiet zugrunde gelegt, wodurch auch überörtliche
Verkehrsverlagerungen und Wirtschaftsdatenänderungen bei der Betrachtung der Planungsoptionen
Berücksichtigung gefunden haben (vgl. S. 2 des Gutachtens 2005, S. 1, 19 des Gutachtens M. C. U. GmbH
2002). Vor diesem Hintergrund teilt der Senat auch nicht die Sorge der Antragsteller, die Ortsrandstraße
in Jockgrim könne Teil einer hochfrequentierten Alternativstrecke in und aus Richtung Großraum
Karlsruhe für die Bundesautobahn A 65 und die Bundesstraße B 9 werden. Hierfür geben auch die Örtlich-
keiten, insbesondere die unmittelbare Nähe von A 65 und B 9 aus Sicht des Gerichts keinen Anhalt.
Der Aussagegehalt der Verkehrsuntersuchung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die -
allerdings erst im Jahr 2006 im Raumordnungsverfahren festgelegte - zweite Rheinbrücke nördlich von
Karlsruhe nicht gewürdigt wurde. Denn nach Angabe des Gutachters Dipl.-Ing. S. (M. C. GmbH) in der
mündlichen Verhandlung wird eine weitere Rheinbrücke eine Tendenz zur Verkehrsreduzierung auch im
nördlichen Bereich von Wörth und der Bundesstraße B 9 zur Folge haben, so dass mit zusätzlichem
Durchgangsverkehr in Jockgrim - so die Befürchtung der Antragsteller - nicht zu rechnen ist. Sollte es
dennoch zu einer Zunahme des Durchgangsverkehrs infolge der neuen Rheinbrücke kommen, so dürfte
sich die Realisierung der Ortsrandstraße als Umgehungsstraße als umso notwendiger erweisen.
Schließlich unterliegt die dem Verkehrsgutachten zugrunde gelegte Bevölkerungsentwicklung, die eine
hierdurch bedingte Verkehrszunahme um 26% in Jockgrim für das Jahr 2020 prognostiziert (vgl. S. 17 des
Gutachtens M. C. 2002), keiner Beanstandung. Die Gutachter orientieren sich an siedlungsstrukturellen
Entwicklungen im Untersuchungsgebiet und den angrenzenden Räumen, der voraussichtlichen
Motorisierungsentwicklung, der Entwicklung der Mobilität sowie das weitere Verkehrsverhalten der
Bevölkerung bestimmenden Einflussgrößen (vgl. S. 14 ff., 17 des Gutachtens M. C. 2002). Dabei kann
nicht die Annahme beanstandet werden, dass bei veränderter Altersstruktur der Bevölkerung mit einer
Erhöhung der Mobilität der Bevölkerung zu rechnen ist, ebenfalls nicht, dass - wegen attraktiver Wohnlage
- von einer Einwohnerzunahme in Jockgrim von 6% (= 400 bis 500 Personen) für einen Zeitraum von fast
20 Jahren ausgegangen wird. Auch die auf das Jahr 2020 prognostizierte Verkehrszunahme erscheint
nachvollziehbar und moderat (vgl. Pläne 11, 13 des Gutachtens M. C. 2002, Plan 2 des Gutachtens M. C.
2005). Die insgesamt pauschalierende Vorgehensweise der Sachverständigen genügt für die von der
Antragsgegnerin zu treffende Entscheidung über den Bebauungsplan (vgl. insoweit auch Urteil des
Senats vom 6. Juni 2000, UA S. 21 - 8 C 11556/98.OVG ‑).
(2) Einer Ausnahmeentscheidung nach dem Recht des Lebensraumschutzes stehen keine zumutbaren
Alternativen entgegen, den mit der Planung verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren
Beeinträchtigungen zu erreichen (§ 27 Abs. 2 Nr. 2 LNatSchG). Bei dieser Alternativenprüfung ist zu
fragen, ob ein Ausweichen auf eine Standort- oder Ausführungsalternative zumutbar ist. Die
Planungsvariante darf gleichwohl nicht auf ein anderes Projekt hinauslaufen und auch nicht die Aufgabe
von (Teil)Zielen zur Folge haben. Zumutbar sind nur Abstriche vom Zielerfüllungsgrad. Alternativen
scheiden des Weiteren aus, wenn ihnen ebenso wirksame Beschränkungen (etwa naturschutzrechtlicher
Art) oder Opfer (etwa Aufwendungen) abverlangt werden, die außer Verhältnis zu dem erreichbaren
Gewinn für Natur und Umwelt stehen (vgl. zu Vorstehendem: BVerwG, NVwZ 2006, 823
Wartungshalle Ffm.> und juris, Rn. 16 m.w.N.; Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -
Halle>, Rn. 142 f.). Naturschutzexterne Gründe können gegen eine Alternative ins Feld geführt werden;
aber nur wenn sie von besonderem Gewicht sind, können sie zu Lasten des Integritätsinteressses des
kohärenten Systems die Möglichkeit einer Alternativlösung ausschließen (vgl. BVerwGE 110, 302 [310]).
Gemessen an diesen Maßstäben besteht keine zumutbare Alternative zur gewählten Straßentrasse.
Jockgrim ist nahezu vollständig von dem FFH-Schutzgebiet „Bienwaldschwemmfächer“ und dem
Vogelschutzgebiet „Bienwald und Viehstrichwiesen“ umgeben. Standortalternativen für die gewählte
Umgehungsstraße stehen daher von vornherein nur in eingeschränktem Umfang zur Verfügung. Zwar
befinden sich im Nordwesten an die Ortslage anschließende Außenbereichsflächen, die weder dem
Habitat- noch dem Vogelschutz unterliegen, und die nordöstlich an die Ortslage angrenzende Freifläche
ist allein in dem genannten europäischen Vogelschutzgebiet gelegen. Standortalternativen ergeben sich
hieraus gleichwohl nicht, weil sich in diesen Bereichen die mit der Ortsumgehung verfolgten
gemeindlichen Ziele nicht verwirklichen ließen: Der im westlichen Teil Jockgrims entstehende
Durchgangs-, Ziel- und Quellverkehr soll nach Süden abgeleitet werden, weil dies dem Verkehrsfluss von
und nach Hatzenbühl entspricht und eine effektive Verkehrsentlastung über das östlich der Bahntrasse
gelegenen Gemeindegebiet wegen dort beengter Straßenverhältnisse insbesondere in der B…- und L…
straße ausscheidet, deren Entlastung ihrerseits über den von Rheinzabern heranführenden Wiesenweg
planerisch angestrebt wird. Von daher kann eine Trassenführung über den Nordwesten bzw. -osten der
Gemeinde nicht als zielführend verfolgt werden.
Beschränkt sich mithin die Alternativensuche auf den gewählten Bereich südwestlich der Ortslage von
Jockgrim, ergibt sich keine zumutbare alternative Linienführung mit geringeren Beeinträchtigungen der
Habitatgebiete. Die Antragsgegnerin hat zahlreiche alternative Trassenverläufe in diesem ortsnahen
Bereich geprüft (vgl. nur die Darstellung unterschiedlicher Trassenvarianten S. 10 des Gutachtens N.
2006). Die von der Planung ausgewiesene Route beeinträchtigt wegen ihrer Nähe zur bestehenden
Bebauungsgrenze am wenigsten die Habitatgebiete. Nur die so genannte „Zielabweichungslinie“ schließt
noch näher zur Ortslage auf. Hierauf muss sich die Antragsgegnerin nicht verweisen lassen. Zunächst
gingen mit ihr keine wesentlich geringeren Beeinträchtigungen der Gebiete einher. Beide Straßenverläufe
liegen in den geschützten Natura 2000-Gebieten und nehmen deren Flächen in Anspruch. Insbesondere
aber die mit der Straßentrasse einhergehende Zerschneidung und Verlärmung der Landschaft verhindern,
dass auch bei Verwirklichung der Zielabweichungslinie qualitativ und quantitativ wesentlich geringere
Beeinträchtigungen der geschützten Gebiete die Folge wären (vgl. S. 37 f. des Gutachtens N. 2006, S. 15
des Gutachtens N. März 2007). Berücksichtigt man jedenfalls aber zusätzlich die schon an anderer Stelle
erwähnten naturschutzexternen Gründe - Verkehrsentlastung und -erschließung des westlichen Bereichs
Jockgrim als Gesamtmaßnahme bei Ermöglichung eines Wohngebiets („Waldäcker“) zur Befriedigung
anerkannter Wohnraumnachfrage - ist bei weitgehend durch den ersten Teil der Ortsrandstraße
vorgegebener Trassenführung ein vorzugswürdiger Alternativstandort nicht gegeben.
Ausführungsalternativen sind ebenfalls nicht ersichtlich.
(3) Der Bebauungsplan sieht schließlich die zur Sicherung des Zusammenhangs des Natura 2000-
Gebietes notwendigen Maßnahmen vor (§ 27 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG). Diese
Kohärenzsicherungsmaßnahmen müssen sich funktional am ökologischen Vernetzungsbedarf ausrichten,
weshalb eine Ausgleichzahlung ausscheidet. Es ist nicht entscheidend, ob ein Zustand herbeigeführt wird,
der den früheren Zustand in der gleichen Art und mit der gleichen Wirkung fortführt; maßgebend ist in
erster Linie, dass die globale Kohärenz des Gebiets gewahrt bleibt (vgl. BVerwG, NuR 2000, 448 [453]).
Als Beispiele für Kohärenzsicherungsmaßnahmen können die Neuanlage eines vergleichbaren
Lebensraums, die biologische Verbesserung eines nicht der Norm entsprechenden Lebensraums oder
die Eingliederung eines weiteren vorhandenen Gebiets in das Netz „Natura „2000“ angeführt werden (vgl.
BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - , Rn. 150). Da regelmäßig
verhindert werden muss, dass ein Gebiet irreversibel beeinträchtigt wird, bevor der Ausgleich tatsächlich
erfolgt, muss in der Regel sichergestellt sein, dass die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur
Vollendung des Vorhabens getroffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -
, Rn. 148).
Hieran gemessen, ist festzustellen, dass der Bebauungsplan die notwendigen
Kohärenzsicherungsmaßnahmen getroffen hat. Mit Ziffer I. 7 Buchst. a der textlichen Festsetzungen zum
Bebauungsplan werden die vorhabenspezifischen vorgezogenen und funktionsgleichen Maßnahmen
zum Regelungsgegenstand, die in dem Gutachten N. 2006 im Einzelnen genannt und beschrieben sind
(vgl. S. 42 ff. des Gutachtens sowie der anliegende Maßnahmenplan [Externe Kompensation], Karte Nr. 3).
Die Antragsgegnerin geht auf der Grundlage des Gutachtens davon aus (vgl. S. 3 ff. der Begründung),
dass diese vorhabenspezifischen Ausgleichsmaßnahmen auf außerhalb des Bebauungsplangebiets,
aber in dessen nächster Nähe (vgl. S. 43 des Gutachtens N. 2006) gelegenen gemeindeeigenen Flächen
nicht nur geeignet sind, die Erheblichkeitsschwelle im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG zu
unterschreiten, sondern aufgrund ihrer Wirkweise und ihres Umfangs ebenfalls der Kohärenzsicherung zu
dienen bestimmt sind (vgl. S. 38 ff., 42 f. des Gutachtens N. 2006). Dieser Maßnahmenkatalog umfasst
auch den Ausgleich für das in Wegfall geratende Biotop (§ 27 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG). Daneben sollen
Pflanzungsgebote an der Ortsrandstraße selbst zur Kohärenzsicherung beitragen (vgl. S. 42 ff. des
Gutachtens N. 2006 sowie den anliegenden Maßnahmenplan [Kompensation am Eingriffsort], Karte 2).
Die Eignung der Kohärenzsicherungsmaßnahmen anzweifelnde Gesichtspunkte konnten weder geltend
gemacht werden noch sind solche ersichtlich.
Dies gilt auch hinsichtlich der Frage, wie sicher der Erfolg der festgesetzten
Kohärenzsicherungsmaßnahmen ist bzw. ob der mit dem Ausgleich angestrebte Erfolg der Maßnahmen
mit Realisierung der Planung eingetreten sein kann. Die an der Erstellung des Gutachtens N. 2006
beteiligten Gutachter Dipl.-Ing. N. und Dipl.-Biogeograph M.-S. haben in der mündlichen Verhandlung
hierzu ausgeführt, dass es sich bei den geschützten Vögeln überwiegend um dynamische
Pionierbewohner handele (z.B. Ziegelmelker), die sehr beweglich und flexibel ihre Lebensräume
auswählten, sich schnell veränderten Verhältnissen anpassten und sich auch in noch nicht voll
entwickelten Lebensräumen einrichteten. Die für sie erforderlichen Lebensräume - halboffene
Landschaften - könnten darüber hinaus zeitnah und auch dauerhaft in dem Ausgleichsgebiet geschaffen
Landschaften - könnten darüber hinaus zeitnah und auch dauerhaft in dem Ausgleichsgebiet geschaffen
werden (z.B. Reduktion der Robinienbestände, Schaffung offener, verbuschter Bereiche); sie bedürften
allerdings - wie grundsätzlich im Naturschutz - einer Überwachung und Pflege, die ohne größeren
Aufwand auf Dauer zu leisten sei. Betroffen seien aber auch - so die Gutachter in der mündlichen
Verhandlung weiter - Tiere (z.B. Spechte), die an ihren Lebensraum sehr angepasst seien. Die für diese
Tiere erforderliche Sicherung von Altholzbeständen könnten ebenfalls zeitnah erreicht werden, indem die
in den Ausgleichsflächen betriebene Forstwirtschaft eingestellt und vorhandener Wald in Altholzbestände
umgewandelt werde (vgl. auch insoweit die Maßnahmenbeschreibung Gutachten N. 2006, Maß-
nahmenplan [Externe Maßnahmen], Karte 3). Die Aufwertung von Flächen zu Mähwiesen und offenen
Grasflächen bedürfe hingegen einer etwas längeren zeitlichen Phase. Insgesamt stünden die
Kohärenzsicherungsmaßnahmen aber in einem überschaubaren Zeitraum zur Verfügung und könnten
ihrer kohärenzsichernden Funktion gerecht werden.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Bebauungsplanung nicht zu beanstanden. Sie enthält jedenfalls eine
auch realistische Vorgabe dahin gehend, dass die Kohärenzsicherungsmaßnahmen zeitlich vor der
Verwirklichung der Planung begonnen und besonders bei den Zielarten der FFH- und Vogelschutzgebiete
funktional soweit umgesetzt sein müssen, dass die Ausgleichsflächen den geschützten Arten in dem
Moment Lebensraum bieten, zu dem die Planung umgesetzt wird (funktionale Maßnahmen, vgl. Ziffer I. 7
Buchst. a der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan). Daran muss sich die Antragsgegnerin
festhalten lassen mit der Folge, dass jedenfalls auf der Planungsebene - diesseits der Vollzugsebene -
keine hinreichenden Anhaltspunkte für Zweifel an einem rechtzeitigen Erfolg der
Kohärenzsicherungsmaßnahmen vor Beginn des Vorhabens bestehen. Solche vermochten auch die
Antragsteller nicht vorzutragen.
b) Das Artenschutzrecht erweist sich für den Bebauungsplan „Ortsrandstraße Teil 2/K 10“ ebenfalls nicht
als rechtliches Hindernis.
aa) Die geplante Ortsrandstraße Teil 2 verwirklicht die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3
Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG - vom 25. März 2002 (BGBl. I S. 1193). Danach ist es insbesondere
verboten, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten wild lebender Tiere der besonders geschützten Arten zu
beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1). Verboten ist des Weiteren die Störung der genannten
Lebensstätten wild lebender Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten durch
Aufsuchen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen (Nr. 3). Schutz erfahren danach - soweit
vorliegend von Relevanz - die in Anhang IV der FFH-RL gelisteten Tierarten sowie die in Art. 1 der V-RL
genannten europäischen Vogelarten (vgl. § 10 Abs. 2 Nr. 9 bis 11 BNatSchG). Die Prüfung der
Verbotstatbestände erfordert eine individuenbezogene Betrachtungsweise des Landschaftsraums, in dem
das geplante Vorhaben zur Entstehung gelangen soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A
20.05 - , Rn. 160).
Das artenschutzrechtliche Gutachten des Ingenieurbüros Dipl.-Ing. Gunter N. vom März 2007 (vgl. S. 13 f.)
legt überzeugend im Einzelnen dar, dass Brutplätze insbesondere des Grauspechts, aber auch der
Heidelerche und wahrscheinlich auch des Ziegenmelkers durch Zerstörung, aber auch durch bau- und
betriebsbedingte akustische sowie optische Störwirkungen, die zu den „ähnlichen Handlungen“ im Sinne
des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG zählen (vgl. BVerwGE 126, 166 und juris, Rn.
38), betroffen sind (vgl. ferner S. 37 f., 54 des Gutachtens N. 2006). Die hierin liegende Verwirklichung der
Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG wurde anhand mehrerer topographischer
Darstellungen in der mündlichen Verhandlung dahin ergänzt, dass auch die - durch den
Verbotstatbestand geschützten - Lebensstätten weiterer Tiere betroffen sein können: des Mittelspechts,
des Neuntöters, des Wiedehopfs und des Steinkauzes (vgl. insoweit auch S. 54 des Gutachtens N. 2006)
und - hinsichtlich der Arten nach Anhang IV der FFH-RL - des Springfrosches, der Schlingnatter, der
Zauneidechse sowie des Großen Mausohres (vgl. insoweit auch S. 33 f. des Gutachtens N. 2006).
Die Zulassung der Bebauungsplanung trotz Erfüllung von Verbotstatbeständen des § 42 Abs. 1 BNatSchG
lässt sich nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wegen nur unzureichender
Umsetzung europäischen Artenschutzrechts nicht (mehr) auf die Legalausnahme des § 43 Abs. 4 Satz 1
BNatSchG stützen (vgl. BVerwG, 4 A 1075/04, NVwZ 2006, Beilage Nr. I 8, 1 und
juris, Rn. 558 ff.; BVerwGE 126, 166 und juris, Rn. 41 f.; Urteil vom 17. Januar
2007 - 9 A 20.05 - , Rn. 158).
bb) Die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG stehen der Planung der Ortsrandstraße
Teil 2 aber deswegen nicht entgegen, weil insoweit eine Befreiungslage nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BNatSchG gegeben ist. Durch die unmittelbare Bezugnahme dieser Vorschrift auf die Verbots- und
Ausnahmetatbestände des einschlägigen Gemeinschaftsrechts ist - anders als bei der vorgenannten
Regelung in § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG - die vollständige Anwendung des europäischen
Artenschutzprüfprogramms sichergestellt (vgl. BVerwGE 126, 166 und juris,
Rn. 44; Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - , Rn. 158).
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG liegen hier
vor.
(1) Es ist durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls vorliegend gerechtfertigt, von den Verboten des
§ 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG eine Befreiung zu gewähren (§ 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG). Die
Ortsrandstraße Teil 2 ist, wie bereits oben zur Ausnahmeprüfung im Habitatschutz im Einzelnen dargelegt
und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen an dieser Stelle auch verwiesen werden kann,
insbesondere aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich
solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, erforderlich, nämlich zur Verkehrs- und damit
Immissionsentlastung der Anwohner im westlichen Teil Jockgrims und einer damit in Einklang stehenden
Erschließung eines in Planung begriffenen Wohngebiets sowie eines Gewerbegebiets. Hierin liegt ein
Befreiungsgrund nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL, der nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG
ausdrücklich zur Ausfüllung des Befreiungstatbestandes des BNatSchG heranzuziehen ist. Im Rahmen
der V-RL schlagen die zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses unter dem
Blickwinkel des Interesses der Volksgesundheit, der öffentlichen Sicherheit (Art. 9 Abs. 1 Buchst. a V-RL)
sowie des wirtschaftlichen Interesses nach Art. 2 der V-RL zu Buche, die geeignet sind, sich gegenüber
dem mit Art. 5 V-RL verfolgten Artenschutzziel durchzusetzen (vgl. Gellermann, NuR 2007, 132 [137]).
(2) Für die durch die Straßenplanung aufgeworfenen artenschutzrechtlichen Probleme gibt es auch keine
im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL und des Art. 9 Abs. 1 V-RL
anderweitig zufrieden stellende Lösung. Auch insoweit besteht eine Vergleichbarkeit mit der
entsprechenden Voraussetzung der Ausnahmeregelung nach dem Habitatschutz: Ebenso wenig wie der
Habitatschutz beansprucht das europäische Artenschutzrecht eine schrankenlose Geltung mit der Folge,
dass eine technisch mögliche Alternative nicht notwendig vorzuziehen ist. Ein Vorhaben muss sich auch
nach dem Artenschutz nicht auf eine Alternativlösung verweisen lassen, wenn sich die maßgeblichen
Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem
von ihm gewählten Standort. Eine Alternativenlösung darf schließlich auch aus naturschutzexternen
Gründen als unverhältnismäßiges Mittel verworfen werden (vgl. zu Vorstehendem BVerwG, 4 A 1075/04,
NVwZ 2006, Beilage Nr. I 8, 1 und juris, Rn. 567).
Wie bereits zum Habitatschutz ausgeführt, erweist sich der ausgewählte Standort für die Verwirklichung
der Ortsrandstraße unter spezifisch FFH- und vogelschutzrechtlichen Gesichtspunkten als alternativlos
(vgl. auch S. 15 des Gutachtens N. 2007). Die Annahme einer zufriedenstellenden anderweitigen Lösung
im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL und des Art. 9 Abs. 1 V-RL scheidet aber endgültig aus, wenn
naturschutzexterne Aspekte in die Betrachtung mit einbezogen werden. Wie bereits dargelegt, vermag die
gewählte Linienführung der Straße den städtebaulichen Zielen der Verkehrsentlastung und -erschließung
des westlichen Bereichs Jockgrims als Gesamtmaßnahme bei Ermöglichung eines Anschlusses für ein
Wohn- und Gewerbegebiet am besten Rechnung zu tragen.
(3) Die geschützten Arten verweilen ferner in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Befreiung
ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand (§ 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG i.V.m. Art. 16
Abs. 1 FFH-RL, Art. 13 V-RL).
Der Erhalt der geschützten Tierarten, zu denen der Grauspecht, die Heidelerche, der Ziegenmelker, der
Neuntöter und das Große Mausohr gehören, ist durch die vorgezogenen und funktionsgleichen
Ausgleichsmaßnahmen in einem ortsnahen Ausweichgebiet gewährleistet, wie sie im Gutachten N. 2006
als Kohärenzsicherungsmaßnahmen dargestellt sind (vgl. S. 15 f. des Gutachtens N. März 2007, S. 42 ff.
des Gutachtens N. 2006 sowie den dortigen Maßnahmenplan [Externe Kompensation], Karte 3). Auch die
weiteren geschützten Vögel (der Mittel- und Kleinspecht, der Wiedehopf, der Steinkauz) stellen nur solche
Bedürfnisse an ihre Lebensräume (vgl. S. 26 f., 54 des Gutachtens N. 2006), wie sie in den Gutachten N.
vom Februar 2006 und vom März 2007 für die zuvor genannten Tiere herausgestellt und zur Grundlage für
Ausgleichsmaßnahmen gemacht wurden (überwiegend Offenlandbereiche mit Streuobstwiesen und
altem Baumbestand). Für die von den Verbotstatbeständen des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG
betroffenen flugfähigen Tiere können daher auf der Grundlage des zitierten Maßnahmenplans (Externe
Kompensation, Karte 3) dieselben erhaltungswahrenden Strukturen in einem nahen Ersatzgebiet
geschaffen werden. Werden aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen - wie hier - Ausweichhabitate zur
Verfügung gestellt, so ist ein Maß an Kontinuität gewahrt, das genügend Gewähr dafür bietet, dass die
betroffene Population in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt (vgl. BVerwG, 4 A 1075/04, NVwZ
2006, Beilage Nr. I 8, 1 und juris, Rn. 573). Für die von dem Planungsvorhaben
betroffenen Amphibien (u.a. Zauneidechse) wird ein günstiger Erhaltungszustand durch Schaffung
eigener Habitatstrukturen und durch Herstellung von Durchlässen und Leiteinrichtungen im Bereich der
Straßentrasse gesichert (vgl. S. 42 ff. des Gutachtens N. 2006 sowie den Maßnahmenplan [Kompensation
am Eingriffsort], Karte 2).
Es ist auf der Grundlage dieser gutachterlich vorgeschlagenen Maßnahmen, die Gegenstand des
Bebauungsplans sind (vgl. Ziffern I.4 und I.7 Buchst. a der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans),
davon auszugehen, dass ein genügender Lebensraum für die geschützten Tiere verbleibt, der langfristig
ein Überleben der Populationen sichert. Dies umso mehr, als es sich nach der Darstellung der Gutachter
in der mündlichen Verhandlung bei den geschützten Vögeln vielfach um Pionierbewohner handelt, die
sehr beweglich und flexibel ihre Lebensräume auswählen, sich schnell veränderten Verhältnissen
anpassen und sich auch in noch nicht vollentwickelten Lebensräumen einzurichten vermögen. Es ist unter
diesen Umständen ausreichend, wenn sich der Erhaltungszustand auch durch Erreichen anderer
Landschaftsteile nicht verschlechtert (vgl. BVerwG, 4 A 1075/04, NVwZ 2006, Beilage Nr. I 8, 1
Schönefeld> und juris, Rn. 575; BVerwGE 126, 166 und juris, Rn. 49).
Ein möglicher Verlust einzelner Exemplare, eines Reviers oder eines Siedlungsraums im Zusammenhang
mit dem Straßenvorhaben führt hingegen nicht zwangsläufig zu einer Verschlechterung des
Erhaltungszustands, vorausgesetzt, die Population kann - wie hier - in einem genügend großen
Lebensraum verbleiben (sog. populationsbezogene Betrachtungsweise, vgl. BVerwG, 4 A 1075/04, NVwZ
2006, Beilage Nr. I 8, 1 und juris, Rn. 571 f.; BVerwGE 126, 166
Stralsund> und juris, Rn. 48; Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - Rn. 160).
Gleichwohl bemüht sich der Bebauungsplan mit seinen textlichen Festsetzungen in den Ziffern 4.2 bis 4.4.
auch um einen individuellen Schutz der in dem von dem Planvorhaben betroffenen Naturraum lebenden
Tiere: Zur Vermeidung von Verlusten bei höhlen- und spaltenbewohnenden Vögeln und Fledermäusen
sind Altbäume mit Nisthöhlen und liegendes Totholz vor deren Beseitigung abzusuchen;
Straßenbaumaßnahmen dürfen nur außerhalb der Hauptbrutzeit erfolgen.
Liegen somit die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG vor, so folgt
eine Nichtigkeit des (planfeststellungsersetzenden) Bebauungsplans nicht daraus, dass es bis heute an
der Erteilung einer Befreiung von den artenschutzrechtlichen Verboten fehlt. Ausreichend ist allein eine
Befreiungslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan, damit ihm nicht entgegen
gehalten werden kann, seiner Realisierung stünden unüberwindbare rechtliche Hindernisse im Sinne des
§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB im Wege (vgl. BVerwG, BauR 1997, 978 und juris, Rn. 13; 4 A 1075/04, NVwZ
2006, Beilage Nr. I 8, 1 und juris, Rn. 565; BVerwGE 126, 166
Stralsund> und juris, Rn. 52).
4. Schließlich genügt der Bebauungsplan „Ortsrandstraße Teil 2/K 10“ den Anforderungen des
Abwägungsgebots gemäß § 1 Abs. 6 BauGB in der vor dem 20. Juli 2004 geltenden Fassung.
Danach sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander
und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine sachgerechte
Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung abwägungsbeachtliche Belange nicht
eingestellt werden oder ihre Bedeutung verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen in
unverhältnismäßiger Art und Weise erfolgt. Innerhalb des gesetzlich so gezogenen Rahmens wird das
Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen
verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des
anderen entscheidet (vgl. BVerwGE 34, 301 [309]; 45, 309 [314 f.]; 48, 56 [63]).
a) Die Abwägung der Antragsgegnerin betreffend den Ausgleich für mit der Planung einhergehende
Eingriffe in Natur und Landschaft hält rechtlicher Überprüfung stand. Gemäß § 1 a Abs. 2 Nr. 2 BauGB a.F.
(§ 1 a Abs. 3 Satz 1 BauGB) sind Vermeidung und Ausgleich des naturschutzrechtlichen Eingriffs in der
Abwägung zu berücksichtigen. Eine Alternativenprüfung ist der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung
allerdings fremd (vgl. BVerwG, 4 A 1075/04, NVwZ 2006, Beilage Nr. I 8, 1 und
juris, Rn. 558).
Vermeidung und Ausgleich naturschutzrechtlicher Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch
die Straßenplanung sind ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan (vgl. S. 14 f.), die sich auf die
Ausführungen des Gutachtens N. vom Februar 2006 (vgl. dort S. 46 ff., insbesondere S. 58 ff.) stützt, in der
Abwägungsentscheidung berücksichtigt worden. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die
sachverständigen Feststellungen fehlerhaft sind. Der erforderliche Ausgleich der durch die Planung
ermöglichten Eingriffe in Natur und Landschaft, die insbesondere die Schutzgüter Boden sowie Biotope
und Arten betreffen, ist im für die Abwägung maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (vgl. § 214
Abs. 3 Satz 1 BauGB) in einer den Anforderungen des § 1 a Abs. 3 BauGB genügenden Weise
gewährleistet, ohne dass insoweit Zweifel dargelegt oder erkennbar wären. Der Bebauungsplan weist
insoweit die Maßnahmen aus, die in dem Gutachten N. vom Februar 2006 enthalten sind. Er sieht
demnach vorhabenspezifische vorgezogene und funktionsgleiche Ausgleichsmaßnahmen außerhalb des
Plangebiets vor (vgl. S. 62 ff., 78, 83 f. des Gutachtens N. 2006), um die erheblichen und unvermeidbaren
vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu kompensieren (vgl. Ziffer I.7 Buchst. a der textlichen
Festsetzungen des Bebauungsplans). Daneben erfolgen innerhalb des Plangebiets
Ausgleichsmaßnahmen für Amphibien (vgl. Ziffer I.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans).
b) Auch die Behandlung der als Folge der Verwirklichung der Ortsrandstraße Teil 2 geltend gemachten
zusätzlichen Verkehrslärmbelastung der Wohngrundstücke der Antragsteller in der Abwägung weist keine
Fehler auf. Die Antragsgegnerin hat das private Interesse der Antragsteller, vor planungsbedingtem
unzumutbarem Verkehrslärm verschont zu bleiben, einbezogen und fehlerfrei abgewogen.
Die Anwesen der Antragsteller sind unter Berücksichtigung des - von ihnen unangegriffen gebliebenen -
schalltechnischen Gutachtens zu dem Bebauungsplan (1. Fortschreibung) des IBK Ingenieur- und
Beratungsbüros Dipl.-Ing. G. K. vom 8. Februar 2006 (Bericht-Nr. 98-40-2-2) keinen unzumutbaren Lärm-
belastungen ausgesetzt. Nach dem Gutachten führt die Ortsrandstraße Teil 2 im Bereich der in
unmittelbarer Nähe gelegenen bestehenden Baulichkeiten (vgl. hierzu die Abbildung S. 11 des
Gutachtens K.) sogar zu einem Rückgang der Lärmbelastung (vgl. S. 13 f., 22 des Gutachtens Kohnen);
jedenfalls werden an allen Messpunkten die für reine und allgemeine Wohngebiete nach der 16. BImSchV
geltenden Immissionsgrenzwerte von tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) (zum Teil deutlich)
unterschritten. Mit Herstellung des mindestens 4 m hohen Lärmschutzwalls an der östlichen Seite der
Straßentrasse zur Wohnbebauung hin, die parallel zum Straßenbau vorzunehmen ist (vgl. Ziffer I.1.2 der
textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans), reduziert sich der Lärmpegel bei den angrenzenden
Wohngrundstücken tags und nachts nochmals signifikant, vielfach in einer Größenordnung von über 3
dB(A), teilweise bis zu 9 dB(A) (vgl. S. 27 f. des Gutachtens K.). Bedenken an der Aussagekraft des
Gutachtens bestehen gerichtlicherseits ebenfalls nicht.
Schon vor diesem Hintergrund können die Antragsteller kein Gehör mit ihrem Einwand finden, die
Entlastung der B...straße durch die Ortsrandstraße stehe außer Verhältnis zu der zu erwartenden
Zunahme des Durchgangsverkehrs. Aber auch unabhängig von dem Gesichtspunkt der zumutbaren
Verkehrslärmbelastung kann insoweit kein Abwägungsfehler der Antragsgegnerin erkannt werden. Eine
Abwägung eines Bebauungsplans, der unter Inkaufnahme einer unvermeidlichen Zunahme des
Durchgangverkehrs eine - auch diesen aufnehmenden - Ortsrandstraße plant, die zur deutlichen und
nachhaltigen Verkehrsentlastung eines wesentlichen Teils der Innerortslage (H.- und B...straße,
Knotenpunkt Bahnhofbereich) beiträgt und dafür sorgt, dass zu-, ab- und durchfließender Verkehr
möglichst zügig aus der Ortschaft herausverlagert wird, unterliegt zur Überzeugung des Senats keiner
Beanstandung. Dies insbesondere dann nicht, wenn eine als vorübergehend beabsichtigte Belastung der
B...straße, die nur zu einer ersten Teilentlastung des Ortskerns führen konnte, wieder rückgängig gemacht
und unter Einbeziehung neuer Nutzungsgebiete (Wohngebiet „Waldäcker“, Gewerbegebiet „Mittelweg“)
eine Gesamtverkehrsentlastung des Westteils von Jockgrim erreicht werden soll. Eine vorrangige
Bedienung des Durchgangsverkehrs strebt die Straßenplanung auch nicht verdeckt als Ziel an, sie wird
auch nicht Schwerpunkt der Straßennutzung bzw. der Nutzungsänderungen der betroffenen Straßen sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO
i.V.m. § 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
gez. Dr. Held gez. Lang gez. Müller-Rentschler
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 135.000 € festgesetzt. Ausgehend von § 52 Abs. 1 GKG i.V.m
Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) zum Streitwert bei
Normenkontrollen gegen Bebauungspläne durch Privatpersonen (7.500 € bis 60.000 €) werden wegen
der Vergleichbarkeit einer Normenkontrolle gegen einen planfeststellungsersetzenden Bebauungsplan
mit der Klage eines drittbetroffenen Privaten im Planfeststellungsrecht (vgl. Nr. 34.2 i.V.m. Nr. 2.2 des
Streitwertkatalogs) auch hier 15.000 € je betroffenes Grundstück in Ansatz gebracht.
gez. Dr. Held gez. Lang gez. Müller-Rentschler