Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 29.01.2008

OVG Koblenz: halter, fahrzeug, treu und glauben, kennzeichen, gebühr, radio, verkehr, verjährung, begriff, rundfunk

OVG
Koblenz
29.01.2008
7 A 11058/07.OVG
Rundfunkgebührenrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
des Herrn W.,
- Kläger und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Görgen & Frosch, Kramgasse 3 - 5, 56626 Andernach,
gegen
den Südwestrundfunk, vertreten durch den Intendanten, Neckarstraße 230, 70190 Stuttgart,
- Beklagter und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin Kirstin Ruoff, Bahnhofstraße 26, 74336 Brackenheim,
wegen Rundfunkgebühren
hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 29. Januar 2008, an der teilgenommen haben
Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch
Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Stahnecker
Richter am Verwaltungsgericht Karst
ehrenamtlicher Richter Kaufmann Hoffmann
ehrenamtliche Richterin Hauswirtschaftsmeisterin Kämmerer
für Recht erkannt:
Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. Juni 2007 wird die
Klage insoweit abgewiesen, als sie sich gegen die mit Bescheid vom 4. August 2006 erfolgte Festsetzung
einer Rundfunkgebühr gegen den Kläger als Halter eines Kraftfahrzeugs in Höhe von 792,71 € richtet.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und der Beklagte jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der
Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Rundfunkgebühren.
Er betreibt seit Dezember 1992 einen Gebrauchtwagenhandel in A..
Nachdem er die erstmals im April 2006 von einem Gebührenbeauftragten des Beklagten verlangte
Anmeldung von Hörfunkgeräten für die zum Verkauf stehenden Fahrzeuge verweigert hatte, setzte der
Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2006 Rundfunkgebühren für den Zeitraum von Dezember 1992 bis
Juni 2006 für zwei Hörfunkgeräte in Höhe von insgesamt 1.585,42 € fest.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8.
November 2006 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass grundsätzlich jedes einzelne zum Empfang
bereitgehaltene Radio gebührenpflichtig sei. Für den gewerbsmäßigen Verkauf von Rundfunkgeräten
sehe der Rundfunkgebührenstaatsvertrag indessen zugunsten des Gebührenpflichtigen die pauschale
Erhebung lediglich einer Gebühr für alle Geräte als sogenannte Händlergebühr vor. Diese habe auch der
Kläger zu zahlen. Daneben bestehe eine Gebührenpflicht für das in seinem Betrieb vorgehaltene rote
Kennzeichen. Durch dessen Anbringen werde das jeweilige Fahrzeug zum Vorführwagen; das
eingebaute Radio falle dann nicht mehr unter das Händlerprivileg.
Mit seiner daraufhin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass der Beklagte keine
Feststellungen dazu getroffen habe, ob und in welchem Umfang in den Fahrzeugen Rundfunkgeräte zum
Empfang bereit gehalten worden seien. Zudem erfasse der Bescheid auch der Verjährung unterliegende
Zeiträume.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 11. Juni 2007 den Gebührenbescheid aufgehoben. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das sogenannte Händlerprivileg, auf das der Beklagte
die Gebührenforderung teilweise stütze, beziehe sich auf den Rundfunkhandel und sei von daher
vorliegend nicht anwendbar. Auch rechtfertige das rote Kennzeichen des Klägers keine pauschale
Gebührenerhebung. Eine Gebührenpflicht könne insoweit nur für die Dauer der jeweiligen Fahrt mit dem
Kennzeichen entstehen, während im Übrigen der Fahrzeughalter gebührenpflichtig bleibe. Für eine
Inanspruchnahme des Klägers als Halter fehle es schließlich an konkreten Feststellungen dazu, welche
Fahrzeuge dieser in welchen Zeiträumen zum Verkauf angeboten habe und welche dieser Fahrzeuge die
Gebührenforderung erfassen solle.
Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Beklagte geltend: Der Kläger verkaufe seit 1992 von
ihm angekaufte oder in Zahlung genommene Gebrauchtfahrzeuge. Seit 1990 seien nahezu alle
Fahrzeuge mit einem Autoradio ausgestattet. Da er über Anlass, Zeit und Zeitpunkt eventueller (Probe-
)Fahrten bestimmen könne, sei der Kläger Halter der Fahrzeuge und damit grundsätzlich für jedes
einzelne in diese eingebaute Autoradio rundfunkgebührenpflichtig. Aus Vereinfachungsgründen wende
er, der Beklagte, insoweit jedoch in der Praxis zugunsten der Autohändler die Vorschrift über das
sogenannte Händlerprivileg entsprechend an und fordere lediglich die Rundfunkgebühr für ein Gerät als
„Händlergebühr“. Eine weitere Gebühr entfalle auf das vom Kläger seit 1992 bereitgehaltene rote
Kennzeichen. Dessen Verwendung führe zur Zulassung des Fahrzeugs im Sinne des
Rundfunkgebührenrechts. Die Gebührenpflicht beginne mit dem ersten Tag des Monats, in dem das Gerät
bereitgehalten werde. Sie ende nicht vor Ablauf des Monats, in dem das Ende des Bereithaltens
angezeigt werde. Mangels solcher Anzeigen sei der Kläger im Prinzip für jedes einzelne Autoradio
gebührenpflichtig, das sich seit 1992 in einem Fahrzeug mit rotem Kennzeichen befunden habe. In der
Praxis werde jedoch auch hier nur eine Gebühr für jede rote Zulassungsnummer gefordert. Da es sich um
ein Massenverfahren handele, sei eine konkrete Feststellung jedes einzelnen verwirklichten Gebühren-
tatbestands nicht leistbar. Die Forderung sei auch nicht verjährt. Zudem könne der Kläger sich angesichts
der pflichtwidrig unterlassenen Anmeldung der Rundfunkgeräte nach Treu und Glauben nicht auf die
Einrede der Verjährung berufen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. Juni 2007 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich im Wesentlichen auf das verwaltungsgerichtliche Urteil. Beim Verkauf der auf seinem
Grundstück stehenden Fahrzeuge trete er zum Teil nur als Vermittler auf. Er bestreite, seit 1992 ein rotes
Kennzeichen vorzuhalten. In den Fahrzeugen befänden sich zudem keine Empfangsgeräte und hätten
sich dort auch in der Vergangenheit nicht befunden. Gebrauchtfahrzeuge würden oft ohne Radio verkauft.
Vorhandene Geräte baue er zum Schutz vor Diebstahl aus. Der Beklagte müsse überdies konkret
darlegen, für welches Fahrzeug er die Gebühr verlange. Abgesehen davon sei ein Teil der Ansprüche
verjährt, worauf er sich mangels pflichtwidrigen Handelns auch berufen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Verwaltungs- und Widerspruchsakten sowie die
Gerichtsakte 1 L 1431/06.KO verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist teilweise begründet.
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, soweit sie sich gegen die Festsetzung einer
Rundfunkgebühr gegen den Kläger als Halter eines Kraftfahrzeugs in Höhe von 792,71 € richtet.
Insoweit sind der angefochtene Gebührenbescheid vom 4. August 2006 und der hierzu ergangene
Widerspruchsbescheid rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage der Gebührenpflicht dem Grunde nach ist der Rundfunkgebührenstaatsvertrag -
RGebStV - vom 31. August 1991 (GVBl. RP S. 369 ff.) für den Zeitraum ab dem 1. April 2005 in der
Fassung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 8./15. Oktober 2004 (GVBl. RP 2005, S. 63
ff.). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelungen der §§ 5
und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Rundfunkgebühr zu
entrichten. Für das in ein Kraftfahrzeug eingebaute Rundfunkempfangsgerät gilt gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1
RGebStV derjenige als Rundfunkteilnehmer, für den das Kraftfahrzeug zugelassen ist. Ist das
Kraftfahrzeug nicht zugelassen, so gilt nach § 1 Abs. 3 Satz 2 RGebStV dessen Halter als
Rundfunkteilnehmer.
Mit dem nicht näher definierten Begriff des Halters eines Kraftfahrzeugs nimmt der
Rundfunkgebührenstaatsvertrag Bezug auf das Straßenverkehrsrecht. Nach ständiger höchstrichterlicher
Rechtsprechung zu § 7 Straßenverkehrsgesetz ‑ StVG - (vgl. etwa BGHZ 116, 200 [205]; BGHZ 87, 133
[135]; RGZ 150, 134 [136]) ist Halter eines Kraftfahrzeugs, wer dieses für eigene Rechnung in Gebrauch
hat und die Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Entscheidend ist dabei nicht
das Rechtsverhältnis am Fahrzeug, insbesondere auch nicht das Eigentum, sondern vielmehr eine
wirtschaftliche Betrachtungsweise, die darauf abstellt, wer tatsächlich und rechtlich der eigentlich
Verantwortliche für den Einsatz des Fahrzeugs im Verkehr ist (BGHZ 116, 200 [206]). Ist das Fahrzeug
vom Eigentümer einem Dritten überlassen worden, so ist zu fragen, ob die Überlassung zur umfassenden
Nutzung oder nur zu einem bestimmten, beschränkten Zweck erfolgt. Halter ist derjenige, dem das
Fahrzeug überlassen worden ist, nur dann, wenn er dieses nach seinem Belieben zeitlich und örtlich
einsetzen kann (BGHZ 87, 133 [136]), wenn er also über Anlass, Ziel und Zeit seiner Fahrten selbst
bestimmt (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl. 2007, StVG § 7 Rn. 14 m.w.N.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist ein Gebrauchtwagenhändler zwar Halter der Fahrzeuge, welche er
ankauft oder in Zahlung nimmt und im eigenen Namen anbietet, nicht aber derjenigen, bei deren Verkauf
er lediglich im Auftrag des Verkäufers als Vermittler auftritt. Im letztgenannten Fall ist seine Befugnis zur
Nutzung des Fahrzeugs nämlich durch das zugrundeliegende Auftragsverhältnis dem Anlass nach auf
Probefahrten mit Kaufinteressenten und örtlich auf die für eine solche Probefahrt übliche Distanz
beschränkt (vgl. zum insoweit gleichgelagerten Fall der Reparatur eines Kraftfahrzeuges in einer Werkstatt
auch RGZ 150, 134 [137]).
Danach ist der Kläger Halter jedenfalls eines Teils der Fahrzeuge gewesen, die seit Dezember 1992 in
seinem Betrieb verkauft worden sind. Bereits im Schriftsatz des Klägers vom 21. August 2007 wird mit der
Formulierung, er biete „auf seinem Grundstück auch Fahrzeuge zum Verkauf an ..., die weder auf ihn
zugelassen sind noch von ihm gehalten werden“, deutlich, dass sich die Geschäftstätigkeit des Klägers
nicht auf den Verkauf von Fahrzeugen Dritter in Kommission beschränkt. Eine Überprüfung seines
Verkaufsangebots im Internet-Fahrzeugmarkt
„mobile.de“ am 25. Januar 2008 hat ergeben, dass der Kläger derzeit auf seiner Homepage als
Geschäftsgegenstand den „An- und Verkauf von gepflegten Gebrauchtfahrzeugen ab Baujahr 1992“
Geschäftsgegenstand den „An- und Verkauf von gepflegten Gebrauchtfahrzeugen ab Baujahr 1992“
angibt, also auch selbst Fahrzeuge ankauft. Gleiche bzw. ähnliche Angaben finden sich bereits in den mit
Schriftsatz des Beklagten vom 9. Januar 2007 vorgelegten Ausdrucken weiterer Werbung des Klägers im
Internet (Bl. 19 und 21 der Gerichtsakte). Das Angebot vom 25. Januar 2008 bei „mobile.de“ umfasst
insgesamt zwölf Fahrzeuge. Lediglich drei dieser Annoncen tragen einen Zusatz des Inhalts, dass der
Verkauf im Kunden- bzw. Privatkundenauftrag erfolge. Vier Anzeigen weisen demgegenüber mit den
Zusätzen „Händlerfestpreis“, „Händler/Exportpreis“ und „Der Verkauf erfolgt nur an Gewerbetreibende,
Händler oder in den Export“ auf einen Verkauf im eigenen Namen des Klägers hin. Bei den restlichen fünf
Angeboten fehlt ebenfalls jeglicher ein Handeln des Klägers im eigenen Namen ausschließender Zusatz.
Überdies hat auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt,
er gehe davon aus, dass ein Teil der Fahrzeuge angekauft und im eigenen Namen veräußert werde.
Dafür, dass sich im Zeitraum zwischen der Betriebsgründung im Dezember 1992 und heute
Veränderungen in der Verkaufspraxis ergeben hätten, ist nichts ersichtlich.
Es ist auch davon auszugehen, dass im Laufe des Monats Dezember 1992 zumindest eines der
Angebotsfahrzeuge, deren Halter der Kläger war, über ein empfangsbereites Radio verfügt und dadurch
gemäß § 2 Abs. 1 RGebStV eine Gebührenpflicht vom Beginn dieses Monats an ausgelöst hat. Im Jahr
2006 waren
98 v. H. der Gebrauchtwagen auf dem deutschen Markt mit einem Radio ausgestattet (Deutsches
Kraftfahrzeuggewerbe, Zahlen & Fakten, Ausgabe 2007,
www.kfzgewerbe.de
); die entsprechende Quote
im Jahr 2000 betrug bereits
94 v. H. (DAT-Report 2000, abrufbar unter
www.dat.de
). Sogar dann, wenn sich der entsprechende
Ausstattungsgrad 1992 lediglich auf 80 v. H. belaufen haben sollte und man überdies zugunsten des
Klägers einmal die Hälfte des heutigen Fahrzeugbestands sowie eine Haltereigenschaft nur bezüglich
jedes zweiten angebotenen Fahrzeugs unterstellt, läge die Wahrscheinlichkeit, dass keines dieser
Fahrzeuge über ein Radio verfügt hat, bereits im Promillebereich und würde mit jeder Veränderung des
maßgeblichen Bestands während des Monats Dezember 1992 nochmals erheblich sinken.
Etwas anderes in Bezug auf die Gebührenpflicht ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger nach
eigenen Angaben vorhandene Radios zum Schutz gegen Diebstahl ausbaut. Dieser Einwand muss als
bloße Schutzbehauptung gewertet werden. Zum einen wäre ein Ausbau des Radios angesichts der ‑ auch
bereits 1992 ‑ weit verbreiteten Diebstahlssicherung durch Codierung, abnehmbares Bedienteil oder
Quick-Out-Halterung in einer Vielzahl von Fällen gar nicht erforderlich. Zum anderen stünde einer
derartigen Praxis entgegen, dass ein potentieller Käufer vor Abschluss des Kaufvertrages über ein
Fahrzeug in aller Regel das eingebaute Radiogerät wird testen wollen.
Der Gebührenpflicht des Klägers jedenfalls in Bezug auf die vom Beklagten beanspruchte einzelne
Haltergebühr steht auch nicht das Fehlen von Feststellungen zu dem konkret von der Gebührenforderung
erfassten Fahrzeug entgegen. § 1 Abs. 3 S. 1 RGebStV knüpft insoweit allein an das Zum-Empfang-
Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts in der konkreten Form an, dass das Gerät in ein Kraft-
fahrzeug eingebaut ist. Eine pauschalierte Gebührenerhebung ist zwar nicht vorgesehen. Insbesondere
kommt eine solche auch nicht auf der Grundlage des sogenannten Händlerprivilegs nach § 5 Abs. 4 S. 1
RGebStV in Betracht, da diese Vorschrift grundsätzlich nur für solche Unternehmen gilt, deren
Gewerbetätigkeit sich typischerweise mit Rundfunkgeräten befasst, und mithin nicht für Radiogeräte in
zum Verkauf angebotenen Kraftfahrzeugen (vgl. dazu im Einzelnen OVG Rheinland-Pfalz, AS 31, 319).
Die vorliegend getroffenen Feststellungen genügen indessen, um zumindest eine Gebühr für ein einziges
Autoradio zu erheben. Danach ist nämlich hinreichend sicher, dass der Gebührentatbestand im
Erhebungszeitraum ‑ hier in Form e i n e s Hörfunkgerätes in (irgend)einem vom Kläger als Halter
angebotenen Fahrzeug ‑ erfüllt gewesen ist; dies reicht aus, um die Gebührenpflicht zu begründen. Bei
der Bestimmung der im Einzelfall zu treffenden Feststellungen ist nämlich zu berücksichtigen, dass der
Beklagte das Händlerprivileg des § 5 Abs. 4 S. 1 RGebStV in der Praxis über dessen eigentlichen
Geltungsbereich hinaus auch auf Hörfunkgeräte in vom Kraftfahrzeughandel zum Verkauf angebotenen
Fahrzeugen entsprechend anwendet. Hierdurch wird der Gebührenschuldner in zweifacher Hinsicht
begünstigt: Zum einen muss er nicht jeden Wechsel in seinem Angebotsbestand nach § 3 Abs. 1 und 2
RGebStV eigens dem Beklagten anzuzeigen. Zum anderen wird er statt der grundsätzlich in
§ 2 Abs. 2 S. 1 RGebStV vorgesehenen Gebühr für jedes einzelne Radiogerät lediglich zu einer einzigen
Gebühr für alle von ihm im eigenen Namen zum Verkauf angebotenen Fahrzeuge herangezogen. Bereits
von daher erschiene es unangemessen, auf der anderen Seite dem Beklagten mit erheblichem Ver-
waltungsaufwand verbundene Feststellungen im Einzelfall aufzuerlegen. Ebenfalls nicht unberücksichtigt
bleiben kann zudem, dass der Kläger seiner Anzeigepflicht aus § 3 RGebStV nicht nachgekommen ist.
Weder hat er von sich aus das Bereithalten eines Hörfunkgerätes in einem seiner Kraftfahrzeuge
mitgeteilt, noch hat er auf ein Auskunftsverlangen des Beklagten vom 28. August 2007 reagiert, so dass
der Beklagte bereits aufgrund dieses pflichtwidrigen Unterlassens außerstande war, konkretere
Feststellungen zur Verwirklichung des Gebührentatbestands zu treffen.
Die ab dem 1. Dezember 1992 beginnende Rundfunkgebührenpflicht des Klägers hat auch durchgängig
über den gesamten Erhebungszeitraum bis zum Juni 2006 bestanden. Nach § 4 Abs. 2 RGebStV endet
die Gebührenpflicht mit Ablauf des Monats, in dem das Bereithalten des Rundfunkempfangsgeräts endet,
jedoch nicht vor Ablauf des Monats, in dem dies der Landesrundfunkanstalt angezeigt worden ist. Eine
Anzeige des Klägers liegt indessen nicht vor. Zudem ist auch keine zwischenzeitliche Änderung der
maßgeblichen Umstände ersichtlich.
Auf eine teilweise Verjährung der Gebührenforderung kann sich der Kläger nicht berufen, weil die Einrede
der Verjährung vorliegend eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB darstellt. Eine
solche liegt nach weitaus überwiegender Rechtsauffassung, der sich der Senat anschließt, bereits dann
vor, wenn der Gebührengläubiger aufgrund eines jedenfalls objektiv pflichtwidrigen Unterlassens einer
gesetzlich vorgeschriebenen Mitteilung durch den Gebührenschuldner keine Möglichkeit gehabt hat,
rechtzeitig einen Bescheid zu erlassen (BVerwGE 69, 227, 236, m.w.N.; speziell zur
Rundfunkgebührenpflicht: NdsOVG, NVwZ-RR 2007, 575; VGH BW, Beschluss vom 26. April 2007 - 2 S
290/07 -, juris; BayVGH, NVwZ-RR 1997, 230, 231; HessVGH, NVwZ-RR 1994, 129, 130; Gall, in:
Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkgebührenrecht, 2. Auflage 2008, RGebStV § 4 Rn.
58a; a. A.: NdsOVG, Beschluss vom 30. November 2005 ‑ 10 PA 118/05 -, juris). Dies ist hier der Fall, da
der Kläger seiner aufgrund § 3 Abs. 1 RGebStV bestehenden Verpflichtung zur Anzeige des Bereithaltens
von Rundfunkgeräten in den von ihm als Halter zum Verkauf angebotenen Fahrzeugen nicht
nachgekommen ist.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage demgegenüber im Ergebnis zu Recht stattgegeben, soweit sie sich
gegen die Festsetzung einer weiteren Rundfunkgebühr in Höhe von ebenfalls 792,71 € wegen des dem
Kläger zugeteilten roten Kennzeichens richtet.
Der Erhebung einer solchen Gebühr auf der Grundlage des § 1 Abs. 3 S. 1 RGebStV steht entgegen, dass
das Anbringen des roten Kennzeichens an einem Kraftfahrzeug nicht zu dessen Zulassung im Sinne
dieser Vorschrift führt.
Der Begriff der Zulassung ist im Rundfunkgebührenrecht ebenso wie der des Halters nicht näher definiert,
so dass auch hier seine Auslegung anhand des Straßenverkehrsrechts naheliegt. Nach der zum 1. März
2007 teilweise außer Kraft getretenen, vorliegend jedoch noch anzuwendenden Straßenverkehrs-
Zulassungs-Ordnung ‑ StVZO - setzte die Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr einerseits die
Erteilung einer Betriebserlaubnis oder EG-Typgenehmigung und zum anderen die Zuteilung eines
amtlichen Kennzeichens durch die Zulassungsbehörde voraus (§ 18 Abs. 1). Die Zuteilung eines roten
Kennzeichens nach der StVZO erfüllte die letztgenannte Voraussetzung nicht. Bei dem roten Kennzeichen
im Sinne der StVZO handelte es sich weder um ein amtliches Kennzeichen noch war es einem solchen im
Hinblick auf die Zulassung gleichgestellt. Während die Zuteilung des amtlichen Kennzeichens für ein
Kraftfahrzeug in § 23 StVZO geregelt war, ergaben sich die Voraussetzungen für die Zuteilung eines roten
Kennzeichens aus § 28 StVZO als spezieller Vorschrift für Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten.
Zwar sah § 28 Abs. 2 S. 1 StVZO eine entsprechende Geltung der Bestimmungen für allgemeine
Kennzeichen vor. Die damit der Sache nach angeordnete Geltung des § 23 StVZO insoweit, als dieser für
die Besonderheiten des roten Kennzeichens passte, erstreckte sich jedoch nicht auf die mit der Zuteilung
des amtlichen Kennzeichens bewirkte Zulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr im Sinne des § 18 Abs. 1
StVZO. Zum einen wurden rote Kennzeichen nämlich nicht wie im Falle des § 23 StVZO „für ein
Kraftfahrzeug“ ausgegeben, sondern nach § 28 Abs. 3 S. 1 StVZO „zuverlässigen Kraftfahrzeugherstellern
..., Kraftfahrzeugwerkstätten und Kraftfahrzeughändlern ... zur wiederkehrenden Verwendung, auch für
verschiedene Fahrzeuge und auch ohne vorherige Bezeichnung eines bestimmten Fahrzeugs durch die
Zulassungsbehörde im Fahrzeugschein“ zugeteilt und waren damit personen- statt fahrzeugbezogen. Zum
anderen berechtigte das rote Kennzeichen nicht wie das amtliche Kennzeichen zur umfassenden
Teilnahme am Straßenverkehr, sondern lediglich zu den in § 28 Abs. 1 S. 1 StVZO klar abgegrenzten
Zwecken von Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten. Zudem durften diese speziellen Fahrten mit
dem ‑ insoweit sodann mit weitergehenden Berechtigungen als im Falle des amtlichen Kennzeichens
verbundenen ‑ roten Kennzeichen gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 StVZO auch ohne Betriebserlaubnis oder EG-
Typgenehmigung durchgeführt werden, also mit Fahrzeugen, die gemäß § 18 Abs. 1 StVO nicht einmal
zulassungsfähig waren.
Entsprechend diesem Rechtsverständnis (so auch BFH, Urteil vom 23. Mai 2006 ‑ VII R 27/05 -, juris, zum
Begriff der Erstzulassung nach dem KraftStG; VG des Saarlandes, Urteil vom 4. Oktober 2007 ‑ 6 K
170/06 ‑, juris; Hentschel, a.a.O., StVZO § 72 Rn. 2; Der Bundesminister für Verkehr, VkBl 1990, 115; a. A.:
Naujock, in: Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkgebührenrecht, 2. Auflage 2008,
RGebStV § 1 Rn. 44) hat der Verordnungsgeber zwischenzeitlich mit dem zum 1. März 2007 in Kraft
getretenen § 16 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) eine eindeutige Regelung getroffen. Nach dieser
nicht dem Abschnitt 2 „Zulassungsverfahren“, sondern dem die „Zeitweilige Teilnahme am Straßen-
verkehr“ betreffenden Abschnitt 3 zugeordneten ‑ Vorschrift dürfen Fahrzeuge, wenn sie nicht zugelassen
sind, u. a. mit einem roten Kennzeichen am Straßenverkehr teilnehmen.
Gründe dafür, dass der rundfunkgebührenrechtliche Begriff der Zulassung in § 1 Abs. 3 S. 1 RGebStV
insoweit weiter reichen sollte als der straßenverkehrsrechtliche, vermag der Senat nicht zu erkennen.
Zu sonstigen Anspruchsgrundlagen, aus denen der Beklagte die weitere Gebühr beanspruchen könnte,
hat dieser weder etwas vorgetragen noch konkrete Feststellungen dazu mitgeteilt, dass der Kläger etwa
Halter der mit einem roten Kennzeichen versehenen Fahrzeuge war.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung
gez. Wünsch gez. Dr. Stahnecker gez. Karst
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.585,42 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).
gez. Wünsch gez. Dr. Stahnecker gez. Karst