Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 11.07.2006

OVG NRW: zugang, beförderung, amt, ausschreibung, beschränkung, rüge, ausnahme, gehalt, kreis, versetzung

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 B 1184/06
Datum:
11.07.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 B 1184/06
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 3 L 511/06
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro
festgesetzt.
G r ü n d e:
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Der Senat entscheidet im Einverständnis der Prozessbeteiligten durch den
Vorsitzenden als Berichterstatter (§ 87a Absätze 2 und 3 VwGO).
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Die Antragstellerin, eine im kirchlichen Ersatzschuldienst als stellvertretende
Schulleiterin beschäftigte Studiendirektorin, beansprucht ihre Berücksichtigung bei der
Besetzung der Schulleiterstelle (Oberstudiendirektor/in, BesGr A 16 BBesO) am
Städtischen Gymnasium N. in F. . Ihre diesbezügliche Bewerbung wurde von der
Bezirksregierung L. mit der Begründung abgelehnt, zur Zeit sei im Gymnasialkapitel
keine Stelle für die Übernahme aus dem Ersatzschuldienst vorhanden; auch könne sie
nicht ausnahmsweise berücksichtigt werden, weil zwei geeignete Bewerbungen aus
dem öffentlichen Schuldienst vorlägen. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat
die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben (3 K 2037/06), über
die noch nicht entschieden ist. Ihren im vorliegenden Verfahren gestellten Antrag auf
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, mit dem sie neben ihrer Einbeziehung in das
Auswahlverfahren den Erlass einer Sicherungsanordnung des Inhalts begehrt, dass
dem Antragsgegner die anderweitige Besetzung der Stelle bis zur Neubescheidung
ihrer Bewerbung vorläufig untersagt werde, hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.
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Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist unbegründet.
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Die Antragstellerin hat mit den fristgerecht vorgetragenen Beschwerdegründen, auf
deren Überprüfung sich die Entscheidung des Senats zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4
Satz 6 VwGO), nichts dargelegt, was das Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen
Entscheidung erschüttern könnte.
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Zwar ist der Antragstellerin einzuräumen, dass die haushaltsrechtlichen Erwägungen
des Verwaltungsgerichts wenig für sich haben. Mit der zu besetzenden Stelle eines
Oberstudiendirektors der Besoldungsgruppe A 16 BBesO, die mit Ablauf des Monats
Juli 2006 durch Zurruhesetzung des derzeitigen Stelleninhabers frei wird, steht in der
Tat eine besetzbare Planstelle zur Verfügung. Das von der Bezirksregierung L. verfolgte
Ziel, "alle freiwerdenden Stellen... gewissermaßen in zwei Teile" zu splitten und
alsdann für eine Neueinstellung im Eingangsamt sowie - in Bezug auf den
verbleibenden Stellenrest - für die spätere Beförderung eines Bewerbers zu verwenden,
ändert an diesem Tatbestand nichts, sondern ist lediglich ein Aspekt der
Planstellenbewirtschaftung und -verwendung.
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Das Begehren der Antragstellerin muss aber aus einem anderen Grunde erfolglos
bleiben. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Entscheidung des Antragsgegners
gebilligt, der Antragstellerin als einer im Ersatzschuldienst tätigen Lehrkraft derzeit eine
Übernahme in den öffentlichen Schuldienst zu versagen und sie aus diesem Grunde
auch für die Besetzung der streitbefangenen Schulleiterstelle nicht in Betracht zu
ziehen. Die Antragstellerin greift dies ausschließlich mit Überlegungen an, die sie dem
verfassungsrechtlichen Prinzip der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) entnimmt. Nach
der genannten Vorschrift hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und
fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Dies dient dem
öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen
Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden
sollen. Zugleich wird damit dem rechtlichen Interesse des Bewerbers an einem
angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung getragen und ein
grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die
Auswahlentscheidung begründet.
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Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE
122, 237, und - 2 C 9.04 -.
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Die hieraus folgenden Bindungen für den Entscheidungsspielraum des Dienstherrn
entfalten ihrer Wirkung vor allem bei der abschließenden Personalauswahl selbst. Ihr
vorgelagert ist die grundsätzliche Entscheidung des Dienstherrn, welcher Personenkreis
für die Stellenbesetzung überhaupt angesprochen werden soll. Auch diese
Entscheidung darf den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG nicht zuwiderlaufen, wird
notwendigerweise aber auch von organisatorischen, personalwirtschaftlichen und
personalpolitischen Erwägungen des Dienstherrn wesentlich mit beeinflusst. Ebenso
wie er frei entscheiden können muss, ob er eine Stelle überhaupt besetzt, muss ihm ein
weitgefasster Spielraum zugebilligt werden, welchen Personenkreis er für die
Stellenbesetzung in Betracht zieht. Der Senat hat dementsprechend entschieden, dass
es dem freien, gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbaren organisatorischen
Ermessen des Dienstherrn überlassen bleiben muss, ob er eine freie Stelle im Wege der
Versetzung, der Umsetzung, der Beförderung oder auf sonstige Weise besetzen will.
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Vgl. Beschluss vom 28. Januar 2002 - 6 B 1275/01 -, RiA 2003, 155. Ebenso
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, a. a. O.; OVG
NRW, Beschluss vom 10. Juli 2003 - 1 B 670/03 -, und Hessischer
Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 13. März 2003 - 1 TG 75/03 -, NVwZ - RR 2003,
664.
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Das muss erst recht gelten, wenn und soweit es darum geht, ein Beförderungsamt mit
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einem geeigneten Beamten oder einem außerhalb des öffentlichen Dienstes stehenden
Bewerber zu besetzen. Fällt die Entscheidung im erstgenannten Sinne, so muss die
damit einhergehende Beschränkung des Bewerberkreises allerdings wegen des
Anspruches auf gleichem Zugang zu jedem öffentlichen Amt willkürfrei sein, d. h. auf
einem sachlichen vertretbaren Grund beruhen.
Dieser an anderer Stelle als Organisationsgrundentscheidung bezeichnete
Verfahrensschritt,
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vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, a. a. O.,
unter Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20. August 2003 - 1 WB
23.03 - , Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 32,
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kann mit der Ausschreibung der zu besetzenden Stelle, soweit eine solche erfolgt,
zusammenfallen und sollte dann aus Gründen der Verfahrenstransparenz,
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vgl. in diesem Zusammenhang Urteil des Senats vom 6. September 2005 - 6 A 1903/03
-, NVwZ - RR 2006, 340,
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dort verlautbart werden. Im Streitfall ist dies nicht geschehen. Ob hierin ein
Verfahrensfehler liegt, bedarf keiner Entscheidung, weil es insoweit an einer
substantiierten Rüge im Beschwerdeverfahren fehlt.
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Der Antragsgegner hat im Einzelnen dargelegt, dass es seiner ständigen Praxis
entspreche, bei der Besetzung von Beförderungsstellen im öffentlichen Schuldienst
mögliche Interessenten aus dem Ersatzschuldienst grundsätzlich nicht zu
berücksichtigen; eine Ausnahme werde nur gemacht, wenn es an geeigneten
Bewerbern aus dem öffentlichen Schuldienst fehle. An der inhaltlichen Richtigkeit
dieses Vortrags gibt es keine vernünftigen Zweifel. Dass die Antragstellerin die Existenz
einer solchen Praxis mit Nichtwissen bestreitet, gibt angesichts der substantiierten
Schilderung des Antragsgegners jedenfalls im Beschwerdeverfahren keinen Anlass zu
weiterer Sachaufklärung. Der Sache nach liegt in dem diesbezüglichen Vorbringen des
Antragsgegners die Erklärung, dass er bei der Besetzung von Beförderungsstellen im
öffentlichen Schuldienst grundsätzlich nur Bewerber aus dem Kreis der dort bereits
Beschäftigten berücksichtige. Gegen diese organisatorische Grundentscheidung ist -
von der nicht weiter zu vertiefenden Frage ihrer ordnungsgemäßen Verlautbarung
abgesehen - nichts einzuwenden. Der Antragsgegner hat hierfür im
Widerspruchsbescheid angeführt, das Übernahmen aus dem Ersatzschuldienst "zu
Lasten von beabsichtigten Neueinstellungen junger Lehrkräfte" gingen und
"Neueinstellungsmöglichkeiten" dadurch verkürzt würden. Im erstinstanzlichen
Verfahren hat er diesen Vortrag vertieft, indem er seine bereits oben angesprochene
Praxis bei der Planstellenbewirtschaftung dargelegt hat. Ziel dessen sei "eine
verbesserte, insbesondere beschleunigte Neueinstellungsmöglichkeit und dadurch
bedingt eine bessere Bedarfsdeckung", die - so der ergänzende Vortrag im
Beschwerdeverfahren - vor allem "angesichts der überalterten Lehrerkollegien"
vonnöten sei. Hinzu trete speziell für den kirchlichen Ersatzschuldienst, dass es ein
großes Interesse der dort beschäftigten Lehrkräfte an einer Übernahme in den
öffentlichen Schuldienst gebe. Allein zum 1. August 2006 würden im Regierungsbezirks
L. nur für den Gymnasialbereich bereits 10 Lehrkräfte aus dem kirchlichen
Ersatzschuldienst im Rahmen des Neueinstellungsverfahrens übernommen. Diese "auf
breiter Front vorhandenen Übernahmewünsche" machten es erforderlich, "ein
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gedeihliches Miteinander in Bezug auf die Ersatzschulen in kirchlicher Trägerschaft" zu
gewährleisten. All diesen Erwägungen kann ein sachlicher Gehalt nicht abgesprochen
werden. Sie sind deshalb rechtlich nicht zu beanstanden. Die gegenteilige
Betrachtungsweise der Antragstellerin ist nicht überzeugend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
53 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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