Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 12.06.2002

OVG NRW: öffentliche schule, sonderschule, eröffnung des verfahrens, sozialhilfe, schüler, schulpflicht, geistig behinderter, geistige behinderung, schulbesuch, verfügung

Oberverwaltungsgericht NRW, 16 A 5013/00
Datum:
12.06.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 A 5013/00
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 3 K 1840/99
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides
vom 27. Oktober 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 9. März
1999 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 25. August 1998 bis
einschließlich März 1999 Eingliederungshilfe in Form der Übernahme
der Kosten des zu ihrer schulischen Einzelbetreuung eingesetzten
Integrationshelfers zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des gerichtskos-tenfreien Verfahrens
beider Rechtszüge mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, die
dieser selbst trägt.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die am 11. Mai 1990 in der 27. Schwangerschaftswoche geborene Klägerin ist
schwerstbehindert. Nach der Geburt trat eine Hirnblutung auf, die eine intensive
Langzeitbeatmung erforderlich machte. Seither ist die Klägerin erblindet. Sie leidet
ferner unter den Folgen eines angeborenen Herzfehlers (Ductus botalli). Weiterhin
bestehen cerebrale Bewegungsstörungen und eine Wirbelsäulenasymmetrie sowie eine
ausgeprägte geistige Behinderung und in der Folge ein erheblicher
Entwicklungsrückstand. Durch ihre Kindheitserlebnisse, vor allem die Ablehnung von
Seiten ihrer leiblichen Mutter, ist sie traumatisiert und auch seelisch behindert.
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Auf Antrag ihrer Adoptiveltern wurde die Klägerin 1996 und 1997 jeweils für ein
Schuljahr vom Schulbesuch zurückgestellt. Zum 1. August 1996 wurde sie der
Westfälischen Schule für Blinde in S. zugeordnet.
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Im März 1997 beantragte die Klägerin über die "C. -Schule für Seelenpflege-bedürftige
Kinder" in D. die Eröffnung des Verfahrens zur Feststellung des sonderpädagogischen
Förderbedarfs. Nach Durchführung eines entsprechenden Verfahrens entschied der
Beigeladene durch Bescheid vom 16. Mai 1997 gemäß § 7 Abs. 1 des
Schulpflichtgesetzes (SchpflG), dass die Klägerin zur sonderpädagogischen Förderung
und Erfüllung der Schulpflicht ab dem 1. August 1997 "eine Schule für
Geistigbehinderte" zu besuchen habe. Gegen eine Aufnahme in die von den Eltern der
Klägerin gewünschte C. -Schule B. - dabei handelt es sich ebenso wie bei der C. -
Schule D. um eine private Sonderschule (G) eigener Art auf der Grundlage der Waldorf-
Pädagogik in der Trägerschaft des C. -Haus e.V. - würden "schulaufsichtlicherseits
keine Bedenken erhoben". Der Stadtarzt Dr. W. hatte in seinem schulärztlichen
Gutachten vom 28. April 1997 vermerkt: "Aufnahme in C. -Schule empfohlen". Seit dem
1. August 1997 besucht die Klägerin dementsprechend die C. - Schule in B. .
4
Am 25. August 1998 beantragte die Klägerin die Übernahme der Betreuungs- kosten für
einen Integrationshelfer im Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 39 und 40 BSHG
während der näher umschriebenen Schulzeit der Klägerin. Zur Begründung wurde mit
Bezug auf ein Schreiben der C. -Schule B. vom 22. Juni 1998 ausgeführt, ohne
individuelle Hilfe könne die Klägerin nicht am Schulunterricht teilnehmen. Die Klägerin
sei auf Grund ihrer Behinderung auf die ständige Mithilfe von Erwachsenen
angewiesen, um sinnvoll am Unterricht teilnehmen zu können. Dies gelte auch für
sämtliche Bereiche der Selbsthilfe. Besonders bei der Orientierung innerhalb und
außerhalb des Klassenzimmers sowie für visuell vermittelte Unterrichtsteile bedürfe sie
der Begleitung und Unterstützung. Auf Nachfrage erklärte die Klägerin, die Schule habe
in der Vergangenheit die Kosten eines Integrationshelfers aus Schulspenden bezahlt.
Dies sei nun nicht mehr möglich.
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Mit Bescheid vom 27. Oktober 1998 lehnte der Beklagte die Übernahme der Kosten
einer Begleitperson für die Klägerin während des Schulbesuchs ab. Zur Begründung
wurde ausgeführt, bei der beantragten Kostenübernahme könne es sich zwar
grundsätzlich um eine Maßnahme gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 3 BSHG i.V.m. § 12 der zu §
47 BSHG erlassenen Eingliederungshilfeverordnung - EingliederungshilfeVO -,
handeln. Gemäß § 2 BSHG erhalte Sozialhilfe jedoch nicht, wer die erforderliche Hilfe
von Trägern anderer Sozialleistungen erhalten könne. Der geltend gemachte Bedarf
bestehe ausschließlich im Rahmen des Schulbesuchs. Da der Förderort sowie der
Förderbedarf vom Schulträger bestimmt worden seien, obliege es auch dem
Schulträger, die personellen und sachlichen Voraussetzungen für den Schulbesuch zu
schaffen. Wenn der Schulträger einem behinderten Kind einen schulischen Förderort
zur Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht zuweise, so seien von ihm auch die Kosten
zu übernehmen, die dadurch im Rahmen des Schulbesuchs entstünden. Eine
Aufstockung oder Übernahme der Kosten aus Sozialhilfemitteln durch die
Eingliederungshilfe sei auf Grund des Nachrangprinzips nicht möglich. Vielmehr habe
der Schulträger für den Fall, dass die Förderung auf der Grundlage der einschlägigen
schulrechtlichen Bestimmungen nicht ausreiche, für die Aufstockung der Förderung zu
sorgen, auch die mit dem Transport von und zur Schule verbundenen Kosten seien vom
Schulträger im Rahmen der Bestimmungen über Schülerfahrtkosten zu übernehmen.
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Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 9. März 1999 unter nochmaliger Bezugnahme auf den
Nachranggrundsatz zurück und machte insoweit nunmehr geltend: Der von der Klägerin
geltend gemachte Bedarf könne durch einen Schulwechsel auf die M. -W. -Schule
gedeckt werden. Dabei handele es sich um eine städtische Sonderschule, die für die
Beschulung geistig behinderter blinder Kinder geeignet sei, ohne dass Mehrkosten für
den Schul- oder den Sozialhilfeträger entstünden. Da die Klägerin die erforderliche
Betreuung und den auf sie zugeschnittenen Unterricht dort erhalten könne und der
Schulweg nicht beschwerlicher sei, sei ihr der Schulwechsel zuzumuten. Die
Entscheidung der Eltern, die Klägerin anthroposophisch erziehen zu lassen, sei vom
Beklagten nicht zu bewerten, ändere an der tatsächlich bestehenden Alternative einer
Beschulung an der M. -W. -Schule jedoch nichts. Aufgabe der Sozialhilfe sei es, einen
notwendigen Bedarf im Kontext mit der Sicherstellung einer angemessenen schulischen
Bildung zu decken, nicht aber, eine als optimal empfundene Förderung zu finanzieren.
Aus § 3 Abs. 2 BSHG ergebe sich keine andere Regelung. Der Träger der Sozialhilfe
brauche Wünschen des Hilfeempfängers nur zu entsprechen, soweit sie angemessen
seien. Unangemessene Mehrkosten müssten jedoch nicht übernommen werden.
Darüber hinaus - insoweit knüpfte der Beklagte an seine Ausführungen im
Ausgangsbescheid an -sei die Übernahme der Kosten einer Begleitperson während des
Schulbesuchs nicht Aufgabe des Sozialhilfe-, sondern des Schulträgers. Soweit durch
personelle oder finanzielle Engpässe seitens des privaten Schulträgers Schwierigkeiten
aufträten, sei es nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers, die entsprechenden Kosten zu
übernehmen. Vielmehr habe die C. -Schule gemäß dem Gesetz über die Finanzierung
der Ersatzschulen das notwendige Personal zur fachgerechten und pädagogischen
Beschulung und Betreuung der von ihr aufgenommenen Schülerinnen und Schüler
bereitzustellen.
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Zur Begründung ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin ausgeführt: Ihr
besonderer Bedarf sei an keiner Schule ohne zusätzliche Kraft zu decken. Es fehle an
jedem Nachweis und sei völlig undenkbar, dass für die M. -W. -Schule etwas anderes
gelte. Davon abgesehen habe allein die Schulbehörde und nicht der Beklagte zu
entscheiden, welche Schule ein Kind im Rahmen der Schulpflicht besuchen müsse. Im
Übrigen sei ihr ein Wechsel zur M. -W. -Schule auch nicht zuzumuten. Sie sei ein
sensibles Kind, das auf Veränderungen nur langsam reagiere. Ein Schulwechsel berge
die Gefahr, dass sie sich nicht umgewöhnen könne und deshalb in ihrer gesamten
Entwicklung zurückfalle. Eine vorrangige Leistungspflicht der C. -Schule existiere nicht,
zumal die Leistungen für einen Einzelhelfer keinen sonderpädagogischen Förderbedarf
beträfen. Jedenfalls stellten die Vorschriften des Schulpflichtgesetzes und des
Schulfinanzgesetzes bloße Organisationsvorschriften dar, die ihr keine durchsetzbaren
subjektiven Rechte vermittelten.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Oktober 1998 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 9. März 1999 zu verpflichten, ihr vom Zeitpunkt der
Antragstellung bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides die Kosten einer
Betreuungsperson zu gewähren.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung hat er Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen
genommen.
13
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
14
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen.
15
Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht die Klägerin unter Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens geltend: Anders als nach Auffassung des
Verwaltungsgerichts bestehe kein Vorrang der schulrechtlichen Vorschriften gegenüber
den Vorschriften der Eingliederungshilfe im Sinne der Spezialität. Ein allgemeiner
Vorrang der schulrechtlichen Vorschriften könne insbesondere nicht aus § 40 Abs. 1 Nr.
3 Halbsatz 2 BSHG hergeleitet werden. Das Verwaltungsgericht habe den Begriff des
sonderpädagogischen Förderbedarfs nach § 12 Abs. 1 der Verordnung über die
Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs und die Entscheidung über den
schulischen Förderort (VO-SF) zu Unrecht in einem umfassenden Sinne ausgelegt, bei
dem das Element der Pädagogik eine ganz untergeordnete Bedeutung erhalte. Nicht
jede für einen Schüler notwendige Hilfeleistung gehöre zum sonderpädagogischen
Förderbedarf, dieser sei vielmehr eng an pädagogischen Konzepten zu orientieren,
wobei medizinische, pflegerische und andere nichtpädagogische Fördermaßnahmen
nur am Rande eine Rolle spielen könnten. Die Ausstattung mit nicht fachlich
qualifiziertem Personal könne nicht in den Verantwortungsbereich des Schulträgers
gehören, wenn sich die Aufgaben dieser Personen darauf beschränkten, behinderten
Kindern etwa durch einfache Hilfestellungen und Handreichungen die Teilnahme am
Schulunterricht zu ermöglichen. Es bestehe auch kein Rechtsanspruch eines Schülers
auf tatsächliche sonderpädagogische Förderung unter Einschluss der Kosten eines
Integrationshelfers.
16
Die Klägerin beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides
vom 27. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 1999 zu
verpflichten, ihr für den Zeitraum 25. August 1998 bis 31. März 1999 Eingliederungshilfe
für die Kosten einer Betreuungsperson zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
21
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, des
Beigeladenen und der C. -Schule B. (jeweils 1 Heft) Bezug genommen.
23
Entscheidungsgründe:
24
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
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Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß §§ 39 Abs. 1 Satz 1, 40 Abs. 1 Nr. 3
BSHG in der bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S.
1046) geltenden Fassung i.V.m. § 12 Nr. 1 und 2 der Verordnung nach § 47 des
Bundessozialhilfegesetzes (Eingliederungshilfe-VO) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 1. Februar 1975 (BGBl. I S. 433) einen Anspruch auf Übernahme
der durch den Einsatz des Integrationshelfers in der Zeit vom 25. August 1998 bis
einschließlich März 1999 entstandenen Kosten.
26
Dem Verwaltungsgericht ist zuzustimmen, dass sich der Sachverhalt allein nach den
Bestimmungen über die Eingliederungshilfe gemäß §§ 39 ff BSHG i.V.m. der
Regelungen der sie präzisierenden Eingliederungshilfeverordnung und nicht etwa nach
den Regelungen über die Gewährung von Hilfe zur Pflege richtet, weil der Aufwand
insgesamt von dem Schulbesuch geprägt wird, auch wenn es zu einem nicht geringen
Teil um personenbezogene Verrichtungen geht.
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Nach § 13 Abs. 3 Satz 3 SGB XI sind Leistungen der Eingliederungshilfe für Behinderte
nach dem Bundessozialhilfegesetz im Verhältnis zur Pflegeversicherung nicht
nachrangig.
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Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG erhalten Personen, die nicht nur vorübergehend
körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behindert sind, Eingliederungshilfe. Die
Klägerin hat wegen ihrer mehrfachen Behinderungen im fraglichen Zeitraum zu dem
Personenkreis gehört, dem Eingliederungshilfe gemäß §§ 39 Abs. 1 Satz 1, 40 Abs. 1
Nr. 3 BSHG i.V.m. § 12 Nr. 1 und 2 Eingliederungshilfe-VO dem Grunde nach zu
gewähren ist.
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Die Betreuung durch einen eigens für die Klägerin abgestellten Integrationshelfer
während des Schulbesuchs zählt auch zu den Maßnahmen der Eingliederungshilfe.
Nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 BSHG gehört zu diesen Maßnahmen die "Hilfe zu einer
angemessenen Schulbildung". Davon, dass im streitgegenständlichen Zeitraum der
Besuch der C. -Schule B. für die Klägerin eine angemessene Schulbildung dargestellt
hat, ist auf Grund des der Einschulung vorausgegangenen und für das Schuljahr
1998/99 nach wie vor maßgeblichen Bescheides des Beigeladenen vom 16. Mai 1997
zur sonderpädagogischen Förderung der Klägerin auszugehen. Für diesen
Schulbesuch war die Hilfe durch einen Integrationshelfer auch erforderlich. Die Klägerin
hat im streitgegenständlichen Zeitraum zum Besuch der C. - Schule die Begleitung
durch eine eigens für sie zur Verfügung stehende Betreuungsperson benötigt. Zwar
lässt sich dem Bescheid des Beigeladenen vom 16. Mai 1997 eine solche
Betreuungsbedürftigkeit nicht entnehmen. Die Klägerin ist auch in ihrem ersten
Schuljahr ohne den Einsatz eines eigens für sie abgestellten Integrationshelfers
unterrichtet worden. Zu Unrecht ist aber das Verwaltungsgericht davon ausgegangen,
dass sich an den körperlichen und schulischen Voraussetzungen für den Schulbesuch
der Klägerin in der C. -Schule seit der Einschulung erkennbar nichts geändert habe.
Dem Kurzbericht der Lehrerín Hongsermeier vom 22. Juni 1998 etwa lässt sich vielmehr
entnehmen, dass sich der Betreuungsaufwand bereits einige Monate vor dem
streitgegenständlichen Zeitraum auf Grund eines Entwicklungsschubs der Klägerin
deutlich erhöht hatte. Darin ist beschrieben, dass die Klägerin seit einigen Monaten
begonnen habe, sich selbstständig im Klassenraum und auf dem Schulhof zu bewegen,
ohne jedoch Hindernisse zu erkennen und ihnen bewusst auszuweichen. Auch die
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Position von Stufen, Treppen und Geländeunebenheiten im Haus und auf dem Hof sei
ihr nicht bewusst. Bei der Vermittlung von kognitiven Inhalten, die für die übrigen
Schüler visuell geschehe, sei nicht nur die Auswahl, Anschaffung und/oder Herstellung
spezieller Medien für die Klägerin erforderlich, sondern auch, dass ihr - wie im Bereich
der Selbsthilfe - eine Betreuungsperson ständig zur Seite stehe. Angesichts dieser
Schilderungen ist der Senat davon überzeugt, dass der von der Klägerin geltend
gemachte besondere Betreuungsaufwand im streitgegenständlichen Zeitraum
tatsächlich bestanden hat, zumal dies - wie die mit Schriftsatz vom 11. Juli 2001
übersandten Ausführungen im Vermerk der sachbearbeitenden Dienststelle des
Beklagten vom 5. Juli 2001 ergeben - zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist.
Einem Anspruch der Klägerin steht die Regelung des § 40 Abs. 1 Nr. 3 letzter Halbsatz
BSHG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift bleiben die Bestimmungen über die
Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt. Die
Vorschrift ist zum einen als Ausformung des in § 2 Abs. 1 BSHG statuierten
Nachranggrundsatzes,
31
vgl. etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 23. Oktober 1991 - 4 L 106/90 -, FEVS 43, 291,
VGH Baden- Württemberg, Beschluss vom 3. Juli 1997 - 6 S 9/97 -, FEVS 48, 228 (231),
32
zum anderen als Hinweis darauf zu verstehen, dass die schulrechtlichen Normen neben
den Vorschriften der Eingliederungshilfe uneingeschränkt fortbestehen. Letzteres
bedeutet insbesondere, dass den schulrechtlichen Normen und den sie
konkretisierenden schulrechtlichen Entscheidungen entnommen werden muss, was im
Einzelfall als angemessene Schulbildung anzusehen ist.
33
Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, schon die Vorschriften des Schulrechts in
Nordrhein-Westfalen erwiesen sich als materielle Grenze des Anspruchs auf
Eingliederungshilfe, Maßnahmen der Eingliederungshilfe umfassten jedenfalls nicht
solche Hilfeleistungen, die unabdingbar seien, um überhaupt dem Hilfe Suchenden
einen erfolgreichen Besuch der Schule zu ermöglichen, und seien insbesondere nicht
zu gewähren, soweit eine Schulpflicht nicht bestehe, kann nicht gefolgt werden.
34
Gegen die vertretene strikte Bindung an das Bestehen der Schulpflicht spricht schon die
im Gesetz verwandte Formulierung "vor allem im Rahmen der allgemeinen
Schulpflicht", die darauf hindeutet, dass Ansprüche eben auch jenseits der Schulpflicht
bestehen können. Dass diese Interpretation des Gesetzes zutrifft, ergibt sich
insbesondere daraus, dass § 40 Abs. 1 Nr. 3 BSHG ausdrücklich die Hilfe zum Besuch
weiterführender Schulen, d.h. unter Umständen bis zum Ende einer regelmäßig
dreizehn Jahre dauernden Schullaufbahn bis zum Abitur vorsieht, die
Vollzeitschulpflicht nach § 5 des Schulpflichtgesetzes jedoch nur zehn Schuljahre
dauert.
35
Den Anspruch auf Eingliederungshilfe bereits auf der Tatbestandsebene materiell dann
auszuschließen, wenn die Vorschriften des Schulrechts den jeweiligen Förderbedarf im
Grundsatz gewährleisten, widerspricht der im Sozialhilferecht grundsätzlich gebotenen
und in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten tatsächlichen
Betrachtungsweise, die einen sozialhilferechtlichen Anspruch nicht schon dann
ausschließt, wenn sich aus dem Gesetz ein Anspruch gegen einen Dritten ergibt,
sondern erst, wenn im Bedarfszeitraum auch tatsächlich entsprechende Mittel zur
Verfügung stehen.
36
Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 18. Februar 1999 - 5 C 14.98 -, FEVS 51, 51, - 5 C 16.98
- NJW 1999, 3210, und - 5 C 35.97 - BVerwGE 108, 296 = FEVS 51, 1.
37
Insoweit gelten in den Integrationshelferfällen keine Besonderheiten.
38
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 2001 - 5 B 105.00 -, NJW 2001, 2898 =
ZFSH/SGB 2001, 566, mit dem die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
in dem Urteil des Senats vom 15. Juni 2000 - 16 A 2975/98 - zurückgewiesen worden
ist.
39
Dass die Tätigkeit eines schulbegleitenden Zivildienstleistenden ihrer Art nach unter §§
39, 40 Abs. 1 Nr. 3 BSHG subsumiert werden kann, entspricht der Rechtsprechung in
anderen Bundesländern,
40
vgl. die Nachweise bei Beckermann, Finanzierung individueller Betreuungen
behinderter Schülerinnen und Schüler zum Schulbesuch, Behindertenrecht 2002, 78 FN
8,
41
und seit dem Beschluss vom 28. Juni 1996 - 8 B 122/96 -, FEVS 47, 153, auch der
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein- Westfalen.
42
Es fehlt an abstrakten Merkmalen, nach denen sich die entsprechenden
Unterstützungsleistungen, die sich zwanglos als Hilfe zur Schulbildung verstehen
lassen, von den Maßnahmen der Eingliederungshilfe abgrenzen ließen. Es geht auch
nicht an, insoweit unabhängig von abstrakten Merkmalen lediglich diejenigen Hilfen
anzuerkennen, die das Bundesverwaltungsgericht bereits im Einzelfall als Maßnahmen
nach §§ 39, 40 BSHG anerkannt hat,
43
wie die Übernahme notwendiger Beförderungskosten zum Besuch einer Sonderschule,
vgl. BVerwG, Urteil vom 10. September 1992 - 5 C 7.87 - FEVS 43, 265 = Buchholz
436.0 § 39 BSHG Nr. 8,
44
oder gar gerade solche Hilfeleistungen auszuschließen, die unabdingbar sind, um
überhaupt dem Hilfe Suchenden einen erfolgreichen Besuch der Schule zu
ermöglichen. Insoweit verkennt das Verwaltungsgericht den Charakter der Sozialhilfe
als einer Hilfe in einer gegenwärtigen Notlage.
45
Dass auch das Verwaltungsgericht im Übrigen die Tatbestandsmerkmale der §§ 39, 40
BSHG im Falle schulbegleitender Betreuung durch einen Integrationshelfer jedenfalls
grundsätzlich als erfüllt ansieht, folgt daraus, dass es sich ausweislich der
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vorstellen kann, kurzfristige
Ausgleichsmaßnahmen der in Rede stehenden Art im Wege der Eingliederungshilfe zu
überbrücken.
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Der Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe ist allerdings unter
Nachranggesichtspunkten ausgeschlossen, sofern ein schulrechtlicher Anspruch auf
den geltend gemachten Bedarf besteht, der auch erfüllt wird oder jedenfalls rechtzeitig
durchgesetzt werden kann. Insoweit ergeben sich keine Besonderheiten gegenüber
sonstigen an Dritte gerichteten Ansprüchen. Danach kann einem Hilfe Suchenden der
Nachranggrundsatz aus § 2 Abs. 1 BSHG entgegengehalten werden, wenn ihm
47
bezogen auf den Zeitraum, für den Hilfe begehrt wird, bereite Mittel zur Verfügung
stehen, die eine rechtzeitige Bedarfsdeckung ermöglichen.
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Dezember 1999 - 5 B 84.99 -, juris, vom 26. Februar
1999 - 5 B 137.98 -, FEVS 49, 433, und vom 13. Mai 1996 - 5 B 52.96 -, Buchholz 436.0
§ 2 BSHG Nr. 20.
48
Über derartige Mittel verfügte die Klägerin unter dem Gesichtspunkt schulrechtlicher
Ansprüche im streitgegenständlichen Zeitraum nicht. Zwar bedeutet die Notwendigkeit,
Ansprüche auf dem Klagewege oder im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes
durchzusetzen, nicht von vornherein, dass sie nicht rechtzeitig realisierbar sind und
damit als bereite Mittel ausscheiden.
49
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 1996 - 5 B 52.96 -, a.a.O.
50
Von bereiten Mitteln kann aber nicht ausgegangen werden, wenn die Hilfe allenfalls im
Wege eines langwierigen Rechtsmittelverfahrens erlangt werden könnte.
51
Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1983 - 5 C 112.81 -, BVerwGE 67, 163 (167) = FEVS 33,
5 (8).
52
Dass vorliegend ein eventueller schulrechtlicher Anspruch gegen den Schulträger noch
im streitgegenständlichen Zeitraum hätte durchgesetzt werden können, kann angesichts
der ungeklärten Rechtslage zur Frage der Tragung der Kosten eines Integrationshelfers
und der bisherigen Rechtsprechung auch für den Fall der Inanspruchnahme
einstweiligen Rechtsschutzes nicht als sicher unterstellt werden. Insoweit kann
zunächst auf die Ausführungen des Senats in seinen den Beteiligten bekannten -
allerdings den Besuch öffentlicher Schulen betreffenden - Urteilen vom 15. Juni 2000 -
16 A 3108/99 (FEVS 52, 513) und 16 A 2975/98 - Bezug genommen werden. Eine an
sich gebotene gesetzliche oder auch nur eine letztinstanzlich gerichtliche Klärung der
Frage, ob und nach welcher Vorschrift im Falle des Besuchs einer öffentlichen Schule
ein schulrechtlicher Anspruch des betroffenen Schülers auf Übernahme der Kosten
eines eigens zu seiner Betreuung eingesetzten Integrationshelfers besteht, ist für
Nordrhein-Westfalen auch zwischenzeitlich nicht herbeigeführt worden. Die für das
Schulrecht zuständige Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg hat in mehreren
jüngeren Entscheidungen die Frage aufgeworfen und verneint, ob einem Schüler oder
seinen gesetzlichen Vertretern gegen den Schulträger ein eigener schul- oder
verfassungsrechtlicher Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Einsatz eines
unterrichtsbegleitenden Zivildienstleistenden zustehen kann.
53
Vgl. Urteil vom 22. August 2001 - 10 K 4234/99 - und vom 20. März 2002 - 10 K 1529/00
- (gegen die letztgenannte Entscheidung ist ein Antrag auf Zulassung der Berufung
gestellt worden, der unter dem Aktenzeichen 19 A 1757/02 bei dem für das Schulrecht
zuständigen 19. Senat des erkennenden Gerichts anhängig ist).
54
Auch die Frage, ob in entsprechenden Fällen eventuell das Land Nordrhein- Westfalen
in Anwendung des § 3 Abs. 1 des Schulfinanzgesetzes zur Kostentragung verpflichtet
sein könnte, ist soweit ersichtlich noch nicht geklärt.
55
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat allerdings in einer nach Ergehen der
Entscheidungen des Senats vom 15. Juni 2000 veröffentlichten schulrechtlichen
56
Entscheidung das Bestehen von Ansprüchen auf Übernahme der Kosten für einen
Integrationshelfer gegen das Land Niedersachsen als Schulträger auf Grund des dort
geltenden Schulrechts verneint.
Vgl. Beschluss vom 18. Mai 2000 - 13 L 549/00 -, FEVS 52, 140.
57
Im vorliegenden Fall gestaltet sich die Rechtslage zusätzlich dadurch kompliziert, dass
die Klägerin keine öffentliche Schule, sondern eine private Sonderschule eigener Art
besucht. Sie könnte schulrechtliche Ansprüche auf Übernahme der
Integrationshelferkosten gegen die private Ersatzschule nur auf dem Zivilrechtsweg
verfolgen. Da der Schulaufnahmevertrag oder die Genehmigung zum Betrieb der
Ersatzschule eine spezielle Regelung der in Rede stehenden Kostenfrage nicht
enthalten, käme es entscheidend auf eine vom Zivilgericht vorzunehmende Auslegung
des Vertrages vor dem Hintergrund der für den Besuch öffentlicher Schulen geltenden -
unklaren - Rechtslage an.
58
In diesem Zusammenhang ist der Senat nach wie vor der Auffassung, auch den
Rechtsgedanken fruchtbar machen zu können, der hinter den - als solche vorliegend
nicht erfüllten - Regelungen in § 44 BSHG, 43 Abs. 1 SGB I und § 13 AG-BSHG NRW
a.F. bzw. § 4 Abs. 1 AG-BSHG NRW n.F. steht. Die Regelungen machen deutlich, dass
auf dem Gebiet des Sozialhilferechts und des Sozialrechts allgemein der betroffene
Bürger, der jedenfalls gegen einen von mehreren in Betracht kommenden
Sozialhilfeträgern bzw. Sozialleistungsträgern einen Anspruch hat, nicht gezwungen
werden soll, den Streit über die Zuständigkeit zwischen den Behörden auf sein Risiko
und seine Kosten zu klären, sondern dass der Zuständigkeitsstreit von den beteiligten
Behörden ausgetragen werden soll. Die diesen Regelungen zugrunde liegenden
Erwägungen sind auch bei der Prüfung zu beachten, ob dem eine öffentliche Schule
besuchenden Hilfe Suchenden im Hinblick auf einen eventuellen Rechtsanspruch
gegen einen anderen staatlichen Leistungsträger bereite Mittel zur Abdeckung des
geltend gemachten Bedarfs zur Verfügung stehen und ob es ihm zuzumuten ist, vor der
Inanspruchnahme von Sozialhilfe zunächst gegen den anderen staatlichen
Leistungsträger gerichtlich vorzugehen. Ist die Rechtslage so unklar wie hinsichtlich der
Frage, ob und gegebenenfalls nach welcher Vorschrift der jeweilige Schulträger oder
das Land Nordrhein-Westfalen die Kosten eines den einzelnen Schüler betreuenden
Integrationshelfers zu tragen hat, ist es im Falle des Besuchs einer öffentlichen Schule
dem einzelnen Hilfe suchenden Schüler nicht zuzumuten, vor der Inanspruchnahme des
Sozialhilfeträgers einen oder gar mehrere der in Betracht kommenden Rechtsträger
gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Dem Schüler einer privaten Ersatzschule - wie hier
der Klägerin - kann nicht angesonnen werden, die entsprechenden Fragen inzidenter
durch ein Zivilgericht klären zu lassen. Der Senat verkennt nicht, dass auch eventuelle
Erstattungsmöglichkeiten des Sozialhilfeträgers bisher noch weitgehend ungeklärt sind;
vor dem Hintergrund der gegenannten Normen sieht er indes den Hilfe suchenden
Schüler als schutzwürdiger an als die beteiligten Träger öffentlicher Verwaltung.
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Der Nachrang der Sozialhilfe im Sinne des § 2 Abs. 1 BSHG i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 3
letzter Halbsatz BSHG steht der Bewilligung von Sozialhilfe vorliegend auch nicht
deshalb entgegen, weil die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum die Städtische
M. -W. -Schule - ebenfalls eine Sonderschule für Geistigbehinderte - hätte besuchen
können, an der die geltend gemachten Mehrkosten nach dem Vortrag des Beklagten
nicht entstanden wären.
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Anders als in den vorausgegangenen Verfahren 16 A 3108/99 und 16 A 2975/98 OVG
NRW hat einem solchen Schulwechsel vorliegend allerdings eine abweichende
Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde nicht entgegen gestanden.
61
Nach § 7 Abs. 1 des Schulpflichtgesetzes steht es in der Kompetenz der zuständigen
Schulaufsichtsbehörde zu bestimmen, ob ein schulpflichtiges Kind die Sonderschule
eines bestimmten Typs bzw. welche konkrete Schule es besuchen muss.
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Solange die Schulaufsichtsbehörde etwa nicht entschieden hat, dass der eine
Regelschule besuchende Schulpflichtige zum Besuch einer seiner Behinderung
entsprechenden Sonderschule verpflichtet ist, kann der Sozialhilfeträger das
schulpflichtige Kind nicht darauf verweisen, eine Sonderschule zu besuchen, um die
Gewährung von Eingliederungshilfe überflüssig zu machen.
63
Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Januar 1986 - 5 C 36.84 -, FEVS 36, 1 (6) = NDV 1986, 291
(292) = NVwZ 1987, 412 (413) -; OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 1996 - 8 B 122/96
-, FEVS 47, 153 (155); Beschluss vom 20. April 2000 - 16 B 2111/99 - ; Urteil vom 15.
Juni 2000 - 16 A 3108/99 -, FEVS 52, 513; ferner: OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.
Februar 1988 - 4 B 94/88 -, FEVS 38, 459 (460), und VGH Baden-Württemberg, Urteil
vom 17. September 1997 - 6 S 1709/97 -, FEVS 48, 305; a.A. - allerdings ohne
Auseinandersetzung mit der vorzitierten Rechtsprechung - Hessischer VGH , Beschluss
vom 9. Juni 1999 - 1 TG 759/99 -, FEVS 51, 315.
64
Entsprechendes gilt, wenn die staatliche Schulaufsicht mit verbindlicher Wirkung für die
Beteiligten entschieden hat, dass der Schulpflichtige zum Besuch der Sonderschule
eines bestimmten Typs verpflichtet ist. Auch in diesem Fall kann ihn der
Sozialhilfeträger nicht darauf verweisen, eine Sonderschule eines anderen Typs zu
besuchen, um die Gewährung von Eingliederungshilfe abzuwenden.
65
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2000 - 16 A 2975/98 -.
66
Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass der Beigeladene durch Bescheid
vom 16. Mai 1997 gemäß § 7 Abs. 1 SchpflG lediglich entschieden hat, dass die
Klägerin "eine Schule für Geistigbehinderte" besucht. Die weitere Formulierung: "Die
von ihnen gewünschte Schule ist die C. -Schule. Gegen eine Aufnahme in diese Schule
werden schulaufsichtlicherseits keine Bedenken erhoben", macht deutlich, dass nicht
auch die Schule selbst zum Förderort bestimmt werden sollte. Auf Befragen haben die
Vertreter des Beigeladenen das in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt,
so dass der Senat dies auch seiner Entscheidung zugrunde legt, zumal von Seiten des
Beigeladenen nicht nur auf den Wortlaut des Bescheides, sondern auch darauf
verwiesen werden kann, dass eine Erstreckung der Entscheidung über den Förderort
auf die Schule selbst rechtlichen Bedenken begegnete; denn eine Privatschule, auf die
man nur im Wege des Vertragsschlusses aufgenommen wird, könnte in aller Regel nicht
in rechtmäßiger Weise durch Bescheid zum Förderort bestimmt werden.
67
Nach der schulrechtlichen Rechtsprechung des 19. Senats des erkennenden Gerichts
kann auch eine öffentliche Sonderschule - da eine entsprechende gesetzliche Vorschrift
nicht besteht - nur durch konkrete Benennung in einem verbindlichen behördlichen
Einzelakt so bestimmt werden, das sie Pflichtschule im Sinne von § 28 des
Schulverwaltungsgesetzes ist.
68
Vgl. etwa Beschlüsse vom 26. August 1999 - 19 B 1502/99 - und vom 28. Mai 2002 - 19
B 1145/01 -.
69
Fehlt es daran wie vorliegend, muss es dem Sozialamt - bei allerdings sorgfältiger
Prüfung des Wunschrechts des Hilfe Suchenden aus § 3 Abs. 2 BSHG -
70
- vgl. insoweit etwa BVerwG, Urteil vom 2. September 1993 - 5 C 50.91 -, BVerwGE 94,
127 = FEVS 44, 322 -
71
grundsätzlich möglich sein, vom Hilfe Suchenden bzw. seinen Erziehungsberechtigten
in Wahrnehmung der Selbsthilfemöglichkeiten einen Schulwechsel zu verlangen, wenn
an einer anderen Sonderschule desselben Typs zusätzliche Kosten für die erforderlich
werdenden Hilfeleistungen gerade nicht entstehen. Ob dies hier hinsichtlich der M. -W. -
Schule seinerzeit angenommen werden konnte, was nach den Ausführungen der
stellvertretenden Schulleiterin der M. -W. -Schule in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat zweifelhaft erscheint, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Im
streitgegenständlichen Zeitraum ist die Klägerin von Seiten des Beklagten jedenfalls
nicht auf den Besuch der M. -W. -Schule verwiesen worden. Ein solcher Hinweis
erfolgte vielmehr erstmals durch den Widerspruchsbescheid. Legt man die
Ausführungen der stellvertretenden Schulleiterin über die Verhältnisse an der M. -W. -
Schule in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zugrunde, so brauchte sich der
Klägerin bzw. ihren Erziehungsberechtigten der Besuch der M. -W. -Schule als einer
kostengünstigeren gleichwertigen Lösung auch nicht von selbst aufzudrängen.
72
Dem geltend gemachten Anspruch steht schließlich nicht entgegen, dass die Mittel zur
Finanzierung des Integrationshelfers, der die Klägerin während des
streitgegenständlichen Zeitraums betreut hat, vom Förderverein für das C. - Haus e.V.
vorgeschossen worden sind. Insoweit ist von der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts auszugehen, wonach die Bedarfsdeckung durch einen
Dritten dem Hilfe Suchenden dann nicht entgegen gehalten werden kann, wenn der
Dritte die Hilfeleistung nur deshalb erbracht hat, weil der Träger der Sozialhilfe nicht
rechtzeitig eingegriffen oder ein Eingreifen abgelehnt hat.
73
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 2. September 1993 - 5 C 50.91 -, a.a.O.
74
Ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreibens des
Fördervereins an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 11. Juni 2002 sind die
Mittel für die Einzelbetreuung der Klägerin lediglich darlehensweise bis zu einer
endgültigen Entscheidung im sozialhilferechtlichen Verfahren gegen den Beklagten und
mit der Maßgabe zur Verfügung gestellt worden, dass bei einer Kostenübernahme durch
das Sozialamt die nachgezahlten Zuschüsse an den Förderverein "weiterzuleiten oder
im Falle eines negativen Ausgangs von den Eltern selbst zurückzuerstatten" seien.
Diese Vereinbarung entspricht nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung dem
Inhalt der vorher mündlich getroffenen Abrede. Da es sich nach den Darlegungen in der
mündlichen Verhandlung bei dem Förderverein um eine vom Trägerverein der Schule
zu unterscheidende Rechtspersönlichkeit handelt, sind nach Auffassung des Senats die
oben beschriebenen Voraussetzungen für eine sozialhilferechtlich unschädliche
Bedarfsdeckung erfüllt.
75
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 und 188 Satz 2
VwGO. Die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
76
VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2
VwGO nicht vorliegen.
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