Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.08.2007

OVG NRW: bebauungsplan, bekanntmachung, schattenwurf, windkraftanlage, biologische vielfalt, kreis, naturschutzgebiet, genehmigungsverfahren, satzung, landschaftsplan

Oberverwaltungsgericht NRW, 7 D 71/06.NE
Datum:
23.08.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 D 71/06.NE
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Antragsteller ist Inhaber einer im Grundbuch für das mit einem Wohnhaus bebauten
Grundstück I. 2 in T. -C. eingetragenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit
(Mitbenutzungsrecht). Er wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 25
"Windkraftkonzentrationszone" (I1. /T1. W. ) der Antragsgegnerin.
2
Das Gebiet des streitigen Bebauungsplans hat eine Größe von ca. 75,5 ha. Es erstreckt
sich zwischen der Bundesstraße B 258 (westlich), der Ortschaft G. (südlich) sowie den
Ortschaften C. , H. und T2. (nördlich) sichelförmig von Süden nach Nordosten. Die
Gebietsausdehnung beträgt etwa 2,2 km in der Länge bei einer Breite von bis zu 600 m.
Im Plangebiet befinden sich landwirtschaftliche Nutzflächen sowie Waldflächen.
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Im Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin ist seit der 17. Änderung
(Bekanntmachung vom 8. Januar 1999) eine Konzentrationszone für die Errichtung von
Windkraftanlagen dargestellt. Mit der 21. Änderung (Bekanntmachung vom 31. März
2000) ist die Konzentrationszone auf einen dem Geltungsbereich des streitigen
Bebauungsplans entsprechenden Bereich verkleinert worden. Die Beschränkung der
Gesamthöhe von Windkraftanlagen auf maximal 90 m ist mit der 26. Änderung
(Bekanntmachung vom 14. April 2006) aufgehoben worden.
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Der Bebauungsplan setzt zum einen entsprechend dem Bestand Flächen für die
Landwirtschaft sowie Wald fest. Über das Plangebiet verstreut sind mit einem Abstand
zwischen 250 m und 650 m insgesamt fünf sonstige Sondergebiete mit der
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Zweckbestimmung "Fläche für die Nutzung der Windenergie" bei weiterhin zulässiger
Grundnutzung als "Fläche für die Landwirtschaft" festgesetzt (SO "Windfarm"). Die
Standorte der fünf geplanten Windkraftanlagen befinden sich innerhalb des
Landschaftsschutzgebietes "C1. Hochfläche / G1. W. ". Der Standort der
Windkraftanlage 2 grenzt zudem unmittelbar an das Naturschutzgebiet "L. und S. ".
Die SO "Windfarm" haben jeweils eine Größe von 50 m x 50 m bzw. 60 m. Es sind
Baugrenzen festgesetzt, die am äußeren Rand der Sondergebiete verlaufen. Innerhalb
der Sondergebiete sind die Standorte der Windkraftanlagen nachrichtlich
wiedergegeben. Zusätzlich sind im bzw. unmittelbar an den Sondergebieten
Kranaufstellflächen sowie Kabeltrassen und gegebenenfalls Zuwegungen bzw.
überfahrbare Flächen in der Planzeichnung angegeben.
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Die textlichen Festsetzungen enthalten u. a. Festsetzungen zur Art und zum Maß der
baulichen Nutzung (u. a. eine Festsetzung der maximalen Gesamthöhe der
Windkraftanlagen auf 125 m) sowie zur überbaubaren Grundstücksfläche. Der maximale
direkte Schallleistungspegel für die fünf Windkraftanlagen wird auf Werte zwischen
102,5 und 106,0 dB(A) begrenzt. Weiter ist festgesetzt, dass durch die in der
Windkraftkonzentrationszone zulässigen fünf Windkraftanlagen die zulässigen
Immissionsrichtwerte für die astronomisch maximal mögliche Dauer von Schattenwurf
von 30 Minuten pro Tag und 30 Stunden pro Jahr, das entspricht einer tatsächlichen
Beschattungsdauer von 8 Stunden pro Jahr, in der betroffenen Nachbarschaft nicht
überschritten werden dürfen. Schließlich enthalten die textlichen Festsetzungen noch
Festsetzungen zu Vermeidungsmaßnahmen und zu Ausgleichsmaßnahmen außerhalb
des Plangebietes.
7
Das Planaufstellungsverfahren nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:
8
Am 12. März 2002 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Aufstellung des
Bebauungsplans "Windkraftkonzentrationszone" für den Bereich des heutigen
Plangebietes und gleichzeitig die Einleitung der frühzeitigen Bürgerbeteiligung und
einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sowie eine Veränderungssperre. Der
Aufstellungsbeschluss wurde am 26. April 2002 öffentlich bekannt gemacht.
9
Am 8. März 2005 fand eine Bürgerversammlung statt.
10
Die Träger öffentlicher Belange wurden mit Schreiben vom 25. April 2005 beteiligt. Der
Landrat des Kreises F. als untere Landschaftsbehörde teilte mit Schreiben vom 30. Mai
2005 mit, dass gegen die Planung keine grundsätzlichen Bedenken bestünden. Sofern
der in Aufstellung befindliche Landschaftsplan nicht vorab rechtskräftig werde, sei
entweder seitens der Bezirksregierung die Landschaftsschutzverordnung in geeigneter
Weise aufzuheben oder für die Baumaßnahme insgesamt, d. h. auch für den Wegebau
und die anderen hiermit verbundenen Eingriffe, eine Befreiung nach § 69 LG zu erteilen.
11
In seiner Sitzung am 28. September 2005 nahm der Planungs-, Bau- und
Umweltausschuss des Rates der Antragsgegnerin die im Rahmen der frühzeitigen
Bürgerbeteiligung sowie der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange
eingegangenen Anregungen zur Kenntnis. Den Stellungnahmen der Verwaltung sowie
den Beschlussvorschlägen wurde zugestimmt. Weiter wurde die öffentliche Auslegung
des Planentwurfs beschlossen. Diese erfolgte nach öffentlicher Bekanntmachung vom
25. November 2005 in der Zeit vom 5. Dezember 2005 bis zum 5. Januar 2006.
12
Im Rahmen der Offenlage machte neben anderen Bürgern auch der Antragsteller
sowohl als Vorsitzender des Vereins "Wohnen ohne Windräder e. V." als auch für seine
eigene Person mit Schreiben vom 30. Dezember 2005 Einwendungen geltend. Der
Landschaftsplan 24 "L1. " weise im Bereich der Windkraftkonzentrationszone das
Naturschutzgebiet "T1. Heide" sowie das Landschaftsschutzgebiet "C1. Hochfläche /
G1. W. " aus. Das Naturschutzgebiet sei u. a. wegen seiner Funktion als Lebensraum für
nach der roten Liste in NRW gefährdete Vogelarten (u.a. Rotmilan) von Bedeutung. Der
Windenergieerlass NRW sehe zudem für Windkraftanlagen einen Abstand von 500 m
zu Naturschutzgebieten, die dem Schutz bedrohter Vogelarten dienten, vor. Dieser
Abstand werde hier unterschritten. Das Naturschutzgebiet könne bei diesem Eingriff
seinen Zweck nicht mehr erfüllen. Zudem würden die Windkraftanlagen teilweise mitten
im Landschaftsschutzgebiet liegen. Wegen der Höhe der Anlagen und der damit
notwendigen Luftraumwarnmarkierungen werde die Eigenart und Schönheit der sehr
abwechslungsreichen Landschaft zerstört. Die Anlagen seien bis ins F1. Becken und
die L2. Bucht sichtbar. Der Naherholungswert werde durch den entstehenden Lärm
vernichtet.
13
Der frühere Prozessbevollmächtigte des Antragstellers wies mit Schreiben vom 23.
Januar 2006 auf den Windenergieerlass NRW sowie darauf hin, dass im Gebiet
Rotmilane und Fledermäuse vorkämen. Beide Arten hätten besondere Probleme mit
Windkraftanlagen.
14
Die Träger öffentlicher Belange wurden mit Schreiben vom 21. November 2005 erneut
beteiligt. Nachdem die Bezirksregierung L3. als höhere Landschaftsbehörde Bedenken
hinsichtlich der bislang geplanten Ausgleichsmaßnahmen geltend gemacht hatte,
wurden die zu den Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Festsetzungen geändert.
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In seiner Sitzung am 18. Mai 2006 nahm der Rat der Antragsgegnerin die im Rahmen
der öffentlichen Auslegung eingegangenen Anregungen zur Kenntnis. Er beschloss
gemäß Empfehlung des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses vom 16. Mai 2006,
den Stellungnahmen der Verwaltung sowie den Beschlussvorschlägen zuzustimmen.
Anschließend beschloss der Rat den Bebauungsplan Nr. 25
"Windkraftkonzentrationszone" (I2. /T1. W. ) als Satzung. Die Bekanntmachung des
Satzungsbeschlusses erfolgte zunächst am 26. Mai 2006. Im Hinblick darauf, dass der
Bürgermeister der Antragsgegnerin den Bebauungsplan erst am 26. Juni 2006
ausgefertigt hatte, erfolgte nach gerichtlichem Hinweis am 20. Juli 2007 eine erneute
Bekanntmachung des Bebauungsplans.
16
Am 25. Juni 2006 hat der Antragsteller den Normenkontrollantrag gestellt. Zur
Begründung macht er im Wesentlichen geltend:
17
Der Normenkontrollantrag sei zulässig, weil mit der Errichtung der Windkraftanlagen
Immissionen, insbesondere Lärm, Schattenwurf oder auch Eiswurf, verbunden seien.
Mittlerweile liege eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit Anordnung des
Sofortvollzugs der Bezirksregierung L3. vom 5. April 2007 vor. Danach seien die
Errichtung und der Betrieb von insgesamt fünf Windkraftanlagen der Fa. W1. gestattet.
Der Antragsteller habe gegen diesen Genehmigungsbescheid fristgerecht Widerspruch
eingelegt. Die Anlagen seien noch nicht errichtet.
18
Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan verstoße jedenfalls gegen das
19
Abwägungsgebot.
Der Landschaftsschutz stehe der Festsetzung einer Windkraftkonzentrationszone
entgegen. Landschafts- bzw. Naturschutzgebiete würden einem besonderen Schutz
unterliegen und seien daher von großtechnischen Anlagen wie etwa Windkraftanlagen
freizuhalten. Durch die sich drehenden Rotoren entfalteten Windkraftanlagen einen
besonders nachteiligen Eingriff in das geschützte Landschaftsbild. Diese Problematik
sei hier nicht abgewogen worden, und zwar weder durch eine konkrete
Visualisierungsstudie noch im Rahmen der naturschutzrechtlichen Betrachtung.
20
Nach dem Windenergieerlass NRW seien Landschaftsschutzgebiete ein öffentlicher
Belang, der der Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen entgegenstehe. Die
Antragsgegnerin sei verpflichtet gewesen, diesem Erlass zu entsprechen.
21
Die Antragsgegnerin habe auch die Belange des Artenschutzes nicht hinreichend
berücksichtigt. Der Rotmilan sei eine europäische Vogelart im Sinne des Art. 1 Abs. 1
und 2 der Vogelschutz-Richtlinie. Bei Anhaltspunkten für die Möglichkeit einer
Beeinträchtigung einer Population durch entsprechende Planungen habe daher eine
vertiefte artenschutzbezogene Erhebung zu erfolgen. Laut der im Rahmen der
gegenständlichen Planung eingeholten Stellungnahme des Fachgutachters seien nur
Anhaltspunkte für ein Vorkommen von Rotmilanen gegeben. Tatsächlich sei die
Existenz einer Population jedoch hinreichend bekannt. Diese finde ausdrücklich im
Landschaftsplan 24 "L1. " des Kreises F. (Stand: Dezember 2005) Erwähnung und zwar
dahingehend, dass die Biotope als Lebensräume insbesondere des Rotmilans erhalten
und entwickelt werden sollten. Darüber hinaus liege der Bezirksregierung bzw. dem
Kreis F. ein Bericht vor, der das Plangebiet als ein für die Entwicklung der
Rotmilanpopulation hochgeeignetes Kerngebiet einstufe. Mit dieser Problematik des
Vogelschutzes habe sich die Antragsgegnerin nicht detailliert auseinandergesetzt.
22
Dass Fledermauspopulationen und ihre Gefährdung durch Windkraftanlagen geeignet
seien, von der Ausweisung von Vorrangflächen Abstand zu nehmen, sei rechtlich
anerkannt. Das Fledermausvorkommen sei der Antragsgegnerin bekannt gewesen,
jedoch nicht berücksichtigt worden. Es sei nicht erkennbar, ob entsprechende
Untersuchungen stattgefunden hätten. Offensichtlich sei die Antragsgegnerin einem
augenscheinlichen Konflikt zwischen Planung und Fledermauspopulation in der Form
aus dem Weg gegangen, dass die vorhandene Population verneint werde, ohne sich
dessen sicher zu sein.
23
Dem Bebauungsplan stehe auch entgegen, dass die Windkraftanlagen an den
vorgesehenen Standorten zu schädlichen Umwelteinwirkungen führten. Die
Antragsgegnerin habe eine planerische Festsetzung lediglich hinsichtlich des
maximalen Schallleistungspegels getroffen, ohne dass dadurch nach den neuen
Erkenntnissen zur Schallausbreitung höherliegender Geräuschquellen tatsächlich
schon eine ausreichende Festsetzung zum Schutz vor mit dem Vorhaben verbundenen
Geräuschimmissionen getroffen worden wäre. Die Konfliktbewältigung sei dem
Genehmigungsverfahren überlassen worden. Dort seien aber die neuen Erkenntnisse
ebenfalls nicht berücksichtigt worden. So gebe es Messungen und auch entsprechende
wissenschaftliche Belege, wonach bei hochliegenden Immissionsquellen, also auch bei
Windkraftanlagen, tatsächlich höhere Immissionen auftreten würden als bislang
angenommen. Ab Entfernungen von mindestens 600 m sei mit um mindestens 3 dB(A)
höheren Schallpegeln zu rechnen. Für das Anwesen des Antragstellers habe dies nicht
24
unerhebliche Bedeutung. Es sei daher nicht ausreichend, nur Schallleistungspegel
festzusetzen. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass die höchsten Immissionen
nicht etwa bei Mitwindbedingungen, sondern vielmehr im versetzten Winkel zur
Mitwindsituation auftreten würden.
Der Antragsteller beantragt,
25
den Bebauungsplan Nr. 25 "Windkraftkonzentrationszone" der Antragsgegnerin für
unwirksam zu erklären.
26
Die Antragsgegnerin beantragt,
27
den Antrag abzulehnen.
28
Es fehle bereits an der Antragsbefugnis. Aufgrund der Entfernung des Wohnhauses des
Antragstellers zur nächstgelegenen WKA 4 sei nicht mit wesentlichen
Beeinträchtigungen zu rechnen. Auch fehle es wegen der Randlage zum Außenbereich
an der Schutzwürdigkeit des Anwesens des Antragstellers. Darüber hinaus sei mit
Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen das Rechtsschutzbedürfnis
entfallen.
29
Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Die Antragsgegnerin habe bei der Abwägung
das Integritätsinteresse von Natur und Landschaft hinreichend berücksichtigt. Den
Belangen der Fledermäusen könne im Genehmigungsverfahren durch Festlegung von
Abschaltzeiten für bestimmte Tages- und Jahreszeiten Rechnung getragen werden. Ein
Fledermausvorkommen stehe der Erteilung einer Genehmigung daher letztlich nicht
entgegen.
30
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Planaufstellungsvorgänge der Antragsgegnerin
verwiesen.
31
Entscheidungsgründe:
32
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
33
Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche
Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in
ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Als Recht im
Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist auch das Recht auf gerechte Abwägung solcher
privater Belange anzusehen, die für die Abwägung erheblich sind.
34
Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215, 217 f. =
BRS 60 Nr. 46; Urteil vom 5. November 1999 - 4 CN 3.99 -, BRS 62 Nr. 50.
35
Macht der Antragsteller eine Verletzung des Abwägungsgebots geltend, so muss er
einen eigenen Belang als verletzt benennen, der für die Abwägung zu beachten war.
Das hat der Antragsteller hier getan, indem er vorträgt, die - insbesondere optischen und
akustischen - Wirkungen, die von den durch den streitigen Bebauungsplan
zugelassenen Windkraftanlagen auf sein Wohnhaus ausgingen, seien im Rahmen der
Abwägung nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der Einwand der Antragsgegnerin,
36
aufgrund der Entfernung des Wohnhauses des Antragstellers zur nächstgelegenen
WKA 4 zwischen 700 und 750 m sei nicht mit wesentlichen Beeinträchtigungen zu
rechnen, trifft nicht zu. Immerhin wird der Nachtwert von 40 dB(A) am
Nachbargrundstück I. 4 (IO-K) nach dem schalltechnischen Gutachten vom 12. Januar
2005 gerade noch eingehalten. Von daher sind rechtserhebliche Beeinträchtigungen im
Falle des Antragstellers jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen.
Der Antragsteller kann auch nach wie vor ein allgemeines Rechtsschutzinteresse
geltend machen. An diesem fehlt es im Normenkontrollverfahren nur dann, wenn der
Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern
könnte. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Antragsteller Festsetzungen
bekämpft, auf deren Grundlage bereits Vorhaben genehmigt und verwirklicht worden
sind.
37
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62 Nr. 47.
38
Danach ist das Rechtsschutzinteresse hier nicht zu verneinen. Im Falle einer
Unwirksamkeit des Bebauungsplans würden die konkreten Standortzuweisungen des
Bauungsplans entfallen. Zwar wären dann Windkraftanlagen in der Konzentrationszone
nach wie vor privilegiert zulässig. Sie müssten jedoch nicht an den festgesetzten
Standorten errichtet werden. Für den Antragsteller bestünde daher die Chance, dass die
Windkraftanlagen einen größeren Abstand zu seinem Anwesen einhalten. Dem kann
die von der Bezirksregierung L3. erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom
5. April 2007 für insgesamt fünf Windkraftanlagen an den im Bebauungsplan
vorgesehenen Standorten bereits deshalb nicht entgegengehalten werden, weil
unabhängig von der fehlenden Bestandskraft - der Widerspruch des Antragstellers
gegen die Genehmigungen ist unter dem 23. Juli 2007 zurückgewiesen worden, so dass
die Klagefrist noch läuft - heute noch nicht feststeht, ob die Anlagen auch tatsächlich
errichtet werden.
39
Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem von der Antragsgegnerin angeführten
Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. Oktober 2004 (Az. 1
MN 225/04, NVwZ-RR 2005, 693). Diese Entscheidung ist in einem
Anordnungsverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO ergangen. Eine einstweilige Anordnung
nach dieser Vorschrift kann aber lediglich den Vollzug eines Bebauungsplans vorläufig
aussetzen, diesen jedoch nicht endgültig für unwirksam erklären. Bereits wegen der
weitergehenden Wirkungen einer (stattgebenden) Hauptsacheentscheidung können
daher aus der vorgenannten Entscheidung keine Rückschlüsse auf ein hier fehlendes
Rechtsschutzinteresse gezogen werden.
40
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
41
Allerdings war der am 18. Mai 2006 als Satzung beschlossene Bebauungsplan
ursprünglich wegen eines Mangels der Ausfertigung fehlerhaft. Dieser Fehler ist jedoch
durch eine erneute Bekanntmachung des Bebauungsplans geheilt worden.
42
Durch die Ausfertigung soll sichergestellt werden, dass der Inhalt des als Satzung
beschlossenen Bebauungsplans mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans
übereinstimmt. Dabei gibt das Bundesrecht nicht vor, welche Anforderungen an eine
solche Ausfertigung zu stellen sind.
43
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 1996 - 4 B 60.96 -, BRS 58 Nr. 41.
44
Für das hiernach allein maßgebliche Landesrecht ist in der Rechtsprechung des
erkennenden Gerichts geklärt, dass es mangels ausdrücklicher normativer Vorgaben für
die Ausfertigung von Bebauungsplänen ausreicht, wenn eine Originalurkunde
geschaffen wird, auf welcher der Bürgermeister als Vorsitzender des Gemeinderates
zeitlich nach dem Satzungsbeschluss und vor der Bekanntmachung der Satzung
schriftlich bestätigt, dass der Rat an einem näher bezeichneten Tag "diesen
Bebauungsplan als Satzung beschlossen" hat.
45
Vgl. zu alledem: OVG NRW, Urteil vom 12. März 2003 - 7a D 20/02.NE -, NVwZ- RR
2003, 667 m.w.N.
46
Den genannten Anforderungen wurde die Ausfertigung des Originalplans ursprünglich
deshalb nicht gerecht, weil die Unterzeichnung des Ausfertigungsvermerks durch den
Bürgermeister der Antragsgegnerin am 26. Juni 2006 erfolgt ist, mithin zwar nach dem
Satzungsbeschluss vom 18. Mai 2006, aber nicht vor, sondern nach der (ersten)
Bekanntmachung des Plans vom 26. Mai 2006.
47
Diesen Mangel hat die Antragsgegnerin fehlerfrei dadurch behoben, dass der
Bebauungsplan am 20. Juli 2007 erneut bekannt gemacht worden ist. Das Datum der
Ausfertigung (26. Juni 2006) liegt nunmehr nach dem Satzungsbeschluss, aber vor dem
Tag der Bekanntmachung.
48
Die Antragsgegnerin musste vor der erneuten Bekanntmachung auch nicht die nach
dem Europarechtsanpassungsgesetz - EAG Bau - ab dem 20. Juli 2004 geltenden
Vorgaben, insbesondere das Erfordernis einer Umweltprüfung einschließlich der
Erstellung eines Umweltberichts, berücksichtigen.
49
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. August 2007
50
- 4 BN 32.07 -, juris.
51
Sonstige formelle Mängel des strittigen Plans und Verfahrensfehler, die auch ohne
Rüge beachtlich sind, sind nicht ersichtlich. Rügepflichtige Mängel sind nicht geltend
gemacht worden.
52
In materieller Hinsicht leidet der Plan nicht an solchen Mängeln, die seine Gültigkeit
insgesamt in Frage stellen.
53
Zweifel an der städtebaulichen Rechtfertigung des Bebauungsplans i.S.v. § 1 Abs. 3
BauGB sind nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Die
städtebauliche Rechtfertigung für die Aufstellung des Bebauungsplans ergibt sich
bereits daraus, dass dieser der Feinsteuerung (insbesondere Begrenzung der
Anlagenhöhe, Festlegung der Standorte der Anlagen) der im Flächennutzungsplan der
Antragsgegnerin an gleicher Stelle ausgewiesenen Konzentrationszone für die
Errichtung von Windkraftanlagen dient.
54
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 BN 60.03 -, BRS 66 Nr. 115.
55
Die Darstellungen und Festsetzungen des nach §§ 16 Abs. 2 Satz 1, 28a LG mit der
56
Bekanntmachung der Erteilung der Genehmigung durch die höhere
Landschaftsbehörde am 27. Dezember 2005 in Kraft getretenen Landschaftsplans 24
"L1. " stehen den Festsetzungen des streitigen Bebauungsplans - insbesondere der
Ausweisungen der SO "Windfarm" - nicht entgegen.
Nach § 29 Abs. 4 Satz 1 LG treten bei der Aufstellung, Änderung und Ergänzung eines
Flächennutzungsplans im Geltungsbereich eines Landschaftsplans widersprechende
Darstellungen und Festsetzungen des Landschaftsplans mit dem Inkrafttreten des
entsprechenden Bebauungsplans außer Kraft, soweit der Träger der
Landschaftsplanung im Beteiligungsverfahren diesem Bebauungsplan nicht
widersprochen hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Mit der am 14. April 2006 -
also nach dem Inkrafttreten des Landschaftsplans - bekannt gemachten 26. Änderung
des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin ist die Beschränkung der Gesamthöhe
von Windkraftanlagen in der Konzentrationszone auf max. 90 m aufgehoben worden.
Diese Änderung führt zu einer Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten innerhalb der
gesamten Konzentrationszone (durch höhere Windkraftanlagen) und beschränkt sich
damit letztlich nicht auf eine bloße Aufhebung. Anhaltspunkte dafür, dass der Kreis F.
als Träger der Landschaftsplanung (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 1 LG) dieser Änderung des
Flächennutzungsplans widersprochen hat, liegen nicht vor. Mit dem Inkrafttreten des
streitigen Bebauungsplans ist daher die Nr. 2.2.0 des Landschaftsplans ("Allgemeine
Festsetzungen für alle Landschaftsschutzgebiete"), wonach in den
Landschaftsschutzgebieten die Errichtung von baulichen Anlagen i.S.v. § 2 Abs. 1 BauO
NRW - also auch von Windkraftanlagen - eigentlich verboten ist, insoweit außer Kraft
getreten, als sie den Festsetzungen der SO "Windfarm" entgegen steht.
57
Der Bebauungsplan Nr. 25 der Antragsgegnerin genügt auch den Anforderungen des
Abwägungsgebots.
58
Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen
und privaten Belange gegen- und untereinander gerecht abzuwägen. Das
Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht
stattfindet. Es ist ferner verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt
wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der
betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung
berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit
einzelner Belange außer Verhältnis steht.
59
Diese Anforderungen sind in § 2 Abs. 3 BauGB nunmehr dahingehend konkretisiert,
dass bei der Aufstellung der Bauleitpläne zunächst die Belange, die für die Abwägung
von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten sind. Dem wird
die Planungsentscheidung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die im Vordergrund des
Vortrags des Antragstellers stehenden Belange des Naturschutzes und der
Landschaftspflege (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) gerecht.
60
Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ist in dem landschaftspflegerischen
Begleitplan umfassend ermittelt und bewertet worden. In Teil I "Eingriffsbilanzierung" ist
in Kapitel 4 "Auswirkungen auf das Landschaftsbild" ausführlich
61
- unter anderem unter Bezugnahme auf eine Visualisierung des geplanten Windparks
von sechs Betrachtungspunkten im Bereich der angrenzenden Ortsrandlagen aus - die
Eingriffsintensität dargestellt worden. Dabei wird die Beeinträchtigung des
62
Landschaftsbildes durch die geplanten Windkraftanlagen anhand der sog. Langfassung
des Gutachtens von O. aus dem Jahr 1993
- X. O. , "Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch mastenartige Eingriffe -
Materialien für die naturschutzfachliche Bewertung und Kompensationsermittlung", im
Auftrag des (damaligen) Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des
Landes Nordrhein-Westfalen, geänderte Fassung August 1993 -
63
ermittelt. Die Anwendung des von O. beschriebenen Verfahrens begegnet keinen
durchgreifenden Bedenken. Zum einen ist das in der Langfassung beschriebene
Verfahren gerade auch bei Windkraftanlagen mit Höhen von mehr als 100 m und
Windenergieparks - bestehend aus mehr als drei Windkraftanlagen - anwendbar (vgl.
Seite 45 der vorgenannten Materialien). Auch kann der besonderen Bedeutung des
Landschaftsbildes in Landschaftsschutzgebieten im Rahmen der 10er-Skala für die
Ermittlung des ästhetischen Eigenwertes einer Landschaft (vgl. Seite 47) hinreichend
Rechnung getragen werden.
64
Der landschaftspflegerische Begleitplan kommt nach dem von O. beschriebenen
Verfahren zu der Bewertung, dass es "aufgrund der optischen und - in geringem Maße -
akustischen Fernwirkung" der geplanten Windkraftanlagen zu einer erheblichen
Beeinträchtigung des Landschaftsbildes kommen wird; die Kompensationsfläche wurde
mit 7,45 ha ermittelt (vgl. Teil I "Eingriffsbilanzierung", Seite 71). Zu dem besonders
betroffenen Bereich "I3. - C1. Hochfläche" - also dem Bereich der Konzentrationszone
und der unmittelbaren Umgebung - wird ausgeführt (vgl. Seite 53):
65
"Der Nahbereich (Wirkzone I) der geplanten WEA wird weitgehend landwirtschaftlich
genutzt. Im mittleren Einwirkungsbereich (Wirkzone II) treten größere Waldflächen auf,
wodurch die visuelle Verletzlichkeit herabgesetzt wird. Östlich und südlich der Standorte
verläuft in einem Abstand von 650 m bis 850 m eine Hochspannungsfreileitungstrasse.
Insbesondere von den Ortsrandlagen von H. und T2. stellen die Masten der
Freileitungen eine Vorbelastung dar (vgl. Abbildung 4.1). Die Masten der
Hochspannungsleitung weisen im Vergleich zu den geplanten WEA eine wesentlich
geringere Höhe auf. Die durch die Errichtung der WEA entstehende Neulast ist in ihrer
visuellen Wirkung somit deutlich stärker."
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Diese von dem Gutachter ermittelte und bewertete Beeinträchtigung des
Landschaftsbildes hat der Rat der Antragsgegnerin bei seiner Abwägungsentscheidung
übernommen. In der Stellungnahme der Verwaltung zu den Anregungen des
Antragstellers, der sich der Rat in seiner Sitzung am 18. Mai 2006 angeschlossen hat,
heißt es hierzu:
67
"Die Landschaftsbild-Beeinträchtigung ist in den Fachbeiträgen mit untersucht und
bewertet worden. Ergebnis der Abwägung wie auch der Prüfung durch die zuständigen
Behörden war ein Festhalten am Planungsziel, der Förderung der
Windenergienutzung."
68
Diese Zurückstellung des Aspektes des Landschaftsbildes zu Gunsten der Windenergie
ist frei von Abwägungsfehlern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Außenbereich des
Gemeindegebietes L1. - wie sich aus der Festsetzungskarte zum Landschaftsplan 24
"L1. " ergibt - nahezu flächendeckend unter Landschafts- oder Naturschutz steht.
Schutzzweck der ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiete ist nach den textlichen
69
Darstellungen des Landschaftsplans ebenfalls meist die Vielfalt, Eigenart und Schönheit
der Landschaft. Zudem kommen in einer Mittelgebirgslandschaft, wie sie im
Gemeindegebiet der Antragsgegnerin anzutreffen ist, praktisch nur exponierte Standorte
für Windkraftanlage in Betracht, wo diese Anlagen im näheren Umfeld zwangsläufig
"dominant" wirken. Schließlich hat auch der Landrat des Kreis F. als untere
Landschaftsbehörde im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens (vgl. Stellungnahme
vom 30. Mai 2005) keine Bedenken geltend gemacht.
Will die Gemeinde aber dem ebenfalls abwägungserheblichen Belang der Nutzung
erneuerbaren Energien - wie der Windenergie - (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. f BauGB)
zumindest in einem Teil ihres Gemeindegebietes Vorrang einräumen und damit
gleichzeitig eine solche Nutzung für den Rest des Gemeindegebietes ausschließen (vgl.
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB), dann muss sie zwangsläufig die Belange des
Landschaftsschutzes für das Gebiet der Konzentrationszone zurückstellen und eine
gewisse Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in Kauf nehmen. Dabei kann
dahingestellt bleiben, ob bei einem Bebauungsplan für eine
Windkraftkonzentrationszone im Rahmen der Abwägung noch Alternativstandorte
außerhalb dieser Konzentrationszone in den Blick genommen werden müssen oder ob
die Standortentscheidung schon durch die Darstellung einer Konzentrationszone im
Flächennutzungsplan - wie hier - bindend vorgegeben ist (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1
BauGB). Jedenfalls hat der Rat der Antragsgegnerin den von dem Antragsteller als
Vorsitzender des Vereins "Wohnen ohne Windräder e.V." im Rahmen der Offenlage
genannten Alternativstandort in der Gemarkung L4. im Rahmen der Abwägung geprüft
und hierzu ausgeführt:
70
"Der Verein 'Wohnen ohne Windräder e.V.' vertritt hier einseitig die Wünsche seiner
Mitglieder aus den Ortschaften H. , T2. , G2. , T3. , L5. und C. . Statt dessen sollen die
Anlagen nach dem Willen dieses Vereins nunmehr in einen Bereich bei E. und L4.
verschoben werden, wo dann eben andere zusätzlich belastet werden, ganz abgesehen
von dem dann entstehenden überdimensionierten Barriere-Band. ... Dass einzelne
Landwirte hier gern Geld aus Pachteinnahmen verdienen würden, kann als solches
jedenfalls nicht ziehen."
71
Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden, zumal der Bereich L4. / E. ebenfalls als
Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist (vgl. die Festsetzungskarte zum
Landschaftsplan 24 "L1. ") und sich weder aus den Einwendungen des Antragstellers
ergibt noch sonst erkennbar ist, dass der Eingriff in das Landschaftsbild an dem
Alternativstandort geringer ausfallen würde.
72
Die Belange des Naturschutzes sind ebenfalls zunächst hinreichend ermittelt und
bewertet und sodann im Rahmen der Abwägung angemessen zurückgestellt worden.
73
Hinsichtlich des teilweise im Gebiet des streitigen Bebauungsplans liegenden
Naturschutzgebietes "L. und S. " haben die Ermittlungen der Antragsgegnerin ergeben,
dass durch die geplanten Windkraftanlage keine Beeinträchtigungen zu erwarten sind.
74
Schutzzweck des Naturschutzgebietes "L. und S. " ist nach den textlichen Darstellungen
des Landschaftsplans 24 "L1. " (Nr. 2.1-9) u.a. die "Erhaltung des Lebensraumes für
nach der Roten Liste in Nordrhein-Westfalen gefährdete, bedrohte und seltene Tier- und
Pflanzenarten, z.B. Bachforelle, Wasseramsel, Eisvogel, Flussnapfschnecke, Echte
Sumpfwurz, Breitblättriges Wollgras, Sumpf-Dreizack, Fieberklee, Breitblättriges
75
Knabenkraut, Gewöhnliche Natternzunge." Der nach dem WKA-Erlass (Nr. 8.1.4)
- "Grundsätze für Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen"; Gem. RdErl. vom
21. Oktober 2005, MBl. NRW. 2005 S. 1288 -
76
vorgesehene Abstand von 200 m als Pufferzone zwischen Naturschutzgebieten und
dem nächstgelegenen Punkt der Rotorflächen (Rotorblattspitze) der Windkraftanlage
wird insoweit deutlich unterschritten. Das SO "Windfarm" für die WKA 2 grenzt
unmittelbar an das Naturschutzgebiet "L. und S. ", die SO "Windfarm" für die WKA 3 und
WKA 1 halten einen Abstand von lediglich etwa 25 m bzw. 100 m ein.
77
In dem landschaftspflegerische Begleitplan (Teil I, vgl. Seite 35, 37, 43) wird aber
nachvollziehbar dargelegt, dass eine Beeinträchtigung des Schutzzwecks des
Naturschutzgebietes trotz der in unmittelbarer Nähe zu errichtenden Windkraftanlage
unwahrscheinlich ist:
78
Es sei nicht bekannt, dass Amphibien durch anlagen- und betriebsbedingte Reize von
Windkraftanlagen gestört werden. Über die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf
Arten, die an Gewässer gebunden sind (Eisvogel, Wasseramsel), lägen keine
wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, so dass sich diesbezüglich keine abgesicherte
Prognose treffen lasse. Unklar sei allerdings bereits, ob die genannten Arten im
Untersuchungsraum überhaupt vorkommen. Aufgrund der Entfernung der geplanten
Windkraftanlagen zum S. würden die spezifischen akustischen und visuellen Reize dort
in abgeschwächter Form auftreten. Schattenwurf werde aufgrund der Lage der Standorte
am S. nicht auftreten.
79
Dieser Bewertung hat sich der Rat der Antragsgegnerin zu eigen gemacht und u.a. zu
den Anregungen des Antragstellers ausgeführt:
80
"Eine direkte Beeinträchtigung des NSG bzw. von Lebensräumen von Tieren und
Pflanzen ist nicht zu erwarten. Indirekte betriebsbedingte Auswirkungen können für
Fische, Schnecken, Amphibien und Libellen per se ausgeschlossen werden. Es liegen
keine Hinweise auf eine Empfindlichkeit von Wasseramsel und Eisvogel, die den
gesamten Bachlauf besiedeln dürften, gegenüber WEA vor. Erhebliche
Beeinträchtigungen dieser Art können daher als unwahrscheinlich angesehen werden."
81
Die Annahme, das Naturschutzgebiet "L. und S. " werde durch die durch den
Bebauungsplan ermöglichten Windkraftanlagen nicht beeinträchtigt, ist nicht zu
beanstanden. So haben sich insbesondere im Rahmen der Offenlage keine
Anhaltspunkte für solche Beeinträchtigungen ergeben. Der Landrat des Kreis F. als
untere Landschaftsbehörde - und damit als für die Einhaltung der Vorschriften des
Landschaftsgesetzes und des Bundesnaturschutzgesetzes zuständige Fachbehörde -
hat in Kenntnis des landschaftspflegerischen Fachbeitrags keine grundsätzlichen
Bedenken gegen die Planung vorgetragen (vgl. Schreiben vom 30. Mai 2005 und vom 5.
Januar 2006). Der Antragsteller hat im Rahmen der Offenlage mit Schreiben vom 30.
Dezember 2005 lediglich eine Beeinträchtigung des außerhalb des Plangebietes
gelegenen Naturschutzgebietes "T1. Heide" geltend gemacht.
82
Die Antragsgegnerin hat des weiteren die Beeinträchtigungen der Avifauna - und dabei
insbesondere des Rotmilans - sowie der Fledermäuse hinreichend ermittelt und
bewertet.
83
Der landschaftspflegerische Begleitplan (Teil I) hat zunächst das Lebensraumpotenzial
des Untersuchungsraums (= 500 m Umkreis um die Standorte der geplanten
Windkraftanlagen; vgl. Seite 27) ermittelt. Der Gutachter geht davon aus, dass dieser
auch von schutzwürdigen Vogelarten als Brut- und / oder Nahrungshabitat genutzt wird.
Für verschiedene Greifvogelarten (Rotmilan, Mäusebussard, Turmfalke) böten sich
geeignete Möglichkeiten zur Nahrungssuche (vgl. Seite 31). In der mündlichen
Verhandlung hat der Dipl. Biol. Dr. C2. (f. GbR), der an der Erstellung des
landschaftspflegerischen Begleitplans mitgewirkt war, ergänzend ausgeführt, es sei
davon auszugehen, dass im Untersuchungsraum - wie aber auch in der gesamten Eifel -
Rotmilane anzutreffen sind. Hinweise auf einen Brutplatz im Untersuchungsraum habe
er aber bei den Begehungen nicht festgestellt. Das Vorkommen von Fledermäusen im
Untersuchungsraum wird im landschaftspflegerischen Begleitplan ebenfalls nicht
ausgeschlossen (vgl. Seite 36). Eigene Erhebungen zur Population von schutzwürdigen
Arten im Untersuchungsraum wurden allerdings nicht durchgeführt. Es wurden die
vorliegenden Daten zum Vorkommen von Arten herangezogen; eine Anfrage bei der
Biologischen Station des Kreis F. ergab keine weiteren Erkenntnisse (vgl. Seite 27, 36).
84
Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Es erscheint vielmehr sinnvoll und
ausreichend, auf die Erkenntnisse örtlicher Stellen - hier insbesondere der Biologischen
Station des Kreis F. - zurückzugreifen. Das Fehlen eigener Erhebungen führt daher nicht
zu einem Ermittlungsdefizit. Dies gilt sowohl hinsichtlich der von dem Antragsteller ins
Feld geführten Rotmilan-Population als auch hinsichtlich des Vorkommens von
Fledermäusen. Aus der - hier alleine maßgeblichen - Sicht der Antragsgegnerin lagen
nämlich im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses keine hinreichenden Anhaltspunkte
dafür vor, dass der Untersuchungsraum für Rotmilane - etwa als Brutplatz - von
besonderer Bedeutung ist oder dass dort besonders seltene Fledermausarten
vorkommen.
85
Zwar ist das Naturschutzgebiet "T1. Heide" nach den textlichen Darstellungen (Nr. 2.1-
13) des Landschaftsplans 24 "L1. " auch wegen seiner Funktion als Lebensraum des
Rotmilans unter Schutz gestellt worden. Hieraus ergibt sich jedoch lediglich, dass in
diesem Bereich Rotmilane vorkommen. Davon geht der landschaftspflegerische
Begleitplan aber - wie ausgeführt - ohnehin aus. Im Übrigen beträgt die Entfernung des
Naturschutzgebietes "T1. Heide" zum nächstgelegenen SO "Windfarm" für die WKA 1
etwa 500 m, so dass der nach dem WKA-Erlass (Nr. 8.1.4) vorgesehene Abstand von
200 m als Pufferzone zwischen Naturschutzgebieten und dem nächstgelegenen Punkt
der Rotorflächen (Rotorblattspitze) der Windkraftanlage und von 500 m zu solchen
Naturschutzgebieten, die dem Schutz bedrohter Vogelarten dienen, eingehalten wird.
86
Im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens hat sich ebenfalls nicht die Notwendigkeit
weiterer örtlicher Ermittlungen ergeben. Insbesondere haben sowohl der Antragsteller
(Schreiben vom 30. Dezember 2005) als auch sein damaliger
Verfahrensbevollmächtigter (Schreiben vom 16. Februar 2006) lediglich pauschal auf
ein Rotmilan- und Fledermaus-Vorkommen im Untersuchungsraum verwiesen. Konkrete
Hinweise auf einen Brutplatz des Rotmilans o.ä. bzw. auf das Vorhandensein seltener
Fledermausarten enthalten die Einwendungen nicht.
87
Selbst wenn der unteren Landschaftsbehörde - wie der Antragsteller geltend macht -
nunmehr eine Erhebung vorliegen sollte, woraus sich ergibt, dass es sich bei dem
Plangebiet um ein "Rotmilankerngebiet im Kreis F. " handelt, sagt dies noch nichts über
88
den Kenntnisstand der unteren Landschaftsbehörde bzw. der Antragsgegnerin im
Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses aus. Der Umstand, dass die untere
Landschaftsbehörde im Planaufstellungsverfahren zu keinem Zeitpunkt auf ein solches
"Rotmilankerngebiet" hingewiesen hat, spricht vielmehr dafür, dass zum damaligen
Zeitpunkt entsprechende Kenntnisse noch nicht vorlagen und daher von der
Antragsgegnerin nicht berücksichtigt werden konnten.
Hinsichtlich der Avifauna gelangt der landschaftspflegerische Begleitplan (Teil I, Seite
35) zu der Bewertung, dass es nach derzeitigem Erkenntnisstand unwahrscheinlich
erscheine, dass die geplanten Windkraftanlagen zu erheblichen Beeinträchtigungen
einzelner Brutvogelarten führen werden. Zwar sei - zumindest in Ostdeutschland - die
Zahl der an Windkraftanlagen verunglückten Rotmilane vergleichsweise hoch.
Möglicherweise bestehe beim Rotmilan diesbezüglich ein überdurchschnittlicher
Gefährdungsgrad. Es lägen allerdings keine Hinweise darauf vor, dass die
Kollisionsgefahr im Untersuchungsraum höher sei als an anderen Standorten.
89
Für die Antragsgegnerin bestand keine Veranlassung, an dieser gutachterlichen
Bewertung zu zweifeln. Der Landrat des Kreis F. als untere Landschaftsbehörde hat in
seinen Stellungnahmen vom 30. Mai 2005 und vom 5. Januar 2006 keine Bedenken
gegen die Planung geltend gemacht. Er hat vielmehr sogar angemerkt, dass die mit der
Planung eingereichten Gutachten mit der unteren Landschaftsbehörde abgestimmt
worden seien. Auf eine solche Stellungnahme der fachlich zuständigen Behörde kann
sich eine Gemeinde, die
90
- wie die Antragsgegnerin - nicht über eigene hinreichend sachkundige Mitarbeiter zur
Beurteilung spezieller fachspezifischer Fragen verfügt, bei ihrer Planungsentscheidung
grundsätzlich stützen. Dies gilt umso mehr, als § 4 a Abs. 1 BauGB in der Fassung der
Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), der im Zeitpunkt der
Planaufstellung bereits in Kraft war, nunmehr ausdrücklich klarstellt, dass die
Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung "insbesondere der
vollständigen Ermittlung und zutreffenden Bewertung der von der Planung berührten
Belange" dienen (Unterstreichungen durch den Senat). Dies bedeutet nicht, dass die
planende Gemeinde konkrete Hinweise oder sonstige gewichtige Anhaltspunkte
vernachlässigen kann, die zu Zweifeln an der Richtigkeit ihr vorliegender fachlicher
Gutachten und Äußerungen von Fachbehörden Anlass geben. Je nach den Umständen
des Falles kann es dann ggf. auch angezeigt sein, ergänzende Stellungnahmen des
Gutachters bzw. der Fachbehörde einzuholen, um solche Zweifel zu beheben.
91
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. April 2007
92
- 7 D 83/06.NE -, juris (Rn. 81).
93
Konkrete Bedenken hinsichtlich der Bewertung des landschaftspflegerischen
Begleitplans zur Gefährdung der Avifauna haben sich jedoch für die Antragsgegnerin im
Rahmen der Offenlage - insbesondere auch durch die Einwendungen des Antragstellers
- nicht ergeben.
94
Hinsichtlich der Fledermausvorkommen hat die Antragsgegnerin eine abschließende
Ermittlung und Bewertung dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren
vorbehalten. Hierzu wird im landschaftspflegerischen Begleitplan (Teil I, Seite 36)
ausgeführt:
95
"Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ist die Frage relevant, ob die Auswirkungen
der zu beurteilenden WEA auf etwaige Fledermausvorkommen so hoch sind, dass sich
diese bis auf die Populationsebene von Arten durchschlägt. ...
96
Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Gemeinde L1. den Abschluss einer
vertraglichen Vereinbarung, in der sich der spätere Betreiber der geplanten WEA
verpflichtet, im Verlaufe der Errichtung und des Betriebs der geplanten WEA ein
Fledermaus-Monitoring durchzuführen. Das Ziel des Monitorings ist es, etwaige
Beeinträchtigungen von Fledermäusen bzw. von Funktionen (Wochenstuben, Sommer-
und Paarungsquartiere, Jagdhabitate, Flugwege) zu identifizieren. Darüber hinaus
sollen die Ergebnisse des Monitorings Rückschlüsse auf die Kollisionsgefahr für
Fledermäuse an den WEA liefern. Sollten sich erhebliche Beeinträchtigungen oder eine
relevante Kollisionsgefahr für einzelne Arten ergeben, sind nachträgliche geeignete
Maßnahmen zur Vermeidung und / oder Verringerung der Beeinträchtigungen bzw. des
Kollisionsrisikos zu treffen."
97
Diese Vorgehensweise ist bereits deshalb nicht zu beanstanden, weil eine
Fledermauspopulation der Errichtung von Windkraftanlagen nicht grundsätzlich
entgegensteht. Fledermäuse sind nachtaktiv und halten in den kühleren Regionen ihres
Verbreitungsgebietes - wie etwa der Eifel - in der Regel einen Winterschlaf. Auch sind
vor allem solche Arten durch Windkraftanlagen gefährdet, die im freien Luftraum jagen
und / oder über große Strecken ziehen.
98
Vgl. den Artikel "Fledermäuse" in der Enzyklopädie Wikipedia (www.wikipedia.de);
Hötker/Thomsen/ Köster, "Auswirkungen regenerativer Energiegewinnung auf die
biologische Vielfalt am Beispiel der Vögel und Fledermäuse, Bundesamt für
Naturschutz", Skript Nr. 142 (Seite 47 f.), 2005.
99
Von daher kann eine Gefährdung von Fledermäusen durch Windkraftanlagen jedenfalls
dadurch vermieden werden, dass die Anlagen zu bestimmten Tages- bzw. Jahreszeiten
vorübergehend abgeschaltet werden. Dies kann mit einer Abschaltautomatik ohne
weiteres gesteuert werden.
100
Im Rahmen der Abwägung ist die Beeinträchtigung der Avifauna und der Fledermäuse
durch den Rat der Antragsgegnerin angemessen berücksichtigt worden. Er hat
unterstellt, dass sowohl Rotmilane als auch Fledermäuse im Plangebiet vorkommen.
Weiter wird in der Verwaltungsvorlage, die sich der Rat zu eigen gemacht hat,
ausgeführt:
101
"Der Schluss, allein das Vorkommen führe zu einer Unverträglichkeit der Planung des
Vorhabens ist falsch. Nach derzeitigem Kenntnisstand erscheint es unwahrscheinlich,
dass die geplanten WEA zu einem Lebensraumverlust für Rotmilane und / oder
Fledermausarten führen werden. Wie an jedem Standort, an dem der Rotmilan und
Fledermäuse (letzteres ist nahezu überall der Fall) herrscht auch an den geplanten
WEA ein Kollisionsrisiko. Jedoch existieren auch Fledermausarten, für die nur eine
geringe Kollisionsgefahr an WEA besteht."
102
Im Rahmen der Abwägung ist somit zutreffend erkannt und berücksichtigt worden, dass
zwar ein Kollisionsrisiko besteht, dieses aber nicht höher ist als an anderen Standorten.
Diese potentielle Beeinträchtigung von Belangen des Naturschutzes hat der Rat der
103
Antragsgegnerin gegenüber dem Interessen an der Nutzung erneuerbarer Energien
zurückgestellt. Ein solche Abwägungsentscheidung ist nicht zu beanstanden. Wenn
nämlich für weite Bereiche der Eifel und auch der Höhenlagen im Gemeindegebiet L1.
von einem Rotmilan- und Fledermausvorkommen auszugehen ist, bedeutet dies
gleichzeitig, dass dort überall ein potentielles Kollisionsrisiko gegeben ist. Will die
Antragsgegnerin aber dem ebenfalls abwägungserheblichen Belang der Nutzung
erneuerbarer Energien durch Ausweisung von Standorten für Windkraftanlagen
Rechnung tragen, bedeutet dies - wie beim Landschaftsbild - zwangsläufig, dass
Belange des Naturschutzes in Teilen des Gemeindegebietes zurückgestellt werden
müssen. Dies ist jedenfalls dann abwägungsgerecht, wenn - wie hier - im Zeitpunkt des
Satzungsbeschlusses keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dem Plangebiet für
den Naturschutz eine besondere Bedeutung zukommt.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2006
104
- 4 B 27.06 -, juris.
105
Der Rat der Antragsgegnerin ist bei seiner Abwägungsentscheidung weiterhin zu Recht
davon ausgegangen, dass die geplanten Windkraftanlagen an den festgesetzten
Standorten (SO "Windfarm") und in ihrer Umgebung voraussichtlich nicht zu
schädlichen Umwelteinwirkungen führen werden. Zwar ist die Frage, ob die konkret zu
errichtenden Anlagen zu schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.v. § 3 Abs. 1 BImSchG
führen, auch und vor allem im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu
prüfen. Da die Gemeinde jedoch keine bloße "Verhinderungsplanung" betreiben
106
- vgl. zum Flächennutzungsplan: BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 4 C 2.04 -,
BVerwGE 122, 109 = juris (Rn. 13) -
107
und nicht solche Standorte für Windkraftanlagen ausweisen darf, an denen die Anlagen
aus immissionsschutzrechtlichen Gründen von vornherein unzulässig wären, ist bereits
im Bebauungsplanaufstellungsverfahren insoweit zumindest eine Grobabschätzung
vorzunehmen.
108
Nach dem von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen schalltechnischen Gutachten
der Fa. L6. D. F2. vom 12. Januar 2005 (Gutachten L6. ) und den ergänzenden
Stellungnahmen konnte die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass der Betrieb der
Windkraftanlagen bei Einhaltung der unter Nr. 2.2.4.1 der textlichen Festsetzungen
festgesetzten maximalen direkten Schallleistungspegel bei der angrenzenden
Wohnbebauung voraussichtlich nicht zu unzumutbaren Lärmimmissionen führt. So
beträgt etwa am Nachbargrundstück des Antragstellers (IO-K, I. 4) bei einem
immissionsrelevant anzusetzenden Gesamtschallleistungspegel je Windkraftanlage von
105,2 dB(A) - inkl. eines Zuschlags von 2,2 dB(A) - die Gesamtbelastung nachts 39,7
dB(A). Da sich jedoch für andere Immissionsorte Grenzwertüberschreitungen ergeben
hatten, wurden die Schalleistungspegel für die Nachtzeit - im Tageszeitraum besteht
unstreitig keine Lärmproblematik - so berechnet, dass die Grenzwerte nicht überschritten
werden (vgl. ergänzende Stellungnahme L6. vom 18. April 2005) und damit am
Grundstück des Antragstellers jedenfalls nicht über 40 dB(A) liegen.
109
Die sich aus der ergänzende Stellungnahme L6. vom 18. April 2005 für den
Nachtzeitraum ergebenden Schallleistungspegel sind in Nr. 2.2.4.1 der textlichen
Festsetzungen des Bebauungsplans übernommen worden.
110
Es bestehen auch keine Bedenken, dass der Rat der Antragsgegnerin bei seiner
Abwägungsentscheidung von den Ergebnisses des Gutachtens L6. ausgegangen ist.
Der Antragsteller macht zwar insoweit geltend, das Gutachten habe die neuen
Erkenntnisse zur Schallausbreitung höher liegender Geräuschquellen nicht
berücksichtigt. Danach sei bei Windkraftanlagen ab Entfernungen von mindestens 600
m mit einem um mindestens 3 dB(A) höherem Schallpegel zu rechnen. Auch sei belegt,
dass die bisherige Annahme, bei Mitwindbedingungen seien die höchsten Immissionen
zu erwarten, so nicht zutreffe. Insoweit beruft sich der Antragsteller auf Angaben des
Dipl.-Ing. Q. vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-
Westfalen - LANUV. Solche konkreten Einwendungen sind im
Planaufstellungsverfahren aber weder von dem Antragsteller noch von der zuständigen
Fachbehörde, dem (ehemaligen) Staatlichen Umweltamt (StUA) B. , geltend gemacht
worden. Der Gutachter hat vielmehr sogar in Absprache mit dem StUA B. die
Obergrenzen der Schallleistungspegel berechnet. Von daher bestand für den Rat der
Antragsgegnerin keine Veranlassung, an der Richtigkeit des Gutachtens zu zweifeln. Im
Übrigen waren die von dem Antragstellern angeführten neuen Erkenntnissen jedenfalls
im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (18. Mai 2006) nicht
hinreichend abgesichert. So hatten die u.a. von Dipl.-Ing. Q. durchgeführten
Untersuchungen bis zu diesem Zeitpunkt etwa in den Veröffentlichungen des damaligen
Landesumweltamtes NRW noch keinen Niederschlag gefunden. Auch wird in den von
dem Antragsteller im Normenkontrollverfahren vorgelegten veröffentlichten Fassungen
von auf der DAGA 2006 (Jahrestagung für Akustik) gehaltenen Vorträgen darauf
verwiesen, eine Verifikation der Ergebnisse einer Simulation bzw. eine nähere
Untersuchung im Rahmen einer Modellevaluierung sei geboten. Im Übrigen erfolgte die
Modellsimulation für eine Schallquelle in einer Höhe von 140 m über Grund, während im
vorliegenden Bebauungsplan die maximale Anlagenhöhe mit nur 125 m festgesetzt ist.
111
Selbst wenn sich im Übrigen im nachhinein - durch neue, wissenschaftlich abgesicherte
Erkenntnisse - herausstellen sollte, dass die festgesetzten Schallleistungspegel zu hoch
angesetzt sind, es also trotz deren Einhaltung zu unzumutbaren Lärmimmissionen für
die Wohnbevölkerung kommt, wären die betroffenen Nachbarn nicht schutzlos gestellt.
Nach immissionsschutzrechtlicher Genehmigung einer Windkraftanlage besteht ggfs.
Anspruch auf Erlass einer nachträglichen Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG.
112
Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Wohnbebauung in der Umgebung der
Konzentrationszone durch unzulässigen Schattenwurf ist ebenfalls nicht zu
113
erwarten. Die textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans enthalten hierzu unter Nr.
2.2.4.2 "Schattenwurf" folgende Regelung:
114
"Durch die in der Windkraftkonzentrationszone zulässigen fünf Windkraftanlagen
insgesamt dürfen die zulässigen Immissionsrichtwerte für die astronomisch maximal
mögliche Dauer von Schattenwurf von 30 Minuten pro Tag und 30 Stunden pro Jahr,
das entspricht einer tatsächlichen Beschattungsdauer von 8 Stunden pro Jahr, in der
betroffenen Nachbarschaft nicht überschritten werden. Sofern
Richtwertüberschreitungen an Immissionsaufpunkten eintreten können, sind die
relevanten Windkraftanlagen mit Abschaltmodulen auszurüsten."
115
Diese Werte sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt. Erst bei einem
Überschreiten der Schattenwurfdauer von 30 Stunden pro Jahr bzw.
116
30 Minuten pro Tag kommen danach schädliche Umwelteinwirkungen in Betracht.
117
Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 2. August 2007 - 8 B 643/07 -, vom 27. Juni 2005 -
7 A 707/04 -, und vom 14. Juni 2004 - 10 B 2151/03 -, NWVBl. 2005, 194; sowie Nr.
5.1.2 des WKA-Erlasses und Nr. 5.2.2. der Materialien Nr. 63 des Landesumweltamtes
Nordrhein-Westfalen (seit 1. Januar 2007: Landesamt für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen - LANUV) "Windenergieanlagen und
Immissionsschutz", 2002.
118
Soweit der Antragsteller in seinem Widerspruch gegen den
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid vom 5. April 2007 geltend macht,
nach der Genehmigungspraxis des (ehemaligen) StUA N. sei jeglicher Schattenwurf zu
unterbinden, ist diese Verwaltungspraxis für die rechtliche Bewertung im vorliegenden
Verfahren ohne Belang.
119
Auch wenn die genannten Werte für den Schattenwurf nicht gesetzlich festgelegt sind
und daher im Rahmen einer wertenden Betrachtung auch die tatsächlichen Umstände
des Einzelfalls in den Blick zu nehmen sind
120
- vgl. Nds. OVG, Urteil vom 18. Mai 2007 - 12 LB 8/07 -, juris (Rn. 55); OVG NRW,
Beschluss vom 14. Juni 2004 - 10 B 2151/03 -, NWVBl. 2005, 194 -,
121
ist nicht erkennbar, dass hier von vornherein davon auszugehen ist, dass es zu
unzumutbaren Belästigungen durch Schattenwurf kommen wird. Dagegen spricht
bereits, dass die tatsächlich zu erwartende Beschattungsdauer nach dem
Schattenwurfgutachten der Fa. X1. H1. GmbH vom 13. Januar 2005 deutlich
unterschritten wird. So beträgt die wahrscheinlich zu erwartende jährliche
Beschattungsdauer maximal 4:23 h (Immissionsort C) und in unmittelbarer
Nachbarschaft zum Grundstück des Antragstellers sogar nur 1:16 h (Immissionsort K).
Ob im Einzelfall eine Belästigung durch Schattenwurf zumutbar ist, kann im Übrigen nur
im Genehmigungsverfahren geklärt werden, wenn also insbesondere der Anlagentyp
konkret feststeht.
122
Eine optisch bedrängende Wirkung der zu errichtenden Windkraftanlagen kann
ebenfalls erst im Genehmigungsverfahren für den konkreten Anlagentyp beurteilt
werden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Abstand der Anlagen zur
Wohnbebauung, abgesehen von den Einzelhöfen an der B 258, das Dreifache der max.
Gesamthöhe von 125 m deutlich übersteigt. So beträgt etwa die Entfernung der WKA 4
zum Wohnhaus des Antragstellers ca. 650 m. Bei einer Einzelfallprüfung wird daher
voraussichtlich eine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung zu
verneinen sein.
123
Vgl. hierzu im Einzelnen: OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2007 - 8 B 2283/06 -,
BauR 2007, 1014, m.w.N.
124
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
125
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
126
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
127
128