Urteil des OVG Niedersachsen vom 20.03.2013

OVG Lüneburg: übertragung, mitbestimmungsrecht, entzug, arbeitsvermittlung, wechsel, entstehung, einreihung, transparenz, erfüllung, gewährleistung

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Beteiligung beim Wegfall einer Funktionsstufe infolge
einer Abordnung
Der Wegfall einer Funktionsstufe nach dem Tarifvertrag für
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit, der im
Zusammenhang mit der Abordnung eines Beschäftigten eintritt, löst kein
Mitbestimmungsrecht des Personalrats der abgebenden Dienststelle nach §
75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG aus, wenn diese Dienststelle weder eine höher oder
niedriger zu bewertende Tätigkeit übertragen noch eine deklaratorische
Feststellung zur Ein-, Höher oder Rückgruppierung getroffen hat.
OVG Lüneburg 17. Senat, Beschluss vom 20.03.2013, 17 LP 6/11
§ 75 Abs 1 Nr 2 BPersVG, § 75 Abs 1 Nr 4 BPersVG, § 367 SGB 3
Gründe
I.
Der Antragsteller und der Beteiligte streiten über die Frage der
Mitbestimmungspflicht beim Wegfall einer Funktionsstufe infolge der Abordnung
einer Beschäftigten an eine andere Agentur für Arbeit, bei der die Übertragung
einer höher zu bewertenden Tätigkeit erfolgt ist.
Bis zum 30. November 2009 war die Beschäftigte I. bei der Agentur für Arbeit
Verden als Arbeitsvermittlerin beschäftigt und in die Tätigkeitsebene IV des
Tarifvertrags für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für
Arbeit (TV-BA) eingruppiert. Zusätzlich erhielt sie eine tätigkeitsunabhängige
Funktionsstufe 1 nach § 20 TVBA für die Abwesenheitsvertretung ihres
Teamleiters. Es war beabsichtigt, die Beschäftigte im Rahmen einer
Personalentwicklungsmaßnahme für sechs Monate an die Agentur für Arbeit
Leer abzuordnen, um ihr dort vorübergehend eine höher bewertete Tätigkeit als
Teamleiterin (Zuordnung zur Tätigkeitsebene III TV-BA) zu übertragen. Vor der
Abordnung wurde der Antragsteller unter dem 11. November 2009
formularmäßig um Zustimmung gebeten. Im Rahmen der Begründung wurde
ausgeführt, dass die tätigkeitsabhängige Funktionsstufe 1 der maßgeblichen
Tätigkeitsebene für die Dauer der Wahrnehmung der zu übertragenden Tätigkeit
aufgrund des Merkmals "Stärkung der Führungsfähigkeit" gewährt werden solle.
Die Beteiligung erfolgte ausdrücklich gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG
(Abordnung - mehr als 3 Monate -). Weiterhin wurde ohne nähere Erläuterung
auf § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG hingewiesen. Der Antragsteller erteilte seine
Zustimmung unter dem 17. November 2009. Zusätzlich wurde der Personalrat
der Agentur für Arbeit Leer am 12. November 2009 um Zustimmung nach § 75
Abs. 1 Nr. 2 BPersVG gebeten, wobei die Maßnahme als Abordnung im
Rahmen einer Personalentwicklungsmaßnahme unter Gewährung einer
tätigkeitsabhängigen Funktionsstufe 1 der Tätigkeitsebene III aufgrund des
Merkmals "22" umschrieben wurde. Die entsprechende Zustimmung wurde vom
Personalrat der Agentur für Arbeit Leer am 13. November 2009 erteilt.
Die Umsetzung der Personalentwicklungsmaßnahme erfolgte gegenüber der
Beschäftigten durch eine Abordnungsverfügung und ein
Geschäftsverteilungsschreiben: Die Abordnungsverfügung für den Zeitraum
vom 1. Dezember 2009 bis 31. Mai 2010 erging seitens des Beteiligten unter
dem 25. November 2009 und enthielt den Hinweis, dass die Beschäftigte
bezüglich ihrer weiteren dienstlichen Verwendung von der Agentur für Arbeit
Leer weitere Nachricht erhalte. Mit einem Geschäftsverteilungsschreiben des für
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die Agentur für Arbeit in Leer zuständigen Personalservices der Agentur für
Arbeit Osnabrück vom 18. November 2009 wurde der Beschäftigten für den
Abordnungszeitraum die Tätigkeit als "Teamleiterin Allgemeine Vermittlung" in
der Agentur für Arbeit Leer übertragen. Der Beschäftigten wurde dabei mitgeteilt,
dass die Tätigkeit der Tätigkeitsebene III zugeordnet sei, die Gewährung einer
(neuen) Funktionsstufe 1 vorgesehen sei und die bisherige
tätigkeitsunabhängige Funktionsstufe 1 mit Ablauf des 30. November 2009
entfalle. Auch wurde auf die Zahlung einer persönlichen Zulage nach § 15 Abs.
1 TV-BA nach einmonatiger Ausübung der höherwertigen Tätigkeit hingewiesen.
Nach dem Ende der Abordnungszeit schloss sich zunächst nahtlos die
Beauftragung der Beschäftigten als "Teamleiterin Arbeitsvermittlung" bei der
Agentur für Arbeit Verden an. Beabsichtigt war dann, der Arbeitnehmerin auf
Dauer die Aufgabe "Teamleiterin Arbeitgeber-Service" in der Geschäftsstelle
Syke der Agentur für Arbeit Verden zu übertragen (Tätigkeitsebene III mit
tätigkeitsabhängiger Funktionsstufe 1 "Stärkung der Führungsfähigkeit"). Mit
Schreiben vom 7. Mai 2010 bat der Beteiligte den Antragsteller um Zustimmung
zu dieser Maßnahme nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG. Die tätigkeitsabhängige
Funktionsstufe 1 für die Dauer der Wahrnehmung der bisherigen Tätigkeit
aufgrund des Merkmals "Arbeitsvermittlung im Bereich SGB III" werde
widerrufen. Der Antragsteller stimmte zu. Der Arbeitnehmerin wurde die neue
Tätigkeit schließlich am 16. Juli 2010 übertragen.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2010 bat der Beteiligte den Antragsteller um
Zustimmung zur für den "1. Dezember 2010" - gemeint war offenbar der 1.
Dezember 2009 - erfolgten Aufhebung der tätigkeitsunabhängigen
Funktionsstufe nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BPersVG. Zur Begründung führte er
an, dass aufgrund der Abordnung die Abwesenheitsvertretung faktisch nicht
mehr habe ausgeübt werden können. Durch die anschließende Beauftragung
als "Teamleiterin Arbeitsvermittlung" sowie durch die dauerhafte Tätigkeit als
"Teamleiterin Arbeitgeber-Service" könne die tätigkeitsunabhängige
Funktionsstufe für die Abwesenheitsvertretung ebenfalls nicht gewährt werden.
Durch den Widerruf der tätigkeitsunabhängigen Funktionsstufe ab 1. Dezember
2009 werde die Einstufung in der Tätigkeitsebene III nicht beeinflusst. Daraufhin
teilte der Antragsteller unter dem 3. August 2010 mit, dass der Antrag in dieser
Form rechtlich nicht zulässig sei, weil er sich auf eine Maßnahme in der
Vergangenheit beziehe. In einem nachfolgenden Gespräch zwischen dem
Antragsteller und dem Beteiligten am 5. August 2010 zog der Beteiligte die
Vorlage vom 19. Juli 2010 zurück. Der Antragsteller beschloss auf seiner
Sitzung am 12. August 2010, die Vorlage zur Beteiligung beim Entzug der
Funktionsstufe erneut einzufordern. Eine entsprechende Vorlage durch den
Beteiligten erfolgte aber nicht.
Daraufhin hat der Antragsteller am 23. September 2010 das
personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Zur Begründung
hat er ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht in verschiedenen
Beschlussverfahren zwischen der Bundesagentur für Arbeit und mehreren
Personalräten festgestellt habe, dass die Übertragung bzw. der Entzug von
Tätigkeiten, die die Zahlung bzw. den Fortfall von Funktionsstufen zur Folge
hätten, der Mitbestimmung durch den Personalrat unter dem Gesichtspunkt der
Übertragung einer höher bzw. niedriger zu bewertenden Tätigkeit unterläge. Der
hier vorliegende Fall sei nicht anders zu beurteilen. Die Funktionsstufe für die
Abwesenheitsvertretung des Teamleiters sei eine tätigkeitsunabhängige
Funktionsstufe gewesen, die der Arbeitnehmerin theoretisch auch weiterhin
hätte übertragen bleiben können. Es reiche nicht aus, die Mitarbeiterin auf den
Wegfall der bisherigen Funktionsstufe nur hinzuweisen. Der Wegfall von
Funktionsstufen oder ihre Zuerkennung unterlägen vielmehr ungeachtet der
individualarbeitsrechtlichen Rechtslage der kollektivrechtlichen Mitbestimmung.
Der Umstand, dass die Zustimmung des Antragstellers mit hoher
Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen sei, führe nicht zum Fortfall des
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Mitbestimmungsrechts.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, dass der Antragsteller bei dem Entzug der
tätigkeitsunabhängigen Funktionsstufe bei der Mitarbeiterin Frau I. gemäß
§ 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BPersVG zu beteiligen ist.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Auffassung, dass eine entsprechende Beteiligung des Antragstellers
nicht zu erfolgen habe, weil von ihm eine Maßnahme "Übertragung einer
niedriger zu bewertenden Tätigkeit" nicht vorgenommen worden sei. Die
Übertragung der höherwertigen Tätigkeit sei zuständigkeitshalber durch die
Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leer erfolgt. Es ergebe keinen
nachvollziehbaren Sinn, eine Personalratsbeteiligung in der abgebenden
Agentur für Arbeit Verden zur Übertragung einer niedriger bewerteten Tätigkeit
vorzunehmen, obwohl eine Maßnahme mit dem Ziel der Übertragung einer
höherwertigen Tätigkeit beabsichtigt sei. Die Arbeitnehmerin habe die Funktion
"Abwesenheitsvertretung" in der Agentur für Arbeit Leer tatsächlich nicht mehr
wahrgenommen. Die Abwesenheitsvertretung werde vor Ort benötigt. Nach dem
Willen der Tarifvertragsparteien entfalle eine Funktionsstufe gemäß § 20 Abs. 5
TV-BA bei Wegfall der Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 TV-BA unmittelbar,
ohne dass eine Änderung des Arbeitsvertrages erforderlich sei.
Tätigkeitsunabhängige Funktionsstufen, die an keine konkrete Wahrnehmung
einer Aufgabe geknüpft seien, würden damit kraft Tarifautomatik ab dem Tag
wegfallen, ab dem die entsprechenden Aufgaben tatsächlich nicht mehr
wahrgenommen würden. Materiell-rechtlich seien nach dem eindeutigen Willen
der Tarifvertragsparteien keine weiteren Wirksamkeitsvoraussetzungen für den
Wegfall einer tätigkeitsunabhängigen Funktionsstufe vorgesehen. Insbesondere
bedürfe es keines schriftlichen Widerrufs bzw. auch keiner schriftlichen
Übertragung einer Funktion. Demgegenüber setze das Beteiligungsverfahren
voraus, dass der Beteiligte eine Maßnahme treffen wolle, die zu einer
Veränderung des bestehenden Rechtszustands führe. Unter Berücksichtigung
von Sinn und Zweck der personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen und
insbesondere des Schutzzwecks des Personalvertretungsrechts mache eine
gleichzeitige Beteiligung der Personalvertretungen in diesem Einzelfall nach §
75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG zur Übertragung einer höherwertigen und niedriger
bewerteten Tätigkeit keinen Sinn.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Das geltend gemachte
Mitbestimmungsrecht stehe dem Antragsteller nicht zu. Die Übertragung von
Tätigkeiten, die zur Zahlung oder zum Wegfall einer Funktionsstufe führen,
unterläge zwar der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG. Die
vollzogene Abordnung der Beschäftigten an eine andere Dienststelle und der
damit einhergehende Verlust der tätigkeitsunabhängigen Funktionsstufe
verhindere aber die Mitbestimmung durch den Antragsteller als Personalrat der
abgebenden Dienststelle. Die Mitbestimmung werde durch den Personalrat der
aufnehmenden Dienststelle wahrgenommen, die die Beschäftigte mit Beginn der
Abordnung neu eingruppiert und damit auch über die Übertragung und
Beibehaltung von Funktionsstufen entschieden habe. Die mit der Abordnung
verbundene Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit habe zur neuen
Eingruppierung durch die aufnehmende Dienststelle geführt; die
tätigkeitsunabhängige Funktionsstufe der Beschäftigten sei mit diesem
Eingruppierungsvorgang unter Zustimmung des dortigen Personalrats entzogen
worden. Dem könne der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die
seinerzeit vom Beteiligten zuerkannte tätigkeitsunabhängige Funktionsstufe
auch von der Abordnung unabhängig hätte Bestand haben können. Die
tätigkeitsunabhängige Funktionsstufe der Beschäftigten sei
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anspruchsbegründend mit der Abwesenheitsvertretung ihres Teamleiters
verbunden gewesen, die sie mit dem Beginn der Abordnung nicht mehr habe
ausüben können und dürfen, weil sie selbst einen Dienstposten als Teamleiterin
bekleidet habe.
Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat der Antragsteller am 14.
September 2011 Beschwerde eingelegt. Der Beschluss des
Verwaltungsgerichts sei in sich widersprüchlich und im Ergebnis unzutreffend.
Der Wegfall der Funktionsstufe sei unmittelbare Folge der Abordnung und nicht
der Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit gewesen, so dass der
Antragsteller und nicht etwa der Personalrat der Agentur für Arbeit Leer dazu
hätte beteiligt werden müssen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade vom 27. Juni 2011
abzuändern und festzustellen, dass der Antragsteller bei dem Entzug der
tätigkeitsunabhängigen Funktionsstufe bei der Mitarbeiterin Frau I. gemäß
§ 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG zu beteiligen ist.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er macht sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu eigen. Es sei
rechtlich nicht vorstellbar, dass die für die Abwesenheitsvertretung gewährte
Funktionsstufe 1 auch während der Tätigkeit bei der Agentur für Arbeit Leer
hätte gewährt werden müssen. Eines ausdrücklichen Entzugs oder schriftlichen
Widerrufs der Funktionsstufe hätte es nicht bedurft; insoweit hätte die
Tarifautomatik gegriffen. Die Richtigkeitskontrolle bei der Eingruppierung hätte
nur dem Personalrat bei der Agentur für Arbeit Leer oblegen; die Zuständigkeit
des dortigen Personalrats müsse der Antragsteller hinnehmen. Eine Maßnahme
der Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit sei seitens des
Beteiligten nicht getroffen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens des
Antragstellers und des Beteiligten wird auf die zur Gerichtsakte gereichten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf
Feststellung der Mitbestimmungspflichtigkeit des "Entzugs" der
tätigkeitsunabhängigen Funktionsstufe bei der Beschäftigten I. nach § 75 Abs. 1
Nr. 2 BPersVG zu Recht abgelehnt. Der Wegfall der tätigkeitsunabhängigen
Funktionsstufe 1 für die bei der Agentur für Arbeit Verden bis zum 30. November
2009 Abwesenheitsvertretung, der im Zusammenhang mit der Abordnung der
Beschäftigen an die Agentur für Arbeit Leer und der dortigen Übertragung einer
höher zu bewertenden Tätigkeit eingetreten ist, unterlag nicht der
Mitbestimmung des Antragstellers. Zwar sind Funktionsstufen nach § 20 TV-BA
im Rahmen des § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG mitbestimmungsrelevant. Der
Beteiligte hat indessen der Beschäftigten weder eine höher oder niedriger zu
bewertende Tätigkeit übertragen noch eine deklaratorische Feststellung zur Ein-
, Höher oder Rückgruppierung getroffen. Im Einzelnen:
1. Dass sich die Mitbestimmung nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG unter den
Gesichtspunkten der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden
Tätigkeit oder der Eingruppierung dem Grunde nach auch auf die
Funktionsstufen nach § 20 TV-BA erstreckt, ist in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung mittlerweile geklärt (vgl. BVerwG, Beschlüsse v. 27.05.2009 - 6
P 9.08, 6 P 17.08, 6 P 18.08, 6 P 3.09, 6 P 4.09 -, juris). Bis zum Ergehen der
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts war umstritten, ob
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Funktionsstufen, die nach dem in der Bundesagentur für Arbeit geltenden
Entgeltsystem neben das sich aus der "Tätigkeitsebene" und der jeweiligen
"Entwicklungsstufe" ergebende Festgehalt treten können, überhaupt
mitbestimmungsrelevant sein kann. Gegen eine Mitbestimmungspflichtigkeit
wurde angeführt, dass Bezug und Wegfall von Funktionsstufen nicht mit einem
Wechsel der Tätigkeitsebenen verbunden seien und sich der tarifliche Begriff
der Eingruppierung nur auf die Zuordnung zu diesen Tätigkeitsebenen bezöge
(vgl. etwa den dem Beschl. d. BVerwG v. 27.05.2009 - 6 P 4.09 -
vorausgehenden Beschl. d. Senats v. 11.02.2009 - 17 LP 20/07 -, juris Rdnrn.
26 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht vertritt hingegen die Auffassung, dass
sowohl die Übertragung einer Aufgabe, die zur Gewährung oder zum Verlust
einer Funktionsstufe nach dem TV-BA führt, als auch die Zahlung der
Funktionsstufe mitbestimmungspflichtige Maßnahmen i. S. v. § 75 Abs. 1 Nr. 2
BPersVG sind. Bei einer solchen Aufgabenübertragung soll es sich um die
Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit (1. Alternative
der Vorschrift) und bei der Zuerkennung der Funktionsstufe um eine
Eingruppierung (3. Alternative der Norm) handeln. Sinn und Zweck der
Mitbestimmung erforderten bei Übertragung einer höher oder niedriger zu
bewertenden Tätigkeit und bei der Eingruppierung gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2
BPersVG eine Einbeziehung der Funktionsstufen. Der Gegenstand der
Mitbestimmung bei der Übertragung von anderen Tätigkeiten in § 75 Abs. 1 Nr. 2
BPersVG stehe im Zusammenhang mit dem beruflichen Aufstieg; die Beteiligung
des Personalrats sei geeignet, die Behandlung aller Arbeitnehmer der
Dienststelle nach Recht und Billigkeit zu gewährleisten. Sie solle verhindern,
dass einzelne Arbeitnehmer zu Unrecht bevorzugt und andere zu Unrecht
benachteiligt werden; der Personalrat habe auf die Einhaltung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes wie des Leistungsgrundsatzes zu achten. Dies
komme zum Tragen, wenn es um die Übertragung von Tätigkeiten geht, die mit
der Zahlung von Funktionsstufen verbunden seien (BVerwG, Beschl. v.
27.05.2009 - 6 P 3.09 -, juris Rdnr. 23 ff). Bei der Eingruppierung diene die
Mitbestimmung der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der
Entgeltordnung in gleichen und vergleichbaren Fällen und damit der
Lohngerechtigkeit und Transparenz der Entgeltpraxis in der Dienststelle. Dies
spreche dafür, die Mitbestimmung des Personalrats bei Eingruppierung auf alle
bedeutsamen Parameter zu erstrecken, die für den Kernbestandteil des
tariflichen Entgelts maßgeblich seien (BVerwG, Beschl. v. 27.05.2009 - 6 P 9/08
-, juris Rdnr. 23 f.). Die Funktionsstufen hätten im Verhältnis zum Festgehalt im
Allgemeinen und den Tätigkeitsebenen im Besonderen nicht nur eine
ergänzende oder gar randständige Bedeutung; vielmehr stehe und falle mit
ihnen die gesamte neue Entgeltstruktur der Bundesagentur für Arbeit (BVerwG,
Beschl. v. 27.05.2009 - 6 P 4.09 -, juris Rdnr. 32). Diesen Erwägungen schließt
sich der Senat nunmehr an.
2. Damit ist die vorliegende Fallkonstellation indessen keineswegs
vorentschieden. Die vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fälle
betrafen nicht Konstellationen, in der Aufgabenänderungen zugleich mit einer
Abordnung sowie einem Wechsel der Tätigkeitsebene und bei den
Funktionsstufen verbunden waren. Es geht vorliegend - anders als in den vom
Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen - nicht mehr um das "ob" der
Mitbestimmung bei Bezug und Wegfall von Funktionsstufen, sondern nur um
das "wie" der Beteiligung, wenn eine beabsichtigte einheitliche
Personalentwicklungsmaßnahme zwei Dienststellen betrifft und dort
verschiedene Mitbestimmungstatbestände unter verschiedenen Aspekten
auslösen kann. Der Senat vermag indessen nicht zu erkennen, dass dem
Antragsteller neben der erfolgten Mitbestimmung bei der Abordnung (§ 75 Abs. 1
Nr. 4 BPersVG) auch der Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 1 Nr. 2
BPersVG wegen eines vom Beteiligten vorgenommenen "Entzugs" der für die
Abwesenheitsvertretung gezahlten Funktionsstufe 1 zur Seite stünde.
a) Ein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG steht dem
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Antragsteller als Personalrat der abgebenden Dienststelle hinsichtlich des
Wegfalls der tätigkeitsunabhängigen Funktionsstufe 1 (Abwesenheitsvertretung)
unter dem Aspekt der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden
Tätigkeit nicht zu.
Die Höherwertigkeit einer Tätigkeit tritt sowohl bei Übertragung zusätzlicher
Aufgaben (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 TV-BA) als auch dann ein, wenn die
übertragene Aufgabe bereits als solche oder bei Erfüllung bestimmter Merkmale
(§ 20 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 und 3 TV-BA) die Zahlung einer - erstmaligen,
zusätzlichen oder höher dotierten - Funktionsstufe auslöst. Eine niedrigere
Wertigkeit ist demgegenüber gegeben, wenn eine zusätzliche Aufgabe, welche
die Zahlung der Funktionsstufe auslöst, entzogen wird oder wenn eine andere
Tätigkeit übertragen wird, die zum Wegfall einer weiteren oder einer höher
dotierten Funktionsstufe führt (BVerwG, Beschl. v. 27.05.2009 - 6 P 3.09 -, juris
Rdnr. 23 f.).
Denkbar ist die Annahme eines entsprechenden Mitbestimmungstatbestandes
zu Gunsten des Antragstellers wegen Wegfalls der Funktionsstufe 1 allein dann,
wenn man in der personellen Gesamtmaßnahme die Übertragung einer
niedriger zu bewertenden Tätigkeit durch den Beteiligten erblicken würde. Es
fehlt vorliegend allerdings bereits insgesamt an der Übertragung einer niedriger
zu bewertenden Tätigkeit. Eine solche ist weder vom Beteiligten noch von der
Agentur für Arbeit Leer oder der Agentur für Arbeit Osnabrück als "Interner
Service" vorgenommen worden. Vielmehr wurde der Beschäftigten mit dem
Geschäftsverteilungsschreiben der Agentur für Arbeit Osnabrück vom 18.
November 2009 mit der Aufgabe "Teamleiterin Allgemeine Vermittlung" gerade
eine höher zu bewertende Tätigkeit übertragen. Daneben oder zuvor fand nicht
etwa zusätzlich die Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit durch
den Beteiligten statt. Dieser hat mit der unter dem 25. November 2009 verfügten
Abordnung vielmehr ausschließlich die Vorstellung der Übertragung einer höher
zu bewertenden Tätigkeit bei der aufnehmenden Agentur für Arbeit Leer
verbunden, sich aber rechtlich auf den Ausspruch der Abordnung beschränkt.
Hinsichtlich der weiteren Verwendung wurde auf die Agentur für Arbeit Leer
verwiesen. Die Übertragung einer anderen Tätigkeit ist - anders als etwa eine
deklaratorische Feststellung bei Eingreifen einer Tarifautomatik - eine "echte"
personelle Maßnahme, die von einer Dienststelle bewusst und gewollt
vorgenommen wird und nicht in eine andere Maßnahme "hineingelesen" oder
sonst dort "rechtlich verankert" werden kann. Deshalb scheidet es aus, in der
Abordnungsverfügung zugleich die Übertragung einer niedriger zu bewertenden
Tätigkeit zu sehen, zumal Zielrichtung der Abordnung das genaue Gegenteil
war.
Auch die bei der Agentur für Arbeit Leer vorgenommene Übertragung einer
höher zu bewertenden Tätigkeit enthält nicht etwa deshalb zugleich die
Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit, weil die
tätigkeitsunabhängige Funktionsstufe 1 (Abwesenheitsvertretung) durch die
tätigkeitsabhängige Funktionsstufe 1 (Stärkung der Führungsfähigkeit)
"abgelöst" worden ist. Maßgeblich ist vielmehr allein der Gesamtvergleich der
Wertigkeiten der Tätigkeiten vor und nach der Tätigkeitsübertragung, die allein
schon deshalb höher ist, weil die neue Aufgabe der Beschäftigten in Leer der
Tätigkeitsebene III anstelle der bisherigen Tätigkeitsebene IV zugeordnet war.
Auch das der neuen Tätigkeit tariflich zuzuordnende Gesamtgehalt bei
Berücksichtigung des Wechsels bei den Funktionsstufen fiel höher aus. Es
scheidet nach Auffassung des Senats demgegenüber aus, die
Tätigkeitsübertragung in mehrere Einzelschritte aufzuspalten. Bei der
Auftrennung der personellen Maßnahme in die Übertragung zunächst einer
niedriger zu bewertenden Tätigkeit in Verden (von Tätigkeitsebene IV mit
tätigkeitsunabhängiger Funktionsstufe 1 nach Tätigkeitsebene IV ohne
Funktionsstufe) und anschließender Übertragung einer höher zu bewertenden
Tätigkeit (von Tätigkeitsebene IV ohne Funktionsstufe nach Tätigkeitsebene III
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mit Funktionsstufe 1) würde es sich vielmehr um einen rein fiktiven und
gleichsam künstlichen Vorgang handeln, der in der Realität nicht stattgefunden
hat.
Auch die doppelte Dienststellenbezogenheit der Abordnung
(mitbestimmungspflichtig sowohl bei der abgebenden als auch der
aufnehmenden Dienststelle) führt nicht zu einer entsprechenden Aufgliederung
des Mitbestimmungstatbestandes der "Übertragung einer höher oder niedriger
zu bewertenden Tätigkeit" nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG dergestalt, dass
zunächst die Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit durch die
abgebende Dienststelle und anschließend die Übertragung einer höher zu
bewertenden Tätigkeit durch die aufnehmende Dienststelle anzunehmen wäre.
Dadurch würde ersichtlich ein einheitliche Tätigkeitsübertragung, die mit einer
Abordnung lediglich zeitlich zusammenfällt, fiktiv aufgespalten, um eine doppelte
Mitbestimmung sowohl des Personalrats der aufnehmenden als auch der
abgebenden Dienststelle auch nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG zu konstruieren.
Das vorstehend skizzierte Verständnis hat bei genauerer Betrachtung sogar der
Antragsteller selbst geteilt, wenn er - jedenfalls im Rahmen der erstinstanzlichen
Argumentation - die tätigkeitsunabhängige Funktionsstufe 1 für die
Abwesenheitsvertretung als "durchlaufende Funktionsstufe" bezeichnet hat, die
theoretisch auch bei der Abordnung in Leer hätte fortbestehen können, so dass
die Beschäftigte dort in den Genuss von zwei Funktionsstufen hätte kommen
können. Damit hat der Antragsteller in der Sache nichts anderes geltend
gemacht, als dass der Beteiligte selbst keine personelle Maßnahme getroffen
hat, die sogleich unmittelbar zum Verlust der Funktionsstufe geführt hat, sondern
erst die Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit bei der Agentur für
Arbeit Leer. Der Antragsteller irrt aber, wenn er meint, dass (gerade) der
Beteiligte einen ausdrücklichen "Entzug" der der Funktionsstufe hätte
vornehmen müssen (vgl. dazu auch die nachfolgenden Ausführungen zur Frage
der Eingruppierung).
b) Ein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG steht dem
Antragsteller hinsichtlich des Wegfalls der tätigkeitsunabhängigen
Funktionsstufe 1 (Abwesenheitsvertretung) zum 1. Dezember 2009 auch nicht
unter dem Aspekt der Eingruppierung zu.
Unter Eingruppierung ist die Einreihung des Arbeitnehmers in ein kollektives
Entgeltschema zu verstehen (BVerwG, Beschl. v. 27.08.2008 - 6 P 11.07 -, juris
Rdnr. 9). Unter Annahme der Prämisse, dass der Gesetzgeber durch die
Gewährleistung der Mitbestimmung bei Ein-, Höher- und Rückgruppierung eine
effektive Beteiligung im Bereich der Tarifautomatik wünsche, wurden diesen
Tatbeständen in der Rechtsprechung nicht nur die Vergütungs- bzw.
Entgeltgruppen als solche - was hier den Tätigkeitsebenen entspricht -, sondern
weitere die Kernbestandteile des tariflichen Entgelts betreffende - auch
personenbezogene - Merkmale wie die Stufenzuordnung nach den
Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst zugeordnet (BVerwG, Beschl. v.
27.08.2008 - 6 P 11.07 -, juris Rdnr. 26; Beschl. v. 07.03.2011 - 6 P 15.10 -, juris
Rdnr. 26). Zum kollektiven Entgeltschema sind unter Fortführung dieser
Rechtsprechung schließlich auch die Funktionsstufen nach § 20 TV-BA
gerechnet worden (BVerwG, Beschl. v. 27.05.2009 - 6 P 9/08 -, juris). Irrelevant
für das daraus resultierende Mitbestimmungsrecht ist, dass Entstehung und
Entfall des Anspruchs auf Zahlung von Funktionsstufen nach den
tarifvertraglichen Regelungen keiner Änderung des Individualarbeitsvertrags
bedürfen, sondern aufgrund einer bestimmten Aufgabenwahrnehmung kraft
Tarifautomatik eintreten. Bei der Zu- oder Aberkennung von Funktionsstufen
durch die Dienststellenleitung handelt es sich grundsätzlich um "unechte
Maßnahmen", da in strikter Rechtsanwendung lediglich eine deklaratorische
Feststellung hinsichtlich der eingetretenen Tarifautomatik zu treffen ist. Diese
unterliegt dann entsprechend auf Seiten des Personalrats keinem
Mitgestaltungs-, sondern einem Mitbeurteilungsrecht, also einer
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"Richtigkeitskontrolle" (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 07.03.2011 - 6 P 15.10 -,
juris Rdnr. 25). Dies gilt sowohl bei einer erstmaligen Einreihung in das kollektive
Entgeltschema als auch bei späteren Eingruppierungen (vgl.
Ilbertz/Widmaier/Sommer: Bundespersonalvertretungsgesetz, 12. Aufl., § 75
Rdnr. 8; vgl. für den Fall einer wesentlichen Veränderung des Aufgabenkreises
bei einer Umsetzung: BVerwG, Beschl. v. 08.11.2011 - 6 P 23/10 -, juris).
Ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht steht indessen jedenfalls dem
Antragsteller im Verhältnis zum Beteiligten nicht zu. Es ist bei einer
Eingruppierung der Personalrat derjenigen Dienststelle zuständig, dessen
Dienststellenleitung die "unechte Maßnahme" der deklaratorischen Feststellung
bezüglich der eingetretenen Tarifautomatik getroffen hat oder zuzurechnen ist.
Der Beteiligte hat indessen eine deklaratorisch Feststellung des Entfalls der
bisherigen Funktionsstufe 1 (Abwesenheitsvertretung) und der Entstehung des
Anspruchs auf Zahlung der neuen Funktionsstufe 1 (Stärkung der
Führungsfähigkeit) anlässlich des Tätigkeitswechsels der Beschäftigten zum 1.
Dezember 2009 nicht getroffen. Vielmehr ist insoweit nur die Agentur für Arbeit
Osnabrück mit dem Geschäftsverteilungsschreiben vom 18. November 2009
tätig geworden, die nach der Zuständigkeitsverteilung innerhalb des
Organisationsgefüges der Bundesagentur für Arbeit in entsprechenden
Personalangelegenheiten für die Agentur für Arbeit Leer zuständig ist. Dieses
Schreiben kann aufgrund der Zuständigkeitsverteilung in der Arbeitsverwaltung
mithin (allein) dem Dienststellenleiter der Agentur für Arbeit Leer zugerechnet
werden, nicht aber dem Beteiligten. Der Antragsteller hat ersichtlich keinen
Anspruch darauf, dass die Eingruppierung verwaltungsseitig gerade von der
Dienststelle vorgenommen wird, bei der er gebildet ist. Den Schutzzwecken des
Personalvertretungsrechts wird vielmehr schon dann genüge getan, wenn der
Personalrat derjenigen Dienststelle beteiligt wird, die nach der
verwaltungsseitigen Zuständigkeitsverteilung die Maßnahme getroffen hat oder
der die Maßnahme zuzurechnen ist. Als solche kommt hier aufgrund der
internen Zuständigkeitsverteilung in der aus mehreren Verwaltungsebenen
bestehenden Bundesagentur für Arbeit (vgl. § 367 SGB III) nur der
Dienststellenleiter der Agentur für Arbeit Leer in Betracht, nicht aber der
Beteiligte.
Ob der Personalrat der Agentur für Arbeit Leer explizit auch um Zustimmung zu
dem im Geschäftsverteilungsschreiben vom 18. November 2009 deklaratorisch
festgestellten Verlust der bisherigen Funktionsstufe 1 hätte gebeten werden
müssen, oder ob die auf die Abordnung und die Gewährung der neuen
tätigkeitsabhängigen Funktionsstufe 1 beschränkte Beteiligungsvorlage diese
Bitte zumindest konkludent beinhaltete, ist vorliegend nicht
entscheidungserheblich.