Urteil des OVG Niedersachsen vom 08.07.2014

OVG Lüneburg: eltern, öffentlich, geldleistung, vergütung, freiwillige versicherung, jugendhilfe, anerkennung, berechnung der beiträge, krankenversicherung, einkünfte

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Erstattung der Aufwendungen zu einer Kranken- und
Pflegeversicherung einer Tagespflegeperson durch
den Träger der öffentlichen Jugendhilfe
1. Die Pflicht zur hälftigen Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu
einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung nach § 23 Abs. 2 Nr.
4 SGB VIII bezieht sich nur auf Beiträge der Tagespflegeperson, die aus
öffentlich finanzierter Kindertagespflege resultieren. Dazu gehören nur die
Beiträge, die sich aus den laufenden Geldleistungen des Trägers der
öffentlichen Jugendhilfe nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII ergeben.
2. Beitragsanteile, die aus Einnahmen aus privaten Zuzahlungen der Eltern
der von der Tagespflegeperson betreuten Kinder resultieren, sind demnach
nicht erstattungsfähig. Das gilt auch dann, wenn die von dem Träger der
öffentlichen Jugendhilfe gezahlten laufenden Geldleistungen zur
Anerkennung der Förderungsleistung nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII zu
niedrig gewesen sein sollten.
OVG Lüneburg 4. Senat, Beschluss vom 08.07.2014, 4 LB 262/12
§ 23 Abs 2 Nr 4 SGB 8, § 23 Abs 2 Nr 2 SGB 8, § 23 Abs 1 SGB 8, § 24 SGB 8, § 23
Abs 2a SGB 8
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts
Oldenburg - 13. Kammer - vom 21. Februar 2011 geändert, soweit der Klage
stattgegeben worden ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in beiden
Rechtszügen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Beschluss ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der
vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit
in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt eine höhere Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und
Pflegeversicherung als die ihr von der Beklagten bislang gewährte.
Die Klägerin ist als Tagespflegeperson tätig. Sie schließt mit den Eltern der von
ihr betreuten Kinder privatrechtliche Verträge ab, die in der Regel eine
Vergütung von 5,- EUR pro Betreuungsstunde bzw. eine monatliche
Pauschale, die sich an dieser Vergütung orientiert, vorsehen. Die Eltern zahlen
aber nur die Differenz zwischen der vereinbarten Vergütung und der von der
Beklagten an die Klägerin gezahlten laufenden Geldleistung nach § 23 Abs. 2
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Nr. 1 und 2 SGB VIII.
Im Jahr 2009 betreute die Klägerin zehn Kinder. Sämtliche
Betreuungsverhältnisse wurden von der Beklagten öffentlich gefördert. Einige
Kinder wurden von der Klägerin allerdings über den von der Beklagten
bewilligten und geförderten Umfang hinaus betreut.
Neben den Einkünften aus ihrer Tätigkeit als Tagespflegeperson erhielt die
Klägerin im Jahr 2009 und danach eine Witwenrente. Diese betrug bis zum 31.
Juli 2010 207,57 EUR und ab dem 1. August 2010 72,56 EUR.
Die Klägerin war und ist aufgrund der selbständig ausgeübten Tagespflege
freiwillig gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Für die Zeit vom 1. Januar
2009 bis zum 31. Juni 2010 forderte ihre Krankenkasse von der Klägerin durch
Bescheid vom 14. Januar 2009 Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von
125,16 EUR und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 16,38 EUR
monatlich. Ab dem 1. Juli 2010 erhöhte sie durch Bescheid vom 1. Juli 2010
die Beiträge für die Krankenversicherung auf 336,77 EUR und für die
Pflegeversicherung auf 44,07 EUR pro Monat. Wegen geringerer
Renteneinkünfte reduzierte die Krankenkasse die Beiträge durch Bescheid
vom 18. August 2010 ab dem 1. Juli 2010 auf 307,86 EUR für die
Krankenversicherung und 40,29 EUR für die Rentenversicherung, d. h. auf
insgesamt 348,15 EUR monatlich. Der Berechnung dieser Beiträge legte sie
die gesamten Einkünfte der Klägerin im Jahr 2009 zugrunde, also sowohl die
Förderbeträge der Beklagten als auch die zusätzliche Vergütungen durch die
Eltern und die Rentenleistung.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2009 hatte die Klägerin bei der Beklagten
bereits die hälftige Erstattung der Kosten ihrer Kranken- und
Pflegeversicherung ab Januar 2009 beantragt. Daraufhin hatte die Beklagte ihr
durch Bescheid vom 11. Februar 2009 einen monatlichen Erstattungsbetrag
von 70,77 EUR bewilligt.
Anfang Juli 2010 reichte die Klägerin bei der Beklagten den Bescheid ihrer
Krankenkasse vom 1. Juli 2010 ein, demzufolge sie ab Juli 2010 einen
monatlichen Beitrag in Höhe von insgesamt 380,48 EUR zu leisten hatte. Die
Beklagte sah darin einen Antrag auf die hälftige Erstattung der höheren
Beiträge, den sie durch Bescheid vom 13. Juli 2010 ablehnte. Zur Begründung
führte sie in einem ergänzenden Schreiben vom 22. Juli 2010 aus, dass
Grundlage der Berechnung der Gewinn der Tagespflegeperson sei. Der
berücksichtigungsfähige Gewinn errechne sich aus den von ihr als Träger der
öffentlichen Jugendhilfe festgelegten laufenden Geldleistungen nach § 23 Abs.
2 a SGB VIII. Andere Einnahmen wie beispielsweise die von den Eltern der
betreuten Kinder erhaltenen privaten Vergütungen blieben unberücksichtigt.
Der Gewinn der Klägerin aus öffentlichen Geldern belaufe sich nach Abzug der
Betriebskostenpauschale auf monatlich 867,16 EUR. Die
berücksichtigungsfähigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge betrügen
daher nur 140,91 EUR, so dass der bisher gewährte Erstattungsbetrag von
70,77 EUR ausreichend sei.
Die Klägerin hat daraufhin am 9. August 2010 Klage erhoben. Zur Begründung
hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass für die Berechnung des
Krankenversicherungsbeitrags der steuerrechtliche Gewinn maßgeblich sei.
Dies gelte unabhängig davon, ob sie vom Jugendamt oder von den Eltern der
Kinder finanziert werde. Zuzahlungen durch Dritte seien zwar im Gesetz nicht
vorgesehen. Das Gesetz schreibe jedoch eine angemessene und
leistungsgerechte Geldleistung vor. Wenn die Beklagte die Betreuung für ein
Kind bewillige, habe sie auch für alle aus der bedarfsgerechten Betreuung
resultierenden Kosten einzustehen. Toleriere oder gestatte sie private
Zuzahlungen, sei davon auszugehen, dass die laufende Geldleistung von 3,-
EUR, deren Zusammensetzung nicht nachvollziehbar sei, nicht bedarfs- und
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leistungsgerecht sei. Deswegen seien auch die Zuzahlungen der Eltern zu
berücksichtigen. Folglich seien auch die aus den Zuzahlungen resultierenden
höheren Versicherungsbeiträge angemessen und mithin anteilig zu
übernehmen. Im Übrigen sei ein Einkommensvergleich mit angestellten
Betreuungspersonen wie Sozialassistentinnen oder Erzieherinnen nicht
aussagekräftig, da selbständige Tagespflegepersonen andere Risiken als
Angestellte abzudecken hätten.
Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, die Beklagte zu verpflichten,
ihr für Zeit ab 1. Juli 2010 eine Erstattung von weiteren 119,65 EUR monatlich
für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu bewilligen, und den
Bescheid vom 13. Juli 2010 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht, hat sie
in der mündlichen Verhandlung beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihr ab 1. Juli 2010 weitere 76,18
EUR monatlich für die Beiträge zur Kranken- und
Pflegeversicherung zu bewilligen, und den Bescheid vom 13.
Juli 2010 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und erwidert, dass der berücksichtigungsfähige Gewinn der
Tagespflegeperson Bemessungsgrundlage für die Erstattung der
Krankenversicherungsbeiträge sei. Der Gewinn errechne sich aus den vom
Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgelegten laufenden Geldleistungen
nach § 23 Abs. 2a SGB VIII. Daher seien die von ihr gezahlten Beträge von 3,-
EUR je Stunde pro betreutem Kind bzw. 3,50 EUR in Randzeiten maßgeblich.
Die Klägerin leiste monatlich 577,89 Stunden zu 3,- EUR und 76,52 Stunden
zu 3,50 EUR, so dass sie Einkünfte von 1.969,43 EUR habe. Hiervon sei die
Betriebsausgabenpauschale von 1.114,13 EUR abzuziehen, so dass ein
Gewinn 855,30 EUR verbleibe. Bei einem Beitragssatz zur
Krankenversicherung von 14,3 % und zur Pflegeversicherung von 1,95 %
ergebe sich ein Beitrag von 138,99 EUR, so dass der Erstattungsbetrag bei
69,49 EUR liege. Die Einnahmen durch die Zahlungen der Eltern der Kinder
seien nicht hinzuzurechnen. Dies wäre nur möglich, wenn die von ihr
geleisteten Beträge nicht ausreichend seien. Dies sei jedoch nicht der Fall. Bei
einer Vergütung von 3,- EUR/Std. für fünf Kinder bei 39 Stunden pro Woche
ergebe sich ein Einkommen von 2.541,83 EUR, bei einer Vergütung von 3,50
EUR/Std. sogar von 2.955,23 EUR. Eine Sozialassistentin mit einer
zweijährigen Ausbildung verdiene demgegenüber 2.347,84 EUR brutto, eine
Erzieherin mit dreijähriger Ausbildung 2.898,37 EUR brutto. Eine
Tagespflegeperson habe jedoch oftmals nur einen Kurs über 160 Stunden
besucht und maximal nur fünf Kindern - und nicht wie eine Sozialassistentin
7,5 Kinder - zu betreuen.
Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 21. Februar 2011 das Verfahren
eingestellt, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, und die
Beklagte verpflichtet, der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Juli 2010 weitere
76,18 EUR monatlich für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu
erstatten, sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2010 aufgehoben,
soweit er dem entgegensteht.
Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Klägerin
gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer laufenden
Geldleistung nach § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII ab dem 1. Juli 2010 habe. § 23
Abs. 1 SGB VIII sehe im Falle der Förderung der Tagespflege die Gewährung
einer laufenden Geldleistung an die Tagespflegeperson vor. Damit habe der
Gesetzgeber klargestellt, dass der Anspruch auf die laufende Geldleistung der
Tagespflegeperson zustehe. Mit dem Beitragsbescheid ihrer Krankenkasse
vom 18. August 2010 habe die Klägerin nachgewiesen, dass sie ab dem 1.
Juli 2010 einen Beitrag zur Krankenversicherung von 307,86 EUR und zur
Pflegeversicherung von 40,29 EUR leisten müsse. Dieser Beitrag könne der
hälftigen Erstattung nach § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII jedoch nur insoweit zu
Grunde gelegt werden, als er auf Einnahmen aus der öffentlich geförderten
Tagespflege beruhe. Bereits der Wortlaut des § 23 SGB VIII mache deutlich,
dass die laufende Geldleistung - und damit als deren Bestandteil auch die
hälftige Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge - nur bei
Förderung der Kindertagespflege nach Maßgabe von § 24 SGB VIII gewährt
werde. Dies bedeute einerseits, dass die Anteile der Beiträge, die die Klägerin
auf Grund ihres Renteneinkommens zahlen müsse, nicht
berücksichtigungsfähig seien. Andererseits bedeute die Bezugnahme in § 23
SGB VIII auf § 24 SGB VIII, dass Einnahmen aus nicht öffentlich geförderten
Kindertagespflegeverhältnissen sowie Einnahmen aus der Betreuung der
Kinder über den öffentlich geförderten Umfang hinaus bei der Berechnung der
laufenden Geldleistungen und damit auch bei der Berechnung der zu
erstattenden Kranken- und Pflegeversicherungskosten keine Berücksichtigung
finden könnten. Im vorliegenden Fall sei der hälftigen Erstattung der
nachgewiesenen Aufwendungen zur Kranken- und Pflegeversicherung jedoch
auch der Anteil des Beitrages zugrunde zu legen, der sich aus den höheren
Einnahmen der Klägerin aufgrund der privaten Zuzahlungen der Eltern der von
der Klägerin betreuten Kinder für die öffentlich geförderten Betreuungszeiten
ergebe. Die Beklagte habe die Höhe der laufenden Geldleistung, soweit sie die
Erstattung angemessener Kosten, die einer Tagespflegeperson für den
Sachaufwand entstehen, und den Betrag zur Anerkennung der
Förderungsleistungen der Tagespflegeperson betreffen, nämlich nicht
entsprechend § 23 Abs. 2a SGB VIII bestimmt, weil sie weder den Betrag zur
Anerkennung zur Förderungsleistung der Tagespflegeperson leistungsgerecht
ausgestaltet noch bei der Festsetzung dieses Betrags den zeitlichen Umfang
der Leistung, die Anzahl und den Förderbedarf der betreuten Kinder
berücksichtigt habe. Rechtlich zu beanstanden sei dabei nicht, dass die
Beklagte die Vergütungssätze, die bezüglich der Geldleistung nach § 23 Abs.
2 Nr. 1 und 2 SGB VIII angewandt werden, durch Verwaltungsvorschrift und
nicht durch Satzung festgelegt habe, da die gesetzlichen Bestimmungen eine
Festlegung durch eine Rechtsnorm im formellen Sinne nicht verlangten. Die
Beklagte habe jedoch bei der Festlegung der Vergütungssätze nicht beachtet,
dass bei der Bestimmung des Betrags zur Anerkennung der
Förderungsleistungen auf den zeitlichen Umfang der Leistung sowie die
Anzahl und den Förderbedarf der betreuten Kinder abzustellen sei. Eine
derartige Differenzierung lasse die von der Beklagten zur Anwendung
gebrachte Vergütungsstufe I, die für Sachaufwand und Anerkennung der
Förderungsleistung einen Betrag je Stunde von 3,- EUR vorsehe und dies nur
für Randzeiten und hinsichtlich einer Nachtpauschale abändere, nicht
erkennen. Ferner habe die Beklagte auch die sich aus § 23 Abs. 2a Satz 2
SGB VIII ergebenden Anforderungen nicht hinreichend beachtet. Diese
Bestimmung lege fest, dass der Betrag zur Anerkennung der
Förderungsleistung leistungsgerecht auszugestalten sei. Was im Einzelfall
leistungsgerecht sei, lasse sich nicht abstrakt festlegen, sondern bestimme
sich auch nach den örtlichen Gegebenheiten, d. h. nach dem örtlichen Markt.
Das Gericht sei zu der Überzeugung gelangt, dass in Oldenburg im Jahre
2009/2010 und zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der Betrag für
Sachaufwand und Anerkennungsbetrag dann leistungsgerecht sei, wenn er im
Bereich von 4,- EUR bis 5,- EUR liege. Denn bereits im Internetauftritt der
Beklagten finde man als Information für die Eltern den Hinweis, dass
Tagespflegepersonen in Oldenburg durchschnittlich 4,00 EUR pro Kind und
Stunde verlangten. Auch im Termin zur mündlichen Verhandlung habe die
Vertreterin der Beklagten darauf hingewiesen, dass es sich dabei um die
Angabe des durchschnittlichen Preises handele. Zwar gebe es auch
Tagespflegepersonen, die höhere oder niedrigere Vergütung beanspruchten.
Durchschnittlich müssten die Eltern aber mit Preisen von ca. 4,- EUR pro
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Stunde rechnen. Diese Angabe halte sich auch im Rahmen dessen, was nach
aktuellen Stellungnahmen von dem Gesetzgeber und den Verbänden als
leistungsgerecht angesehen werde. So lege der Bundesgesetzgeber in seiner
Berechnung der finanziellen Auswirkungen des Kinderförderungsgesetzes
einen Betreuungssatz von 4,20 EUR zugrunde. Der Bundesverband für
Kindertagespflege e.V. empfehle nach dem Handbuch Kindertagespflege des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einen Betrag
von 5,05 EUR pro Stunde und Kind, worin allerdings auch die Kosten der
Ernährung des Tageskindes und die Sozialversicherungsbeiträge der
Kindesmutter enthalten sein sollen. Da die Beklagte selbst davon ausgehe,
dass in ihren Zuständigkeitsbereich für eine Vergütung von 3,- EUR pro
Stunde und Kind nicht ausreichend Tagespflegepersonen zur Verfügung
stünden, Tagespflegepersonen, die einen höheren Stundensatz verlangen,
vermittle und den Eltern der Kinder zudem mitteile, dass sie Beiträge von 2,-
bis 3,- EUR pro Stunde und Kind als weitere Zahlung an die Tagesmutter
ansetzen müssten, habe sie bewusst ein Vergütungssystem in der
Kindertagespflege geschaffen und/oder weitergeführt, das mit der gesetzlichen
Konzeption nicht übereinstimme. § 23 Abs. 1 SGB VIII sehe vor, dass die
laufende Geldleistung vollständig an die Tagespflegeperson gezahlt werde, so
dass diese nicht zwei Schuldner - einerseits den Träger der öffentlichen
Jugendhilfe, andererseits die Eltern des betreuten Kindes - habe. Die
Förderung der Kindertagespflege durch die Beklagte gehe jedoch bereits von
vornherein davon aus, dass die Tagespflegeperson neben der Gewährung
einer laufenden Geldleistung von den Eltern der zu betreuenden Kinder
zusätzliches Geld enthalte. Bei dieser Sachlage sei nach Überzeugung des
Gerichts für die Berechnung der Beiträge der Kranken- und
Pflegeversicherung der Klägerin eine Vergütung von 5,- EUR pro Stunde und
Kind anzunehmen, soweit sie nicht tatsächlich eine geringere Vergütung
erhalten habe. Nur dies führe dazu, dass dem Rechtsanspruch der Klägerin
auf eine Geldleistung, die den Regelungen des § 23 SGB VIII nach Sinn und
Zweck gerecht werden, entsprochen werden könne. Ein anderes Ergebnis
ergebe sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien zum
Kinderförderungsgesetz, da dort das Problem privater Zuzahlungen nicht
abschließend geklärt sei. Nach alledem sei für die Bestimmung der Höhe der
angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung der Klägerin auf eine
Vergütung von 5,- EUR je öffentlich geförderter Betreuungsstunde und Kind
abzustellen, sofern nicht mit den Eltern geringere Stundensätze vereinbart
waren. Damit ergebe sich für die Klägerin für das Jahr 2009, das insoweit
maßgeblich sei, als die Einnahmen für 2009 auch von der
Krankenversicherung für die von der Klägerin geforderten Beträge zugrunde
gelegt worden seien, aus allen Betreuungsverhältnissen ein Gewinn aus
öffentlich geförderten Betreuungsstunden von 20.931,11 EUR , d. h. monatlich
1.744,16 EUR. Bei einem Beitragssatz in der gesetzlichen
Krankenversicherung von 14,9 % und in der Pflegeversicherung von 1,95 %
errechne sich damit ein Gesamtversicherungsbeitrag von 293,98 EUR, den die
Beklagte zur Hälfte, d. h. in Höhe von 146,95 EUR zu erstatten habe. Ziehe
man hiervon die bereits bewilligten 70,77 EUR ab, ergebe sich ein weiterer
Betrag von 76,18 EUR, den die Beklagte ab dem 1. Juli 2010 monatlich der
Klägerin erstatten müsse.
Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die Berufung der
Beklagten, die der Senat durch Beschluss vom 19. Oktober 2012 (4 LA
101/11) wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen
Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen hat.
Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung Folgendes vor: Die
Entscheidung des Verwaltungsgericht sei aus mehreren Gründen zu
beanstanden. Zunächst begegne die Vorgehensweise, einen zahlenmäßig
bestimmten Betrag für die Förderleistung vorzugeben, erheblichen rechtlichen
Bedenken; diese dürfte mit § 23 Abs. 2a SGB VIII, wonach die Höhe der
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laufenden Geldleistung vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt
wird, nicht in Einklang stehen. Zum anderen genüge die Festsetzung einer
Förderleistung von 5,- EUR pro Kind und Betreuungsstunde nicht den
gesetzlichen Anforderungen, da nach § 23 Abs. 2a Satz 3 SGB VIII eine
weitere Differenzierung vorzunehmen sei. Überdies sei die Ansicht, dass nur
eine Förderleistung von 5,- EUR pro Kind und Stunde leistungsgerecht sei,
nicht haltbar. Nach § 23 Abs. 2a SGB VIII sei der an die Tagespflegeperson zu
zahlende Betrag leistungsgerecht auszugestalten. Was unter diesem Begriff
zu verstehen sei, sei obergerichtlich noch nicht geklärt. Der Ausdruck “gerecht“
lege nahe, dass eine der Leistung angemessene Gegenleistung erbracht
werden solle. Es biete sich daher an, die Bezahlung für eine vergleichbare
Tätigkeit, z. B. die einer Sozialassistentin oder Erzieherin, die Kinder gleichen
Alters betreue, heranzuziehen, dabei aber zu berücksichtigen, dass eine
Sozialassistentin und eine Erzieherin eine zwei- bzw. dreijährige Ausbildung
absolviert habe und im Durchschnitt 7,5 Kinder betreuen müsse. Aufgrund der
wesentlich längeren Ausbildungszeit und der höheren Belastung ergäbe sich
auch dann noch eine leistungsgerechte Bezahlung der Tagespflegeperson,
wenn deren Einkommen geringer als das einer Sozialassistentin und
Erzieherin sei. Bereits in der Klageerwiderung sei auf das Einkommen von
Sozialassistentinnen und Erzieherinnen verwiesen worden, das aktuell
zwischen 1.853,21 EUR und 2.456,82 EUR bzw. zwischen 2.160,30 EUR und
3.032,90 EUR brutto liege. Das Einkommen einer Tagespflegeperson beliefe
sich bei einer Förderleistung von 5,- EUR pro Stunde und Kind hingegen auf
4.236,- EUR und entspräche damit dem Einkommen einer Leiterin einer
Kindertagesstätte mit mindestens 180 Plätzen. Dieses Einkommen liege auch
unter Berücksichtigung eines Abzugs für Aufwendungen aufgrund der
selbständigen Tätigkeit weit über der Bezahlung einer Sozialassistentin oder
Erzieherin. Die Annahme eines Förderbetrages von 5,- EUR sei somit nicht
haltbar. Dagegen seien die von ihr gezahlten Förderbeträge von 3,- EUR bzw.
3,50 EUR für Randstunden leistungsgerecht für das maßgebliche Jahr 2010
gewesen. Bei einem Betrag von 3,- EUR pro Kind und Stunde ergebe sich ein
Einkommen von 2.541,- EUR. Nicht zutreffend sei auch die Auffassung des
Verwaltungsgerichts, dass der marktübliche Preis mit der leistungsgerechten
Bezahlung gleichzusetzen sei. Vielmehr müssen andere objektive Kriterien zur
Anwendung kommen. Selbst wenn sie von Zuzahlungen in Höhe von 2,- EUR
Kenntnis habe, habe dies keineswegs zur Folge, dass sie sich den Betrag von
5,- EUR zurechnen lassen müsse. Außerdem werde in der Literatur die
Auffassung vertreten, dass mögliche Zuzahlungen der Eltern ohnehin keine
Bedeutung hätten. Unabhängig davon sehe sie keine Möglichkeit,
Vereinbarungen über eine zusätzliche Vergütung der Eltern zu verbieten.
Hinzu komme, dass die leistungsgerechte Bezahlung im Sinne des § 23 Abs.
2a SGB VIII nicht zwingend eine Auskömmlichkeit bei einer Teilzeittätigkeit
ermöglichen müsse. Außerdem entspreche die Behauptung des
Verwaltungsgerichts, die Festlegung der Förderbeträge durch sie entspreche
nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine ausreichende Differenzierung,
nicht den Tatsachen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 13. Kammer -
vom 21. Februar 2011 zu ändern, soweit der Klage stattgegeben
worden ist, und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und erwidert, die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei
zutreffend. In Frage stehe, ob die durch die Beklagte gezahlten laufenden
Geldleistungen leistungsgerecht seien. Von der an sich wünschenswerten
bundeseinheitlichen Regelung von Stundensätzen als Leistungsentgelt habe
der Bundesgesetzgeber abgesehen. Allerdings verblieben aufgrund der
gesetzlichen Regelung verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten der Länder.
Die Beklagte habe davon jedoch nicht ausreichend und nachvollziehbar
Gebrauch gemacht. Es sei nicht zutreffend, dass das Verwaltungsgericht
einen zahlenmäßig bestimmten Betrag für die Förderungsleistung und die
Sachkosten festgelegt habe. Vielmehr habe das Gericht lediglich beanstandet,
dass die Beklagte keine Differenzierung nach den verschiedenen laufenden
Geldleistungen (Sachkosten und Förderungsleistung) vorgenommen habe.
Der Vergleich der Einkünfte einer Tagespflegeperson mit denen einer
Sozialassistentin oder Erzieherin gehe fehl, insbesondere weil beide
Berufsbilder unterschiedliche Berufsbefähigungen beinhalteten. Das relativ
neue Berufsbild der Sozialassistentin als eigenständiger sozialpädagogischer
Beruf mit einer darauf abgestimmten Ausbildung existiere zwar in
Niedersachsen, aber nicht in allen anderen Bundesländern. Zudem herrschten
landesabhängig sehr unterschiedliche Berufsbilder und Qualifikationsprofile
vor. In der Regel sei eine Sozialassistentin eine Fachkraft, die ergänzend und
unterstützend mit einer Erzieherin zusammenarbeite. Eine alleinige Betreuung
finde hier nicht statt, so dass der Vergleich mit der Tagespflegeperson fehl
gehe. Auch die Voraussetzungen für die Tätigkeiten an sich seien
unterschiedlich. Entscheidend sei, dass sowohl Erzieherinnen als auch
Sozialassistentinnen in einer Einrichtung tätig seien, die nach § 45 SGB VIII
eine betriebsbezogene Erlaubnis erhielten. Sie sei jedoch mit einer
personengebundenen Erlaubnis ausgestattet. Die Berechnung der Vergütung
könne im Übrigen nicht auf der Grundlage des Einkommens aus einer
sozialpädagogischen Tätigkeit in einer institutionellen Einrichtung erfolgen,
sondern müsse vielmehr die wöchentliche Arbeitszeit und der Arbeitszwecke
berücksichtigen. Das Verwaltungsgericht habe bei der Bemessung der
leistungsgerechten Vergütung auch zu Recht auf die Ortsüblichkeit abgestellt.
Zweifelsohne müsse eine leistungsgerechte laufende Geldleistung auch
berücksichtigen, wie das jeweilige ortsspezifische Haushaltseinkommen
bewertet werde. Die Auffassung der Beklagten, dass eine Zuzahlung durch
Personensorgeberechtigten nicht zulässig sei, sei unzutreffend. Private
Zuzahlungen von Dritten, insbesondere von Eltern, seien zwar in der
Systematik der §§ 22 ff. SGB VIII grundsätzlich nicht vorgesehen. Vor dem
Hintergrund der geringen - oft für die Deckung des Lebensbedarfs der
Kindertagespflegeperson nicht ausreichenden - Zahlungen überrasche es
aber nicht, dass Tagesmütter mit den Eltern unabhängig von den gegenüber
dem Jugendamt zu entrichtenden Elternbeiträgen zusätzliche Geldbeträge
vereinbarten. Das SGB VIII treffe keine Aussage zu der Frage, ob
Tagespflegepersonen von Eltern einen Zuschlag zu den vom Jugendamt
gewährten Leistungen verlangen könnten. Dennoch werde man daraus kein
striktes Verbot einer freiwilligen Zuzahlung seitens der Eltern ableiten können.
Die Beklagte habe auch keine Vereinbarung mit der Tagespflegeperson
dahingehend getroffen, dass diese keine zusätzlichen Leistungen von den
Eltern verlangen dürfe. Die Zuzahlung sei daher an sich zulässig. Schließlich
sei auch der von der Beklagten angestellte einen Vergleich zwischen dem
Bruttolohn einer Sozialassistentin und dem Einkommen einer selbständigen
Tagespflegeperson verfehlt. Unter dem Bruttolohn verstehe man die
Gesamtvergütung vor Abzug der öffentlich rechtlichen Steuern und Abgaben
zur Sozialversicherung. Ohne die anteilige Sozialversicherungsleistung der
selbständigen Tagespflegeperson könne ein Vergleich mit der Nettovergütung
erfolgen. Einen solchen Vergleich habe die Beklagte jedoch nicht
vorgenommen. Darauf, ob eine Tätigkeit in Teilzeit erfolge oder nicht, komme
auch nicht an. Im Übrigen sehe die am 1. Januar 2014 in Kraft getretene
Richtlinie der Beklagten zur Gewährung einer Geldleistung für
Kindertagespflege nach dem SGB VIII eine Geldleistung in Höhe von 4,50
EUR plus Zuzahlung pro geleisteter Betreuungsstunde vor. Das bedeute, dass
die Beklagte nunmehr selbst eine laufende Geldleistung in dieser Höhe für
angemessen und leistungsgerecht halte.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist begründet.
Diese Entscheidung trifft der Senat nach Anhörung der Beteiligten gemäß §
130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für
begründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im Beschlusswege ohne
mündliche Verhandlung im Übrigen auch einverstanden erklärt.
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, der Klägerin
für die Zeit ab dem 1. Juli 2010 weitere 76,18 EUR monatlich für die Beiträge
zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten, und den Bescheid der
Beklagten vom 13. Juli 2010 aufgehoben, soweit er dem entgegensteht. Denn
die Klägerin kann diese weitere Leistung nicht beanspruchen.
Nach § 23 Abs. 1 SGB VIII umfasst die Förderung in Kindertagespflege nach
Maßgabe von § 24 SGB VIII die Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten
Tagespflegeperson, soweit diese nicht von der erziehungsberechtigten Person
nachgewiesen wird, deren fachliche Beratung, Begleitung und weitere
Qualifizierung sowie die Gewährung einer laufenden Geldleistung an die
Tagespflegeperson. Die laufende Geldleistung nach dieser Vorschrift umfasst
nach § 23 Abs. 2 SGB VIII 1. die Erstattung angemessener Kosten, die der
Tagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen, 2. einen Betrag zur
Anerkennung ihrer Förderungsleistung nach Maßgabe von Abs. 2a, 3. die
Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer Unfallversicherung sowie
die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer
angemessenen Alterssicherung der Tagespflegeperson und 4. die hälftige
Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen
Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Die Höhe der laufenden
Geldleistungen wird nach § 23 Abs. 2a Satz 1 SGB VIII von den Trägern der
öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht - wie hier - nichts
anderes bestimmt. Der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der
Tagespflegeperson ist nach § 23 Abs. 2a Satz 2 SGB VIII leistungsgerecht
auszugestalten; dabei sind der zeitliche Umfang der Leistungen und die
Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen (§ 23
Abs. 2a Satz 3 SGB VIII).
Da der Anspruch auf eine laufende Geldleistung - wie das Verwaltungsgericht
zu Recht ausgeführt hat - der Tagespflegeperson selbst zusteht, kann die
Klägerin nach § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII die hälftige Erstattung der
nachgewiesenen Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und
Pflegeversicherung als Teil der laufenden Geldleistung verlangen. Diesen
Anspruch hat die Beklagte indessen bereits dadurch erfüllt, dass sie der
Klägerin durch Bescheid vom 11. Februar 2009 einen monatlichen
Erstattungsbetrag von 70,77 EUR bewilligt hat. Denn ein weitergehender
Anspruch steht der Klägerin nicht zu. Das ergibt sich aus Folgendem:
Die Klägerin, die freiwillig gesetzlich und damit i. S. d. § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB
VIII angemessen kranken- und pflegeversichert ist (vgl. dazu Frankfurter
Kommentar SGB VIII, 6. Aufl., § 23 Rn. 31; BT-Drs. 16/9299 S. 14 f.), hat durch
Vorlage des Beitragsbescheides ihrer Krankenkasse vom 18. August 2010
nachgewiesen, dass sie ab dem 1. Juli 2010 einen Beitrag zur Kranken- und
Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 348,15 EUR leisten muss. Der von
der Klägerin zu zahlende Versicherungsbeitrag kann jedoch nur insoweit nach
§ 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII zur Hälfte erstattet werden, als er auf Einnahmen
aus öffentlich geförderter Kindertagespflege beruht. Denn § 23 SGB VIII regelt
den Inhalt und die Ausgestaltung der Förderung der Kindertagespflege nach
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Maßgabe von § 24 SGB VIII. Damit ist klargestellt, dass der
Anwendungsbereich des § 23 SGB VIII nur eröffnet ist, wenn die
Voraussetzungen für den Zugang zur Förderung in öffentlich finanzierter
Kindertagespflege nach § 24 SGB VIII erfüllt sind. Dies hat zur Folge, dass
sich die Pflicht zur hälftigen Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu
einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung nur auf die Beiträge
der Tagespflegeperson beziehen kann, die aus öffentlich finanzierter
Kindertagespflege resultieren. Dazu gehören aber nur die Beiträge, die sich
aus den laufenden Geldleistungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe
nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII ergeben.
Diese Auslegung des § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII entspricht auch dem Willen
des Gesetzgebers wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen.
Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben am 27. Mai 2008 einen Entwurf
eines Gesetzes zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in
Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz -
KiföG) in den Deutschen Bundestag eingebracht (BT-Drs. 16/9299). Dieser
Gesetzentwurf sah vor, § 23 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII um die Wörter „4. die
hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen
Krankenversicherung und Pflegeversicherung.“ zu ergänzen und die Sätze 2
und 3 des Abs. 2 aufzuheben. Zur Begründung der Einfügung der Nr. 4 hieß
es in der Begründung des Gesetzentwurfs, dass neben der Übernahme der
Absicherung für Unfälle und der Alterssicherung auch die Absicherung für
Krankheit und Pflegebedürftigkeit der Pflegeperson erforderlich sei und mit der
neuen Nr. 4 in Abs. 2 eingeführt werde. Tagespflegepersonen unterlägen aus
ihrer Tätigkeit heraus nicht der Krankenversicherungspflicht. Sie könnten
entweder beim Ehepartner familien- oder als Selbständige freiwillig versichert
sein. Für die Familienversicherung gebe es Einkommensgrenzen, die derzeit
bei 350,- EUR monatlich lägen. Tagespflegepersonen, die ein steuerpflichtiges
Einkommen von mehr als 350,- EUR im Monat erzielten, müssten sich freiwillig
versichern. Um die angestrebte Versorgung mit Plätzen in der
Kindertagespflege zu erreichen, müsse die Ausübung der Kindertagespflege
mit einer gewissen Vergütung verbunden werden, die ab einem gewissen
Umfang der Ausübung der Tätigkeit das Auskommen der Tagespflegeperson
sichere. Dies werde allerdings vielfach zur Folge haben, dass das Einkommen
die Höhe übersteige, die eine Mitversicherung in einer bestehenden
Familienversicherung zulasse. Um den Versicherungsschutz zu erhalten, sei
eine freiwillige Versicherung erforderlich. Diese sei jedoch mit Beitragssätzen
verbunden, die sich aus den “Entgelten für die Tätigkeit“ nicht begleichen
ließen. Aus diesem Grund sei die Übernahme der hälftigen Beträge durch den
Träger der öffentlichen Jugendhilfe angemessen. Diesen letzten Ausführungen
in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII ist zu
entnehmen, dass die Beträge für die Kranken- und Pflegeversicherung
deshalb zur Hälfte übernommen werden sollten, weil die freiwillige
Versicherung mit Beitragssätzen verbunden ist, die nach Ansicht der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD aus den “Entgelten für die Tätigkeit“ der
Tagespflegeperson“ nicht beglichen werden können. Mit diesen “Entgelten für
die Tätigkeit“ der Tagespflegeperson sind aber erkennbar die laufenden
Geldleistungen nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII gemeint gewesen. Daher ist
davon auszugehen, dass sich die Pflicht zur hälftigen Erstattung der
nachgewiesenen Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und
Pflegeversicherung nach den Vorstellungen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD auch nur auf die Beiträge, die aus den laufenden Geldleistungen des
Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII
resultieren, erstrecken sollte.
Dass dies auch dem Willen des Gesetzgebers entsprach, wird durch den
weiteren Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens verdeutlicht. Am 28. August
2008 hat die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen
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Gesetzentwurf vorgelegt, der mit dem vorstehenden Gesetzentwurf der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 27. Mai 2008 sowohl im Wortlaut als
auch in der Begründung übereinstimmte (BT-Drs. 16/10173), also ebenfalls
vorsah, § 23 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII um die Wörter „4. die hälftige Erstattung
nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen
Krankenversicherung und Pflegeversicherung.“ zu ergänzen. Der Bundesrat
hat in seiner Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf der Bundesregierung
vorgeschlagen, in § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB VIII nach dem Wort
„Pflegeversicherung“ die Wörter „sofern die Beitragszahlungen durch die
öffentlich finanzierte Kindertagespflege ausgelöst werden“ einzufügen. Zur
Begründung hat der Bundesrat ausgeführt, dass durch die Einfügung dieser
Wörter eine Präzisierung des Begriffs der angemessenen Kranken- und
Pflegeversicherung erfolge. Damit werde klargestellt, dass die
Erstattungspflicht lediglich die tatsächlich nachgewiesenen Aufwendungen der
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge umfasst, die ausschließlich aus
den Einkünften aus öffentlich finanzierter Kindertagespflege resultieren.
Erhöhte Beiträge, die auf anderen eigenen Einkünften der Tagespflegeperson
- so auch auf der (teilweisen) aus privaten Mitteln geleisteten Entlohnung für
die Betreuungstätigkeit - beruhten, gehörten nicht dazu (BT-Drs. 16/10173 S.
9). Diesem Vorschlag hat die Bundesregierung in ihrer Gegenerklärung zwar
nicht zugestimmt, jedoch ausgeführt, dass der Anwendungsbereich des § 23
SGB VIII, der Inhalt und Ausgestaltung der Förderung in Kindertagespflege
regele, nur eröffnet sei, wenn die Voraussetzungen für den Zugang zur
Förderung in öffentlich finanzierter Kindertagespflege nach § 24 SGB VIII erfüllt
seien. In § 23 Abs. 1 SGB VIII, wonach die Förderung in Kindertagespflege
nach Maßgabe von § 24 erfolge, werde dies explizit klargestellt. Aus diesem
Grund könne sich die Pflicht zur hälftigen Erstattung nachgewiesener
Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung nur
auf Beiträge beziehen, die durch die Tätigkeit in der öffentlich geförderten
Kindertagespflege veranlasst seien (BT-Drs. 16/10173 S. 15). Damit ist die
Bundesregierung der vom Bundesrat vorgeschlagenen Ergänzung des § 23
Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII nicht wegen eines anderen Verständnisses dieser
Vorschrift, sondern wegen der aus ihrer Sicht fehlenden Notwendigkeit der
vom Bundesrat angeregten Klarstellung entgegengetreten. In der Folgezeit hat
der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung aufgrund der
Empfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom
24. September 2008 für erledigt erklärt. Dies ist aber nur im Hinblick auf den
früher eingereichten, gleichlautenden und gleichbegründeten Gesetzentwurf
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD erfolgt. Dieser Gesetzentwurf hat im
Gesetzgebungsverfahren in Bezug auf die hier in Rede stehende Vorschrift
keine Änderung erfahren, sondern ist aufgrund der Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend insoweit unverändert
angenommen worden. In den Beratungen des Deutschen Bundestags sind in
Bezug auf § 24 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII auch keine Änderungswünsche geäußert
worden. Somit ist davon auszugehen, dass die Auslegung des § 23 Abs. 2 Nr.
4 SGB VIII, dass nur die nachgewiesenen Beiträge zu einer angemessenen
Kranken- und Pflegeversicherung, die ausschließlich aus den Einkünften aus
öffentlich finanzierter Kindertagespflege, d. h. aus den laufenden
Geldleistungen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach § 23 Abs. 2 Nr.
2 SGB VIII resultieren, zur Hälfte zu erstatten sind, dem Willen des
Gesetzgebers entspricht.
Die vorstehende Auslegung des § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII trägt überdies dem
Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen in § 23 Abs. 2 und 2a SGB VIII
Rechnung. Der Gesetzgeber hat den § 23 SGB VIII durch das Gesetz zur
Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der
Kindertagespflege vom 10. Dezember 2008 um den Abs. 2 a erweitert, der u.
a. bestimmt, dass der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der
Tagespflegeperson leistungsgerecht auszugestalten und dabei der zeitliche
Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten
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Kinder zu berücksichtigen ist (Sätze 2 und 3). Dabei ist der Gesetzgeber
ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD vom 27. Mai 2008 (BT-Drs. 16/9299 S. 15) davon
ausgegangen, damit das Kriterium der leistungsgerechten Vergütung
eingeführt zu haben. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es weiter,
dass Untersuchungen gezeigt hätten, dass die Vergütung der Tätigkeit der
Tagespflegepersonen in der Vergangenheit so niedrig gewesen sei, dass die
Möglichkeit, deren Auskommen mit der Kindertagespflege zu sichern, nicht
bestanden habe. Die Ausübung der Kindertagespflege müsse jedoch mit einer
finanziellen Vergütung verbunden sein, die ab einem gewissen Umfang der
Ausübung der Tätigkeit das Auskommen der Tagespflegeperson sichere (BT-
Drs. 16/9299 S. 14). Sollen die nach Maßgabe des § 23 Abs. 2a Sätze 2 und 3
SGB VIII leistungsgerecht auszugestaltenden laufenden Geldleistungen nach
der Konzeption des Gesetzgebers aber dazu dienen und geeignet sein, das
Auskommen der Tagespflegeperson ab einem gewissen Umfang der
Ausübung der Tätigkeit zu sichern, ist davon auszugehen, dass der Sinn und
Zweck der Erstattungsregelung in § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII auch nur darin
besteht, die Aufwendungen zur Kranken- und Pflegeversicherung, die aus den
laufenden Geldleistungen nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII resultieren, zur
Hälfte zu erstatten. Das gilt umso mehr, als der Gesetzgeber, weil er von der
Auskömmlichkeit der laufenden Geldleistung ab einem gewissen Umfang der
Ausübung der Tätigkeit ausgegangen ist, keine Notwendigkeit privater
Zuzahlungen der Eltern der betreuten Kinder gesehen hat.
Demzufolge sind die Beitragsanteile, die die Klägerin aufgrund ihres
Renteneinkommens zahlen muss, bei der hälftigen Erstattung der
nachgewiesenen Aufwendungen zur Kranken- und Pflegeversicherung nach §
23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII nicht berücksichtigungsfähig. Entsprechendes gilt
entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch für die
Beitragsanteile, die aus Einnahmen aus privaten Zuzahlungen der Eltern der
von der Klägerin betreuten Kinder resultieren, weil diese Einnahmen keine
Einkünfte aus öffentlich finanzierter Kindertagespflege darstellen;
dementsprechend heißt es in der eingangs zitierten Stellungnahme des
Bundesrates ausdrücklich, dass erhöhte Beiträge, die auf anderen eigenen
Einkünften der Tagespflegeperson - und auch auf der (teilweisen) aus privaten
Mitteln geleisteten Entlohnung für die Betreuungstätigkeit - beruhen, nicht zu
den Einkünften aus öffentlich finanzierter Kindertagespflege, die im Rahmen
des § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII allein zu berücksichtigen sind, gehören.
Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn die von der Beklagten der
Klägerin gezahlten laufenden Geldleistungen zur Anerkennung ihrer
Förderungsleistung nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII - wie vom
Verwaltungsgericht angenommen - den Maßgaben des § 23 Abs. 2a Sätze 2
und 3 SGB VIII nicht entsprochen haben, insbesondere zu niedrig gewesen
sein sollten. Die privaten Zuzahlungen der Eltern der von der Klägerin
betreuten Kinder wären nämlich auch in diesem Fall keine Einkünfte der
Klägerin aus öffentlich finanzierter Kindertagespflege, sondern aufgrund
privatrechtlicher Vereinbarungen vereinnahmte Beträge, die - wie oben
ausgeführt - im Rahmen des § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII nicht
berücksichtigungsfähig sind.
Die Einnahmen der Klägerin aufgrund der privaten Zuzahlungen der Eltern der
von der Klägerin betreuten Kinder können Einkünften aus öffentlich finanzierter
Kindertagespflege auch nicht mit der Begründung, dass die Beklagte bei
rechtmäßiger Handhabung höhere laufende Geldleistungen nach § 23 Abs. 2
Nr. 2 SGB VIII als die der Klägerin gewährten hätte erbringen müssen,
gleichgestellt werden. Dies liefe nämlich auf eine Berücksichtigung fiktiver
Einkünfte aus öffentlich finanzierter Kindertagespflege hinaus, die § 23 Abs. 2
Nr. 4 SGB VIII nicht zulässt. Abgesehen davon besteht für eine
Berücksichtigung fiktiver laufender Geldleistungen oder privater Zuzahlungen
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anstelle rechtmäßigerweise zu zahlender höherer laufender Geldleistungen im
Rahmen des § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII auch kein sachlicher Grund, weil es
einer Tagespflegeperson, die höhere laufende Geldleistungen nach § 23 Abs.
2 Nr. 2 SGB VIII als die ihr gezahlten beanspruchen kann, unbenommen ist,
anstatt privater Zahlungen von den Eltern der betreuten Kinder höhere
laufende Geldleistungen von dem Träger der Jugendhilfe zu verlangen und
einen dahingehenden Anspruch notfalls gerichtlich durchzusetzen. Diese
Möglichkeit hätte auch der Klägerin offen gestanden, wenn die Beklagte zu
geringe laufende Geldleistungen erbracht haben sollte. Daher bestünde für
eine Berücksichtigung privater Zuzahlungen der Eltern der betreuten Kinder im
Rahmen des § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII auch dann kein Anlass, wenn diese
Zuzahlungen vereinbart und vereinnahmt worden sein sollten, um zu geringe
laufende Geldleistungen der Beklagten nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII
auszugleichen.
Sind nach alledem für die Berechnung der Höhe der hälftigen Erstattung der
nachgewiesenen Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung nur
die Einkünfte aus öffentlich finanzierter Kindertagespflege, d. h. die Zahlungen,
die die Klägerin von der Beklagten nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII erhalten
hat, zu berücksichtigen, kann im vorliegenden Verfahren mangels
Entscheidungserheblichkeit dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht zu Recht
davon ausgegangen ist, dass in Oldenburg in den Jahren 2009/2010 und im
Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nur eine laufende Geldleistung nach
§ 23 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB VIII von 4,- EUR bis 5,- EUR leistungsgerecht
gewesen ist.
Da die Krankenkasse der Klägerin die von ihr ab dem 1. Juli 2010 geforderten
Beträge nach Maßgabe des § 20 Abs. 2 ihrer Satzung vom 1. Januar 2010
i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 2 der dort in Bezug genommenen „Einheitlichen
Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen
Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und
Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beträge
(Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler)“ anhand der Einnahmen der
Klägerin im Jahr 2009 berechnet hat, ist auch für die hälftige Erstattung der
nachgewiesenen Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und
Pflegeversicherung gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB auf die Einkünfte der
Klägerin aus öffentlich finanzierter Kindertagespflege nach § 23 Abs. 2 Nr. 2
SGB VIII in diesem Jahr abzustellen; diesen Zeitraum hat auch das
Verwaltungsgericht als maßgebend angesehen.
Ausweislich der Verwaltungsvorgänge hat die Klägerin im Jahr 2009
insgesamt 7.685 von der Beklagten bewilligte Betreuungsstunden geleistet,
von denen 645 auf Randzeiten entfallen; nur diese Stunden können hier
Berücksichtigung finden, weil die Bewilligung der Betreuung mit einer
bestimmten Stundenzahl durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe
Voraussetzung für die Gewährung laufenden Geldleistungen nach § 23 SGB
VIII und damit auch für die Erstattung nach § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII ist (vgl.
VGH Bad-Württ., Urt. v. 8.4.2014 - 12 S 1927/12 -). Für jede dieser
Betreuungsstunden hat die Klägerin von der Beklagten einen Betrag von 3,-
EUR bzw. von 3,50 EUR in den Randzeiten als laufende Geldleistung nach §
23 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB VIII, d. h. zwecks Erstattung das angemessenen
Sachaufwandes (§ 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII) und zur Anerkennung der
Förderungsleistung (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII) erhalten. Von diesem Betrag
ist der auf die Erstattung des angemessenen Sachaufwandes nach § 23 Abs.
2 Nr. 1 SGB VIII entfallende Anteil abzuziehen, da im vorliegenden Fall - wie
oben ausgeführt - nur der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung
nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII zu berücksichtigen ist. Da die Beklagte den
auf die Erstattung des angemessenen Sachaufwandes nach § 23 Abs. 2 Nr. 1
SGB VIII entfallenden Anteil an dem Betrag von 3,- EUR bzw. 3,50 EUR nicht
gesondert ausgewiesen hat, kann der Abzug nur durch den Ansatz eines
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Pauschalbetrages für die angemessenen Sachaufwendungen, die im
Zusammenhang mit der Ausübung der selbständigen Tätigkeit als
Tagespflegeperson anfallen, erfolgen. Diese Pauschale beläuft sich - wie das
Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auf monatlich 300,- EUR für
jedes ganztags, d. h. acht Stunden an allen Werktagen betreutes Kind (vgl.
dazu Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. Mai 2009 (IV
C 6-S2246/07/1002/2009/0327067; “Fakten und Empfehlungen für die
Neuregelung der Kindertagespflege“ vom Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend vom 8. April 2010, S. 2) und beträgt
umgerechnet auf eine Betreuungsstunde unter Außerachtlassung von
Ausfallzeiten z. B. aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Fortbildung 1,74 EUR
pro Kind; dieser Betrag ist zwischen den Beteiligten unstreitig, da er sowohl
von dem Steuerberater der Klägerin bei der Berechnung der
Betriebskostenpauschale im Rahmen der steuerrechtlichen
Einkommensermittlung als auch von der Beklagten bei ihren Berechnungen
des Gewinns der Klägerin berücksichtigt und zudem von der Krankenkasse
der Klägerin akzeptiert worden ist. Multipliziert man die o. g. Zahl der
Betreuungsstunden mit dem Betrag von 3,- EUR bzw. von 3,50 EUR abzüglich
der Sachaufwendungspauschale von 1,74 EUR pro Betreuungsstunde,
ergeben sich laufende Geldleistungen nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII und
damit ein Gewinn aus öffentlich finanzierter Kindertagespflege für das Jahr
2009 in Höhe von 10.006,52 EUR, d. h. 833,88 EUR monatlich. Ausgehend
von einem Beitragsbemessungssatz von 14,9 % für die Krankenversicherung
und 1,95 % für die Pflegeversicherung, der im Jahr 2010 galt, errechnen sich
damit Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung aus öffentlich
finanzierter Kindertagespflege in Höhe von 140,50 EUR pro Monat, von denen
die Hälfte, nämlich sich 70,25 EUR nach § 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII zu
erstatten sind. Dieser Betrag liegt etwas unter dem Erstattungsbetrag von
70,77 EUR, den die Beklagte der Klägerin bereits gewährt hat. Damit kann die
Klägerin keine weitere Erstattung verlangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 VwGO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung
folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen
nicht vor.