Urteil des OVG Niedersachsen vom 14.02.2013

OVG Lüneburg: einkünfte, satzung, festsetzung der beiträge, berechnung der beiträge, niedersachsen, begriff, vergütung, steuerberater, versorgung, verfassungskonform

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Keine Berücksichtigung von Einkünften als
Berufsbetreuerin bei der Bemessung von
Versorgungsbeiträgen zur Rechtsanwaltsversorgung
Niedersachsen.
Einkünfte aus der Tätigkeit einer Rechtsanwältin als Berufsbetreuerin sind
keine Einkünfte aus "anwaltlicher Tätigkeit" im Sinne des § 24 Abs. 6 Satz 1
der Satzung des Niedersächischen Versorgungswerks der Rechtsanwälte
und daher bei der Bemessung der von der Rechtsanwaltsversorgung
Niedersachsen erhobenen Versorgungsbeiträge nicht zu berücksichtigen.
OVG Lüneburg, Urteil vom 14.02.2013, 8 LB 154/12
§ 2 Abs 1 S 1 RAVersorgG ND, § 24 Abs 6 S 1 RAVersorgSa ND
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe des von ihr für das Jahr 2011 an die
Beklagte zu leistenden monatlichen Versorgungsbeitrags.
Die Klägerin ist selbstständige Rechtsanwältin und seit 1998 Mitglied der
Beklagten. Sie ist auch als Berufsbetreuerin tätig.
Im September 2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, ihr den
Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 oder vorläufig eine entsprechende
Bescheinigung eines Steuerberaters vorzulegen, um die monatlichen Beiträge
für das Jahr 2011 festsetzen zu können. Da die Klägerin dieser Aufforderung
zunächst nicht nachkam, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Januar 2011
den Regelpflichtbeitrag in Höhe von monatlich 547,25 Euro fest, wies aber
darauf hin, dass nach Eingang des Einkommensnachweises der Beitrag auch
rückwirkend neu festgesetzt werden könne. Unter dem 17. Januar 2011 legte
die Klägerin eine Bescheinigung ihres Steuerberaters vor, wonach ihr Gewinn
aus freiberuflicher Tätigkeit für das Jahr 2009 laut Gewinnermittlung 27.952,53
Euro betragen habe. Mit vorläufigem Beitragsbescheid vom 18. Januar 2011
setzte die Beklagte daraufhin den von der Klägerin monatlich zu zahlenden
Beitrag auf 231,77 Euro fest, wobei sie von einem beitragspflichtigen
Monatseinkommen aus anwaltlicher Tätigkeit in Höhe von 2.329,38 Euro
(27.952,53 Euro ./. 12 Monate) ausging. Die Beklagte behielt sich vor, nach
Vorlage des Einkommenssteuerbescheides eine Neuberechnung
vorzunehmen.
Unter dem 8. Juli 2011 legte die Klägerin der Beklagten den
Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 vor. Darin waren für sie Einkünfte
aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 56.174,00 Euro aufgeführt.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2011 setzte die Beklagte daraufhin den von der
Klägerin für das Jahr 2011 monatlich zu zahlenden Beitrag auf 465,78 Euro fest.
Sie ging hierbei von einem beitragspflichtigen Monatseinkommen aus
anwaltlicher Tätigkeit in Höhe von 4.681,17 Euro (56.174,00 Euro ./. 12 Monate)
aus.
Am 21. Juli 2011 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, der
Einkommensteuerbescheid habe ihre Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
zusammengefasst. Sie werde deshalb eine Aufteilung nach den Tätigkeiten als
Rechtsanwältin und Betreuerin vorlegen und bitte um entsprechende
Neuberechnung des Beitrags. Per E-Mail übersandte die
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Neuberechnung des Beitrags. Per E-Mail übersandte die
Steuerberatungsgesellschaft der Klägerin der Beklagten noch am selben Tag
eine "Anlage zur Gewinnermittlung 2009 - Aufteilung Rechtsanwaltstätigkeit,
Berufsbetreuerin", welche dem Einkommensteuerbescheid zugrunde lag.
Danach hatte die Klägerin im Jahr 2009 aus ihrer Rechtsanwaltstätigkeit einen
steuerlichen Gewinn in Höhe von 30.691,43 Euro und aus ihrer Betreuertätigkeit
einen solchen in Höhe von 25.483,27 Euro.
Mit Schreiben vom 8. August 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie
eine Änderung des festgesetzten Beitrags ablehne. Die im
Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus selbstständiger
Tätigkeit in Höhe von 56.174,00 Euro würden insgesamt Einkünfte aus
berufsbezogenen Tätigkeiten eines Rechtsanwalts darstellen.
Die Klägerin hat am 18. August 2011 Klage erhoben, mit der sie sich gegen die
Einbeziehung ihrer Einkünfte aus der Betreuertätigkeit in das beitragspflichtige
Monatseinkommen wendet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei der Tätigkeit
eines Berufsbetreuers handele es sich nicht um eine anwaltliche Tätigkeit. Zum
Betreuer könnten Personen aus unterschiedlichsten Berufen bestellt werden.
Eine Zulassung als Rechtsanwalt sei hierfür keine Voraussetzung. Werde ein
Rechtsanwalt zum Betreuer bestellt, so führe dies nicht dazu, dass dessen
Betreuertätigkeit insgesamt als anwaltliche Tätigkeit anzusehen sei. Es sei
vielmehr zu unterscheiden zwischen allgemeinem Betreuerhandeln, welches
von jedermann geleistet werden könne, und berufsbezogenen Diensten.
Erbringe der zum Betreuer bestellte Rechtsanwalt im Rahmen der Betreuung
berufsbezogene Dienste, so könne er diese nach dem Gebührenrecht für
Rechtsanwälte abrechnen. Für die allgemeinen Betreuerhandlungen erhalte er
hingegen eine Betreuervergütung und unterliege insoweit auch nur der Aufsicht
des Betreuungsgerichts und nicht etwa der Aufsicht der Rechtsanwaltskammer.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2011 aufzuheben, soweit darin
ein höherer Versorgungsbeitrag als 231,77 Euro monatlich festgesetzt
worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung vorgetragen, es komme häufig vor, dass Rechtsanwälte
auch Tätigkeiten als Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker,
Hochschuldozent, Vermögensverwalter oder als gerichtlich bestellter Betreuer
ausüben. Hierbei handele es sich ebenfalls um anwaltliche Tätigkeiten im Sinne
der Satzung der Beklagten. Das Bild des Rechtsanwalts sei nicht mehr auf die
Tätigkeit als Prozessvertreter beschränkt. Berufsbetreuer würden nach der
neueren Rechtsprechung Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit
erzielen. Eine Unterscheidung von Einkünften als Rechtsanwalt und Einkünften
als Berufsbetreuer sei daher nicht möglich.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. März 2012 abgewiesen.
Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 13. Juli 2011 sei in voller Höhe
rechtmäßig. Die Beklagte habe zu Recht die gesamten Einkünfte der Klägerin
aus selbstständiger Arbeit berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Klägerin
hätten neben ihren Einkünften aus der Tätigkeit als Rechtsanwältin auch ihre
Einkünfte aus der Betreuertätigkeit zugrunde gelegt werden dürfen. Zwar
begrenze die Satzung der Beklagten das berücksichtigungsfähige Einkommen
auf Einkünfte aus anwaltlicher und notarieller Tätigkeit. Das Einkommen eines
Rechtsanwalts aus einer Tätigkeit, die keinen inhaltlichen Zusammenhang zur
anwaltlichen Tätigkeit aufweise, könne daher in Niedersachsen nicht
berücksichtigt werden. Diese Regelung unterscheide sich von der Rechtslage in
den Ländern Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Baden-Württemberg, in denen
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sich das für die Beitragsfestsetzung berücksichtigungsfähige Einkommen nach
dem weiten sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriff des
Arbeitseinkommens und Arbeitsentgelts im Sinne der §§ 14 und 15 SGB IV
bemesse, sodass dort auch berufsfremdes Einkommen einbezogen werden
könne. Der Begriff der anwaltlichen Tätigkeit im Sinne der Satzung der
Beklagten sei jedoch weit auszulegen. Alle berufsständischen
Versorgungswerke - und so auch die Beklagte - hätten die Aufgabe, die
Versorgung ihrer Mitglieder im Alter und bei Berufsunfähigkeit zumindest auf
dem Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten. Die
Versorgung diene der wirtschaftlichen Absicherung und damit der Erhaltung
eines leistungsfähigen Anwaltsstandes. Diesem Leitbild der Gewährleistung
einer Vollversorgung entspreche es, den Begriff der anwaltlichen Tätigkeit weit
auszulegen und nicht allein das nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz
entstandene Einkommen zu berücksichtigen. Die Höhe der Beiträge sei
vielmehr nach den Einkünften aus der gesamten selbstständigen -
anwaltsbezogenen - beruflichen Tätigkeit zu bemessen. Werde ein
Rechtsanwalt als Berufsbetreuer tätig, so weise die Betreuertätigkeit Bezüge zu
seiner Haupttätigkeit als Rechtsanwalt auf. Beide Tätigkeiten bestünden in der
Beratung und Vertretung anderer Personen. Rechtsanwälte seien grundsätzlich
nur bei solchen Fallgestaltungen zum Betreuer zu bestellen, in denen eine
rechtlich komplizierte Situation vorliege. Zwar würden nach der Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs Berufsbetreuer keine Einkünfte aus freiberuflicher
Tätigkeit, sondern aus sonstiger selbstständiger Arbeit erzielen und auch keine
typisch anwaltlichen Tätigkeiten erbringen. Gleichwohl lägen aufgrund der
spezifischen Fallzuteilung bei anwaltlichen Berufsbetreuern Überschneidungen
und Parallelen zur Anwaltstätigkeit vor. Bei der Bearbeitung besonderer
Einzelaufgaben, für die ein nichtanwaltlicher Betreuer zusätzlich einen
Rechtsanwalt hätte beauftragen müssen, stehe dem anwaltlichen
Berufsbetreuer ein Wahlrecht zu, ob er seine Leistung pauschal nach dem
Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern oder aber nach dem
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abrechnen möchte. Auch dies zeige den
Zusammenhang zwischen der Berufsbetreuertätigkeit eines Rechtsanwalts und
dessen anwaltlicher Tätigkeit. Diese Berufsbezogenheit rechtfertige die
Einbeziehung der Einkünfte aus der Berufsbetreuertätigkeit in das
berücksichtigungsfähige Einkommen zur Berechnung der Beiträge.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, die der Senat
mit Beschluss vom 6. August 2012 - 8 LA 82/12 - wegen grundsätzlicher
Bedeutung zugelassen hat.
Zur Begründung der Berufung führt die Klägerin aus, die Betreuertätigkeit könne
nicht unter den Begriff der anwaltlichen Tätigkeit im Sinne der Satzung der
Beklagten subsumiert werden. Die Satzung der Beklagten verwende einen
engen Einkommensbegriff, der auf anwaltliche und notarielle Tätigkeiten
beschränkt sei. Es sei gerade kein weiter Einkommensbegriff wie etwa in
Nordrhein-Westfalen gewählt worden. Die vom Verwaltungsgericht
vorgenommene Auslegung des Begriffs der anwaltlichen Tätigkeit sei deshalb
falsch. Die Bestellung zum Betreuer setze gerade keine besondere
Berufsqualifikation voraus. Zwar würden auch Juristen - und zwar nicht nur
Rechtsanwälte - zum Betreuer bestellt, da juristische Vorkenntnisse durchaus
hilfreich sein könnten. Die Betreuertätigkeit sei aber eine ganz andere als die
Rechtsanwaltstätigkeit. Das von ihr - der Klägerin - dem Verwaltungsgericht
übersandte Eignungsprofil für einen Berufsbetreuer, welches die Region
Hannover erstellt habe, mache deutlich, dass neben juristischen auch
pädagogische, kaufmännische und psychologische Grundkenntnisse
wünschenswert seien. Weiterhin gehe das Verwaltungsgericht von der
unzutreffenden Vorstellung aus, die Beklagte müsse eine Vollversorgung ihrer
Mitglieder gewährleisten. Hierfür gebe es keine rechtliche Grundlage. Der
Anwaltsberuf könne vielmehr auch als Nebenberuf ausgeübt werden. Sie - die
Klägerin - habe sich bewusst für zwei Berufe entschieden und damit auch für
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zwei Formen der Altersvorsorge. Die Satzung der Beklagten gestatte die vom
Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung nicht. Schließlich gingen der
Beklagten auch keine Beiträge verloren. Werde sie - die Klägerin - im Rahmen
einer Betreuung tatsächlich als Anwältin tätig, so rechne sie diese Tätigkeit
regulär nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ab und verbuche diese
Einnahmen als Einkommen aus der Rechtsanwaltstätigkeit, sodass eine
Berücksichtigung bei der Beitragsberechnung durch die Beklagte erfolge.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung die Klage mit Einwilligung der
Beklagten insoweit zurückgenommen, als sie zunächst den Bescheid der
Beklagten angefochten hat, soweit darin ein monatlicher Beitrag von mehr als
231,77 Euro, aber weniger als 254,48 Euro festgesetzt worden ist.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover – Einzelrichterin der 5.
Kammer – vom 14. März 2012 zu ändern und den Bescheid der Beklagten
vom 13. Juli 2011 aufzuheben, soweit darin ein höherer
Versorgungsbeitrag als 254,48 Euro monatlich festgesetzt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus, bei Erlass ihrer
Satzung im Jahr 1983 seien Pflegschaften, Vormundschaften und
Testamentsvollstreckungen typische Tätigkeiten von Rechtsanwälten gewesen.
Durch die später eingeführte Betreuung habe sich hieran nichts geändert.
Werde ein Rechtsanwalt als Berufsbetreuer tätig, so handele es sich dabei um
eine anwaltliche Tätigkeit. Den eigenständigen Beruf des "Betreuers" gebe es
bisher nicht. Bei der Festsetzung der Beiträge gehe sie - die Beklagte -
grundsätzlich von den im vorgelegten Einkommensteuerbescheid aufgeführten
gesamten Einkünften aus selbstständiger Arbeit aus. Erkläre ein Mitglied, dass
Teile der Einkünfte nicht aus anwaltlicher Tätigkeit stammten, werde geprüft, ob
für diese Tätigkeit juristische Fachkenntnisse verwendet würden. Dies sei bei
Insolvenzverwaltern, Hochschuldozenten, Testamentsvollstreckern und auch
bei Berufsbetreuern der Fall. Das Einkommen aus diesen Tätigkeiten werde
daher bei der Beitragsfestsetzung berücksichtigt. Das Einkommen eines
Rechtsanwalts aus seiner Tätigkeit als Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer
werde ebenfalls berücksichtigt, wenn dafür keine Beiträge an ein anderes
Versorgungswerk entrichtet würden. Anwaltliches Einkommen aus angestellten
Tätigkeiten sei beitragspflichtig, wenn hierfür eine Befreiung von der
gesetzlichen Rentenversicherung ausgesprochen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des
Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakte verwiesen, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß §
125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das angegriffene
Urteil gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für unwirksam zu
erklären.
Im Übrigen ist die Berufung zulässig und begründet. Der Bescheid der
Beklagten vom 13. Juli 2011 ist rechtswidrig, soweit darin ein höherer
Versorgungsbeitrag als 254,48 Euro monatlich festgesetzt worden ist, und
verletzt insoweit die Rechte der Klägerin, sodass er in diesem Umfang
aufzuheben ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage für den von der Beklagten gegenüber der Klägerin
festgesetzten monatlichen Versorgungsbeitrag für das Jahr 2011 ist § 6 Abs. 1
Satz 1 des Gesetzes über das Niedersächsische Versorgungswerk der
Rechtsanwälte - Nds. RAVG - vom 14. März 1982 (Nds. GVBl. S. 65), zuletzt
geändert durch Gesetz vom 7. Oktober 2010 (Nds. GVBl. S. 462), i.V.m. § 24
Abs. 6 der Satzung des Niedersächsischen Versorgungswerks der
Rechtsanwälte - RVS - (Stand: 16.11.2009).
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nds. RAVG sind die Mitglieder des
Versorgungswerkes zur Zahlung der satzungsmäßigen Versorgungsabgaben
verpflichtet. Die Klägerin gehört der Rechtsanwaltskammer Celle an und ist
damit gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nds. RAVG i.V.m. § 7 Satz 1 RVS Pflichtmitglied
der Beklagten. Nach § 24 Abs. 1 RVS ist jedes Mitglied verpflichtet, an das
Versorgungswerk den Regelpflichtbeitrag zu entrichten. Der Regelpflichtbeitrag
entspricht 5/10 des Höchstbeitrages in der gesetzlichen Rentenversicherung im
Sinne der §§ 157 bis 160 SGB VI in der jeweils geltenden Fassung. Nach § 24
Abs. 6 Satz 1 RVS tritt für Mitglieder, deren Bruttoeinkommen (die gesamten
Einnahmen aus selbstständiger anwaltlicher und notarieller Tätigkeit nach
Abzug der Betriebsausgaben, jedoch ohne Abzug von Sonderausgaben,
außergewöhnlichen Belastungen und Steuerfreibeträgen) und
Bruttoarbeitsentgelt aus Rechtsanwaltstätigkeit die Beitragsbemessungsgrenze
der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erreicht, für die Bestimmung des
Beitrages an die Stelle der Beitragsbemessungsgrenze nach §§ 159, 160 SGB
VI das jeweils nachgewiesene Bruttoarbeitseinkommen und Bruttoarbeitsentgelt.
Der Einkommensnachweis wird gemäß § 24 Abs. 7 Buchst. a RVS erbracht
durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides oder, solange dieser noch
nicht vorliegt, vorläufig durch Vorlage einer Bescheinigung eines Angehörigen
der steuerberatenden Berufe oder durch sonstigen geeigneten Nachweis,
jeweils für das vorletzte Kalenderjahr.
Nach § 24 Abs. 6 Satz 1 RVS ist maßgeblich für die Bestimmung des Beitrags
das Bruttoeinkommen aus anwaltlicher Tätigkeit. Die Beklagte als
Satzungsgeberin hat durch den Wortlaut des § 24 Abs. 6 Satz 1 RVS einen
engen Einkommensbegriff mit ausdrücklicher Beschränkung auf die anwaltliche
Tätigkeit gewählt. Die Einbeziehung von Einkünften aus nichtanwaltlicher
Tätigkeit, wie hier der Tätigkeit der Klägerin als Berufsbetreuerin, in die
Berechnung der Versorgungsbeiträge ist danach ausgeschlossen.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann die Tätigkeit eines
Rechtsanwalts als Berufsbetreuer auch nicht im Wege einer weiten Auslegung
unter den Begriff der anwaltlichen Tätigkeit subsumiert werden.
Der Beruf des Rechtsanwalts zeichnet sich dadurch aus, dass der Rechtsanwalt
nach § 1 BRAO ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist. Der
Rechtsanwalt übt nach § 2 BRAO einen freien Beruf und kein Gewerbe aus.
Gemäß § 3 Abs. 1 BRAO ist der Rechtsanwalt der berufene unabhängige
Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten. Zur Rechtsanwaltschaft
zugelassen werden kann gemäß § 4 BRAO nur, wer die Befähigung zum
Richteramt erlangt hat, d.h., wer gemäß § 5 DRiG ein rechtswissenschaftliches
Studium an einer Universität mit der ersten Staatsprüfung und einen
anschließenden Vorbereitungsdienst mit der zweiten Staatsprüfung
abgeschlossen hat. Dies alles trifft auf die Betreuertätigkeit, auch wenn sie von
einem Rechtsanwalt ausgeübt wird, nicht zu.
Die Tätigkeit als Betreuer unterscheidet sich von der anwaltlichen Tätigkeit ganz
wesentlich. Nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB bestellt das Vormundschaftsgericht
einen Betreuer, wenn ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder
einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine
Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. Zum Betreuer wird
gemäß § 1897 Abs. 1 Satz 1 BGB eine natürliche Person bestellt, die geeignet
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ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des
Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang
persönlich zu betreuen. Nach § 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB soll, wer Betreuungen
im Rahmen seiner Berufsausübung führt, nur dann zum Betreuer bestellt
werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur
ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist. Gemäß § 1836 Abs. 1 BGB
wird die Betreuung unentgeltlich ausgeführt; lediglich ausnahmsweise erfolgt die
Betreuung entgeltlich, nämlich wenn das Vormundschaftsgericht die
Berufsmäßigkeit der Betreuung festgestellt hat. Diese Feststellung erfolgt gemäß
§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern -
VBVG - unter anderem dann, wenn der Betreuer mehr als zehn Betreuungen
führt.
Die Grundkonzeption des Gesetzgebers ist damit die der ehrenamtlichen
Betreuung durch eine natürliche Person, die lediglich "geeignet" sein, jedoch
keine besondere Qualifikation nachweisen muss. In der Praxis werden neben
Juristen häufig auch Personen mit psychiatrischen, pädagogischen oder
kaufmännischen Berufsqualifikationen zum Berufsbetreuer bestellt. Die
Zulassung als Rechtsanwalt ist damit für die Betreuertätigkeit - auch wenn sie
berufsmäßig ausgeübt wird - keine Voraussetzung. Die Bestellung zum Betreuer
setzt keine juristische Ausbildung und auch keine spezifischen juristischen
Kenntnisse voraus. Die Nützlichkeit juristischer Kenntnisse bei der Betreuung
ändert nichts daran, dass diese für die Tätigkeit als Betreuer nicht erforderlich
sind. Eine Tätigkeit, die grundsätzlich von jedermann ausgeübt werden kann,
wird aber nicht dadurch, dass sie ein Rechtsanwalt ausübt, zu einer anwaltlichen
Tätigkeit. Eine Tätigkeit, die keine juristischen Vorkenntnisse erfordert und von
Personen mit völlig unterschiedlichen Berufsqualifikationen - und letztlich sogar
ganz ohne eine solche - ausgeübt werden kann, kann daher nicht unter den
Begriff der anwaltlichen Tätigkeit subsumiert werden.
Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass auch in anderen rechtlichen
Zusammenhängen strikt zwischen anwaltlicher Tätigkeit und Betreuertätigkeit
bzw. sonstiger nicht anwaltlicher Tätigkeit unterschieden wird.
So werden angestellte Rechtsanwälte gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur
dann von der Rentenversicherungspflicht befreit, wenn sie eine
berufsspezifische Tätigkeit ausüben. Eine berufsspezifische anwaltliche
Tätigkeit in diesem Sinn ist immer dann anzunehmen, wenn ein Versicherter
sowohl rechtsberatend als auch rechtsentscheidend, rechtsgestaltend und
rechtsvermittelnd tätig wird (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 11.8.2010 -
L 2 R 156/08 -, juris Rn. 28; Hessisches LSG, Urt. v. 29.10.2009 - L 8 KR 189/08
-, juris Rn. 41; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.3.2004 - L 4 RA 12/03 -, juris
Rn. 35). Dies trifft auf die Betreuertätigkeit gerade nicht zu. Zwar ist die Beklagte
als Satzungsgeberin weder unmittelbar noch mittelbar über den Gleichheitssatz
des Art. 3 Abs. 1 GG an die Regelungen des SGB VI gebunden (vgl.
Senatsbeschl. v. 13.10.2011 - 8 ME 173/11 -, juris Rn. 14 und v. 23.4.2010 - 8
LA 64/10 -, juris Rn. 5). Die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI betrifft
jedoch genau die vorliegende Konstellation, nämlich die Bestimmung des
Umfangs einer (anwaltlichen) Tätigkeit, für die ein Versorgungsbeitrag an die
Beklagte gezahlt wird bzw. werden soll. Diese Regelung verfolgt daher den
gleichen Zweck wie die RVS, nämlich die Gewährleistung der Versorgung von
Rechtsanwälten. Ein Anlass, den Begriff der anwaltlichen Tätigkeit in beiden
Regelungswerken unterschiedlich auszulegen, besteht für den Senat nicht.
Darüber hinaus wird auch im Berufsrecht zwischen der Tätigkeit als
Rechtsanwalt und der Tätigkeit als Betreuer unterschieden. Der Betreuer wird
aufgrund seiner Bestellung durch das Vormundschaftsgericht tätig. Er unterliegt
mit seinen Betreuungstätigkeiten allein der Aufsicht des
Vormundschaftsgerichts, welches bezüglich der anwaltlichen Tätigkeit zur
Überwachung weder berechtigt noch verpflichtet ist (vgl. OVG Nordrhein-
Westfalen, Urt. v. 20.12.2011 - 4 A 812/09 -, juris Rn. 72.). Der Rechtsanwalt wird
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demgegenüber aufgrund des ihm erteilten Mandats tätig und unterliegt insoweit
der Aufsicht der Rechtsanwaltskammer.
Die Vergütungsregelungen trennen ebenfalls strikt zwischen Rechtsanwalts-
und Betreuertätigkeit. Die Vergütung des Rechtsanwalts richtet sich nach dem
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -, welches nach § 1 Abs. 2 Satz 1 RVG
gerade nicht für die Tätigkeit als Betreuer gilt. Die Vergütung des
Berufsbetreuers richtet sich nach dem Vormünder- und
Betreuervergütungsgesetz. Dieses setzt in § 4 Abs. 1 unterschiedlich hohe
Stundensätze fest und gewährt den höchsten Stundensatz von 44 Euro dem
Betreuer, der für die Betreuung nutzbare besondere Kenntnisse durch eine
abgeschlossene Hochschulausbildung erworben hat. Sowohl § 1 Abs. 2 Satz 2
RVG als auch § 4 Abs. 2 Satz 2 VBVG stellen jedoch klar, dass § 1835 Abs. 3
BGB unberührt bleibt. Nach § 1835 Abs. 3 BGB, welcher auf Betreuer gemäß §
1908i Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anwendbar ist, gelten als
Aufwendungen des Betreuers auch solche Dienste, die zu seinem Beruf
gehören. Danach kann der anwaltliche Betreuer eine Vergütung nach dem RVG
beanspruchen, soweit er im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu
erbringen hat, für die ein Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen
Rechtsanwalt zuziehen würde (vgl. BGH, Beschl. v. 27.6.2012 - XII ZB 685/11 -,
juris Rn. 9). Die Betreuertätigkeit allein wird somit gerade nicht als Erbringung
anwaltlicher Dienste im Sinne des Rechtsanwaltsvergütungsgesetztes
angesehen. Die strikte Trennung der beiden Vergütungssysteme macht
deutlich, dass die Betreuertätigkeit als solche keine anwaltliche Tätigkeit
darstellt. Der anwaltliche Berufsbetreuer kann vielmehr in einzelnen Fragen oder
Bereichen gezielt und ausdrücklich als Rechtsanwalt tätig werden und diese
Tätigkeit dann auch nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abrechnen.
Schließlich wird auch steuer- und gewerberechtlich zwischen der Tätigkeit als
Rechtsanwalt und der Tätigkeit als Betreuer unterschieden. Bereits aufgrund
des mangelnden Erfordernisses einer akademischen Vorbildung scheint die
Zuordnung der Betreuertätigkeit zu den sog. freien Berufen eher fraglich (vgl.
BFH, Urt. v. 15.6.2010 - VIII R 10/09 -, juris Rn. 20; OVG Nordrhein-Westfalen,
Urt. v. 20.12.2011, a.a.O., Rn. 39; OVG Niedersachsen, Urt. v. 29.08.2007 - 7 LC
229/06 - und - 7 LC 125/06 -, beide juris Rn. 27). Der Bundesfinanzhof hat in der
zuvor zitierten Entscheidung unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung
festgestellt, dass die Einkünfte aus einer Berufsbetreuertätigkeit weder als
gewerbliche Einkünfte im Sinne von § 15 EStG noch als Einkünfte aus
freiberuflicher Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (wie die Einkünfte
aus anwaltlicher Tätigkeit) zu qualifizieren sind, sondern Einkünfte aus sonstiger
selbstständiger Arbeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG darstellen. Das
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen sieht in der
genannten Entscheidung die Tätigkeit als Berufsbetreuer hingegen weiterhin
sogar als Ausübung eines Gewerbes im Sinne der Gewerbeordnung an (so
auch Nds. OVG, Urt. v. 29.8.2007 - 7 LC 125/06 und 7 LC 229/06 -, juris 7 LC
125/06 und Rn. 20, 21). Beide Gerichte sind sich immerhin darin einig, dass die
Berufsbetreuertätigkeit jedenfalls keine genuin anwaltliche Tätigkeit ist und auch
nicht dem Beruf des Rechtsanwalts zugerechnet oder auch nur als ähnlicher
Beruf angesehen werden kann.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts spricht auch der Umstand,
dass in der Rechtsprechung zum Teil die Steuerberatertätigkeit eines
Rechtsanwalts als Unterfall anwaltlicher Tätigkeit gewertet wird und daher die
Steuerberatereinkünfte bei der Berechnung des Versorgungsbeitrags
berücksichtigt werden, nicht für eine Berücksichtigung des Einkommens aus
Berufsbetreuertätigkeit. Denn die Steuerberatertätigkeit unterscheidet sich ganz
wesentlich von der Betreuertätigkeit, sodass die Einkünfte aus diesen beiden
Tätigkeiten bei der Beitragsbestimmung nicht zwingend gleich zu behandeln
sind. Zur Steuerberatung sind gemäß § 3 StBerG nur Steuerberater,
Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische
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Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer befugt. Ein
Rechtsanwalt kann daher als Steuerberater tätig werden, weil er Rechtsanwalt
ist. Als Betreuer kann hingegen jedermann tätig werden. Bei allen in § 3 StBerG
genannten Berufen handelt es sich - im Gegensatz zur Betreuertätigkeit - auch
um freie Berufe im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Gegen eine Subsumtion
der Steuerberatertätigkeit unter den Begriff der anwaltlichen Tätigkeit bestehen
daher grundsätzlich nicht die oben dargelegten Bedenken. Ob in Niedersachsen
tatsächlich das Einkommen eines als Steuerberater tätigen Rechtsanwalts in die
Berechnung der Versorgungsbeiträge der Beklagten einbezogen werden dürfte,
bedarf hier aber keiner Entscheidung. Für die Beantwortung der Frage, ob die
Betreuertätigkeit als anwaltliche Tätigkeit im Sinne des § 24 Abs. 6 Satz 1 RVS
anzusehen ist, führt ein Vergleich mit einer Steuerberatertätigkeit jedenfalls nicht
weiter.
Die durch den Wortlaut des § 24 Abs. 6 Satz 1 RVS vorgegebene
Beschränkung auf "anwaltliche Tätigkeiten", welcher einer Auslegung
grundsätzlich die zu beachtenden Grenzen setzt (vgl. BVerfG, Beschl. v.
15.10.1996 - 1 BvL 44/92 -, BVerfGE 95, 64, 93 m.w.N.), wird somit bestätigt
durch die aufgezeigte strikte Trennung zwischen anwaltlicher und nicht
anwaltlicher Tätigkeit in unterschiedlichsten Rechtsbereichen. Dass die Beklagte
als Satzungsgeberin mit dem Begriff der "anwaltlichen Tätigkeit" ein anderes
Verständnis verbinden wollte, ist in der Satzung nicht zum Ausdruck gekommen.
Auch die Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Einrichtung der Beklagten
als berufsständisches Versorgungswerk führt zu keinem anderen Ergebnis.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v.
20.8.2007 - 6 B 40.07 -, juris Rn. 9) bezweckt die Pflichtmitgliedschaft im
berufsständischen Versorgungswerk die Pflichtversorgung der Rechtsanwälte
und dient durch deren wirtschaftliche Absicherung der Erhaltung eines
leistungsfähigen Anwaltsstandes. Sie ermöglicht es zugleich, dass die
Rechtsanwälte bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters aus der aktiven
Berufstätigkeit ausscheiden und der nachfolgenden Generation Platz machen.
Wenn auch dieser Zweck am ehesten durch eine "Vollversorgung" der
Mitglieder gewährleistet werden kann (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v.
12.4.2011 - 17 B 372/11 -, juris Rn. 30), so findet sich dieses "Leitbild der
Vollversorgung" entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts weder im
Nds. RAVG noch in der RVS. Durch die ausdrückliche Beschränkung der
Beitragsbemessungsgrundlage auf das Einkommen aus anwaltlichen
Tätigkeiten nimmt die Beklagte vielmehr in Kauf, dass Versorgungsleistungen
insbesondere für Rechtsanwälte, die Einkommen auch aus nicht anwaltlichen
Tätigkeiten beziehen, geringer ausfallen und diesen Mitgliedern keine
Vollversorgung bieten können. Es obliegt insoweit dem jeweiligen Mitglied,
etwaige Versorgungslücken anderweitig zu schließen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich in Niedersachsen auch nicht die Frage, ob
das Nds. RAVG und/oder die RVS aufgrund des dort verwendeten
Einkommensbegriffs verfassungskonform sind. Bedenken sind insoweit auch
von der Klägerin nicht geltend gemacht worden. Die Regelung des § 24 RVS
wird durch die Satzungsermächtigung in § 10 Nds. RAVG gedeckt, wonach die
Satzung ergänzende Bestimmungen insbesondere über die Festsetzung der
Versorgungsabgabe trifft. Ob diese Satzungsermächtigung, welche im
Gegensatz zu den entsprechenden Regelungen anderer Bundesländer weder
zur Höhe der Beiträge noch zur Bemessungsgrundlage inhaltliche Vorgaben
macht, ggf. verfassungskonform ausgelegt werden muss, bedarf hier keiner
weiteren Prüfung (vgl. insoweit OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 12.4.2011 -
17 B 372/11 -, juris Rn. 24; OVG Sachsen, Urt. v. 19.10.2010 - 4 A 632/08 -, juris
Rn. 22; VG Berlin, Urt. v. 12.12.2006 - 12 A 18.05 -, juris Rn. 17; OVG
Rheinland-Pfalz, Urt. v. 1.2.2005 - 6 A 11903/04 -, juris Rn. 24; VGH München,
Urt. v. 18.11.1991 - 9 B 89.1788 -, NJW 1992, 1524; VGH Baden-Württemberg,
Urt. v. 11.9.1990 - 9 S 2995/88 -, juris Rn. 16). Denn die - die
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Satzungsermächtigung umsetzende - Satzung der Beklagten verwendet in
ihrem § 24 Abs. 6 Satz 1 einen engen, auf anwaltliche und notarielle Tätigkeiten
begrenzten Einkommensbegriff, der verfassungsgemäß ist. § 24 Abs. 6 Satz 1
RVS verweist weder pauschal auf das gesamte Einkommen im Sinne des
Einkommensteuergesetzes noch auf das Arbeitsentgelt oder das
Arbeitseinkommen im Sinne der §§ 14 und 15 SGB IV. Der hier verwandte enge
Einkommensbegriff bietet daher gerade keine Möglichkeit des Eingriffs in andere
Berufsbereiche, sodass eine Verletzung von Art. 12 Art. 1 GG insoweit von
vorneherein ausscheidet.
Die sich etwa in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen
stellende Frage, ob der in diesen Bundesländern verwandte weite
Einkommensbegriff verfassungskonform ist, stellt sich in Niedersachsen nicht.
So wird in Baden-Württemberg auf die Summe der jährlichen Einkünfte aus
selbstständiger und nicht selbstständiger Arbeit im Sinne des
Einkommensteuergesetzes abgestellt, in Nordrhein-Westfalen auf das gesamte
Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 und 15 SGB IV und in
Sachsen auf die Summe der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG, soweit sie
auf einer Tätigkeit beruhen, die anwaltlich erbracht werden kann, wozu unter
anderem auch die Einkünfte als Betreuer gehören sollen. In diesen
Bundesländern entspricht es aber der ständigen Rechtsprechung (vgl. die oben
zitierten Urteile und Beschlüsse), dass auch die Verwendung eines weiten
Einkommensbegriffs (noch) verfassungsgemäß ist und daher die Einkünfte aus
nichtanwaltlicher Tätigkeit bei der Berechnung der Versorgungsbeiträge
einbezogen werden dürfen, da das hierdurch verfolgte Ziel der anwaltlichen
Vollversorgung von Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt sei.
Nach dem derzeitigen Wortlaut der Satzung dürfen somit bei der Berechnung
des Beitrags nach § 24 Abs. 6 Satz 1 RVS ausschließlich die Einkünfte aus der
anwaltlichen Tätigkeit der Klägerin, nicht aber deren Einkünfte als
Berufsbetreuerin berücksichtigt werden. Diese belaufen sich für das Jahr 2009
nach der vorliegenden Anlage zur Gewinnermittlung auf 30.691,43 Euro.
Abzustellen ist auf diesen Beleg, da er dem vorgelegten
Einkommensteuerbescheid 2009 zu Grunde liegt. Die zunächst von der Klägerin
vorgelegte Bescheinigung über Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit vom 13.
Dezember 2010, welche ein Einkommen von lediglich 27.952,53 Euro auswies,
hatte nur vorläufigen Charakter.
Ausgehend von einem monatlichen Einkommen in Höhe von 2.557,62 Euro
(30.691,43 Euro ./. 12 Monate) ergibt sich ein monatlicher Beitrag in Höhe von
254,48 Euro. Der Bescheid der Beklagten ist daher aufzuheben, soweit er einen
monatlichen Beitrag festsetzt, der diesen Betrag übersteigt.