Urteil des HessVGH vom 05.07.1994

VGH Kassel: treu und glauben, trennung von staat und kirche, kirchensteuer, staatliches gericht, erfüllung zug um zug, evangelische kirche, wrv, hessen, austritt, nachbesteuerung

1
2
3
4
Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 UE 1747/90
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 4 GG, Art 137 WRV, Art
9 Verf HE, Art 48 Verf HE,
Art 49 Verf HE
(Einzug der Kirchensteuer durch die Finanzämter; kein
Zurückbehaltungsrecht wegen vermeintlich falschen
Verhaltens der Kirche; Nachbesteuerung)
Tatbestand
Der Kläger war bis zu seinem am 29. Mai 1985 beim Amtsgericht Marburg
erklärten Austritt Angehöriger der beigeladenen Landeskirche, für die nach den §§
1 und 9 des Kirchensteuergesetzes in der hier anwendbaren Fassung vom 25.
September 1968 (GVBl. I S. 268) die Kirchensteuer in der Form des Zuschlags zur
Einkommensteuer von den Finanzämtern erhoben wurde.
Er hat beim Verwaltungsgericht Kassel am 25. November 1988 - nach erfolglosem
Widerspruchsverfahren - Anfechtungsklage gegen den Bescheid über die
Kirchensteuer für die Monate Januar bis Juni 1985 erhoben. Diese
Anfechtungsklage wurde vom Verwaltungsgericht Kassel an das örtlich zuständige
Verwaltungsgericht Gießen verwiesen.
Der Kläger begründete die Klage wie folgt:
Das Kirchensteueraufkommen der Beigeladenen werde zum Teil an die
Evangelische Kirche in Deutschland - EKD - und von dieser an den Weltkirchenrat
weitergeleitet; der Weltkirchenrat verwende es für Zwecke, die mit dem christlichen
Glaubensbekenntnis und dem evangelischen christlichen Glauben nicht zu
vereinbaren seien, so würden zum Beispiel Zahlungen an Organisationen in Afrika
geleistet, die unter Parolen wie "Antirassismus" oder "Befreiung" planmäßig
politischen Terror ausübten. Einige Landeskirchen unterstützten den
"Antirassismusfonds" des Weltkirchenrates sogar unmittelbar, was von den übrigen
Landeskirchen und der EKD geduldet werde. Diese rechtswidrige Verwendung von
Mitteln für kirchenfremde Zwecke habe er, der Kläger, nicht zu dulden brauchen;
seinen Anspruch auf Unterlassung mache er - in Analogie zum
Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB - durch Verweigerung der Zahlung der
Kirchensteuer geltend. Dieses Recht bestehe auch gegenüber öffentlich-
rechtlichen Forderungen. Die Einschränkungen des Zurückbehaltungsrechts oder
auch der Aufrechnung gegenüber solchen öffentlich-rechtlichen Forderungen
bestünden hinsichtlich der Kirchensteuer nicht, da es sich bei dieser nicht um eine
wirkliche Steuer, sondern nur um einen Mitgliedsbeitrag handele. Die Kirche könne
nämlich keine allgemeinen Gesetze erlassen und folglich auch keine
Steuerpflichten begründen. Eine besondere Konnexität in dem Sinne, daß die
Verwendung gerade der von ihm verlangten Steuern für rechtswidrige Zwecke
voraussehbar sei, sei nicht erforderlich. Da sein Unterlassungsanspruch für die
Vergangenheit nicht mehr erfüllt werden könne, sei der Anspruch der
Beigeladenen auf die Kirchensteuer erloschen. Seiner Ansicht könne auch nicht
entgegengehalten werden, daß dadurch eine "Lahmlegung" der Kirche möglich
werde; denn sobald die Wiederholungsgefahr wegfalle, entfalle auch das
Verweigerungsrecht des Kirchensteuerpflichtigen; solange aber
Wiederholungsgefahr bestehe, bestehe auch das Verweigerungsrecht. Der
Kirchenangehörige könne nicht zur Unterlassungsklage oder zum Austritt
gezwungen werden. Der Fall liege so wie der vom OVG Hamburg mit Urteil vom 18.
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
gezwungen werden. Der Fall liege so wie der vom OVG Hamburg mit Urteil vom 18.
Januar 1977 (NJW 1977, 1251) entschiedene Fall der Verweigerung der Zahlung
von Studentenschaftsbeiträgen gegenüber einer Studentenschaft, die sich
rechtswidrig ein allgemeinpolitisches Mandat angemaßt habe.- Er sinne dem
Finanzamt und den Gerichten auch nicht an, das Bekenntnis der Beigeladenen zu
überprüfen, sondern nur die Überprüfung rechtswidriger Verstöße gegen eben
dieses Bekenntnis. Es könne nicht angehen, daß sich der Bischof und die Synode
der Beigeladenen unüberprüft vom Evangelium lösen dürften.- Die staatliche
Steuereinziehung für die Beigeladene sei ohnehin rechtswidrig; die insoweit
vorliegende Rechtsprechung müsse von den Verwaltungsgerichten überprüft
werden. Art. 137 Abs. 6 der Weimarer Verfassung gebe den Kirchen zum Beispiel
nur einen Anspruch auf Einsicht in die staatlichen Steuerlisten, aber kein Recht,
von den Finanzämtern die Einziehung der Kirchensteuer zu verlangen. Die
angefochtene Steuerfestsetzung für den Monat Juni 1985 sei auch noch aus dem
besonderen Grunde rechtswidrig, daß er in diesem Monat der Beigeladenen nicht
mehr angehört habe. Soweit das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung
aus dem Jahre 1977 die Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 des Kirchensteuergesetzes
für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt habe, überzeuge dies nicht. Beim
Jahressteuerausgleich, bei dem ohnehin eine Berechnung stattfinde, stünden einer
exakten Berechnung der Kirchensteuer bis zum Zeitpunkt des Austritts keine
Praktikabilitätsgesichtspunkte entgegen.
Der Kläger beantragte,
den Bescheid des Finanzamts Marburg vom 4. November 1987 über die
Festsetzung der Kirchensteuer für das Kalenderjahr 1985 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides der Oberfinanzdirektion Frankfurt a. M. vom 18. Oktober
1988 aufzuheben.
Das beklagte Land und die Beigeladene beantragten,
die Klage abzuweisen.
Sie führten gemeinsam aus:
Die Kirchensteuer, deren Erhebung durch die Finanzämter rechtlich unbedenklich
sei, sei entgegen der Ansicht des Klägers kein "Mitgliedsbeitrag", für den eine
Konnexität mit bestimmten einzelnen Verpflichtungen der Beigeladenen
festgestellt werden könne, sondern eine echte Steuer, die zur Erfüllung der
vielfältigen kirchlichen Aufgaben diene. Ebensowenig wie die Zahlung staatlicher
Steuern von Steuerpflichtigen verweigert werden könne, weil sie Rüstungsgegner
oder Atomkraftgegner seien, könne die Kirchensteuer deswegen verweigert
werden, weil der Kirchenangehörige mit theologischen oder kirchenpolitischen
Entscheidungen der Kirche nicht einverstanden sei. Die Entscheidung darüber,
welches Handeln in konkreten Situationen mit dem Evangelium in Einklang stehe,
stehe dem Bischof und der Landessynode zu. Die Finanzämter oder die
staatlichen Gerichte könnten sich damit wegen der staatlichen Neutralitätspflicht
(Art. 137 der Weimarer Verfassung) nicht befassen, auch nicht im Zusammenhang
mit einem vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Alle dem
Weltkirchenrat oder auch der EKD vom Kläger vorgeworfenen Handlungen oder
Duldungen beträfen solche Fragen, über die nur die Beigeladene selbst befinden
könne.
Was die Kirchensteuer für den Monat Juni 1985 betreffe, so sei die Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Februar 1977 (BVerfGE 44, 59) nach wie
vor als richtig zu betrachten. Die vom Kläger angedeutete Möglichkeit, den
Kirchenaustritt und das Ende der Besteuerung dadurch sicherzustellen, daß man
Kirchenaustritte etwa nur zum Quartalsende zulasse, sei nach der gleichzeitig
ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfGE 44, 37)
verfassungsrechtlich nicht möglich.
Mit Urteil vom 14. März 1990 wurde die Klage abgewiesen.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:
Die Erhebung der Kirchensteuer sei auf Grund des Hessischen
Kirchensteuergesetzes, des Vertrages zwischen dem Lande Hessen und den
Evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 18. Februar 1960 sowie der
Kirchensteuerordnung der Beigeladenen vom 6. November 1968 rechtmäßig.
Diese Norm sei in Ausfüllung des Art. 140 GG und des Art. 137 Abs. 6 der
15
16
Diese Norm sei in Ausfüllung des Art. 140 GG und des Art. 137 Abs. 6 der
Weimarer Verfassung erlassen worden. Für die Begründung einer Steuerpflicht sei
das staatliche Gesetz konstitutiv, so daß der Hinweis des Klägers, die Beigeladene
könne kein allgemeines Gesetz erlassen und somit keine Steuerpflicht begründen,
fehlgehe. - Ein Leistungsverweigerungsrecht stehe dem Kläger nicht zu. Das vom
Kläger benannte Urteil des OVG Hamburg vom 18. Januar 1977 (NJW 1977, 1251),
das den Rechtsgedanken des § 273 BGB als besondere Gestaltung des
Grundsatzes von Treu und Glauben anwende, stehe im Widerspruch zu der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich das Verwaltungsgericht
anschließe. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit seinem Urteil vom 13.
Dezember 1979 die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom
29. Mai 1978 (VI OE 9/78) aufgehoben, in der der Verwaltungsgerichtshof in
Anlehnung an die vom Kläger genannte Entscheidung des OVG Hamburg ebenfalls
einem Studenten ein Beitragsverweigerungsrecht gegenüber der Studentenschaft
zugestanden hatte. Damit seien nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die
Grenzen richterlicher Gesetzesbindung überschritten gewesen. Es sei damit ein
Selbsthilferecht bejaht worden, das nur als letztes Notrecht zur Verteidigung des
Bestandes der verfassungsmäßigen Ordnung ausgeübt werden dürfe. Die Gründe
des Bundesverwaltungsgerichts ließen sich im Sinne eines "Erst-Recht-Schlusses"
auf die Möglichkeit einer Steuerzahlungsverweigerung übertragen. Auch habe das
OVG Hamburg in dem vom Kläger benannten Urteil schon selbst einschränkend
festgestellt, die Annahme eines Beitragsverweigerungsrechts sei auf das
Verhältnis des Bürgers zum Staat nicht anwendbar, weil es im Verhältnis des
Steuerzahlers zum Staat an der zwischen der Verbandstätigkeit und der
Beitragspflicht der Mitglieder durch einen gemeinsam zu verwirklichenden
konkreten Zweck gegebenen Verknüpfung fehle. Lediglich bei von einer Kirche als
eigene Angelegenheit erhobenen Beiträgen werde man von einer solchen
Konnexität ausgehen können. Auf ein Widerstandsrecht im Sinne von Art. 20 Abs.
4 GG könne sich der Kläger ersichtlich nicht berufen. Da deshalb ein
Verweigerungsrecht des Klägers von vornherein ausscheide, brauche das
Verwaltungsgericht nicht der Frage nachzugehen, ob die Beigeladene sich mit den
vom Kläger ausführlich dargestellten Aktivitäten kirchenrechtswidrig verhalten
habe, unabhängig von der Problematik, ob und inwieweit diese Fragen, die den
Inhalt der kirchlichen Lehre und die aus der Kirchenverfassung sich herleitenden
Verpflichtungen der Kirche beträfen, als ausschließlich dem kirchlichen
Innenbereich zugehörige Thematik überhaupt der Überprüfung durch ein
staatliches Gericht unterlägen. - Es sei rechtlich auch nicht zu beanstanden, daß
der Kläger noch für den seinem Kirchenaustritt folgenden Monat Juni 1985 zur
Kirchensteuer herangezogen worden sei. Die der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 8. Februar 1977 (BVerfGE 44, 59)
zugrundeliegenden tatsächlichen Umstände, die für diese Entscheidung
rechtserheblich gewesen seien, nämlich die regelmäßig anzunehmende
Erschwernis im Verwaltungsaufwand, hätten sich trotz des Einsatzes der
elektronischen Datenverarbeitung in der staatlichen Verwaltungstätigkeit nicht so
erheblich geändert, daß sie dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts
gewissermaßen den Boden entzogen hätten und heute nicht mehr als tragfähige
Begründung herangezogen werden könnten. Gerade das Beispiel des Klägers, der
kurz vor Monatsende seinen Kirchenaustritt erklärt habe, zeige, daß es im Falle
einer früheren Beendigung der Steuerpflicht zwangsläufig zu einem Einbehalten
und Abführen von Teilbeträgen durch den Arbeitgeber kommen werde, was zu auf
Kleinstbeträge lautenden Erstattungsansprüchen führe, die mit dem Einsatz
elektronischer Datenverarbeitung auch heute noch nicht vermieden werden
könnten. Außerdem sei die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der sogenannten
Nachbesteuerungsfrist auch damit begründet worden, daß sich im Regelfall der
Zeitpunkt, von dem an Mitgliedschaft und Kirchensteuerpflicht als mit der
persönlichen Glaubensüberzeugung unvereinbarer Zwang angesehen würden,
nicht auf Tag und Stunde angeben lassen werde. Das Verwaltungsgericht gehe
deshalb davon aus, daß auch im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Regelung des
§ 5 Abs. 2 Nr. 3 des Hessischen Kirchensteuergesetzes noch gerechtfertigt sei.
Der Kläger hat gegen das Urteil, das seinem Bevollmächtigten am 1. Juni 1990
zugestellt worden ist, am 12. Juni 1990 Berufung eingelegt. Er führt aus:
Die Begründung sei im Grundansatz fehlerhaft. Die Beigeladene sei ungeachtet
dessen, daß sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sein solle - was ein
fossiles Relikt sei, aber für ihr Recht, Zahlungen der Mitglieder zu verlangen,
ohnehin keine Bedeutung habe -, ihrer wahren Rechtsnatur nach eben nur eine
Körperschaft, und ihre Kirchensteuerordnung als alleinige wirksame
Rechtsgrundlage für ihre Ansprüche statuiere nicht Steuerpflichten, sondern nur
17
18
19
20
21
22
23
Rechtsgrundlage für ihre Ansprüche statuiere nicht Steuerpflichten, sondern nur
Beitragspflichten; wirkliche Steuern könne nur ein staatliches Gesetz für die ihm
Unterworfenen begründen. Die Ansprüche der Beigeladenen seien rein private
Geldschulden nach § 244 BGB. Die in den angefochtenen Urteilen versuchten
Verbindungen dieser Anspruchsgrundlage mit staatlichen Gesetzen seien rechtlich
nicht möglich; ebenso sei die Aufführung von Bestimmungen der Staatsverfassung
rechtssystematisch fehlerhaft; sie beruhe auf den Anschauungen vom "totalen
Staat". Die in Art. 140 GG genannten Bestimmungen der Weimarer Verfassung
enthielten im übrigen das Gegenteil dessen, was vom Verwaltungsgericht
behauptet werde, nämlich die Trennung von Staat und Kirche. Das von ihm, dem
Kläger, geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht folge nicht aus einer analogen
Anwendung von § 273 BGB und sei ihm nicht "zuzubilligen", sondern sei
unmittelbar aus § 273 BGB für ihn entstanden. Die staatlichen Gerichte hätten
über jedes behauptete rechtliche Verhältnis gesetzmäßig zu entscheiden, also
auch über seine Gegenansprüche auf Unterlassung von Verstößen der
Beigeladenen gegen ihr eigenes Satzungsrecht; nur solche Verstöße und nicht
Glaubensfragen seien aber Gegenstand der Klage. Aus Verfassungsrecht könne
sich nicht im Sinne von § 273 BGB ein Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts
ergeben; die gegenteiligen Ausführungen seien ebenfalls eine Folge
totalstaatlichen Denkens. Daß der staatliche Kirchensteuereinzug nach der
bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bis heute
Bestandskraft habe, besage nichts; denn angesichts der durch die
Wiedervereinigung geschaffenen neuen Lage sei eine neue Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts überfällig. Wegen der Entwicklung in den fünf neuen
Bundesländern von 1945 bis 1989 könne der Einzug durch die Finanzämter auch
keinesfalls mehr gewohnheitsrechtlich begründet werden. Die Zwangslage,
entweder die Verwendung der Kirchensteuern durch die Beigeladene nach deren
Beschlüssen akzeptieren oder aus der Beigeladenen austreten zu müssen, habe
ihn, den Kläger, in seinem Grundrecht auf Glaubensfreiheit verletzt; denn er sei in
Gewissensnot geraten, weil die Mitgliedschaft in der Beigeladenen, die er habe
aufgeben müssen, die einzige für ihn mögliche Kirchenmitgliedschaft sei. - Das
vom Verwaltungsgericht herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
zum Studentenschaftsbeitrag stelle keine Begründung für die Abweisung der Klage
dar. In diesem Urteil habe sich das Bundesverwaltungsgericht nicht mit § 273 BGB
befaßt, sondern mit der vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof allein aus dem
Grundsatz von Treu und Glauben hergeleiteten Befugnis eines Studenten, Beiträge
zu verweigern. In seinem Fall sei aber § 273 BGB direkt anzuwenden. Unhaltbar
seien die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Kirchensteuererhebung für
den Juni 1985. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei für das
Verwaltungsgericht nicht bindend und inhaltlich unrichtig. Eine exakte Beendigung
der Steuererhebung mit dem Austritt aus der Kirche verursache keinerlei
Erschwerung der Heranziehung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen und den Bescheid des Finanzamts
Marburg vom 4. November 1987 über die Festsetzung der Kirchensteuer für das
Kalenderjahr 1985 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der
Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M. vom 18. Oktober 1988 aufzuheben.
Das beklagte Land und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meinen, die Rechtsgrundlagen des Kirchensteuerrechts seien in den
angefochtenen Urteilen zutreffend gewürdigt worden; die gegenteiligen
Ausführungen des Klägers gingen an der Rechtswirklichkeit vorbei. Die Verwendung
der materiellen Mittel durch die Kirche gehöre zu den aufsichtsfreien
kircheneigenen Angelegenheiten; der Staat habe keine Befugnis, die von den
kirchlichen Leitungsorganen gefaßten Beschlüsse zu überprüfen. Deswegen
scheide ein Zurückbehaltungsrecht des Klägers hinsichtlich der von ihm
geschuldeten Kirchensteuern aus. Bezüglich der "Nachbesteuerung" im Juni 1985
sei nochmals auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hinzuweisen.
Dem Senat haben außer den Prozeßakten folgende Unterlagen vorgelegen:
Die Einkommensteuerakten (Band 4) des Finanzamts Marburg über den Kläger
(1979 bis 1986), ein Schnellhefter des Finanzamts Marburg mit den Unterlagen zu
den Widerspruchsverfahren des Klägers und ein Heftstreifen mit Unterlagen der
Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M. über das Widerspruchsverfahren betreffend das
24
25
26
27
28
Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M. über das Widerspruchsverfahren betreffend das
Jahr 1985, die Gerichtsakten des Parallelverfahrens 5 UE 3179/90 wegen der
Kirchensteuern für die Jahre 1982 bis 1984 nebst einem Heftstreifen mit
Vorgängen der Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M. betreffend die dazugehörigen
Widerspruchsverfahren.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet; denn das
Verwaltungsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen.
Die Klage selbst ist ebenfalls zulässig, insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg
gegeben. Das folgt heute aus § 13 Abs. 1 des Hessischen Kirchensteuergesetzes -
KiStG -, das insoweit hier schon in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.
Februar 1986 (GVBl. I S. 90) anzuwenden ist. Die schon in § 4 des
Kirchensteuergesetzes vom 27. August 1950 (GVBl. S. 63) enthaltene
Rechtswegzuweisung war durch § 4 Abs. 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes
zur Finanzgerichtsordnung (HessAGFGO) vom 17. Dezember 1965 (GVBl. I S. 347)
aufrechterhalten worden; außerdem ist das Änderungsgesetz vom 24. Mai 1968
(GVBl. I S. 149), durch das der heutige § 13 KiStG seine Stellung im Gesetz und
seinem Wortlaut erhielt, ohnehin im Verhältnis zu § 4 HessAGFGO das spätere
Gesetz. Bundesrechtlich ist die landesrechtliche Regelung dadurch gedeckt, daß §
33 Abs. 1 FGO in Nr. 1 den Finanzrechtsweg für Streitigkeiten über
Abgabenangelegenheiten nur insoweit vorschreibt, als die Abgaben der
Gesetzgebung des Bundes unterliegen, und auch in Nr. 2 für Streitigkeiten über
die Vollziehung von Verwaltungsakten nach der Abgabenordnung den
Finanzrechtsweg nur insoweit eröffnet, "soweit nicht ein anderer Rechtsweg
ausdrücklich gegeben ist".
Die Festsetzung der Kirchensteuer für 1985 in der Form des Zuschlags zur
Einkommenssteuer durch das Finanzamt Marburg beruhte, wie im angefochtenen
Urteil richtig ausgeführt ist, auf § 9 des Kirchensteuergesetzes in der Fassung vom
25. September 1968 (GVBl. I S. 268). Den vom Verwaltungsgericht zusätzlich
erwähnten Art. 17 und 18 des Vertrages des Landes Hessen mit den
evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 18. Februar 1960 kommt neben
dieser jüngeren gesetzlichen Vorschrift keine besondere Bedeutung zu.
Durch diese Regelung des Kirchensteuergesetzes über die Einziehung der Steuer
durch die Finanzämter werden die Verfassungsbestimmungen des Art. 51 der
Hessischen Verfassung und des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 der
Weimarer Reichsverfassung - WRV - ausgefüllt. Daß das in verfassungsrechtlich
zulässiger Weise geschehen ist, entspricht der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts, auf die das Verwaltungsgericht im angefochtenen
Urteil zutreffend hingewiesen hat; insbesondere die Entscheidung vom 8. Februar
1977 (BVerfGE 44, 59) befaßt sich ausdrücklich mit der Rechtslage im Land
Hessen. Der Senat sieht keinen Anlaß, die Richtigkeit dieser Rechtsprechung zu
bezweifeln und die Sache erneut dem Bundesverfassungsgericht zu unterbreiten.
Daß die Regelungen des Art. 137 Abs. 6 WRV nach Ansicht des Klägers "fossile
Relikte" sind, ändert an ihrer Existenz als positive Rechtsnormen und damit an
ihrer Verbindlichkeit für die Gerichte nichts. Ebensowenig hat die
Wiedervereinigung Deutschlands für sich allein die Geltung dieser Rechtsnormen
unmittelbar - noch dazu rückwirkend für die hier betroffene Zeit bis (spätestens)
zum Widerspruchsbescheid - berühren können. Verfehlt ist die Ansicht, Art. 137
Abs. 6 WRV verstoße durch die Ermöglichung des staatlichen
Kirchensteuereinzuges gegen den als höherrangig anzusehenden Art. 137 Abs. 1
WRV ("Es besteht keine Staatskirche"). Art. 137 Abs. 6 WRV stellt die steuerliche
Hilfe des Staates a l l e n Religionsgesellschaften zur Verfügung, die
Körperschaften des öffentlichen Rechts sind; eine "Staatskirche" wäre aber nur
eine Kirche, die vom Staat gegenüber anderen Religionsgesellschaften mit
Vorrechten ausgestattet wäre, oder in der der Staat sich selbst eine eigene
Lenkungsbefugnis anmaßte.
Auf die Ausführungen des Klägers, daß die in den Verfassungsbestimmungen, im
Kirchensteuergesetz sowie in der Kirchensteuerordnung der Beigeladenen als
"Steuer" bezeichnete Abgabe in Wahrheit keine Steuer, sondern "nur" ein
Mitgliedsbeitrag sei, und auf die Auseinandersetzung mit dieser Ansicht im
angefochtenen Urteil kommt es für die Entscheidung nicht an. Wenn Verfassungs-
und Gesetzgeber sich staatsrechtlich, finanzwissenschaftlich oder
abgabenrechtlich ungenau ausgedrückt haben sollten, so ist doch eindeutig klar,
29
30
abgabenrechtlich ungenau ausgedrückt haben sollten, so ist doch eindeutig klar,
welche Art von Abgabenerhebung sie den Kirchen unter Einschaltung der
Landesfinanzbehörden ermöglichen wollten. Es gibt keinen überkonstitutionellen
oder übergesetzlichen Rechtssatz, der besagen würde, daß finanzwissenschaftlich
oder rechtssystematisch ungenau formulierte Rechtsnormen unverbindlich seien.
Außerdem würde die Verneinung des Steuercharakters der Kirchensteuer gar nicht
die vom Kläger damit verknüpfte Folge haben können, daß der Weg für die
Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts frei würde. Die Geltendmachung
dieses Rechtes scheitert nicht allein am Steuercharakter der Kirchensteuer,
sondern wäre auch dann ausgeschlossen, wenn es sich bei diesen Abgaben
wirklich nur um "Mitgliedsbeiträge" für - wie der Kläger meint - privatrechtliche
Vereinigungen handelte. Das Zurückbehaltungsrecht wäre auch dann, wenn § 273
BGB unmittelbar anzuwenden wäre, nach dieser Bestimmung selbst
ausgeschlossen.
Es ist schon fraglich, ob das Zurückbehaltungsrecht überhaupt das richtige Mittel
zur Bewehrung eines Unterlassungsanspruchs sein kann. Nach § 274 Abs. 1 BGB
soll die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes nur die Wirkung haben,
daß der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung
(Erfüllung Zug um Zug) zu verurteilen ist. Das Zurückbehaltungsrecht kann
danach nur zur Erzwingung einer überhaupt noch erbringbaren Gegenleistung
eingesetzt werden. Im privaten Rechtsverkehr, für den die Bestimmung gedacht
ist, wird es allerdings kaum jemals Fälle geben, in denen ein
Unterlassungsanspruch des Schuldners "aus demselben rechtlichen Verhältnis,
auf dem seine Verpflichtung beruht," bestehen kann, ohne daß dann nicht der
Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts ohnehin "aus dem Schuldverhältnis" folgt.
Ein solcher Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts "aus dem Schuldverhältnis"
wäre aber hier auf jeden Fall gegeben. Er würde aus der "Natur des
Schuldverhältnisses" folgen, was anerkanntermaßen ausreicht (vgl. Heinrichs in:
Palandt, BGB, 53. Aufl., Rdnr. 15 ff. zu § 273). Es gibt neben dem Kläger eine
unübersehbare Zahl anderer Kirchensteuer- oder "Beitrags"- Schuldner, denen
ebenso wie dem Kläger das von ihm in Anspruch genommene Recht darauf, daß
die Beigeladene nach ihrer Satzung handelt, zustehen müßte. Die Beigeladene
befände sich insoweit in der gleichen Lage wie jeder mitgliederstarke Verein. Es
liegt auf der Hand, daß in einem solchen verschiedene Geschmacksrichtungen und
verschiedene Vorstellungen davon, was zur Verwirklichung des Vereinszweckes im
Einzelfall zu geschehen hat, vertreten sein werden. Die konkrete Entscheidung,
was im einzelnen Augenblick getan werden muß, muß notwendig dann, wenn die
Mitgliederzahl zu groß ist, als daß jederzeit eine Vollversammlung stattfinden
kann, von den dafür eingesetzten Organen getroffen werden. Das Mitglied, das mit
einer konkreten Entscheidung dieser Organe nicht einverstanden ist, kann
selbstverständlich versuchen, die Organwalter persönlich umzustimmen oder bei
der nächsten gegebenen Gelegenheit andere Personen - auch sich selbst - für die
Wahl vorzuschlagen, von denen er eine "richtigere" Politik erwarte. Wo das wegen
der großen Mitgliederzahl und der Ungewißheit des Wahlausganges keinen Erfolg
verspricht, bleibt ihm die Möglichkeit des Austritts, mit der er zwar die Vorteile der
Mitgliedschaft verliert, aber jedenfalls die Gewißheit erhält, daß die verfehlten
Maßnahmen der derzeitigen Organe nicht auch noch aus seinen Beiträgen
finanziert werden. Es wäre offensichtlich ein Unding und würde die Tätigkeit des
Vereins lahmlegen, wenn jedes Mitglied, das mit der Tätigkeit von Vereinsorganen
nicht einverstanden ist - wobei die Vorstellungen über das "Richtige" in ganz
verschiedene Richtungen gehen könnten -, sich gegen die Beitragsforderung mit
einer Gegenforderung auf richtiges Verhalten zur Wehr setzen könnte. Dies muß in
um so stärkeren Maße gelten, je größer die Zahl der Mitglieder ist. Daß die
Ausübung des Zurückbehaltungsrechts wegen eines Anspruchs auf Unterlassung
vereinszweckwidriger Maßnahmen "aus der Natur des Schuldverhältnisses heraus"
ausgeschlossen ist, erweist sich auch deswegen als richtig, weil den Gerichten
andernfalls Entscheidungen über in Wahrheit nicht Justitiables aufgegeben würden.
Ob etwa die Beitragseinnahmen eines Kunstvereins für eine Ausstellung mit
Werken des Künstlers A oder mit solchen des Künstlers B verwandt werden sollen,
ist keine gerichtlich entscheidbare Frage.
Dieser letztgenannte Gesichtspunkt, daß das Gericht durch ein Eingehen auf die
Einrede des Zurückbehaltungsrechts zu einer ihm nicht möglichen Entscheidung
gezwungen würde, gilt im Falle der von den Religionsgemeinschaften erhobenen
Abgaben in verstärktem Maße; denn hier wäre den staatlichen Gerichten eine
Entscheidung angesonnen, die sie nicht nur nicht treffen können, sondern darüber
hinaus wegen des Grundsatzes der Neutralitätspflicht des Staates in
Kirchenangelegenheiten nicht treffen dürfen. Wie der Beklagte und die Beigeladene
31
32
33
34
35
Kirchenangelegenheiten nicht treffen dürfen. Wie der Beklagte und die Beigeladene
richtig vorgetragen haben, kann sich ein staatliches Gericht auf die vom Kläger
erhobene Einrede der Zurückbehaltung nicht einlassen, ohne diese
Neutralitätspflicht des Staates (Art. 137 Abs 3 WRV, Art. 49 Satz 1, 50 Abs. 2 der
Hessischen Verfassung) zu verletzen. Die Vorstellung des Klägers, daß er gar
keine Einmischung des Gerichts in die Angelegenheiten der Beigeladenen
verlange, sondern eine offen zutage liegende Verletzung der eigenen
Satzungszwecke der Beigeladenen bestätigt wissen wolle, geht an der Realität
vorbei. Wenn darüber, ob und wie sich die Kirche zu bestimmten Punkten des
gegenwärtigen Weltgeschehens äußern soll, mindestens zwei Meinungen
bestehen, nämlich erstens die des Klägers und zweitens diejenige, die von den
Organen der Beigeladenen ausweislich ihrer vom Kläger getadelten Handlungen
oder Äußerungen im Endergebnis vertreten worden ist, dann wäre jede gerichtliche
Entscheidung darüber, welches die nach dem Evangelium richtige Meinung ist,
unabhängig davon, wie stark die Überzeugung des Klägers und gegebenenfalls des
Gerichtes von der Richtigkeit der einen oder der anderen Meinung wäre, eine
Einmischung in innere Fragen der Theologie und der Kirchenpolitik. Wenn der
Kläger, um dies zu widerlegen, die Frage stellen sollte, ob das staatliche Gericht
sich wirklich nicht einschalten wolle, wenn es in einer Landeskirche zur völligen
Abkehr vom Evangelium käme, so wäre diese Frage zu bejahen, und der Senat
kann nicht einmal seine Überzeugung von der äußersten Unwahrscheinlichkeit
eines solchen Falles näher darlegen, ohne seinerseits die Neutralitätspflicht in
religiösen Fragen zu verletzen.
Die Zwangslage, in der sich der Kläger befindet, daß er sich nämlich entweder bei
Verbleib in der Kirche mit der konkreten Art der Verwendung auch seiner
Kirchensteuern abfinden oder aus der Kirche austreten muß, verletzt auch nicht
die Grundrechte des Klägers aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, Art. 9 und 48 der
Hessischen Verfassung. Der Kläger wird in der Freiheit seines Glaubens nicht
beeinträchtigt, und die Gewährleistung der freien Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2
GG und Art. 48 Abs. 1 der Hessischen Verfassung) begründet keinen Anspruch
gegen den Staat auf positive Ermöglichung der Religionsausübung. Der Staat kann
ebensowenig für einen Einzelnen den Zutritt zu einer Glaubensgemeinschaft oder
das Verbleiben in einer Glaubensgemeinschaft erzwingen, deren Regeln er nicht
voll, sondern nur teilweise akzeptieren will, wie etwa aus den
Verfassungsbestimmungen eine Verpflichtung des Staates folgt, Opfertiere zur
Verfügung zu stellen oder Tempel zu errichten.
Mit Recht hat das Verwaltungsgericht die Klage auch insoweit abgewiesen, als die
"Nachbesteuerung" im Juni 1985 streitig war.
Die Steuerpflicht des Klägers für diesen Monat folgte aus § 5 Abs. 2 Nr. 3 KiStG,
wonach die Kirchensteuerpflicht bei Austritt mit dem Ablauf des Kalendermonats
endet, der auf die Erklärung des Kirchenaustritts folgt. Diese Regelung hat das
Bundesverfassungsgericht mit dem Beschluß vom 8. Februar 1977 (BVerfGE 44,
59) für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Es hat in der Entscheidungsformel
keine Einschränkung zum Ausdruck gebracht. Soweit in der Begründung (BVerfGE
44, 67 Mitte) gesagt ist, die zur Prüfung gestellte Vorschrift werde den
Voraussetzungen einer Begrenzung aus Art. 4 Abs. 1 GG n o c h gerecht, war das
nicht, wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil gemeint hat, eine
zeitliche Aussage in der Richtung, daß künftig zu prüfen sein werde, ob die Frage
nach der Verfassungsmäßigkeit wegen geänderter Umstände nunmehr zu
verneinen sei. Das Bundesverfassungsgericht hat vielmehr nur sagen wollen, daß
der Gesetzgeber sich mit seiner Regelung nahe an die Grenze des Unzulässigen
begeben, diese aber noch nicht überschritten habe. Das
Bundesverfassungsgericht befand sich in der Lage, sich hierzu äußern zu müssen,
deswegen, weil es am selben Tage entschieden hatte, die Regelung des
Kirchenaustrittsgesetzes, daß die Wirkungen der Austrittserklärung - ohne die
steuerrechtlichen Folgen - einen Monat nach ihrem Eingang beim Amtsgericht
einträten, sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar (BVerfGE 44, 37). Es besteht
deshalb für den Senat kein Anlaß, die vom Verwaltungsgericht angestellten
Überlegungen aufzugreifen und zu prüfen, ob die "Nachbesteuerung" im
Augenblick seiner Entscheidung noch "gerechtfertigt" ist.
Die Berufung ist nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Der
Vollstreckbarkeitsausspruch beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr.
10, 711 ZPO.
36 Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 VwGO bestehen nicht.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.