Urteil des HessVGH vom 26.04.2010

VGH Kassel: direktor, voreingenommenheit, verfügung, entlastung, stellenausschreibung, beförderung, besoldung, vergleich, rücknahme, stadt

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
1. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 B 217/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 8 GleichstG HE, Art 134
Verf HE, § 3 Nr 4
BBesG§26Abs4V, Art 33
Abs 2 GG, § 26 Abs 4
BBesG
(Konkurrentenstreit und Bewerberverfahrensanspruch -
Zulässigkeit von Beförderungsentscheidungen bei
überwiegender Wahrnehmung von Funktionstätigkeiten)
Leitsatz
Allein der Zeitablauf schließt es nicht aus, in Stellenausschreibung und
Auswahlverfahren auf sog. Funktionstätigkeiten im Sinne von § 3 Nr. 4 der VO zu § 26
Abs. 4 Nr. 2 BBesG (a. F.) Bezug zu nehmen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des
Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 29. Dezember 2009 - 9 L 1886/09.F
(V) - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung aufgehoben. Der Antrag der
Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen; die
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in erster Instanz sind
erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf
6.552,24 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und begründet.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner zu Unrecht bis zum Ablauf von
zwei Wochen nach Bekanntgabe einer neuen Auswahlentscheidung untersagt, die
Beigeladene beim Amtsgericht A-Stadt aufgrund der Stellenausschreibung Nr. 18
vom 26. August 2005 zur Amtsinspektorin zu ernennen. Denn die Antragstellerin
wird im Ergebnis durch die Art und Weise des Auswahlverfahrens und die hierauf
beruhende Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen in ihrem von Art.
33 Abs. 2 GG und Art. 134 HV gewährleisteten grundrechtsgleichen Recht auf
chancengleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Maßgabe von Eignung,
Befähigung und fachlicher Leistung nicht verletzt (vgl. grundlegend BVerfG,
Beschlüsse vom 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 sowie vom
24.09.2002 - 2 BvR 857/02 - DVBl. 2002, 1633 f.; Hess. VGH, Beschluss vom
26.10.1993 - 1 TG 1585/93 - DVBl. 1994, 593 m. w. N.).
Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin ist entgegen der
Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht bereits durch die Art und Weise der
Ausschreibung verletzt. Das in der Verfügung der Präsidentin des
Oberlandesgerichts vom 26. August 2005 aufgestellte Anforderungsprofil ist als
hinreichend konkret anzusehen, obwohl es keine spezifischen fachlichen
Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt, sondern bei den Bewerbern nur bestimmte
allgemeine Arbeitseigenschaften sowie ein besonders gutes fachliches Können
voraussetzt. Weitere stellenspezifische Anforderungen konnten bei der
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voraussetzt. Weitere stellenspezifische Anforderungen konnten bei der
Ausschreibung nicht benannt werden, da die Stelle im Wege der Topfwirtschaft
unter Beibehaltung der bisherigen Tätigkeit des ausgewählten Bewerbers besetzt
werden soll und deshalb die konkrete Aufgabenstellung von der bisherigen
Funktion des erfolgreichen Konkurrenten abhängt. Eine derartige Ausschreibung ist
weder durch § 8 Abs. 1 Satz 2 HGLG noch durch sonstige rechtliche Vorgaben
ausgeschlossen; der Dienstherr muss sich lediglich während des laufenden
Auswahlverfahrens an sein selbst gesetztes Anforderungsprofil halten (vgl. hierzu
BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 - 2 A 3/00 - BVerwGE 115, 58 ff). Mit der
abstrakten Beschreibung der notwendigen Fähigkeiten sowie dem Hinweis darauf,
dass es um Funktionstätigkeiten im Sinne von § 3 Nr. 4 der (noch weiter
anzuwendenden) VO zu § 26 Abs. 4 Nr. 2 BBesG (a. F.) geht, hat der
Antragsgegner die im Rahmen der Topfwirtschaft zu stellenden Anforderungen an
die Ausschreibung deshalb erfüllt (vgl. hierzu ausführlich Hess. VGH, Beschluss
vom 17.01.2008 - 1 TG 1899/07 -).
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es die zum 1. April 1957
vom gehobenen Dienst auf den mittleren Dienst übertragenen höherwertigen
Sachbearbeiteraufgaben in der damaligen Form heute nicht mehr gibt. Zwar sind
in der Zwischenzeit - insbesondere durch die Einführung der EDV - auch im
Justizbereich die Arbeitsmethoden grundlegend modernisiert worden. Eine Vielzahl
der beispielhaft in der OLG-Verfügung vom 28. Februar 1972 (2325 E-II/2-5606/71)
benannten Funktionen des mittleren Justizdienstes bestehen jedoch nach wie vor
und haben sich nur aufgrund neuer technischer Hilfsmittel in der Art und Weise
ihrer Wahrnehmung verändert. Dazu zählen beispielsweise die Aufgaben des
Kostenbeamten einschließlich der Entschädigung oder Vorschusszahlung an
Zeugen, Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer, die Erteilung von
Vollstreckungs-, Rechtskraft- und Notfristzeugnissen, die Bewirkung von
öffentlichen Ladungen und Zustellungen, die Führung der Gläubigerverzeichnisse
oder des Strafregisters sowie die Geschäfte des Buchhalters und Kassierers bei
der Gerichtskasse oder die Bearbeitung und Zusammenstellung sämtlicher
Geschäftsübersichten und Statistiken im Justizverwaltungsbereich. Insoweit
schließt es allein der Zeitablauf nicht aus, auf die sog. Funktionstätigkeiten gemäß
der Verordnung zu den Stellenobergrenzen (hier nach A 9 BBesO besoldete
Stellen im mittleren Dienst mit einem Anteil von höchstens 80 %) Bezug zu
nehmen und dadurch Inhalt und Wertigkeit der wahrzunehmenden Aufgaben zu
umschreiben.
Die getroffene Auswahlentscheidung erweist sich auch nicht deshalb als
rechtswidrig, weil ihr keine strukturierte Dienstpostenbewertung vorausgegangen
ist. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vor
der Zuordnung von freien höherwertigen Planstellen zu bestimmten Dienstposten
regelmäßig eine Dienstpostenbewertung unter Beachtung des Grundsatzes der
funktionsgerechten Besoldung geboten (so ausdrücklich Hess. VGH, Beschluss
vom 25.02.1997 - 1 TG 4061/96 - NVwZ-RR 1998, 446 ff.). Bei der
Dienstpostenbewertung sind die auf dem Dienstposten wahrzunehmenden
Funktionen und die zu erfüllenden Aufgaben sachgerecht und unabhängig davon
zu bewerten, ob der jeweilige Dienstposteninhaber „beförderungswürdig“ ist. Nach
Feststellung des Dienstpostens, der die Zuordnung einer höherwertigen Planstelle
rechtfertigt, ist anschließend nach dem Grundsatz der Bestenauslese zu
entscheiden, welchem Beamten dieser Dienstposten zu übertragen ist (so
ebenfalls ausdrücklich Hess. VGH, a. a. O.). Eine solche strukturierte
Dienstpostenbewertung hat im Vorfeld des Besetzungsverfahrens für die im
August 2005 ausgeschriebene Stelle unstreitig nicht stattgefunden und ist auch -
wie dem Senat aus langjähriger Erfahrung mit Konkurrentenstreitverfahren aus
diesem Bereich bekannt ist - in der hessischen Justizverwaltung trotz vielfacher
rechtlicher Hinweise auf den bestehenden Mangel bislang allenfalls in Ansätzen
vorangetrieben worden. Insbesondere lässt sich die nach §§ 18, 25 BBesG (a. F.)
gebotene Unterscheidung zwischen dem Eingangsamt und den
Beförderungsämtern nicht durchgängig nachvollziehen, was ebenso wie bei den -
in der Rechtsprechung gleichwohl tolerierten (vgl. die Nachweise in OVG Nordrhein-
Westfalen, Urteil vom 28.05.2003 - 1 A 3128/00 - IÖD 2004, 17) - gebündelten
Dienstposten zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der funktionsgerechten
Besoldung führen kann (vgl. zu letzterem Hess. VGH, Urteil vom 9.3.2010 - 1 A
286/09 -).
Das Verwaltungsgericht hat daher zutreffend festgestellt, dass eine vorherige
Dienstpostenbewertung fehlt und dass dies bei der Vergabe von
Beförderungsplanstellen, die keinem bestimmten Dienstposten zugeordnet sind
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Beförderungsplanstellen, die keinem bestimmten Dienstposten zugeordnet sind
(sog. Topfwirtschaft) einen Mangel des Auswahlverfahrens darstellt. Aus diesem
Umstand lässt sich jedoch weder die generelle Unzulässigkeit der in vielen
Behörden bundesweit praktizierten Topfwirtschaft herleiten (vgl. Entscheidungen
des OVG Weimar vom 24.09.2007 - 2 EO 581/06 - für Thüringen; des OVG Koblenz
vom 17.09.2007 - 2 B 10807/07 - und vom 30.01.1997 - 2 B 10052/97 -für
Rheinland-Pfalz; des OVG Münster vom 06.09.2007 - 1 B 754/07 - und vom
28.05.2003 - 1 A 3128/00 - für Nordrhein-Westfalen; des VGH München vom
03.12.2002 - 3 CE 02.2619 - für Bayern; des VGH Mannheim vom 08.02.1996 - 4 S
47/96 - für Baden-Württemberg; des OVG Lüneburg vom 19.12.1995 - 5 M 7168/95
- für Niedersachsen sowie des BVerwG vom 24.11.2005 - 2 C 34.04 - zwar unter
Äußerung rechtlicher Zweifel, aber ohne letztlich durchgreifende Bedenken für den
Bund) noch führt dieser Verfahrensmangel in jedem Fall zur Verletzung des
subjektiv-öffentlichen Rechts eines Beamten auf faire und chancengleiche
Behandlung seiner Bewerbung. Wie der Senat bereits in früheren Entscheidungen
dargelegt hat (vgl. nur Beschlüsse vom 25.02.1997 - 1 TG 4061/96 -, vom
18.01.2000 - 1 TZ 3149/99 - NVwZ-RR 2000, 622 ff. sowie aus jüngerer Zeit vom
28.03.2007 - 1 TG 182/07 - und vom 17.01.2008 - 1 TG 1899/07 -) ist der
Bewerbungsverfahrensanspruch vielmehr dann nicht verletzt, wenn entweder der
Dienstherr die erforderlichen Erwägungen zur Dienstpostenbewertung rechtzeitig
nachholt oder wenn die unterbliebene Dienstpostenbewertung im Ergebnis
unerheblich ist. Angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
9. Juli 2007 (2 BvR 206/07), in der das Bundesverfassungsgericht die Nachholung
der schriftlich niederzulegenden, aber unterlassenen Auswahlerwägungen im
gerichtlichen Eilverfahren für unzulässig erachtet hat, ist es geboten, die zunächst
unterbliebene Dienstpostenbewertung spätestens im Rahmen des behördlichen
Auswahlverfahrens nachzuholen. Dies ist für die ausgeschriebene Stelle beim
Amtsgericht A-Stadt zumindest im Ansatz geschehen; soweit dabei fehlerhafte
Bewertungen vorgekommen sind, hat dies auf die Entscheidung in der Sache keine
Auswirkungen gehabt. Außerdem konnten die Erwägungen analog § 114 Satz 2
VwGO im Gerichtsverfahren ergänzt werden.
Der am 11. Mai 2009 vom Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts unterzeichnete
Auswahlvermerk (Bl. 326 ff. der Auswahlakten) enthält eine Beschreibung der von
den einzelnen Bewerbern wahrgenommenen Aufgaben und stellt ausdrücklich und
zu Recht darauf ab, dass mangels einer strukturierten Dienstpostenbewertung
nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs eine
Auswahlentscheidung nur dann fehlerfrei getroffen werden kann, wenn sie auf
Erwägungen zur Wertigkeit der von den Bewerbern bisher wahrgenommenen
Dienstposten sowie auf einen daran anknüpfenden umfassenden Eignungs- und
Leistungsvergleich unter Berücksichtigung des wesentlichen Inhalts der
Personalakten gestützt wird. Im Rahmen der sich daran anschließenden
Erwägungen zur Wertigkeit der Aufgaben wird für die Beigeladene zutreffend
ausgeführt, dass sie Anweisungsbeamtin für Zeugen- und
Sachverständigenentschädigungen, Kostenbeamtin in Zivilsachen und SAP-
Buchhalterin ist, was sich mit den Angaben in der dienstlichen Beurteilung über die
Beigeladene vom 5. November 2008 deckt. Diese Tätigkeiten sind auch zu Recht
im überwiegenden Teil als Funktionstätigkeiten eingestuft worden, da sie in dem
Katalog der OLG-Verfügung vom 28. Februar 1972 (Ziffern 1 und 2) ausdrücklich
genannt sind. Soweit demgegenüber in einem gerichtsinternen Stellenplan für das
Jahr 2005 die Position der Beigeladenen nicht mit einem „F“ für Funktionstätigkeit
gekennzeichnet ist, vermag dies an der Bewertung nichts zu ändern; denn zur
Bestimmung der Wertigkeit des von der Beigeladenen wahrgenommenen
Dienstpostens kommt es auf die tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten an.
Für die Antragstellerin wird in dem Auswahlvermerk festgehalten, dass sie
Verwalterin einer Serviceeinheit der Grundbuchabteilung ist. Ein zunächst ebenfalls
enthaltener Hinweis auf ihre Tätigkeit als örtliche Frauenbeauftragte ist im
Nachhinein wieder gestrichen worden. Die aktuelle, die beiden früheren
dienstlichen Beurteilungen ersetzende Beurteilung über die Antragstellerin vom 5.
November 2008 erwähnt jedoch, dass die Antragstellerin Frauenbeauftragte war
und weiterhin ist; seit 1. November 2008 mit einer Entlastung von 25 %. Insoweit
ist in die Auswahlentscheidung eingeflossen, dass die Antragstellerin nicht nur
Verwalterin einer Serviceeinheit für die Grundbuchabteilung, sondern auch als
Frauenbeauftragte ist; dies hat der Antragsgegner im gerichtlichen Eilverfahren
auch nochmals ausdrücklich bestätigt. Eine darüber hinausgehende Würdigung
ihrer Tätigkeit als Frauenbeauftragte war nicht erforderlich, da der Dienstherr mit
der Erwähnung der Übertragung des Amtes sowie der gewährten Entlastung von
den sonstigen dienstlichen Aufgaben dem Gebot, der dienstlichen Beurteilung
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den sonstigen dienstlichen Aufgaben dem Gebot, der dienstlichen Beurteilung
einen vollständigen und richtigen Sachverhalt zugrunde zu legen, nachgekommen
ist (s. Hess VGH, Beschluss vom 03.06.2003 - 1 UE 571/02 -, veröffentlicht in von
Roetteken, HGlG, Band 2 „Rechtsprechung“, Nr. 11 zu § 20 HGlG). Darüber hinaus
verbietet es § 18 Abs. 3 Satz 1 HGlG ausdrücklich, eine Frau wegen ihrer Funktion
als Frauenbeauftragte zu benachteiligen. Eine zu positive Heraushebung ihrer
Erfolge ist in der Vergangenheit von einzelnen Frauenbeauftragten schon als eine
derartige Benachteiligung empfunden worden (vgl. Hess VGH, Beschluss vom
03.06.2003, a. a. O.), so dass die geübte Zurückhaltung des Antragsgegners nicht
zu beanstanden ist.
Fehlerhaft ist allerdings, dass der Antragstellerin aufgrund ihrer Tätigkeit in der
Serviceeinheit der Grundbuchabteilung keinerlei Funktionstätigkeit zuerkannt
worden ist (100 % Nichtfunktion laut der Tabelle in dem Auswahlvermerk). Dies
trifft - auch nach dem mittlerweile geänderten Vortrag des Antragsgegners - nicht
zu, da die Antragstellerin jedenfalls die in jeder Serviceeinheit anfallenden
schwierigeren Tätigkeiten ebenso ausübt wie alle anderen Verwalter von
Serviceeinheiten auch. Zu einem gewissen Prozentsatz nimmt die Antragstellerin
also doch Funktionstätigkeiten wahr; insoweit beruht der Vergleich der Tätigkeiten
im Auswahlvermerk auf einer falschen Tatsachengrundlage.
Dieser fehlerhafte Vergleich hat sich allerdings letztlich nicht zu Lasten der
Antragstellerin ausgewirkt. Denn jedenfalls sind ihr anders als der Beigeladenen
nicht überwiegend Funktionstätigkeiten übertragen, so dass der von ihr
wahrgenommene Dienstposten zu Recht nicht als ein herausgehobener wie
derjenige der Beigeladenen betrachtet worden ist. Gleichzeitig ist die Beigeladene
auf ihrem teilweise höher einzustufenden Dienstposten in der aktuellen
Beurteilung um eine Notenstufe besser als die Antragstellerin bewertet worden,
und zwar im Gesamturteil und auch in einzelnen Unterpunkten mit hervorragend,
während die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin „nur“ auf sehr gut lautet.
Insofern ist die Beigeladene der Antragstellerin im Ergebnis in nachvollziehbarer
Art und Weise vorgezogen worden, ohne dass es auf die fehlerhafte Bewertung der
Tätigkeit der Antragstellerin als 100 % Nichtfunktion ankäme. Deshalb schadet es
auch nicht, dass die fehlerhafte Bewertung im Auswahlvermerk während des
Gerichtsverfahrens nicht mehr korrigiert werden kann, selbst wenn der
Antragsgegner mittlerweile selbst einräumt, dass ihm insoweit bei der
Auswahlentscheidung ein Fehler unterlaufen ist.
Der Senat vermag anders als das Verwaltungsgericht auch nicht festzustellen,
dass in die Bewertung der Tätigkeit der Antragstellerin oder in ihre dienstliche
Beurteilung unsachliche Erwägungen eingeflossen wären, die Anlass bieten
könnten, auf eine Voreingenommenheit der Beurteilerin oder des die
Auswahlentscheidung treffenden Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts zu
schließen. Zwar hält es auch der Senat für naheliegend, dass bei dem Gespräch
zwischen der Antragstellerin, dem Direktor und dem Geschäftsleiter des
Amtsgerichts am 22. Januar 2008 die Bemerkung gemacht wurde, dass durch den
von der Antragstellerin begehrten Eilrechtsschutz die Beförderung des seinerzeit
ausgewählten Kollegen verzögert würde. Denn letztlich bestreiten der Direktor und
der Geschäftsleiter des Amtsgerichts in ihren eidesstattlichen Versicherungen vom
6. November 2009 bzw. 8. September (richtig: 8. November) 2009 nur, dass sie
die Antragsteller zur Rücknahme ihres Rechtsmittels gedrängt hätten, stellen aber
nicht ausdrücklich in Abrede, dass sie auf die verzögernde Wirkung für die
Beförderung des Kollegen hingewiesen haben. Auch mögen der Direktor und der
Geschäftsleiter kein ausgeprägtes Interesse an einer Verlängerung der Bestellung
der Antragstellerin als Frauenbeauftragte gehabt haben, da es ansonsten in der
Tat nicht notwendig gewesen wäre, die Position als Frauenbeauftragte
auszuschreiben (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 HGlG im Unterschied zu § 14 Abs. 2 Satz 6
HGlG). Insofern mag die Antragstellerin auch zu Recht rügen, dass man sie zur
Rücknahme ihres Widerspruchs gegen die Ausschreibung veranlassen wollte und
sie erst nach einem klärenden Gespräch erneut bestellt worden ist.
Aus diesen Vorgängen lassen sich jedoch keine hinreichenden Erkenntnisse dafür
gewinnen, dass die Antragstellerin von der ständigen Vertreterin des Direktors am
5. November 2008 nicht unvoreingenommen beurteilt worden wäre. Ebenso wenig
spricht die weitgehende inhaltliche Übereinstimmung dieser dienstlichen
Beurteilung vom 5. November 2008 mit den aufgehobenen, vorhergehenden
Beurteilungen vom 17. Oktober 2005 und 21. Mai 2007 für eine derartige
Voreingenommenheit. Denn Grund für die Neubeurteilung war hauptsächlich die
fehlende Entlastung der Antragstellerin für ihre Tätigkeit als Frauenbeauftragte, die
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fehlende Entlastung der Antragstellerin für ihre Tätigkeit als Frauenbeauftragte, die
bei der Bewertung ihrer Leistung von Anfang an hätte mit einfließen müssen. Dies
ist ausweislich der neuen Beurteilung sowohl in der Beschreibung der Tätigkeit
(Tätigkeiten im Beurteilungszeitraum einschließlich Unterbrechungen) als auch bei
der bewältigten Arbeitsmenge und dem fachlichen Wissen sowie bei den
ergänzenden Bemerkungen nun geschehen, so dass der Senat insoweit keine
Benachteiligung der Antragstellerin zu erkennen vermag.
Soweit die Antragstellerin darüber hinaus einzelne Prädikate und Bewertungen
ihrer Beurteilung beanstandet, kann dies im Rahmen des
Konkurrentenstreitverfahrens keine Berücksichtigung finden. Denn im vorläufigen
Rechtsschutzverfahren zur Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs ist die
inzidente Überprüfung dienstlicher Beurteilungen auf Fehler der angefochtenen
Beurteilung beschränkt, die eine nachträgliche Verbesserung mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit erwarten und die Auswahl des betreffenden Bewerbers möglich
erscheinen lassen (Hess. VGH, Beschluss vom 23.01.2006 - 1 TG 2710/05 -). Um
derartige Fehler handelt es sich bei der von der Antragstellerin beispielhaft
gerügten Bewertung ihrer Auffassungsgabe als „sehr gut“ im Verhältnis zu
„hervorragend“ in einer früheren Beurteilung nicht, denn selbst durch eine
entsprechende Verbesserung bliebe der Leistungsvorsprung der Beigeladenen
erhalten, die auf einem überwiegend mit Funktionstätigkeiten ausgefüllten
Dienstposten eine im Gesamtprädikat um eine Notenstufe bessere Beurteilung
erhalten hat. Weitergehende Erwägungen zur Berechtigung der Bewertungen in
der dienstlichen Beurteilung der Antragstellerin erübrigen sich daher im
vorliegenden Eilverfahren. Darüber hinaus sind dienstliche Beurteilungen ohnehin
nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar, denn die Beurteilung stellt einen dem
Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis dar, den das Gericht nur auf
die Einhaltung der Grenzen der Beurteilungsermächtigung kontrollieren kann
(ständige Rechtsprechung des BVerwG seit den Urteilen vom 23.11.1966 - 6 C
94.63 - oder vom 26.06.1980 - 2 C 8.78 - BVerwGE 60, 245).
Schließlich lässt auch der Vermerk des Oberamtsrats xxx vom 24. Juni 2008 (Bl.
266 ff. Auswahlakte) nicht auf eine negative Voreingenommenheit zu Lasten der
Antragstellerin schließen. Zwar enthält dieser Vermerk in der Tat unangemessen
formulierte Bemerkungen zu den von der Antragstellerin angestrengten
Konkurrentenstreitverfahren, deren inhaltliche Berechtigung zudem deutlichen
Zweifeln begegnet. Dies gilt allein schon deshalb, weil der Antragsgegner
mittlerweile selbst zu dem Ergebnis gekommen ist, nicht den in den früheren
Auswahlverfahren bevorzugten Kollegen, sondern die Beigeladene befördern zu
wollen. Trotzdem bietet der Vermerk keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür,
dass der Direktor des Amtsgerichts bzw. seine ständige Vertreterin bei der
Abfassung der dienstlichen Beurteilung über die Beigeladene oder der
Vizepräsident des Oberlandesgerichts bei der Auswahlentscheidung sich von
unsachlichen Kriterien hätten leiten lassen. Denn der Verfasser des in der Tat zu
kritisierenden Vermerks ist - soweit aus den Auswahlakten ersichtlich und von dem
Antragsgegner auch ausdrücklich bestätigt - weder an der Abfassung der
Beurteilung noch an der Auswahlentscheidung beteiligt gewesen.
Schließlich ergibt sich auch aus den vom Verwaltungsgericht ergänzend gerügten
Verfahrensmängeln nicht die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung. Vielmehr
handelt es sich im Wesentlichen um verwaltungstechnische Mängel oder Fehler in
der Aktenführung, die der Antragsgegner zwar zu korrigieren hat, die die
Auswahlentscheidung inhaltlich jedoch nicht beeinflusst haben. So begegnet es in
der Tat rechtlichen Bedenken, wenn die aufgehobenen Dienstleistungszeugnisse
der Antragstellerin vom 17. Oktober 2005 und 21. Mai 2007 sich noch in deren
Personalakte befinden, während die stattdessen geltende dienstliche Beurteilung
vom 5. November 2008 fehlt und nur im Auswahlvorgang abgeheftet ist. Gerade
weil das neue Zeugnis in den Auswahlvorgang aufgenommen wurde, besteht
jedoch kein Zweifel daran, dass der Antragsgegner seine Auswahlentscheidung
zutreffend auf der Grundlage dieses Zeugnisses und nicht etwa auf der Grundlage
der alten, aufgehobenen dienstlichen Beurteilungen getroffen hat.
Ebenso wenig führt es zum Erfolg des Eilantrages, dass das Belobigungsschreiben
an die Antragstellerin vom 7. Februar 2002 nicht in der Personalakte oder der
Auswahlakte vorhanden ist. Denn wie der Antragsgegner zu Recht anmerkt, liegt
das Jahr 2002 außerhalb des Beurteilungszeitraumes, der dem aktuellen
Leistungsvergleich zugrunde liegt, so dass das Schreiben allenfalls im Hinblick auf
die Leistungskonstanz seit früheren Jahren zu Gunsten der Antragstellerin zur
Kenntnis hätte genommen werden können. Auch darauf kommt es jedoch letztlich
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Kenntnis hätte genommen werden können. Auch darauf kommt es jedoch letztlich
nicht an, da auch so von einer hohen Leistungskonstanz der Antragstellerin
ausgegangen worden ist, der allerdings eine ebenfalls deutliche Konstanz oder
sogar Leistungssteigerung der Beigeladenen gegenübersteht.
Schließlich kommt es für das Ergebnis des Auswahlverfahrens auch nicht auf die
vom Verwaltungsgericht zutreffend bemängelte Aktenführung innerhalb des
Auswahlvorgangs an. Zwar enthält auch die dem Senat vorliegende Auswahlakte
eine sichtlich geänderte Paginierung, allerdings ab Bl. 233 bis Bl. 240 und nicht ab
Bl. 258. Auch sind die vorderen Seiten nur mit Bleistift paginiert und die Seiten 160
bis 184 fehlen vollständig. Gleichwohl sieht der Senat in dieser fehlerhaften
Aktenführung keinen Hinweis auf eine bewusste Manipulation der Akten zu Lasten
der Antragstellerin, die Einfluss auf das Auswahlverfahren gehabt haben könnte.
Allerdings wäre von dem Antragsgegner wie von jeder anderen Behörde zu
erwarten, dass die Akten in der richtigen Reihenfolge und vollständig geführt
werden.
Da die Antragstellerin unterlegen ist, hat sie gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten
des gesamten Verfahrens zu tragen. Dazu gehören auch die außergerichtlichen
Kosten der Beigeladenen in erster Instanz, da diese insoweit einen eigenen Antrag
gestellt und damit ein eigenes Kostenrisiko übernommen hat (§§ 154 Abs. 3, 162
Abs. 3 VwGO). Am Beschwerdeverfahren hat die Beigeladene sich nicht beteiligt,
so dass es nicht der Billigkeit entspricht, ihr etwaige in der zweiten Instanz
entstandene Kosten zu erstatten (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs.
5 GKG. Der Senat berechnet den Streitwert ebenso wie das Verwaltungsgericht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.