Urteil des HessVGH vom 01.03.2011

VGH Kassel: wohngemeinde, betriebskosten, bekanntmachung, jugendhilfe, eltern, gesetzliche frist, datum, besuch, eigenes verschulden, subjektives recht

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
10. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 A 1448/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 28 KJHG HE, § 30 KJHG
HE, § 69 Abs 5 SGB 8 vom
14.12.2006, § 137 Abs 6
Verf HE, § 60 VwGO
interkommunaler Kostenausgleich für den Besuch einer
Tageseinrichtung durch gemeindefremde Kinder
Leitsatz
1. Dem Kostenausgleich nach § 28 HKJGB unterliegt der gesamte, nicht durch
Einnahmen gedeckte Kostenaufwand der Standortgemeinde pro Tageseinrichtungsplatz
einschließlich der Vorhaltekosten; ausgenommen sind die Investitionskosten.
2. Der Kostenausgleichsanspruch aus § 28 Satz 2 HKJGB besteht nicht nur in Bezug auf
diejenigen gemeindefremden Kinder, die gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII einen
Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung besitzen, sondern auch in Bezug auf
gemeindefremde Kinder im Alter unter drei Jahren und im schulpflichtigen Alter.
3. § 28 HKJGB verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Tenor
Der Beklagten wird auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur
Einlegung der Berufung gewährt.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom
4. Mai 2010 - 4 K 1651/09.GI - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten
werden nicht erhoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses
Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Kostenausgleich dafür, dass im Zeitraum
Januar bis August 2008 fünf Kinder mit Wohnsitz im Gemeindegebiet der Beklagten
Kindertagesstätten im Gemeindegebiet der Klägerin besuchten. Vier Kinder, von
denen eines die Einrichtung bereits im Juli wieder verließ, besuchten das
Kinderhaus Peter-Geibel-Straße, ein Kind besuchte die Kindertagesstätte
Rodheimer Straße.
Schon im Jahr 2007 hatte die Klägerin neun Kinder mit Wohnsitz im
Gemeindegebiet der Beklagten in ihren Kindertagesstätten aufgenommen. Hierfür
glich die Beklagte im Oktober 2007 auf Anforderung der Klägerin 22.262,00 €
Kosten aus. Diesen Betrag forderte sie allerdings im März 2008 größten Teils
zurück mit der Begründung, dass eine Rechtsgrundlage für eine
Kostenausgleichspflicht nicht bestehe. Die Klägerin lehnte die Rückerstattung ab.
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Mit Schreiben vom 26. August 2008 machte die Klägerin Kosten für die Aufnahme
von Kindern mit Wohnsitz im Gebiet der Beklagten für den Zeitraum Januar bis
August 2008 geltend und bat um Überweisung von 12.340,00 € bis zum 15.
September 2008. Dem Schreiben beigefügt war eine Kostenaufstellung (vgl. Bl. 12
der Behördenakte).
Unter dem 12. September 2008 teilte die Beklagte mit, sie erkenne die Forderung
dem Grunde, nicht aber der Höhe nach an. Ersatzfähig seien entgegen der Ansicht
der Klägerin nur variable Kosten, d. h. die Kosten, die durch die Aufnahme eines
konkreten Kindes verursacht worden seien; dazu gehörten insbesondere
verbrauchsabhängige Kosten wie z. B. Wasser und Material, die sie mit Schriftsatz
vom 11. November 2008 auf etwa 50,00 bis 60,00 € pro Kind und Jahr bezifferte.
Die Klägerin widersprach einem Kostenausgleich in dieser Höhe, da er auch nicht
annähernd den tatsächlichen Betriebskosten pro Platz entspreche. Sie schlug den
Abschluss einer Vereinbarung über einen pauschalen Ausgleich der entstandenen
Betriebskosten vor. Als monatliche Betriebskostenpauschale für einen
Ganztagskindergartenplatz sah sie 300,00 € vor. Sie nahm Bezug auf einen Erlass
des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 25. August 2008 – IV
21-33e10.03.01 –, wonach unter dem Begriff „Betriebskosten“ im Sinne des HKJGB
alle laufenden Kosten wie Personalkosten, Sachkosten, Reparatur- und
Instandhaltungskosten sowie Abschreibungen zu verstehen seien, die von der
Standortgemeinde nicht durch Einnahmen Dritter (Landeszuweisungen,
Elternbeiträge etc.) gedeckt werden könnten. Investitionskosten gehörten nicht zu
den Betriebskosten. Eine Vereinbarung kam zwischen den Beteiligten nicht
zustande.
Am 13. August 2009 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie
zunächst begehrt hat, die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.355,86 € nebst 5 %
Verzugszinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15. September 2008 zu zahlen,
und festzustellen, dass der Beklagten kein Rückforderungsanspruch für den an die
Klägerin für das Jahr 2007 als Kostenausgleich gezahlten Betrag in Höhe von
20.051,82 € zustehe.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe nach § 28 HKJGB die
Kosten auszugleichen, die entstanden seien, weil Kinder mit Wohnsitz im
Gemeindegebiet der Beklagten Kindertagesstätten in ihrem Gemeindegebiet
besuchten. Zum Nachweis der Kostenhöhe hat die Klägerin verschiedene
Unterlagen vorgelegt, wegen deren Inhalts auf Blatt 9, 12 bis 16, 19, 20, 95 bis 121
und 126 bis 128 der Gerichtsakte Bezug genommen wird. Ein Anspruch auf
Verzugszinsen sei seit dem 15. September 2008 begründet, da die Beklagte trotz
der Fristsetzung im Schreiben der Klägerin vom 26. August 2008 den
geschuldeten Betrag nicht gezahlt habe.
Die Grundlage für den geltend gemachten Anspruch, § 28 HKJGB, sei auch infolge
der Änderung des Bundesrechts und des Wegfalls des im streitgegenständlichen
Zeitraum geltenden § 69 Abs. 5 SGB VIII nicht gegenstandslos geworden.
Erstattungspflichtig seien entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur die
variablen, zusätzlichen Kosten, die von der tatsächlichen Anwesenheit der Kinder
abhängig seien; der Kostenausgleich richte sich vielmehr nach den
betriebswirtschaftlich ermittelten und auf den einzelnen vorhandenen
Einrichtungsplatz bezogenen und auch insoweit „pauschalen“ Kosten, d. h. dem
nicht durch Einnahmen gedeckten Aufwand, den sie im erstinstanzlichen Verfahren
für das Jahr 2008 zuletzt pro Platz und Monat für die Kindertagesstätte Rodheimer
Straße auf 266,72 € und für das Kinderhaus Peter-Geibel-Straße auf 295,87 €
bezifferte. Tatsächlich seien in der Tagesstätte Rodheimer Straße 2008 weit
höhere Kosten pro Platz entstanden als im Jahr 2007, die gegenüber dem Gericht
belegt worden waren. Diese tatsächlichen, höheren Kosten habe die Klägerin für
den Zeitraum von Januar bis August 2008 der Beklagten nicht in Rechnung stellen
wollen, sondern habe stattdessen auf der Basis der niedrigeren Zahlen für 2007
abgerechnet.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.305,73 € nebst 5 % Verzugszinsen über
dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2009 zu zahlen und festzustellen, dass der
Beklagten kein Rückforderungsanspruch für den von der Beklagten an die Klägerin
für das Jahr 2007 als Kostenausgleich gemäß § 28 HKJGB gezahlten Betrag in Höhe
von 18.092,36 € zusteht.
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Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, das von ihr abgegebene Anerkenntnis „dem Grunde
nach“ stehe unter dem Vorbehalt, dass die Grundlage für den klägerischen
Anspruch, § 28 HKJGB, verfassungsgemäß sei. Dies sei nicht der Fall. Der
Gesetzgeber habe eine bundesrechtliche Pflicht in Landesrecht übernehmen und
eine Erstattungspflicht für den Fall statuieren wollen, dass eine kreisangehörige
Gemeinde wie die Beklagte zur Durchführung von Aufgaben der Förderung von
Kindern in Tageseinrichtungen herangezogen werde, was den vorliegenden Fall
nicht treffe. Soweit der Gesetzgeber dem Wortlaut nach darüber hinausgehende
Pflichten für Wohngemeinden statuiert habe, widerspreche dies nicht nur der
Systematik des Gesetzes, sondern Art. 28 GG. Es fehle an einer
Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des § 28 HKJGB. Bei einer Auslegung des §
28 HKJGB im Sinne der Klägerin müsse die Beklagte Kosten für von dieser
vorgehaltene Tagesbetreuungsplätze erstatten, obwohl der Beklagten keine Pflicht
zur Schaffung solcher Plätze obliege. Die Pflicht aus § 24 Abs. 1 SGB VIII treffe
allein den Landkreis als örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Zudem habe
die Beklagte nach dem einfachen Wortlaut des § 28 HKJGB die Kosten des Besuchs
jedweder Tageseinrichtung zu ersetzen und nicht nur derjenigen, auf deren Besuch
das Gesetz einen Rechtsanspruch vorsehe. Durch § 28 HKJGB werde den
Gemeinden jegliche Handlungsfreiheit genommen, so dass diese Norm einen
Eingriff in die Rechte der Gemeinden aus Art. 28 GG darstelle. Die
Standortgemeinde habe völlig freie Hand in der Gestaltung ihrer finanziellen
Aufwendungen; die Beklagte habe dagegen ohne Möglichkeit der Einflussnahme
lediglich die Verpflichtung, die Plätze in der Standortgemeinde zu finanzieren. Die
Klägerin als Standortgemeinde treffe auch keine Pflicht zur Aufnahme von Kindern
aus anderen Gemeinden. Sie werde Kinder aus anderen Gemeinden nur dann
aufnehmen, wenn in ihren Einrichtungen Kapazitäten frei seien. Die
Standortgemeinde könne ganz bewusst ein Konkurrenzangebot zur
Wohngemeinde schaffen, das von dieser finanziert werde. Die Wohngemeinde
bezahle so die Verbesserung der Infrastruktur der Standortgemeinde. Das führe
dazu, dass die Wohngemeinde nicht mehr in der Lage sei, eine gesicherte
Haushaltsplanung aufzustellen, weil nicht sicher sei, wie viele Kinder das Angebot
der Standortgemeinde in Anspruch nähmen, und weil die Wohngemeinde keinen
Einfluss auf die Kostengestaltung der Standortgemeinde habe. Die Wohngemeinde
sei damit in ihrer finanziellen Selbständigkeit fremdbestimmt. Hinzu komme, dass
die Beklagte auch weiterhin verpflichtet sei, in ihrer Gemeinde den
entsprechenden Tageseinrichtungsplatz vorzuhalten. Zu den hierfür anfallenden
Kosten müsse sie zusätzlich die Kosten tragen, die das Kind, das den Platz in der
Wohngemeinde nicht nutze, in der Standortgemeinde verursache. § 28 HKJGB
widerspreche zudem der Verfassung des Landes, da das Konnexitätsprinzip aus
Art. 137 HV nicht gewahrt bleibe. Der Gesetzgeber sei zu Unrecht davon
ausgegangen, dass bei den Gemeinden in ihrer Gesamtheit keine Mehrkosten
entstünden, weil ein Kind statt in der Wohngemeinde nun in der Standortgemeinde
eine Tageseinrichtung besuche. Er habe dabei verkannt, dass auf Grund der
gesetzlichen Vorgaben zur Vorhaltung einer bestimmten Anzahl von Plätzen im
Maximalfall eine Verdoppelung der Betreuungsplätze eintrete mit der Folge, dass
die Wohngemeinde den Platz für dasselbe Kind doppelt bezahlen müsse, nämlich
aufgrund § 24 Abs. 1 SGB VIII in ihrem eigenen Gebiet und aufgrund § 28 HKJGB
bei der Standortgemeinde. Da die Kosten, die der Standortgemeinde unabhängig
vom Besuch des konkreten Kindes entstünden, nicht kausal durch den Besuch des
ortsfremden Kindes verursacht seien, seien nur die zusätzlichen Kosten zu
erstatten, die durch die Aufnahme des ortsfremden Kindes verursacht seien. Die
Grundkosten bestünden ohnehin und auch dann, wenn der Platz nicht belegt sei.
Höchst vorsorglich bestreite die Beklagte die von der Klägerin behaupteten
Kosten. Ihre Berechtigung werde mit Nichtwissen bestritten. Es sei nicht
dargestellt, nach welchen Überlegungen und Grundlagen die monatlichen
Elternbeiträge berechnet worden seien. Ebenso wenig sei nachvollziehbar, wie die
anteiligen Leitungs-, Hauswirtschafts-, Reinigungs- und Verwaltungskosten
kalkuliert worden seien. Die Berechnung der Klägerin unterscheide auch nicht, für
welches der betreuten ortsfremden Kinder ein Rechtsanspruch auf einen
Betreuungsplatz gemäß § 24 SGB VIII bestehe. Es existiere lediglich ein Anspruch
auf den Besuch einer Tageseinrichtung; das Gesetz schreibe aber nicht vor,
welcher Art diese Tageseinrichtung sein müsse. Es schreibe nicht einmal vor, ob
ein Ganztagsplatz bereitgestellt werden müsse; dementsprechend könne sich die
Berechnung der der Klägerin entstandenen Mehrkosten nur an dem vom
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Berechnung der der Klägerin entstandenen Mehrkosten nur an dem vom
Gesetzgeber als Mindestvoraussetzung Vorgegebenen orientieren. Da der
Gesetzgeber weder eine Krippen- noch eine Hortbetreuung vorschreibe, seien die
Kosten für Kinder in einer derartigen Betreuung auch nicht ersetzbar.
Mit Urteil vom 4. Mai 2010 – 4 K 1651/09.GI – hat das Verwaltungsgericht Gießen
die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 11.305,73 € nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen. Im
Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Da die Klägerin die Klage zurückgenommen
hat, soweit ihre Forderung den ausgeurteilten Betrag überstieg, ist das Verfahren
insoweit eingestellt worden.
Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage für
unzulässig, die Leistungsklage im noch aufrechterhaltenen Umfang aber für
zulässig und begründet gehalten. Das Land besitze die Gesetzgebungskompetenz
für § 28 HKJGB. Eine ausschließliche Regelungszuständigkeit des Bundes gemäß
Art. 72 Abs. 1, 74 Abs. 1 Nr. 7 GG sei nicht gegeben und § 69 Abs. 2 und Abs. 5
SGB VIII in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 stehe der
Kostenausgleichsregelung des § 28 HKJGB nicht entgegen. § 28 HKJGB entspreche
der gesetzlichen Verpflichtung des Landes aus § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII in der
bis zum 15. Dezember 2008 geltenden Fassung. Von der Ermächtigung des § 69
Abs. 5 Satz 1 SGB VIII habe der Landesgesetzgeber in § 30 Abs. 1 und 2 HKJGB
Gebrauch gemacht, wonach die Gemeinden unbeschadet der
Gesamtverantwortung des örtlichen Trägers der Jugendhilfe den Bedarf an Plätzen
für Kinder in Tageseinrichtungen ermittelten und in eigener Verantwortung dafür
Sorge trügen, dass die im Bedarfsfall vorgesehenen Plätze zur Verfügung stünden.
Die nach § 69 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII danach gebotene Kostenausgleichsregelung
bezüglich der Aufnahme gemeindefremder Kinder treffe § 28 HKJGB; die Regelung
sei auch mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar. Die Kostenlast sei jedenfalls nicht so
erheblich, als dass von einem unverhältnismäßigen Eingriff in die finanzielle
Eigenverantwortung gesprochen werden könne. Die Beklagte könne durch
entsprechende vorausschauende Planung und Bedarfsermittlung das Kostenrisiko
durch abwandernde Kinder begrenzen. Die Kostenausgleichspflicht aus § 28 HKJGB
führe auch nicht zu einer Pflicht zur umfassenden Errichtung von
Kindertagesstätten. Die Beklagte meine zu Unrecht, dass sie Kinderhortplätze
bzw. Krippenplätze gemäß § 24 SGB VIII nicht vorzuhalten habe, aber andererseits
über § 28 HKJGB verpflichtet werde, Standortgemeinden mitzufinanzieren, die
solche Plätze anböten. Gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII sei auch für Kinder im Alter
unter drei Jahren und im schulpflichtigen Alter ein bedarfsgerechtes Angebot an
Plätzen vorzuhalten. Der Unterschied zur Regelung des § 24 Abs. 1 SGB VIII für
Kinder vom vollendeten dritten Lebensjahr an liege darin, dass diese gegenüber
dem Jugendhilfeträger einen subjektiven eigenen Rechtsanspruch besäßen,
während § 24 Abs. 2 SGB VIII für jüngere und schulpflichtige Kinder nur eine
Vorhaltepflicht ohne einen individuellen Rechtsanspruch vorsehe. Auch wenn die
Wohngemeinde ihrer Verpflichtung aus § 24 Abs. 2 SGB VIII in Verbindung mit § 30
Abs. 2 HKJGB, eine Tageseinrichtung vorzuhalten, im Unterschied zu dem
Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 1 SGB VIII möglicherweise eine mangelnde
finanzielle Leistungsfähigkeit entgegenhalten könne, bedeute dies jedenfalls in der
Praxis keine uneingeschränkte Pflicht zur Errichtung von Kindertagesstätten. § 28
HKJGB verstoße auch nicht gegen das Konnexitätsprinzip des Art. 137 Abs. 6 Satz
2 HV. § 28 HKJGB beabsichtige eine Kostenverlagerung von der aufnehmenden
Gemeinde auf die Wohngemeinde. Die Vorschrift regele in generalisierender Weise
einen Ausgleich zwischen der Mehrbelastung der einen und der Entlastung der
anderen Gemeinde. Dies gelte unbeschadet des Umstandes, dass im Einzelfall die
Wohngemeinde eine erhöhte Kostenlast treffen könne, weil dem zu leistenden
Kostenausgleich nicht eine Ersparnis bei den eigenen Kindertagesstätten in
entsprechender Höhe gegenüberstehe. Im Übrigen begründe Art. 137 Abs. 6 HV
keinen individuellen Anspruch einer einzelnen Gemeinde auf Ausgleich von
Mehrbelastung. Die Voraussetzungen des § 28 HKJGB für den geltend gemachten
Kostenausgleichsanspruch seien erfüllt. Insbesondere sei ein Kostenausgleich,
bezogen auf alle bei der Standortgemeinde anfallenden Betriebskosten abzüglich
der Einnahmen, aufgeteilt auf jedes vorhandene und aufgenommene Kind
vorzunehmen und nicht nur die zusätzlichen oder variablen Kosten zu erstatten.
Dies lasse sich schon den Erörterungen im Rahmen der öffentlichen Anhörung des
sozialpolitischen Ausschusses des Landtages vom 30. November 2006
entnehmen. Überdies sei nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber einen
Kostenausgleich statuiere, wenn sich dessen Höhe auf lediglich 50,00 bis 60,00 €
pro Kind und Jahr belaufe. Dass der Kostenausgleich sich auf die ungedeckten
Platzkosten beziehe, werde auch durch den Sinn und Zweck der Vorschrift
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Platzkosten beziehe, werde auch durch den Sinn und Zweck der Vorschrift
bestätigt; das durch § 5 SGB VIII gewährleistete Wunsch- und Wahlrecht der Eltern
hinsichtlich der von ihren Kindern besuchten Tageseinrichtungen solle verbessert
und abgesichert werden. Die Klägerin habe in ihren Abrechnungen für den
streitigen Zeitraum von Januar bis August 2008 nur die vorstehend genannten
Betriebskosten geltend gemacht. Die Ausgaben- und Einnahmepositionen seien
schlüssig und nachvollziehbar aufgelistet. Der Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz ergebe sich aus den §§ 288 Abs. 1
Satz 2, 291 BGB.
Das Urteil, in dem das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen hat, ist der
Beklagten am 28. Mai 2010 zugestellt worden.
Mit am 6. Juli 2010 beim Verwaltungsgericht Gießen eingegangenem Schriftsatz
hat die Beklagte Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt. Mit
am 8. Juli 2010 beim Verwaltungsgericht Gießen eigegangenem Schriftsatz hat sie
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Berufungsfrist
beantragt. Die Beklagte hat die Berufung mit am 23. Juli 2010 beim Hess. VGH
eingegangenem Schriftsatz begründet und den Berufungsantrag gestellt.
Ergänzend begründet hat sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch mit weiteren
Schriftsätzen vom 23. Juli 2010 und vom 17. August 2010.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages führt die Beklagte aus, die
Berufung sei am 25. Juni 2010 von ihrem Bevollmächtigten unterzeichnet und der
Rechtsanwaltsfachangestellten Jeannette Fries, einer sorgfältigen und
gewissenhaften Mitarbeiterin, zum Versand ausgehändigt worden. Angeordnet
worden sei der Faxversand, der üblicherweise von Auszubildenden bzw.
Praktikanten unter Aufsicht der Fachangestellten durchgeführt werde, die auch die
Handhabung stichprobenmäßig überwachten. Darüber hinaus existiere die
Weisung, Fristen im Kalender erst dann zu löschen, wenn durch Sendebericht
sichergestellt sei, dass das entsprechende Schriftstück beim Empfänger
angekommen sei. Am fraglichen Tag habe Frau Fries, die normalerweise für ihre
Post zwei Postmappen verwende, die Berufungsschrift in eine gesonderte
Postmappe gelegt und offenbar vergessen, für den Faxversand zu sorgen. Sie sei
davon ausgegangen, dass das Schriftstück versandt worden sei und habe die Frist
im Kalender gelöscht. Die Postmappe sei dann auf ihrem Rollcontainer nach hinten
gerutscht, so dass die zwei leeren Postmappen, deren Inhalt noch einmal von Frau
Fries kontrolliert worden sei, davor gelegen hätten und die weitere Mappe nicht
ohne Weiteres sichtbar gewesen sei. Frau Fries habe nach dem 2. Juli 2010 ihren
Urlaub angetreten. Erst eine Praktikantin, die sich an den Platz von Frau Fries
gesetzt habe, habe festgestellt, dass hinter den dort liegenden zwei leeren
Postmappen auf dem Rollcontainer noch eine weitere Postmappe gelegen habe,
die mit der Berufungsschrift gefüllt gewesen sei. Diesen Vortrag hat der
Bevollmächtigte der Beklagten anwaltlich sowie an Eides statt versichert; die
Mitarbeiterin Fries hat den Vortrag durch eidesstattliche Versicherung bestätigt, in
der sie weiter ausgeführt hat, sie habe die Nachkontrolle des Sendeberichts
versäumt und die Frist gelöscht, so dass auch ihre Vertretung keinen Anlass
gehabt habe, der Angelegenheit nachzugehen. Mit am 23. Juli 2010 beim Hess.
VGH eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte vorgetragen, entgegen der
Anweisung, eine Frist im Kalender erst dann zu löschen, wenn der einen
ordnungsgemäßen Versand bestätigende Sendebericht des Faxgeräts der
Mitarbeiterin vorläge, habe Frau Fries die Frist als erledigt im Kalender vermerkt,
obwohl ihr der Sendebericht nicht vorgelegen habe. Mit am 17. August 2010 beim
Hess. VGH eingegangenem weiteren Schriftsatz hat die Klägerin ihren Vortrag
dahin ergänzt, dass mit dem im Büro der Klägerbevollmächtigten benutzten
Softwareprogramm Fristen nur gelöscht werden könnten, wenn zuvor das Datum
des Löschvorgangs eingegeben werde. Ohne Eingabe des Datums nehme das
System die Löschung nicht an. Bezüglich der Auswahl des Datums bestehe die
kanzleiinterne Organisationsanweisung, dass bei Faxversand das Datum des
Sendeberichts einzutragen sei; dies auch nur dann, wenn der Mitarbeiterin der
Sendebericht direkt vorliege, sie also das Datum selbst ablesen könne. Vorliegend
habe die Mitarbeiterin Fries gegen diese Anweisung verstoßen, indem sie zwar das
Löschungsdatum mit 25. Juni 2010 in den Rechner eingegeben und die Erledigung
vermerkt habe, ihr zu diesem Zeitpunkt der Faxsendebericht aber nicht
vorgelegen habe, so dass sie die Frist nicht habe als erledigt vermerken dürfen.
Die Löschung im Computer bewirke auch nicht etwa, dass nun der Eintrag nicht
mehr vorhanden sei; es entfalle nur die zuvor vorhandene rote Unterlegung des
Textes. Außerdem finde sich nun neben der Bezeichnung der Angelegenheit der
Zusatz „25.06.2010 erledigt“, und es werde rechts neben dem Text ein grünes
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Zusatz „25.06.2010 erledigt“, und es werde rechts neben dem Text ein grünes
Häkchen angezeigt.
Zur Begründung der Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr Vorbringen
vor dem Verwaltungsgericht. § 69 Abs. 5 SGB VIII sei nicht als Ermächtigung für
eine landesrechtliche Verpflichtung der Gemeinden zur Aufgabenwahrnehmung zu
verstehen. Auch lasse das Verwaltungsgericht außer Acht, dass die Beklagte ihre
gesetzlichen Verpflichtungen aus § 30 HKJGB erfüllt habe und selbst nicht Träger
der öffentlichen Jugendhilfe sei. Die im Bedarfsplan vorgesehenen Plätze stünden
im Gebiet der Klägerin zur Verfügung; eine auswärtige Kinderbetreuung sei im
Bedarfsplan der Klägerin deshalb nicht vorgesehen. Anspruchsgegner für die
Erfüllung des Anspruchs auf einen Kinderbetreuungsplatz und des Wunsch- und
Wahlrechts der Eltern sei der Landkreis als örtlicher Jugendhilfeträger. Da die
Standortgemeinde nicht zur Betreuung auswärtiger Kinder verpflichtet sei, sondern
die Betreuung auswärtiger Kinder als freiwillige Aufgabe über die ihr nach § 30
HKJGB übertragenen Aufgaben hinaus übernehme, sei ein Kostenausgleich
allenfalls dann gerechtfertigt, wenn Pflichtaufgaben für die Wohngemeinde
wahrgenommen würden. Dies sei jedoch nicht der Fall, da die Klägerin ausreichend
Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung gestellt habe. § 28 HKJGB sei
verfassungswidrig, weil ohne Berücksichtigung der kommunalen Selbstverwaltung
und über die gesetzliche Verpflichtung des § 30 HKJGB hinaus den Gemeinden die
Verantwortung und Verpflichtung aus dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern ohne
Einschränkung übertragen werde. Dafür existiere weder eine Rechtsgrundlage
noch die gesetzgeberische Kompetenz des Landes. § 28 HKJGB generiere für die
Standortgemeinde, die über die eigenen Bedürfnisse hinaus geplant und
Tageseinrichtungen über den tatsächlichen Bedarf geschaffen habe, eine
Möglichkeit, Einnahmeausfälle bei der Wohngemeinde zu liquidieren. Dort entstehe
jedoch keine Einsparung, sondern eine nicht vorhersehbare zusätzliche Belastung.
Auch könne den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht gefolgt werden, aus
der öffentlichen Anhörung des sozialpolitischen Ausschusses des Landtages vom
30. November 2006 ergebe sich, dass ein Kostenausgleich jeglicher Kosten eines
Einrichtungsplatzes zur Diskussion gestanden habe. Zum einen sei derartiges der
Landtagsdrucksache nicht zu entnehmen, und zum anderen seien auch ohnehin
nicht Ausschussdiskussionen während des Gesetzgebungsverfahrens maßgeblich,
sondern der Wortlaut des verkündeten Gesetzes, das sodann rechtskonform
auszulegen sei. Sollten die §§ 30, 28 HKJGB eine Verpflichtung für die
Wohngemeinden hinsichtlich der Sicherstellung einer überregionalen
Kinderbetreuung enthalten, so erweitere dies die bis zum Inkrafttreten des HKJGB
durchgeführte Kinderbetreuung im Rahmen der Selbstverwaltung für alle
Gemeinden in ihrer Gesamtheit und verstoße ohne entsprechende
Kostenerstattung durch das Land gegen Art. 137 Abs. 6 HV. Es gehe dabei nicht
nur um eine Kostenverlagerung von der aufnehmenden Gemeinde auf die
Wohngemeinde, wie das Verwaltungsgericht angenommen habe, sondern um eine
zusätzliche Verpflichtung. Die Wohngemeinde zahle doppelt, da sie einen
wohnorteigenen Platz weiterhin vorhalten und für den Platz in der
Standortgemeinde Kosten erstatten müsse, so dass eine zusätzliche
Kostenbelastung entstehe, die sich nicht durch eine Entlastung bei der
Standortgemeinde ausgleiche. Damit entstehe eine Mehrbelastung der
Gemeinden in ihrer Gesamtheit, weil sich diese Situation für jede Gemeinde stelle
und sämtliche Gemeinden dadurch erhöhtem Kostenaufwand unterlägen. Zudem
habe das Verwaltungsgericht sich über den Umstand hinweggesetzt, dass die
Beklagte die von der Klägerin geltend gemachten Betriebskosten bestritten habe.
Die Verpflichtung der Gemeinden zur Erfüllung von Kinderbetreuungsaufgaben
stelle eine Übertragung von Aufgaben dar, die bereits dann vorliege, wenn eine
neue Rechtsgrundlage für eine schon vorher wahrgenommene Aufgabe geschaffen
werde. Daher seien durch die Schaffung der Ausgleichspflicht in § 28 HKJGB die
Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 137 Abs. 6 HV erfüllt, weil zuvor eine solche
Zahlungspflicht für die Gemeinden nicht existiert habe.
Die Beklagte beantragt,
der Beklagten Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der
Berufung zu gewähren, sowie, unter Abänderung des Urteils des
Verwaltungsgerichts Gießen vom 4. Mai 2010 - 4 K 1651/09.GI - die Klage in vollem
Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
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den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
abzulehnen und die Berufung als unzulässig zu verwerfen bzw. als unbegründet
zurückzuweisen.
Sie hält die Berufung für nicht fristgerecht eingelegt und daher für unzulässig. Die
Beklagte habe zumindest den unterbliebenen Versand der Berufungsschrift per
Brief nicht entschuldigt. Selbst wenn dem Wiedereinsetzungsantrag Erfolg
beschieden sei, sei die Berufung erfolglos, da unbegründet. Das Vorliegen der
Voraussetzungen des Art. 137 Abs. 6 HV habe allenfalls eine Verpflichtung des
Landes zur Folge. Mit dem Ausgleich der Kommunen untereinander und der
Rechtmäßigkeit des § 28 HKJGB stehe das Konnexitätsgebot nicht in
Zusammenhang. Im Rahmen der Prüfung des § 28 HKJGB sei unbeachtlich, ob den
Gemeinden zusätzliche Kosten entstünden. Überdies sei bereits bei der
Bedarfsplanung zu berücksichtigen, dass Kinder außerhalb der Wohngemeinde
eine Kindertagesstätte besuchten und damit einen Kostenerstattungsanspruch
auslösen könnten. Eine umsichtige Planung könne das Entstehen zusätzlicher
Kosten vermeiden bzw. diese verringern. Die Beklagte irre, wenn sie aus dem
Umstand, dass sie nicht örtlicher Träger der Jugendhilfe sei, ableite, dass sie
deshalb der Kostenausgleichspflicht des § 28 HKJGB nicht unterliege. Art. 72 Abs. 4
GG sehe ausdrücklich vor, dass der Bund entscheiden könne, zum
Regelungsbereich nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG Landesrecht zu setzen. Davon
habe der Bund in § 74a SGB VIII Gebrauch gemacht, nachdem er zunächst in § 69
Abs. 5 SGB VIII eine allgemeine Kostenausgleichspflicht normiert habe. § 28 HKJGB
trage den faktischen Gegebenheiten Rechnung, da es die Gemeinden seien, die
neben den Einrichtungsträgern oder als Einrichtungsträger selbst die Kosten zu
tragen hätten, die nicht durch Elternbeiträge gedeckt seien. Die Gemeinden seien
in § 30 HKJGB in die Pflicht genommen worden; der Bedarfsplan im Sinne dieser
Regelung habe auf den Bedarf abzustellen, der sich außer durch die Zahl der im
Gemeindegebiet lebenden Kinder auch durch die Zahl der Kinder definiere, die
eine Tageseinrichtung außerhalb der eigenen Wohngemeinde besuchen wollten. §
28 HKJGB verstoße ebenfalls nicht gegen Art. 28 GG, da der Kernbereich der
kommunalen Selbstverwaltung unangetastet bleibe. Das Argument der Beklagten,
die Wohngemeinden hätten keine Einflussnahmemöglichkeit auf die Entstehung
des Kostenausgleichs, verkenne den Sinn des § 28 HKJGB, der das Wunsch- und
Wahlrecht der Eltern habe stärken wollen und verhindern solle, dass eine
Standortgemeinde nur deshalb Kinder aus anderen Gemeinden nicht aufnehme,
weil ihr dadurch ein höherer Aufwand entstünde, der der Wohngemeinde erspart
bliebe. Da § 28 HKJGB den Kostenausgleichsanspruch „für“ die Aufnahme des
Kindes zuspreche, stelle die Regelung - den gesetzgeberischen Absichten
konsequent folgend - hinsichtlich der Höhe des Kostenausgleichs nicht auf nur
zusätzlich durch das einzelne Kind verursachte Aufwendungen ab.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten sowie der vorgelegten Behördenakte (1 Hefter) Bezug
genommen. Alle diese Akten sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gemacht worden.
Entscheidungsgründe
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Verurteilung der Beklagten, an die
Klägerin 11.305,73 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem
Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen.
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten ist zulässig.
Zwar ist die am 8. Juli 2010 beim Verwaltungsgericht Gießen eingelegte Berufung
nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung
- VwGO - eingegangen. Nach § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO ist die Berufung, wenn sie
von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach
Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Das
Urteil vom 4. Mai 2010 ist der Beklagten am 28. Mai 2010 zugestellt worden.
Damit endete die Frist zur Einlegung der Berufung am 28. Juni 2010 (vgl. § 173
Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung - ZPO -, §§
187 Abs. 1, 188 Abs. 2 erste Alternative des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -);
der Eingang am 8. Juli 2010 war verspätet.
Der Beklagten ist aber auf ihren Antrag vom 8. Juli 2010 Wiedereinsetzung in die
versäumte Berufungsfrist zu gewähren. Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist demjenigen,
der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf
Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach Abs. 2 der
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Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach Abs. 2 der
Norm ist der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen.
Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im
Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die
versäumte Rechtshandlung nachzuholen.
Die Beklagte war ohne eigenes und ohne ihr zuzurechnendes Verschulden an der
Einhaltung der Berufungsfrist gehindert und auch die weiteren Voraussetzungen
für eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist liegen vor.
Grundsätzlich wird das Verschulden von Bevollmächtigten gemäß § 173 Satz 1
VwGO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ZPO immer dem durch diesen vertretenen
Beteiligten wie eigenes Verschulden zugerechnet (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl.,
§ 60 Rdnr. 20 m. w. N.). Das Verschulden von Hilfspersonen eines
Bevollmächtigten ist diesem und damit dem vertretenen Beteiligten allerdings
nicht zuzurechnen, wenn er diese Hilfsperson mit der erforderlichen Sorgfalt
ausgewählt und angeleitet hat und durch eine zweckmäßige Büroorganisation,
insbesondere auch hinsichtlich der Fristen- und Terminüberwachung und der
Ausgangskontrolle, das Erforderliche zur Verhinderung von Fristversäumnissen
getan hat (Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 21). Der Prozessbevollmächtigte der
Beklagten hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ihn ein
Organisationsverschulden nicht trifft. Das Verschulden der Mitarbeiterin Fries, die
die Frist zur Einlegung der Berufung im Kanzleiterminkalender löschte, ohne das
Vorliegen eines entsprechenden Faxsendeberichtes kontrolliert zu haben, was
dazu führte, dass nicht bemerkt wurde, dass sie es unterlassen hat, die
Versendung des Schriftsatzes vorzunehmen, ist dem Bevollmächtigten der
Beklagten und damit der Beklagten nicht zuzurechnen.
Bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Fax an das Gericht
handelt es sich um einfache technische Verrichtungen, die ein Rechtsanwalt einer
hinreichend geschulten und überwachten Bürokraft überlassen darf (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 4. August 2000 - 3 B 75.00 -, juris, Rdnr. 5, Urteil vom 26. April
1988 - 9 C 271.86 -, juris, Rdnr. 10, zum Telebriefversand). Der Rechtsanwalt ist
aber gehalten, Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen soweit wie
möglich auszuschließen. Entscheidend ist, ob die von ihm allgemein oder im
konkreten Fall gegebenen Anweisungen nach Maßgabe der im Verkehr
erforderlichen Sorgfalt ausreichen, den rechtzeitigen Zugang des Schriftstücks
beim Empfänger sicherzustellen. Ein Rechtsanwalt hat seine Verpflichtung, für eine
genaue Ausgangskontrolle zu sorgen, bei Einsatz eines Faxgerätes dann erfüllt,
wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, sich bei der
Übermittlung eines Schriftsatzes einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, auf
dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu überprüfen und die
Notfrist erst nach der Kontrolle des Sendeberichtes zu löschen. Hat ein
Rechtsanwalt eine solche Weisung zur Ausgangskontrolle verfügt, darf er sich bei
Angestellten, die sich über längere Zeit hinweg als zuverlässig erwiesen haben,
darauf verlassen, dass diese allgemein erteilten Anweisungen im Einzelfall befolgt
werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. April 2008 - 4 B 48/07 -, juris, Rdnr. 2,
unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 4. August 2000, a.a.O.).
Hinsichtlich des Löschvorgangs im Kanzleiterminkalender ist zu beachten, dass
das bloße Streichen der Namen im Kanzleiterminkalender (Gleiches gilt für das
bloße Streichen des Aktenzeichens), ohne dass das Datum der Hinausgabe des
Schriftsatzes vermerkt wird, über den Zeitpunkt der Aufgabe zur Post nichts
aussagt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. September 1999 - 2 B 56/99 -, juris,
Rdnr. 2 f.). Durch eine derartige Ausgangskontrolle ist die rechtzeitige Aufgabe
fristwahrender Schriftsätze zur Post weder gewährleistet noch nachweisbar. Nur
eine Postausgangskontrolle, die einen solchen Nachweis ermöglicht, genügt zur
Wahrung der gebotenen Sorgfaltspflicht bei der Einhaltung von Rechtsmittelfristen
(BVerwG, a. a. O., m. w. N.). Diese Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts ist nach Auffassung des Senats hinsichtlich der
Anforderungen an die Ausgangskontrolle von Telefaxen grundsätzlich
entsprechend anwendbar mit der Folge, dass auch beim Telefaxversand das
Datum der Hinausgabe des Schriftstückes im Kanzleiterminkalender vermerkt
werden muss.
Für die Fristversäumnis der Beklagten war nicht eine mangelhafte Organisation im
Büro ihres Bevollmächtigten kausal, sondern mehrere individuelle Fehlleistungen
der Angestellten Fries. Der Bevollmächtigte hat in seinem
Wiedereinsetzungsantrag vom 8. Juli 2010 vorgetragen, nach allgemeiner
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Wiedereinsetzungsantrag vom 8. Juli 2010 vorgetragen, nach allgemeiner
Anweisung werde nach Unterschrift die Berufungsschrift mit einer Postmappe der
zuständigen Mitarbeiterin übergeben, die die Postmappe mit Inhalt sodann zum
Faxversand an eine hiermit beauftragte weitere Mitarbeiterin übergebe. Diese
habe die Anweisung, nach Faxversand das Original des Schriftsatzes mit dem
Sendebericht der zuständigen Sachbearbeiterin erneut vorzulegen, die dann nach
Kontrolle des Sendeberichts die Löschung im Fristenkalender vornehme. Die
Handhabung dieser Anweisung werde stichprobenartig von den in der Kanzlei
tätigen Rechtsanwälten überprüft; bislang habe ein Fehler nicht festgestellt werden
können. Diese anwaltlich versicherte Darstellung der Abläufe im Allgemeinen wird
durch die eidesstattliche Versicherung der Angestellten Fries bestätigt. Nach den
anwaltlich versicherten Angaben des Bevollmächtigten hat er im konkreten Fall der
Angestellten Fries die Weisung erteilt, für den Faxversand des
Berufungsschriftsatzes zu sorgen. Die Angestellte vergaß allerdings, diese
Weisung auszuführen und setzte sich zudem über die weitere allgemeine Weisung
hinweg, eine Frist im Kanzleiterminkalender erst dann zu löschen, wenn ihr der
Telefaxsendebericht vorgelegt worden war. Sie handelte weisungswidrig, indem sie
die Frist löschte, obwohl sie sich weder vergewissert hatte, dass das Telefax
abgesandt worden war, noch den Sendebericht überprüft hatte.
Dem Bevollmächtigten der Beklagten fällt auch hinsichtlich der an eine
wirkungsvolle Postausgangskontrolle zu stellenden Anforderungen kein
Organisationsverschulden zur Last. Zwar ist nach der obigen Darstellung der
Anforderungen an eine wirkungsvolle Postausgangskontrolle das bloße Streichen
des Aktenzeichens im Kanzleiterminkalender nicht ausreichend, um ein
Organisationsverschulden auszuschließen, da das Datum der Versendung des
Telefaxes nicht feststell- und nachweisbar wäre. Der Bevollmächtigte der
Beklagten konnte aber durch seinen Vortrag im Schriftsatz vom 17. August 2010
die in der Verfügung der Berichterstatterin vom 3. August 2010 geäußerten
Zweifel hinsichtlich des Vorhandenseins einer wirksamen Postausgangskontrolle
ausräumen. Durch die Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 17. August 2010
hat er seinen Vortrag in diesem Punkt näher erläutert. Mit seinem Vortrag hat der
Bevollmächtigte der Beklagten eine wirksame Postausgangskontrolle dargetan, die
er durch allgemeine Büroanweisung sicherstellt. Er erklärte, das in seiner Kanzlei
verwendete PC-Programm lasse die Löschung von Fristen nur zu, wenn das Datum
der Löschung eingegeben werde. Durch den Löschvorgang entfalle auch die
eingetragene Frist nicht ersatzlos, sondern lediglich die Rotunterlegung. Da der
Klägerbevollmächtigte diesen Sachverhalt anwaltlich versicherte, geht der Senat
von einer ausreichenden Glaubhaftmachung i. S. d. § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO aus.
Diese Präzisierung des bisherigen Vortrages außerhalb der Frist des § 60 Abs. 2
VwGO ist zulässig. Bloße Ergänzungen des fristgemäß gehaltenen Vortrags sind
auch außerhalb der Frist des § 60 VwGO möglich (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 60,
Rdnr. 27).
Entgegen der Ansicht der Klägerin musste die Beklagte im Rahmen der
Wiedereinsetzung nicht auch den verspäteten Eingang des Originals des
Berufungsschriftsatzes per Post entschuldigen. Zwar wäre möglicherweise bei
ordnungsgemäßer Bearbeitung in der Kanzlei des Bevollmächtigten der Beklagten
bei Übersendung des Schriftsatzes per Brief die Berufung noch rechtzeitig
eingelegt worden, obwohl der Telefaxversand unterblieben war; dieser Umstand
steht aber der Wiedereinsetzung in die versäumte Frist wegen des unterbliebenen
Telefaxversands nicht entgegen. Wenn bei vorgesehener zweifacher Übermittlung
einer Rechtsmittelschrift auf unterschiedlichen Übermittlungswegen beide
Übermittlungswege zu einem verspäteten Eingang bei Gericht führen, reicht es für
die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus, wenn hinsichtlich eines
Übermittlungsweges Wiedereinsetzungsgründe dargelegt und glaubhaft gemacht
werden und vorliegen. Zur Wahrung der Berufungsfrist erforderlich, aber auch
ausreichend ist die Einlegung der Berufung per Telefax oder per Brief innerhalb der
Frist. Hier sind - wie dargelegt - hinsichtlich der Übermittlung per Telefax
Wiedereinsetzungsgründe dargelegt und glaubhaft gemacht und sie liegen auch
vor. Ob der Brief fristgemäß eingegangen ist oder hätte eingehen können, ist
demgegenüber unerheblich.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 1.
Halbsatz VwGO gestellt. Die Frist begann am 6. Juli 2010. Nach dem an Eides statt
versicherten Vortrag der weiteren Mitarbeiterin des Bevollmächtigten der
Beklagten, Frau Freundschuh, hat diese am 6. Juli 2010 die Postmappe entdeckt,
in der sich die Berufungsschrift befand, und die hinter den Rollcontainer am
Arbeitsplatz der Mitarbeiterin Fries gefallen war. Zwei Tage später, am 8. Juli 2010,
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Arbeitsplatz der Mitarbeiterin Fries gefallen war. Zwei Tage später, am 8. Juli 2010,
und damit innerhalb der Zweiwochenfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 und 3 VwGO, hat
der Bevollmächtigte der Beklagten die Rechtshandlung nachgeholt und gleichzeitig
den Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. Ebenfalls innerhalb dieser Frist hat der
Bevollmächtigte der Beklagten die Wiedereinsetzungsgründe geltend gemacht.
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist der Berufungsantrag
mit der Berufungsbegründung am 23. Juli 2010 und damit innerhalb der Frist des §
124a Abs. 3 VwGO rechtzeitig beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof
eingegangen.
Die Berufung ist aber nicht begründet.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht hinsichtlich des Leistungsantrags
stattgegeben, denn der im Berufungsverfahren allein streitgegenständliche
Leistungsantrag ist zulässig und begründet.
Insbesondere hat die Klägerin das für die vorliegende Leistungsklage erforderliche
Rechtsschutzbedürfnis, da Gegenstand der Klage ein Anspruch zwischen
gleichgeordneten Rechtsträgern des öffentlichen Rechts ist und der Erlass eines
Verwaltungsaktes zur Durchsetzung des Zahlungsanspruches daher nicht in
Betracht kommt (vgl. Pietzcker in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner,
Verwaltungsgerichtsordnung, 20. Ergänzungslieferung 2010, § 42, Rdnr. 171).
Der Leistungsantrag ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte
Anspruch auf Kostenerstattung dafür, dass Kinder, die ihren Wohnsitz im
Gemeindegebiet der Beklagten haben, die von der Klägerin in eigener Trägerschaft
betriebenen Kindertagesstätten Peter-Geibel-Straße und Rodheimer Straße im
Zeitraum Januar bis August 2008 besucht haben. Der Anspruch besteht auch in
der vom Verwaltungsgericht ausgeurteilten Höhe und die den Anspruch
begründende Norm, § 28 des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches -
HKJGB -, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich dem Grunde nach schon aus dem
Anerkenntnis der Beklagten im Schriftsatz vom 12. September 2008. Dort hat der
Sachbearbeiter der Beklagten, Magistratsoberrat X..., hinsichtlich des für den
Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. August 2008 von der Klägerin geltend
gemachten Kostenausgleichs ausgeführt: „Wir bestätigen Ihnen den Eingang Ihrer
Forderung und erkennen sie dem Grunde nach, nicht aber in der Höhe an.“ Das
Anerkenntnis ist vorbehaltslos abgegeben und wirksam. Dass dieses Anerkenntnis
unter dem Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit des § 28 HKJGB gestanden haben
könnte - so der Vortrag der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren - ist weder
dem Schreiben vom 12. September 2008 noch an anderer Stelle dem
Verwaltungsvorgang zu entnehmen. Das Anerkenntnis genügt den Anforderungen,
die § 71 Abs. 2 der Hessischen Gemeindeordnung - HGO - an Erklärungen stellt,
durch die eine Gemeinde verpflichtet werden soll. Das Anerkenntnis wurde
schriftlich und damit in einer der nach § 71 Abs. 2 Satz 1 HGO vorgesehenen
Formen abgegeben. Die erklärende Person, Magistratsoberrat X..., konnte die
Beklagte rechtswirksam verpflichten. Die nach § 71 Abs. 2 Satz 1 HGO für die
Rechtsverbindlichkeit einer die Gemeinde verpflichtenden Erklärung grundsätzlich
erforderliche Unterzeichnung der Erklärung durch den Bürgermeister oder seinen
allgemeinen Vertreter und ein weiteres Mitglied des Gemeindevorstandes war
vorliegend nach § 71 Abs. 2 Satz 3 HGO entbehrlich. Das Anerkenntnis „dem
Grunde nach“ im Schriftsatz vom 12. September 2008 stellt ein Geschäft der
laufenden Verwaltung dar, das für die Gemeinde nicht von erheblicher Bedeutung
ist (§ 71 Abs. 2 Satz 3 HGO). Die Beklagte hatte im Zeitpunkt der Abgabe des
Anerkenntnisses bereits für das Vorjahr den Kostenausgleichsanspruch der
Klägerin erfüllt. Auch die von der Beklagten angenommene geringe Höhe des
Ausgleichsanspruchs von 50,- bis 60,- € pro Monat und Kind spricht für die
Annahme eines Geschäfts der laufenden Verwaltung.
Die Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs ergibt sich darüberhinaus
aus folgenden Überlegungen:
Nach § 28 HKJGB gleicht die Wohngemeinde die der Standortgemeinde
entstehenden Kosten aus, wenn ein Kind eine Tageseinrichtung mit Standort
außerhalb seiner Wohngemeinde besucht. Sofern keine abweichende
Vereinbarung getroffen wird, richtet sich die Höhe des Kostenausgleichs nach der
Höhe der anteiligen Aufwendungen zu den Betriebskosten, die der
Standortgemeinde für die Aufnahme des Kindes entstehen.
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Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 28 HKJGB liegen vor. Fünf Kinder,
die ihren Wohnort im Bereich der Beklagten haben, besuchten im Gemeindegebiet
der Klägerin Kindertagesstätten. Zwischen den Beteiligten ist eine Vereinbarung
über die Kostenerstattung nicht zustande gekommen. Damit richtet sich aufgrund
der Regelung des § 28 Satz 2 HKJGB die Höhe des Kostenausgleichs nach der
Höhe der anteiligen Aufwendungen zu den Betriebskosten, die der Klägerin für die
Aufnahme des Kindes entstehen.
Der Umfang der einem Ausgleich unterliegenden Kosten im Sinne dieser Regelung
ist durch Auslegung bestimmbar. Dem Kostenausgleich unterliegt der gesamte,
nicht durch Einnahmen gedeckte Aufwand pro Platz mit Ausnahme der - hier nicht
streitgegenständlichen - Investitionskosten. Nach den allgemeinen
Auslegungsregeln werden zur Klärung des Inhalts einer gesetzlichen Regelung
deren Wortlaut, der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen
(systematische Betrachtung), das verfolgte Ziel der gesetzlichen Regelung
(Gesetzeszweck) sowie die Entstehungsgeschichte herangezogen.
Der Wortlaut des § 28 HKJGB bietet zwar insofern keine eindeutigen Anhaltspunkte.
Er lässt die Auslegung der Beklagten zu, bei den Kosten im Sinne des § 28 Satz 2
HKJGB, die für die Aufnahme des Kindes entstehen, handele es sich lediglich um
die Kosten für Verbrauchsmaterialien und Wasser, so dass sich ein jährlicher
Kostenerstattungsbedarf in Höhe von 50,00 bis 60,00 € ergäbe, da die Platzkosten
im Übrigen gleich seien, unabhängig davon, ob ein Kind betreut werde oder nicht.
Mit dem Wortlaut vereinbar ist allerdings ebenfalls die Auslegung der Klägerin, die
die Ansicht vertritt, der Kostenausgleich richte sich nach den betriebswirtschaftlich
ermittelten und auf den einzelnen vorhandenen Einrichtungsplatz bezogenen
pauschalen Kosten, d. h. dem nicht durch Einnahmen gedeckten Aufwand. Mit
dem Wortlaut vereinbar wäre zudem die Auslegung, dass ausgleichsfähig nur
diejenigen Kosten sind, die durch den Vorgang der „Aufnahme“ des Kindes
entstehen, d. h. nur die Kosten des Verwaltungsaufwandes für den Vertragsschluss
zwischen Eltern und Einrichtung.
Aus einer systematischen Betrachtung ergibt sich das Erfordernis, die
Angemessenheit des Kostenausgleichs sowie das Wunsch- und Wahlrecht der
Eltern zu beachten. Der im streitgegenständlichen Zeitraum geltende § 69 Abs. 5
Satz 3 des Sozialgesetzbuches Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - SGB VIII - in
der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 (BGBl. I, S. 3134;
aufgehoben mit Wirkung vom 16. Dezember 2008 durch Gesetz vom 10.
Dezember 2008, BGBl. I, 2403), der die bundesrechtliche Grundlage des
landesrechtlichen Kostenausgleichsanspruchs darstellt, bestimmt, dass für die
Aufnahme gemeindefremder Kinder ein angemessener Kostenausgleich
sicherzustellen sei. Aufgrund der Regelung des § 69 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII in der
Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 müssen landesrechtliche
Regelungen dafür Sorge tragen, dass das Wunsch- und Wahlrecht nicht durch
landesrechtliche Finanzierungsmodalitäten eingeschränkt wird (Wiesner, SGB VIII,
3. Aufl., § 69 Rdnr. 50). Der landesrechtliche interkommunale Ausgleich erfüllt die
bundesgesetzlichen Vorgaben der Wahrung des Wunsch- und Wahlrechts sowie der
Angemessenheit nur dann, wenn er eine Höhe erreicht, die bei freien Trägern dem
Betriebskostenzuschuss und bei eigenen Einrichtungen den ungedeckten
Betriebskosten pro Platz entspricht, d. h. wenn er sich auf den Anteil der
Betriebskosten pro Platz beläuft, den die Standortgemeinde zu tragen hat, und
sich nicht nur auf die Erstattung der Kosten der Verbrauchsmaterialien beschränkt.
Anderenfalls ergäbe sich eine Einschränkung des Wunsch- und Wahlrechts der
Eltern bei der Inanspruchnahme von Tagesbetreuungsplätzen. Die Einrichtungen
finanzieren sich durch Zuwendungen des Landes, der Kommune, ggfs. des freien
Trägers und durch Elternbeiträge. Bei der Aufnahme ortsfremder Kinder entfallen
in der Regel die kommunalen Zuwendungen, da die Kommunen nur Plätze fördern,
die durch eigene Gemeindeangehörige belegt sind, was dazu führt, dass die
Einrichtungen ihre Plätze vorzugsweise oder gar ausnahmslos an Kinder aus der
eigenen Kommune vergeben.
Gegen die Beschränkung der ausgleichsfähigen Kosten im Sinne der Beklagten
spricht auch - wie das Verwaltungsgericht auf Seite 12, erster Absatz, des
amtlichen Urteilsumdrucks zutreffend dargelegt hat - die Behandlung der
Angelegenheit im sozialpolitischen Ausschuss. Auf die Ausführungen des
Verwaltungsgerichts wird Bezug genommen. Mangels anderweitiger Anhaltpunkte
ist es durchaus möglich und sachgerecht, die Motive des Gesetzgebers auch
anhand der Ausschussprotokolle zu ermitteln.
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Auch eine Auslegung anhand des Gesetzeszwecks führt zur Annahme eines
umfassenden, d. h. auch die „Vorhaltekosten“ berücksichtigenden
Kostenausgleichsanspruchs. Das HKJGB verfolgt u. a. den Zweck, „die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedarfsgerecht weiterzuentwickeln“ (LT-Drs.
16/6059, S. 23), wozu auch die Möglichkeit der arbeitsplatznahen Betreuung
gehört. Für viele Eltern, deren Arbeitsplatz sich nicht am Wohnort befindet, ergibt
sich die Notwendigkeit der Kinderbetreuung außerhalb der Wohngemeinde. Die
Bereitschaft zur Aufnahme auch wohnortfremder Kinder lässt sich nur stärken,
wenn die dadurch entstehenden Kosten umfassend ersetzt werden. Nur durch
Ausgleich der gesamten durch die Aufnahme eines gemeindefremden Kindes
entstehenden Kosten konnte der Gesetzgeber sowohl den Anreiz für die Aufnahme
wohnortfremder Kinder bei den Standortgemeinden als auch die Schaffung eines
qualitativ hochwertigen und bedarfsgerechten Angebots bei den Wohngemeinden
stärken. Angesichts der geringen Höhe der von der Klägerin zugestandenen
Kosten hätte die Schaffung eines eigenen Kostenausgleichsanspruchs durch
Gesetz überdies keinen Sinn gemacht, weil der Anspruch dann auf den Ausgleich
der im konkreten Fall durch das betreffende Kind versursachten Kosten für
Verbrauchsmaterialien und Wasser beschränkt wäre.
Der Kostenausgleichsanspruch besteht in der vom Verwaltungsgericht
ausgeurteilten Höhe. Die Klägerin hat die entstandenen Aufwendungen für die
Betriebskosten nachvollziehbar und plausibel dargelegt. Aus ihnen ergibt sich ein
Anspruch jedenfalls in der geltend gemachten Höhe. Zwar sind nach der
Auffassung des Senats die Einnahmen und Ausgaben aus der Berechnung der
Betriebskosten herauszunehmen, die sich auf den Mittagstisch beziehen, denn sie
stellen keine Betriebskosten der Einrichtung dar. In beiden streitgegenständlichen
Einrichtungen übersteigen allerdings die für die Mittagsversorgung geleisteten
Elternbeiträge die Kosten der Mittagsversorgung. Damit verringert sich im
Ergebnis das Defizit der Einrichtungen durch die Berücksichtigung der Einnahmen
und der Ausgaben für den Mittagstisch, so dass sich ohne Berücksichtigung der
Kosten für die Mittagsversorgung jedenfalls keine geringeren ungedeckten
Betriebskosten pro Platz ergeben als vom Verwaltungsgericht angenommen.
Im Rahmen des Kostenausgleichsanspruchs ist es nicht geboten, die konkreten
Kosten für den einzelnen Platz zu ermitteln, den das einzelne wohnortfremde Kind
belegt, indem bei der Berechnung berücksichtigt wird, in welchem zeitlichen
Umfang das einzelne Kind betreut wird und welche Art Platz es belegt. Der
Gesetzgeber hat eine Formulierung gewählt, die eine pauschalierende Betrachtung
vorgibt. § 28 Satz 2 HKJGB bestimmt, dass sich die Höhe des Kostenausgleichs
nach der Höhe der anteiligen Aufwendungen zu den Betriebskosten richtet.
Insofern ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht der
Klägerin dahin gefolgt ist, für das Jahr 2008 lediglich die unstreitig niedrigeren
Kosten des Jahres 2007 zugrunde zu legen, soweit es die streitgegenständlichen
Plätze in der Kindertagesstätte Rodheimer Straße betrifft.
Die Beklagte hat die in die Berechnung der Betriebskosten eingestellten Beträge
mit Schriftsatz vom 19. April 2010 (unsubstantiiert) bestritten. Daraufhin hat die
Klägerin mit Schriftsätzen vom 29. April 2010 bzw. vom 30. April 2010 unter
anderem die auf den Blättern 99 und 126 der Gerichtsakte befindlichen
Kostenaufstellungen zur Akte gereicht, die die Beklagte nicht mehr angegriffen
hat. Ihr Bevollmächtigter hat in der mündlichen Verhandlung vor dem
Verwaltungsgericht sogar erklärt, er ziehe hinsichtlich der für den Besuch der
Kindertagesstätte Rodheimer Straße tatsächlich entstandenen Kosten nicht in
Zweifel, dass sie die geltend gemachten Kosten überstiegen.
Ein Anlass zu einer darüber hinausgehenden Überprüfung der in die Berechnung
eingestellten Positionen ergab sich auch nicht aus der von der Beklagten gehegten
Befürchtung, wonach der Kostenerstattungsanspruch einen Anreiz für die
Standortgemeinden darstelle, unangemessen niedrige Elternbeiträge festzusetzen
(die tatsächliche Unangemessenheit der von der Klägerin festgesetzten
Elternbeiträge hat der Beklagte nicht behauptet). Der Senat teilt diese
Befürchtung nicht. Für die Mehrzahl der Plätze hat nach wie vor die
Standortgemeinde die Kosten zu tragen. Zudem trägt sie das Kostenrisiko
hinsichtlich der durch standortfremde Kinder belegten Plätze, wie nicht zuletzt der
vorliegende Rechtsstreit zeigt. Angesichts dieser Ausgangslage erscheint die
Befürchtung der Beklagten fernliegend, eine Standortgemeinde könne sich im
Hinblick auf den zu erwartenden Kostenausgleichsanspruch dazu verleiten lassen,
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Hinblick auf den zu erwartenden Kostenausgleichsanspruch dazu verleiten lassen,
ihre Plätze unangemessen teuer zu gestalten.
Der Kostenausgleichsanspruch besteht nicht etwa nur für diejenigen Plätze, die
von Kindern belegt werden, die gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII einen Anspruch
auf den Besuch einer Tageseinrichtung haben. Der Senat folgt nicht der
Auffassung der Beklagten, der Kostenausgleichsanspruch könne sich nur auf
Plätze beziehen, die in dem Umfang belegt seien, in dem auch ein Anspruch auf
den Platz besteht, was einen Kostenausgleichsanspruch für Hortplätze, von unter
drei Jahre alten Kindern belegte Plätze und für die Nachmittagsbetreuung von
Kindergartenkindern ausschlösse. Aufgrund der §§ 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII in der
Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006, 30 Abs. 2 Satz 1 HKJGB
besteht für die Gemeinden die Verpflichtung, die im Bedarfsplan vorgesehenen
Plätze unabhängig vom Bestehen eines Rechtsanspruchs zur Verfügung zu stellen.
Die bundesrechtliche Verpflichtung zur Schaffung eines angemessenen
Kostenausgleichs greift ein, sobald der Landesgesetzgeber von der Ermächtigung
des § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.
Dezember 2006 Gebrauch gemacht hat; eine Einschränkung auf eine
Ausgleichspflicht nur der Kosten, die durch Kinder im Alter zwischen drei Jahren
und Schuleintritt verursacht werden, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.
§ 28 HKJGB verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Das Land Hessen besitzt die Gesetzgebungskompetenz für § 28 HKJGB. Zur
weiteren Begründung wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug
genommen (Bl. 8 des amtlichen Urteilsumdrucks, letzter Absatz, bis Bl. 9, erster
Absatz) und zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung
der Entscheidungsgründe insofern abgesehen (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).
Allerdings kann an dieser Stelle dahinstehen, ob die Ansicht des
Verwaltungsgerichts zutreffend ist, dass § 28 HKJGB als
kostenausgleichsberechtigte Standortgemeinden nicht nur kreisangehörige
Gemeinden, sondern auch solche, die selbst Jugendhilfeträger sind, erfasst. Denn
beide Beteiligte sind kreisangehörige Gemeinden, so dass diese Frage vorliegend
nicht entschieden werden muss.
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang einwendet, § 69 Abs. 5 SGB VIII
enthalte keine Ermächtigung des Landesgesetzgebers, die Gemeinden zur
Aufgabenwahrnehmung zu verpflichten, und sich insofern auf das Urteil des
Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 20. März 2003 - 54/01 -
bezieht, verkennt sie, dass diesem Urteil eine andere Rechtslage zu Grunde lag.
Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum beanspruchte § 69 SGB VIII in der
Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 - wie dargelegt - Geltung.
Satz 1 des Absatzes 5 dieser Fassung der Norm regelt, dass Landesrecht
bestimmen kann, dass kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände, die
nicht örtliche Träger (der Jugendhilfe) sind, zur Durchführung von Aufgaben der
Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege
herangezogen werden. In Ausführung dieser Ermächtigung hat der hessische
Landesgesetzgeber in § 30 HKJGB unter anderem bestimmt, dass die Gemeinden
in eigener Verantwortung dafür Sorge tragen, dass die im Bedarfsplan im Sinne
des Absatzes 1 der Norm vorgesehenen Plätze in Tageseinrichtungen und in der
Kindertagespflege zur Verfügung stehen. Die Heranziehung im Sinne des § 69 Abs.
5 SGB VIII in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 in
Verbindung mit § 30 Abs. 2 Satz 1 HKJGB besteht damit darin, dass es den
Gemeinden obliegt, die im Bedarfsplan vorgesehenen Plätze vorzuhalten, sei es in
eigenen Einrichtungen oder in den Einrichtungen anderer Träger.
Die von der Beklagten in Bezug genommene Entscheidung erging dagegen unter
Geltung des vom 1. Juli 1998 bis 31. Dezember 2004 gültigen § 69 SGB VIII, der die
Möglichkeit der Heranziehung der Gemeinden durch Landesrecht nicht kannte. §
69 Abs. 5 SGB VIII dieser (Vorgänger-)Fassung beinhaltete nur die Regelung, die
danach Gegenstand des § 69 Abs. 6 SGB VIII in der Fassung der Bekanntmachung
vom 14. Dezember 2006 geworden ist, nämlich die Ermächtigung der Gemeinden,
die nicht örtliche Träger der Jugendhilfe sind, für den örtlichen Bereich Aufgaben
der Jugendhilfe wahrzunehmen; eine dem § 69 Abs. 5 SGB VIII in der Fassung der
Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 entsprechende Regelung existierte
nicht. Gerade um der hierdurch entstandenen Rechtsunsicherheit zu begegnen,
hat der Gesetzgeber mit § 69 Abs. 5 SGB VIII in der hier anzuwendenden Fassung
eine Lücke im bisherigen Recht geschlossen, da es - nicht zuletzt auf Grund der
Rechtsprechung des Verfassungsgerichts Brandenburg - zweifelhaft war, ob eine
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Rechtsprechung des Verfassungsgerichts Brandenburg - zweifelhaft war, ob eine
landesrechtliche Übertragung der Durchführung der Aufgabe, Kinder in
Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege zu fördern, rechtmäßig sein konnte
(vgl. insofern Schellhorn in: Schellhorn/Fischer/ Mann, SGB VIII/KJHG, 3. Aufl., § 69
Rdnr. 23 m. w. N.). Zudem lag dem Urteil des Verfassungsgerichts zu Grunde,
dass der dortige Gesetzgeber den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz
den Gemeinden überbürdet hatte. Das hessische Landesrecht sieht im Gegensatz
dazu vor, dass sich der Rechtsanspruch nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gegen
den örtlichen Träger der Jugendhilfe richtet.
Es ergibt sich auch kein Bedürfnis zu einer einengenden Auslegung des Wortlauts
des § 28 HKJGB dahingehend, einen Kostenausgleich auszuschließen, soweit die
jeweilige Wohngemeinde - wie auch die Beklagte nach ihrem Vortrag - ihrer
Verpflichtung zum Vorhalt von Kindertagesbetreuungsplätzen genügt. Es mag
durchaus zutreffend sein, dass ein Anspruch einer Gemeinde gegen eine andere
auf Ersatz der Kosten, die durch die Übernahme von Aufgaben, die ihr im Rahmen
der Daseinsvorsorge, d. h. einer Selbstverwaltungsangelegenheit obliegen,
ausgeschlossen ist, wenn eine Gemeinde diese Aufgaben für die andere ohne
Notwendigkeit freiwillig übernimmt. Hiervon ist allerdings die Verpflichtung zum
Kostenausgleich nach § 28 HKJGB zu unterscheiden, die der Standortgemeinde
einen eigenen Rechtsanspruch vermittelt, der unabhängig davon ist, ob das
betreffende Kind auch in der Wohngemeinde betreut werden kann. Durch die
Verpflichtung nach § 30 Abs. 2 Satz 1 HKJGB wird den Gemeinden im Rahmen
eines öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnisses die verwaltungsmäßige
Durchführung einzelner Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe übertragen (vgl.
Wiesner, a. a. O., § 69, Rdnr. 49). Bundesrechtlich vorgegebene, zwingende Folge
ist die Schaffung eines angemessenen Kostenausgleichs für die Betreuung
wohnortfremder Kinder. Damit unterscheidet sich diese Verpflichtung zur
Verfügungstellung der im Bedarfsplan vorgesehenen Plätze, zu der die Gemeinden
nach § 69 Abs. 5 SGB VIII in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember
2006 herangezogen wurden, von der eigenen Tätigkeit der Gemeinden auf dem
Gebiet der Kinderbetreuung im Rahmen der Daseinsvorsorge, zu der die
Gemeinden durch § 69 Abs. 6 SGB VIII dieser Fassung ermächtigt werden. Insofern
ist auch der Verweis der Beklagten auf die Kommentierung von Hofmeister zu § 28
HKJGB (in: Praxis der Kommunalverwaltung) nicht weiterführend, denn Gegenstand
der in Bezug genommenen Kommentarstelle ist der Betrieb von
Kindertageseinrichtungen im Rahmen der Daseinsvorsorge, die den Gemeinden
als Selbstverwaltungsangelegenheit obliegt.
Eine andere Sichtweise wäre auch nicht mit dem Zweck der Regelungen des § 69
Abs. 5 SGB VIII in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 und
mit dem Zweck des § 28 HKJGB vereinbar; beide Vorschriften sollen die
Verbesserung des Wunsch- und Wahlrechts der Eltern sowie der Vereinbarkeit von
Familie und Beruf fördern. Könnte die Wohngemeinde dem
Kostenerstattungsanspruch der Standortgemeinde eigene freie Plätze als
anspruchsvernichtend entgegen halten, würde dies die Bereitschaft der
Standortgemeinden zur Aufnahme von standortfremden Kindern zumindest stark
einschränken. Damit würde sich de facto an der vor der Gesetzänderung
bestehenden Situation nichts ändern, dass Eltern großen Schwierigkeiten
begegnen, wenn sie ihre Kinder außerhalb der Wohngemeinde betreuen lassen
möchten oder müssen.
Der Kostenausgleichsanspruch nach § 28 HKJGB führt auch nicht zu einer
Übertragung der Verantwortung für den Rechtsanspruch auf einen
Kindergartenplatz und für das Wunsch- und Wahlrecht auf die Gemeinden und
damit zu einer § 79 SGB VIII zuwiderlaufenden Verlagerung der
Gesamtverantwortung. Die nach § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII in der Fassung der
Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 mögliche Heranziehung der
Gemeinden erlaubte es dem Gesetzgeber nicht, alle im Zusammenhang mit der
Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 ff.
SGB VIII) stehenden Aufgaben und Pflichten, d. h. auch alle Kompetenzen, die den
nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zuständigen örtlichen bzw. überörtlichen Trägern
der Jugendhilfe zustanden, einschließlich der örtlichen und sachlichen
Zuständigkeit für die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf eine Förderung in einer
Kindertageseinrichtung auf die Gemeinden zu übertragen (vgl. BVerwG, Urteil vom
21. Januar 2010 - 5 CN 1.09 -, juris, Rdnr. 23). § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII in der
Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 regelte, dass durch
Landesrecht kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände, die nicht
örtliche Träger sind, zur Durchführung von Aufgaben der Förderung von Kindern in
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örtliche Träger sind, zur Durchführung von Aufgaben der Förderung von Kindern in
Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege herangezogen werden können.
Übertragen werden konnte lediglich die „Durchführung von Aufgaben“, was gerade
darauf hinweist, dass die Gesamtverantwortung des Trägers der öffentlichen
Jugendhilfe gemäß § 79 SGB VIII unberührt blieb (vgl. VGH Baden-Württemberg,
Urteil vom 04. Juni 2008 - 12 S 2559/06 -, juris, Rdnr. 82). Auch sind die örtlichen
Jugendhilfeträger Anspruchsgegner für den Rechtsanspruch und das Wunsch- und
Wahlrecht. Durch den Kostenausgleichsanspruch wird den Gemeinden keine Pflicht
zur Schaffung von Kindertagesplätzen für auswärtige Kinder überbürdet. Aus der
Existenz eines Kostenausgleichsanspruches folgt weder mittelbar noch unmittelbar
eine Pflicht zur Schaffung von Betreuungsplätzen. Die - hier nicht
streitgegenständliche - Verpflichtung zur Schaffung von Betreuungsplätzen richtet
sich allein nach dem, was im Bedarfsplan nach § 30 Abs. 1 HKJGB niedergelegt
wurde.
§ 28 HKJGB verstößt nicht gegen die in Art. 28 Abs. 2 GG enthaltene
Selbstverwaltungsgarantie, die nach Satz 3 des Absatzes 2 insbesondere auch die
Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung umfasst. Durch den
Kostenausgleichsanspruch sind die Gemeinden nicht in ihrer finanziellen
Eigenverantwortung betroffen. Die in Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 3 GG geschützte
Finanzhoheit gewährleistet den Gemeinden lediglich die Eigenverantwortlichkeit
des gemeinschaftlichen Wirtschaftens mit Einnahmen und Ausgaben, nicht aber
einzelne Vermögensdispositionen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Januar 1999
- 2 BvR 929/97 -, juris, Orientierungssatz 2d). Mit der verfassungsrechtlich
geschützten kommunalen Finanzhoheit ist den Kommunen nur garantiert, dass
ihnen das eigene Wirtschaften mit Einnahmen und Ausgaben nicht aus der Hand
genommen wird; sie sind indessen nicht davor geschützt, dass ihnen weitere
kostenträchtige Aufgaben auferlegt werden. Ist die Aufgabenauferlegung als
solche mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar, so ergibt sich aus ihren mittelbaren
Folgen für die Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft der Gemeinden kein Verstoß
gegen die gemeindliche Finanzhoheit (BVerfG, Kammerbeschluss vom 15.
November 1993 - 2 BvR 1199/91 -, juris, Rdnr. 6). Die Aufgabenauferlegung in
Form der Heranziehung durch § 69 Abs. 5 SGB VIII in der Fassung der
Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 in Verbindung mit § 30 HKJGB verstößt
nicht gegen Art. 28 GG; sie stellt eine nach Satz 1 des Absatzes 2 zulässige (da -
wie dargelegt - sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungen haltende)
gesetzliche Beschränkung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden dar. Ein
„interkommunaler Lastenausgleich“ bei der Inanspruchnahme einer
Kindertageseinrichtung durch nicht in der Standortgemeinde wohnende Kinder
trägt dem Umstand Rechnung, dass die Aufwendungen der Standortgemeinde
insoweit Einwohnern einer anderen Gemeinde zugute kommen, die dadurch
jedenfalls im Grundsatz von eigenen Ausgaben entlastet wird. Eine derartige
Mitfinanzierungspflicht von Wohngemeinden bei der auswärtigen Deckung eines
örtlichen Bedarfs wird bundesverfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen (BVerwG,
Beschluss vom 25. Juli 1996 - 8 B 150/96 -, juris, Rdnr. 3 unter Bezugnahme auf
BVerfG, Urteil vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84, BVerfGE 83, 363, 386 ff.).
Zudem sind streitgegenständlich nicht die durch die Heranziehung verursachten
Kosten. Das heißt, es geht nicht um diejenigen Kosten, die durch die Übertragung
der Verantwortung für die Zurverfügungstellung der im Bedarfsplan vorgesehenen
Plätze entstanden sind. Vielmehr ist Streitgegenstand der
Kostenausgleichsanspruch, der lediglich eine mittelbare Folge der Heranziehung
darstellt. Die Höhe dieses Anspruchs zu minimieren, hat die Wohngemeinde durch
vorausschauende Planung selbst in der Hand, wie das Verwaltungsgericht
zutreffend ausführt. So wie die Gemeinde den Zu- und Wegzug von Kindern in ihrer
Bedarfsplanung berücksichtigen muss, muss sie auch diejenigen Kinder
berücksichtigen, die einen Betreuungsplatz außerhalb des Gemeindegebietes
aufsuchen. Sie hat zudem die Möglichkeit, selbst freie Plätze an Kinder zu
vergeben, die ihren Wohnsitz außerhalb des eigenen Gemeindegebiets haben.
Überdies weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die
Wohngemeinden Landesförderungen erhalten, die sich nicht an der Anzahl der
betreuten Kinder, sondern an der Anzahl der im Bedarfsplan vorgesehenen Plätze
orientiert. Auch hat es die Gemeinde durch die verstärkte Förderung freier Träger,
zu der sie ohnehin nach § 30 Abs. 3 Satz 1 HKJGB verpflichtet ist, in der Hand, das
Risiko für die Nichtbesetzung eines vorgehaltenen Betreuungsplatzes zu verlagern.
Eine Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht folgt auch nicht daraus, dass - so
die Ansicht der Beklagten - der Kostenausgleichsanspruch eine Verpflichtung der
Wohngemeinden zur Einrichtung von Plätzen für unter drei Jahre alte Kinder sowie
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Wohngemeinden zur Einrichtung von Plätzen für unter drei Jahre alte Kinder sowie
schulpflichtige Kinder über das ohnehin vom Gesetzgeber vorgesehene Maß
hinaus zur Folge hätte. Die Beklagte ist der Ansicht, Plätze für unter drei Jahre alte
Kinder sowie schulpflichtige Kinder müssten von ihr nicht vorgehalten werden, da
der Rechtsanspruch nur für über drei Jahre alte Kinder bis zum Eintritt in die Schule
gelte. Dem widerspreche allerdings die Verpflichtung zur Finanzierung
entsprechender Plätze über den Kostenerstattungsanspruch der
Standortgemeinden. Hier verkennt die Beklagte, dass § 24 SGB VIII schon seit der
ab 1. Januar 1996 gültigen Fassung die Verpflichtung zum Vorhalt entsprechender
Plätze statuiert. Dieser Verpflichtung steht im Gegensatz zu dem Rechtsanspruch
auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab drei Jahren kein subjektives Recht
gegenüber. Die bisher unterbliebene Schaffung eines solchen subjektiven Rechtes
durch den Gesetzgeber ermöglicht es der Beklagten zwar möglicherweise derzeit
noch folgenlos, sich ihrer Verpflichtung aus § 24 Abs. 2 SGB VIII zu entziehen. Das
Fehlen eines subjektiven Rechtsanspruchs führt allerdings nicht dazu, diese Plätze
vom Kostenausgleich auszunehmen. Die sowohl auf Bundes- als auch auf
Landesebene mit den Gesetzesänderungen verfolgten Ziele der Stärkung des
Wunsch- und Wahlrechts der Eltern sowie der Verbesserung der Vereinbarkeit von
Familie und Beruf beziehen sich nicht nur auf Kinder im Alter von drei Jahren bis
zum Schuleintritt. Auch der Hessische Landesgesetzgeber geht davon aus, dass
die §§ 25 ff. HKJGB nicht nur den Kindergarten, sondern alle Formen der
familienergänzenden Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und
Kindertagespflege umfassen (LT-Drs. 16/6059, S. 23).
Der Kostenausgleichsanspruch der Klägerin ist nicht ausgeschlossen, weil § 28
HKJGB gegen das Konnexitätsgebot des Art. 137 Abs. 6 Satz 2 der Hessischen
Verfassung - HV - verstieße. Hiernach ist ein entsprechender Ausgleich zu
schaffen, wenn die Übertragung neuer oder die Veränderung bestehender eigener
oder übertragener Aufgaben durch Landesgesetz oder Landesrechtsverordnung
zu einer Mehrbelastung oder Entlastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände
in ihrer Gesamtheit führt. Die Verpflichtung zum Ausgleich trifft das Land.
Das Konnexitätsgebot ist weder durch die Heranziehung der Gemeinden noch
durch die aus der Heranziehung folgende Verpflichtung zum interkommunalen
Kostenausgleich tangiert. Die Heranziehung der Gemeinden nach § 30 Abs. 2
HKJGB durch den Landesgesetzgeber aufgrund der bundesgesetzlichen Regelung
in § 69 SGB VIII in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 ist
nicht konnexitätsrelevant. Die Gesamtbelastung der kommunalen
Gebietskörperschaften ändert sich nicht, da die in § 30 Abs. 2 HKJGB genannten
Aufgaben zuvor von den Landkreisen als örtlichen Jugendhilfeträgern
wahrgenommen wurden, so dass sie im gleichen Umfang entlastet werden wie die
Gemeinden belastet werden (so auch: LT-Drs. 16/6059, S. 2). Auch werden durch
den Kostenausgleich nicht die Gemeinden in ihrer Gesamtheit stärker belastet. Es
handelt sich um einen horizontalen Ausgleich zwischen Gemeinden; die Ausgabe
einer Gemeinde stellt notwendigerweise eine Einnahme einer anderen Gemeinde
dar. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass bis zum Ende des
streitgegenständlichen Zeitraums am 31. August 2008 hinsichtlich der aufgrund §
30 Abs. 2 HKJGB übertragenen Aufgaben eine konnexitätsrelevante Veränderung
bestehender Aufgaben eingetreten ist. Die den öffentlichen Jugendhilfeträgern
obliegende Verpflichtung zum Ausbau der Kindertagespflege ist seit dem
Inkrafttreten des Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetzes (KICK) am 1.
Oktober 2005 unverändert geblieben. Ob eine konnexitätsrelevante Veränderung
von Aufgaben durch das Inkrafttreten des Kinderförderungsgesetzes - KiföG - vom
10. Dezember 2008 erfolgt ist (vgl. dazu Wienand, Konnexität und frühkindliche
Förderung in: NDV 2011, 24 ff.), kann mangels Gültigkeit des KiföG im
streitgegenständlichen Zeitraum dahinstehen. Überdies sind im Gegensatz zu
dem der von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12. Oktober
2010 - 12/09 -, juris) zugrundeliegenden Sachverhalt in Hessen die Gemeinden
nicht zu Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt worden.
Es entstehen keine über den Kostenausgleichsanspruch hinausgehenden Kosten;
der Kostenausgleichsanspruch hat entgegen der Ansicht der Beklagten nicht die
Verpflichtung zur Schaffung weiterer, im Extremfall der doppelten Anzahl von
Betreuungsplätzen durch die Gemeinden zur Folge. Weder die Wohngemeinden
noch die Standortgemeinden sind zur Schaffung von Betreuungsplätzen
verpflichtet, von denen die Hälfte nicht belegt würde. Weder die Heranziehung
noch die Existenz eines Kostenausgleichsanspruchs bewirken eine Verpflichtung
einzelner Gemeinden zur Errichtung von Plätzen über den Bedarfsplan hinaus. Jede
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einzelner Gemeinden zur Errichtung von Plätzen über den Bedarfsplan hinaus. Jede
Gemeinde ist nur im Rahmen der Bedarfsplanung nach § 30 Abs. 1 HKJGB zur
Schaffung von Plätzen verpflichtet. Nur so weit geht die Heranziehung durch § 69
Abs. 5 SGB VIII in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 in
Verbindung mit § 30 Abs. 2 Satz 1 HKJGB. In die Bedarfsplanung ist aber gerade
einzustellen, dass Kinder außerhalb des Wohngebiets betreut werden. Der
Bedarfsplan ist zudem regelmäßig fortzuschreiben (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 3 HKJGB).
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 288 BGB. Die Beklagte befindet sich seit
dem 15. September 2008 mit ihrer Zahlung in Verzug. Die Klägerin hat sie mit
Schreiben vom 28. Juni 2008 zur Zahlung bis zu diesem Datum aufgefordert.
Damit ist jedenfalls der geltend gemachte Zinsanspruch ab 15. Mai 2009
begründet.
Nach allem ist die Berufung mit der sich aus § 154 Abs. 2 VwGO ergebenden
Kostenfolge zurückzuweisen. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188
VwGO. Verfahren auf dem Gebiet des Kindergartenrechts gehören nach der
ständigen Rechtsprechung des Senats (zuletzt Beschluss vom 7. September 2010
- 10 A 639/10.Z -, nicht veröffentlicht) zu den gerichtkostenfreien Verfahren. Die
Gerichtskostenfreiheit entfällt nicht aufgrund der Regelung des § 188 Satz 2, 2.
Halbsatz VwGO, wonach Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern
nicht der Gerichtskostenfreiheit unterfallen. Die Beteiligten sind keine
Sozialleistungsträger im Sinne der §§ 12 Satz 1, 27 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches
Erstes Buch - Allgemeiner Teil - SGB I -. Sie sind weder Kreise oder kreisfreie
Städte noch nach Landesrecht zu Trägern der Kinder- und Jugendhilfe bestimmt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167
Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen
des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Die Sache hat insbesondere keine
grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Beteiligten
streiten über die Auslegung einer landesrechtlichen Bestimmung (§ 28 HKJGB). Für
die Auslegung landesrechtlicher Normen ist der Hessische Verwaltungsgerichtshof
letztinstanzlich zuständig.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.