Urteil des HessVGH vom 25.09.2002

VGH Kassel: einstellung des verfahrens, aufenthaltserlaubnis, vergleich, abschiebung, entstehungsgeschichte, verwaltungsprozess, firma, vollstreckung, bestimmtheit, bestimmbarkeit

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
12. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 TG 2216/02.A
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 146 Abs 4 VwGO
(Beschwerde: bestimmter Antrag erforderlich)
Tatbestand
I.
Der Antragsteller hat mit seinem bei dem Verwaltungsgericht am 19. Februar
2002 erhobenen Eilantrag die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Unterlassung
von Abschiebungsmaßnahmen bis zur bestandskräftigen Entscheidung über
seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 7. Januar 2002,
hilfsweise bis zu einer Entscheidung über diesen Antrag, begehrt. Dem waren
verschiedene von ihm angestrengte Verfahren vorausgegangen: Nach dem
erfolglosen Abschluss zweier nach seiner Einreise im Jahr 1990 betriebener
Asylverfahren heiratete er am 3. Juni 1993 eine deutsche Staatsangehörige und
erhielt daraufhin zum Zweck der Familienzusammenführung
Aufenthaltserlaubnisse vom 14. Juni 1993 bis zum 14. Juni 1994 und vom 22. Juni
1994 bis zum 21. Juni 1996. Am 18. Juni 1996 wurde die Ehe geschieden; der
Antragsteller stellte am 20. Juni 1996 einen mündlichen Antrag auf Verlängerung
der Aufenthaltserlaubnis und legte erst nach dem 21. Juni 1996 Belege über den
Bestand eines Arbeitsverhältnisses seit 1993 vor. Mit Bescheid vom 15. Januar
1997 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis ab und drohte dem Antragsteller die Abschiebung in die
Türkei an; ein hiergegen angestrengtes Eilverfahren hatte im Ergebnis keinen
Erfolg (Hess. VGH, 18.06.1999 - 12 TG 3079/98 -).
Ein zwischenzeitlich erneut angestrengtes Asylgesuch wurde mit Bescheid des
Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 30. Juli 1999
abgelehnt und dem Kläger die Abschiebung in die Türkei angedroht; die hiergegen
erhobene Klage wurde rechtskräftig mit Urteil vom 25. Oktober 1999 als
offensichtlich unbegründet abgewiesen.
Auf die gegen den am 14. Oktober 1999 in der Ausländersache ergangenen
Widerspruchsbescheid erhobene Klage schlossen die Beteiligten am 5. Januar 2001
einen gerichtlichen Vergleich, nach dem die Antragsgegnerin sich verpflichtete,
dem Antragsteller eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen,
wenn dieser bis zum 31. Januar 2001 den Nachweis erbringen würde, dass er bei
der Firma S , Gartengestaltung in H -W eine Arbeitstätigkeit aufnimmt; dies
musste bis spätestens 1. April 2001 erfolgt sein. Die Aufenthaltserlaubnis sollte
erlöschen, wenn bis zum 15. April 2001 nicht der Nachweis über die Aufnahme der
Arbeit spätestens am 1. April 2001 erbracht würde. Für den Fall der Nichtvorlage
des bis zum 15. April 2001 zu erbringenden Nachweises verpflichtete sich der
Antragsteller, bis spätestens zum 31. Mai 2001 unter Verzicht auf weitere
Vollstreckungsschutzanträge Deutschland zu verlassen. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Vergleichs und des Wortlauts wird auf den Schriftsatz des
Antragstellers vom 19. Februar 2002 sowie auf den angefochtenen Beschluss des
Verwaltungsgerichts (S. 4 des Beschlussabdrucks) Bezug genommen.
Der Antragsteller legte am 29. Januar 2001 eine Bestätigung der in dem Vergleich
benannten Firma darüber vor, dass er je nach Auftragslage am 1. April 2001 dort
die Arbeit aufnehmen könne, und erhielt darauf hin am 19. Februar 2001 eine bis
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die Arbeit aufnehmen könne, und erhielt darauf hin am 19. Februar 2001 eine bis
zum 18. Februar 2002 befristete Aufenthaltserlaubnis. Am 15. Mai 2001 legte er
einen Nachweis über die Beschäftigung bei dieser Firma seit dem 17. April 2001
vor. Mit Schreiben vom 22. Juni 2001 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller
mit, dass er die Bedingungen des Vergleichs nicht erfüllt habe und die ihm am 19.
Februar 2001 erteilte Aufenthaltserlaubnis erloschen sei, und gewährte ihm die
Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise bis zum 30. Juni 2001.
Am 7. Januar 2002 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Verlängerung der ihm
am 19. Februar 2001 erteilten Aufenthaltserlaubnis. Diesen Antrag begründete er
ebenso wie seinen Eilantrag vom 19. Februar 2002 im Wesentlichen damit, dass
die Aufenthaltserlaubnis nicht erloschen sei; denn den verspäteten Arbeitsbeginn
habe er nicht zu vertreten, da dieser witterungsbedingt erfolgt sei. Damit sei ihm
die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vergleich objektiv unmöglich gewesen
und dieser insoweit unwirksam; vorsorglich widerrufe er den Vergleich. Die
Antragsgegnerin hielt demgegenüber den Vergleich für bindend und war der
Ansicht, das Risiko einer witterungsbedingt verspätet erfolgten Arbeitsaufnahme
habe der Antragsteller zu tragen, da ihm der Charakter der Tätigkeit als
saisonbedingt bekannt gewesen sei.
Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag abgelehnt und dies im Wesentlichen
damit begründet, dass der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig sei und ihm
gegenüber der aus dem Bundesamtsbescheid vom 19. August 1999 folgenden,
vollziehbaren Abschiebungsandrohung kein Anspruch auf Duldung zustehe. Die
zwischenzeitlich erteilte Aufenthaltserlaubnis vom 19. Februar 2001 sei erloschen,
da er die Bedingungen des Vergleichs, der nach den Vorschriften des Hessischen
Verwaltungsverfahrensgesetzes bindend sei, nicht erfüllt habe. Sein
"Verlängerungsantrag" vom 7. Januar 2002 sei deshalb als Neuantrag auf Erteilung
einer Aufenthaltserlaubnis zu bewerten und entfalte schon deshalb keine
Fiktionswirkung nach § 69 AuslG.
Entscheidungsgründe
II.
Das zunächst als Antrag auf Zulassung der Beschwerde eingelegte Rechtsmittel
führt auch als Beschwerde nicht zum Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob die
Beschwerde schon gemäß § 80 AsylVfG ausgeschlossen ist, da der Antragsteller
sich gegen eine asylverfahrensrechtliche Abschiebung wendet; denn sie ist gemäß
§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO als unzulässig zu verwerfen.
Ob die Beschwerde schon nach § 80 AsylVfG ausgeschlossen ist, ist zweifelhaft, da
neben der asylverfahrensrechtlichen Abschiebungsandrohung aus dem Bescheid
des Bundesamtes vom 19. August 1999 eine Abschiebung auch auf einer
ausländerrechtlichen Rechtsgrundlage in Frage kommen kann, nämlich auf der
Grundlage des Bescheids der Antragsgegnerin vom 15. Juli 1997, dessen
Aufhebung durch den gerichtlichen Vergleich vom 5. Januar 2001 hier gerade
streitig ist. Zu den Verfahren, in denen nach § 80 AsylVfG die Beschwerde
ausgeschlossen ist, gehören zwar auch alle selbständigen und unselbständigen
Nebenverfahren (GK-AsylVfG, § 80 Rdnr. 8; Hailbronner, AuslR, § 80 AsylVfG Rdnr.
17; Renner, AuslR, 7. Aufl., 1999, § 80 AsylVfG Rdnr. 2; Marx, AsylVfG, 4. Aufl.,
1999, § 80 Rdnr. 2 f.), insbesondere über Einstellung des Verfahrens (Hess. VGH,
19.12.1994 - 13 TE 2916/94 -), Prozesskostenhilfe (Hess. VGH, 17.11.1992; OVG
Nordrhein-Westfalen, 07.09.1992 - 21 E 995/92.A -; Thür. OVG, 07.01.1999 - 3 SO
970/98 -, ThürVBl. 1999, 209), Streitwert und Gegenstandswert (OVG Hamburg,
11.03.1999 - 4 SO 15/99.A -; Hess. VGH, 29.12.1992 - 12 TE 2394/92 -), Vergütung
des Rechtsanwalts (Hess. VGH, 08.11.1999 - 6 TJ 2850/99.A -), Rücknahme des
Antrags auf Abschiebehaft (Hess. VGH, 15.06.1994 - 12 TG 1734/94 -),
Richterablehnung (BVerwG, 24.02.2000 - 9 B 74.00 -; Bay. VGH, 10.12.1992 - 11 C
92.33203 -, EZAR 630 Nr. 30; OVG Hamburg, 21.01.1993 - Bs VII 19/93 -; Hess.
VGH, 06.03.1995 - 12 TE 658/95 -; Hess. VGH, 26.07.1993 - 12 TE 1750/93 -; OVG
Nordrhein-Westfalen, 11.10.1999 - 23 A 3296/99.A und 22.12.1992 - 13 E
1467/92.A -), Urteilsberichtigung (BayVGH, 09.09.1998 - 19 C 98.32153 -, BayVBl.
1999, 87) und Aufhebung eines Verhandlungstermins (Hess. VGH, 06.03.1995 - 12
TE 652/95 -). Soweit es sich um die Vollstreckung asylverfahrensrechtlicher
Abschiebungsandrohungen und um Einwendungen hiergegen handelt, ist es
unerheblich, ob das Begehren des Ausländers im Ausländerrecht begründet ist;
entscheidend ist vielmehr der notwendige und enge Zusammenhang mit dem
asylrechtlichen (Grund-)Verfahren und dem asylverfahrensrechtlichen Teil des
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asylrechtlichen (Grund-)Verfahren und dem asylverfahrensrechtlichen Teil des
Vollstreckungsverfahrens (VGH Baden-Württemberg, 26.01.1998 - A 12 S 3522/97
-, VBlBW 1998, 317; VGH Baden-Württemberg, 01.10.1998 - 6 S 2334/98 -, VBlBW
1999, 106; VGH Baden-Württemberg, 06.08.1998 - 3 S 842/98 -, VBlBW 1999, 109;
OVG Hamburg, 11.03.1999 - 4 Bs 166/99 -; OVG Hamburg, 05.03.1998 - Bs IV
177/97 -, NVwZ-Beil. 1998, 96; Hess. VGH, 03.02.1999 - 3 TZ 4241/98 -; Hess.
VGH, 11.12.1997 - 12 TZ 4109/97 -, EZAR 630 Nr. 35 = NVwZ-Beil. 1998, 46 =
DÖV 1998, 391; Hess. VGH 20.01.1998 - 13 TZ 3765/97 -, NVwZ-Beil. 1998, 45;
Hess. VGH 05.02.1998 - 7 TG 336/98.A -; Hess. VGH, 22.04.1998 - 6 TZ 1496/98.A
-; OVG Rheinland-Pfalz, 29.04.1998 - 10656/98 -, NVwZ-Beil. 1998, 87). Angesichts
des Gesetzeswortlauts und der Entstehungsgeschichte erscheint es dem Senat
sicher, dass eine andere als diese weite Auslegung dem vom Gesetzgeber in den
Vordergrund gestellten Beschleunigungszweck zuwiderläuft (a.A. aufgrund einer
reinen Wortauslegung König, NVwZ 2000, 268).
Der Antragsteller beruft sich vorliegend jedoch nicht auf Abschiebungshindernisse
gegenüber der möglicherweise noch vollstreckbaren Abschiebungsandrohung aus
dem Bundesamtsbescheid vom 19. August 1999, sondern er berühmt sich
durchweg ausländerrechtlicher Ansprüche aus einem vorangegangenen
ausländerrechtlichen Verfahren, das einen ablehnenden ausländerrechtlichen
Bescheid mit Abschiebungsandrohung zum Gegenstand hatte. Die Frage, ob die
Geltendmachung ausländerrechtlicher Hindernisse gegenüber einer Abschiebung,
die sowohl auf einem asylverfahrensrechtlichen wie einem ausländerrechtlichen
Titel beruhen kann, zur Zulässigkeit der Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4 VwGO
entgegen § 80 AsylVfG führt, auch wenn sich die Behörde möglicherweise nur auf
eine Vollstreckung aus dem asylverfahrensrechtlichen Bescheid beruft, muss
jedoch hier nicht entschieden werden.
Die Beschwerde ist nämlich gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO als unzulässig zu
verwerfen, da sie einen gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO erforderlichen
bestimmten Antrag nicht enthält.
Sowohl der Wortlaut als auch Entstehungsgeschichte und Systematik dieser
Normen im Gefüge der Rechtsmittelbestimmungen sprechen nach der
Neufassung des § 146 Abs. 4 VwGO dafür, dass die Stellung eines bestimmten
Antrags unerlässliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beschwerde ist. Mit
Inkrafttreten des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im
Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987) am 1. Januar 2002
ist mit der Neufassung des § 146 Abs. 4 VwGO und der Streichung der Absätze 5
und 6 die Zulassungsbedürftigkeit der Beschwerde in Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes und der Prozesskostenhilfe abgeschafft worden. Für die
Beschwerde in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach §§ 80, 80a und 123
VwGO sind in der Neuregelung jedoch in einem abgestuften Verfahren besondere
Zulässigkeitserfordernisse aufgestellt worden. Danach muss die Beschwerde in
diesen Fällen innerhalb von zwei Wochen eingelegt (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und
binnen Monatsfrist begründet werden (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO). Sie muss einen
bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung
abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung
auseinandersetzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Mangelt es an einem dieser
Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (§ 146 Abs. 4 Satz
4 VwGO). Schon hieraus folgt, dass jedenfalls keine geringeren Anforderungen an
die Bestimmtheit des Antrags im Beschwerdeverfahren zu stellen sind, als dies
nach den übrigen Bestimmungen im Rechtsmittelrecht (§§ 124a Abs. 3 Satz 4,
139 Abs. 3 Satz 4 VwGO) und im Verfahren des ersten Rechtszuges (§ 82 Abs. 1
Satz 2 VwGO) der Fall ist. Nach dem Wortlaut sind keine gravierenden
Unterschiede festzustellen; denn stets ist ein "bestimmter Antrag" erforderlich.
Soweit § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Vorschriften des Teils II der VwGO für das
Berufungsverfahren für anwendbar erklärt und sich Gleiches aus § 141 Satz 1
VwGO für das Revisionsverfahren ergibt, versteht sich, dass diesem Erfordernis
auch dadurch Rechnung getragen werden kann, dass das Rechtsschutzziel
eindeutig bezeichnet wird und damit ohne weiteres feststeht; ein gestellter Antrag
kann zudem im Hauptsacheverfahren auch nach Ablauf der Begründungsfrist auf
einen Hinweis hin noch präzisiert werden (vgl. §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 86 Abs. 3
VwGO). Dies gilt im Grundsatz auch für das Beschwerdeverfahren, weil sich die
gerichtliche Hinweispflicht als Ausfluss des Gebots zur Gewährung rechtlichen
Gehörs darstellt. Allerdings können die Fristen zur Begründung von Berufung und
Revision auf Antrag verlängert werden (§§ 124a Abs. 3 Satz 3, 139 Abs. 3 Satz 3
VwGO), was für die Beschwerdebegründungsfrist nicht vorgesehen ist.
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Auch die Entstehungsgeschichte zeigt, dass der Wegfall des Zulassungsverfahrens
nicht zum früheren Zustand der eher formlos einzulegenden Beschwerde und
einer unbeschränkten Nachprüfung in der Sache führen sollte, sondern nach Art
einer Zwischenlösung zwischen relativ formloser Beschwerde mit voller
Überprüfungsfunktion und Zulassungsbedürftigkeit - auch mit Blick auf den seit 1.
Januar 1998 bestehenden anwaltlichen Vertretungszwang in der zweiten Instanz (§
67 Abs. 1 Satz 2 VwGO) - besondere formelle Zulässigkeitsvoraussetzungen
aufgestellt und auch die inhaltliche Nachprüfbarkeit durch das Rechtsmittelgericht
eingeschränkt wurden (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO; s. hierzu VGH Baden-
Württemberg, 01.07.2002 - 11 S 1293/02 -, demn. EZAR 625 Nr. 2; Hess. VGH,
05.07.2002 - 12 TG 959/02 -, EZAR 037 Nr. 7). Der Gesetzgeber hat erkennbar
strenge Maßstäbe anlegen wollen, da die Beschwerde nach Ablauf der
Begründungsfrist bei Fehlen einer der Voraussetzungen des § 146 Abs. 4 Satz 3
als unzulässig zu verwerfen ist. Diese zusätzliche Formulierung bringt zwar keine
gesteigerte Form der Bestimmtheit des Antrags oder der Erfolglosigkeit eines
Rechtsschutzbegehrens bei Nichterfüllen der normierten
Zulässigkeitsvoraussetzungen zum Ausdruck, soll aber erkennbar an die
besondere Bedeutung der Formbestimmungen und an die prozessualen Folgen
ihres Fehlens erinnern. Das sich hieraus ergebende zwingend notwendige
Erfordernis eines bestimmten Antrags korrespondiert auch mit dem in § 67 Abs. 1
Satz 2 VwGO schon für die frühere Zulassungsbeschwerde gegebenen und auch
nach der Neufassung des § 146 VwGO beibehaltenen Vertretungszwang vor dem
Rechtsmittelgericht. Dadurch wird die rechtskundige Vertretung des
Beschwerdeführers gesichert und es diesem ermöglicht, binnen der Monatsfrist
sein Beschwerdebegehren durch einen bestimmten Antrag, Darlegung der Gründe
und Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung dem
Prüfungsumfang nach zu bestimmen.
Der damit geforderte bestimmte Antrag braucht zwar nicht ausdrücklich formuliert
oder äußerlich hervorgehoben zu sein. Ausreichend, aber notwendig ist es, dass
der Antrag aus den dargelegten Beschwerdegründen zweifelsfrei festzustellen
(Bader u.a., VwGO, 2. Aufl. 2002, § 146 Rdnr. 28) oder ohne Verzögerung des
Beschwerdeverfahrens zu bestimmen und das Rechtsschutzziel des
Beschwerdeführers klar erkennbar ist (VGH Baden-Württemberg, 01.07.2002,
a.a.O.; offen gelassen von VGH Baden-Württemberg, 12.04.2002 - 7 S 653/02 -; zu
§ 139 Abs. 3 VwGO vgl. BVerwG, 20.06.1991 - 3 C 6.89 -, NJW 1992, 703). Die
Bestimmbarkeit kann sich auch aus der zulässigen Bezugnahme auf einen
erstinstanzlich gestellten Antrag (ebenso VGH Baden-Württemberg, 01.07.2002,
a.a.O.) ergeben. Es ist jedoch im Hinblick auf die gebotene Beschleunigung im
Verwaltungsprozess und insbesondere im Eilrechtsschutz nicht Aufgabe des
Oberverwaltungsgerichts, nicht hinreichend bestimmte Anträge unter erheblicher
Mühewaltung herauszuarbeiten. Daher ist eine eindeutige Bestimmbarkeit zu
fordern, sodass beim Fehlen jeglicher Anhaltspunkte etwa bestehende Zweifel am
klaren Rechtsschutzziel nicht dadurch beseitigt werden können, dass
angenommen wird, der Beschwerdeführer wolle die erstinstanzliche Entscheidung
in vollem Umfang anfechten bzw. die dort gestellten Anträge weiter verfolgen (so
aber Meyer-Ladewig in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 124a Rdnr.
105). Die Neufassung des § 146 Abs. 4 VwGO verlangt nach alledem vom
Beschwerdeführer (und seinem Bevollmächtigten) unter deutlich höherer
Inanspruchnahme der Mitwirkungspflichten im Verwaltungsprozess als bei der
früheren zulassungsfreien Beschwerde und bei dem späteren gesetzlichen
Übergang in das Beschwerdeverfahren nach Zulassung ein aktives Mitwirken an
der genauen Bestimmung des angestrebten Rechtsschutzziels.
Hier fehlt es an einem bestimmten Antrag in diesem Sinne. Der zunächst
ausdrücklich gestellte Antrag auf Zulassung der Beschwerde ist unstatthaft, ein
statthafter Antrag ist trotz gerichtlichen Hinweises in der noch innerhalb der
Beschwerdebegründungsfrist eingegangenen Mitteilung des Bevollmächtigten des
Antragsteller, der Antrag auf Zulassung der Beschwerde sei als Beschwerde
anzusehen, nicht gestellt worden. Dieser lässt sich auch nicht den Ausführungen in
dem als Zulassungsantrag bezeichneten Schriftsatz vom 25. Juli 2002 entnehmen,
mit dem lediglich der gestellte Antrag auf Zulassung der Beschwerde begründet
wird, indem sich der Antragsteller nur mit einigen in dem angegriffenen Beschluss
angeführten Punkten auseinandersetzt, ohne einen Sachantrag auch nur
anzukündigen oder ergänzend auf das erstinstanzliche Vorbringen Bezug zu
nehmen. Ein bestimmter Antrag lässt sich den Ausführungen zur Begründung des
Zulassungsantrags mit hinreichender Deutlichkeit auch deshalb nicht entnehmen,
da im erstinstanzlichen Eilantrag zwei unterschiedliche Begehren mit Haupt- und
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da im erstinstanzlichen Eilantrag zwei unterschiedliche Begehren mit Haupt- und
Hilfsantrag geltend gemacht wurden und nicht deutlich wird, wie weit das Begehren
in der Beschwerde (noch) gehen soll.
Die Entscheidung über die Kosten und den Streitwert des Beschwerdeverfahrens
ergeben sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.