Urteil des HessVGH vom 25.03.2009

VGH Kassel: windenergie, bekanntmachung, verlängerung der frist, stand der technik, genehmigung, rechtfertigung, ausschluss, eag, gerichtsakte, amtsblatt

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
3. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 C 594/08.N
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 35 Abs 3 S 3 BauGB, §
214 BauGB, § 6 BauGB, §
35 Abs 1 BauGB, § 244 Abs
1 BauGB
Zulässigkeit von Windkraftanlagen
Leit- oder Orientierungssatz
1. Ein Flächennutzungsplanverfahren ist "abgeschlossen" im Sinne des § 244 Abs. 1
BauGB mit der ortsüblichen Bekanntmachung der Genehmigung des
Flächennutzungsplans gemäß § 6 Abs. 5 BauGB.
2. Eine Gemeinde, die von 29 von ihr als potenzielle Windenergiezonen ermittelten
Bereiche 28 durch Anlegung eines vorgeblich weichen zusätzlichen Rasters ausschließt
und dabei generelle Abstände zu Siedlungsflächen von 1.100 m, zum Wald von 200 m,
zu Bundesautobahnen, Bundes-, Landes- und Kreisstraßen von 150 m anlegt ohne
erneut ihre Abstandskriterien zu hinterfragen, gibt der Windenergie unter
Berücksichtigung der vor Ort gegebenen Möglichkeiten keinen substanziellen Raum.
3. Bei der Ermittlung von Windenergiezonen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ist in die
Abwägung, soweit es um die Belange des Landschaftsbildes geht, auch die
Vorbelastung durch bereits vorhandene und Bestandsschutz genießende
Windenergieanlagen einzustellen.
4. Soweit Abstandsflächen ihre innere Rechtfertigung überwiegend aus
immissionsschutzrechtlichen Vorsorgegesichtspunkten ableiten, ist die Gemeinde zwar
nicht an die Werte der TA Lärm gebunden, sie hat jedoch erfolgte Lärmmessungen mit
in die Abwägung einzustellen.
Tenor
Der von der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin am 29. Mai 2006
beschlossene "Teilflächennutzungsplan Windenergie" ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten
abwenden, sofern nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung in entsprechender
Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des am 29. Mai 2006 von der
Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin beschlossenen, am 11. Juli
2006 vom Regierungspräsidium Darmstadt genehmigten und am 21. Juli 2006
bekannt gemachten "Teilflächennutzungsplans Windenergie" für das
Gemeindegebiet der Antragsgegnerin, mit dem sie eine Konzentrationszone für
Windenergie dargestellt hat.
Die Antragstellerin betreibt westlich des im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin
gelegenen Ortsteils A drei Windenergieanlagen, die außerhalb der dargestellten
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gelegenen Ortsteils A drei Windenergieanlagen, die außerhalb der dargestellten
Konzentrationszone liegen.
Unter dem 3. Mai 2004 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der
Antragsgegnerin, für das gesamte Gemeindegebiet einen Flächennutzungsplan
(Fortschreibung) aufzustellen. Am 23. November 2004 fand die frühzeitige
Bürgerbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB im Rahmen einer öffentlichen
Bürgerversammlung statt. Dabei wurde ausweislich der Bekanntmachung im
Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 12. November 2004 darauf hingewiesen, dass
im Rahmen des Flächennutzungsplanverfahrens eine flächendeckende Studie zur
Eignung oder Nichteignung des Stadtgebietes für Windkraftanlagen in Auftrag
gegeben worden sei und diese in der Zeit vom 24. November 2004 bis zum 15.
Dezember 2004 gemeinsam mit dem Flächennutzungsplanentwurf eingesehen
werden könne.
Am 23. Mai 2005 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der
Antragsgegnerin, den in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplan
dahingehend zu ergänzen, ihm die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB
im Hinblick auf die Nutzung von Windenergie zukommen zu lassen und in diesem
Zusammenhang eine Studie zur Eignung bzw. Nichteignung von Standorten zum
Betrieb von Windenergieanlagen in Auftrag zu geben.
Die Auftragsvergabe zu einer Standortuntersuchung Windenergie erfolgte an das
Planungsbüro G., das sein Untersuchungsergebnis unter dem 12. Dezember 2005
vorlegte. Das Gutachten, das das gesamte Gemeindegebiet der Antragsgegnerin
auf die Geeignetheit für die Aufstellung von Windenergieanlagen überprüft hat,
kam dabei nach Anlegung eines ersten Rasters (Abstandswerte zu
Ausschlussflächen/-gebieten) zu dem Ergebnis, dass 29 potenzielle
Konzentrationszonen denkbar seien, von denen jedoch nach Anlegung eines
weiteren Rasters (Abstandswerte zu Restriktionsbereichen) lediglich zwei Flächen
(K 2 und K 26) als bedingt geeignet bezeichnet werden könnten. Nach Auswertung
der Geeignetheitskriterien der Flächen K 2 und K 26 kam das Planungsbüro zu
dem Ergebnis, die Fläche K 2 sei deutlich besser für die Windenergienutzung
geeignet, als dies bei der Fläche K 26 der Fall sei.
Ebenfalls am 12. Dezember 2005 beschloss die Stadtverordnetenversammlung
der Antragsgegnerin, aufgrund des Aufstellungsbeschlusses vom 3. Mai 2004 i. V.
m. dem Beschluss vom 23. Mai 2005 den Sachbereich "Steuerung der
Windenergie" in einem eigenständigen Teilflächennutzungsplan Windenergie zu
regeln und beauftragte den Magistrat, einen entsprechenden
Teilflächennutzungsplan auf der Grundlage der Standortuntersuchung des
Planungsbüros G. zu erarbeiten und die frühzeitige Bürgerbeteiligung
durchzuführen.
Unter dem 6. März 2006 "beschloss" die Stadtverordnetenversammlung der
Antragsgegnerin den Entwurf eines Teilflächennutzungsplanes Windenergie gemäß
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB und beauftragte den Magistrat, das Verfahren gemäß §
3 Abs. 2 BauGB und § 4 BauGB durchzuführen und den Plan in der Zeit vom 20.
März 2006 bis 24. April 2006 öffentlich auszulegen.
Am 29. Mai 2006 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der
Antragsgegnerin den Teilflächennutzungsplan zur Steuerung der Windenergie
gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, wobei eine 156,7 ha große Fläche (im
Wesentlichen die von dem Planungsbüro als K 2 bezeichnete Fläche) als
Konzentrationszone Windenergie dargestellt wurde.
Die vom Regierungspräsidium Darmstadt unter dem 11. Juli 2006 erteilte
Genehmigung des Teilflächennutzungsplans Windenergie wurde von der
Antragsgegnerin in ihrem Amtsblatt vom 21. Juli 2006 öffentlich bekannt gemacht.
Mit Schreiben vom 23. Juli 2007, bei der Antragsgegnerin eingegangen am selben
Tag (Bl. 4, 64 Gerichtsakte), bezog sich die Antragstellerin über ihren
Bevollmächtigten auf die von dem Landkreis F in seiner Stellungnahme vom 21.
April 2006 (Bl. 123 - 136 Behördenakte) abgegebene Stellungnahme und wies im
Übrigen darauf hin, dass eine Zusammenfassung der Verfahrensschritte nach § 3
Abs. 2 und § 4 Abs. 1 BauGB nicht möglich sei, die Bekanntmachung zur
Offenlegung nach § 3 Abs. 2 BauGB den Hinweis auf eine beabsichtigte
Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht erkennen lasse und die
Planumweltverträglichkeitsprüfung umgangen worden sei. Im Übrigen verwies sie
auf ihre Stellungnahme vom 25. Januar 2006.
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Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 5. März 2008, eingegangen am 6. März
2008, hat die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung
trägt sie im Wesentlichen vor, Flächennutzungspläne mit den Rechtswirkungen des
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unterlägen in entsprechender Anwendung des § 47 Abs.
1 Nr. 1 VwGO der Normenkontrolle. Da der Teilflächennutzungsplan im Jahr 2006 in
Kraft getreten sei, betrage die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gemäß
der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung (§ 195 Abs. 7 VwGO) zwei
Jahre.
Sie, die Antragstellerin, betreibe westlich des Ortsteils A drei Windenergieanlagen,
die außerhalb der Konzentrationszone lägen und die daher nur noch
Bestandsschutz genössen. Bei Wirksamkeit des Flächennutzungsplanes sei jede
wesentliche Änderung der vorhandenen Windenergieanlagen, insbesondere ein
Wiederaufbau nach einem Schadensfall, ebenso planungsrechtlich unzulässig wie
ein Repowering durch neue, leistungsstärkere Windenergieanlagen. Mit Schriftsatz
ihres Bevollmächtigten vom 12. August 2008 trug sie vertiefend vor, der
angegriffene Teilflächennutzungsplan sei bereits deshalb rechtswidrig und damit
unwirksam, weil er entgegen § 2a Satz 2 Nr. 2 Satz 3 BauGB (überhaupt) keinen
Umweltbericht enthalte. Im Fall des "Teilflächennutzungsplans Windenergie" seien
beide Voraussetzungen der Überleitungsvorschrift des § 244 Abs. 1 BauGB erfüllt,
so dass ein Umweltbericht als eigenständiger Teil der Planbegründung und mit den
entsprechenden Anforderungen an Struktur und Inhalt gemäß der in § 2a BauGB
erwähnten Anlage erforderlich gewesen sei. Die Beschlussfassung über die
Aufstellung des Teilflächennutzungsplans habe nämlich erst am 23. Mai 2005
stattgefunden, ein Rückgriff auf den Aufstellungsbeschluss vom 3. Mai 2004 sei
nicht zulässig. Der Teilflächennutzungsplan sei auch erst durch die
Bekanntmachung der Genehmigung des Regierungspräsidiums Darmstadt am 21.
Juli 2006 wirksam geworden und das Verfahren daher erst zu diesem Zeitpunkt im
Sinne des § 244 Abs. 1 BauGB "abgeschlossen" gewesen.
Dieser Fehler erweise sich gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 3, 3. Halbs. BauGB als
beachtlich, im Übrigen ohne dass es in diesem Zusammenhang auf
Kausalitätserwägungen im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB ankomme.
Besondere Rügefristen gemäß § 215 BauGB seien nicht einschlägig, da in der
Schlussbekanntmachung vom 21. Juli 2006 lediglich auf die Formvorschriften in §
214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB, nicht aber auch auf § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr.
3 BauGB hingewiesen worden sei. Auf Grund dieser fehlerhaften Belehrung sei §
215 Abs. 2 BauGB verletzt mit der Folge, dass die Rügefristen, insbesondere
hinsichtlich materieller Planungsmängel wie Abwägungsmängel, noch liefen.
Selbst wenn man vom Lauf der Rügefristen ausgehe, habe die Antragstellerin mit
ihrem Schreiben vom 23. Juli 2007 die Jahresfrist eingehalten, da es sich bei dem
21. Juli 2007 um einen Samstag gehandelt habe, so dass der nächste Werktag,
also der 23. Juli 2007, maßgebend gewesen sei.
Die Offenlegungsbekanntmachung erfülle zudem nicht die von ihr geforderte
Anstoßfunktion, da aus ihr nicht ersichtlich sei, dass dem Flächennutzungsplan die
Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB zukommen sollten.
Der angefochtene Flächennutzungsplan sei auch materiell fehlerhaft.
Die Antragsgegnerin habe durch die von ihr dargestellte Konzentrationszone in
ihrem Gemeindegebiet der Windenergie keine "substantielle
Entfaltungsmöglichkeit" eingeräumt, wie dies § 35 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs. 1
BauGB nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordere.
Obgleich als Ausschlussflächen nicht nur allgemein anerkannte Flächen wie
Siedlungen oder Verkehrsflächen indiziert würden, sondern auch fragwürdige
Bereiche wie generelle Abstandspuffer zu Siedlungsflächen von 750 m, seien
gleichwohl nach Anwendung dieser Ausschlusskriterien für das Gemeindegebiet
noch 29 Potenzialflächen (als potenzielle Konzentrationszonen K 1 bis K 29)
gefunden worden, die sich auch unter dem Gesichtspunkt der Windverhältnisse für
eine Windenergienutzung eigneten. Dabei stellten diese potenziellen
Konzentrationszonen eine Fläche von insgesamt 1.896 ha des 11.332 ha
umfassenden Gemeindegebietes (entsprechend 16,72 %) dar. In der Folge seien
dann jedoch aufgrund der Anwendung von weiteren Restriktionskriterien, also auch
nach Auffassung des Planungsbüros "weicher" Kriterien, so gut wie alle Flächen als
"ungeeignet" gekennzeichnet worden. Lediglich die Flächen K 2 und K 26 hätten
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"ungeeignet" gekennzeichnet worden. Lediglich die Flächen K 2 und K 26 hätten
das Prädikat "bedingt/ in Teilbereichen geeignet" bzw. "ungeeignet/ in Teilbereichen
bedingt geeignet" erhalten. Schlussendlich sei lediglich die Fläche K 2 ausgewählt
und im Flächennutzungsplan als Windeignungsfläche dargestellt worden, was
jedoch abwägungsfehlerhaft sei. Hinzu käme, dass sich keineswegs die gesamte
Fläche K 2 für die Windenergie eigne, da sich dort freizuhaltende Bereiche für
Hochspannungstrassen und Richtfunkverbindungen befänden, auch Waldabstände
seien einzuhalten.
Die Planung der Antragsgegnerin habe sich von vornherein allenfalls am "rechtlich
unabdingbaren Minimum" orientiert. Dies sei jedoch nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtfertigung der Darstellung von
Konzentrationszonen nicht ausreichend. Eine Gemeinde müsse ihre zunächst
gewählten Kriterien des Flächenfindungsprogramms noch einmal ändern, wenn
sich herausstelle, dass mit dem von ihr gefundenen Ergebnis der Windenergie
nicht genügend Raum gegeben werde.
Dabei stelle sich bereits das angelegte Flächenfindungsprogramm mit den
Ausschluss- und Restriktionskriterien als abwägungsfehlerhaft dar.
Ein pauschal festgelegter Abstandspuffer zu Siedlungsbereichen von 750 m und
mehr sei nicht gerechtfertigt, zumal bei einem aus mehreren Windenergieanlagen
bestehenden Windpark bereits bei einem Abstand von 500 m 43 dB (A) und bei
einem solchen von 750 m 38 dB (A) einhaltbar seien. Es werde unterschiedslos
jedem Siedlungsbereich ein zu beachtender Lärmrichtwert von unter 40 dB (A)
entsprechend den Werten eines allgemeinen Wohngebietes zuerkannt, ohne dass
auch nur ansatzweise die Frage gestellt werde, welchen Schutzanspruch die
betreffenden Gebiete aufgrund ihres tatsächlichen Charakters hätten. Gerade die
Siedlungsperipherie, die maßgeblich durch Wohnnutzung geprägt sei, sei durch
ihre Lage zum Außenbereich hin gekennzeichnet und erfahre dadurch in Bezug auf
den Lärmschutz eine partielle Rücknahme des Schutzstatus. Die völlig
undifferenzierte Anwendung des Abstandspuffers von 750 m führe zu
Verzerrungen, da andere Lärm verursachende Betriebe von diesen Anforderungen
ausgenommen würden. Dies widerspreche der von dem Gesetzgeber intendierten
Förderung der Windenergie, wie sie nicht zuletzt durch die planungsrechtliche
Privilegierung im Außenbereich zum Ausdruck komme. Dies gelte umso mehr, als
die Antragsgegnerin unter Einbeziehung ihres so genannten Abstandswertes zu
Restriktionsbereichen einen generellen Abstandspuffer von 1.100 m zu
Siedlungsbereichen angelegt habe.
Auch ein genereller Abstand von 500 m (entsprechend 43 dB [A]) zu jeder
Wohnnutzung im Außenbereich sei nicht plausibel. Vorbeugender
Immissionsschutz sei zwar in der Bauleitplanung mit Blick auf konkrete
Planungsvorhaben möglich, dies setze jedoch eine Auseinandersetzung mit den
konkret bestehenden Vorbelastungen des betreffenden Gebietes und den weiteren
gemeindlichen Planungen voraus. Anderenfalls werde "vorbeugender
Immissionsschutz" lediglich als inhaltsleeres Schlagwort zur Rechtfertigung einer
restriktiven Planung der Windenergienutzung missbraucht.
Auch der Abstandspuffer zu Bereichen für Erholung und Fremdenverkehr von
generell 400 m sei nicht plausibel, da nicht einsehbar sei, warum Tennisplätze,
sonstige Sportplätze, Bolzplätze oder Schießsportanlagen ausgerechnet in Bezug
auf Windenergieanlagen besondere Abstände erforderten.
Bei den von der Antragsgegnerin angeführten Belangen "Erholungseignung" und
"Landschaftsbild" verkenne sie die aus der Privilegierung der Windenergieanlagen
im Außenbereich zu ziehenden Schlussfolgerungen. Windenergieanlagen seien
dem Außenbereich aufgrund ihrer Privilegierung nicht mehr wesensfremd; sie
müssten auch typischerweise auf Freiflächen oder Anhöhen errichtet werden, um
effektiv arbeiten zu können. Sie seien daher typischerweise weithin sichtbar. Der
gedankliche Ansatz, sie dürften nach Möglichkeit im Gemeindegebiet nicht
wahrnehmbar sein, sei mit der gesetzlichen Wertentscheidung nicht in Einklang zu
bringen.
Die Prämisse der Antragsgegnerin, Windenergieanlagen dürften nicht an
Wanderwegen liegen und sollten im Gemeindegebiet von 14 Aussichtspunkten
nach Möglichkeit nicht gesehen werden, stehe im Widerspruch zu § 35 Abs. 1
BauGB.
Auch der vorgesehene Mindestabstand von 3 bis 5 km zwischen Windparks sei
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Auch der vorgesehene Mindestabstand von 3 bis 5 km zwischen Windparks sei
jedenfalls bei geringer Positivausweisung, wie hier, als unzulässig anzusehen.
Hinsichtlich des von der Antragsgegnerin ebenfalls ins Feld geführten Arguments
der Tourismusschädlichkeit von Windenergieanlagen sei dies bereits nicht
erwiesen, auch werde eine vergleichende Betrachtung der wirtschaftlichen
Bedeutung des Tourismus auf der einen Seite und der der Ansiedlung von
Windenergieanlagen nicht angestellt.
Die von der Antragsgegnerin vorgesehenen Abstände von 150 m zu
Bundesautobahnen, Bundes-, Landes- und Kreisstraßen sei ebenfalls nicht
nachvollziehbar, insbesondere unter Berücksichtigung der nach dem
Bundesfernstraßengesetz vorgeschriebenen Abstände für Hochbauten an
Autobahnen bis zu 40 m und für Bundesstraßen von 20 m. Es bestehe weder eine
realistische Gefahr des Umkippens von Windkraftanlagen, was sich aus
Untersuchungen der vergangenen Jahre belegen lasse, noch eine solche von
"Eiswurf". Eisansatzgefahr sei ohnehin nur in Höhenlagen ab 400 m über NN
gegeben, zudem könne durch technische Vorrichtungen an den Rotorblättern die
Gefahr von Eiswurf ausgeschlossen werden (Bl. 54 Gerichtsakte).
Hinsichtlich der Abstände zu Hochspannungsleitungen (150 m) und
Richtfunktrassen (50 bis 300 m) handele es sich um Konflikte zwischen
privilegierten Anlagen, die nicht einseitig zu Lasten der Windenergieanlagen
ausgetragen werden könnten. Im Übrigen seien die gewählten Schutzabstände
auch in technischer Hinsicht nicht nachvollziehbar.
Auch ein genereller Abstand zu FFH-Gebieten von 200 m könne keinen Bestand
haben, da die FFH-Gebietsausweisung unterschiedlichste Gründe haben könne, die
ggf. keinen Schutzabstand erforderten. Gleiches habe für die avifaunistisch
begründeten pauschalen Schutzabstände von bis zu 2.000 m zu gelten.
Das Flächenfindungsprogramm sei in sich abwägungsfehlerhaft, was bedeute,
dass auch die nachfolgende Abwägung, die sich darauf beziehe, fehlerhaft sei.
Darüber hinaus sei der Abwägungsvorgang auch für sich betrachtet mit weiteren
Fehlern behaftet. Gerade das Kriterium "bedeutsames Landschaftsbild" werde
überbewertet und den Belangen der Windenergienutzung nicht gerecht. Die
tatsächlich ausgewiesenen Fläche K 2 unterliege erheblichen Restriktionskriterien,
wie Belange des erweiterten Siedlungsschutzes, des Forstes, des Arten-, Natur-
und Landschaftsschutzes, der Wasserwirtschaft und der Erholungseignung.
Gleichwohl würden diese im konkreten Fall als nicht relevant angesehen, obgleich
sie bei anderen potenziellen Konzentrationszonen letztendlich als für eine
Nichteignung durchgreifend erwogen worden seien. Dies sei widersprüchlich und
verstoße gegen den Grundsatz der ausreichenden Planrechtfertigung. Als
besonders konfliktreich würden dabei nach der Standortuntersuchung (dort S. 66)
Windenergieanlagen im Bereich von Rastgebieten und Plätzen von Zugvögeln
angesehen. Eben dies treffe jedoch auf die Konzentrationszone K 2 zu. Der
besondere Reiz der Eignungsfläche für die Antragsgegnerin scheine darin zu
liegen, dass sie sich am äußersten Rand des Gemeindegebietes befinde, worauf
auch der Landkreis F in seiner Stellungnahme hingewiesen habe.
Auch in seinem Verhältnis zu den regionalplanerischen Vorgaben verhalte sich der
Teilflächennutzungsplan widersprüchlich. In weiten Teilen finde eine Anlehnung an
die Ausschluss- und Restriktionskriterien des in Aufstellung befindlichen
Regionalplan Südhessen (RPS) statt, das Konzept des geltenden RPS 2000 werde
dabei nahezu komplett abgelehnt, wobei noch nicht einmal die (bereits bebauten)
Vorrangbereiche übernommen würden. Gleichzeitig würden aber entgegen dem
Entwurf des RPS die Bereiche für den Schutz und die Entwicklung für Natur und
Landschaft des zurzeit geltenden RPS 2000 berücksichtigt (S. 34 Planbegründung,
Bl. 61 Gerichtsakte). Dies alles sei in sich widersprüchlich und könne dem Plan
keine innere Rechtfertigung geben.
Schließlich sei der Plan jedoch auch deshalb abwägungsfehlerhaft, weil er zu
keinem Zeitpunkt die Interessen der Betreiber der vom Plan nicht bestätigten,
bereits seit langer Zeit existierenden Windenergieanlagen berücksichtigt habe.
Insoweit sei ein Abwägungsausfall zu verzeichnen.
Schließlich verstoße der angegriffene Plan auch gegen das in § 1 Abs. 4 BauGB
normierte Anpassungsgebot, da die von dem Regierungspräsidium Darmstadt am
10. Juli 2006 erteilte Abweichungsentscheidung ihrerseits rechtswidrig sei.
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Die Antragstellerin beantragt,
den "Teilflächennutzungsplan Windenergie nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB",
bekannt gemacht im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 29 vom 21. Juli 2006, für
unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt sie aus, der Normenkontrollantrag sei bereits unzulässig, da
verfristet. Die Überleitungsvorschrift des § 195 Abs. 7 VwGO greife bereits deshalb
nicht, da es sich bei dem Flächennutzungsplan nicht um eine Rechtsvorschrift im
Sinne des § 47 Abs. 1 VwGO handele.
Die Antragstellerin habe auch die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler
nicht ordnungsgemäß nach den §§ 214, 215 BauGB gerügt. Dem Schreiben vom
23. Juli 2007 komme die erforderliche Anstoßfunktion nicht zu, da es lediglich
knapp auf einige behauptete Fehler hinweise. Daran ändere auch nichts der
Hinweis auf das Schreiben vom 25. Januar 2006, die Mängel könnten nicht mehr
geltend gemacht werden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei das vor
Inkrafttreten des EAG Bau 2004 geltende BauGB anzuwenden. Dies ergebe sich
aus der zutreffenden Auslegung des § 244 Abs. 1 BauGB, da das Verfahren sowohl
vor dem 20. Juli 2004 förmlich eingeleitet worden sei und zudem vor dem 20. Juli
2006 abgeschlossen worden sei. Hinsichtlich der Einleitung sei auf den
Aufstellungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 3. Mai 2004 abzustellen,
hinsichtlich des Abschlusses des Verfahrens auf die Genehmigung des
Regierungspräsidiums Darmstadt vom 11. Juli 2006.
Nach den zugrunde zu legenden gesetzlichen Vorgaben lägen die von der
Antragstellerin geltend gemachten Verfahrensfehler nicht vor. Weder sei nach dem
BauGB in der Fassung vor dem 20. Juli 2004 ein Umweltbericht zu erstellen
gewesen, noch habe eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 EAG Bau stattzufinden
gehabt. Die Zusammenfassung der Verfahrensschritte nach § 3 Abs. 2 BauGB
2001 und § 4 Abs. 1 BauGB 2001 sei gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 BauGB 2001
ausdrücklich zulässig. Mängel der Offenlegungsbekanntmachung lägen ebenfalls
nicht vor, da der Hinweis in der Bekanntmachung im Amtsblatt der
Antragsgegnerin vom 10. März 2006 die Anstoßfunktion erfülle.
Hinsichtlich der behaupteten materiellen Mängel sei der Normenkontrollantrag
schon wegen einer fehlenden ordnungsgemäßen Rüge gemäß § 215 BauGB
unbegründet. Die Rügen hätten aber auch in der Sache keinen Erfolg. Die
Überlegungen der Antragsgegnerin bei der Entwicklung ihres Konzeptes zur
Ansiedlung von Windenergieanlagen seien vor dem Hintergrund zu verstehen,
dass sie sich vom Bau von Windenergieanlagen "überrollt" und in anderen
Stadtentwicklungszielen gefährdet gesehen habe und ihre Bürger ein dringendes
Bedürfnis nach "Eindämmung" des Baus von Windenergieanlagen im Außenbereich
gesehen hätten. Es habe in Anbetracht der hohen und andere städtebaulichen
Ziele sehr beeinträchtigenden Zahl von 18 bereits gebauten bzw. genehmigten
Windenergieanlagen ein dringendes städtebauliches Bedürfnis zu einer Steuerung
mit einer gewissen restriktiven Tendenz bestanden. Das Recht einer Kommune,
Vorhaben im Außenbereich entsprechend § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu steuern,
beinhalte auch das Recht einer restriktiven Steuerung. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB
setze der allgemeinen Privilegierung Grenzen, eine Kommune müsse sich nicht
mit allen Mitteln und unter Rückstellung sonstiger Belange für eine höchstmögliche
Entfaltungsmöglichkeit der Windenergie entscheiden. Durch die Darstellung der
Konzentrationszone habe sie der Windenergie substantiell Raum verschaffet, wie
dies von der Rechtsprechung gefordert werde. Die von ihr gewählte Methodik der
Flächenermittlung und die dabei zugrunde gelegten Ausschluss-
/Restriktionskriterien seien nicht zu beanstanden. Abwägungsmängel lägen nicht
vor. Bei einem Abstandspuffer zu Siedlungen von nur 750 m (Tabubereich) und
von 1.100 m (Restriktionsbereich) handele es sich um Abstände an der unteren
Grenze des heute in Flächennutzungs- und Regionalplänen allgemein Üblichen. Die
genannten Abstände seien gängiger "Stand der Technik". Die Rechtfertigung
derartiger Pufferzonen sei auch nicht ausschließlich unter Lärmgesichtspunkten zu
betrachten, was auch in der Standortuntersuchung verdeutlicht werde. Die
Abstände sollten alle Siedlungsbereiche unter verschiedenen Gesichtspunkten
schützen, unter denen industrielle Bauwerke von Bürgern und ihren
Wohnbereichen als belastend empfunden werden könnten: Lärm, Bedrängung,
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Wohnbereichen als belastend empfunden werden könnten: Lärm, Bedrängung,
Schattenwurf, Eiswurf, Blinkfeuer, für den Siedlungsbereich atypische Bauwerke.
Zur planerischen Freiheit einer Kommune gehöre es, pauschale Abstände
zwischen Windparks festzulegen und die Wirkungen von Windenergieanlagen
abwägend bei der Beurteilung von "Erholung und Fremdenverkehr" oder "Natur
und Landschaftsbild" einzubringen und dabei Entscheidungen auch gegen
Windenergieanlagen und für solche städtebaulichen Faktoren zu treffen. Zwar
möge es sein, dass die Antragstellerin vor dem Hintergrund ihrer Ansichten eine
andere Abwägung vorgenommen hätte, dies belege jedoch keinen
Abwägungsfehler. Auch die von ihr gewählten Abstände zu Straßen, zu
Hochspannungsfreileitungen und Richtfunktrassen, FFH-Gebieten und
avifaunistisch schützenswerten Gebieten seien von ihrer planerischen
Gestaltungsfreiheit gedeckt. Sie habe ein gesamträumliches schlüssiges
Standortkonzept entwickelt, darauf aufbauend ihr Stadtgebiet abwägungsfehlerfrei
in Konzentrations- und Ausschlussbereiche eingeteilt und der Windenergienutzung
unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und städtebaulichen
Erfordernisse im Stadtgebiet durch Darstellung einer großen Konzentrationsfläche
ausreichend Raum gewährt.
Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB sei nicht gegeben, die mit Beschluss der
Regionalversammlung Südhessen vom 30. Juni 2006 genehmigte Abweichung, der
Antragsgegnerin mitgeteilt mit Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt
vom 10. Juli 2006, sei rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Rechtsmittel gegen
diese Entscheidung seien nicht eingelegt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug
genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Verwaltungsvorgang der
Antragsgegnerin (1 Leitz-Ordner, 1 Aktenheft) sowie den Verwaltungsvorgang des
Regierungspräsidiums Darmstadt betreff des Abweichungsverfahrens (2
Aktenhefte). Die Unterlagen sind insgesamt zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung und Beratung gemacht worden.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Der angegriffene Teilflächennutzungsplan
unterliegt in entsprechender Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der
verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle. Nach dieser Vorschrift entscheidet das
Oberverwaltungsgericht auf Antrag über die Gültigkeit von Satzungen, die nach
den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind sowie von
Rechtsverordnungen aufgrund des § 246 Abs. 2 BauGB. Die durch das Gesetz zur
Änderung des Baugesetzbuchs vom 30. Juli 1996 (BGBl. I S. 1189) mit Wirkung
vom 1. Januar 1997 eingeführte Regelung des § 35 Abs. 3 Satz 4 BauGB (jetzt § 35
Abs. 3 Satz 3 BauGB) hat die Darstellungen im Flächennutzungsplan, die
Konzentrationsflächen für die nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten
Außenbereichsvorhaben festlegen, mit Rechtswirkungen versehen, die - gemessen
an den gesetzgeberischen Zielsetzungen des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO -
nachträglich eine planwidrige Regelungslücke haben entstehen lassen, die im
Wege der Analogie zu schließen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.04.2007 - 4 CN
3.06 - Rdnr. 11 in juris-online).
Der Normenkontrollantrag ist auch im Übrigen zulässig.
Der am 6. März 2008 anhängig gemachte Normenkontrollantrag ist fristgerecht
erhoben. In Anbetracht der Tatsache, dass der Teilflächennutzungsplan der
Antragsgegnerin am 21. Juli 2006 bekannt gemacht worden ist, ist nämlich gemäß
§ 195 Abs. 7 VwGO die bis zum 31. Dezember 2006 geltende Zweijahresfrist des §
47 Abs. 2 VwGO in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I
S. 686), zuletzt geändert durch Art. 2 Sechsundzwanzigstes AbgeordnetenG-ÄndG
vom 22. August 2005 (BGBl I S. 2482) maßgeblich.
Dabei ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin die Überleitungsvorschrift
des § 195 Abs. 7 VwGO auch auf diejenigen Sachverhalte anzuwenden, bei denen
die Normenkontrolle des § 47 VwGO nur in entsprechender Anwendung zur
Anwendung kommt. Würde die Überleitungsvorschrift des § 195 Abs. 7 VwGO nicht
auch auf Fälle der vorliegenden Art angewandt, würde dies zu einer nicht
gerechtfertigten Ungleichbehandlung dem Grunde nach gleich gelagerter
Sachverhalte führen, die aber gerade die analoge Anwendung des § 47 VwGO
hinsichtlich der Angreifbarkeit von Flächennutzungsplänen mit den Wirkungen des
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erforderlich gemacht hat.
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Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
Dabei genügt ein Antragsteller seiner Darlegungspflicht hinsichtlich der
Antragsbefugnis, wenn er hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es
zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des
angegriffenen Bebauungsplans bzw. Darstellungen des angegriffenen
Flächennutzungsplans in eigenen Rechten verletzt wird (BVerwG, Urteil vom
24.09.1998 - 4 CN 2.98 - in juris-online). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf
die Antragstellerin erfüllt, die im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin insgesamt
drei Windkraftanlagen betreibt, die durch die Ausweisung einer Konzentrationszone
an anderer Stelle auf ihren Bestandsschutz zurückgeworfen und der Möglichkeit
von Instandsetzungs- und Erneuerungsmaßnahmen, ebenso wie Repowering
beraubt werden.
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.
Der "Teilflächennutzungsplan Windenergie" der Antragsgegnerin ist für unwirksam
zu erklären, soweit darin eine Konzentrationsfläche für Windenergieanlagen im
Bereich nördlich E/H und die übrigen Flächen des Gemarkungsgebietes damit als
Ausschlussflächen dargestellt sind.
Der "Teilflächennutzungsplan Windenergie" ist bereits unwirksam, weil die
Antragsgegnerin weder die - formalisiert vorgeschriebene - Umweltprüfung noch
den - formalisiert vorgeschriebenen - Umweltbericht gemäß §§ 2 Abs. 4, 2 a Satz 2
Nr. 2 BauGB i. V. m. der Anlage 1 zum BauGB erstellt hat.
Dabei ist im vorliegenden Verfahren entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin
gemäß § 244 Abs. 1 BauGB maßgeblich das BauGB in der Fassung der
Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert
durch Art. 1 Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die
Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3316) - BauGB -.
Gemäß § 244 Abs. 1 BauGB werden abweichend von § 233 Abs. 1 BauGB
Verfahren für Bauleitpläne und Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 und § 35 Abs. 6
BauGB, die nach dem 20. Juli 2004 förmlich eingeleitet worden sind oder die nach
dem 20. Juli 2006 abgeschlossen werden, nach den Vorschriften dieses Gesetzes
zu Ende geführt.
Es kann dahinstehen, ob in Anbetracht der Tatsache, dass der allgemeine
Aufstellungsbeschluss zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans vom 3. Mai
2004 stammt, das Verfahren vor dem 20. Juli 2004 förmlich eingeleitet worden ist,
da es aufgrund der Tatsache, dass der "Teilflächennutzungsplan Windenergie" und
seine Genehmigung durch das Regierungspräsidium Darmstadt vom 11. Juli 2006
am 21. Juli 2006 bekannt gemacht worden ist, nach dem 20. Juli 2006 mit der Folge
abgeschlossen worden ist, dass das BauGB in der derzeit geltenden Fassung
Anwendung findet.
Der Begriff "abgeschlossen" im Sinne des § 244 Abs. 1 BauGB ist nunmehr
höchstrichterlich durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.
Januar 2009 (4 BN 27.08 in juris-online) geklärt. Das Bundesverwaltungsgericht hat
in der zitierten Entscheidung zu einem Bebauungsplanverfahren ausgeführt,
abgeschlossen sei das Verfahren, wenn die Gemeinde einen Bebauungsplan als
Satzung beschlossen und ihn gemäß § 10 Abs. 3 BauGB bekannt gemacht habe.
Der Zeitpunkt der erstmaligen Bekanntmachung sei auch dann maßgebend, wenn
der Plan zur Behebung eines Ausfertigungsmangels zu einem späteren Zeitpunkt
durch ein ergänzendes Verfahren (§ 214 Abs. 4 BauGB) mit unverändertem Inhalt
erneut bekannt gemacht werde (Beschluss vom 26.01.2009 - 4 BN 27.08 - unter
Hinweis auf den Beschluss vom 01.08.2007 - BVerwG 4 BN 32.07 - beide in juris-
online). Werde dagegen ein ergänzendes Verfahren durchgeführt, in dem das
ursprüngliche Verfahren in das Stadium vor dem Satzungsbeschluss
zurückversetzt werde und ende es mit einem neuen Satzungsbeschluss, sei das
Verfahren jedenfalls dann erst mit der Bekanntmachung dieses
Satzungsbeschlusses abgeschlossen, wenn das zuständige Gemeindeorgan in
eine erneute Entscheidung eingetreten sei, dann sei nunmehr der Zeitpunkt der
zweiten Abwägungsentscheidung der gesetzliche im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 1
BauGB (vgl. insgesamt BVerwG, Beschluss vom 26.01.2009 - 4 BN 27.08 - in juris-
online).
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Nichts anderes hat jedoch für Flächennutzungspläne zu gelten, die gemäß § 6 Abs.
5 Satz 2 BauGB erst mit der Bekanntmachung ihrer Genehmigung wirksam
werden.
Allerdings wird in der Kommentarliteratur die Frage nicht einheitlich beantwortet,
wann ein Bauleitplanverfahren "abgeschlossen" im Sinne des § 244 Abs. 1 BauGB
ist. Während Berkemann davon ausgeht, dass bei einem
Flächennutzungsplanverfahren das Verfahren erstmals mit der Erteilung der
Genehmigung des Flächennutzungsplans abgeschlossen ist, es mithin auf den
Zeitpunkt der nachfolgenden Bekanntmachung der Genehmigung (§ 6 Abs. 5 Satz
2 BauGB) nicht ankommt (vgl. Berkemann/Halama, Erstkommentierungen zum
BauGB 2004, Berlin/Leipzig/Hamburg 2005, § 244 Rdnr. 20), gehen die übrigen
Kommentarmeinungen, soweit sie sich zu diesem Sachverhalt verhalten, davon
aus, dass der förmliche Abschluss des Verfahrens im Sinne des § 244 Abs. 1
BauGB den im BauGB vorgesehenen letzten Verfahrensschritt, mithin die
Inkraftsetzung durch ortsübliche Bekanntmachung, bezeichnet (vgl. Söfker, in
Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, Stand: Oktober 2008, § 244 Rdnr.
23; Lemmel, in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., Stand: Dezember 2008,
§ 244 Rdnr. 4; Kröninger, in Ferner/Kröninger/Aschke, Baugesetzbuch,
Handkommentar, 2. Aufl., 2008, § 244 Rdnr. 3). Die Überleitungsvorschrift des §
244 Abs. 1 BauGB folgt dabei der Vorgabe des Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie
2001/42/EG (Plan-UP-Richtlinie), der die Verpflichtung zur Umweltprüfung nach Art.
1 Abs. 1 der Richtlinie regelmäßig auch auf solche Altverfahren erstreckt, die erst
nach mehr als 24 Monaten nach Ablauf des 20. Juli 2004 in Kraft treten. Von der
nach EG-Recht zulässigen Verlängerung der Frist hat der deutsche Gesetzgeber
keinen Gebrauch gemacht. Die in § 244 Abs. 1 BauGB genannten Bauleitpläne und
Satzungen müssen also den Vorschriften des BauGB in der Fassung EAG Bau
genügen, wenn sie am 21. Juli 2006 oder später bekannt gemacht werden. Die
Umweltprüfung muss danach durchgeführt werden, wenn die eigentliche Planung
vor dem Stichtag bereits abgeschlossen war und sich nur die erstmalige
Bekanntmachung des Plans verzögert hat, denn es kommt auf den Abschluss des
Verfahrens an (vgl. Lemmel, in Berliner Kommentar zum BauGB, a. a. O., § 244
Rdnr. 4).
Der gegenteiligen, von dem OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 26.
April 2007 (7 D 18/06.NE) vertretenen Auffassung, wonach es maßgeblich auf den
Satzungsbeschluss ankommen soll, folgt der Senat nicht.
"Abschluss" bedeutet nach seinem Wortsinn den letzten erforderlichen Rechtsakt
zur Inkraftsetzung der Norm bzw. des Plans und dies ist nach den Regelungen des
BauGB die Bekanntmachung des Bauleitplans bzw. der Genehmigung des
Flächennutzungsplans. Bis zu diesem Zeitpunkt kommen der Beschlussfassung
und/oder der Genehmigung keine Rechtswirkungen zu, sie können jederzeit in ein
neues Verfahren zurückgeführt und verändert werden. Nach Sinn und Zweck der
Norm sollte und musste jedoch aufgrund der europarechtlichen Vorgaben und der
damit verbundenen Umsetzungsverpflichtungen hinsichtlich der Möglichkeit, auf
bestimmte Verfahrensschritte, insbesondere den Umweltbericht und die diesem
vorgelagerte Umweltprüfung zu verzichten, auf den eindeutig bestimmbaren
Endzeitpunkt, der mit der Umsetzungsverpflichtung hinsichtlich der
europarechtlichen Vorgaben korreliert, abgestellt werden. Dabei muss ab dem 20.
Juli 2006 den europarechtlichen Vorgaben entsprochen werden, wobei der Bonus,
nach "Altrecht" ein Bauleitplanverfahren zu Ende führen zu können, von der
Gebietskörperschaft nicht "auf Vorrat" durch frühzeitige Beschlussfassung ohne
maßgebliche Bekanntmachung herbeigeführt werden darf. Nach dem
Regelungsgefüge der bauplanungs- und europarechtlichen Vorschriften ist unter
"Abschluss" des Planungsvorgangs die Inkraftsetzung des Plans und damit seine
Bekanntmachung zu verstehen.
Ist daher das ab dem 21. Juli 2004 geltende BauGB anzuwenden, steht fest, dass
die Antragsgegnerin weder die gemäß § 2 Abs. 4 BauGB i. V. m. der Anlage 1 zum
BauGB geforderte formalisierte Umweltprüfung durchgeführt noch den gemäß § 2a
Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 BauGB geforderten gesonderten Umweltbericht erstellt
hat.
Dabei hat die Antragstellerin das Fehlen des Umweltberichtes bereits mit ihrem
Schreiben vom Montag, dem 23. Juli 2007, fristgerecht gerügt. Gemäß § 233 Abs.
2 Satz 3 BauGB ist für die Geltendmachung der Verletzung von Form- und
Verfahrensvorschriften § 215 BauGB in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden
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Verfahrensvorschriften § 215 BauGB in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden
Fassung maßgeblich, da der Flächennutzungsplan am 21. Juli 2006 bekannt
gemacht worden ist.
Allerdings hat hinsichtlich des gemäß § 215 Abs. 2 BauGB geforderten Hinweises
Folgendes zu gelten: Die von der Antragsgegnerin in ihrer amtlichen
Bekanntmachung vom 21. Juli 2006 enthaltene Belehrung ist fehlerhaft, da sie sich
auf die vor Inkrafttreten des EAG Bau 2004 geltende Fassung bezieht. So weist die
Antragsgegnerin in ihrem Hinweis gemäß § 215 BauGB, nach ihrer
Rechtsauffassung hinsichtlich des maßgeblichen anzuwendenden Rechts
konsequent darauf hin, dass eine Verletzung der in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2
BauGB bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften unbeachtlich ist, wenn sie
nicht innerhalb eines Jahres und Mängel der Abwägung unbeachtlich sind, wenn sie
nicht innerhalb von sieben Jahren seit dieser Bekanntmachung schriftlich
gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind.
Die Wirkung des § 215 Abs. 1 BauGB, d. h. die Unbeachtlichkeit der dort
genannten Mängel, tritt nur ein, wenn bei Inkraftsetzung des
Flächennutzungsplans oder der Satzung, d. h. für die Bauleitpläne bei der
ortsüblichen Bekanntmachung der Genehmigung bzw. des Beschlusses des
Bebauungsplans durch die Gemeinde, für Satzungen bei der gesetzlich
vorgesehenen Verkündung, auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der
genannten Rechtsverstöße und die Rechtsfolgen, d. h. auf § 215 Abs. 1 BauGB,
hingewiesen worden ist. Der Hinweis ist konstitutiv; die genannten Fehler können
also grundsätzlich nur dann unbeachtlich werden, wenn die Gemeinde ihrer
Hinweispflicht in vollem Umfang nachgekommen ist (vgl. Lemmel, in Berliner
Kommentar zum BauGB, a. a. O., § 215 Rdnr. 4 unter Hinweis auf BVerwG,
Beschluss vom 08.05.1995 - 4 NB 16.95 - in juris-online; Beschluss vom
25.02.1997 - 4 NB 40.96 - in juris-online). War der Hinweis in abtrennbarer Weise
(nur) zum Teil fehlerhaft, so bleibt er allerdings im Übrigen - soweit er korrekt war -
wirksam; enthält der Hinweis eine objektiv zu lange Rügefrist, so wird der Fehler
nach Ablauf der angegebenen Frist unbeachtlich; ist die angegebene Frist dagegen
zu kurz, so bleibt der Fehler auf Dauer beachtlich (vgl. Lemmel, in Berliner
Kommentar zum BauGB, a. a. O., § 215 Rdnr. 4). Die Antragsgegnerin hat
aufgrund der Tatsache, dass sie von der Anwendbarkeit des bis zum Inkrafttreten
des EAG Bau 2004 geltenden BauGB ausgegangen ist, eine fehlerhafte Belehrung
aufgenommen mit der Folge, dass eine Verletzung der Verfahrens- und
Formvorschriften im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB innerhalb
der Jahresfrist, Mängel der Abwägung jedoch innerhalb von sieben Jahren gerügt
werden können. Dabei kann hinsichtlich der fehlenden Umweltprüfung und des
fehlenden Umweltberichtes dahinstehen, ob dies als Fehler in der Ermittlung und
Bewertung des Sachverhaltes (§ 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in der bis zum 31.
Dezember 2006 geltenden Fassung) auf das Ergebnis der Entscheidung von
Einfluss gewesen ist, da das vollständige Fehlen von Umweltprüfung und
Umweltbericht zugleich einen Verfahrensfehler darstellt, der nach § 214 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3, 1. Halbsatz BauGB auch beachtlich ist, da die Planbegründung in
Bezug auf den Umweltbericht gänzlich fehlt, also nicht lediglich in unwesentlichen
Punkten unvollständig ist. Aufgrund des vollständigen Ausfalls kann der in Rede
stehende Verstoß nicht gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 letzter Halbsatz BauGB
unbeachtlich sein.
Dabei kann im Übrigen dahinstehen, ob die Antragsgegnerin zumindest Teile der
Umweltprüfung materiell durch das von dem Planungsbüro G. erstellte Gutachten
erfüllt hat, da zumindest der Umweltbericht in der von dem Gesetz geforderten
formalisierten Form nicht vorliegt. Der Gesetzgeber wollte jedoch gerade, dass
sich der Satzungsgeber bei Aufstellung der Bauleitpläne den Umweltbelangen
gesondert zuwendet, sie gesondert ermittelt, bewertet und abwägt. Dies ist
unstreitig im Planungsverfahren der Antragsgegnerin nicht geschehen.
Im Übrigen leidet der Teilflächennutzungsplan Windenergie der Antragsgegnerin
auch an Mängeln im Abwägungsvorgang, die gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und
Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz BauGB beachtlich sind, wobei nach den oben
gemachten Ausführungen die Rügefrist entsprechend der Belehrung in der
amtlichen Bekanntmachung der Antragsgegnerin insoweit sieben Jahre beträgt.
Durch die schematisierte Anwendung sowohl der Abstandswerte zu
Ausschlussflächen/ -gebieten als auch der als "weich" bezeichneten Abstandswerte
zu Restriktionsbereichen hat die Antragsgegnerin abwägungsfehlerhaft und unter
Nichtberücksichtigung bereits vorhandener und genehmigter Windkraftanlagen an
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Nichtberücksichtigung bereits vorhandener und genehmigter Windkraftanlagen an
außerhalb der Konzentrationszone gelegenen Orten und der damit
einhergehenden und in einen ordnungsgemäßen Abwägungsvorgang
einzustellenden Vorbelastung, kein schlüssiges gesamträumliches
Planungskonzept erstellt, das den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts,
der Windenergie müsse substanziell Raum verschafft werden, wenn die Wirkungen
des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in Anspruch genommen werden sollten, genügt (vgl.
BVerwG, Urteil vom 24.01.2008 - 4 CN 2.07 - Rdnr. 15 in juris-online). Im Übrigen
hat sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der Anwendung des von ihr zur
Flächenfindung angewandten "Abstandsrasters" widersprüchlich verhalten, so dass
es auch aus diesem Grund an einem schlüssigen Planungskonzept mangelt.
Die Fehler im Abwägungsvorgang haben das Abwägungsergebnis beeinflusst und
sind daher beachtlich (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 2, 2. Halbs.
BauGB).
Das Bundesverwaltungsgericht hat in mehreren Entscheidungen, denen der Senat
folgt, die Anforderungen an einen Flächennutzungsplan, mit dem die
Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden soll,
dargestellt und begründet (vgl. BVerwG, Urteile vom 24.01.2008 - 4 CN 2.07 -;
vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -; vom 13.03.2003 - 4 C 4.02 - und vom 21.10.2004 -
4 C 2.04 - jeweils in juris-online). Danach stellt § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die
Errichtung von Windenergieanlagen im Außenbereich unter einen
Planungsvorbehalt, der sich an die Gemeinden als Träger der
Flächennutzungsplanung und an die Träger der Raumordnungsplanung,
insbesondere der Regionalplanung, richtet. Dieser Planungsvorbehalt setzt
gebietsbezogene Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von
Windenergieanlagen an bestimmten Standorten voraus, wenn zugleich ein
Ausschluss der Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und
festgeschrieben wird. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verleiht derartigen Festlegungen
rechtliche Ausschlusswirkung gegenüber dem Bauantragsteller mit der Folge, dass
Vorhaben außerhalb der Konzentrationsflächen in der Regel unzulässig sind. In
diesem Sinne bedingen die negative und die positive Komponente der
festgelegten Konzentrationsflächen einander (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12. 2002
- 4 C 15.01 - Rdnr. 28; Urteil vom 24.01.2008 - 4 CN 2.07 - a. a. O., Rdnr. 10,
jeweils in juris-online).
Der Planungsträger ist zwar auch im Hinblick auf die gebotene Förderung der
Windenergienutzung nicht gehalten, der Windenergie "bestmöglich" Rechnung zu
tragen. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich jedoch
nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben
an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan
muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen,
das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots
gerecht wird. Dagegen ist es einer Gemeinde verwehrt, den Flächennutzungsplan
als Mittel zu benutzen, das ihr dazu dient, unter dem Deckmantel der Steuerung
Windkraftanlagen in Wahrheit zu verhindern. Mit einer bloßen "Feigenblatt"-
Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, darf sie es
nicht bewenden lassen. Vielmehr muss sie der Privilegierungsentscheidung des
Gesetzgebers Rechnung tragen und für die Windenergienutzung in substanzieller
Weise Raum schaffen. Wo die Grenze zur Verhinderungsplanung verläuft, lässt sich
dabei nicht abstrakt bestimmen. Wann diese Grenze überschritten ist, kann erst
nach einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum
beurteilt werden (BVerwG, Urteil vom 17.12. 2002 - 4 C 15.01, Rdnr. 28; Urteil vom
24.01.2008 - 4 CN 2.07 - a. a. O., Rdnr. 11, jeweils in juris-online).
Unter Anlegung dieser Maßstäbe, denen der Senat folgt, hat die Antragsgegnerin
kein plausibles Gesamtkonzept zur Steuerung der Ansiedlung von
Windkraftanlagen in ihrem Gemeindegebiet dargelegt. Die Antragsgegnerin hätte
vielmehr im Planungsprozess erkennen müssen, dass sie bei den von ihr
gewählten und schematisch angewandten Pufferzonen der Windenergie gemessen
an den in ihrem Gemeindegebiet gegebenen Möglichkeiten keinen substanziellen
Raum verschafft. Aus dem Planungsvorgang wird deutlich, dass es ihr letztendlich
um die möglichst flächendeckende Verhinderung der Neuansiedlung von
Windenergieanlagen geht. Dies wird auch dadurch deutlich, dass sich in der von ihr
dargestellten Konzentrationszone bereits sechs Windenergieanlagen als Bestand
befinden und aufgrund der in der Restfläche vorhandenen sonstigen geschützten
Bereiche, wie nach § 15d HENatG geschützten Biotope, nur noch einige wenige
Windenergieanlagen dort angesiedelt werden können. In diesem Zusammenhang
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Windenergieanlagen dort angesiedelt werden können. In diesem Zusammenhang
hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung weiter erklärt, in dem dem
Flächennutzungsplanverfahren nachfolgenden Bauleitplanverfahren habe sie die
sechs bestehenden Windenergieanlagen auf deren Bestand (Gesamthöhe 125 m)
beschränkt und fünf neue Anlagen mit einer Gesamthöhe von 180 m zugelassen.
Dies bedeutet jedoch im Ergebnis, dass sie auch in der Konzentrationszone 2 die
vorhandenen Anlagen auf deren Bestandsschutz beschränkt, worauf der
Bevollmächtigte der Antragstellerin zutreffend hingewiesen hat, mithin lediglich
fünf neuen Windenergieanlagen in ihrem Gemeindegebiet Raum geben will. Dies
kann zwar dem streitigen Flächennutzungsplan nicht entgegen gehalten werden,
zeigt jedoch gleichwohl die Intention der Antragsgegnerin, die Ansiedlung von
Windenergieanlagen in ihrem Gemeindegebiet dem Grunde nach eher einengen zu
wollen.
Dabei entspricht die von der Antragsgegnerin als Konzentrationszone
ausgewiesene Fläche von 156,7 ha im Verhältnis zur Gesamtfläche des
Gemeindegebietes (11.332 ha) nur 1,38 % des Gemeindegebietes und im
Verhältnis zu den von ihr in der Standortuntersuchung ermittelten potenziellen
Konzentrationszonen (K 1 bis K 29 mit insgesamt 1.895,77 ha) 8,26 %. Die
potenziellen Konzentrationszonen (K 1 bis K 29, insgesamt 1.895,77 ha)
entsprechen bezogen auf die Gesamtfläche des Gemeindegebiets 16,72 %. Von
den insgesamt 18 genehmigten Windkraftanlagen im Gemarkungsgebiet der
Antragsgegnerin liegen lediglich sechs in der von ihr dargestellten
Konzentrationszone. Zwar kommt den soeben dargestellten Prozentzahlen -
abstrakt - grundsätzlich keine entscheidende Bedeutung zu, da maßgeblich die
Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung der konkreten Möglichkeiten
zur Ansiedlung von Windkraftanlagen sind. Gleichwohl kommt ihnen insbesondere
im Binnenverhältnis, etwa bei der Gegenüberstellung der grundsätzlich auch von
der Antragsgegnerin als potenzielle Konzentrationsflächen in Frage kommenden
Flächen sowie den bereits genehmigten Anlagen in ihrem Gemarkungsgebiet zu
dem letztlich als Konzentrationsfläche dargestellten Gebiet indizielle Wirkung zu.
Dabei lässt auch die schematische Anwendung der von ihr in der
Standortuntersuchung Windenergieanlagen so bezeichneten "Abstandswerte zu
Restriktionsbereichen" erkennen, dass sie diese letztendlich nicht als "weiche" bzw.
flexible Abstandsflächen angesehen hat, sondern als zusätzliche, schematisch
anzulegende Abstandsflächen. Der Senat verkennt nicht, dass die
Antragsgegnerin unterschiedliche Rasterkriterien bezogen auf die Abstandswerte
zu Ausschlussflächen und zu Restriktionsbereichen gedanklich aufgelistet hat, von
ihrem Ergebnis werden beide Kriterien jedoch gleichermaßen schematisch
angewandt, was zur Folge hat, dass von den auf der Themenkarte 5 "Potentielle
Konzentrationsflächen nach Abzug der Ausschlussflächen" der
Standortuntersuchung Windenergieanlagen des Planungsbüros G. (eingereicht als
Anlage 11 zu dem Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 27.
10. 2008, Bl. 87 GA, abgeheftet als Anlage zu der Standortuntersuchung)
aufgelisteten 29 potenziellen Konzentrationszonen ausweislich der Themenkarte 6
"Potentielle Konzentrationsflächen mit Darstellung der Restriktionen" der
Standortuntersuchung nur mehr ein Teil der Konzentrationszone K 2 als mögliche
Konzentrationszone verbleibt. Zwar hat der Planer in der mündlichen Verhandlung
darauf hingewiesen, die Restriktionen führten nicht zum Ausschluss von Flächen,
gleichwohl hat jedoch die schematische Anwendung auch der sogenannten
Restriktionen bewirkt, dass von 29 als potentiell geeigneten Bereichen nunmehr
nur noch ein Bereich, mit Bedenken, verblieben ist. Dies bedeutet, dass die
Abstandspuffer von der Antragsgegnerin zwar unterschiedlich benannt, von ihrer
Folgewirkung jedoch gleich wirksam behandelt wurden, zumindest hat die
Antragsgegnerin nicht erläutern können, in welchen Fällen weiche
Restriktionskriterien von ihr generell zurückgestellt worden sind, mithin ein neues
Raster gebildet worden ist.
Hinsichtlich der einzelnen Abstandskriterien erschließt sich dem Senat bereits
nicht die innere Rechtfertigung der von der Antragsgegnerin gewählten
Pufferzonen von etwa 1.100 m zu Siedlungsbereichen und 200 m zum Wald.
Bei der schematischen Anlegung der von ihr gewählten Abstandsflächen hat die
Antragsgegnerin die ihr aus dem Spannungsverhältnis zwischen planerischer
Gestaltungsfreiheit auf der einen Seite und der aus § 35 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs.
1 BauGB folgenden Vorgaben die daraus erwachsenden Verpflichtungen verkannt.
Je stärker nämlich der Eingriff in Form des Ausschlusses ganzer
Gemeindegebietsteile für die Ansiedlung von Windenergieanlagen ist, desto höher
sind die Anforderungen an die innere Rechtfertigung der von der
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sind die Anforderungen an die innere Rechtfertigung der von der
Gebietskörperschaft aufgestellten Ausschlusskriterien und Rasterflächen unter
Berücksichtigung der von dem Gesetzgeber getroffenen Privilegierung derartiger
Anlagen zu stellen. Zwar ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn ein
Planungsträger das gesamte Planungsgebiet zunächst nach allgemeinen Kriterien
untersuchen lässt und dabei vorerst von örtlichen Besonderheiten absieht und
auch noch nicht in den Blick nimmt, ob im Ergebnis eine ausreichend große Fläche
für die Windenergienutzung verbleibt. Daher kann der Planungsträger in diesem
ersten Schritt seiner Untersuchung auch zunächst großzügige Pufferzonen um
bestimmte Nutzungen herum zugrunde legen. Wenn er als Ergebnis dieser
Untersuchung jedoch erkennt, dass mit der gewählten Methode der Windenergie
nicht ausreichend substanziell Raum geschaffen wird, hat er sein Auswahlkonzept
nochmals zu überprüfen und ggf. abzuändern. Je kleiner die für die
Windenergienutzung verbleibenden Flächen ausfallen, umso mehr ist das gewählte
methodische Vorgehen zu hinterfragen und zu prüfen, ob mit Blick auf die
örtlichen Verhältnisse auch kleinere Pufferzonen als Schutzabstand genügen. Will
sie dennoch an den bisher vorgesehenen Abständen festhalten, muss sie auf eine
planerische Steuerung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verzichten (vgl. BVerwG,
Urteil vom 24.01.2008 - 4 CN 2.07 - a. a. O., Rdnr. 15).
Zwar ist der Antragsgegnerin darin zuzustimmen, dass sie sich bei der
Bemessung von Schutzabständen nicht nach den Werten der TA Lärm richten
muss, sondern zum einen Vorsorgegesichtspunkte und weitere Ansätze wie Orts-
und Landschaftsbild bei der Wahl ihrer Schutzabstände mit einfließen lassen kann.
Gleichwohl darf sich die Auswahl dieser Abstände nicht als willkürlich bzw.
missbräuchlich gemessen an den auch von ihr zu beachtenden Interessen der
privilegierten Anlagenbetreiber darstellen. Dies ist jedoch vorliegend der Fall. Die
Antragsgegnerin hat in ihrem Abwägungsvorgang weder die Vorbelastung durch
die bereits in ihrem Gemeindegebiet bestehenden Windkraftanlagen mit in die
Abwägung eingestellt, noch sachgerecht berücksichtigt, dass bei dem von ihr
angelegten Raster immerhin 28 von 29 potenziellen Windenergiebereichen
(potenzielle Konzentrationszonen) und 12 von 18 genehmigten
Windenergiestandorten und drei der vier im Regionalplan (Regionaler
Raumordnungsplan Südhessen 2000) ausgewiesenen Vorrangflächen nicht mehr
zur Berücksichtigung kommen. Weiterhin hat sie nicht mit eingestellt, dass nach
der von der Antragstellerin eingereichten Lärmuntersuchung beim Betrieb von drei
Windeenergieanlagen bei einer Entfernung von 583 m als höchster Wert 42,2 dB
(A) ermittelt worden sind (Schallimmissionsermittlung für Immissionen aus dem
Betrieb von drei Windenergieanlagen, von der Antragstellerin eingereicht mit
Schreiben vom 25.01.2006, jedoch nicht als Vorlage für die
Stadtverordnetenversammlung beigefügt - Bl. 159 der Behördenakte). Zwar ist die
Antragsgegnerin im Planungsprozess - wie bereits ausgeführt - hinsichtlich der
Schutzabstände nicht an die Vorgaben TA Lärm gebunden. Begründet sie jedoch
etwa die Siedlungsabstände zu einem gewichtigen Teil mit
Lärmschutzgesichtspunkten, wie die Vertreter der Antragsgegnerin in der
mündlichen Verhandlung bekräftigt haben, stellt es sich als abwägungsfehlerhaft
dar, wenn entsprechende Untersuchungen über tatsächlich festgestellte
Lärmimmissionen derartiger Anlagen den Stadtverordneten nicht zur Verfügung
gestellt werden und daher nicht mit in die Abwägung eingestellt werden. Anlässlich
des nur geringen Prozentsatzes der Flächenausweisung für eine
Konzentrationsfläche für die Ansiedlung von Windenergieanlagen (lediglich 1,38 %),
obgleich sich das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin nach ihren eigenen
Untersuchungen für die Ansiedlung derartiger Anlagen an mehreren Stellen
grundsätzlich eignet (K 1 - K 29), wäre sie verpflichtet gewesen, die von ihr in der
Standortuntersuchung Windenergieanlagen aufgestellten Abstandswerte sowohl zu
den so genannten Ausschlussflächen als auch zu den so genannten
Restriktionsbereichen (S. 450 bis 453 Behördenakte) erneut zu überprüfen und
diese einer erneuten und differenzierten Bewertung zu unterziehen. Dabei besteht
für die Antragsgegnerin auf Grund der sich aus § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB
ergebenden Rechtsfolgen auch die Verpflichtung, die Wertigkeit der für
schutzwürdig angesehenen Bereiche einer konkreten Betrachtung und Bewertung
zu unterziehen, zumindest dann, wenn, wie vorliegend, lediglich ein geringer Anteil
des Gemeindegebiets für Windenergienutzung vorgehalten werden soll. In einem
derartigen Fall muss die konkrete Schutzwürdigkeit des in der Abstandsfläche
liegenden Vorhabens zu den Interessen der Windenergienutzung ins Verhältnis
gesetzt werden. Diese Aufgabe bezieht sich generell auf sämtliche der von der
Antragsgegnerin eingestellten Abstandswerte, die allesamt keinen zwingenden
gesetzlichen Vorgaben folgen und daher disponibel sind.
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Die Abwägungsentscheidung stellt sich zudem als in sich widersprüchlich dar,
worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist. Auch insoweit fehlt es dem
angegriffenen Plan an einem in sich widerspruchsfreien gesamträumlichen
Planungskonzept. Die von der Antragsgegnerin gewählte Konzentrationszone K 2
ist unter Zurückstellung verschiedener Belange, insbesondere Arten- und
Biotopschutzbelangen, dargestellt worden, obgleich diese Belange für andere
Bereiche gleichwohl aufrecht erhalten worden sind (Bl.43 BA). Dies stellt kein in
sich schlüssiges Planungskonzept dar.
Bei der Auswahl und Bewertung der von ihr gebildeten Rasterkriterien hat die
Antragsgegnerin die Belange der Windenergie im Ergebnis verkannt.
Es konnte dahinstehen, ob der angegriffene "Teilflächennutzungsplan Windenergie"
zusätzlich gegen § 1 Abs. 4 BauGB verstößt, zumal die Abweichungsentscheidung
des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 10. Juli 2006 bestandskräftig geworden
ist.
Die festgestellten Fehler erfassen den angegriffenen Plan insgesamt und führen zu
dessen Unwirksamkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167
VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO
liegen nicht vor.
Vermerk: Streitwert 30.000,00 €
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.