Urteil des HessVGH vom 03.11.2005

VGH Kassel: genehmigung, regionalplanung, raumordnung, ausweisung, gemeinde, flughafen, leitlinie, hessen, zahl, lärm

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
4. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 N 177/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 Abs 4 BauGB, § 1 Abs 6
BauGB, Art 28 GG, § 6 LPlG
HE, § 10 LPlG HE
(Regionalplan; Genehmigung; geänderte tatsächliche
Verhältnisses)
Leitsatz
Der Regionalplan Südhessen 2000 ist in der Fassung der Genehmigung der Hessischen
Landesregierung vom 23. August 2004 wirksam zustande gekommen.
Bedenken gegen die Genehmigung des Regionalplans nahezu vier Jahre nach der
Beschlussfassung der Regionalversammlung könnten dann bestehen, wenn die
Regionalversammlung im Zeitpunkt der Genehmigung an dem von ihr aufgestellten
Plan nicht mehr festhalten wollte oder wenn der Plan wegen inzwischen geänderter
tatsächlicher Verhältnisse nicht mehr geeignet ist, seine ordnende und
zielbestimmende Funktion zu erfüllen. Beide Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall
jedoch nicht gegeben.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten
abwenden, sofern nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung in
entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Am 10.12.1999 beschloss die Regionale Planungsversammlung beim
Regierungspräsidium Darmstadt den Regionalplan Südhessen 2000. Darin wird
unter Nr. 5.2-2 folgende Aussage getroffen:
"Bei der Bauleitplanung in den Bereichen des Flughafens Frankfurt/Main und des
Verkehrslandeplatzes Egelsbach sind die in der Karte dargestellten
"Siedlungsbeschränkungsbereiche" zu beachten. In diesen Bereichen ist die
Ausweisung neuer Wohnbaugebiete nicht zulässig. Bauflächen in geltenden
Bauleitplänen und Flächen innerhalb des Siedlungsbestandes für städtebauliche
Umstrukturierungsmaßnahmen bleiben von dieser Regelung unberührt. Bei einer
eventuellen Kapazitätserweiterung des Start- und Landebahnsystems für den
Flughafen Frankfurt/Main und/oder einer Erhöhung der Zahl der Flugbewegungen
bedarf es eines Änderungsverfahrens zum Regionalplan, in dem der
Siedlungsbeschränkungsbereich neu festgestellt wird."
Durch Beschluss vom 14.11.2000 genehmigte die Hessische Landesregierung den
Regionalplan mit vier "Ausnahmen und Auflagen".
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Durch Beschluss vom 26.07.2004 (4 N 406/04, NVwZ-RR 2005, 11 bis 15, ESVGH
55, 118) hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof den Regionalplan Südhessen in
der Fassung der Genehmigung der Hessischen Landesregierung vom 14.11.2000
für nichtig erklärt. Zur Begründung hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof u.a.
ausgeführt, es fehle an einer den Vorschriften des § 8 HLPG 1994 genügenden
Genehmigung durch die Hessische Landesregierung. Die der
Genehmigungsentscheidung der Hessischen Landesregierung vom 14.11.2000
beigefügten Nebenbestimmungen Nr. 2 und 3 führten zu einer inhaltlichen
Veränderung des Regionalplans und überschritten die in §§ 7 und 8 HLPG 1994
festgelegten Kompetenzen der Hessischen Landesregierung im
Raumordnungsverfahren. Es fehle daher an dem für die Erteilung der
Genehmigung gesetzlich vorgeschriebenen Konsens der an der Planung
beteiligten Organe des Landes Hessen.
Durch Beschluss vom 23. August 2004 genehmigte die Hessische
Landesregierung den Regionalplan in der von der Regionalversammlung
ursprünglich beschlossenen Fassung ohne Auflagen.
Die Antragstellerin hat am 18. Januar 2005 den vorliegenden
Normenkontrollantrag gestellt. Sie macht im Wesentlichen geltend, der
Normenkontrollantrag sei zulässig. Sie, die Antragstellerin, wende sich gegen die
Zielfestsetzung Nr. 5.2-2. Der gesamte Text der Nr. 5.2-2 sei drucktechnisch durch
Fettdruck (kursiv) hervorgehoben. Schon dies sei ein sicheres Indiz dafür, dass es
sich insoweit um Ziele der Raumordnung handele. Mindestens die ersten drei
Sätze der Nr. 5.2-2 enthielten auch inhaltlich eindeutige Beachtenspflichten für die
Träger öffentlicher Planung. Diese Zielfestsetzungen enthielten für sie, die
Antragstellerin, konkrete Vorgaben und Beachtenspflichten gemäß § 4 Abs. 1 ROG.
Der Regionalplan nehme zwar insoweit auf die kommunale Planungshoheit
Rücksicht, als Bauflächen in bereits geltenden Bauleitplänen und Flächen innerhalb
des Siedlungsbestandes für städtebauliche Umstrukturierungsmaßnahmen von
dem generellen Verbot der Ausweisung von Wohnbaugebieten innerhalb der
Siedlungsbeschränkungsbereiche ausgenommen worden seien. Letztlich sei aber
in dem betroffenen Siedlungsbeschränkungsbereich die Ausweisung neuer
Wohngebiete nicht mehr zulässig. Hierdurch werde in ihre kommunale
Planungshoheit eingegriffen. Sie, die Antragstellerin, werde darüber hinaus auch in
ihren Eigentumsrechten verletzt. Konkret betroffen seien die in Aufstellung
befindlichen Bebauungspläne in Darmstadt-Arheilgen und in Kranichstein. Für sie,
die Antragstellerin, bleibe insoweit praktisch kein Raum mehr für eine
eigenständige kommunale Planungsentscheidung. Soweit das
Regierungspräsidium Darmstadt in Zweifel ziehe, dass sie, die Antragstellerin, ihre
Bauleitplanung für die nördlichen Stadtteile nur wegen der Anpassung an die
landesplanerischen Vorgaben eingestellt habe, sei darauf hinzuweisen, dass sie,
die Antragstellerin, mangels eines gültigen Flächennutzungsplanes ihre
Bebauungspläne bei der Aufsichtsbehörde genehmigen lassen müsse. Dass
Planungen, die den verbindlichen Festsetzungen im Regionalplan entgegenstehen,
nicht genehmigungsfähig seien, liege auf der Hand. Weiter sei darauf hinzuweisen,
dass im Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplanentwurf 2003 weiterhin der
Hinweis auf die Notwendigkeit des Flächenpotentials zu Wohnausweisung enthalten
sei. Für die Jahre 2020/2025 werde ein Bevölkerungswachstum auf ca. 149.000
Einwohner angestrebt. Für dieses Bevölkerungswachstum seien die geplanten
Neubaugebiete in Arheilgen und Wixhausen dringend erforderlich.
Der Regionalplan sei nicht wirksam zustande gekommen. Es sei rechtlich nicht
zulässig, den bereits am 10.12.1999 von der Regionalversammlung beschlossenen
Plan erst ca. vier Jahre später bekannt zu machen. Dieser Fehler führe zur
Nichtigkeit des den Gegenstand des Normenkontrollverfahrens bildenden
Regionalplans. Aus § 10 Abs. 7 und 8 sowie § 11 Abs. 2 und 5 HLPG ergebe sich,
dass das Regionalplanaufstellungsverfahren wie jedes Rechtsetzungsverfahren auf
eine zügige Durchführung ohne größere zeitliche Unterbrechungen angelegt sei.
So werde in § 10 Abs. 7 HLPG bestimmt, dass Regionalpläne innerhalb von fünf
Jahren nach ihrem Inkrafttreten den veränderten Verhältnissen durch
Neuaufstellung anzupassen seien. Sollte der obersten Landesplanungsbehörde
innerhalb dieser Frist kein neuer Regionalplan zur Genehmigung vorliegen, setze
sie der Regionalversammlung eine Frist von höchstens 18 Monaten. Verstreiche
diese Frist ergebnislos, trete die oberste Landesplanungsbehörde an die Stelle der
Regionalversammlung und führe das Verfahren in eigener Zuständigkeit weiter.
Bereits diese Norm zeige das Interesse des Gesetzgebers an einer schnellen und
kontinuierlichen Durchführung des Verfahrens. Entsprechendes ergebe sich aus §
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kontinuierlichen Durchführung des Verfahrens. Entsprechendes ergebe sich aus §
10 Abs. 8 HLPG. Diese Vorschrift enthalte eine Fristenregelung und sehe nach
fruchtlosem Fristablauf vor, dass die obere Landesplanungsbehörde an die Stelle
der Regionalversammlung trete und das Verfahren durchführe. Offensichtlich
werde das Streben des Gesetzgebers nach einem zügigen Verfahrensablauf
zudem durch die Vorschrift des § 11 Abs. 2 HLPG. Die darin enthaltene
Genehmigungsfiktion erhelle deutlich, dass der Gesetzgeber jegliche Verzögerung
bei der Durchführung des Regionalplanaufstellungs- und Genehmigungsverfahrens
verhindern wolle. Gleiches ergebe sich aus § 11 Abs. 5 HLPG, der wiederum eine
Fristenregelung und die Übertragung von Aufgaben auf die nächsthöhere Behörde
bei ergebnislosem Fristablauf vorsehe. Im Hinblick auf diese Vorschriften erweise
sich die hier erst nach ca. vier Jahren erfolgte Genehmigung des Regionalplans als
gesetzwidrig. Hinzukomme, dass es seit dem Beschluss der Regionalversammlung
Südhessen vom 10.12.1999 zahllose Abweichungsverfahren gemäß § 12 HLPG
gegeben habe, die inzwischen bestandskräftig abgeschlossen worden seien. Ein
Regionalplan mit demjenigen Inhalt, wie er am 10.12.1999 beschlossen worden sei,
existiere mithin überhaupt nicht mehr und habe deshalb auch nicht mehr
genehmigt werden können. Dieses Problem habe man nur mit einer rückwirkenden
Genehmigung des Regionalplans lösen können. Diesen Weg habe die Hessische
Landesregierung indes nicht gewählt. Stattdessen habe sie die alte Genehmigung
aufgehoben und eine neue Genehmigung mit Wirkung vom Tage der
Veröffentlichung des Kabinettsbeschusses erteilt. Dies sei in der klaren Erkenntnis
geschehen, dass die bestandskräftigen Abweichungsentscheidungen hiervon nicht
berührt würden. Das Land könne und dürfe aber nicht sehenden Auges einen
Regionalplan verbindlich machen, der nicht mehr der im Zeitpunkt der
Beschlussfassung durch die Regionalversammlung bestehenden Sach- und
Rechtslage entspreche. Die Planung hätte vielmehr den veränderten Umständen
angepasst werden müssen. Hierzu hätte es einer nochmaligen Beschlussfassung
der Regionalversammlung bedurft.
Der Regionalplan sei auch inhaltlich fehlerhaft. Die Festlegung einer 60 dB(A)-
Isophone bezüglich des Frankfurter Flughafens sei mangels konkretisierter
Rechtsgrundlage unzulässig. Es erschließe sich auch nicht, weshalb für den
Frankfurter Flughafen andere Maßstäbe gelten sollten als für den
Verkehrslandeplatz Egelsbach, für den die 62 dB(A)-Isophone festgelegt worden
sei. Keine der im Fluglärmschutzgesetz vorgesehenen Grenzlinien habe bislang
das Gebiet der Stadt Darmstadt berührt. Die Zugrundelegung der 60 dB(A)-
Isophone im Entwicklungsbereich des Frankfurter Flughafens sei inhaltlich nicht
gerechtfertigt und greife ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage in
unzumutbarer Weise in die Planungshoheit und Selbstverwaltungsgarantie der
Stadt Darmstadt ein. Es möge zwar sein, dass der LEP 2000, der eine
Isophonenlinie von 62 dB(A) nenne, den Trägern der Regionalplanung das Recht
einräume, weitergehende Regelungen zur räumlichen Begrenzung des
Siedlungsbeschränkungsbereichs zu treffen. Diese müssten jedoch
verhältnismäßig und erforderlich sein und dürften nicht gegen das Übermaßverbot
verstoßen. Die neuere Lärmschutzforschung leite aus dem Schutzziel
"Vermeidung erheblicher Belästigungen" als präventiven Richtwert einen Leq3 von
62 dB(A) außen ab. Dieser Richtwert stelle einen zentralen Beurteilungswert dar,
der aus medizinisch-psychologischer Sicht neben den
Gesundheitsbeeinträchtigungen auch die kritischen Toleranzwerte für die
Schutzziele "Vermeidung von Kommunikationsstörungen" (außen) und
"Rekreation" abdecke bzw. beinhalte. Aus lärmmedizinischer Sicht sei nach
derzeitigem Kenntnisstand unterhalb des präventiven Richtwertes von 62 dB(A)
keine negative Auswirkung durch Geräuschimmissionen zu erwarten. Die
Regionalversammlung habe es versäumt, sich mit dem zur Zeit ihrer
Beschlussfassung bestehenden aktuellen Stand der lärmmedizinischen Forschung
genügend auseinander zu setzen. Stattdessen habe sie sich einfach auf die LAI-
Richtlinie vom 14.05.1997 zurückgezogen. Wegen dieses Defizits bei der
Zusammenstellung des Abwägungsmaterials habe die Regionalversammlung in
unzulässiger Weise von ihrem Planungsermessen Gebrauch gemacht. Im Ergebnis
sei die Planungshoheit der Antragstellerin weit mehr eingeschränkt als dies zum
ausreichenden Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigung im Sinne des § 2
Abs. 1 Nr. 8 ROG erforderlich sei.
Überdies umschreibe die im Regionalplan Südhessen 2000 dargestellte 60 dB(A)-
Isophone eine wesentlich größere Fläche als diejenige, die tatsächlich mit einem
Dauerschallpegel von 60 dB(A) durch Fluglärmimmissionen betroffen sei. Dies sei
auf eine fehlerhafte Berechnung zurückzuführen, die heutigen Anforderungen nicht
mehr entspreche. Der Darstellung liege die Anleitung zur Berechnung von
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mehr entspreche. Der Darstellung liege die Anleitung zur Berechnung von
Lärmschutzbereichen/AzB 1984 zugrunde. Diese sei veraltet und ihre Anwendung
führe zu überhöhten Immissionsschutzwerten. Die AzB 1984 sei überholt, da sie
die Entwicklung der Flugzeugtechnik nicht hinreichend berücksichtige. Ausgehend
von dem realistischen Abbild der Flugzeugtechnik und dem tatsächlich
anzutreffenden "Flottenmix" würde sich ein um 2 bis 3 dB(A) niedrigerer
Dauerschallpegel errechnen. Dies ergebe sich aus dem Gutachten G 6.1
"Technisches Lärmgutachten Fluglärm" der Fraport vom 8. Oktober 2001. Die
Regionalversammlung sei verpflichtet gewesen, auf den Entwurf der AzB 1999
abzustellen, deren Berechnungsverfahren im Übrigen mit dem Leq3-Verfahren der
LAI-Fluglärmleitlinie korrespondiere. Es sei unzutreffend, dass die eingetretene
Überzeichnung der 60 dB(A) Lärmkontur, die mit der Anwendung der AzB 1984
einhergehe, durch die fortschreitende Entwicklung der Flugbewegungen
kompensiert werde. Dies sei nicht der Fall.
Selbst wenn man den Empfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung
folgen wollte, die vom Länderausschuss für Immissionsschutz am 14.05.1997
beschlossene Leitlinie zur Beurteilung von Fluglärm anzuwenden, würden sich in
den hier betroffenen Gebieten des Darmstädter Nordens maximal 56 bis 57 dB(A)
ergeben. Zudem lasse die Darstellung der Siedlungsbeschränkungszone
unberücksichtigt, dass die Verteilung des Fluglärms nicht unmittelbar örtlich
gebunden sei. Flugrouten würden nach den Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes
in Verbindung mit der Luftverkehrsordnung in Form sog.
Durchführungsverordnungen vom Luftverkehrsbundesamt erlassen. Seit dem
19.04.2001 würden am Frankfurter Flughafen allerdings neue Flugverfahren beim
An- und Abflug verwendet. Auch im Mediationsverfahren und im regionalen
Dialogforum sei deutlich geworden, dass im Bereich der Navigation und im
Anflugverfahren neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet seien. Die jüngsten
Änderungen der Flugrouten im Abflug nach Westen hätten gezeigt, dass eine
Streuung und Umverteilung der Belastung möglich sei. Im Hinblick auf die
räumliche Lage des Gebiets der Antragstellerin in Bezug zur Lage des heutigen
Warnsystems des Frankfurter Flughafens sei keine zwangsläufige Betroffenheit für
den im Regionalplan gekennzeichneten Bereich gegeben. Die Lage der Isophone
und ihre Darstellung im Regionalplan orientiere sich demgegenüber an dem
langjährig praktizierten, nunmehr aber überholten Verfahren der
Flughafenbetreiber und der Flugsicherung.
Der von der Siedlungsbeschränkungszone betroffene Grundbesitz der
Antragstellerin könne, soweit er nicht bereits entsprechend bebaut sei, künftig
nicht mehr für Zwecke der Wohnbebauung genutzt werden. Dies hätte eine
erhebliche Wertminderung zur Folge, welche sie, die Antragstellerin, nicht
hinnehmen müsse.
Schließlich stehe der angegriffene Regionalplan nicht im Einklang mit der Richtlinie
2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung der
Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme vom 27. Juni 2001.
Die Antragstellerin beantragt,
den Regionalplan Südhessen 2000 in der Fassung der Genehmigung der
Hessischen Landesregierung vom 23. August 2004 hinsichtlich der Festlegung in
Nr. 5.2-2 für unwirksam zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt,
den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.
Er führt aus, es sei bereits zweifelhaft, ob die Antragstellerin in ihren Rechten
verletzt sei. Die von der Antragstellerin angegriffene Siedlungsbeschränkungslinie
gelte nur für die Ausweisung neuer Wohngebiete. Soweit die Antragstellerin auf
ursprüngliche Planungsabsichten verweise, müsse ihr entgegen gehalten werden,
dass erst eine hinreichend bestimmte Planung zu einer schutzfähigen
Rechtsposition führe. Die Planungen, in denen sich die Antragstellerin
beeinträchtigt sehe, befänden sich jedoch erst in einem Anfangsstadium; sie seien
teilweise aufgeschoben oder eingestellt worden. Die Behauptung der
Antragstellerin, dass der alleinige Grund für diesen Schritt die Anpassung an die
landesplanerischen Vorgaben gewesen sei, müsse in Zweifel gezogen werden.
Der Regionalplan sei in der Sache rechtlich nicht zu beanstanden. Die
Antragstellerin verkenne, dass die Regionalversammlung bei der Entscheidung für
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Antragstellerin verkenne, dass die Regionalversammlung bei der Entscheidung für
eine 60 dB(A)-Lärmkontur in zulässiger Weise von ihrem Planungsermessen
Gebrauch gemacht habe. Dieses Ermessen umfasse sowohl das "Ob" der
Ausweisung eines Siedlungsbeschränkungsbereiches als auch dessen Umfang. Die
Planungshoheit der Gemeinde gehe nicht so weit, dass sie die gesetzlich
normierte Planungshierarchie umkehre. Die Gemeinde könne neben dem
verfahrensrechtlichen Anspruch auf Beteiligung an der überörtlichen Planung
lediglich verlangen, dass die Grundsätze der Abwägung eingehalten würden, die
sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ableiteten und für alle staatlichen
Planungsnormen gälten. Bei ihrer Abwägung habe die Regionalversammlung die
unterschiedlichen Interessen und Aspekte einfließen lassen. Sie sei davon
ausgegangen, dass die Freihaltung eines Lärmschutzbereiches dem Grundsatz
der Raumordnung diene, für den Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigung
ausreichend Sorge zu tragen. Es bedürfe keiner weiteren Erörterung, dass es sich
bei diesem Aspekt um ein Ziel handele, dem hochrangige Bedeutung zukomme.
Auf der anderen Seite habe die Regionalversammlung die Belange der Gemeinden
in der Umgebung des Flughafens berücksichtigt. Insoweit werde insbesondere auf
die Beschlussvorlage für den Haupt- und Planungsausschuss (Drs. HPR/03/05, Bl.
1419 ff. d.A.) verwiesen, die sich ausführlich mit den Argumenten der
Antragstellerin und der übrigen Kommunen auseinandersetze. Der Schutzzweck
der Siedlungsbeschränkungslinie, der nur der bereits vorhandenen Lärmbelastung
durch den derzeitigen Flugbetrieb Rechnung tragen solle, sei in gleicher Weise von
den Gemeinden zu beachten, da sie dem Gebot des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB
unterlägen, bei der Aufstellung von Bauleitplänen die allgemeinen Anforderungen
an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen. Letztlich habe die
Siedlungsbeschränkungslinie ihren Grund in der geographischen Lage, in der sich
die Kommunen im Umland des Frankfurter Flughafens befänden. Sie sei daher
Folge einer Situationsgebundenheit, die von einer Gemeinde hingenommen
werden müsse.
Bei der Entscheidung für einen 60 dB(A)-Bereich habe sich die
Regionalversammlung an folgenden Regelungen, Leitlinien und Überlegungen
orientiert:
Ziel eines regionalplanerischen Siedlungsbeschränkungsbereiches sei es,
Festlegungen für die kommunale Bauleitplanung zu treffen, um mittel- und
langfristig gleichmäßig in alle Richtungen ausreichende Abstände zwischen den
Quellen des Fluglärms und der umliegenden Wohnbebauung sowie sonstigen
lärmempfindlichen Nutzungen zu erhalten. Daher müssten alle Startrichtungen in
gleicher Weise Berücksichtigung finden. Die derzeitigen gesetzlichen Regelungen
reichten nicht aus, um diesem raumordnerischen Anliegen Rechnung zu tragen.
Das Gesetz zum Schutz gegen den Fluglärm vom 30. März 1971 regele
unmittelbar nur Bauverbote und baurechtliche Sanierungsgebote innerhalb eines
Lärmschutzbereiches mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von 75 dB(A) und
67 dB(A) unter stärkerer Gewichtung der Hauptstartrichtung, um vor erheblichen
Belästigungen durch Fluglärm zu schützen und diese finanziell zu kompensieren.
Die Ministerkonferenz für Raumordnung habe in ihrer Entschließung zum Schutz
der Bevölkerung vor Fluglärm vom 16. September 1998 festgestellt, dass die
gesetzlichen Regelungen zur baulichen Nutzungsbeschränkung nach dem
Fluglärmgesetz aus raumordnerischer Sicht unbefriedigend seien. Sie selbst habe
jedoch keine Empfehlungen für einen Wert in dB(A) gegeben, sich aber gegenüber
den Trägern der Landes- und Regionalplanung dafür ausgesprochen,
Siedlungsbeschränkungsbereiche auszuweisen und zu deren Berechnung die für
Verkehrsflughäfen verfasste "Leitlinie zur Beurteilung von Fluglärm durch die
Immissionsschutzbehörden der Länder" vom 14. Mai 1997 (LAI-Richtlinie)
heranzuziehen. Nach dieser Leitlinie solle darauf hingewirkt werden, dass zum
Schutz gegen Fluglärm als raumordnerisches Ziel ein
Siedlungsbeschränkungsbereich in den Regionalplänen ausgewiesen werde, der
das Gebiet in einem prognostizierten energieäquivalenten Dauerschallpegel
größer als 60 dB(A) umfasse.
Auch die Kommission zur Abwehr des Fluglärms Flughafen Frankfurt/Main habe
sich 1997 für eine 60 dB(A)-Siedlungsbeschränkungszone ausgesprochen. Diese
Kommission sei ein nach § 32b Luftverkehrsgesetz eingesetztes
Beratungsgremium, das u.a. aus Vertretern der betroffenen Gemeinden, des
Flugplatzunternehmens, der Luftfahrzeughalter sowie der Landesregierung
bestehe. Gerade auch die Mehrheit der Kommunalvertreter habe sich für eine
Ausweisung einer 60 dB(A)-Zone ausgesprochen, u.a. mit dem Hinweis, dass auch
der Schutz der Einwohner vor Lärm zu den Aufgaben der Kommunen gehöre. Auf
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der Schutz der Einwohner vor Lärm zu den Aufgaben der Kommunen gehöre. Auf
der Grundlage der genannten Empfehlungen sei die Regionalversammlung zur
Abgrenzung des Siedlungsbeschränkungsbereiches durch die 60 dB(A)-Isophone
gelangt.
Diese Entscheidung stehe nicht im Widerspruch zum Landesentwicklungsplan 2000
(LEP 2000). Zwar nenne dieser noch eine Isophonenlinie von 62 dB(A); dem Träger
der Regionalplanung werde jedoch ausdrücklich eingeräumt, weitergehende
Regelungen zur räumlichen Begrenzung des Siedlungsbeschränkungsbereiches zu
treffen.
Unbegründet sei der Vorwurf, die Regionalversammlung habe mit der Festlegung
der genannten Siedlungsbeschränkungslinie gegen das Verursacherprinzip
verstoßen. Aufgabe der Regionalversammlung sei es allein gewesen, die
Siedlungsbeschränkungslinie den aktuellen Verhältnissen anzupassen. Es habe
außerhalb der Kompetenz der Regionalversammlung gelegen, zu prüfen und zu
entscheiden, ob die Lärmbelastung des Flughafenbetriebs durch
betriebsbeschränkende Maßnahmen reduziert werden könne. Dies sei
ausschließlich Sache der zuständigen Luftverkehrsbehörde.
Es sei auch keine unzulässige Ungleichbehandlung darin zu sehen, dass die
Regionalversammlung für den Frankfurter Flughafen eine andere Lärmkontur
festgelegt habe als für den Verkehrslandeplatz Egelsbach. Verkehrsflughäfen und
Verkehrslandeplätze seien nach unterschiedlichen Kriterien zu beurteilen. Während
für den Verkehrsflughafen Frankfurt am Main die LAI-Richtlinie einschlägig sei, gelte
für einen Verkehrslandeplatz nunmehr die Leitlinie zur Ermittlung und Beurteilung
in der Umgebung von Verkehrslandeplätzen durch die Immissionsschutzbehörden
der Länder (Landeplatz-Flugleitlinie), die sich für die Ausweisung von
Siedlungsbeschränkungsbereichen anhand einer Lärmkontur von 55 dB(A)
ausspreche. Zwar sei im Regionalplan 2000 für den Verkehrslandeplatz Egelsbach
noch ein Siedlungsbeschränkungsbereich von 62 dB(A) ausgewiesen worden. Als
Ergebnis des im Jahr 2000 abgeschlossenen Raumordnungsverfahrens für die
Verlängerung der Start- und Landebahn sei inzwischen aber eine 55 dB(A)
Lärmkontur als Siedlungsbeschränkungsbereich um den Verkehrslandeplatz
festgelegt worden, die als sonstiges Erfordernis der Raumordnung bei
Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen sei. Eine Aufnahme in den
Regionalplan mit Zielcharakter könne im Rahmen eines möglichen
Planänderungsverfahrens oder bei der Fortschreibung des Regionalplans erfolgen.
Die Ermittlung des Lärmschutzbereiches sei nach der Anlage zu § 3 des
Fluglärmgesetzes und den dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen erfolgt. Es
handele sich um ein Datenerfassungssystem für die Ermittlung von
Lärmschutzbereichen an zivilen Flugplätzen vom 27. Februar 1975 sowie um eine
Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen an zivilen und militärischen
Flugplätzen vom 27. Februar 1975, ergänzt durch Erlass des Bundesministers des
Innern vom 20. Februar 1984 (Az.: O II 4-560 120/43). Bei der Ermittlung seien das
gegenwärtige Bahnensystem und 430.000 Flugbewegungen pro Jahr zugrunde
gelegt worden. Wie der Beschlussvorlage für die Regionalversammlung zu
entnehmen sei, sei für die angenommene Zahl der Flugbewegungen der
Generalausbauplan der FAG von 1995 maßgebend gewesen, der eine konkrete
Prognose von 430.000 Flugbewegungen enthalte. Zwar sei zu erwarten gewesen,
dass diese Zahl in Zukunft überschritten werde. Ob jedoch die in der zweiten Stufe
des Generalausbauplans der FAG prognostizierten 460.000 bis 480.000
Flugbewegungen realisierbar sein würden, sei im Zeitpunkt der
Planungsentscheidung noch nicht als sicher angesehen worden. Hinreichend
konkrete planerische Aussagen zur Entwicklung der Flugbewegungen hätten sich
aus damaliger Sicht erst nach Abschluss des Mediationsverfahrens und der
nachfolgenden Entscheidung der Landesregierung treffen lassen können. Die
Regionalversammlung sei daher zu Recht von den Prognosezahlen ausgegangen,
die zur Zeit der Planaufstellung als ausreichend gesichert hätten gelten können.
Die Antragstellerin sei nicht dadurch beschwert, dass die Regionalversammlung
nicht von höheren Zahlen der Flugbewegungen ausgegangen sei, da in diesem Fall
der Siedlungsbeschränkungsbereich noch weiter hätte ausgedehnt werden
müssen.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin sei auch die Verwendung der derzeit
gültigen AzB 1984 nicht zu beanstanden. Diese Anleitung lege in Ergänzung der
Anlage zu § 3 des Fluglärmgesetzes Einzelheiten der Berechnung fest, wie z.B.
Immissionsdaten und Flugprofile. Zur Zeit der Planaufstellung sei bereits an einer
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Immissionsdaten und Flugprofile. Zur Zeit der Planaufstellung sei bereits an einer
Novellierung des Fluglärmgesetzes und der AzB gearbeitet worden, um dem
Fortschreiten der Flugzeugtechnik Rechnung zu tragen. Es habe jedoch kein
offizieller Gesetzesentwurf vorgelegen. Für die AzB kursierten mehrere Fassungen,
die auf Daten eines Gutachtens des Zentrums für Luft- und Raumfahrt aufbauten.
Bis heute sei jedoch keine endgültige Novellierung erfolgt. Die
Regionalversammlung habe dabei nicht verkannt, dass durch die Anwendung der
heute noch gültigen AzB 1984 die durch den technischen Fortschritt eingetretene
Lärmminderung nicht in die Berechnung des Siedlungsbeschränkungsbereiches
einfließe. Sie habe dies jedoch unter dem Aspekt der langfristigen Lärmvorsorge
für sinnvoll gehalten, wie auch aus der Beschlussvorlage hervorgehe. Im Übrigen
lasse sich feststellen, dass die möglicherweise eingetretene Überzeichnung der 60
dB(A)-Lärmkontur, die mit der Anwendung der noch gültigen AzB 1984 verbunden
gewesen sein könnte, durch die fortschreitende Entwicklung der Flugbewegungen
wieder kompensiert werde.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liege auch kein Verstoß gegen die
Plan-UP-Richtlinie vor, da diese Regelungen wie auch die Vorschriften des ROG, mit
denen der Bundesgesetzgeber die europarechtliche Vorgabe umgesetzt habe, für
den RPS 2000 keine Geltung besäßen. Nach der Überleitungsregelung des § 23
Abs. 3 ROG, die ihre Parallele in Art. 13 Abs. 3 Plan-UP-Richtlinie habe, fänden die
neuen Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Plänen
und Programmen auf Raumordnungspläne, deren Aufstellung bis zum 20.07.2004
eingeleitet und bis zum 20.07.2006 abgeschlossen werde, keine Anwendung.
Die das Aufstellungsverfahren für den Regionalplan Südhessen 2000 betreffenden
Unterlagen (8 Ordner) und die das Verfahren zur Neugenehmigung des
Regionalplans Südhessen 2000 vom 23. August 2004 betreffenden
Verwaltungsakten (1 Ordner) liegen vor und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Die von der Antragstellerin angegriffene
Festlegung in Nr. 5.2-2 des RPS 2000 kommt als Gegenstand einer
Normenkontrollklage in Betracht, weil es sich insoweit um eine Zielfestsetzung im
Sinne des § 3 Nr. 2 ROG handelt, wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom
26. Juli 2004 - 4 N 406/04 - (NVwZ-RR 2005, 11 - 15) näher dargelegt hat.
Der Antragstellerin steht auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse zur Seite.
Insoweit macht der Antragsgegner allerdings geltend, die Antragstellerin habe
keine hinreichend bestimmten Planungen, die zu einer schutzfähigen
Rechtsposition führen könnten. Aufgrund der Erläuterungen ihres Bevollmächtigten
in der mündlichen Verhandlung geht der Senat zugunsten der Antragstellerin
jedoch davon aus, dass jedenfalls ein Teil der 18 von der Antragstellerin benannten
Bebauungspläne, für die Aufstellungsbeschlüsse vorliegen, Flächen außerhalb des
Siedlungsbestandes betrifft und für die Ausweisung als Wohnbaugebiet
vorgesehen ist. Die Antragstellerin hat in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass
sie die Aufstellung dieser Bebauungspläne nur deshalb nicht weiter betrieben hat,
weil die streitige Zielfestsetzung des Regionalplanes einer Genehmigung der
entsprechenden Bebauungspläne entgegenstehen würde.
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
Der RPS 2000 verstößt nicht gegen die Plan-UP-Richtlinie, da diese Regelungen,
wie auch die Vorschriften des Raumordnungsgesetzes, mit denen der
Bundesgesetzgeber die europarechtliche Vorgabe umgesetzt hat, für diesen Plan
keine Geltung besitzen. Nach der Überleitungsregelung in § 23 Abs. 3 ROG finden
die neuen Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten
Plänen und Programmen auf Raumordnungspläne, deren Aufstellung bis zum
20.07.2004 eingeleitet und bis zum 20.07.2006 abgeschlossen wird, keine
Anwendung. Für den RPS 2000, dessen Aufstellung vor dem 20.07.2004 begonnen
hatte und mit der Genehmigung vom 23.08.2004 sowie der Bekanntmachung vom
13.09.2004 beendet worden ist, war mithin keine Umweltverträglichkeitsprüfung
erforderlich.
Dem Antragsgegner ist bei der Aufstellung des RPS 2000 kein Abwägungsfehler
unterlaufen. Gemäß § 6 Abs. 6 HLPG sind bei der Aufstellung der
Raumordnungspläne die Grundsätze der Raumordnung miteinander und
gegeneinander abzuwägen. Die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung und
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gegeneinander abzuwägen. Die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung und
öffentliche Belange sowie die privaten Belange sind in der Abwägung zu
berücksichtigen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von
Bedeutung sind. Im Zusammenhang mit der Frage der Festlegung der hier
streitigen Siedlungsbeschränkungsbereiche hatte der Antragsgegner einerseits
den in § 2 Abs. 1 Nr. 8 ROG enthaltenen Grundsatz zu berücksichtigen, dass der
Schutz der Allgemeinheit vor Lärm sicherzustellen ist. Andererseits war der
Antragsgegner nicht befugt, diesem Gesichtspunkt einseitig Vorrang vor allen
anderen Belangen zu geben, zumal durch die Festlegung von
Siedlungsbeschränkungsbereichen die kommunale Planungshoheit beschränkt
wird. Regionalplanung ist als übergeordnete, überörtliche und zusammenfassende
Planung gegenüber der Bauleitplanung vorrangig. Aus ihrer Aufgabenstellung
ergeben sich aber gleichzeitig rechtliche Beschränkungen. Insbesondere kommt
der Landesplanung keine bodenrechtliche Funktion zu. Die Landesplanung schafft
Rahmenbedingungen, die tendenziell auf weitere Konkretisierung angelegt sind.
Sie bietet Lösungen, die auf landesplanerischer Ebene keiner Ergänzung mehr
bedürfen, auf der nachgeordneten Planungsstufe der Bauleitplanung jedoch
grundsätzlich noch einer Verfeinerung und Ausdifferenzierung zugänglich sind. Wie
groß der Spielraum ist, der der Gemeinde für eigene planerische Aktivitäten
verbleibt, hängt dabei vom jeweiligen Konkretisierungsgrad der Zielaussage ab. Je
nachdem, ob ein Ziel eine eher geringe inhaltliche Dichte aufweist, die Raum für
eine Mehrzahl von Handlungsvarianten lässt, oder durch eine hohe
Aussageschärfe gekennzeichnet ist, die der Bauleitplanung enge Grenzen setzt,
entfaltet es schwächere oder stärkere Rechtswirkungen (BVerwG, Beschluss vom
4. August 1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329). Hieraus folgt zugleich, dass
Zielvorgaben der Regionalplanung, auch wenn diese Planung grundsätzlich auf
weitere Konkretisierung durch nachgeordnete Planungsstufen angelegt ist, sofern
dies aus überörtlichen, regionalplanerischen Gründen geboten ist und der
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird, eine hohe Aussageschärfe
haben dürfen. Eine Einschränkung der Planungshoheit ist aber immer nur erlaubt,
soweit aufgrund einer Güterabwägung überörtliche, schutzwürdige Interessen von
höherem Gewicht diese Einschränkung fordern. Art. 28 Abs. 2 GG steht der
Bindung der Kommunen an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung
prinzipiell nicht entgegen. Die aus § 1 Abs. 4 BauGB resultierende Bindung der
Gemeinden an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung führt zwar zu einer
Einschränkung ihrer Planungshoheit, doch ist diese Einschränkung rechtlich nicht
zu beanstanden, wenn sie aus übergeordneten raumordnerischen Erwägungen
gerechtfertigt ist. Die Gemeinde ist zudem den raumordnungsrechtlichen
Vorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie wird durch verfahrensrechtliche
Sicherung davor bewahrt, zum bloßen Objekt einer überörtlichen Gesamtplanung
zu werden. Die Städte und Gemeinden sind an der Aufstellung der Regionalpläne
in Hessen über die Regionalversammlungen nach § 10 HLPG beteiligt. Dem
entsprechend hatte auch die Antragstellerin Gelegenheit, Anregungen und
Bedenken zum Entwurf des RPS 2000 vorzubringen, und sie hat hiervon, wie sich
aus den Aufstellungsunterlagen ergibt, auch Gebrauch gemacht.
Im vorliegenden Fall ist von Bedeutung, dass der Belang des Schutzes der
Allgemeinheit vor Lärm kein bloßes Anliegen der übergeordneten Regionalplanung
ist, das der gemeindlichen Bauleitplanung sozusagen von außen aufgezwungen
würde. Vielmehr ist die jeweils betroffene Gemeinde gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB
ihrerseits verpflichtet, die allgemeinen Anforderungen an gesunde
Wohnverhältnisse bei der Aufstellung der Bauleitplanung zu berücksichtigen.
Hierzu gehört auch die Lärmvorsorge. Dem entsprechend ist gemeindliche
Bauleitplanung auch ohne raumplanerische Vorgaben verpflichtet, etwa die Lage
einer genehmigten Flugschneise und die daraus resultierenden möglichen
Lärmimmissionen in ihre planerische Abwägung einzubeziehen. Soweit
Siedlungsbeschränkungsbereiche Gebiete betreffen, in denen die in einem
allgemeinen Wohngebiet erforderliche Wohnruhe faktisch nicht gegeben ist,
schränkt die Festsetzung des Siedlungsbeschränkungsbereichs die Planungshoheit
der Gemeinde de facto gar nicht ein, weil die Gemeinde objektiv-rechtlich gemäß §
1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB gar nicht befugt wäre, in diesem Gebiet ein Wohngebiet
bauleitplanerisch auszuweisen. Ausgehend von diesen Grundsätzen erscheint die
Festlegung eines Siedlungsbeschränkungsbereichs innerhalb einer 60 dB(A)-
Isophone durch den RPS 2000 nicht als abwägungsfehlerhaft. Entgegen der
Meinung der Antragstellerin bedurfte es hierzu keiner ausdrücklichen gesetzlichen
Ermächtigungsgrundlage. Es genügt, dass die einschlägigen Gesetze ein
entsprechendes Schutzniveau nicht ausschließen und dass die Festlegung dieses
Niveaus fachlich abgestützt auf sachlichen Erwägungen beruht. Dies ist hier der
Fall. So enthält bereits die Leitlinie zur Beurteilung von Fluglärm durch die
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Fall. So enthält bereits die Leitlinie zur Beurteilung von Fluglärm durch die
Immissionsschutzbehörden der Länder vom 14. Mai 1997 (LAI-Richtlinie) die
Empfehlung, darauf hinzuwirken, dass zum Schutz gegen Fluglärm als
raumordnerisches Ziel ein Siedlungsbeschränkungsbereich in den Regionalplänen
ausgewiesen wird, der das Gebiet mit einem prognostizierten energieäquivalenten
Dauerschallpegel größer als 60 dB(A) umfasst. Die Kommission zur Abwehr des
Fluglärms Flughafen Frankfurt/Main hat sich im Jahr 1997 für eine 60 dB(A)-
Siedlungsbeschränkungszone ausgesprochen, und zwar gerade auch die Mehrheit
der in diesem Gremium vertretenen Kommunalvertreter, die zu Recht darauf
hingewiesen haben, dass es zu den originären Aufgaben der Kommunen gehört,
für den Schutz der Einwohner vor Lärm zu sorgen. Weiterhin ist darauf
hinzuweisen, dass der LEP 2000, der zwar selbst nur eine 62 dB(A)-Isophone
benennt, den Trägern der Regionalplanung ausdrücklich die Befugnis zur
Festlegung weitergehender Regelungen einräumt. Soweit die Antragstellerin
geltend macht, für den Verkehrslandeplatz Egelsbach sei lediglich eine 62 dB(A)-
Isophone vorgesehen worden, ist ihr entgegenzuhalten, dass als Ergebnis des im
Jahr 2000 abgeschlossenen Raumordnungsverfahrens für die Verlängerung der
Start- und Landebahn inzwischen eine 55 dB(A)-Lärmkontur als
Siedlungsbeschränkungsbereich um diesen Verkehrslandeplatz festgelegt worden
ist, die als sonstiges Erfordernis der Raumordnung bei Abwägungsentscheidungen
berücksichtigt werden muss.
Die Antragstellerin macht geltend, aus lärmmedizinischer Sicht sei nach
derzeitigem Kenntnisstand unterhalb des präventiven Richtwertes von 62 dB(A)
keine negative Auswirkung durch Geräuschimmissionen auf die menschliche
Gesundheit zu erwarten. Dieser Gesichtspunkt stellt die Rechtmäßig der
Abwägungsentscheidung der Regionalversammlung nicht in Frage. Bei der hier zu
prüfenden Planungsentscheidung ging es nämlich gar nicht um die bloße
Vermeidung von Gesundheitsbeeinträchtigungen, sondern um die Umsetzung
eines Planungsrichtwertes mit dem Ziel einer ausgewogenen Gewichtung der bei
der Raumordnung zu berücksichtigenden Belange.
Die der Abwägungsentscheidung der Regionalversammlung zugrunde liegende
Berechnung der im Regionalplan Südhessen 2000 dargestellten
Siedlungsbeschränkungsfläche ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Bei der
rechtlichen Überprüfung dieses Aspektes des RPS 2000 ist zu beachten, dass es
sich insoweit nicht lediglich um die rechnerische Umsetzung empirisch
feststehender Werte, noch gar um die zeichnerische Umsetzung tatsächlich
vorgenommener Messungen handelt. Vielmehr geht es um eine
Prognoseentscheidung auf der Basis der nach der im Zeitpunkt der
Planaufstellung für den Flughafen Frankfurt/Main bestehenden Genehmigungslage.
Solche Prognoseentscheidungen sind ihrem Wesen nach mit Unsicherheiten
behaftet. Sie erweisen sich dementsprechend nicht im Nachhinein bereits deshalb
als rechtsfehlerhaft, nur weil sie nicht oder nicht in vollem Umfang eintreffen. Im
vorliegenden Fall ist die der Berechnung der Siedlungsbeschränkungsfläche
zugrundeliegende Prognose insofern überholt, als die Anzahl der Flugbewegungen
in der Prognoseberechnung mit 430.000 Flugbewegungen pro Jahr deutlich zu
niedrig angesetzt ist. Gleichwohl war zum Zeitpunkt des Beschlusses der
Regionalversammlung am 10. Dezember 1999 die von ihr zugrunde gelegten
Prognoseentscheidungen rechtlich nicht zu beanstanden.
In Bezug auf die Zahl der Flugbewegungen hat sich die Regionalversammlung
nämlich an den Generalausbauplan der FAG von 1995 gehalten, der eine konkrete
Prognose von 430.000 Flugbewegungen enthalten hat. Eine weitere Steigerung hat
die Regionalversammlung nicht als hinreichend wahrscheinlich angesehen. Dies ist
rechtlich nicht zu beanstanden und wird überdies von der Antragstellerin auch
nicht kritisiert.
Es ist auch im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Regionalversammlung die
AzB 1984 angewendet hat. Das Berechnungsverfahren nach AzB stellt ein im
Gesetz angelegtes (vgl. § 3 des Fluglärmschutzgesetzes vom 30. März 1971,
BGBl. I S. 282) und anerkanntes Verfahren zur Ermittlung des Fluglärms dar (vgl.
BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 1990, VBlBW 1991, 171, 175 m.w.N.; OVG
Münster, Beschluss vom 29. Juni 2001 - 20 B 417/00 -). Verfahren zur Berechnung
von Immissionen haben stets einen stark pauschalisierenden Charakter. Sie
müssen und dürfen in Kauf nehmen, dass einzelne Phänomene, die die
Immissionsbelastung möglicherweise beeinflussen, außer Acht gelassen,
unterbewertet, aber auch überbewertet werden können. Sie sind nur dann nicht
mehr als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen, wenn sie die Wirklichkeit, d. h.
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mehr als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen, wenn sie die Wirklichkeit, d. h.
die tatsächliche Immissionsbelastung völlig unzulänglich abbilden (vgl. BVerwG,
Urteile vom 3. März 1999 NVwZ-RR 1999, 720 und vom 20. Dezember 2000,
NVwZ-RR 2001, 360, 361). Derartige Abweichungen sind hier angesichts der
ohnehin nicht auszuschließenden Unsicherheitsfaktoren nicht gegeben.
Unterschwellige Lärmergebnisse sind bewusst ausgeblendet, weil sie das Ergebnis
grundsätzlich nicht erheblich beeinflussen (ebenso Hess. VGH, Urteil vom 3. Juni
2004 - 12 A 1118/01 -, ZLW 2005, 142-167). Danach steht fest, dass die AzB
grundsätzlich zur planerischen Beurteilung von Fluglärmbelastungen geeignet ist.
Mit der Frage, ob die AzB in ihrer Fassung von 1984 noch herangezogen werden
konnte hat sich die Regionalversammlung näher auseinandergesetzt. Sie hat
insoweit ausgeführt: "Die Anregung, bei der Berechnung des
Siedlungsbeschränkungsbereichs eine neue im Entwurf vorliegende AzB
heranzuziehen, ist zumindest rechtlich problematisch. Ein offizieller Entwurf des
Bundes zu einer "neuen" AzB liegt bisher nicht vor. Die HLFU verwendet im
Mediationsverfahren neben der gültigen AzB zu Vergleichszwecken mit tatsächlich
gemessenen Werten einen Entwurf des Umweltbundesamtes vom Dezember
1997. Die durch technische Entwicklung eintretende Lärmminderung, z. B. an
Fluggeräten, fließt daher in die Berechnung des Siedlungsbeschränkungsbereichs
nicht ein; dies ist jedoch unter dem Aspekt einer langfristigen Lärmvorsorge auch
durchaus sinnvoll." Damit wird deutlich, dass die Regionalversammlung die in ihrer
Prognose enthaltenen Unsicherheitsfaktoren zur Kenntnis genommen und sachlich
bewertet hat. Im Hinblick darauf, dass im Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung über
den Regionalplan keine fachlich allgemein anerkannte neuere
Berechnungsmethode zur Verfügung stand, ist letztlich nicht zu beanstanden,
dass die Regionalversammlung noch auf die AzB 1984 zurückgegriffen und die für
die Wohnbevölkerung tendenziell günstigen Auswirkungen der in der
Prognoseentscheidung enthaltenen Unsicherheitsfaktoren in ihre planerische
Abwägung unter dem Aspekt langfristiger Lärmvorsorge integriert hat. Soweit der
12. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 3.
Juni 2004 (a.a.O.) mit näherer Begründung dargelegt hat, dass er seinen eigenen
Berechnungen die AzB in der modifizierten Fassung aus dem Jahr 1999 zugrunde
legt, beruht dies darauf, dass es in dem dort zu entscheidenden Fall um eine
realistische Erfassung der tatsächlichen Fluglärmbelastung ging, nicht aber um
Maßstäbe zur planerischen Beurteilung des Maßes eines
Siedlungsbeschränkungsbereichs. Diesen Aspekt hat der 12. Senat des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in der zitierten Entscheidung ausdrücklich
hervorgehoben.
Entgegen der Meinung der Antragstellerin ist nicht zu beanstanden, dass der
Antragsgegner bei der Ausweisung der Siedlungsbeschränkungsbereiche nicht
geprüft hat, ob die Lärmbelastung des Flughafenbetriebs durch
betriebsbeschränkende Maßnahmen oder durch Änderung der Flugrouten
reduziert werden kann. Insoweit handelt es sich um Aufgaben der
Luftverkehrsbehörde, die der Regionalplanung nicht zugänglich sind.
Der RPS 2000 konnte noch am 23. August 2004 wirksam genehmigt und im
Anschluss daran bekannt gemacht werden. Dies hat der Senat in einem obiter
dictum in seiner Entscheidung vom 26. Juli 2004 (a.a.O.) dargelegt und darauf
hingewiesen, dass der Normgeber ohne Weiteres das Normgebungsverfahren an
dem Punkt wieder aufgreifen kann, an dem der Fehler geschehen ist. Auch der 12.
Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat in seinen Urteilen vom 28. Juni
2005 (12 A 3/05 und 12 A 8/05) mit näherer Begründung dargelegt, dass der RPS
2000 am 23. August 2004 wirksam genehmigt werden konnte. Die von der
Antragstellerin im vorliegenden Verfahren hiergegen eingewandten Argumente
rechtfertigen keine andere rechtliche Beurteilung. Die Antragstellerin macht
insoweit im Wesentlichen geltend, durch die späte Genehmigung und Bekanntgabe
des RPS 2000 sei gegen den aus § 10 Abs. 7 und 8 sowie § 11 Abs. 2 und 5 HLPG
herzuleitenden Beschleunigungsgrundsatz verstoßen worden. Dies mag zwar in
sich richtig sein; die hieran geknüpfte Schlussfolgerung einer Nichtigkeit (richtiger:
Unwirksamkeit) des Planes ist jedoch unzutreffend. Von entscheidender
Bedeutung ist, dass die Vorschriften des Hessischen Landesplanungsgesetzes
eine derartige Sanktion nicht vorsehen. Vielmehr sieht das Gesetz, wie die
Antragstellerin selbst näher darlegt, jeweils dann, wenn eines der vier am
Planaufstellungsverfahren beteiligten Organe nicht innerhalb der jeweils
vorgesehenen Frist tätig wird, eine Befugnis anderer Organe zur eigenen Tätigkeit
oder im Fall des § 11 Abs. 2 HLPG eine Genehmigungsfiktion vor. Dass der
Regionalplan als Ganzes oder dass bereits erfolgte Planungsschritte durch das
Eintreten einer zeitlichen Verzögerung unwirksam werden sollen, sieht das Gesetz
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Eintreten einer zeitlichen Verzögerung unwirksam werden sollen, sieht das Gesetz
dagegen nicht vor. Eine solche Rechtsfolge wäre im Hinblick auf den von der
Antragstellerin zutreffend beschriebenen Beschleunigungsgrundsatz
kontraproduktiv, weil sie lediglich eine weitere zusätzliche Verzögerung der
Raumordnungsplanung mit sich brächte.
Aus der in § 10 Abs. 7 enthaltenen Fristenregelung, wonach Regionalpläne
innerhalb von fünf Jahren nach ihrem Inkrafttreten den veränderten Verhältnissen
durch Neugestaltung anzupassen sind, ist entgegen der Meinung der
Antragstellerin gerade im Umkehrschluss abzuleiten, dass während dieser Frist
keine Verpflichtung zu einer laufenden Abänderung und Überarbeitung des
Regionalplans besteht. Der Gesetzgeber hat vielmehr in Kauf genommen, dass
zwischenzeitlich Entwicklungen auftreten, die der Regionalplan noch nicht erfasst
hat. Zur Problembewältigung stehen im Übrigen mit dem Raumordnungsverfahren
gemäß § 18 HLPG und der Möglichkeit einer Abweichungszulassung gemäß § 12
HLPG zwei Instrumente zur Verfügung, die eine flexible Reaktion auf neuere
Entwicklungen bis zur nächsten Plannovellierung ermöglichen.
Bedenken gegen die Genehmigung des Regionalplans nahezu vier Jahre nach der
Beschlussfassung der Regionalversammlung könnten jedoch dann bestehen, wenn
die Regionalversammlung im Zeitpunkt der Genehmigung an dem von ihr
aufgestellten Plan nicht mehr festhalten wollte oder wenn der Plan wegen
inzwischen geänderter tatsächlicher Verhältnisse nicht mehr geeignet ist, seine
ordnende und zielbestimmende Funktion zu erfüllen. Beide Voraussetzungen sind
im vorliegenden Fall nicht gegeben. Aus dem oben erwähnten Verfahren 4 N
406/04 (a.a.O.) ist dem Gericht bekannt, dass die Regionalversammlung auch im
Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung am 26. Juli 2004 an dem von ihr
aufgestellten Plan festgehalten hat und eine nebenbestimmungsfreie
Genehmigung dieses Planes durch die Landesregierung wünschte. Auch die seit
dem Beschluss der Regionalversammlung vom 10. Dezember 1999 ergangenen
Abweichungszulassungen führen nicht dazu, dass der Regionalplan funktionslos
geworden wäre. Der Regionalplan hätte seine Genehmigungsfähigkeit nur verloren,
wenn sich seit der Beschlussfassung so gravierende Veränderungen ergeben
hätten, dass die Festsetzungen funktionslos geworden wären oder das
ursprüngliche Abwägungsergebnis als Verstoß gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angesehen werden müsste. Den Darlegungen der
Antragstellerin lässt sich nicht entnehmen, dass den Abweichungszulassungen
auch in ihrer Summe eine Bedeutung beigemessen werden könnte, dass der Plan
im Übrigen funktionslos wäre. Dies muss schon deshalb gelten, weil die Zulassung
einer Abweichung von einer Zielbindung des Regionalplans nur erteilt werden kann,
wenn die Grundzüge der Planung nicht tangiert sind. Mangels entsprechender
substantiierter Darlegungen der Antragstellerin hatte der Senat keinen Anlass, die
Verfahrensakten des Antragsgegners zu den ab dem 10. Dezember 1999
durchgeführten Abweichungsverfahren gemäß § 12 HLPG beizuziehen. Dies gilt
auch deshalb, weil die Antragstellerin nicht dargelegt hat, dass eine der inzwischen
erfolgten Abweichungsentscheidungen überhaupt die hier streitige Festlegung
eines Siedlungsbeschränkungsbereichs im Bereich des Flughafens Frankfurt/Main
betrifft. Rechtlichen Bedenken begegnet allenfalls, dass die
Prognoseentscheidungen der Regionalversammlung vom Dezember 1999 im
Zeitpunkt der Genehmigung des Regionalplans überholt waren, falls die
tatsächliche Entwicklung so gravierend anders als prognostiziert verlaufen ist, dass
das von der Regionalversammlung gefundene Abwägungsergebnis nunmehr als
Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angesehen werden müsste.
Dies ist nach dem oben Gesagten jedoch nicht der Fall.
Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellt, dass im Zeitpunkt der
Genehmigung des Regionalplans im August 2004 eine Anwendung der AzB in der
Fassung aus dem Jahr 1999 zu einer angemessenen Berücksichtigung des
aktuellen Flottenmix geführt hätte, wäre das einstweilige Festhalten an dem
ursprünglich gefundenen Abwägungsergebnis nicht als unverhältnismäßig
anzusehen.
Eine angemessene Berücksichtigung des aktuellen Flottenmix im Rahmen der
AzB, also etwa im Rahmen der AzB 1999, hätte nach allgemeiner Auffassung
lediglich einen um 2 bis 3 dB(A) niedrigeren Dauerschallpegel zur Folge.
Andererseits ist die Anzahl der prognostizierten Flugbewegungen (430.000)
inzwischen stark angestiegen. So wird im Entwurf zur Änderung des
Landesentwicklungsplans im Prognose-Null-Fall für das Jahr 2015 nunmehr ohne
einen weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens mit 500.000 Flugbewegungen
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einen weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens mit 500.000 Flugbewegungen
gerechnet. Diese beiden genannten Entwicklungen sind hinsichtlich ihrer
Auswirkungen gegenläufig, heben sich also gegenseitig teilweise auf. Unter diesen
Umständen erscheint es als nicht unverhältnismäßig, wenn der Antragsgegner im
Jahr 2004 an der im Dezember 1999 getroffenen Abwägungsentscheidung
festgehalten hat. Für diese rechtliche Beurteilung spricht auch, dass sich die
Regionalplanung generell in einem ständigen Plananpassungsprozess befindet. In
einem etwa fünfjährigen Rhythmus werden die Regionalpläne in Hessen der jeweils
neuesten Entwicklung angepasst. Im Hinblick auf die erwartbar nur noch kurze
Geltungsdauer des Regionalplans Südhessen war es daher im Jahr 2004
hinzunehmen, dass die Abwägungsentscheidung der Regionalversammlung auf
inzwischen in gewissem Umfang überholten Prognoseentscheidungen beruhte.
Dies gilt auch deshalb, weil andernfalls mit Eintreten der Rechtskraft des Urteils
des Senats vom 26. Juli 2004 der regionale Raumordnungsplan Südhessen 1995
anzuwenden gewesen wäre, der insgesamt auf noch älteren Vorgaben beruhte. Im
Interesse einer relativ zeitnahen Raumordnungsplanung für die gesamte
Planungsregion war es daher hinzunehmen, von der Herbeiführung einer zeitnahen
Prognoseentscheidung für die Berechnung der Siedlungsbeschränkungsbereiche
abzusehen und der im Jahr 1999 getroffenen Planungsentscheidung der
Regionalversammlung Geltung zu verschaffen. Die Landesregierung war mithin
auch noch im August 2004 befugt, den RPS 2000, an dem die
Regionalversammlung ersichtlich festhalten wollte, zu genehmigen. In diesem
Zusammenhang ist auch der Rechtsgedanke des § 8 Abs. 2 HLPG 1994 (jetzt § 11
Abs. 2 HLPG) fruchtbar zu machen. Nach dieser Vorschrift gilt ein Regionalplan der
- wie hier - im Zusammenwirken von Regionalversammlung, oberer
Landesplanungsbehörde und oberster Landesplanungsbehörde aufgestellt worden
ist, als genehmigt, wenn die Landesregierung nicht innerhalb von sechs Monaten
entscheidet. Wäre die Landesregierung nach dem 10. Dezember 1999 schlicht
untätig geblieben, so wäre der Regionalplan Südhessen 2000 gemäß § 8 Abs. 2
HLPG 1994 nach sechs Monaten in Kraft getreten. Der Umstand, dass die
Landesregierung den Eintritt der Fiktionswirkung gemäß § 8 Abs. 2 HLPG 1994
durch eine planverändernde und daher fehlerhafte Genehmigungsentscheidung
verhindert hat, kann nicht dazu führen, dass die Regionalversammlung gezwungen
ist, ihren Beschluss über den Regionalplan Südhessen 2000 vom 10. Dezember
1999 zu wiederholen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der
Antragstellerin zitierten Entscheidung des erkennenden Senats vom 19. Januar
1988 (4 N 4/83, ESVGH 39, 73f.). In dieser Entscheidung hat der Senat ausgeführt,
dass vor der Neubekanntmachung eines ca. zweieinhalb Jahre zuvor aufgestellten,
aber nur fehlerhaft bekannt gemachten Bebauungsplans ein erneuter Beschluss
der Gemeindevertretung herbeigeführt werden muss. Diese Rechtsprechung ist
auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht anwendbar, weil es im dort
entschiedenen Fall um den Verkündungsfehler eines im Übrigen vollständig
zustande gekommenen Bebauungsplanes ging und um die Frage, unter welchen
Voraussetzungen eine jahrelang verspätete Verkündung nachgeholt werden kann.
Dagegen war im vorliegenden Fall der Regionalplan wegen der inhaltlich
fehlerhaften Genehmigungsentscheidung der Landesregierung vom 14. November
2000 schon gar nicht wirksam zustande gekommen, wie der Senat in seinem
Beschluss vom 26. Juli 2004 (a.a.O.) näher dargelegt hat; denn der Regionalplan
wird in Hessen durch das Zusammenwirken der Regionalversammlung mit der
oberen Landesplanungsbehörde, der obersten Landesplanungsbehörde sowie der
Hessischen Landesregierung hervorgebracht. Soweit die Antragstellerin in diesem
Zusammenhang Zweifel an der Rechtssetzungsbefugnis der Verwaltung äußert
und daraus herleitet, der Genehmigungsakt der Hessischen Landesregierung sei
nicht Teil des Normaufstellungsverfahrens, ist dem entgegenzuhalten, dass in den
Fällen des § 7 Abs. 6 Satz 4 und § 8 Abs. 5 Satz 3 HLPG 1994 (jetzt § 10 Abs. 7
HLPG und § 11 Abs. 5 Satz 3 HLPG) sogar die oberste Landesplanungsbehörde,
also das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung in
eigener Zuständigkeit einen Regionalplan aufstellen und die Genehmigung der
Hessischen Landesregierung herbeiführen kann.
Überdies bestehen weitere strukturelle Unterschiede zwischen der Bauleitplanung
und der Regionalplanung, die einer schematischen Übertragung der zitierten
Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Neuverkündung von
Bebauungsplänen auf Regionalpläne entgegenstehen. Wie der Senat in seiner
Entscheidung vom 19. Januar 1988 (a.a.O.) nämlich näher dargelegt hat, sollte die
erneute Beschlussfassung der Gemeindevertretung
(Stadtverordnetenversammlung) über einen mehrere Jahre zuvor fehlerhaft
bekannt gemachten Bebauungsplan dazu dienen, eine Prüfung zu ermöglichen, ob
die Verkündung des Planes wegen eventuell veränderter Umstände unterbleiben
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die Verkündung des Planes wegen eventuell veränderter Umstände unterbleiben
oder aber ein neues Planungsverfahren eingeleitet werden soll. Diese
Entscheidungsvarianten stellen sich so in der Regionalplanung nicht. Zum einen
stünde es der Regionalversammlung anders als der Gemeindevertretung gar nicht
zu, das jeweils in Rede stehende Gebiet unbeplant zu lassen. Vielmehr könnte und
müsste in einem solchen Fall die oberste Landesplanungsbehörde den
Regionalplan aufstellen. Zum anderen ist die Regionalplanung auf einen
fortlaufenden Plananpassungsprozess ausgerichtet, so dass das (vorläufige)
Festhalten an einer früheren Planentscheidung und die Entscheidung zur
Aufstellung eines neuen Regionalplans gar keinen Gegensatz bilden.
Dementsprechend ist die Regionalversammlung einerseits im Gerichtsverfahren
vor dem erkennenden Senat 4 N 406/04 im Zeitpunkt der damaligen gerichtlichen
Entscheidung am 26. Juli 2004 für die Geltung des Regionalplans Südhessen 2000
in der am 19. Dezember 1999 beschlossenen Fassung eingetreten, obgleich sie
bereits am 16. Mai 2003 einen Beschluss für die Aufstellung eines neuen
Regionalplans gefasst hat. Dass die Regionalversammlung einen solchen
Aufstellungsbeschluss gefasst hat, zieht auch die Antragstellerin nicht in Zweifel.
Daher bedurfte es nicht der Beiziehung der das Aufstellungsverfahren zur
Neufassung des Regionalplans geführten Verwaltungsvorgänge des
Antragsgegners.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen
nicht vor.
Sonstiger Langtext
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde innerhalb eines Monats
nach Zustellung dieser Entscheidung angefochten werden. Die Beschwerde ist
beim
Hessischen Verwaltungsgerichtshof, Brüder-Grimm-Platz 1, 34117 Kassel
durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule
im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt
einzulegen; juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können
sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie
Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte
oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen
Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes,
dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. Die Beschwerde muss die
Entscheidung bezeichnen, die angefochten werden soll.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser
Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Hessischen
Verwaltungsgerichtshof einzureichen. In der Begründung muss entweder
- die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden oder
- die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der
obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
bezeichnet werden, wenn geltend gemacht wird, von ihr werde in der in dem
vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung abgewichen und die
Entscheidung beruhe auf dieser Abweichung, oder
- ein Verfahrensmangel bezeichnet werden, auf dem die Entscheidung beruhen
kann.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.