Urteil des HessVGH vom 11.12.1997

VGH Kassel: asylverfahren, einstellung des verfahrens, bundesamt, vollziehung, erlass, abschiebung, vollstreckungsverfahren, vollzug, form, aussetzung

1
2
3
4
Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
12. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 TZ 4190/97
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 80 AsylVfG 1992
(Beschwerdeausschluß nach AsylVfG 1992 § 80 umfaßt
Streit um Vollzug asylverfahrensrechtlicher
Abschiebungsandrohung)
Tatbestand
Der Antragsteller zu 1) reiste im Oktober 1985 in die Bundesrepublik Deutschland
ein und stellte am 8. November 1985 einen Asylantrag; die Antragstellerin zu 2)
reiste 1988 mit den gemeinsamen Kindern ebenfalls in Deutschland ein und stellte
gleichfalls einen Asylantrag am 16. Februar 1988. Der Asylantrag des
Antragstellers zu 1) wurde mit Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge - Bundesamt - vom 15. Oktober 1987 abgelehnt und mit
Abschiebungsandrohung des Landrats des Kreises vom 27. November 1987 am 7.
Dezember 1987 zugestellt; der Antrag der Antragstellerin zu 2) wurde mit
Bescheid des Bundesamtes vom 2. Juni 1989 abgelehnt und ihr mit
Abschiebungsandrohung des Landrates des Kreises vom 29. Juni 1989 zugestellt.
Beide beantragten am 19. August 1993 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis,
über die bisher noch nicht entschieden wurde.
Nach rechtskräftigem Abschluss beider Klageverfahren über die Asylanträge am
(4. Oktober 1989 und am 17. März 1993) wies der Landrat des Kreises die
Antragsteller mit Schreiben vom 23. Oktober 1993 auf ihre Pflicht zur Ausreise hin
und kündigte ihnen die Abschiebung nach Ablauf von drei Monaten an. Bis
insgesamt August 1993 erhielten die Antragsteller Duldungen; im Januar 1994
teilten sie mit, vergeblich bei dem Generalkonsulat der Türkei in Frankfurt am Main
Pässe beantragt zu haben. Dies sei abgelehnt worden, da abgelehnte
Asylbewerber keine Pässe erhielten. Am 11. Februar 1994 reichte die Neue
Friedensschule eine die Antragsteller und ihre Kinder betreffende Petition beim
Hessischen Landtag ein. Nach Erlass eines Abschiebestopps betreffend Kurden
aus der Türkei im Mai 1994 erhielten die Antragsteller erneut Duldungen, seit dem
27. Dezember 1995 laut Begründung der Ausländerbehörde wegen Passlosigkeit.
Nach dem Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern vom 12. April 1996 über
die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen in bestimmten "Altfällen" beantragten die
Antragsteller unter dem 15. April 1996 die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen
auf dieser Grundlage. Auf den unter dem 21. Mai 1996 erfolgten Hinweis auf die
entgegenstehende Passlosigkeit legten die Antragsteller neu ausgestellte Pässe
vom 11. Februar 1997 vor. Mit Bescheid vom 14. Mai 1997 lehnte der Landrat des
Kreises den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis mit der Begründung ab,
die Altfallregelung komme wegen der Passlosigkeit und der darauf beruhenden
Verzögerung des Verfahrens infolge der Unmöglichkeit einer Rückführung der
Antragsteller in ihr Heimatland nicht in Betracht. Im Übrigen wurde auf die
asylverfahrensrechtlichen Abschiebungsandrohungen vom 27. November 1987
und 29. Juni 1989 hingewiesen.
Nachdem der Widerspruch der Antragsteller mit Widerspruchsbescheid vom 25.
September 1997 abgelehnt wurde, erhoben sie Klage und begehrten bei dem
Verwaltungsgericht die Verpflichtung des Antragsgegners, von
Abschiebemaßnahmen bis zum Abschluss des Klageverfahrens abzusehen.
5
6
7
8
9
10
Abschiebemaßnahmen bis zum Abschluss des Klageverfahrens abzusehen.
Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht Gießen mit Beschluss vom 18.
November 1997 abgelehnt und auf die Unanfechtbarkeit dieses Beschlusses
gemäß § 80 AsylVfG hingewiesen.
Mit ihrem Beschwerdezulassungsantrag rügen die Antragsteller den
Rechtsmittelausschluss sowie die Fehlerhaftigkeit des verwaltungsgerichtlichen
Beschlusses.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist aus mehreren Gründen als unzulässig zu verwerfen.
1. Die Unzulässigkeit des Zulassungsantrages folgt zum einen aus § 80
AsylVfG, denn er richtet sich gegen eine Entscheidung über eine
Rechtsstreitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz. Zu den hiervon umfassten
Rechtsstreitigkeiten gehören insbesondere die Verfahren um die Aussetzung
aufenthaltsbeendender Maßnahmen, die zur Vollziehung einer im Asylverfahren
erlassenen Abschiebungsandrohung erfolgen (VGH Baden-Württemberg,
05.10.1994 - A 12 S 1843/94 -; VGH Baden-Württemberg, 12.12.1994 - A 14 S
3104/94 -; OVG Hamburg, 11.04.1994 - BS VII 17/94 und 23/94 -; OVG Hamburg,
22.06.1994 - BS VII 114/93 -; Hess. VGH, 11.09.1992 - 13 TH 193/91 -; Hess. VGH,
02.02.1994 - 12 TG 334/94; Hess. VGH, 19.11.1993 - 12 TG 2539/93 -; OVG
Nordrhein-Westfalen, 19.08.1993 - 18 B 2044/93 -; OVG Rheinland-Pfalz,
08.09.1993 - 7 B 11742/93 -; jew. m.w.N.) sowie alle selbständigen und
unselbständigen Nebenverfahren (GK-AsylVfG, § 80 Rdnr. 8; Kanein/ Renner, AuslR,
6. Aufl., 1993, § 80 AsylVfG Rdnr. 2; Marx, AsylVfG, 3. Aufl., 1995, Rdnr. 2 f.; Hess.
VGH, 17.11.1992 - 12 TP 2193/92 -, EZAR 630 Nr. 31), insbesondere über
Einstellung des Verfahrens (Hess. VGH, 19.12.1994 - 13 TE 2916/94 -),
Prozesskostenhilfe (Hess. VGH, 17.11.1992, a.a.O.; OVG Nordrhein- Westfalen,
07.09.1992 - 21 E 995/92.A -), Streitwert (Hess. VGH, 29.12.1992 - 12 TE 2394/92 -
), Rücknahme des Antrags auf Abschiebehaft (Hess. VGH, 15.06.1994 - 12 TG
1734/94 -), Richterablehnung (Bay. VGH, 10.12.1992 - 11 C 92.33203 -, EZAR 630
Nr. 30; OVG Hamburg, 21.01.1993 - Bs VII 19/93 -; Hess. VGH, 06.03.1995 - 12 TE
658/95 -; Hess. VGH, 26.07.1993 - 12 TE 1750/93 -; OVG Nordrhein-Westfalen,
22.12.1992 - 13 E 1467/92.A -) und Aufhebung eines Verhandlungstermins (Hess.
VGH, 06.03.1995 - 12 TE 652/95 -).
Zu diesen Verfahren gehören diejenigen um die Vollziehung (und die in solchen
Verfahren geltend gemachten Einwendungen gegenüber der Vollziehung) einer
asylverfahrensrechtlichen Abschiebungsandrohung unabhängig davon, dass deren
Grundlagen im Ausländergesetz geregelt und die Ausländerbehörden hierfür
zuständig sind. Streitgegenstand im Hauptsacheverfahren zu dem hier zu
entscheidenden Eilverfahren ist zwar die Ablehnung einer beantragten
Aufenthaltsbefugnis gemäß § 32 AuslG in Verbindung mit der "Altfallregelung"
(Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Landwirtschaft, Forsten
und Naturschutz vom 12. April 1996) in dem nicht mit einer
Abschiebungsandrohung versehenen Bescheid vom 14. Mai 1997; im hier
streitgegenständlichen Eilverfahren begehren die Antragsteller jedoch der Sache
nach ein vorläufiges Bleiberecht gegenüber der drohenden Vollziehung aus den
asylverfahrensrechtlichen Abschiebungsandrohungen vom 27. November 1987/29.
Juni 1989. Bei Rechtsstreitigkeiten um die Vollziehung von
asylverfahrensrechtlichen Abschiebungsandrohungen handelt es sich aber um
"Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz" im Sinne des § 80 AsylVfG und nicht
um solche des Ausländerrechts, in denen das Rechtsmittel des
Beschwerdezulassungsantrags (§ 146 VwGO) gegeben wäre.
In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Rechtsgrundlage für
das Begehren der Antragsteller im Ausländergesetz begründet ist, entscheidend
ist vielmehr der notwendige und enge Zusammenhang mit dem
asylverfahrensrechtlichen (Grund-)Verfahren und dem asylverfahrensrechtlichen
Teil des Vollstreckungsverfahrens in Form der zugrundeliegenden Feststellung von
Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG und der Abschiebungsandrohung.
Entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 25.09.1997 - 1
C 3.97 - und - 1 C 6.97 -) ist dies auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil der
Gesetzgeber die Kompetenzen für die Vollziehung aus einer
asylverfahrensrechtlichen Vollstreckungsandrohung und für die Entscheidung über
Einwendungen gegen diese Vollziehung bei den Ausländerbehörden belassen und
im Ausländergesetz geregelt hat. Der Gesetzgeber hat sich mit der Entscheidung
11
12
im Ausländergesetz geregelt hat. Der Gesetzgeber hat sich mit der Entscheidung
dafür, keine weiteren Kompetenzverlagerungen von den Ausländerbehörden auf
das Bundesamt vorzunehmen, gerade nicht erkennbar dazu entschieden,
zwischen einer dem Bundesamt obliegenden "Entscheidungsphase" und einer dem
Ausländerrecht und den Ausländerbehörden unterliegenden "Vollstreckungsphase"
zu trennen (so aber BVerwG, a.a.O.). Dies wird daran deutlich, dass die vom
Bundesamt zu treffende Feststellung nach § 53 AuslG und die
Abschiebungsandrohung ihrerseits als Vollstreckungsandrohung Teil des
Vollstreckungsverfahrens sind, eine derartige Trennungslinie also gerade nicht
gezogen wurde. Aus der Begründung zu dem Gesetzentwurf (BT-Drucks. 12/2062,
S. 28) ergibt sich insoweit nur, dass der Gesetzgeber damit vor allem den Zweck
verfolgte, insbesondere die Berücksichtigung landesrechtlicher Regelungen nach §
54 AuslG und deren Auswirkungen auf die Durchführbarkeit der Abschiebung in
einem einheitlichen Vollstreckungsverfahren bei den jeweils zuständigen - und die
einschlägigen landesrechtlichen Regelungen kennenden - Ausländerbehörden zu
belassen. Die von der Fraktion der SPD gewünschte weitergehende
Kompetenzverlagerung auf das Bundesamt in der Form, dass Zuständigkeiten der
Länder nur noch für die reine Durchführung der Abschiebung verbleiben würden,
sollte nicht vorgenommen werden, um damit eine größtmögliche Beschleunigung
der Asylverfahren (sowie eine gerechte Verteilung der Mehrbelastungen zwischen
Bund und Ländern) erreichen zu können. Dies wurde nur dann für erreichbar
angesehen, wenn das Verwaltungsverfahren - einschließlich der Entscheidungen
über die Duldung nach §§ 54, 55 AuslG - "in einer Hand" belassen wird (BT-Drucks.
12/2100). Damit ist zugleich offensichtlich, dass das Vollstreckungsverfahren dem
Asylverfahren zugerechnet und eben nicht als eigenständiges,
ausländerrechtliches Verfahren angesehen wurde. Diesen Überlegungen zur
Beschleunigung würde es geradezu zuwiderlaufen, wenn mit der
Kompetenzaufteilung das Vollstreckungsverfahren auch einem anderen
"Rechtsmittelregime" unterstellt würde, so dass anders als im
Asyl(grund)verfahren gerade die Vollziehung durch Entscheidungen in weiteren
Gerichtsinstanzen verzögert werden könnte. Dies erklärt auch, dass in der
Begründung des Gesetzentwurfs zu § 80 AsylVfG (betreffend § 78 der ersten
Fassung des Gesetzentwurfs) nicht mehr gesondert vom Vollstreckungsverfahren,
sondern nur noch von den "sonstigen Nebenverfahren" die Rede war (BT-Drucks.
12/2062, S. 42). Dass die beispielhaft bezeichneten Nebenverfahren
(Prozesskostenhilfe, Kostenangelegenheiten) noch gesondert aufgeführt wurden,
dürfte darin begründet liegen, dass der Gesetzgeber hier den engen
Zusammenhang mit dem Asylverfahren gesehen und es für notwendig erachtet
hat, es nicht dadurch zu Verfahrensverzögerungen kommen zu lassen, dass im
Bereich dieser zwar mit dem Asylverfahren in engstem Zusammenhang
stehenden, jedoch von den Rechtsgrundlagen und den Kompetenzen betrachtet
davon völlig zu trennenden Entscheidungen Rechtsmittel eingelegt werden
können, die im Asyl(grund)verfahren ausgeschlossen sind. Dies gilt umso mehr für
das Vollstreckungsverfahren, das ohne das zugrunde liegende Asylverfahren
weder denkbar noch durchführbar und daher mehr als ein "Annex" zu diesem
Verfahren ist.
Schon deshalb kann auch die rechtliche Verankerung in den Regelungen des
Asylverfahrensgesetzes in der Form der dort getroffenen Kompetenzzuweisungen
an das Bundesamt oder der darin enthaltenen rechtlichen Grundlagen für
Verfahren (wie beispielsweise in §§ 55, 68, 70 AsylVfG (BVerwG: § 19 AsylVfG))
nicht ausschlaggebend sein für die Bewertung als "Rechtsstreitigkeit nach diesem
Gesetz" im Sinne des § 80 AsylVfG. Da das Asylverfahrensgesetz als
Verfahrensordnung kaum Rechtsgrundlagen für daraus entstehende Asylverfahren
bietet, bleibt nach dieser Auffassung nämlich die Kompetenzzuweisung an das
Bundesamt durch das Asylverfahrensgesetz der maßgebliche Anknüpfungspunkt,
und es könnten im Wesentlichen nur Rechtsstreitigkeiten um dessen
Entscheidungen solche "nach diesem Gesetz" sein. Dann aber würden nicht nur
sämtliche Entscheidungen in Nebenverfahren wie über Prozesskostenhilfe,
Streitwert usw. trotz der vom Gesetzgeber ausdrücklich gewünschten
Einbeziehung nicht vom Rechtsmittelausschluss erfasst werden, sondern auch alle
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, da rechtliche Grundlage hierfür die
Vorschriften der §§ 80 Abs. 5, 123 VwGO sind und die Entscheidungen durch die
Gerichte und nicht durch das Bundesamt getroffen werden.
Die im Asylverfahrensgesetz ebenfalls enthaltenen Regelungen über die
"Schnittstellenproblematik", die sich aus der Aufteilung von Kompetenzen
zwischen dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im
Bereich der Asylverfahren und die Ausländerbehörden im Bereich der
13
14
15
Bereich der Asylverfahren und die Ausländerbehörden im Bereich der
ausländerrechtlichen Verfahren ergibt, bieten ebenfalls keinen Anhaltspunkt dafür,
dass der Gesetzgeber ein "Grundkonzept zur Trennung zwischen Entscheidungs-
und Vollstreckungsphase" verfolgt hat (so aber BVerwG, a.a.O.). Von diesen
Regelungen werden nämlich echte Konflikte in Fällen, in denen ein
ausländerrechtlicher Status und das Asylverfahren nebeneinander stehen und zu
jeweils unterschiedlichem Aufenthaltsstatus führen, erfasst.
Insgesamt ist es deshalb konsequent, dass der Gesetzgeber die Prüfung der
Duldungsgründe aus dem Anwendungsbereich des Asylverfahrensgesetzes
bewusst ausgenommen und im Ausländerrecht belassen hat, da sie nicht das Ob,
sondern das Wann und Wie einer Abschiebung betreffen. Da diese zeitlich
möglicherweise erst nach der Entscheidung über den Erlass einer
Abschiebungsandrohung auftreten, darüber hinaus nur vorübergehender Natur
sein können und mit dem Erlass der Abschiebungsandrohung rechtlich nichts zu
tun haben (§ 50 Abs. 3 S. 1 AuslG), bestand auch keine zwingende Notwendigkeit,
die Kompetenz für diese Entscheidungen ebenfalls dem Bundesamt zu
übertragen.
Für dieses Ergebnis spricht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift des §
80 AsylVfG, der in der vorherigen Fassung des Asylverfahrensgesetzes 1982 (vom
9. April 1991 (BGBl. I S. 869)) die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 7 mit dem
Beschwerdeausschluss für die gegen die Ausländerbehörden gerichteten
vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die Abschiebungsandrohung
vorausgegangen ist. Angesichts der vom Gesetzgeber bezweckten weiteren
Beschleunigung des Verfahrens und der Tatsache, dass nach der früheren
Fassung in § 10 Abs. 3 Satz 7 AsylVfG auch Entscheidungen der
Verwaltungsgerichte über die von den Ausländerbehörden zu erlassende
Abschiebungsandrohung von der Beschwerdemöglichkeit ausgenommen waren,
ist nichts dafür ersichtlich, dass trotz der in der Zwischenzeit sichtbar gewordenen
Defizite insbesondere beim Vollzug nunmehr gerade die Entscheidungen in
diesem, dem Asylverfahren notwendigerweise nachgehenden
Vollstreckungsverfahren einem erweiterten Rechtsmittelzug unterstellt und damit
die bereits erreichte Beschleunigung wieder zurückgenommen werden sollten.
Nach dieser Entwicklung und da jegliche weiteren Anhaltspunkte für einen solchen
Entschluss des Gesetzgebers fehlen, hätte dieser die Rückausnahme von dem
Beschwerdeausschluss ausdrücklich im Gesetz formulieren müssen, wenn sie
tatsächlich beabsichtigt gewesen wäre. Da dies nicht geschehen ist und alles dafür
spricht, dass insbesondere die Vollziehung der im Asylverfahren zu treffenden
Entscheidungen beschleunigt werden sollte, kann die Formulierung
"Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz" im Sinne des § 80 AsylVfG nur weit zu
interpretieren sein und muss damit auch solche wie die vorliegende um die
Aussetzung der Abschiebung aus einer asylverfahrensrechtlichen
Abschiebungsandrohung umfassen.
Dies bedeutet andererseits nicht, dass deshalb jede Rechtsstreitigkeit wegen eines
Berührungs- oder Anknüpfungspunktes zu einem asylrechtlichen Verfahren davon
erfasst wird. Ausgenommen hiervon bleiben nämlich solche Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes, in denen beispielsweise der Antrag eines
abgelehnten Asylbewerbers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abschlägig
beschieden und mit einer eigenen Abschiebungsandrohung gemäß § 50 Abs. 1
AuslG versehen wird, so dass eine eigenständige ausländerrechtliche Grundlage
besteht (vgl. Hess. VGH, 01.03.1996 - 12 TG 588/96 -). In diesen Fällen handelt es
sich allerdings dann auch um ein Nebeneinander eines asylrechtlichen und eines
ausländerrechtlichen Status bzw. der Ablehnung der Erteilung eines solchen
Status. In der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte wird bisher ebenfalls in
dieser Weise differenziert, und auch die Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts hierzu (25.09.1997 - 1 C 3.97 und 6.97 -) sind deshalb
differenziert zu betrachten. Während es sich in dem Verfahren über die Erteilung
einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG (1 C 3.97) um die nach der hier vertretenen
Auffassung vom Rechtsmittelausschluss erfasste Aussetzung der Vollziehung
handelt, ist die Frage eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis (1 C
6.97), soweit es sich um eigenständige tatbestandliche Voraussetzungen in der
Hauptsache handelt, als ausländerrechtliche Streitigkeit zu qualifizieren
(konsequent deshalb auch die Regelungen in § 32a Abs. 1 AsylVfG betreffend
Aufenthaltsbefugnisse nach § 32a AuslG). Unbeachtlich ist dabei, ob es sich um
die Frage der Berufungszulassung nach § 78 AsylVfG oder des
Beschwerdeausschlusses gemäß § 80 AsylVfG handelt, denn in beiden Fällen liegt
die Formulierung "Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz" zugrunde, die in allen
16
17
18
19
20
die Formulierung "Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz" zugrunde, die in allen
Fällen nur gleich ausgelegt werden kann. Die Auslegung dieser Formulierung des
Gesetzgebers hat letztlich noch weitere Bedeutung über die Frage der
Rechtsmitteleinschränkung hinaus, da sie noch für weitere wichtige
Regelungsbereiche benutzt wurde. So hängt die Zuständigkeit des Einzelrichters
am Verwaltungsgericht (§ 76 Abs. 1, Abs. 4 AsylVfG: "Streitigkeiten nach diesem
Gesetz") davon ebenso ab wie die Frage des für die Entscheidung maßgeblichen
Zeitpunkts (§ 77 Abs. 1), der Fiktion der Klagerücknahme (§ 81), der
Notwendigkeit, besondere Spruchkörper einzurichten (§ 83 Abs. 1, Abs. 2), sowie
der Nichterhebung von Gerichtskosten und der Höhe des Gegenstandswerts (§
83b Abs. 1, Abs. 2). Ihre Auswirkungen reichen bis weit in die Geschäftsverteilung
bei den Gerichten bzw. in die Gerichtsorganisation hinein (vgl. auch § 52 Nr. 3
VwGO). Im Gegensatz dazu hat der Gesetzgeber sehr wohl hiervon abweichende
Formulierungen verwandt, so beispielsweise bei der Kompetenzzuweisung an den
Bundesbeauftragten (§ 6 Abs. 2: Asylverfahren vor dem Bundesamt und
Klageverfahren vor den Verwaltungsgerichten) und für den Ausschluss des
Widerspruchs (§ 11: Maßnahmen und Entscheidungen nach diesem Gesetz).
2. Der Antrag ist allerdings auch gemäß § 146 Abs. 5 VwGO unzulässig,
weil mit ihm Gründe, aus denen die Beschwerde zuzulassen ist, nicht
dargelegt worden sind. Mit dem Antrag ist nämlich nicht hinreichend erläutert, aus
welchen Gründen die Beschwerde zugelassen werden soll (zur selben Frage im
Asylverfahren vgl. BVerfG - Kammer -, 15.08.1994 - 2 BvR 719/93 -, EZAR 633 Nr.
242, InfAuslR 1995, 15, Hess. VGH, 17.01.1983 - X TE 29/82 -, EZAR 633 Nr. 5;
OVG Nordrhein-Westfalen, 15.11.1982 - 18 B 20044/82 -, EZAR 633 Nr. 1 = DÖV
1983, 40). Die Antragsteller haben weder einen der in § 124 Abs. 2 VwGO
genannten und gemäß § 146 Abs. 4 VwGO erforderlichen Zulassungsgründe
benannt noch die entsprechenden Vorschriften zitiert; ebensowenig ist den
Ausführungen insgesamt zu entnehmen, welcher dieser Zulassungsgründe
gegeben sein soll. Die Antragsteller rügen lediglich die inhaltliche Fehlerhaftigkeit
des angegriffenen Beschlusses, so dass selbst dann, wenn man davon ausgehen
wollte, dass hiermit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der
verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gerügt werden sollten, es gerade an der
notwendigen Darlegung der ernstlichen Zweifel fehlt. Vielmehr wird lediglich
geltend gemacht, dass von dem Antragsgegner fehlerhaft darauf verwiesen
worden sei, dass die Antragsteller nach Aufhebung des Abschiebestopps für
Kurden lediglich wegen ihrer bestehenden Passlosigkeit geduldet worden seien und
der Antragsgegner den Antragstellern unterstelle, diese seien die ganze Zeit über
im Besitz ihrer Reisepässe gewesen, hätten diese der Ausländerbehörde jedoch
nicht vorgelegt. Insoweit fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den hierzu im
angegriffenen Beschluss enthaltenen Gründen, die sich ausführlich mit der Frage
der Passlosigkeit und den damit im Zusammenhang stehenden zeitlichen
Abläufen auseinandersetzen, und an dem Aufzeigen ernstlicher Zweifel an der
Richtigkeit dieser Ausführungen.
Gleiches gilt für die Rüge, dass die Tatsache, "dass das Verwaltungsgericht seinen
Beschluss darauf stützt, dass eine ausreichende Sicherung des Lebensunterhaltes
glaubhaft gemacht worden sei, "äußerst bedenklich" sei. Im Übrigen würde diese
Rüge schon deshalb nicht zum Erfolg führen, da es sich hierbei lediglich um einen
weiteren Begründungsstrang in dem verwaltungsgerichtlichen Beschluss handelt,
während sich dieser im wesentlichen mit der auch von der Ausländerbehörde in
ihrem Bescheid zugrundegelegten Frage der Passlosigkeit befasst.
3. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begegnet allerdings auch
inhaltlich keinen ernstlichen Zweifeln, da ein Anordnungsanspruch der
Antragsteller zu Recht verneint wurde. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon
ausgegangen, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gemäß §
32 AuslG in Verbindung mit dem Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern
und für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz vom 12. April 1996 (II A 43 (K) -
23 d) daran scheitert, dass die Aufenthaltsbeendigung von den Antragstellern
vorsätzlich hinausgezögert wurde. Die Antragsteller wurden nach rechtskräftigem
Abschluss ihres Asylverfahrens mit Ausreiseaufforderung vom 21. Oktober 1993
auch aufgefordert, die hierfür erforderlichen Pässe zu beantragen, und ihnen
wurde die Abschiebung gemäß § 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG angekündigt. Sie haben in
der Folge bei der Ausländerbehörde dargetan, sie hätten vergeblich bei dem
Generalkonsulat Reisepässe beantragt (mit Schreiben vom 13. Januar 1994; Bl.
197 der Behördenakte), und eine Mitteilung des Generalkonsulats vorgelegt,
21
22
23
197 der Behördenakte), und eine Mitteilung des Generalkonsulats vorgelegt,
wonach grundsätzlich keine Pässe für abgelehnte Asylbewerber ausgestellt wurden
(Bl. 213 der Behördenakte). Da die Petition erst am 11. Februar 1994 seitens der
Neuen Friedensschule eingelegt wurde und ein erneuter Abschiebestopp für
Kurden erst mit Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern vom 20. Mai 1994
erging, hätte eine Rückführung der Antragsteller in ihr Heimatland zwischen Ende
Oktober 1993 und Mitte Februar 1994 durchgeführt werden können, wenn ihre
Pässe vorgelegen hätten. Den Antragstellern ist es gelungen, ihre Pässe
wiederzubeschaffen, nachdem sie nach Stellung des Antrages auf Anwendung der
Altfallregelung unter dem 15. April 1996 mit Schreiben vom 21. Mai 1996 auf die
dazu gehörige Passpflicht hingewiesen wurden. Es ist nicht erkennbar, dass ihnen
die Beschaffung ihrer Pässe nicht auch schon früher möglich gewesen ist. Der
Vortrag des Antragstellers zu 1) im Asylverfahren, seinen Pass bei Schnee und
Regen bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland verloren zu haben, lässt
sich mit den späteren Geschehnissen und dem späteren diesbezüglichen
Vorbringen, nämlich diese Pässe bei Verwandten in der Türkei angefordert und
dann auch erhalten zu haben, nicht in Übereinstimmung bringen. Das neue
Vorbringen im Eilantrag zu diesem Verfahren, beide Antragsteller hätten bei ihrer
Flucht ihre Ausweispapiere in der Türkei belassen, vermag schon gar nicht zu
erklären, warum ihnen dies nicht auch im Oktober 1993 erinnerlich war, und steht
zudem im Widerspruch zu den Behauptungen des Antragstellers zu 1) im
Asylverfahren. Eine diesen Widerspruch auflösende Erklärung dafür, weshalb beide
Pässe gerade 1996 wieder auftauchen konnten, findet sich im Vorbringen der
Antragsteller nicht.
Soweit die Antragstellerin zu 2) sich darauf beruft, sie sei aufgrund ihres
psychischen Zustandes nicht in der Lage, in die Türkei zurückzukehren, und hierzu
ein Attest des Gesundheitsamtes des -Kreises vom 20. November 1997 vorlegt,
ist unabhängig von den Darlegungserfordernissen auch deshalb zweifelhaft, ob es
sich um einen berücksichtigungsfähigen Zulassungsgrund handeln kann, da
diesem Vortrag neue, nach Abschluss des Verfahrens in der ersten Instanz
entstandene Tatsachen zugrunde liegen und fraglich ist, ob diese ungeachtet der
Regelung in § 77 AsylVfG in einem Beschwerdezulassungsverfahren nach §§ 146
Abs. 4, 124 Abs. 2 VwGO noch Berücksichtigung finden können. Darüber hinaus
jedoch attestiert das Gesundheitsamt nicht etwa eine Reiseunfähigkeit oder eine
sonstige Unmöglichkeit der Rückkehr in die Türkei für die Antragstellerin zu 2),
sondern schlägt eine ständige persönliche Überwachung und Begleitung bei
Realisierung der Abschiebung vor, da sie aufgrund einer als Reaktion auf psychisch
belastende äußere Umstände entstandenen Anpassungsstörung suizidgefährdet
ist.
Die Entscheidung über die Kosten und die Gerichtskostenfreiheit des
Antragsverfahrens beruhen auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO und auf
§§ 83b Abs. 1 AsylVfG. Der den Beteiligten am 11. Dezember 1997 vorab
übermittelte Tenor des Beschlusses war um die Worte "je zur Hälfte" und ";
Gerichtskosten werden nicht erhoben" zu ergänzen, da deren Aufnahme aufgrund
eines Versehens unterblieben war (§ 118 Abs. 1 VwGO analog).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 146 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 124 Abs. 2 Satz 3
VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.