Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

OVG Berlin-Brandenburg: berufliche erfahrung, culpa in contrahendo, altersgrenze, angemessene entschädigung, beamtenverhältnis, erwerb, angestellter, rückforderung, berufsausbildung, angemessenheit

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 4.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 4 B 12.07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 23 LbSchPolV BE, § 22 LbG
BE, § 10 AGG, EGRL 78/2000,
Art 3 Abs 1 GG
Verfassungsmäßigkeit einer beamtenrechtlichen
Höchstaltersgrenze
Leitsatz
Die Höchstaltersgrenze von unter 25 Jahren für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für
die Laufbahn des mittleren Dienstes der Berliner Schutzpolizei ist mit dem Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetz vereinbar.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des auf
Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages
leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 4. Dezember 1978 geborene Kläger strebt die Einstellung in den
Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Dienstes der Berliner Schutzpolizei
an.
Nach Erwerb der allgemeinen Hochschulreife wurde der Kläger mit Wirkung vom 1. April
2001 zum Polizeikommissar-Anwärter ernannt und zum Vorbereitungsdienst für die
Laufbahn des gehobenen Dienstes der Schutzpolizei zugelassen. Nach endgültigem
Nichtbestehen der Laufbahnprüfung endete sein Vorbereitungsdienst am 23. November
2004. Der Beklagte forderte im Anschluss einen Teil der während des
Vorbereitungsdienstes gewährten Anwärterbezüge zurück. Den entsprechenden
Bescheid hat er zwischenzeitlich aufgehoben.
Seit 27. Dezember 2004 ist der Kläger als Angestellter im Objektschutz für den
Beklagten tätig. Mit Schreiben vom 17. August 2005 bewarb er sich zum 1. September
2006 für den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Dienstes der
Schutzpolizei. Der Polizeipräsident in Berlin lehnte die Einstellung des Klägers mit
Bescheid vom 25. August 2005 ab. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2005 bewarb der
Kläger sich erneut. Der Polizeipräsident in Berlin teilte ihm am 16. Februar 2006 mit,
dass er das Einstellungshöchstalter von unter 25 Jahren überschreite und angesichts
einer hohen Zahl lebensjüngerer Bewerber keine Ausnahme von der Altersgrenze
gemacht werde. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 30. August
2006, mit dem er unter anderem eine Ungleichbehandlung mit einer Bewerberin rügte,
die ebenfalls die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst endgültig nicht bestanden
habe, aber in den Vorbereitungsdienst für den mittleren Dienst übernommen worden
sei. Mit weiterem Schreiben vom 30. August 2006 legte der Kläger Widerspruch gegen
die teilweise Rückforderung seiner Anwärterbezüge ein und bewarb sich wiederum um
die Einstellung in den mittleren Dienst. Durch Bescheid vom 5. September 2006 teilte
der Polizeipräsident in Berlin dem Kläger mit, dass er aufgrund der hohen Zahl
lebensjüngerer Bewerber bei seiner Entscheidung bleibe. Soweit der Kläger sich auf die
Einstellung einer Bewerberin beziehe, habe diese die Altersgrenze von unter 25 Jahren
bei ihrer Einstellung nicht überschritten.
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Der Kläger hat mit seiner am 20. September 2006 vor dem Verwaltungsgericht
erhobenen Klage (letztlich) die Feststellung begehrt, dass die Bescheide des
Polizeipräsidenten in Berlin vom 16. Februar 2006 und 5. September 2006 rechtswidrig
gewesen seien. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass er seit 2001 im
Polizeidienst stehe und die Ausbildung für den gehobenen Dienst der Schutzpolizei
absolviert habe. Der Beklagte verhalte sich treuwidrig und verletze die Fürsorgepflicht,
wenn er die Einstellung des Klägers ablehne und gleichzeitig einen Teil der
Anwärterbezüge zurückfordere. Die von dem Beklagten angeführte Höchstaltersgrenze
verstoße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Der Kläger hat ferner
Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG beansprucht; er wolle so gestellt werden, wie er
bei Einstellung in den mittleren Dienst zum 1. September 2006 gestanden hätte. Zudem
hat er eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangt.
Der Beklagte hat eine weitere Bewerbung des Klägers für den Vorbereitungsdienst durch
Bescheid vom 16. Oktober 2006 abgelehnt. Er hat im weiteren Verfahren darauf
verwiesen, dass sich bei der Einstellungskampagne 2006 insgesamt 10.350 Männer und
Frauen auf 300 Ausbildungsstellen im mittleren und gehobenen Dienst beworben hätten.
Da hierdurch genügend lebensjüngere Bewerber vorhanden gewesen seien, habe er von
der Möglichkeit, Bewerber jenseits der Altersgrenze von unter 25 Jahren einzustellen,
keinen Gebrauch gemacht.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 28. Februar 2007 abgewiesen.
Zur Begründung hat es angeführt, dass der Kläger die Altersgrenze des § 23 Nr. 3
Schutzpolizei-Laufbahnverordnung (SLVO) überschritten habe und die
Ausnahmetatbestände der SLVO bzw. des Laufbahngesetzes (LfbG) nicht erfüllt seien.
Gegen das Urteil richtet sich die am 29. März 2007 eingelegte, von dem
Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28.
Februar 2007 festzustellen, dass die Bescheide des Polizeipräsidenten in Berlin vom 16.
Februar 2006 sowie vom 5. September 2006 rechtswidrig gewesen sind,
den Beklagten zu verpflichten, den Kläger beamten- und versorgungsrechtlich so
zu stellen, als wäre er mit Wirkung vom 1. September 2006 an in den mittleren Dienst
der Schutzpolizei eingestellt worden,
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger eine in das Ermessen des Gerichts zu
stellende angemessene Entschädigung nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 20. September 2006 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (ein Band Beamten-
Personalakte, ein Band Angestellten-Personalakte, ein Band Bewerbungsvorgang, ein
Band Rückforderung von Anwärterbezügen) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die
Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann weder die Feststellung beanspruchen, dass
die Bescheide des Polizeipräsidenten in Berlin vom 16. Februar 2006 und 5. September
2006 rechtswidrig gewesen sind (hierzu 1.), noch hat er einen Schadensersatzanspruch
dahingehend, beamten- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als wäre er mit
Wirkung vom 1. September 2006 in den mittleren Dienst der Schutzpolizei eingestellt
worden (hierzu 2.); auch ein Anspruch auf Entschädigung steht ihm nicht zu (hierzu 3.).
Zu 1.:
Die Klage ist insoweit als Feststellungsklage (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog)
zulässig, aber unbegründet. Die Ablehnung der Einstellung des Klägers in den
Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Dienstes der Schutzpolizei zum 1.
September 2006 durch die Bescheide des Polizeipräsidenten in Berlin vom 16. Februar
2006 und 5. September 2006 ist nicht rechtswidrig.
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Die Voraussetzungen für die Einstellung in den mittleren Dienst der Schutzpolizei regelt
im Ausgangspunkt § 23 der Verordnung über die Laufbahnen der Beamtinnen und
Beamten der Schutzpolizei (Schutzpolizei-Laufbahnverordnung - SLVO -) i.d.F. von Art. I
des Gesetzes zur Änderung der Laufbahnverordnungen für den Polizeivollzugsdienst
vom 12. Juli 1995 (GVBl. S. 453). Die SLVO findet ihre Ermächtigung in § 22 des
Gesetzes über die Laufbahnen der Beamten (LfbG) vom 17. Juli 1984 (GVBl. S. 976) in
der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Februar 2003 (GVBl. S. 137, berichtigt S.
200). Dort wird hinreichend konkret bestimmt, dass der Senat das Nähere über die
Laufbahnen der Beamten durch eine Rechtsverordnung regelt. Dass diese
Rechtsverordnung auch Höchstaltersgrenzen festsetzen darf, folgt aus § 31 Abs. 1 LfbG,
wonach die in den Rechtsverordnungen nach § 22 LfbG für den Eintritt in den
Vorbereitungsdienst vorgesehenen Höchstaltersgrenzen unter bestimmten Umständen
heraufgesetzt werden dürfen. Dies setzt die Ermächtigung an den Verordnungsgeber
voraus, Höchstaltersgrenzen (überhaupt) festzusetzen. Dabei stellt § 31 LfbG eine „vor
die Klammer“ gezogene Ausnahme von der Höchstaltersgrenze für alle Laufbahnen dar.
Gemäß § 23 Nr. 3 SLVO darf unter weiteren Voraussetzungen in den mittleren Dienst
eingestellt werden, wer das 16., nicht aber das 25. Lebensjahr vollendet hat (§ 23 Nr. 3
SLVO). Der am 4. Dezember 1978 geborene Kläger überschritt diese Altersgrenze zum
maßgeblichen Einstellungszeitpunkt am 1. September 2006. Er hatte bereits das 27.
Lebensjahr vollendet.
Die Vorschrift des § 23 Nr. 3 SLVO ist mit Verfassungsrecht vereinbar. Mit der
Höchstaltersgrenze für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den mittleren
Dienst der Schutzpolizei zielt der Beklagte auf das von Art. 33 Abs. 5 GG erfasste
Strukturprinzip des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit ab. Dem Beamtenverhältnis
ist im Regelfall eine Dauerhaftigkeit wesensgemäß, durch welche die Arbeitsleistung des
Beamten und sein Anspruch auf Versorgung während des Ruhestands in ein
angemessenes Verhältnis gebracht werden. Ferner wird das zur ordnungsgemäßen
Erfüllung des öffentlichen Dienstes gebotene Mindestmaß an Kontinuität in der
Besetzung der einzelnen Dienstposten gewahrt und die Steigerung personeller
Fluktuation verhindert, die zu einer Überlastung der öffentlichen Hand mit
Versorgungsleistungen und damit zugleich zu einer Vernachlässigung des auch im
öffentlichen Dienst unerlässlichen Gebots sparsamer Mittelverwendung führen könnte
(vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 1970 - 2 B 35.70 -, Buchholz 232 § 15 BBG
Nr. 7; Urteil vom 18. Juni 1998 - 2 C 20.97 -, NVwZ-RR 1999, 133, 134).
Neben der Vorschrift des § 23 Nr. 3 SLVO bestehen Ausnahmeregelungen für die
Einstellung lebensälterer Bewerber in den Vorbereitungsdienst für den mittleren Dienst
der Schutzpolizei. Die dafür geltenden Voraussetzungen erfüllt der Kläger jedoch
ebenfalls nicht.
Der Kläger konnte nicht als lebensälterer Bewerber nach § 29 Abs. 1 SLVO eingestellt
werden. Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 SLVO darf in die Laufbahn des mittleren Dienstes der
Schutzpolizei eingestellt werden, wer unter anderem eine für die Verwendung in der
Laufbahn förderliche abgeschlossene Berufsausbildung besitzt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
SLVO). Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht. Zwar mag er eine förderliche
Ausbildung in Gestalt des Vorbereitungsdienstes für die Laufbahn des gehobenen
Dienstes der Schutzpolizei durchlaufen haben. Diese hat er jedoch nicht abgeschlossen,
sondern hat die Laufbahnprüfung endgültig nicht bestanden.
Eine Einstellung nach § 29 Abs. 2 SLVO konnte ebenfalls nicht erfolgen. Gemäß § 29 Abs.
2 SLVO kann ein lebensälterer Bewerber zum Erwerb der Laufbahnbefähigung für den
mittleren Dienst zugelassen werden, wenn er unter weiteren Voraussetzungen eine
Beschäftigungszeit in der Wachpolizei von mindestens vier Jahren zurückgelegt hat (§ 29
Abs. 2 Nr. 1). Die am 27. Dezember 2004 aufgenommene Tätigkeit des Klägers in der
Wachpolizei währte am 1. September 2006 noch nicht vier Jahre.
Auch nach § 29 Abs. 3 SLVO kam die Einstellung des Klägers nicht in Frage. Nach § 29
Abs. 3 SLVO kann eingestellt werden, wer durch eine mindestens vierjährige
hauptberufliche Tätigkeit für die Verwendung in der Laufbahn förderliche berufliche
Erfahrung erworben hat. Selbst wenn die Tätigkeit des Klägers als Angestellter im
Objektschutz (etwa 1 Jahr und 8 Monate vom 27. Dezember 2004 bis 1. September
2006) als förderlich erachtet würde, verfügte er dort zum Stichtag am 1. September
2006 noch nicht über eine vierjährige berufliche Erfahrung. Die Zeit als Anwärter vom 1.
April 2001 bis 23. November 2004 kann nicht berücksichtigt werden, da es sich um eine
Ausbildungszeit handelte, die keine berufliche Erfahrung vermittelte. Sie war
gekennzeichnet durch den Erwerb von Lerninhalten mit eingeschränkten Kompetenzen
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gekennzeichnet durch den Erwerb von Lerninhalten mit eingeschränkten Kompetenzen
während der praktischen Tätigkeit und stellte selbst noch nicht den später ausgeübten
Beruf dar, in dem Erfahrung zu sammeln gewesen wäre. Dass das Tatbestandsmerkmal
der „förderlichen beruflichen Erfahrung“ in § 29 Abs. 3 SLVO Zeiten der
Berufsausbildung nicht erfasst, folgt auch aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 SLVO, wo
zwischen „förderlicher abgeschlossener Berufsausbildung“ und „förderlicher beruflicher
Erfahrung“ unterschieden wird.
Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 LfbG erfüllt der Kläger ebenfalls nicht. Nach § 31
Abs. 1 LfbG darf die Höchstaltersgrenze für den Eintritt in den Vorbereitungsdienst um
die Zeit heraufgesetzt werden, die ein Bewerber unmittelbar vor der Berufung in das
Beamtenverhältnis als Angestellter oder Arbeiter im öffentlichen Dienst Berlins verbracht
hat. Selbst wenn insoweit zugunsten des Klägers (und entgegen der Ansicht des
Verwaltungsgerichts) auch die nach Erreichen des Einstellungshöchstalters von unter 25
Jahren verbrachten Zeiten berücksichtigt würden, wiese der Kläger keine genügenden
Vordienstzeiten auf. Er hat das Einstellungshöchstalter am 4. Dezember 2003
überschritten. Zwischen diesem Zeitpunkt und dem vorgestellten Einstellungszeitpunkt
am 1. September 2006 vergingen etwa zwei Jahre und neun Monate. Die Einstellung
nach § 31 Abs. 1 LfbG hätte also vorausgesetzt, dass der Kläger relevante
Vordienstzeiten mindestens in diesem Umfang aufwies. Die Zeit als Angestellter im
Wachdienst währte jedoch nur etwa ein Jahr und acht Monate, nämlich vom 27.
Dezember 2004 bis 1. September 2006. Nur diese Zeit ist nach § 31 Abs. 1 LfbG
anrechenbar. Die Vorschrift ist als Ausnahmeregelung eng auszulegen. Vom 1. April
2001 bis 23. November 2004 befand der Kläger sich zwar als Beamter auf Widerruf im
öffentlichen Dienst Berlins, indem er den Vorbereitungsdienst für den gehobenen Dienst
der Schutzpolizei durchlief. Der Fall des „Beamtenverhältnisses vor dem
Beamtenverhältnis“ wird von § 31 Abs. 1 LfbG jedoch nicht - auch nicht analog - erfasst.
Da der Verordnungsgeber die Regelung nicht auf die Tätigkeit im öffentlichen Dienst
Berlins (schlechthin) erstreckt, sondern ausdrücklich auf Zeiten als Angestellter oder
Arbeiter beschränkt hat, ist eine für den Analogieschluss erforderliche Regelungslücke
nicht erkennbar. Zudem ist die Fallgruppe der Bewerber, die bereits in einem
Ausbildungsverhältnis als Beamte auf Widerruf gestanden und die Laufbahnprüfung
endgültig nicht bestanden haben, mit den von § 31 Abs. 1 LfbG erfassten Angestellten
und Arbeitern nicht vergleichbar. Diese befinden sich in einem regulären
Arbeitsverhältnis zum Beklagten und werden aus diesem Arbeitsverhältnis direkt in das
Ausbildungsverhältnis übernommen. Hiernach kommt es nicht mehr darauf an, ob der
Kläger den Vorbereitungsdienst überhaupt „unmittelbar“ vor der vorgestellten erneuten
Berufung in das Beamtenverhältnis durchlaufen hat oder ob das
Unmittelbarkeitskriterium auf die letzte Beschäftigung - mithin die Anstellung im
Wachdienst - abzielt.
Die zur Ablehnung der Bewerbung des Klägers führende Höchstaltersgrenze des § 23 Nr.
3 SLVO ist mit dem am 18. August 2006 in Kraft getretenen (vgl. Art. 4 Satz 1 des
Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes
der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897, 1910]) und zum
maßgeblichen Zeitpunkt am 1. September 2006 anwendbaren Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), geändert durch
Art. 8 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und anderer
Gesetze vom 2. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2742), vereinbar.
Ziel des AGG ist es nach dessen § 1, Benachteiligungen u.a. aus Gründen des Alters zu
verhindern oder zu beseitigen. Nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 6 Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 1, 1. Hs.
AGG sind Benachteiligungen unzulässig in Bezug auf alle Formen und Ebenen der
Berufsausbildung. Die Vorschriften des AGG gelten gemäß § 24 Nr. 1 AGG entsprechend
auch für Beamte der Länder unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung.
Die Altersgrenze des § 23 SLVO stellt eine unmittelbare Ungleichbehandlung des Klägers
aufgrund seines Alters dar (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG). Er erfährt eine weniger günstige
Behandlung als ein Bewerber, der die Altersgrenze einhält.
Die Ungleichbehandlung ist jedoch nach § 10 AGG gerechtfertigt. Nach dieser Vorschrift,
die auch auf die in § 24 AGG angeführten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse
anwendbar ist (vgl. Mahlmann, in: Däubler/Bertzbach, AGG, 2007, § 24 Rn. 18, 26, 31),
ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und
angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist (vgl. § 10 Satz 1 AGG). Die
Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein (vgl. § 10
Satz 2 AGG). Beides ist der Fall.
Die unterschiedliche Behandlung des Klägers wegen seines Alters ist i.S.v. § 10 Satz 1
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Die unterschiedliche Behandlung des Klägers wegen seines Alters ist i.S.v. § 10 Satz 1
AGG durch ein legitimes Ziel in Gestalt wichtiger Gemeinwohlinteressen gerechtfertigt.
Gemeinwohlinteressen sind geeignet, ein legitimes Ziel darzustellen (vgl. OVG Münster,
Urteil vom 15. März 2007 - 6 A 942.05 -, Rn. 44; Brors, in: Däubler/Bertzbach, a.a.O., §
10 Rn. 20 f.; v. Roetteken, Altersdiskriminierung bei Übernahme ins
Probebeamtenverhältnis, Anmerkungen zu OVG Münster, Urteil vom 15. März 2007 - 6 A
4625.04 -, juris m.w.N). Die Höchstaltersgrenze für die Einstellung in den
Vorbereitungsdienst dient den bereits oben in Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 5 GG, §
23 Nr. 3 SLVO aufgeführten Gemeinwohlinteressen. Ferner soll durch die
Höchstaltersgrenze eine personalpolitisch wünschenswerte, ausgewogene Altersstruktur
in den jeweiligen Laufbahnen gewährleistet werden, auch wenn dies kein hergebrachter
Grundsatz des Berufsbeamtentums ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1998, a.a.O., S.
134; Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, NVwZ 2005, 457, 458: OVG Münster,
a.a.O., Rn. 43). Hinzu tritt im besonderen Fall des Polizeivollzugsdienstes, dass die
unabdingbaren körperlichen Fähigkeiten für die Ausübung des Dienstes am ehesten bei
lebensjungen Männern und Frauen vorhanden sind und mit zunehmendem Lebensalter
nachlassen.
Die vorgenannten Gründe des Gemeinwohls, die zugleich Ausdruck der besonderen
Rechtsstellung der Beamten sind (vgl. § 24 Nr. 1 AGG), lassen das von dem Beklagten
verfolgte Ziel legitim und zugleich (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2005, Rs. C
144/04 [Mangold], NJW 2005, 3695 Rn. 61; OVG Münster, a.a.O., Rn. 46 f.) objektiv sowie
angemessen i.S.v. § 10 Satz 1 AGG erscheinen. Soweit in der Literatur teilweise (vgl. v.
Roetteken, a.a.O.) vertreten wird, die Wahrung einer ausgewogenen Altersstruktur sei
kein von § 10 Satz 1 AGG zugelassenes Ziel, weil sie sich nicht anhand objektiver
Kriterien beurteilen lasse, wird übersehen, dass es nicht darum geht, nach willkürlicher
Festlegung des Dienstherrn jüngere oder ältere Menschen zu bevorzugen, sondern dass
ganz allgemein ein ausgewogenes Zahlenverhältnis zwischen beiden Gruppen erreicht
werden soll.
Das von dem Beklagten gewählte Mittel der Höchstaltersgrenze von unter 25 Jahren ist
auch zur Erreichung der oben beschriebenen Ziele angemessen und erforderlich (vgl. §
10 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 AGG). § 10 Satz 3 AGG enthält Regelbeispiele für zulässige
unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters. Dem dortigen Katalog der zulässigen
Benachteiligungsgründe kommt dabei der Charakter einer „Wegweisung“ zu: Auf der
einen Seite ist auch innerhalb der Regelbeispiele eine Einzelfallabwägung erforderlich,
auf der anderen Seite sind über die Regelbeispiele hinaus weitere Ausnahmen mit
vergleichbarem Gewicht zulässig (vgl. Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 2. Aufl., 2008, § 10
Rn. 11, 25; Brors, a.a.O., § 10 Rn. 27, 78). § 10 Satz 3 Nr. 3 AGG nennt als (eine)
Möglichkeit der zulässigen, unterschiedlichen Behandlung nach dem Alter die
Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der Notwendigkeit einer
angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand. Zwar ist der
amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu § 10 Satz 3 Nr. 3
AGG (BT-Drs. 16/1780, S. 36) die Überlegung zu entnehmen, dass bei älteren
Beschäftigten, deren Rentenalter bereits absehbar sei, einer aufwändigen Einarbeitung
am Arbeitsplatz eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Mindestdauer einer produktiven
Arbeitsleistung gegenüberstehen müsse. Dies ist aber nicht der einzig zulässige Grund
für die Festsetzung eines Eintrittshöchstalters. Der Wortlaut des § 10 Satz 3 Nr. 3 AGG
ist weiter gefasst und gibt für eine solche Einschränkung nichts her (vgl. OVG Münster,
a.a.O., Rn. 44 ff.). Das Gleiche gilt für den Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe c
der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines
allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und
Beruf (ABl. L 303/16 vom 2. Dezember 2000), auf dem § 10 Satz 3 Nr. 3 AGG beruht
(vgl. die amtliche Fußnote zum Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur
Verwirklichung des Grundsatzes des Gleichbehandlung vom 14. August 2006 [a.a.O.],
wonach das Gesetz u.a. die Richtlinie 2000/78/EG umsetzt). Die Richtlinie gibt den
Mitgliedstaaten einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Wahl der Maßnahmen zur
Erreichung der Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik (vgl. OVG Münster, a.a.O.,
Rn. 56). Demgegenüber lässt sich ein enges Verständnis des § 10 Satz 3 Nr. 3 AGG
nicht damit begründen, dass § 10 Satz 2 AGG nur angemessene und erforderliche Mittel
zulasse (so aber v. Roetteken, a.a.O.). Bei der Formulierung in § 10 Satz 2 AGG (und
entsprechend in Art. 6 Abs. 1 a.E. der Richtlinie 2000/78/EG) bezüglich der
Angemessenheit und Erforderlichkeit handelt es sich um eine Umschreibung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 65), nicht jedoch um eine
darüber hinausgehende Einengung des Rahmens für zulässige Maßnahmen. Im
Gegenteil betont der Europäische Gerichtshof (a.a.O., Rn. 63) den weiten
Ermessensspielraum des nationalen Normgebers. Für ein weites Verständnis des § 10
Satz 2, Satz 3 Nr. 3 AGG spricht auch die Begründungserwägung Nr. 25 der Richtlinie
2000/78/EG, nach der bestimmte Umstände es erfordern - demnach aber auch:
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2000/78/EG, nach der bestimmte Umstände es erfordern - demnach aber auch:
ermöglichen -, dass die Mitgliedstaaten in Bezug auf Ungleichbehandlungen wegen des
Alters unterschiedliche besondere Bestimmungen treffen; es sei unbedingt zu
unterscheiden zwischen einer - insbesondere rechtmäßige Ziele im Bereich der
Beschäftigungspolitik, des Arbeitsmarktes und der beruflichen Bildung verfolgenden -
Ungleichbehandlung und einer verbotenen Diskriminierung. Dementsprechend hat auch
der Beklagte einen weiten Spielraum bei der Verwirklichung der von ihm verfolgten
legitimen Ziele.
Die Regelung in § 23 Nr. 3 SLVO erweist sich nach diesem Maßstab als rechtens. Soweit
die Festsetzung des Höchstalters für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst der
Sicherstellung einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den
Ruhestand dient, folgt dies aus § 10 Satz 3 Nr. 3 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG. Die übrigen,
oben zu § 10 Satz 1 AGG genannten Ziele der Höchstaltersregelung in § 23 Nr. 3 SLVO
sind an der Generalklausel des § 10 Satz 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG zu messen. In jedem
Fall ergibt die erforderliche Abwägung zwischen den vom Beklagten verfolgten
Gemeinwohlinteressen und dem Interesse des einzelnen Bewerbers, auch noch nach
Überschreiten der Höchstaltersgrenze eingestellt zu werden, einen Vorrang der
Gemeinwohlinteressen.
Eine Höchstaltersgrenze für den Eintritt in das Beamtenverhältnis ist erforderlich, weil die
Arbeitsleistung eines Beamten und sein Anspruch auf Versorgung während des
Ruhestands durch ein milderes Mittel nicht in ein angemessenes Verhältnis gebracht,
das zur ordnungsgemäßen Erfüllung des öffentlichen Dienstes sowie zur sparsamen
Verwendung öffentlicher Mittel gebotene Mindestmaß an Kontinuität in der Besetzung
der einzelnen Dienstposten nicht gewahrt, die Steigerung personeller Fluktuation nicht
verhindert sowie - bezogen auf die hier in Rede stehende Altersgrenze - eine
ausgewogene Altersstruktur unter besonderer Beachtung der körperlichen
Anforderungen des Dienstes in der Schutzpolizei nicht hergestellt werden kann.
Die Höchstaltersgrenze ist auch angemessen, nämlich verhältnismäßig im engeren
Sinne (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 65). Die oben dargestellten Gründe des Allgemeinwohls
sind, besonders unter Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung der Beamten (§
24 Nr. 1 AGG), mindestens ebenso gewichtig wie das private Interesse der
Laufbahnbewerber, auch noch in fortgeschrittenem Alter in das Beamtenverhältnis
eintreten zu können. Bewerber für die Laufbahn des mittleren Dienstes der Schutzpolizei
sind in aller Regel ohne weiteres in der Lage, die Einstellungsvoraussetzungen,
namentlich die von § 23 Nr. 2 SLVO geforderte Vorbildung (Realschule, erweiterter
Hauptschulabschluss oder als gleichwertig anerkannter Bildungsstand), vor Vollendung
des 25. Lebensjahres zu erwerben. Dies würdigt der Kläger nicht, wenn er darauf
hinweist, dass gerichtliche Entscheidungen, die die Rechtmäßigkeit von
Höchstaltersgrenzen bejahen, ein Alter von unter 35 Jahren oder höher in den Blick
nehmen. Dort geht es um andere Laufbahnen. Für sie bestünde im Grundsatz ein
ebensolches Interesse des Gemeinwohls wie im Fall des mittleren Dienstes an einem
angemessenen Anteil lebensjunger Beamter. Angesichts der höheren
Bildungsvoraussetzungen ist dort jedoch nicht anzunehmen, dass sie von den
Bewerbern bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahrs erworben werden. Mit Rücksicht
hierauf ist die Höchstaltersgrenze im Vergleich zum mittleren Dienst heraufgesetzt.
Bewerber für den mittleren Dienst hingegen können den dort verlangten geringeren
Bildungsstand in aller Regel vor Vollendung des 25. Lebensjahres erwerben. Die
Höchstaltergrenze für den mittleren Dienst der Schutzpolizei steht damit in einem
angemessenen Verhältnis zu den geforderten Vorbildungsvoraussetzungen und den
Möglichkeiten der Bewerber, diese Voraussetzungen bis zum Erreichen der Altersgrenze
zu erfüllen. Einen Realschulabschluss oder einen damit vergleichbaren Abschluss
erreicht ein Bewerber im Regelfall bis zum 16., jedenfalls bis zum 18. Lebensjahr. Der
Verordnungsgeber hat mit der Höchstaltersgrenze von unter 25 Jahren einen
ausreichenden Spielraum eröffnet, um auch den vom Regelfall abweichenden
Ausbildungsbiographien, etwa solchen mit einer gescheiterten ersten und sogar zweiten
Ausbildung, noch den Zugang zum mittleren Dienst der Schutzpolizei zu eröffnen.
Insoweit beurteilt sich die Angemessenheit der hier in Rede stehenden Altersgrenze
nicht anders als die vom Kläger angeführte Altersgrenze von 35 Jahren für den höheren
Dienst. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass Polizeivollzugsbeamte, anders als
Beamte in einer Laufbahn des allgemeinen Verwaltungsdienstes, im Regelfall fünf Jahre
früher, nämlich mit Vollendung des 60. Lebensjahres, in den Ruhestand versetzt werden.
Für die Verhältnismäßigkeit der Höchstaltersgrenze streitet ferner, dass sie in
mehrfacher Hinsicht durch die Ausnahmen für lebensältere Bewerber in §§ 31 LfbG, 29
SLVO abgemildert wird, siehe oben. Soweit der Vertreter des Beklagten in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet hat, dass schon seit einigen Jahren
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mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet hat, dass schon seit einigen Jahren
kein Bewerber mehr nach § 29 Abs. 2 SLVO zum Erwerb der Laufbahnbefähigung
zugelassen worden sei, ändert dies nichts an den weiteren Möglichkeiten zur Einstellung
lebensälterer Bewerber. Diese Möglichkeiten stellen einen angemessenen Ausgleich
zwischen den Interessen der Bewerber und des Beklagten dar. Sie eröffnen Bewerbern
mit einer Zusatzqualifikation, die für die spätere Tätigkeit im mittleren Dienst förderlich
erscheint, in genügendem Umfang den Eintritt in den Vorbereitungsdienst auch noch
nach Erreichen der Altersgrenze, indem sie den mit dem Erwerb der Zusatzqualifikation
verbundenen Zeitverlust berücksichtigen. Dass der Kläger keine dieser
Zusatzqualifikationen aufweist, liegt in seiner Sphäre begründet und ändert nichts an der
grundsätzlichen Verhältnismäßigkeit der Regelung.
Die gegen die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Höchstaltersgrenze in der
Literatur teilweise vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Der
Hinweis (vgl. Brors, a.a.O., § 10 Rn. 79), dass Höchstaltersgrenzen nicht pauschal durch
die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums bzw. durch den Hinweis auf das
Versorgungssystem der Beamten gerechtfertigt seien, da diese auf einer Entscheidung
des Gesetzgebers beruhten, die ihrerseits diskriminierend sein könne, geht fehl, da die
Rechtfertigung nicht pauschal mit dem Verweis auf eine bestimmte Rechtslage erfolgt.
Vielmehr werden gewichtige Gründe des Allgemeinwohls konkret in den Blick genommen
und gegen das private Interesse der Bewerber abgewogen. Die weitere Kritik (vgl.
Mahlmann, a.a.O., § 24 Rn. 34), wonach eine ausgewogene Altersstruktur kein
Selbstzweck sei und nur in Hinblick auf konkrete Erfordernisse sowie zur Wahrung von
Kontinuität gerechtfertigt erscheine, indem Kenntnisse und Fertigkeiten an Jüngere
weitergegeben werden, liefert selbst schon einen genügenden Grund für die Einführung
der Altershöchstgrenze. Vage wird teilweise (vgl. Bauer/Göpfert/Krieger, a.a.O., § 24 Rn.
7) darauf hingewiesen, dass die Frage, wie lange eine angemessene Beschäftigungszeit
sei, nicht anders als in der Privatwirtschaft beurteilt werden könne; „daher“ sei eine
Altersgrenze von 40 oder 45 Jahren für die Ernennung als Beamter unzulässig. Mit
welcher Begründung (etwaige) arbeitsrechtliche Maßstäbe auf das öffentliche
Dienstrecht übertragbar sein sollen, bleibt dabei jedoch offen. § 24 AGG ermöglicht und
erfordert die Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung der Beamten. Die
vorgenannten Aspekte lassen die Altersgrenze für den Eintritt in den mittleren Dienst
der Schutzpolizei angemessen erscheinen, weil es gerade nicht nur - wie in der
Privatwirtschaft - um eine angemessene Beschäftigungszeit geht.
Dahin stehen kann die Rechtslage in anderen Bundesländern oder dem Bund. Die
jeweiligen Besonderheiten können zu voneinander abweichenden Entscheidungen
führen, deren jede sich im Rahmen des Zulässigen hält (vgl. OVG Münster, a.a.O., Rn.
69). Allerdings gilt im Bund und den Ländern - soweit sie überhaupt noch Einstellungen in
den mittleren Polizeidienst vorgenommen haben - zum Zeitpunkt der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat verbreitet eine mit der Rechtslage in Berlin identische
Höchstaltersgrenze von unter 25 Jahren (vgl. bspw. § 12 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung
über die Laufbahnen der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten in der
Bundespolizei [Bundespolizei-Laufbahnverordnung - BPolLV -] i.d.F. der
Bekanntmachung vom 31. Januar 2003 [BGBl. I S. 143], zuletzt geändert durch Art. 55
des Gesetzes zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei vom 21.
Juni 2005 [BGBl. I S. 1818]; § 16 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Laufbahn des
Polizeivollzugsdienstes des Landes Sachsen-Anhalt [PolLVO LSA] vom 20. März 2006
[GVBl. S. 89], zuletzt geändert durch Verordnung vom 1. Juni 2007 [GVBl. S. 176]) bzw.
von unter 26 Jahren (vgl. bspw. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die
Laufbahnen der bayerischen Polizeivollzugsbeamten [LbVPol] vom 3. März 1994 [GVBl.
S. 160], zuletzt geändert durch Verordnung vom 8. August 2007 [GVBl. S. 626]; § 16
Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Laufbahnen der Polizeivollzugsbeamten des
Landes Brandenburg [LVPol] vom 30. Januar 2006 [GVBl. II S. 18], zuletzt geändert durch
Gesetz vom 24. Oktober 2007 [GVBl. I S. 134]; §§ 2 Abs. 2, 9 Abs. 1 Nr. 2 der
Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und
Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 4. Januar 1995 [GV. S. 42,
ber. S. 126, 922], zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Juli 2007 [GV. S. 214];
Landesrecht jeweils zitiert nach beck-online) - ein Alter, das der Kläger zum 1.
September 2006 ebenfalls überschritt.
Der Beklagte war nicht aus Treuepflicht- oder Fürsorgegesichtspunkten gehalten, den
Kläger zum Vorbereitungsdienst für den mittleren Dienst der Schutzpolizei zuzulassen,
um die Rückforderung von Anwärterbezügen zu vermeiden. Die Rückforderung erfolgte,
weil der Kläger die Laufbahnprüfung für die Laufbahn des gehobenen Dienstes der
Schutzpolizei endgültig nicht bestand. Hierin erblickte der Beklagte einen Verstoß gegen
die dem Kläger vor Ausbildungsbeginn erteilte Auflage, dass die Ausbildung nicht aus
einem von ihm zu vertretenden Grund vorzeitig enden dürfe. Diese Auflage begründete
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einem von ihm zu vertretenden Grund vorzeitig enden dürfe. Diese Auflage begründete
in dem hier interessierenden Zusammenhang keine Treue- oder Fürsorgepflicht des
Beklagten. Zudem hat der Beklagte im Lichte des Urteils des Senats vom 4. Oktober
2007 in einer Parallelsache (- OVG 4 B 15.07 -) an der teilweisen Rückforderung der
Anwärterbezüge nicht mehr festgehalten und den dahingehenden
Rückforderungsbescheid gegen den Kläger aufgehoben.
Der Beklagte hat nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt,
indem er zwar nicht den Kläger, aber bestimmte ehemalige Kollegen des Klägers in den
Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Dienstes der Schutzpolizei
übernommen hat. Es ist nicht ersichtlich, dass die Betroffenen unter Außerachtlassung
der Altersgrenze eingestellt wurden. In Bezug auf Frau H. hat der Beklagte im Gegenteil
unwidersprochen vorgetragen, dass diese die Altersgrenze bei ihrer Einstellung nicht
überschritten habe (vgl. Bescheid vom 5. September 2006). Im Übrigen wäre eine
Einstellung der besagten Kollegen des Klägers in den mittleren Dienst der Schutzpolizei,
sollten sie ebenso wie der Kläger die ermessenseröffnenden Voraussetzungen der SLVO
für die Einstellung lebensälterer Bewerber nicht erfüllt haben, rechtswidrig. Daraus
könnte der Kläger nichts zu seinen Gunsten herleiten.
Die Altersgrenze des § 23 Nr. 3 SLVO steht im Einklang mit europäischem Recht. Soweit
nach Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe a, Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie
2000/78/EG eine Benachteiligung wegen des Alters grundsätzlich unzulässig ist, ergibt
sich eine Rechtfertigung der Altersgrenze aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Buchstabe c
der Richtlinie. Die Vorschrift stimmt mit der nahezu wortgleichen Regelung des § 10 Satz
1, Satz 2, Satz 3 Nr. 3 AGG inhaltlich überein und rechtfertigt keine abweichende
Beurteilung (vgl. OVG Münster, a.a.O., Rn. 70).
Zu 2.:
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, beamten- und versorgungsrechtlich so gestellt
zu werden, als wäre er mit Wirkung vom 1. September 2006 in den Vorbereitungsdienst
für den mittleren Dienst der Schutzpolizei eingestellt worden.
Ein Anspruch aus einer schuldhaften Pflichtverletzung innerhalb eines
Beamtenverhältnisses, sei es aus der Verletzung einer beamtenrechtlichen
Fürsorgepflicht, sei es aus der Verletzung einer sonstigen, in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis wurzelnden (quasi-vertraglichen) Verbindlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil
vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 -, BVerwGE 80, 123, 125), scheidet aus, da der
Beklagte kein (erneutes) Beamtenverhältnis mit dem Kläger begründet hat.
Auch die entsprechende Anwendung der Grundsätze der culpa in contrahendo auf die
Anbahnung des Beamtenverhältnisses kommt nicht in Betracht. Es kann dahinstehen,
ob die Grundsätze in einem solchen Fall überhaupt anwendbar sind (vgl. OVG Hamburg,
Urteil vom 14. März 1997 - Bf I 24.96 -, juris Rn. 41 ff.; Kellner, Die so genannte culpa in
contrahendo im Beamtenrecht, in: DVBl 2004, 207, 212). Jedenfalls hat der Kläger
keinen dahingehenden Anspruch, da der Beklagte bei der Ablehnung der Bewerbung des
Klägers keine schuldhafte Pflichtverletzung begangen hat, siehe oben.
Zudem würde eine etwaige Pflichtverletzung den Beklagten nur dann zur Gewährung von
Schadensersatz verpflichten, wenn die Pflichtverletzung adäquat kausal zu einem
Schaden geführt hätte. Ist insoweit die Feststellung des hypothetischen Kausalverlaufs
(bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn) nicht möglich, haftet der Dienstherr zwar
jedenfalls denjenigen Bewerbern auf Schadensersatz, deren Beförderung ohne den
schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich
gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99,
109 m.w.N.). Es kann jedoch keine Rede davon sein, dass die Einstellung des Klägers
ernsthaft möglich gewesen wäre, nachdem sich auf 300 Stellen des gehobenen und
mittleren Dienstes 10.350 Männer und Frauen beworben haben. Der Kläger ragt auch
nicht dadurch aus der Masse des Bewerberfeldes hervor, dass er bereits den
Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des gehobenen Dienstes der Schutzpolizei
(erfolglos) durchlaufen hat. Er hat die Laufbahnprüfung nicht bestanden und sich damit
den Anforderungen zumindest des gehobenen Schutzpolizeidienstes nicht gewachsen
gezeigt.
Der Kläger hat wegen seiner Nichteinstellung in den Vorbereitungsdienst zum 1.
September 2006 auch keinen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG. Gemäß
dieser Vorschrift, die neben anderen auf Schadensersatz gerichteten
Anspruchsgrundlagen zu prüfen ist (vgl. Mahlmann, a.a.O., § 24 Rn. 66), hat der
Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot den hierdurch
entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, er hat die Pflichtverletzung nicht zu
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entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, er hat die Pflichtverletzung nicht zu
vertreten. Der Beklagte hat nicht gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, da sein
Handeln gerechtfertigt war, siehe oben. Zudem hat der Kläger den
Schadensersatzanspruch erst nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG von
zwei Monaten nach Zugang der Ablehnung geltend gemacht, nämlich in der mündlichen
Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 28. Februar 2007, nachdem seine Einstellung
in den Vorbereitungsdienst zum 1. September 2006 letztmals durch das Schreiben des
Beklagten vom 16. Oktober 2006 abgelehnt worden war. In der Klageschrift hatte der
Kläger demgegenüber einen Schadensersatzanspruch noch nicht geltend gemacht,
sondern nur in Aussicht gestellt. Nicht anwendbar sind die von dem Kläger angeführten
längeren Fristen des § 70 BAT bzw. § 37 TVöD, die höchstens für Ansprüche in
Zusammenhang mit einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zum Beklagten gelten
würden.
Zu 3.:
Auch ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG steht dem Kläger nicht zu, wobei der
Senat die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs (vgl. § 61b ArbGG) nicht zu prüfen
hat (vgl. § 17a Abs. 5 GVG). Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann ein Beschäftigter
wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene
Entschädigung in Geld verlangen. Die Vorschrift ist lediglich eine Rechtsfolgenregelung
(vgl. Bauer/Göpfert/Krieger, a.a.O., § 15 Rn. 31) und setzt den Tatbestand des § 15 Abs.
1 AGG voraus, der indes nach dem oben Gesagten nicht gegeben ist. Ferner hat der
Kläger auch insoweit die Frist des § 15 Abs. 4 AGG versäumt. Sein
Widerspruchsschreiben vom 30. August 2006 gegen die Ablehnung seiner Einstellung
zum 1. September 2006 enthielt noch keinen Hinweis auf die Geltendmachung eines
Anspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG. Erst mit am 30. Januar 2007 bei Gericht
eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger den Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG geltend
gemacht. Zu jenem Zeitpunkt war die Zwei-Monats-Frist bereits verstrichen. Der Kläger
verfügte nämlich spätestens am 20. Oktober 2006 über das Ablehnungsschreiben vom
16. Oktober 2006. Dies folgt daraus, dass er mit Schriftsatz von jenem Tage das
Ablehnungsschreiben zu den Gerichtsakten gereicht hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die
Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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