Urteil des OLG Zweibrücken vom 13.10.2005

OLG Zweibrücken: einzelrichter, zustand, hotel, beweissicherung, sorgfalt, umbauen, pauschal, quelle, pachtvertrag, rechtsschutzinteresse

OLG
Zweibrücken
13.10.2005
4 W 60/05
4 W 62/05
Aktenzeichen
4 W 60 u. 62/05
6 OH 10/05
LG Frankenthal (Pfalz)
Pfälzisches Oberlandesgericht
Zweibrücken
Beschluss
In dem Rechtsstreit
I...-B... H... L... KG,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte K..., ..., ...,
gegen
H... G... H... GmbH,
Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. jur...., ..., ...,
wegen Beweissicherung,
hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
durch den Richter am Oberlandesgericht Friemel als Einzelrichter
auf die am 25. August und 21. September 2005 eingegangenen sofortigen Beschwerden der
Antragstellerin vom 23. August und 16. September 2005
gegen die ihr am 9. August und 12. September 2005 zugestellten Beschlüsse des Einzelrichters des
Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 1. August und 9. September 2005
ohne mündliche Verhandlung am 13. Oktober 2005
beschlossen:
I.
Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 9. September 2005
aufgehoben.
II.
Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 1. August 2005 wird
zurückgewiesen.
III
IV
G r ü n d e :
I.
Die Antragsgegnerin ist Pächterin des der Antragstellerin gehörenden Hotels „R...“ in L.... Das
Pachtverhältnis endete am 30. September 2005. Die Antragsgegnerin ist aufgrund der Bestimmungen des
Pachtvertrages verpflichtet, den Pachtgegenstand bei Beendigung des Pachtverhältnisses in
vertragsgemäßem „und für die Verpächterin als Hotel weiter nutzbarem Zustand“ zurückzugeben „sowie
von der Antragstellerin nicht genehmigte Änderungen der Pachtsache“ zurückzubauen. Die
Antragstellerin begehrt im Wege der Beweissicherung die Feststellung des gegenwärtigen Zustandes des
Hotels zu insgesamt 19 Beweisthemen. Die Antragsgegnerin widersetzt sich dem Antrag.
Der Einzelrichter der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat durch Beschluss vom 1.
August 2005 die Durchführung einer Beweisaufnahme durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens zu einem Teil der Beweisanträge der Antragstellerin angeordnet und die
weitergehenden Anträge zurückgewiesen.
Gegen den Beschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, soweit das Landgericht ihre
Anträge zurückgewiesen hat. Die Antragsgegnerin hat eine Gegenvorstellung erhoben. Durch Beschluss
vom 5. September 2005 hat der Einzelrichter die Gegenvorstellung zurück gewiesen, der sofortigen
Beschwerde der Antragstellerin nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Beschluss vom 9. September 2005 hat der Einzelrichter auf die zweite Gegenvorstellung der
Antragsgegnerin seinen Beschluss vom 1. August 2005 aufgehoben und den Antrag auf „Anordnung des
Beweissicherungsverfahrens“ insgesamt zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die
Antragstellerin derzeit kein Rechtschutzinteresse an der beantragten Beweisaufnahme habe. Dagegen
hat die Antragstellerin am 21. September 2005 sofortige Beschwerde eingelegt, welcher der Einzelrichter
nicht abgeholfen hat.
II.
Beide Rechtsmittel der Antragstellerin sind zulässig (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Die sofortige Beschwerde
vom 21. September 2005 führt zum Erfolg, wohingegen die sofortige Beschwerde vom 25. August 2005
unbegründet ist.
Es kann dahinstehen, ob der Einzelrichter noch befugt war, mit seinem Beschluss vom 9. September
2005 auf die zweite Gegenvorstellung der Antragsgegnerin seinen Beschluss vom 1. August 2005
aufzuheben, nachdem er die Sache wegen der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin mit seinem
Nichtabhilfebeschlusss vom 5. September 2005 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hatte.
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 16. September 2005 ist begründet, weil ihr ein
Rechtsschutzinteresse an der Einholung eines Beweissicherungsgutachtens nicht abgesprochen werden
kann. Hierfür reicht aus, dass es nicht fern liegend ist, dass die von der Antragstellerin beantragte
Beweisaufnahme in einem späteren Hauptsacheprozess von Bedeutung sein könnte (vgl. OLG Hamm
NJW-RR 1998, 933). Diese Voraussetzung liegt vor. Das Pachtverhältnis ist seit 30. September 2005
beendet. Dass die Antragsgegnerin kurz vor Ende der Pachtzeit damit begonnen hat, das Anwesen zu
renovieren, steht dem nicht entgegen, wobei dahinstehen kann, wieweit diese Arbeiten gediehen sind und
ob sie bis zum beabsichtigten Übergabetermin am 17. Oktober 2005 erledigt sein werden.
Wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens dürfen an die Darlegung des Rechtsschutzinteresses keine
besonderen Substantiierungsanforderungen gestellt werden; das Gericht muss sich, zumal bei
schwierigen und umfangreichen Hauptprozessen auf eine summarische Überprüfung beschränken.
Lediglich offensichtlich nutzlose Beweisanträge können zurückgewiesen werden (vgl. OLG Hamm NJW-
RR 1998, 933; Musielak/Huber aaO Rdnr. 13 m.w.N.), was hier nicht der Fall ist.
Zwar entsprechen die in Angriff genommenen Arbeiten der Antragsgegnerin ihrer im Pachtvertrag
übernommenen Verpflichtung, das Hotel bei Pachtende wieder in einen „vertragsgemäßen Zustand“ zu
versetzen. Das bedeutet aber nicht, dass die Antragstellerin sich in jedem Fall bis zum vereinbarten
Rückgabetermin am 17. Oktober 2005 gedulden muss, bevor sie einen Antrag auf Beweiserhebung über
den Zustand der Pachtsache stellen kann. Da die Antragstellerin der Antragsgegnerin vor Beginn der
Arbeiten mitgeteilt hat, dass sie an der Durchführung solcher Arbeiten kein Interesse mehr habe, weil sie
das Hotel nach den Vorstellungen des Nachpächters renovieren und teilweise umbauen wolle, sind die
Renovierungstätigkeiten der Antragsgegnerin möglicherweise ganz oder teilweise sinnlos. Deshalb
könnte an die Stelle des vertraglich vereinbarten Renovierungsanspruchs ein Anspruch der
Antragstellerin auf einen Ausgleich in Geld getreten sein (vgl. BGH NJW 2002, 2383; Z 77, 301). Die
Frage, ob die Klägerin einen solchen Anspruch vorliegend wird geltend machen können und ob es
deshalb (auch) auf den gegenwärtigen Zustand des Hotels ankommt, ist schwierig und kann nicht im
Beweissicherungsverfahren geklärt werden. Die dem Verfahren zu Grunde liegende Situation lässt es
jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheinen, dass es für die Antragstellerin auch von Bedeutung sein
könnte, den momentanen Zustand der Pachtsache festzustellen.
2. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Einzelrichters vom 1. August
2005 ist indes unbegründet. Der Einzelrichter hat zu Recht in Nr. I. 1. bis 9. jeweils b), aa) eine
weitergehende Beweisaufnahme abgelehnt, weil es sich insoweit um Rechtsfragen handelt, die nicht
Gegenstand eines Beweissicherungsverfahrens sein können (vgl. Musielak/Huber aaO, § 485 Rdnr. 10).
Die Frage, ob die Antragsgegnerin die Renovierungsarbeiten mit der Sorgfalt eines ordentlichen
Kaufmanns ... und “in angemessenen und gebotenen Zeiträumen“ durchgeführt hat, beinhalten rechtliche
Wertungen, jedoch keine Tatsachen.
Richtig hat der Einzelrichter auch die weitergehenden Anträge in Nrn. 4, 8, 6, 9 bis 16 und 19 ganz bzw.
teilweise zurückgewiesen, weil es sich um unzulässige Ausforschungsanträge handelt. Die Antragstellerin
hat insoweit keine konkreten Beanstandungen vorgetragen, sondern begehrt nur pauschal den
ordnungsgemäßen Zustand des Hotels festzustellen, was unzulässig ist.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Bestimmung des Wertes des
Beschwerdegegenstandes entspricht dem von der Antragstellerin angegebenen Interesse an der
begehrten Beweiserhebung.
F r i e m e l