Urteil des OLG Stuttgart vom 17.12.2014

gegenleistung, sicherheitsleistung, übertragung, aussichtslosigkeit

OLG Stuttgart Beschluß vom 17.12.2014, 9 U 145/14
Berufungsverfahren: Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bei
offensichtlicher Aussichtslosigkeit
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des
Landgerichts Stuttgart vom 28. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der
Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
von 120 % des insgesamt für die Beklagte vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn
diese nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrags leistet.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 46.650,18 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1 Die Berufung des Klägers ist aus den Gründen des Hinweisbeschlusses vom
06.11.2014, auf welchen Bezug genommen wird, offensichtlich unbegründet und
durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die
Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts oder
die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil
erfordern und eine mündliche Verhandlung auch nicht aus anderen Gründen
geboten ist. Die hierzu eingegangene Stellungnahme des Klägers rechtfertigt keine
andere Beurteilung.
2 1. Entgegen der Auffassung des Klägers hängt die Rechtsmissbräuchlichkeit des
Mahnverfahrens nicht von dem Ergebnis einer Beweisaufnahme ab.
3 Wie das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend angenommen und vom
Senat im Hinweisbeschluss ausgeführt worden ist, hat der Kläger sich den
Mahnbescheid durch eine bewusst falsche Angabe erschlichen. Der Kläger ist
selbst davon ausgegangen, dass die von ihm erhobene Schadensersatzforderung
von einer Gegenleistung abhänge. Dies ergibt sich aus seinem außergerichtlichen
Schriftsatz vom 04.10.2011 (Anlage K 12), aus der Angabe im
Mahnbescheidsantrag, der Anspruch hänge von einer Gegenleistung ab, welche
erbracht sei, und aus der Antragstellung im streitigen Verfahren. Diese
Anknüpfungstatsachen sind unstreitig und damit nicht beweisbedürftig.
4 Der Kläger führt in seiner Stellungnahme zu dem Hinweisbeschluss des Senats
nicht aus, im Hinblick auf welchen Sachvortrag und Beweisantritt er eine
Beweisaufnahme für geboten erachtet, um über die Frage der
rechtsmissbräuchlichen Antragstellung entscheiden zu können. Der Kläger hat auch
keinen Sachvortrag gehalten, welcher der Annahme eines Rechtsmissbrauchs
entgegenstünde. Soweit der Kläger vorgebracht und durch Zeugnis seiner
Prozessbevollmächtigten unter Beweis gestellt hat, er habe sich keine Fristen
erschleichen wollen, es habe bei ihm an konkreten subjektiven Umstandsmomenten
für den Rechtsmissbrauch gefehlt und er habe den Rechtspfleger im Mahnverfahren
nicht durch bewusst wahrheitswidrige Angaben täuschen und sich nicht durch
rechtsmissbräuchliches Verhalten einen Vorteil verschaffen wollen, lässt der Kläger
weiterhin eine schlüssige Erklärung vermissen, wie sich seine Angabe im
Mahnbescheidsantrag rechtfertigt, die von ihm zu erbringende Gegenleistung sei
bereits erbracht. Sein Verständnis, die Gegenleistung könne als erbracht
anzusehen sein, weil er sie außergerichtlich angeboten habe, ist - wie im
Hinweisbeschluss des Senats ausgeführt - abwegig. Der Kläger hat die
Gegenleistung auch selbst nicht als erbracht angesehen, wie sich daraus ergibt,
dass er in der Anspruchsbegründung seine Forderung nur Zug um Zug gegen
Übertragung seiner Gesellschaftsanteile erhoben hat.
5 2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist über sein Rechtsmittel gemäß § 522
Abs. 2 Satz 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
6 a) Es fehlt nicht an dem nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO vorausgesetzten
Merkmal, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe.
Offensichtlichkeit in diesem Sinne setzt nicht voraus, dass die Aussichtslosigkeit
der Berufung gewissermaßen auf der Hand liege; sie kann auch das Ergebnis
vorgängiger gründlicher Prüfung sein (Beschlussempfehlung und Bericht des
Rechtsausschusses, BT-Drucks. 17/6406 S. 9). Die Regelung des Art. 103 Abs.
1 GG begründet keinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung (BVerfG,
Beschluss vom 30.06.2014 - 2 BvR 792/11, NJW 2014, 2563 Rn. 8). Es ist nicht
zu erkennen, weshalb der Kläger einer mündlichen Verhandlung bedürfte, um
seinen Rechtsstandpunkt deutlich machen zu können.
7 b) Eine Entscheidung durch Urteil ist auch nicht deshalb geboten, weil ein Grund
zur Zulassung der Revision vorläge (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
8 Wie der Senat in Hinweisbeschluss vom 06.11.2014 ausgeführt hat, sind die
rechtlichen Maßstäbe aufgrund der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom
21.12.2011 (VIII ZR 157/11, NJW 2012, 995) und vom 05.08.2014 (XI ZR 172/13,
WM 2014, 1763) geklärt, so dass lediglich die Rechtsanwendung im Einzelfall in
Frage steht. Aus dem vom Kläger lediglich auszugsweise vorgelegten Beschluss
des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. vom 12.11.2014 (7 U 150/13) ergibt sich
nicht, dass dieses von anderen rechtlichen Obersätzen ausginge und daher die
Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen wäre (§
543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO). Abgesehen davon, dass es sich bei der
auszugsweise vorgelegten Entscheidung lediglich um einen Hinweisbeschluss und
nicht um eine Endentscheidung handelt, ist schon nicht zu ersehen, über welchen
Sachverhalt das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. zu entscheiden hat und von
welchen Rechtssätzen es dabei ausgeht.
II.
9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 Satz 2, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO.