Urteil des OLG Stuttgart vom 17.09.2015

getrennt leben, öffentlichkeit, härte, gespräch

OLG Stuttgart Beschluß vom 17.9.2015, 11 UF 76/15
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts -
Familiengericht - Göppingen vom 18.03.2015 (10 F 71/15)
aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das
Familiengericht
zurückverwiesen
.
Gründe
I.
1 Die Antragstellerin begehrt die Scheidung der Ehe vor Ablauf des
Trennungsjahres.
2 Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben die Ehe am ... geschlossen. Aus
der Ehe ist der volljährige Sohn ..., geboren ..., hervorgegangen. Der
Ehescheidungsantrag wurde dem Antragsgegner am 29.01.2015 zugestellt. Die
Antragstellerin ist erwerbsunfähig und bezieht Erwerbsunfähigkeitsrente, der
Antragsgegner ist selbständig als Geschäftsführer einer GmbH tätig. Im Jahr ... ist
die Antragstellerin an einem bösartigen ... erkrankt. Seitdem ist sie regelmäßig in
ärztlicher Behandlung. Mittlerweile erfolgt nur noch eine palliative Behandlung. Es
werden ihr keine Heilungschancen prognostiziert. Ihre Lebenserwartung ist
unsicher. Spätestens im September 2014 hat der Antragsgegner eine andere Frau
kennengelernt, mit welcher er mittlerweile eine Beziehung führt. Im September
2014 hat er mit dieser Frau ein Wochenende in einem Hotel in ... verbracht und im
Oktober 2014 gemeinsam ein Spiel von ... besucht.
3 Nach Anhörung der Beteiligten hat das Familiengericht auf Antrag der
Antragstellerin den Versorgungsausgleich abgetrennt und die Ehe der Beteiligten
geschieden. Es hat dieses damit begründet, dass der Ehebruch und das
Nachaußentragen der Beziehung aufgrund der gesundheitlichen Situation der
Antragstellerin und der Belastung mit wiederholten Chemotherapien und
Operationen eine unerträgliche Situation darstellten. Hinsichtlich der Einzelheiten
wird auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.
4 Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten am 20.03.2015 zugestellten
Beschluss hat der Antragsgegner am 17.04.2015 Beschwerde eingelegt und
beantragt die Zurückweisung des Scheidungsantrags. Er begründet seine
Beschwerde damit, dass der Antragstellerin das Zuwarten bis zum Ablauf des
Trennungsjahres zugemutet werden könne. Die gesundheitliche Situation der
Antragstellerin habe das gesamte Familienleben belastet. Er sei seit der
Erkrankung ebenfalls psychisch stark belastet und habe in seiner jetzigen
Freundin eine Ansprechpartnerin gefunden, die ihm in dieser schwierigen Situation
Gehör schenkte. Seit Jahren habe er die Antragstellerin begleitet. Seit Januar 2015
habe er sich nicht mehr in der Lage gesehen, diese schwierige Situation zu
meistern. Daher sei es zur endgültigen Trennung gekommen. Das Familiengericht
hätte auch seine psychische Situation berücksichtigen müssen. Neue
Erkenntnisse der Palliativmedizin bestätigten, dass Angehörige aufgrund dieser
Situation erheblich belastet würden.
5 Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen. Sie bestreitet die psychische
Belastung des Antragsgegners. Der Treuebruch des Antragsgegners sei
besonders erniedrigend, da er während ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit mit
seiner Freundin nicht nur in der Ehewohnung verweilt, sondern sogar im Ehebett
mit ihr geschlechtlich verkehrt habe. Ferner unternehme er alles, um ihre ohnehin
schwierige gesundheitliche Situation weiter zu destabilisieren.
II.
6 Die nach gewährter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. §§ 58 ff. FamFG
zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist insoweit begründet, als dass der
Versorgungsausgleich nicht hätte abgetrennt werden dürfen. Der Beschluss des
Familiengerichtes ist daher aufzuheben und zur weiteren Verhandlung
zurückzuverweisen.
1.
7 Entgegen dem Einwand des Antragsgegners ist ein Härtegrund im Sinne von §
1565 Abs. 2 BGB gegeben, der eine Ehescheidung schon vor Ablauf des
Trennungsjahres ermöglicht.
8 Nach § 1565 Abs. 1 S. 1 BGB kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie
gescheitert ist. Sie ist als gescheitert anzusehen, wenn die Lebensgemeinschaft
der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die
Ehegatten sie wiederherstellen, § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB. Diese Voraussetzung ist
vorliegend gegeben. Sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner
lehnen eine Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft ab, der Antragsgegner
hält an seiner neuen Partnerschaft fest. Von einem Scheitern der Ehe ist also
auszugehen. Grundsätzlich ist für die Ehescheidung weiter vorausgesetzt, dass
die Ehegatten mindestens ein Jahr getrennt leben. Gemäß § 1565 Abs. 2 BGB
kann die Ehe, sofern die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt leben, nur dann
geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus
Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare
Härte darstellen würde. Unstreitig ist das Trennungsjahr vorliegend noch nicht
abgelaufen. Die Antragstellerin ist am zweiten Weihnachtsfeiertag 2014 aus dem
gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen, hat aber weiterhin für den
Antragsgegner die Wäsche gemacht und auch das Essen zubereitet. Am
02.01.2015 ist der Antragsgegner in das Büro im Keller ausgezogen und die
Antragstellerin hat keine weiteren Versorgungsleistungen für ihn erbracht.
Mittlerweile ist die Antragstellerin aus dem vormals als Ehewohnung genutzten
Haus ausgezogen.
9 Vorliegend ist von einem Härtefall im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB auszugehen.
Eine derartige Härte ist anzunehmen, wenn sich bei der Prognose, dass die
Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr erwartet
werden kann - über den Tatbestand des Scheiterns der Ehe hinaus - in der Person
des Antragsgegners liegende Gründe ergeben, die so schwer wiegen, dass der
Antragstellerin bei objektiver Beurteilung nicht angesonnen werden kann, an den
Antragsgegner als Ehepartner weiterhin gebunden zu sein (BGH FamRZ 1981,
127 Rz. 16). Die Ehescheidung vor Ablauf des Trennungsjahres ist nur dann
möglich, wenn die Fortsetzung der Ehe auch nur dem Bande nach für die
Antragstellerin unzumutbar wäre. An das Vorliegen eines Härtefalles sind strenge
Anforderungen zu stellen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, voreiligen
Scheidungsentschlüssen entgegenzuwirken, die aus bloß vorübergehenden
Stimmungslagen und Krisensituationen resultieren (Schwab, Handbuch des
Scheidungsrechts, 7. Aufl., Kap. II Rn. 51). Dabei geht es nicht um ein moralisches
Unwerturteil, sondern nur um die Prüfung, ob angesichts der konkreten in der
Sphäre des Antragsgegners liegenden Umstände einem objektiven Betrachter
begreiflich ist, dass sich die Antragstellerin endgültig von der Ehe abgewandt und
damit das Zuwarten bis zum Ablaufen des Getrenntlebensjahres ein sinnloser
Formalismus wäre (Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Kap. II Rn. 63). Es
ist nicht auf das subjektive Unzumutbarkeitsempfinden des verletzten Ehegatten
abzustellen, sondern darauf, ob ein besonnener Dritter bei ruhiger Abwägung aller
Umstände auf das Verhalten des anderen Ehegatten mit einem Scheidungsantrag
reagieren würde (OLG Brandenburg, FamRZ 1995, 807; Heintschel-Heinegg in:
Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 2. Kap. Rn. 76). Ein Treuebruch allein
und das Auftreten mit dem neuen Partner in der Öffentlichkeit begründen keinen
Härtegrund i.S.v. § 1565 Abs. 2 BGB. Erst wenn besondere Begleitumstände
hinzutreten, die Art und Weise des Ehebruches besonders verletzend und
erniedrigend ist, kann ein Härtefallgrund vorliegen (Münchener Kommentar/Ey, §
1365 BGB Rn. 110; BGH FamRZ 1981, 127; OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 286;
OLG Stuttgart FamRZ 2002, 1342; OLG München FamRZ 2011, 218; OLG
Rostock NJW 2006, 3648; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Kap. II Rn.
61).
10 Vorliegend stellen sich die Umstände des Treuebruchs als besonders verletzend
dar. Die Antragstellerin ist schwerkrank. Es ist derzeit nicht sicher abzuschätzen,
welche Lebenserwartung sie noch hat. Heilungschancen sind nicht prognostiziert.
Nachdem die Ehegatten bereits seit einigen Jahren gemeinsam diese Zeit der
Erkrankung durchlebt haben, hat Antragsgegner, in Kenntnis der schweren
Erkrankung seiner Ehefrau und ihrer schwindenden Lebenserwartung, eine neue
Partnerschaft aufgenommen und ist mit dieser neuen Partnerin in der Öffentlichkeit
als Paar aufgetreten. Die Antragstellerin hat von dritten Personen davon Kenntnis
erlangt. Der Antragsgegner hat zwar zuletzt behauptet, dass er bereits im
September 2014 ein Gespräch mit der Antragstellerin geführt und sie gefragt habe,
ob sie etwas dagegen habe, wenn er nunmehr eine Freundin habe. Sie habe
daraufhin erklärt, dass sie das verstehen könnte. Erst später, am 19.10.2014, habe
sie ihm erklärt, dass sie mit der neuen Situation doch nicht einverstanden sei. Im
Oktober sei er mit seiner Freundin bei einem Spiel von gewesen. Er sei aber mit ihr
nicht als Paar aufgetreten oder hätte sie in der Öffentlichkeit vorgestellt, da er sie
noch nicht lange gekannt habe. Gegen diese neue Darstellung spricht allerdings,
dass der Antragsgegner bereits im Rahmen der Anhörung des Familiengerichts
am 18.03.2015 (Bl. 45) gesagt hat, er sei mit seiner Freundin bei diesem Spiel in
der Öffentlichkeit als Paar aufgetreten. Auch überzeugt es nicht, dass er nun im
Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstmals erklärt, er habe von sich aus der
Antragstellerin bereits im September 2014 erklärt, dass er eine Freundin habe. In
der ersten Instanz hat er zunächst bestritten, überhaupt vor Januar 2015 eine
Beziehung zu der anderen Frau aufgenommen zu haben, die er im Oktober
kennengelernt habe. Später hat er dann richtig gestellt, dass er seine Freundin im
September kennengelernt habe. Die Beziehung habe sich aber erst im Januar
2015 verfestigt. Überdies hat die Antragstellerin bereits in der ersten Instanz
beschrieben, dass sie den Antragsgegner im Oktober 2014 zur Rede gestellt habe,
nachdem sie von dritten Personen erfahren habe, dass der Antragsgegner mit
seiner Freundin in der Öffentlichkeit aufgetreten sei. Er habe ihr dann versichert,
diese Beziehung aufzugeben, tatsächlich sei es aber immer wieder zu
Kontaktaufnahmen gekommen. Im November habe sie dann den gemeinsamen
Sohn zu einem Gespräch hinzugezogen. Bei diesem Gespräch habe der
Antragsgegner erklärt, dass er mit ihrer …Erkrankung nicht zurechtkomme und
dass er „leben wolle“. Ferner habe er ihr eine Ehe zu Dritt vorgeschlagen. Diesem
Vortrag der Antragstellerin hatte der Antragsgegner bisher nur entgegengehalten,
dass er nicht versprochen habe, die Beziehung aufzugeben, dass er nicht gesagt
habe, er „wolle jetzt leben“ und ihr auch keine Ehe zu Dritt angeboten habe. Er
habe ihr nur zugesichert, dass sie weiter in dem Haus wohnen könnte und er alle
Kosten tragen werde. Ein von ihm selbst initiiertes Gespräch vor Oktober 2014 hat
er bisher nicht erwähnt. Vor diesem Hintergrund ist daher entsprechend der
Schilderung der Antragstellerin davon auszugehen, dass sie erst über Dritte
erfahren hat, dass sich der Antragsgegner einer anderen Frau zugewandt hat.
11 Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin und der
Antragsgegner bereits seit 2009 gemeinsam diese Erkrankung der Antragstellerin
durchstehen und damit zweifellos auch psychische Belastungen für den
Antragsgegner als Ehegatten einhergegangen sind oder auch noch einhergehen,
der sich ebenso wie die Antragstellerin der schweren Erkrankung hilflos
gegenübersah und kein normales Eheleben mehr führen konnte. Aber auch unter
Berücksichtigung einer solchen psychisch belastenden Situation für den
Antragsgegner ist von dem Vorliegen eines Härtegrundes im Sinne von § 1565
Abs. 2 BGB auszugehen. Angesichts der schweren Erkrankung der
Antragstellerin, bei welcher Heilungschancen verneint werden und bei welcher nur
noch Palliativmedizin zur Anwendung kommt, ist von einer objektiv vorhandenen
besonderen Verletzlichkeit und Hilflosigkeit ihrerseits auszugehen. Dem entspricht
das seitens der Antragstellerin vom behandelnden Arzt ausgestellte ärztliche Attest
von 26.02.2015 (Bl. 41), aus dem sich ergibt, dass sie auch psychisch in einem
sehr schlechten Zustand angesichts der privaten Auseinandersetzungen mit ihrem
Ehemann ist. Die Hinwendung des Antragsgegners zu einer neuen Partnerin und
das öffentliche Auftreten mit dieser - ohne vorher eine Trennung ausgesprochen
oder auch nur angesprochen zu haben, wie oben ausgeführt - hat die
Antragstellerin daher als besonders belastend empfunden. Aufgrund ihrer
besonderen gesundheitlichen Situation besteht zwischen ihr und dem
Antragsgegner ein erhebliches Ungleichgewicht: Während der Antragsgegner ein
neues Leben mit seiner Freundin plant, besteht für die Antragstellerin keine
Perspektive auf ein Weiterleben. Sie dürfte sich - für einen objektiven Dritten
nachvollziehbar - in dieser Lebenssituation, in welcher sie besonders auf die
eheliche Solidarität angewiesen ist, von ihrem langjährigen Ehemann besonders
verlassen und hilflos gefühlt haben und auch in einem größeren Maße verletzt
sein, als es ohne diese schwere Erkrankung der Fall wäre. Auch wenn von einer
erheblichen psychischen Belastung des Antragsgegners wegen des langjährigen
schweren Krankheitsverlaufs der Antragstellerin auszugehen ist, so dürfte ihm
diese besonders hilflose Situation der Antragstellerin doch bewusst gewesen sein.
Angesichts dieser Umstände ist der Antragstellerin eine Fortsetzung der Ehe auch
nur dem Bande nach nicht länger zuzumuten.
12 Auf die bestrittene Behauptung der Antragstellerin, der Antragsgegner habe mit
seiner neuen Partnerin im Ehebett Geschlechtsverkehr ausgeübt, kommt es daher
nicht an.
2.
13 Auch wenn ein Härtefallgrund im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB vorliegt, so ist
gleichwohl die angefochtene Entscheidung des Familiengerichts aufzuheben, weil
das Familiengericht die Ehe nicht ohne Entscheidung über den im Verbund
stehenden Versorgungsausgleich hätte scheiden dürfen, § 137 Abs. 1 FamFG.
14 Im Rahmen der Beschwerde gegen den Scheidungsausspruch ist auch die
Rechtmäßigkeit der Abtrennung zu überprüfen, da gemäß § 58 Abs. 2 FamFG der
Beurteilung des Beschwerdegerichts auch die nicht selbstständig anfechtbaren
Entscheidungen unterliegen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind
(Prütting/Helms, § 117 FamFG Rn. 14).
15 Die durch Beschluss vom 18.03.2015 erfolgte Abtrennung des
Versorgungsausgleiches vom Scheidungsverbund gemäß § 140 Abs. 2 Nr. 5
FamFG war unzulässig.
16 Nach § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG kann das Familiengericht auf Antrag eines
Beteiligten eine Folgesache vom Verbund abtrennen, wenn sich der
Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, dass ein weiterer
Aufschub unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine
unzumutbare Härte darstellen würde. Mithin muss kumulativ zur
außergewöhnlichen Verzögerung eine unzumutbare Härte vorliegen. Eine
außergewöhnliche Verzögerung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die
Verfahrensdauer erheblich über die normale Dauer eines Verbundverfahrens
hinausgeht. In der Regel wird dabei von einer Dauer von 2 Jahren ausgegangen
(BGH FamRZ 1986, S. 896, FamRZ 1991, S. 687). Es handelt sich dabei aber nur
um einen Richtwert, gegebenenfalls ist auch eine Verfahrensdauer von weniger als
2 Jahren außergewöhnlich lang (vgl. Prütting/Helms, § 140 FamFG Rn. 22).
Anhaltspunkte für eine so außergewöhnliche Verzögerung liegen im vorliegenden
Verfahren nicht vor: Der Scheidungsantrag ist erst am 26.01.2015 beim
Familiengericht eingegangen. Überdies ergibt sich aus dem beiliegenden
Sonderheft Versorgungsausgleich, dass nur noch die Auskunft der gesetzlichen
Rentenversicherung der Antragstellerin fehlt. Mithin ergeben sich auch keine
Anhaltspunkte dafür, dass von einer langen Verfahrensdauer auszugehen sein
wird (vgl. Prütting/Helms, § 140 FamFG Rz. 22). Bisher ist es zu keinerlei
Verzögerungen gekommen. Es dürfte vorliegend daher angesichts der
dargestellten Sachlage zwar von einer unzumutbaren Härte auszugehen sein, eine
außergewöhnliche Verzögerung ist aber nicht ersichtlich. Auch wenn aus
rechtssystematischen Gründen beim Vorliegen einer Härtefallscheidung nicht die
grundsätzlichen Mittelwerte von Verfahren als Maßstab herangezogen werden
dürften, so muss doch in irgendeiner Form eine Verzögerung festgestellt werden.
Beim Vorliegen einer Härtefallscheidung ist nicht automatisch von einer
Abtrennung im Sinne von § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG auszugehen, zumal die
Kriterien nicht übereinstimmen und auch die Auswirkungen unterschiedlich sind
(Münchener Kommentar/Heiter, § 140 FamFG Rz. 64; andere Ansicht OLG
Brandenburg FamRZ 2001, 1458; Finger MDR 2000, 247). Vorliegend spricht
insbesondere der Umstand, dass das Verbundverfahren Versorgungsausgleich
ohnehin in Kürze abgeschlossen werden kann bzw. mit keinen weiteren
Verzögerungen zu rechnen ist - es fehlt nur noch eine Auskunft -, gewichtig gegen
die Abtrennung (vgl. Münchener Kommentar/Heiter, § 140 FamFG Rz. 65; siehe
auch OLG Brandenburg FamRZ 1996, 751; OLG Stuttgart FamRZ 1992, 320).
17 Auch ohne den Antrag eines Beteiligten kann der Senat den Scheidungsbeschluss
aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das
Familiengericht zurückverweisen, da es sich in der Sache beim
Scheidungsbeschluss nach §§ 117 Abs. 2 FamFG, 538 Abs. 2 S. 2 Nr. 7 ZPO
entsprechend um eine unzulässige Teilentscheidung handelt und die fehlerhafte
Abtrennung als schwerer Verfahrensfehler zu beurteilen ist (Bahrenfuss/Blank
FamFG, 2. Aufl. 2013, § 140 Rz. 11). Die Beschwerde gegen die unzulässige
Abtrennung ist von dem weitergehenden Antrag des Antragsgegners auf
Abweisung des Scheidungsantrags mit umfasst (vgl. BGH FamRZ 1996, 1333 Rz.
2). Es handelt sich um einen von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensfehler,
sodass in entsprechender Anwendung der Folgen eines unzulässigen
Teilbeschlusses die Sache aufzuheben und zurückzuverweisen ist (OLG
Nürnberg, FamRZ 2005, 1497 Rz. 30).
3.
18 Über die Kosten ist keine Entscheidung zu treffen, da diese, wie im Allgemeinen
bei Zurückverweisung, mit der endgültigen Sachentscheidung zu treffen ist (Zöller,
§ 538 ZPO Rz. 58).