Urteil des OLG Stuttgart vom 04.10.2013

OLG Stuttgart: rechtsmittelinstanz, rücknahme, auflage, überprüfung, bewilligungsverfahren, bindungswirkung, erlass, hauptsache, zwangsvollstreckung

OLG Stuttgart Beschluß vom 4.10.2013, 8 W 329/10
Leitsätze
Kostenfestsetzung:
Die nach § 97 Abs. 1 ZPO getroffene Kostengrundentscheidung des Prozessgerichts bei
Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine erfolglose Richterablehnung im Rahmen eines
ebenfalls erfolglosen Prozesskostenhilfeverfahrens ist nicht vom Rechtspfleger im
Kostenfestsetzungsverfahren auf seine Rechtmäßigkeit dahin zu überprüfen, ob eine analoge
Anwendung des § 127 Abs. 4 ZPO in Betracht kommt. Hierüber hatte allein das Prozessgericht
zu befinden.
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der
Rechtspflegerin des Landgerichts Ulm vom 14. August 2013, Az. 2 O 152/11, wird
zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 3.502,17 EUR
Gründe
I.
1
Im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart, Az. 9 W 21/12, wurden
dem Antragsteller mit Beschluss vom 18. Oktober 2012 die Rechtsmittelkosten auferlegt
und der Gegenstandswert auf 1.448.791 EUR festgesetzt.
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Entsprechend den Anträgen der Antragsgegnerin vom 7. November 2012 und 14. Juni
2013 wurden die vom Antragsteller zu erstattenden Kosten mit dem
Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. August 2013 in Höhe von 3.502,17 EUR in Ansatz
gebracht.
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Gegen die am 17. August 2013 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller durch
seinen Verfahrensbevollmächtigten am 2. September 2013 sofortige Beschwerde
eingelegt, der die Antragsgegnerin entgegengetreten ist.
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Die Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom 24. September 2013 nicht abgeholfen und die
Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
5
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss
vom 14. August 2013 ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff
ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG), in der Sache jedoch unbegründet.
6
Beim Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff ZPO war die Rechtspflegerin an die
Kostengrundentscheidung in dem Beschluss des 9. Zivilsenats vom 18. Oktober 2012, Az.
9 W 21/12, gebunden. Sie war nicht berechtigt, diese Entscheidung einschließlich des
9 W 21/12, gebunden. Sie war nicht berechtigt, diese Entscheidung einschließlich des
dortigen Kostenausspruchs und der Streitwertfestsetzung auf deren Richtigkeit zu
überprüfen. Hierfür ist allein das richterliche Erkenntnisverfahren vorgesehen.
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Die mit dem Beschluss vom 18. Oktober 2012 getroffene Kostengrundentscheidung ist ein
zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel i.S.d. § 103 Abs. 1 ZPO und berechtigte die
Antragsgegnerin, gegen den Antragsteller die Kostenfestsetzung zu beantragen sowie die
Rechtspflegerin zur Durchführung des Kostenfestsetzungsverfahrens und zum Erlass
eines Kostenfestsetzungsbeschlusses.
8
Vom Erkenntnisverfahren in der Hauptsache sind danach das dem Rechtspfleger
obliegende Kostenfestsetzungsverfahren (§ 21 Nr. 1 RpflG) und das sich hieran
anschließende Beschwerdeverfahren zu unterscheiden. Bei diesen handelt es sich um
reine Höheverfahren, durch die lediglich noch die entsprechend der
Kostengrundentscheidung und der Streitwertfestsetzung zu erstattenden Kosten der Höhe
nach festgesetzt werden und sodann diese Festsetzung in der Rechtsmittelinstanz
überprüft wird.
9
Die im Beschwerdeverfahren gegen die Kostengrundentscheidung vom 18. Oktober 2012
vorgebrachten Einwendungen des Antragstellers wären - soweit überhaupt
entscheidungserheblich - allein im Erkenntnisverfahren abzuhandeln gewesen.
10 Sie sind im vorliegenden Höheverfahren wegen der Bindungswirkung des Beschlusses
vom 18. Oktober 2012 nicht zu berücksichtigen.
11 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist die Entscheidung des Senats vom
24. September 2009, Az. 8 WF 155/09, veröff. u.a. in FamRZ 2010, 316, hier nicht
einschlägig.
12 Im dortigen Verfahren war es im erstinstanzlichen Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren
zur Rücknahme der beabsichtigten Klage gekommen, worauf eine
Kostengrundentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zulasten des Antragstellers
ergangen war. Es wurde ausdrücklich festgestellt, dass die Überprüfung der
Rechtmäßigkeit dieser richterlichen Entscheidung nicht auf den Rechtspfleger im
Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens abgewälzt werden kann, da er nicht die
Rechtsmittelinstanz hierfür ist, sondern allein die ihm nach § 21 Nr. 1 RPflG übertragene
Kostenfestsetzung gemäß § 103 Abs. 1 ZPO vornimmt und innerhalb dieses begrenzten
Rahmens zu überprüfen hat, ob überhaupt Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91
Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO angefallen sind, was im erstinstanzlichen PKH-
Bewilligungsverfahren bei Rücknahme der beabsichtigten Klage nicht festgestellt werden
konnte, weil sich die Erstattungspflicht nach § 123 ZPO nicht auf die Kosten des Gegners
aus dem PKH-Verfahren erstreckt infolge des Ausschlusses der Kostenerstattung nach §
118 Abs. 1 S. 4 ZPO.
13 Vorliegend hat der 9. Zivilsenat aber am 18. Oktober 2012 einerseits die sofortige
Beschwerde des Antragstellers gegen die Zurückweisung seines
Prozesskostenhilfeantrags durch das Landgericht Ulm unter Beachtung des § 127 Abs. 4
ZPO zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen (Az. 9 W 9/12),
andererseits die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung des
Landgerichts Ulm bezüglich der von ihm beantragten Richterablehnungen
zurückgewiesen unter Kostenauferlegung auf ihn sowie die Rechtsbeschwerde ebenfalls
nicht zugelassen. Hierbei wurde die Kostenentscheidung ausdrücklich auf § 97 ZPO
gestützt.
14 Für die Rechtspflegerin blieb danach allein zu entscheiden, ob erstattungsfähige Kosten
entstanden sind.
15 Die ihr vom Beschwerdeführer auferlegte Überprüfung einer analogen Anwendung des §
127 Abs. 4 ZPO unterlag nach der vom 9. Zivilsenat ausdrücklich getroffenen
Kostengrundentscheidung gemäß § 97 ZPO nicht ihrer Prüfungskompetenz. Sie hätte
anderenfalls wie eine Rechtsmittelinstanz die richterliche Entscheidung auf ihre
Rechtmäßigkeit überprüft, was ihr gerade untersagt ist. Eine solche Prüfungskompetenz
ist auch im vorliegenden Kostenfestsetzungs-Beschwerdeverfahren dem Senat nicht
eingeräumt.
16 Im Rahmen der der Rechtspflegerin gemäß §§ 21 Nr. 1 RPflG, 103 Abs. 1 ZPO
zugebilligten Prüfungskompetenz hat sie aber zu Recht festgestellt, dass es sich bei dem
Ablehnungsverfahren um ein selbstständiges Zwischenverfahren handelt (Vollkommer in
Zöller, ZPO, 29. Auflage 2012, § 46 ZPO Rn. 1, m.w.N.), - nicht aber um ein
unselbstständiges Nebenverfahren, wie vom OLG Frankfurt (OLGR Frankfurt 1998, 266)
und vom OLG München (Beschluss vom 25. Juni 2008, Az. 5 W 1394/08) angenommen -,
bei dem im Falle einer erfolglosen Beschwerde eine Kostenentscheidung gemäß § 97
Abs. 1 ZPO zu ergehen hat und die Festsetzung und Erstattung der Kosten des
Beschwerdegegners stattfindet, da dieser die Beteiligtenstellung in einem
quasikontradiktorischen Verfahren innehat (BGH NJW 2005, 2233; OLG Celle MDR 2008,
1180; OLG Düsseldorf MDR 2009, 955; Vollkommer, a.a.O., § 46 ZPO Rn. 20; je m.w.N.).
17 Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Fallkonstellation grundlegend von derjenigen,
die der Senat am 24. September 2009, Az. 8 WF 155/09, zu beurteilen hatte.
18 Ob eine analoge Anwendung des § 127 Abs. 4 ZPO in Betracht kommt, oblag allein der
richterlichen Entscheidung des 9. Zivilsenats, nicht aber der der Rechtspflegerin.
19 Die Höhe der erstattungsfähigen Kosten ist mit dem angefochtenen
Kostenfestsetzungsbeschluss gemäß den Anträgen der Antragsgegnerin vom 7.
November 2012 und 14. Juni 2013 rechtsfehlerfrei festgestellt worden.
20 Die in Ansatz gebrachten Gebühren und Auslagen sind angefallen, wobei die
Einreichung eines Schriftsatzes durch den Klägervertreter nicht erforderlich war; es
genügte die Entgegennahme der Information oder die Prüfung der Erfolgsaussichten des
Rechtsbehelfs (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Auflage 2012, Nr. 3500 RVG-
VV Rn. 9, m.w.N.). Sie sind richtig berechnet nach Nrn. 3500, 7002 und 7008 RVG-VV
und erstattungsfähig gem. § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO.
21 Die sofortige Beschwerde des Antragstellers war deshalb mit der Kostenfolge von Nr.
1812 GKG-KV und § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.