Urteil des OLG Saarbrücken vom 15.05.2008

OLG Saarbrücken: treu und glauben, auszahlung, anschlussberufung, echtheit, fälschung, stillschweigend, vollmacht, käufer, anforderung, mitverschulden

OLG Saarbrücken Urteil vom 15.5.2008, 8 U 119/07 - 32
Auskunftsvertrag: Haftung eines Architekten gegenüber einem Kreditinstitut wegen
unrichtiger Baufortschrittsanzeige
Leitsätze
Zur Haftung bei unzutreffender Baufortschrittsanzeige gegenüber dem Kreditgeber.
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin werden
zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens - einschließlich derjenigen der Anschlussberufung -
werden dem Beklagten zu 9/10 und der Klägerin zu 1/10 auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Klägerin
leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Wert der Beschwer des Beklagten übersteigt 20.000 EUR, derjenige der Klägerin
nicht.
Gründe
A.
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen positiver
Forderungsverletzung eines stillschweigend abgeschlossenen Auskunftsvertrages sowie
aus Delikt (Beihilfe zum Betrug) mit der Begründung geltend, dieser habe als "Bauleiter"
unter der Bezeichnung "M. Baumanagement" durch vorsätzlich falsche Angaben zum
Bautenstand des von der Klägerin finanzierten Objektes in M. eine - letztlich uneinbringliche
- Darlehensauszahlung der Klägerin an den Generalübernehmer des Projektes veranlasst.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 16.7.1998 (Anlage K 1) erwarb der Streitverkündete zu
2), Dr. P. M2 - Kunde der Klägerin - von der Z. GmbH, vertreten durch den
Streitverkündeten zu 3), den Zeugen S., fünf noch nicht ausgebaute
Dachgeschosseigentumswohnungen in dem Objekt in M. zu einem
Kaufpreis von insgesamt 195.000 DM.
Mit - ebenfalls vor dem Streitverkündeten zu 1), dem Notar B. K. in F., abgeschlossenen -
Generalübernehmervertrag vom gleichen Tag (Anlage K 2) verpflichtete sich der
Streitverkündete zu 4) M. H. mit seiner damaligen GmbH gegenüber dem Käufer Dr. M2
zum schlüsselfertigen Ausbau der genannten fünf Eigentumswohnungen zu einer
Vergütung von 439.000 DM, die gemäß § 11 Abs. 1 GÜV in vier Raten nach -
anzuzeigendem - Baufortschritt zu zahlen war.
Zur Finanzierung hat Dr. M2 mit der Klägerin die Darlehensverträge vom 14.8.1998 (vgl.
im Einzelnen Bl. 59 ff.; Bl. 62 ff.) abgeschlossen.
Der Käufer Dr. M2 hat dem Beklagten am 8.10.1998 schriftlich Vollmacht zur Abnahme
der Baugewerke und Anforderung der Bauraten erteilt (Anlage K 4), die der die einzelnen
Raten verwaltende Notar K. mit Schreiben vom 9.10.1998 (Anlage K 8) der Klägerin
übersandt hat.
Hinsichtlich der ersten Baurate hat der Generalübernehmer selbst von dem Notar mit der
Begründung (Anlage K 5), am 14.8.1998 sei mit den Ausbauarbeiten begonnen worden,
Bereitstellung und Auszahlung erbeten, was dann geschehen ist, nachdem der Notar die
entsprechende klägerische Auszahlung auf sein Notaranderkonto veranlasst hatte.
Unter dem Namen des Beklagten ist dann mit Schreiben des Baumanagements M. vom
9.10.1998 (Anlage K 6) die zweite Baurate sowie vom 27.11.1998 (Anlage K 7) die dritte
Baurate bei dem Notar unter jeweiliger Versicherung eines entsprechenden
Baufortschrittes zur Zahlung an den Generalübernehmer angefordert worden, was dann -
nach entsprechender Zahlung der Klägerin auf das Notaranderkonto (vgl. die
Anforderungen des Notars; Anlagen K 8 und K 9) - erfolgt ist.
Die letzte Baurate hat der Käufer Dr. M2 selbst mit Schreiben vom 21.1.1999 (Anlage K
10) bei dem Notar angefordert.
Nachdem die Klägerin anlässlich eines Ortstermins am 30.11.2000 feststellte, dass nur
geringfügige Bauleistungen erbracht waren, leitete sie ein selbständiges Beweisverfahren
zur Ermittlung des Bautenstandes und der Fälligkeit der Bauraten ein, das mit der
Feststellung des Sachverständigen endete, dass allenfalls die erste Baurate nach dem
Bautenstand fällig sei.
Die Klägerin ist mit ihrer Forderung gegen den Darlehensnehmer Dr. M2 ausgefallen, da
dieser in Insolvenz geraten ist, ebenso der Generalübernehmer, dessen GmbH
zwischenzeitlich gelöscht ist.
Die Klägerin hat behauptet, die Bautenstandsanzeigen zur Anforderung der zweiten und
dritten Baurate stammten von dem Beklagten bzw. seien zumindest von ihm
unterschrieben und ihm demgemäß zuzuordnen. Dieser hafte wegen des irreführenden,
Vermögensdispositionen der Klägerin veranlassenden Inhalts dieser Schreiben folglich aus
konkludentem Auskunftsvertrag sowie aus Delikt; dies gelte auch für die vierte Baurate,
deren Auszahlung letztlich auf den vorausgegangenen Bautenstandsmitteilungen des
Beklagten (mit-)beruhe.
Der Beklagte, der sich zunächst darauf berufen hatte, selbst nur gutgläubiges Werkzeug
der kollusiv zum Nachteil der Klägerin zusammenwirkenden Streitverkündeten gewesen zu
sein, hat in der Folge - nach Erlass des Versäumnisurteils vom 17.11.2005 (Bl. 76/77) und
Einspruch hiergegen (vgl. Schriftsatz vom 9.12.2005; Bl. 87 f.) - in der mündlichen
Verhandlung vom 9.3.2006 auf ausdrückliche Nachfrage des Erstrichters dann bestritten,
die Anforderungsschreiben bezüglich der dritten und vierten Baurate selbst unterschrieben
zu haben.
Mit der angefochtenen Entscheidung (Bl. 171 ff.), auf die wegen der tatsächlichen und
rechtlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht das ergangene
Versäumnisurteil unter teilweiser Aufhebung - in Bezug auf die Verurteilung des Beklagten
zu Schadensersatz hinsichtlich der vierten Baurate - weitgehend - nämlich hinsichtlich der
zweiten und dritten Baurate - aufrechterhalten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, es sei im Hinblick auf das Ergebnis des Schriftgutachtens des Sachverständigen
L. vom 4.9.2006 (Bl. 131 ff.) und das Verhalten bzw. den ursprünglichen Sachvortrag des
Beklagten im selbständigen Beweisverfahren sowie zu Beginn vorliegenden Rechtsstreits
davon überzeugt, dass die Unterschriften "M. M." unter den Anlagen K 6 und K 7 echt
seien und von dem Beklagten stammten, auch wenn der Vorname mit "c" statt mit "k"
geschrieben sei. Der Sachverständige habe die Echtheit dieser Unterschriften für
ausreichend wahrscheinlich gehalten; die Abstriche beim Wahrscheinlichkeitsgrad
resultierten allein aus dem Umstand, dass die Originale nicht vorgelegen hätten. Mit Recht
habe der Sachverständige auch darauf hingewiesen, dass die Offenkundigkeit der
Veränderung beim letzten Buchstaben des Vornamens untypisch für eine Fälschung sei, ein
Fälscher vielmehr gerade darauf bedacht ist, möglichst "perfekt" zu fälschen. Nicht zuletzt
habe der Beklagte im laufenden Rechtsstreit - bis zum 6. bzw. 9.3.2006 - auch selbst
eingeräumt, diese Unterschriften geleistet zu haben.
Als Unterzeichner der Anlagen K 6 und K 7 hafte der Beklagte aber der Klägerin gegenüber
sowohl wegen Verletzung seiner Pflichten aus konkludent zu Stande gekommenen
Auskunftsvertrages als auch aus Delikt. Insoweit sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass
die schuldhafte Erteilung einer falschen Auskunft zu Schadensersatz verpflichte, wenn sie
bei dem hierauf vertrauenden Adressaten einen Vermögensschaden verursache.
Unerheblich sei hier, ob der Beklagte Architekt sei, die Vollmacht vom 8.10.1998 (Anlage
K4) gekannt habe bzw. in die Hintergründe der Angelegenheit eingeweiht gewesen sei.
Allein aus dem Inhalt der von ihm unterschriebenen Anlagen K 6 und K 7 habe er nämlich
hinreichende Kenntnis über die Bedeutung und den objektiven Erklärungswert seiner
Erklärungen erlangen können. Sein Verschulden ergebe sich daraus, dass er die unrichtigen
Angaben zum Bautenstand zumindest ins Blaue hinein abgegeben habe. Ein Mitverschulden
sei der Klägerin hierbei nicht anzulasten, da es für sie an hinreichenden Anhaltspunkten für
Unregelmäßigkeiten ihrer Geschäftspartner gefehlt habe.
Hingegen bestehe hinsichtlich der ausgezahlten vierten Baurate kein
Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten, zumal weder dargetan noch
ersichtlich sei, dass dieser an deren Anforderung mitgewirkt bzw. die Auszahlung selbst
objektiv gefördert habe. Es gehe vielmehr mit der Klägerin heim, ohne weiteren Nachweis -
der vollständigen Baufertigstellung - an den Streitverkündeten zu 2) ausgezahlt zu haben.
Hiergegen wenden sich Berufung des Beklagten - der seinen Klageabweisungsantrag
weiterverfolgt - und Anschlussberufung der Klägerin - die weiterhin Schadensersatz wegen
der vierten Baurate verlangt.
Die Berufung rügt unzureichende Sachverhaltsaufklärung, fehlerhafte Beweiswürdigung
sowie Verkennung der Beweislast durch das Landgericht. Entgegen der Ansicht des
Landgerichts könne nicht von der Echtheit der Unterschriften unter den Anlagen K 6 und K
7 ausgegangen werden. Weder habe er dies jemals unstreitig gestellt noch sei das
eingeholte Gutachten hinreichend beweisgeeignet, zumal dem Sachverständigen die
Originale nicht vorgelegen hätten, deren Vorlage durch die Klägerin der Erstrichter
richtigerweise hätte veranlassen müssen. Zu Unrecht habe das Landgericht auch eine
Beweislastumkehr zu seinen Lasten angenommen; ein Anerkenntnis der Echtheit dieser
Unterschriften im Sinne von § 439 Abs. 1 ZPO liege insoweit nicht vor. Zum Beweis dafür,
dass er die beiden Unterschriften nicht geleistet habe, benennt der Beklagte in der
Berufungsinstanz - neben einer erneuten Begutachtung - erstmals den Zeugen S. (vgl.
Seite 3 oben der Berufungsbegründung; Bl. 300).
Der Beklagte wendet sich darüber hinaus gegen die Ansicht des Landgerichts, ein
Auskunftsvertrag sei zwischen ihm und der Klägerin zu Stande gekommen. Jedenfalls habe
er auch die Hintergründe und den Zweck der beiden Schreiben nicht gekannt und auch
nicht erkennen können. Letztlich müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden anrechnen
lassen, da sie eigene Kontrollen vor Ort habe vornehmen müssen.
Der Beklagte beantragt (Bl. 298, 344),
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage unter
Aufhebung des Versäumnisurteils vom 17.11.2005 insgesamt
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt (Bl. 310, 344),
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen; auf die
Anschlussberufung unter Abänderung der angefochtenen
Entscheidung das Versäumnisurteil vom 17.11.2005 insgesamt
aufrecht zu erhalten.
Hierzu beantragt der Beklagte (Bl. 322, 344),
die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt in Bezug auf die Berufung des Beklagten das angefochtene Urteil
unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Mit der Anschlussberufung macht sie darüber hinaus geltend, der Beklagte hafte ihr auch
für den durch die Auszahlung der vierten Baurate entstandenen Schaden, da er diese durch
seine früheren falschen Bautenstandsanzeigen zumindest objektiv gefördert habe. Die
Annahme des Landgerichts, die Auszahlung dieser Rate sei von der Fertigstellung der
Arbeiten und deren Nachweis abhängig gewesen, den die Klägerin indessen nicht verlangt
habe, sei unzutreffend. In jedem Fall habe dieser Auszahlung auch die - von dem Beklagten
verursachte, unzutreffende - Annahme der Klägerin zu Grunde gelegen, das Bauobjekt sei
gemäß den früheren Bescheinigungen des Beklagten zu 95 % fertig.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zur Vorbereitung der
mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 17.4.2008 (Bl. 344 f.) Bezug genommen.
B.
Die Berufung des Beklagten ist gemäß den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft
sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig, ebenso -
gemäß § 524 ZPO - die Anschlussberufung der Klägerin.
In der Sache haben Berufung und Anschlussberufung jedoch keinen Erfolg. Denn die
angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546
ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere
Entscheidung, § 513 ZPO.
I.
Zu Recht und mit weitgehend zutreffender Begründung hat das Landgericht im Umfang
der ausgezahlten zweiten und dritten Baurate eine Haftung des Beklagten wegen
Verletzung eines zwischen den Parteien konkludent zu Stande gekommenen
Auskunftsvertrages bejaht. Der Senat teilt insoweit die Ansicht des Erstrichters, dass die
Urheberschaft des Beklagten bezüglich der Baufortschrittsanzeigen vom 9.10.1998
(Anlage K 6) und vom 27.11.1998 (Anlage K 7) nachgewiesen ist und durch deren
Überlassung an die Klägerin zum Zwecke der Freigabe der jeweiligen Baurate eine Haftung
des Beklagten auf Schadensersatz aus einem stillschweigend geschlossenen
Auskunftsvertrag begründet worden ist. Der vom Landgericht herausgearbeitete
diesbezügliche Haftungsansatzpunkt ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt: Gibt
ein Architekt gegenüber einem Finanzierungsinstitut eine - erkennbar der Kreditbeschaffung
dienende - Baufortschrittsanzeige ab oder überlässt er eine solche dem Bauherrn zur
Weiterleitung, haftet er dem Finanzierungsgeber aus einem stillschweigend zu Stande
gekommenen Auskunftsvertrag, wenn die Baufortschrittsanzeige den Baustand - wie
vorliegend - unrichtig, d.h. als zu weit fortgeschritten wiedergibt und dem Kreditgeber im
Gefolge dadurch ein Schaden entsteht, dass er im Hinblick auf die unrichtigen Angaben
Darlehen auszahlt, die bei richtiger Darstellung des Baufortschritts zurückgehalten worden
wären und deren Rückzahlung nicht mehr erreicht werden kann (vgl. OLG Köln NJW-RR
1988, 335 f.; OLG Hamm NJW-RR 1987, 209; OLG Karlsruhe BauR 1987, 585;
Löffelmann/Fleischmann, ArchR, 5. Aufl. 2008, Rn. 732 m.w.N.; allgemein zum
stillschweigend zu Stande gekommenen Auskunftsvertrag: BGH NJW 1986, 180 ff.; WM
1966, 1034 ff.; NJW-RR 1998, 1343 ff.).
Soweit der Beklagte gegen eine solche Haftung nach wie vor in erster Linie einwendet, die
Anlagen K 6 und K 7 gar nicht unterschrieben zu haben, ist der Erstrichter nach
umfänglicher Prüfung unter Würdigung der einzelnen Ausführungen des Sachverständigen
L., des eigenen Sachvortrages des Beklagten bis zur mündlichen Verhandlung vom
9.3.2006 sowie seines Prozessverhaltens nachvollziehbar und überzeugend zu dem
Ergebnis gelangt, dass der Voll beweis der Echtheit der betreffenden Unterschriften geführt
ist. Damit ist zunächst dem Berufungseinwand, das Landgericht habe in
entscheidungserheblicher Weise die Beweislast zu Lasten des Beklagten verkannt, von
vornherein der Boden entzogen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Erstrichter tatsächlich
verkannt hat, dass einem wirksamen Anerkenntnis bzw. Geständnis der Echtheit der
fraglichen Unterschriften durch den Beklagten hier schon der Umstand entgegenstand,
dass die betreffenden Erklärungen nicht bei einer mündlichen Verhandlung (vgl. § 288 Abs.
1 ZPO) abgegeben bzw. zumindest in Bezug genommen worden sind (vgl. BGH NJW 1997,
397) und dass darüber hinaus die Vorschrift des § 440 Abs. 2 ZPO vorliegend ohnehin
nicht weiterhilft, weil sich der Streit der Parteien nicht auf den Urkundentext, sondern
ausschließlich auf die Unterschriften bezieht. Denn ein etwaiger Beweislastfehler - wie er
unter Umständen auch noch in dem Beweisbeschluss des Landgerichts vom 6.4.2006 (Bl.
109/100) anklingt - ist jedenfalls im Ergebnis nicht zum Tragen gekommen, weil die
Beweisaufnahme und -würdigung zu einer Überzeugungsbildung des Erstrichters im Sinne
der klägerischen Darstellung geführt, das Landgericht mithin gerade keine
Beweislastentscheidung getroffen hat.
Die diesbezügliche Beweiswürdigung des Landgerichts ist - wie der Senat bereits in der
mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt hat, worauf vorab Bezug genommen wird -
auch nicht zu beanstanden.
Der Sachverständige L. hat nachvollziehbar und - im Rahmen des bei der Untersuchung von
Fotokopien Möglichen - überzeugend ausgeführt, dass eine deutlich größere
Wahrscheinlichkeit für die Echtheit der fraglichen Unterschriften spricht (vgl. Seite 16 des
Gutachtens, Bl. 146), und zwar nicht nur als Ergebnis aller von ihm durchgeführten - auch
bei Fotokopien aussagekräftigen - Untersuchungsmethoden (vgl. S. 13 ff.; Bl. 143 ff.),
sondern auch aufgrund der Erfahrungstatsache, dass ein Fälscher die Fälschung möglichst
zu verbergen sucht, bei "sorgfältiger" Fälschung ein Buchstabenfehler - wie hier - praktisch
nicht unterlaufen kann, andererseits ein "Fälschungsbild" wie das vorliegende regelmäßig
für eine bewusste Veränderung durch den Namenseigner spricht (vgl. S. 15 f.; Bl. 145 f.).
Soweit die Berufung im Wesentlichen nur auf die eingeschränkte Aussagekraft des
Gutachtens L. angesichts des begutachteten (Fotokopie-)Materials hinweist, ist dies nicht
geeignet, die Beweiseignung der gutachterlichen Ausführungen in Frage zu stellen. Denn
der Sachverständige hat selbst mehrfach auf dieses "Handikap" und die hieraus folgenden
Einschränkungen hingewiesen, es im Ergebnis aber nach abschließender Gesamtwürdigung
gleichwohl für gerechtfertigt erachtet, eine aussagekräftige Wahrscheinlichkeitsaussage in
Bezug auf die Echtheit der Unterschriften zu machen. Damit kann dem Gutachten L. in
jedem Fall der seitens des Erstrichters angenommene - erhebliche - Beweiswert
beigemessen werden.
Dass die Originale der Anlagen K 6 und K 7 nicht vorgelegt wurden, kann der Klägerin
entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht in anderer Weise - beweisrechtlich - zum
Nachteil gereichen. Eine Vorlage dieser Unterlagen war durch den Erstrichter schon deshalb
nicht anzuordnen, weil die Klägerin glaubhaft versichert hat, nicht im Besitz der Originale zu
sein. Auch ihr aus dem Schriftverkehr zu entnehmendes intensives Bemühen im Vorfeld
der Gutachtenerstellung, eine Vorlage durch den Notar oder andere Beteiligte zu erreichen,
erlaubt einen entsprechenden Schluss. Vor diesem Hintergrund liegt der Einwand des
Beklagten, die Klägerin scheue die - ihr nachteilige - Vorlage der Urkunden, ersichtlich neben
der Sache.
Mit Recht hat der Erstrichter auch dem - von ihm unter Auswertung der Schriftsätze des
vormaligen Beklagtenvertreters vom 14.11.2003, 26.4.2005, 15.7.2005 und 6.3.2006
ausführlich dargelegten (vgl. Seite 8/9 des Urteils; Bl. 178/179) - Umstand, dass der
Beklagte die Echtheit der Unterschriften unter den Anlagen K 6 und K 7 schon im
Beweissicherungsverfahren und auch im vorliegenden Rechtsstreit bis zur mündlichen
Verhandlung vom 9.3.2006 ausdrücklich zugestanden und damit unstreitig gestellt hatte,
ganz erhebliche indizielle Bedeutung beigemessen, die im Ergebnis die Aussage des
Schriftgutachtens verstärkt und bestätigt hat. Die Berufungsbegründung hat in keiner
Weise plausibel zu machen vermocht, dass und warum es sich hierbei um einen
missverständlichen oder irrtümlichen Sachvortrag der Beklagtenseite handeln sollte. Der
Hinweis des Beklagten, die Abweichung beim letzten Buchstaben des Vornamens bei
ersten Betrachtungen der Anlagen K 6 und K 7 nicht bemerkt und deshalb die Fälschung
nicht erkannt zu haben, ist völlig lebensfremd, zumal ihm doch erinnerlich sein muss, ob er
eine Baufortschrittsanzeige unterschrieben hat oder nicht.
Auch ein Informationsversehen seines vormaligen Prozessvertreters ist nicht schlüssig
dargetan. Denn schon im Hinblick darauf, dass ursprünglich - wiederholt - eine dezidierte
Sachverhaltsschilderung hinsichtlich des Zustandekommens der in Rede stehenden
Unterschriften - die der Beklagte danach unter Druck bzw. als "gutgläubiges Werkzeug"
abgegeben haben will - erfolgt und diese Darstellung ersichtlich unvereinbar mit der
nachträglichen Version einer Unechtheit dieser Unterschriften ist, erscheint es
ausgeschlossen, dass der vormalige Prozessvertreter Angaben des Beklagten lediglich
missverstanden hat.
Auch der Beklagte selbst hat anlässlich seiner Anhörung vor dem Senat keine plausible
Erklärung für seinen widersprüchlichen Sachvortrag und sein merkwürdiges
Prozessverhalten abgegeben. Soweit er hierbei gar in den Raum gestellt hat, sein früherer
Prozessvertreter habe - auch nach Beanstandung seitens des Beklagten - abweichend von
der Mandanteninformation und wider dessen Anweisung im Prozess vorgetragen, ist diese
Schilderung derart lebensfremd, dass ihr kein Glaube geschenkt werden kann.
Soweit der Beklagte erstmals in der Berufungsbegründung (vgl. dort Seite 3 oben; Bl. 300)
den Zeugen K.- H. S. - den Streitverkündeten zu 3) - für seine Darstellung von einer
Unterschriftsfälschung benennt, kann er damit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr gehört
werden. Denn es handelt sich bei diesem Beweisangebot um ein neues Angriffs- oder
Verteidigungsmittel, bezüglich dessen nicht dargetan ist, dass und warum es - ohne
Nachlässigkeit - nicht bereits in erster Instanz hat angebracht werden können. Dies gilt
umso mehr, als der Beklagte bzw. sein Anwalt nach den Grundsätzen prozessualer
Sorgfalt - unabhängig von der Frage der Beweislast - bereits erstinstanzlich alle ihm zur
Verfügung stehenden (Gegen-)Beweismittel - auch vorsorglich - zu benennen hatte und für
ihn bzw. seinen Anwalt anhand des Beweisbeschlusses vom 6.4.2006 (Bl. 109 f.) darüber
hinaus auch erkennbar war, dass das Landgericht wohl von einer abweichenden
Beweislastverteilung ausging und ihn als beweispflichtig ansah.
Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass der Beklagte den Zeugen S. auch in
erster Instanz verschiedentlich als Zeuge benannt hat. Denn seine Benennung erfolgte dort
gerade für die Richtigkeit des Gegenteils der jetzigen Darstellung, nämlich die damalige
Behauptung des Beklagten, dass der Zeuge S. ihn bei der fraglichen Unterzeichnung als
Werkzeug benutzt und in die Irre geleitet habe, abgesehen davon, dass der Zeuge auch
ersichtlich unzulässig ausgeforscht werden sollte.
Hat aber der Beklagte nach allem die Anlagen K 6 und K 7 nachweislich selbst
unterschrieben, gehen alle anderen Einwände gegen seine Haftung - wie schon der
Erstrichter zutreffend angenommen hat - fehl. Denn Sinn und Zweck dieser Schreiben und
die Konsequenzen der darin enthaltenen Erklärungen ergaben sich für den Beklagten auch
als Bauzeichner ohne weiteres schon aus deren Inhalt und Aufmachung, so dass er nicht
damit gehört werden kann, die genauen Hintergründe, die einzelnen Beteiligten und nicht
einmal die Vollmacht vom 8.10.1998 gekannt zu haben. Jedenfalls hat er nach dem klaren
Wortlaut der Schreiben, der ihm nicht verborgen geblieben sein konnte, als "M.
Baumanagement M. M." dem Notar - zur Weiterleitung an den Kreditgeber - den
ordnungsmäßigen Baufortschritt des in Rede stehenden Objekts aufgrund eigener Prüfung
bestätigt und um Freigabe der jeweiligen Baurate sowie "Anweisung an die bekannte
Bankverbindung" gebeten. Dabei ist ihm zumindest zum Vorwurf zu machen, dass er die
jeweiligen Erklärungen in Kenntnis ihrer weitreichenden Bedeutung gleichwohl bei völlig
ungesicherter eigener Erkenntnis hinsichtlich des Bautenstandes abgegeben hat, was ihm
auch nach Ansicht des Senats in jedem Fall zum Verschulden gereicht.
Hingegen kommt entgegen der Ansicht des Beklagten ein Mitverschulden der Klägerin hier
nicht in Betracht. Unabhängig davon, ob bei einer verbindlichen Auskunft der
Mitverschuldenseinwand regelmäßig nicht schon nach Treu und Glauben ausgeschlossen ist
(vgl. OLG Köln, a.a.O., § 336, unter Hinweis auf BGH WM 1965, 287/288), hat der
Erstrichter jedenfalls mit Recht angenommen, dass für die Klägerin kein hinreichender
Anlass bestand, der Mitteilung des Beklagten zum Baufortschritt zu misstrauen und selbst
Kontrollen vor Ort durchzuführen.
Was den Schaden der Klägerin anbelangt, so hat diese schon in der Klageschrift - unter
Vorbehalt eines Beweisangebotes - vorgetragen, mit der gesamten Darlehensforderung
ausgefallen zu sein (vgl. Seite 8 oben; Bl. 8), ohne dass der Beklagte dem im Verfahren je
substantiiert entgegen getreten ist.
Auch die Berufungsbegründung verhält sich zur Frage der Schadenshöhe nicht.
Bedenken hinsichtlich der Schadensursächlichkeit des Verhaltens des Beklagten bestehen
ebensowenig, da sich auch der in die Zahlungsabwicklung eingeschaltete Notar K.
ausweislich seiner Schreiben vom 9.10.1998 (Anlage K 8) und vom 21.12.1998 (Anlage K
9) bei seiner Zahlungsanforderung gegenüber der Klägerin jeweils auf die
Baufortschrittsbestätigung des Beklagten zur Begründung der Zahlungsfälligkeit berufen
hat, so dass die Anlagen K 6 und K 7 die Darlehensauszahlung ersichtlich maßgeblich
verursacht haben.
II.
Auch der Anschlussberufung der Klägerin ist kein Erfolg beschieden.
Wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt hat - worauf
vorab Bezug genommen wird -, ist dem Erstrichter darin zu folgen, dass der der Klägerin
durch die Auszahlung der vierten Baurate - die der Beklagte selbst unstreitig weder
angefordert noch deren Auszahlung durch eine Baufortschrittsanzeige vorbereitet hat -
entstandene Schaden auch nicht auf einem "Fortwirken" der früheren
Bautenstandsmitteilungen des Beklagten, sondern maßgeblich darauf beruht, dass es die
Klägerin verabsäumt hat, sich die Fertigstellung der fraglichen Bauarbeiten vor Auszahlung
nachweisen zu lassen bzw. selbst zu überprüfen. Dass sie hinsichtlich der Auszahlung der
vierten Baurate eines solchen procedere enthoben war, ist nicht ersichtlich. Auch § 11 Abs.
1 GÜV knüpft die Fälligkeit aller Zahlungen an die Bestätigung des Architekten über den
erreichten Bautenstand.
Abgesehen davon lag es auch im ureigenen Interesse der Klägerin - und ihres Kunden -, die
Restzahlung nicht vor nachgewiesener Fertigstellung der Arbeiten zu leisten. Dies gilt umso
mehr, als mit den Fußbodenverlegearbeiten - die in der Kostenaufstellung vom 20.1.1998
(Anlage K 3) mit einem Betrag von 27.500 DM veranschlagt sind - nach Bauzeiten- und
Zahlungsplan noch bedeutsame Arbeiten ausstanden, wie das Landgericht mit Recht
angenommen hat. Insoweit geht der Senat mit dem Erstrichter von einer Kongruenz
zwischen Bauzeitenplan und Zahlungsplan aus. Die nach allem leichtfertige und wider
eigene Interessen erfolgte Auszahlung der vierten Baurate geht aber mit der Klägerin heim;
ein insoweit entstandener Schaden kann auch nach Ansicht des Senats nicht auf den
Beklagten überbürdet werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 i.V.m. 709 Satz 2 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§§
542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. Abs. 2, Satz 1 ZPO).
Der Wert der Beschwer der Parteien war im Hinblick auf § 26 Ziff. 8 EGZPO festzusetzen.