Urteil des OLG Saarbrücken vom 23.11.2005

OLG Saarbrücken: berufliche tätigkeit, treu und glauben, arbeitsunfähigkeit, eintritt des versicherungsfalles, wirtschaftliches interesse, wichtiger grund, fristlose kündigung, versicherer, erstellung

OLG Saarbrücken Urteil vom 23.11.2005, 5 U 70/05 - 8
Krankentagegeld: Fristlose Kündigung der Krankentagegeldversicherung aus wichtigem
Grund bei Auftragsannahme trotz Arbeitsunfähigkeit
Leitsätze
1. Eine Krankentagegeldversicherung darf aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden,
wenn ein angeblich arbeitsunfähiger selbständiger Malermeister einen Auftrag annimmt
und zur Erstellung eines Angebots einen Außentermin mit Aufmaßen wahrnimmt.
2. Feststellungen durch einen vom Versicherer beauftragten Detektiv dürfen verwertet
werden, wenn der Ermittler den Versicherten nicht unlauter zu einem Tätigwerden verleitet
hat.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 19.1.2005 verkündete Urteil des Landgerichts
Saarbrücken, Az. 14 O 367/04, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht
die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 13.227,47 EUR Euro festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger, zum Zeitpunkt der Antragstellung Inhaber des Malerbetriebes F. G., schloss bei
der Beklagten mit Wirkung ab dem 1.1.1996 unter anderem eine
Krankentagegeldversicherung, Versicherungsschein-Nr. OOO, unter Einschluss der
Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung - MB/KT 94 -
ab (Bl. 13/14, 19 ff d.A.) ab.
Auf Grund einer der Beklagten seit Juli 2003 fortlaufend angezeigten und bis zum 4.2.2004
attestierten 100%-igen Arbeitsunfähigkeit wegen (zunächst) einer Tendinitis (rechte
Achillessehne, Bl. 27/28, 58 d.A.) sowie einer (später zusätzlich eingetretenen) HWS-
Distorsion erbrachte diese an den Kläger unter Berücksichtigung der vertraglich
vereinbarten Karenzzeit Krankentagegeldzahlungen an den Kläger bis einschließlich
22.10.2003. Mit vorprozessualem Schreiben vom 2.2.2004 (Bl. 30 ff d.A.), dem Kläger
zugestellt am 5.2.2004 (Bl. 72 d.A.), lehnte die Beklagte weitere, über den 22.10.2003
hinausgehende Leistungen unter Hinweis darauf, dass der Kläger während der angezeigten
Arbeitsunfähigkeit zumindest am 23.10.2003, 12.12.2003 und 18.12.2003 einer
beruflichen Tätigkeit nachgegangen sei, ab; sie kündigte die Krankentagegeldtarife KT 8/30,
KT 15/50, KT 22/20, KT 22/20 und forderte von dem Kläger die Übernahme der ihr durch
die Einschaltung eines Detektivbüros entstandenen Ermittlungskosten.
Seit Oktober 2003 waren nach Einschaltung eines von der Beklagten am 22.9.2003
beauftragten Detektivbüros, der Fa. E. GmbH, Ermittlungen über Art und Umfang einer von
dem Kläger während der attestierten Arbeitsunfähigkeit ausgeübten beruflichen Tätigkeit
angestellt worden. Ausweislich des Abschlussberichtes vom 14.1.2004 (Bl. 63 ff d.A.)
wurde der Kläger von einem Mitarbeiter der Fa. E., dem Zeugen V., am 23.10.2003 in
seinem Büro während einer Besprechung in verschlissener Hose, Wollpullover und
farbverschmutzten Schuhen angetroffen; dem Kläger wurde das legendierte Anliegen -
Beauftragung der Firma G. mit Maler- und Verputzarbeiten - unterbreitet. In dem
Abschlussbericht heißt es weiter, dass der Kläger Interesse an der Durchführung der
Arbeiten bekundet und sich nach Einzelheiten erkundigt habe; nachdem der Zeuge V. ihm
diese mitgeteilt habe, habe der Kläger verschiedene Ausführungsvarianten dargelegt und
die Erstellung eines Angebotes von der Durchführung einer Objektbesichtigung abhängig
gemacht. Jedenfalls sind dem Zeugen V. bei dieser Gelegenheit Zeichnungen über von dem
Kläger bearbeitete Fassaden sowie Visitenkarten, unter anderem auch eine mit der
Aufschrift "Malerbetrieb F. G.", übergeben worden. Nach telefonischer Verabredung
(11.12.2003) kam es am 12.12.2003 zu einem "Besichtigungstermin", bei dem unter
anderem Putzarbeiten besprochen worden waren und bei dem der Kläger erklärte, dass
ein Angebot erstellt werde. In dem Abschlussbericht wird hierzu ausgeführt, dass der
Kläger einen Silikon-Putz empfohlen habe, die im Einzelnen durchzuführenden Arbeiten
besprochen worden seien, der Kläger zwecks Durchführung der Berechnungen die
Straßenfront abgeschritten und angeboten habe, zwei verschiedene Angebote zu erstellen:
das eine mit der Angabe der reellen Kosten, das andere mit der Angabe überhöhter Kosten
als Basis für von dem Zeugen V., der sich als Kaufinteressent des Hausanwesens geriert
hatte, zu führende Preisverhandlungen; sodann sei man übereingekommen, dass der
Kläger das Angebot erstellen solle. Am 18.12.2003 suchte der Zeuge V. den Kläger
vereinbarungsgemäß in dessen Büro auf. In dem Abschlussbericht heißt es hierzu, dass der
Kläger nach Verabschiedung einer männlichen Person mit der Auftragsbesprechung
begonnen habe (Bl. 68 ff d.A.). Jedenfalls hat der Kläger ein bereits ausgearbeitetes,
fingiertes Angebot über Verputzarbeiten auf seinem Geschäftspapier in 4-facher
Ausfertigung ausgedruckt und dem Mitarbeiter ein unterschriebenes Exemplar
ausgehändigt; sodann hat der Kläger das Angebot wunschgemäß nochmals im Sinne eines
"korrekten" Angebotes abgeändert.
Dem ist der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 14.4.2004 entgegengetreten; er hat
die Beklagte unter Fristsetzung aufgefordert zu bestätigen, dass das Vertragsverhältnis
durch die Kündigung nicht erloschen sei, und das noch offene Krankentagegeld zu zahlen
(Bl. 39 ff d.A.). Weiterhin hat er unter Hinweis auf eine in Folge des Krebsleidens
eingetretene Stoffwechselerkrankung und eine hierdurch bedingte Berufsunfähigkeit den
Antrag gestellt, das Versicherungsverhältnis mit Ruhen der bisherigen Leistungspflichten in
eine Anwartschaftsversicherung umzuwandeln (Bl. 42 d.A.). Dies lehnte die Beklagte mit
Schreiben vom 3.5.2004 ab (Bl. 43, 44 d.A.).
Der Kläger hat behauptet, keine Arbeitstätigkeit aufgenommen zu haben, die eine
Kündigung oder Zahlungsverweigerung der Beklagten rechtfertige. Soweit es im Rahmen
von § 1 Ziffer 3 der AVB der Beklagten dem Versicherten anerkanntermaßen nicht schade,
sich von Zeit zu Zeit in seinem Betrieb aufzuhalten, um nach dem Rechten zu sehen, sich
über den Gang der Geschäfte zu informieren, nur gelegentlich Auftragseingänge und
Abrechnungen mit geringem Zeitaufwand zu überprüfen, Unterlagen zu sichten oder mit
einem Kunden kurze Gespräche zu führen, sei die von ihm entfaltete Tätigkeit nicht über
das Maß des Erlaubten hinausgegangen. Im Zeitraum seiner Arbeitsunfähigkeit habe er
weder seinen Beruf ausgeübt noch sei er einer anderen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Er
habe sich in diesem Zeitraum nicht regelmäßig im Büro aufgehalten, seine dortigen
gelegentlichen Auftritte hätten ausschließlich der Erledigung privater Angelegenheiten oder
dem Zusammentreffen mit gewerbetreibenden Nachbarn gedient. Das Zusammentreffen
mit dem Ermittler sei rein zufälliger Natur gewesen und habe sich - nichts anderes gehe
letztlich aus dem Abschlussbericht hervor - in einem nicht von ihm initiierten
Kontaktaufnahmegespräch (23.20.2003), einer 15-minütigen Objektbesichtigung
(16.12.2003) sowie in der Übergabe eines Angebotes (18.12.2003), das seine
Lebensgefährtin erstellt habe, erschöpft. Malerarbeiten habe er in dieser Zeit nicht
ausgeführt. Die von ihm erstellten Angebote hätten sich zudem nicht auf Maler- sondern
auf Putzarbeiten bezogen, also auf Leistungen, die nicht sein Betrieb, sondern das
Unternehmen seines Bruders ausführe. Dass die Angebote auf seinem Geschäftspapier
erstellt worden seien, sei in der sporadischen Wahrnehmung unentgeltlicher Hilfestellung
für seinen Bruder begründet. Ausgedruckt und unterschrieben habe er das dem Ermittler
übergebene Angebot nur deshalb, weil seine Lebensgefährtin, die er habe abholen wollen,
im Büro nicht anwesend gewesen sei. Im Übrigen sei es zu einer konkreten Beauftragung
durch den Ermittler, der sich als Kaufinteressent eines Objekts geriert habe, nicht
gekommen; für die Angebotserstellung habe er weder Geld verlangt noch erhalten. Die
Rechtslage würde sich indes nicht anders darstellen, wenn es sich um einen echten
Kunden gehandelt hätte, weil die einmalige Abgabe eines Angebotes - wie hier - keine zum
Leistungsausschluss führende mehr oder weniger regelmäßige Tätigkeit darstelle. Im
Übrigen sei es der Beklagten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich
auf Leistungsfreiheit zu berufen, weil sie sein, des Klägers, Verhalten initiiert und aktiv
auf Leistungsfreiheit zu berufen, weil sie sein, des Klägers, Verhalten initiiert und aktiv
gesteuert habe. Dessen ungeachtet komme eine Leistungsfreiheit allenfalls für die drei in
Rede stehenden Tage in Betracht, weil - was die Beklagte selbst nicht behaupte - er
ansonsten keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Letztlich sei die von der Beklagten
ausgesprochene außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund mangels Vorliegens der
hierfür erforderlichen Voraussetzungen - Vorliegen eines wichtigen Grundes, Abmahnung,
Ausspruch innerhalb angemessener Frist - nicht gerechtfertigt.
Die Beklagte hat sich demgegenüber darauf gestützt, dass die Voraussetzungen für eine
Leistung von Krankentagegeld ab dem 23. 10.2003 nicht mehr vorgelegen hätten, weil der
Kläger nicht arbeitsunfähig i.S.v. § 1 I Abs. 3 AVB gewesen sei; da der Kläger seiner
beruflichen Tätigkeit nachgegangen sei, sei auch die von ihr erklärte außerordentliche
Kündigung aus wichtigem Grund insgesamt gerechtfertigt.
Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Klage, mit der der
Kläger zuletzt begehrt hat, die Beklagte zur Zahlung von 8.334,19 Euro und weiteren
1.728,17 Euro, jeweils nebst Zinsen (Klageantrag zu 1. a und b) zu verurteilen,
festzustellen, dass der Krankentagegeldversicherungsvertrag nicht beendet ist
(Klageantrag 2.a), die Beklagte zu verurteilen, ihr Einverständnis zur Fortsetzung des
Krankentagegeldversicherungsverhältnisses im Rahmen einer Anwartschaftsversicherung
zu erklären (hilfsweise Zahlung von weiteren 5.726,56 Euro, Klageantrag 2.b), sowie
festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, die der Beklagten durch die Beauftragung der
Fa. E. GmbH entstandenen Detektivkosten ganz oder zum Teil zu übernehmen, vollständig
abgewiesen. Es hat hierzu im wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die
Leistung des beanspruchten Krankentagegeldes gemäß § 1 Abs. 3 MB/KT nicht erfüllt seien
(Klageantrag 1.a), weil auf der Grundlage des unstreitigen Sachvortrages und dem
Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, dass der Kläger zwischen dem 23.10.2003 und
18.12.2003 seiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen sei; den ihr insoweit obliegenden
Beweis habe die Beklagte unter Berücksichtigung der Bekundungen des Zeugen V., an
dessen Glaubwürdigkeit insgesamt keine Zweifel bestünden, wohingegen die
Glaubwürdigkeit der von dem Kläger benannten Zeugen St. und M. erheblichen
Vorbehalten ausgesetzt sei, erbracht. Von daher sei der Kläger auch verpflichtet (§§ 823
Abs. 2, 249 BGB, 263 Abs. 1, 22, 23 StGB), die der Beklagten entstandenen
Ermittlungskosten zu ersetzen, was zur Folge habe, dass die Beklagte wirksam die
Aufrechnung gegenüber dem Krankheitskostenanspruch des Klägers erklärt habe und
diesem ein weiterer Zahlungsanspruch hieraus nicht zustehe (Klageantrag 1. b). Aus den
nämlichen Erwägungen hätten auch die weiteren Klageanträge keinen Erfolg; die
Voraussetzungen für die von der Beklagten ausgesprochene außerordentliche Kündigung
aus wichtigem Grund seien sämtlich erfüllt, die weiter geltend gemachten Zahlungs- und
Feststellungsansprüche von daher ebenfalls unbegründet (Bl. 169 ff d.A.).
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Er vertritt unter Wiederholung seines
erstinstanzlichen Vorbringens die Auffassung, dass der unstreitige Sachverhalt und die
Würdigung der Zeugenaussagen nicht den Schluss zuließen, dass der Kläger in dem in
Rede stehenden Zeitraum seiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen sei. Die von dem
Landgericht herangezogenen Umstände (Geschäftspapiere auf dem Schreibtisch, Tragen
von farbverschmutzten Schuhen) bei der Erstbegegnung mit dem Ermittler trügen dieses
Ergebnis auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung jedenfalls nicht, weil es
einem Betriebsinhaber, der sowohl bei seiner Arbeit als auch in seiner Freizeit die selben
Sportschuhe trage, nicht verwehrt sei, ab und zu nach dem Rechten zu schauen. Hinzu
komme, dass die Annahme des Landgerichts, der Zeuge V. sei uneingeschränkt
glaubwürdig, nicht frei von Bedenken sei; denn auch ohne Vereinbarung eines
Erfolgshonorars bestehe hinreichende Veranlassung, die Glaubwürdigkeit des Zeugen in
Zweifel zu ziehen, weil die "Erfolgsquote" eines Ermittlers sein Renommee erhöhe; allein
schon aus diesem Grund habe der Ermittler V. ein wirtschaftliches Interesse am
Ermittlungserfolg im Sinne der Beklagten. Auch weise die Aussage des Zeugen zahlreiche
Diskrepanzen zum Ermittlungsbericht auf. Insgesamt lägen keine Anhaltspunkte vor, die die
Aussage des Zeugen V. glaubhafter erscheinen ließen als die Aussagen der von ihm, dem
Kläger, benannten Zeugen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom
19.1.2005, 14 O 367/04,
1.
a. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.334,19 Euro nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus diesem
Betrag seit dem 1.5.2004 zu zahlen;
b. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.728,17 Euro nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus
diesem Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2.
a. festzustellen, dass der zwischen den Parteien im Jahre 1995
geschlossene Krankentagegeldversicherungsvertrag, Vers.-Nr. OOO,
durch die mit Schreiben vom 2.2.2004 seitens der Beklagten
ausgesprochene Kündigung nicht beendet worden ist;
b. die Beklagte zu verurteilen, ihr Einverständnis zur Fortsetzung des
Krankentagegeldversicherungsverhältnisses im Rahmen einer
Anwartschaftsversicherung im Sinne ihrer dem Vertrag zugrunde
liegenden Tarifbedingung zu § 15 Buchst. a und b der MB/KT 94 zu
erklären, hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 5.726,56 Euro nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz aus diesem Betrag seit
Rechtshängigkeit zu zahlen;
3.
festzustellen, dass der Kläger auch nicht verpflichtet ist, der
Beklagten die ihr durch die Beauftragung der Fa. E. GmbH
entstandenen Detektivkosten in Höhe des Differenzbetrages
zwischen den angefallenen Ermittlungskosten (2.030,00 Euro) und
den von ihr, der Beklagten, gegen den von dem Anspruch auf
Erstattung von Heilbehandlungskosten zur Aufrechnung gestellten
Betrag von 1.728,17 Euro, also in Höhe von 301,83 Euro, zu
erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Beklagte ist leistungsfrei, weil der zwischen den Parteien abgeschlossene
Versicherungsvertrag betreffend das Krankentagegeld in Folge der von der Beklagten am
2.2.2004 erklärten außerordentlichen Kündigung beendet worden ist und auch im Übrigen,
d.h. für die Zeit vom 23. 10. 2003 bis 2.2.2004, der Eintritt des Versicherungsfalles
Arbeitsunfähigkeit gemäß § 1 Abs. 3 MB/KT 94 nicht nachgewiesen ist.
(1)
Die Beklagte hat den Krankentagegeldversicherungsvertrag wirksam gemäß § 14 Abs. 2
MB/KT 94 i.V.m. § 314 BGB außerordentlich gekündigt.
Der Versicherer kann einen Krankentagegeldversicherungsvertrag trotz dessen sozialer
Zwecksetzung aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen, wenn ihm ein
Festhalten am Versicherungsvertrag nicht mehr zuzumuten ist. Ein solcher wichtiger Grund
zur Kündigung liegt für einen Versicherer vor, wenn der Versicherungsnehmer in besonders
schwerwiegender Weise die Belange des Versicherers aus Eigennutz dadurch hintanstellt,
dass er sich Versicherungsleistungen erschleicht oder zu erschleichen versucht (BGH, Urteil
vom 3.10.1984, IVa ZR 76/83, VersR 1985, S. 54; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2005, S.
1119 ff). So liegt der Fall hier.
(a)
Nach § 1 Abs. 1 der von den Parteien in den Versicherungsvertrag einbezogenen
Vertragsbedingungen der Beklagten versprach die Beklagte Versicherungsschutz gegen
Verdienstausfall in Folge von Krankheiten oder Unfällen durch Zahlung eines
Krankentagegeldes in vertraglichem Umfang für die Dauer einer bedingungsgemäßen
Arbeitsunfähigkeit. Nach § 1 Abs. 3 MB/KT 94 liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn die
versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in
keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen
Erwerbstätigkeit nachgeht.
Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Krankentagegeldversicherung als einer
Verdienstausfallversicherung muss die Arbeitsunfähigkeit während des gesamten
Leistungszeitraums vollständig und uneingeschränkt gegeben sein. Ist ein Versicherter
gesundheitlich noch zu eingeschränkter Tätigkeit in seinem bisherigen Beruf im Stande, ist
er folglich nicht arbeitsunfähig im Sinne des § 1 Abs. 3 MB/KT 94. Dies gilt nach den zur
Frage der Arbeitsunfähigkeit von beruflich Selbständigen ergangenen Entscheidungen auch,
wenn der Versicherte mehr oder weniger regelmäßig Arbeiten erledigt, die nach der
Verkehrsauffassung als zumindest teilweise Ausübung derjenigen Tätigkeit anzusehen sind,
durch die er sein Einkommen erzielt. Deshalb ist ein solcher Versicherter auch dann nicht
arbeitsunfähig, wenn er in gewissem, nicht ganz unbedeutendem Umfang noch Aufsicht
führende, überprüfende oder sonst seiner Stellung entsprechende Tätigkeiten ausführen
kann. Die Ausübung beruflicher Tätigkeiten bleibt nur dann auf den Anspruch ohne Einfluss,
wenn sie derart geringfügig oder unbedeutend ist, dass es einen Verstoß gegen Treu und
Glauben darstellen würde, wenn sich der Versicherer hierauf beruft. (BGH, Urt. vom
25.11.1992 - IV ZR 187/91 - VersR 1993, S. 297 ff; Bach/Moser/Wilmes, Private
Krankenversicherung, 2. Aufl., MB/KT § 1, Rdnr. 13, 20, m.w.N.).
Dass hiernach bei dem Kläger bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat, kann
nicht festgestellt werden. Dabei kann dahinstehen, ob, was die Beklagte bestreitet, der
Kläger nach medizinischem Befund arbeitsunfähig - gewesen - ist. Denn der Anspruch des
Klägers auf Krankentagegeld setzt weiter voraus, dass er in der Zeit, in der er von der
Beklagten unter Hinweis auf ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen die Auszahlung
von Krankentagegeld begehrte, seinen Beruf als Maler tatsächlich nicht ausübte.
Auf der Grundlage des sich im Berufungsrechtszug darstellenden Sach- und Streitstandes
unter Einschluss des übereinstimmenden Parteivorbringens ist indes davon auszugehen,
dass der Kläger in der Zeit vom 23.10.2003 bis 18.12.2003 seiner beruflichen Tätigkeit
nachgegangen ist.
Unstreitig ist, dass der Kläger selbständig tätig und Inhaber des Malerbetriebes F. G. war
oder ist. Bereits anlässlich einer im Februar 2002 angezeigten Arbeitsunfähigkeit gab der
Kläger in einem von der Beklagten zur Ausfüllung übersandten Fragebogen zur
Krankentagegeldversicherung an, dass sich seine berufliche Tätigkeit seit dem 1.1.1996
[dem Beginn der Krankentagegeldversicherung] nicht geändert habe, seine von ihm
wahrgenommene Tätigkeit sowohl leitender/Aufsicht führender als auch mitarbeitender Art
sei und sich der Anteil leitender/Aufsicht führender Arbeit auf 70 %, der Anteil
mitarbeitender Tätigkeit auf 30 % belaufe. In der kurzen Arbeitsbeschreibung hat er
angegeben "Aufmaße auf Baustellen erstellen, Baustellen Kontrolle, Bauabsprachen,
Ablaufplanungen, Warenbestellungen, Termine überwachen, Malerarbeiten jeder Art" (Bl.
76 d.A.). In dem Fragebogen, der anlässlich der im Juli 2003 angezeigten Arbeitsunfähigkeit
dem Kläger zur Ausfüllung übersandt worden war, hat der Kläger angegeben, seit der
Krebs-OP nicht mehr mitarbeitend tätig zu sein, allerdings immer noch leitend/Aufsicht
führend; in der kurzen Arbeitsbeschreibung hat er angegeben "Aufmaße, Baustellen
kontrollieren, Bauabsprachen mit Bauherren und Mitarbeiter, Materialbeschaffung,
Angebote/Rechnungen erstellen" (Bl. 75 d.A.).
Dieser nach seiner Tätigkeitsbeschreibung zunächst zu 70 %, später zu 100% ausgeübten
leitenden/Aufsicht führenden Tätigkeit ist der Kläger in einem Zeitraum nachgegangen, in
dem ihm 100%-ige Arbeitsunfähigkeit attestiert worden ist, nämlich am 23.10.2003,
11.12.2003, 12.12.2003 und 18.12.2003.
Der Kläger hat bereits am 23.10.2003, als der Ermittler ihn ohne vorherige Ankündigung in
seinem Büro an einem Tisch sitzend, auf dem sich (auch) Geschäftsunterlagen befunden
haben, angetroffen und den Erstkontakt zum "Chef" des Betriebes hergestellt hat,
berufliche Aktivitäten entfaltet. Im Rahmen dieser ersten Kontaktaufnahme wurden
nämlich nicht nur belanglose Gespräche über Wohngegenden geführt und dem Ermittler
Visitenkarten, so auch eine des Klägers, übergeben. Vielmehr ging es bei der ersten
Kontaktaufnahme schon um eine mögliche Beauftragung für die Durchführung von Außen-
bzw. Fassadenarbeiten, weil der Kläger, wie er selbst eingeräumt hat, dem Ermittler
Zeichnungen über Fassaden, an denen er selbst den Anstrich vorgenommen hat, vorgelegt
hat (Bl. 9 d.A.), wie dies auch aus dem Ermittlungsbericht hervorgeht (Bl. 64 d.A.); auch
hat der von dem Kläger benannte Zeuge H. eingeräumt ("zu 80 %"), dass der Kläger von
dem Zeugen V. auf eine Angebotserstellung angesprochen worden ist. Der Kläger ist dann
weiter aktiv tätig geworden. Er hat den Ermittler persönlich am 11.12.2003 wie erbeten
zurückgerufen und mit diesem einen Außentermin zwecks Besichtigung eines Objekts
vereinbart (Bl. 92 d.A.). Auch diese Tätigkeit ist als Ausübung der Berufstätigkeit zu
qualifizieren. Denn Aufgabe des Klägers als Inhaber eines Unternehmens, in dem er schon
bei Abschluss der Krankentagegeldversicherung nach dem angegebenen Tätigkeitsprofil
maßgebend leitend bzw. Aufsicht führend tätig war, ist es, Aufträge hereinzuholen und
Kundengespräche zu führen. Indem der Kläger am 12.12.2003 den Außentermin
wahrgenommen hat, anlässlich dessen er sich das Objekt angesehen, die Straßenfront
abgeschritten, mit dem Ermittler Putzarbeiten besprochen und den Auftrag für die
Erstellung eines Angebotes erhalten hat, hat er gleichfalls seine berufliche Tätigkeit
ausgeübt. Die Wahrnehmung von solchen Außenterminen gehört zu den ureigensten
Tätigkeitsfeldern eines selbständigen, in der Malerbranche tätigen Unternehmers. Es
unterliegt auch keinem Zweifel, dass der Kläger am 18.12.2003 bzw. zuvor seiner
beruflichen Tätigkeit nachgegangen ist. Die Erstellung des am 18.12.2003 bereits im PC
abgespeicherten Angebots ist nämlich nicht eigenverantwortlich durch die Lebensgefährtin
des Klägers erfolgt, sondern entsprechend den von dem Kläger der Zeugin St. vermittelten
Vorgaben (Seite 7 des Sitzungsprotokolls, Bl.145 d.A.); darüber hinaus hat der Kläger am
18.12.2003, als er in seinem Büro von dem Ermittler angetroffen worden war, nach den
Vorstellungen des Ermittlers das bereits erstellte Angebot, das er zunächst ausgedruckt
und unterschrieben hat, bearbeitet und geändert (Bl. 130 ff d.A.).
Diese auffällige ständige Präsenz des Klägers in seinem Betrieb und die in der Zeit vom
23.10.2003 bis 18.12.2003 entfalteten Aktivitäten, die letztlich auch nach der
Verkehrsauffassung zu den wesentlichen Aufgaben des Inhabers eines kleinen bis
mittelständischen Unternehmens gehören, lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass
der Kläger beruflich tätig gewesen ist.
(b)
Hiergegen sprechen auch keine Umstände, die es dem Versicherer in der Regel verwehren,
sich auf Leistungsfreiheit wegen verbliebener Restfähigkeiten des Versicherten zu berufen.
Zum einen kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der von dem Kläger
ausgeübten Tätigkeit nur um eine reine Hilfstätigkeit bzw. eine solche von völlig
untergeordneter Bedeutung handelt. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn
die Tätigkeit nicht auf die Fortführung der Erwerbstätigkeit gerichtet gewesen wäre (vgl.
hierzu auch OLG Karlsruhe, VersR 2003, S. 761 ff; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, S. 163
ff). Die Akquisition von Kunden und die Bearbeitung von Aufträgen, wie sie in der Tätigkeit
des Klägers zum Ausdruck gekommen ist - In-Verbindung-Setzen mit dem Kunden,
Terminsabsprache, Wahrnehmung eines Außentermins, Vorgaben an eine Hilfskraft für die
Erstellung eines Angebotes, Bearbeitung eines Angebotes am PC -, gehört jedoch gerade
zu solchen - auch leitenden- unternehmerischen Betätigungen, die auf die Fortführung
eines wie vom Kläger geführten handwerklichen Betriebes und damit auf die Erzielung von
Einkünften gerichtet ist.
Zum anderen liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass bereits zu dem in
Rede stehenden Zeitpunkt die Ausübung der verbliebenen Fähigkeiten zur Leitung des
Betriebes nicht mehr "wertschöpfend" gewesen sind. Zwar trägt der Kläger vor, dass der
Betrieb im Hinblick auf seine Erkrankungen nicht in dem bisherigen Umfang habe aufrecht
erhalten werden können, viele Stammkunden von einer Beauftragung Abstand genommen
hätten und eine Kundenakquisition nicht habe erfolgen können (Bl. 129 d.A.). Dies
rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, die von dem Kläger entfalteten Tätigkeiten ließen
sich nicht als Arbeit begreifen. Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass Verwaltungs- und
Organisationstätigkeiten, PC-Tätigkeit, Korrespondenz oder körperlich leichte Büroarbeiten -
welcher Art auch immer - unter Umständen nur noch als Beschäftigung und nicht mehr als
Arbeit verstanden werden können, wenn mangels Annahme neuer Aufträge und im Hinblick
auf die vollzogene Abwicklung alter Aufträge eine Teilnahme am Wirtschaftsverkehr nicht
mehr festgestellt werden kann (vgl. OLG Karlsruhe, aaO), so zeigen im Gegensatz dazu die
von dem Kläger entfalteten Aktivitäten, dass es ihm um die Aufrechterhaltung des
Betriebes - immerhin beschäftigte er noch zwei Angestellte und ließ sich durch befreundete
Handwerker unterstützen (Bl. 129 d.A.) - durch Kundenakquisition und die Erlangung neuer
Aufträge ging. Ob die wertschöpfende Tätigkeit dann tatsächlich zu einer Gewinnerzielung
geführt hat, ist ohne Belang.
Das von dem Kläger hiergegen vorgebrachte Argument, es habe sich nicht um einen
"greifbaren", sondern allenfalls um einen in "weiter Ferne" liegenden und damit ungewissen
Auftrag gehandelt, weil sich der Ermittler nur als Kaufinteressent ausgegeben habe,
überzeugt nicht. Dass Anfragen von Interessenten nicht immer zu einem Auftrag führen,
vielmehr eine Beauftragung insbesondere dann, wenn ein Kunde sich (noch) nicht festlegen
oder mehrere Angebote einholen will, im Ungewissen bleibt, ist in der Natur der Sache
begründet; hieraus vermag der Kläger nichts für sich herzuleiten.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang weiter geltend macht, ihm sei beim
erstmaligen Auftritt des Ermittlers sofort klar gewesen, dass es sich nicht um eine echte
Beauftragung handele, sondern nur ein "Scheinangebot" angefordert werde, ist auch dieses
Argument nicht geeignet, zu einer abweichenden Beurteilung zu führen. Dieses Vorbringen
stellt offensichtlich eine Schutzbehauptung dar. Denn der Kläger hat nicht plausibel zu
erklären vermocht, warum er sich in einer Zeit, in der er wegen einer attestierten 100%-
igen Arbeitsunfähigkeit einer beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen durfte, der Gefahr
ausgesetzt hat, wegen eines "unechten" Auftrages von einem Ermittler, mit dessen
Beauftragung er durchaus gerechnet hat (Bl. 141 d.A.), bei der Ausübung beruflicher
Tätigkeiten entdeckt zu werden; es hätte nichts näher gelegen, als diese dann einfach zu
unterlassen. Dessen ungeachtet kommt es jedoch nicht auf die innere Motivation des
Klägers an. Entscheidend ist, dass die nach außen getretenen Umstände in ihrer
Gesamtschau das Bild einer Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit vermitteln. Dies
ist vorliegend unzweifelhaft der Fall.
Auch der Einwand des Klägers, nicht seinen Betrieb, sondern das Unternehmen seines
Bruders (Verputzer) betreffende Arbeiten für diesen unentgeltlich verrichtet zu haben, führt
nicht zu einer anderen Beurteilung. Entscheidend ist auch hier, dass die Gesamtumstände
den begründeten Schluss zulassen, der Versicherungsnehmer handele in Ausübung seiner
beruflichen Tätigkeit, nämlich als Inhaber eines handwerklichen Betriebes, der
Kundenakquisition betreibt. Dessen ungeachtet hat der Kläger selbst eingeräumt, dass
Malerbetriebe in der Regel auch Putzarbeiten erbringen (Bl. 92 d.A.), so dass auch vor
diesem Hintergrund ein Unterschied im Tätigkeitsprofil nicht erkennbar ist.
Soweit der Kläger schließlich darauf verweist, die von ihm entfalteten Tätigkeiten seien
auch deshalb nicht geeignet zu belegen, dass keine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit
vorgelegen habe, weil die mit der Ausübung der beruflichen Tätigkeit einhergehenden
körperlichen Belastungen seiner Gesundheit abträglich gewesen seien (Schriftsatz vom
6.12.2004, Bl. 124 ff d.A.), kann dem nicht gefolgt werden. Da der Kläger seine bisherige
Berufstätigkeit tatsächlich nicht auszuüben hat - sei es wegen einer ihn treffenden
Obliegenheit, § 9 Abs. 4 MB/KT (BGH, VersR 1993, S. 297 ff, m.w.N.), eines in § 1 Abs. 3
MB/KT statuierten „primären“ (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 1 MB/KT 94, Rdnr.
10, 11 m.w.N.) oder „sekundären“ Risikoausschlusses (OLG Hamm, VersR 1987, S. 42;
Bach/Moser/Wilmes, aaO, Rdnr. 19) -, und die Krankentagegeldversicherung nur dem
Versicherungsnehmer zugute kommen soll, der krankheitsbedingt kein Einkommen durch
Ausübung einer Tätigkeit erzielt, vermag ihn die auf freier Willensentscheidung beruhende
Berufsausübung um den Preis der Verschlimmerung der Krankheit nicht zu entlasten.
(c)
Der Kläger hat, indem er Krankentagegeld wegen Arbeitsunfähigkeit verlangt und dem
Versicherer zwar die Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt, nicht jedoch die Ausübung seiner
beruflichen Tätigkeit trotz attestierter Arbeitsunfähigkeit angezeigt hat, Umstände
vorgetäuscht, die eine Leistungspflicht des Versicherers begründen, und sich so
Versicherungsleistungen erschlichen. Darin liegt ein erheblicher Vertrauensbruch, der dem
Vertrag die notwendige Vertrauensgrundlage entzieht und die Beklagte zur
außerordentlichen Kündigung berechtigt. Die Beklagte durfte im Hinblick auf das Ergebnis
der "Stichproben" des Ermittlers begründete Zweifel an der Redlichkeit des Klägers haben.
Das hierdurch vermittelte plausible Gefühl, nicht länger von einem vertrauensvollen
Miteinander ausgehen zu können, führt zu einer nicht behebbaren Störung der
Vertrauensgrundlage. Die Beklagte als Versicherer kann Täuschungen eines
Versicherungsnehmers, der, wie hier, selbständig ist, über seine tatsächliche
Arbeitsleistung in der Zeit der medizinisch attestierten Arbeitsunfähigkeit nur schwer
aufdecken. Regelmäßige Überprüfungen des Versicherungsnehmers, z.B. durch die
Einschaltung von Detektiven, sind in der Regel für beide Parteien unzumutbar. Der
Versicherer ist deshalb in besonderer Weise auf die Vertragstreue des
Versicherungsnehmers angewiesen. Kann er sich hierauf wegen festgestellter erheblicher
Unredlichkeiten nicht mehr verlassen, ist er zur außerordentlichen Kündigung berechtigt
(vgl. auch OLG Zweibrücken, aaO).
Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es nicht, denn ansonsten könnte ein
Versicherungsnehmer weitgehend risikolos immer einen erstmaligen Versuch, sich
Leistungen zu erschleichen, unternehmen (Senat, RuS 1994, S. 433 ff; OLG Zweibrücken,
aaO).
Die Kündigung war auch fristgerecht erklärt. Entscheidend ist, dass die Beklagte erst mit
Zugang des Abschlussberichtes des von ihr eingeschalteten Ermittlungsbüros eine
verlässliche Grundlage für die Prüfung einer außerordentlichen Kündigung erlangt hat; zu
einer früheren Kündigung gleichsam "auf Verdacht" war die Beklagte nicht verpflichtet. Da
der Beklagten der Abschlussbericht der Fa. E. vom 14.1.2004 (Bl. 63 ff d.A.) am
16.1.2004 zugegangen ist, ist die am 2.2.2004 erklärte Kündigung innerhalb
angemessener Frist erfolgt.
Dass sich das vertragswidrige und zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigende
Verhalten des Klägers durch ein von der Beklagten eingeschaltetes Ermittlungsbüro zu
Tage getreten ist, steht dem Kündigungsrecht der Beklagten nicht entgegen, § 242 BGB.
Denn es kann nicht festgestellt werden, dass der Ermittler den Kläger zum Vertragsbruch
verleitet hat. Hiervon könnte in Anlehnung an die in wettbewerbsrechtlichen Verfahren
entwickelten Grundsätze nur dann ausgegangen werden, wenn der von der Beklagten
eingeschaltete Ermittler es in erster Linie darauf abgesehen hätte, den Kläger
hereinzulegen, oder wenn er in den Bereich der Strafbarkeit reichende oder sonstige
besonders verwerfliche Mittel, zum Beispiel besondere Verführungskünste, angewandt
hätte, um diesen zu einem Tätigwerden zu verleiten, weil hiermit die Grenze der an sich
zulässigen und nicht zu beanstandenden Überprüfung überschritten wäre (BGH, Urt. vom
9. 11. 1988 - I ZR 230/86 - NJW-RR 1989, 426-427). Hiervon kann nach Lage der Dinge
jedoch nicht ausgegangen werden. Auf der Grundlage des sich darstellenden Sach- und
Streitstandes kann weder festgestellt werden, dass der Kläger nur widerstrebend und erst
in Folge intensiven Drängens des Ermittlers tätig geworden ist, noch liegen Anhaltspunkte
dafür vor, dass dieser verwerfliche Mittel eingesetzt hat. Vielmehr hat sich der Kläger
bereitwillig und ohne dass es besonderer Lockmittel bedurft hätte auf den "Kundenkontakt"
eingelassen, also aus freier Willensentschließung gehandelt. Dass das Ermittlungsergebnis
auf einem unmittelbaren Kontakt mit einem Ermittler beruht und nicht auf sonstige
Untersuchungen/Observationen der eingeschalteten Ermittlungsfirma zurückzuführen ist,
ist deshalb ohne Belang.
Somit ist der Krankentagegeldversicherungsvertrag durch die von der Beklagten
ausgesprochene außerordentliche Kündigung am 2.2.2004 wirksam beendet worden; die
auf Feststellung der Fortsetzung des Vertrages gerichtete Klage (Klage- und
Berufungsantrag 2 a.) hat keinen Erfolg.
(2)
Dass der Kläger in der Zeit vom 23. 10. 2003 bis 2.2.2004 bedingungsgemäß
arbeitsunfähig gewesen ist, kann nicht festgestellt werden. Bedingungsgemäße
Arbeitsunfähigkeit setzt, wie unter (1) ausgeführt, voraus, dass der Kläger in dem
genannten Zeitraum seinen Beruf in keiner Weise ausgeübt hat. Für die Tage 23.10.2003,
11.12.2003, 12.12.2003 und 18.12.2003 trifft dies nicht zu. Auch für die übrige, von dem
Klageantrag 1 a. erfasste Zeit bestehen daran erhebliche Zweifel (s.o.), die der Kläger
nicht ausgeräumt hat (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast Prölss, aaO, Rdnr. 10). Von
daher hat die Klage auch insoweit keinen Erfolg (Klage- und Berufungsantrag zu 1 a.)
(3)
Aus dem Umstand, dass die Beklagte den Krankentagegeldversicherungsvertrag durch
außerordentliche Kündigung wirksam beendet hat, folgt weiter, dass sie weder zu einer
Fortsetzung des Vertragsverhältnisses im Rahmen einer Anwartschaftsversicherung noch
zu weiteren Versicherungsleistungen für die Zeit ab 3.4.2004 verpflichtet ist (Klage- und
Berufungsanträge 2 a., b., Hilfsantrag zu 2 b.).
Soweit der Kläger die Beklagte auf Zahlung weiterer 1.728,17 Euro (Klage- und
Berufungsantrag zu 1 b.) - insoweit hat die Beklagte mit den ihr durch die Beauftragung
eines Detektivs entstandenen Ermittlungskosten in Höhe von 2.030,00 Euro gegen einen
Krankheitskostenanspruch des Klägers in vorgenannter Höhe aufgerechnet - sowie auf
Feststellung in Anspruch nimmt, dass er nicht verpflichtet ist, den nach Aufrechnung
verbleibenden Differenzbetrag an Ermittlungskosten in Höhe von 301,83 Euro zu erstatten
(Berufungsantrag zu 3.), hat die Klage gleichfalls keinen Erfolg. Dabei kann unentschieden
bleiben, ob im Hinblick auf den Klage- und Berufungsantrag zu 1 b. die mit dem
Berufungsantrag zu 3. erhobene Feststellungsklage überhaupt zulässig ist. Jedenfalls ist sie
unbegründet. Da die Beklagte von dem Kläger aus den die außerordentliche Kündigung
rechtfertigenden Gründen gemäß §§ 823 Abs. 2, 249 BGB, 263 Abs. 1, 22, 23 StGB die
Erstattung der aufgewendeten Ermittlungskosten beanspruchen kann (BAG, Urteil vom
17.9.1998, 8 AZR 5/97, NJW 1999, 308; vgl. auch BGH, NJW 1990, S. 2060, 2061), war
sie zur Aufrechnung gegenüber Ansprüchen des Klägers aus der
Krankheitskostenversicherung (Abrechnung vom 30.8.2004, Bl. 99 d.A.) berechtigt, so
dass dem Kläger auch hieraus weder weitere Leistungsansprüche erwachsen sind noch
sein Feststellungsbegehren begründet ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 3,5,9 ZPO. Für den Leistungsantrag zu 1 a. war ein
Betrag in Höhe von 8.334,19 Euro, für den Leistungsantrag zu 1 b. ein Betrag in Höhe von
1.728,17 Euro zu berücksichtigen. Für den Feststellungsantrag zu 2 a. war der Streitwert
mit dem 3 ½-fachen der Jahresprämie (3.167,02 EUR) zuzüglich 50 % der geltend
gemachten oder zumindest angekündigten Ansprüche auf Versicherungsleistungen in Höhe
von 2863,28 EUR (gemäß dem Hilfsantrag zu 2 b. 50 % von 5.726,56 EUR) festzusetzen
(BGH, Beschl. vom 10.10.2001, IV ZR 171/01, NversZ 2002, 21). Dem Leistungsantrag
zu 2 b. (Fortsetzung des Vertragsverhältnisses im Rahmen einer
Anwartschaftsversicherung) kommt demgegenüber eine streitwerterhöhende Bedeutung
nicht zu. Der Leistungsantrag zu 3. ist auf 301,83 EUR zu beziffern (vgl. Zöller- Herget,
ZPO, 25. Aufl., § 3, Rdnr. 16 „Feststellungsklagen“).
Die Revision war nicht zuzulassen; die nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO hierfür notwendigen
Voraussetzungen liegen nicht vor.