Urteil des OLG Saarbrücken vom 18.10.2006

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OLG Saarbrücken Urteil vom 18.10.2006, 1 U 670/05 - 229
Wettbewerbsverstoß: Irreführende Werbung mit einem prozentualen Preisnachlass auf das
gesamte Warensortiment
Leitsätze
Irreführende Werbung mit Preisnachlass auf das im wesentlichen generelle Sortiment.
Tenor
1. Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten und der Anschlussberufung des
Klägers gegen das am 15. November 2005 verkündete Urteil des Landgerichts
Saarbrücken – Az.: 7II O 53/05 – wird Ziffer 1. des Tenors des Urteils klarstellend wie folgt
gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken anzukündigen „20 % auf Alles, ausgenommen Tiernahrung“, wenn
auch für T.-Artikel, die über die Kasse der P.-Baumärkte zu bezahlen sind, der angekündigte
Rabatt nicht gewährt wird. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Nebenintervention der Streithelferin wird zurückgewiesen.
3. Mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die der
Streithelferin auferlegt werden, fallen die Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten
zur Last.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens und der Wert der durch diese Entscheidung
begründeten Beschwer der Beklagten werden auf 7.189,- EUR festgesetzt.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Der Kläger, ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2
UWG, nimmt die Beklagte, die an etlichen Standorten in Deutschland Bau- und
Heimwerkermärkte betreibt, auf Unterlassung aus seiner Sicht irreführender Werbung in
Anspruch.
Die Beklagte bewirbt von ihr zeitweilig durchgeführte Werbe- und Verkaufsaktionen mit
dem Spruch „20 % auf alles, ausgenommen Tiernahrung“. Auch im Rahmen der Aktionen
wird der Rabatt indes nicht auf Zigaretten und Produkte der Fa. T. gewährt, obwohl auch
diese Produkte in den Märkten der Beklagten erworben werden können. Die Beklagte bietet
die Artikel der Fa. T. in ihren Märkten in sog. Shop-in-the-Shops an, also auf kleineren
Flächen, die in mehrfacher Hinsicht optisch besonders gestaltet sind. Sie vertreibt die
Produkte aufgrund eines Agenturvertrags mit der Fa. T. als deren Agentin auf deren
Rechnung über ihre Kassen. Die Gewährung von Rabatten oder ähnlichen Vorteilen ist der
Beklagten nach dem Vertrag untersagt.
Der Kläger hält die Werbung für irreführend, weil entgegen der Ankündigung auf Zigaretten
und T.-Artikel kein Rabatt gewährt wird. Außerdem hat er behauptet, dass im September
2004 ein Kunde trotz laufender Aktion Laminat nicht mit dem angekündigten Rabatt habe
erwerben können. Deswegen nimmt er die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln
auf Unterlassung der Werbung in Anspruch, wenn auch für weitere Verkaufsartikel als
Tiernahrung, die über die Kasse der Märkte der Beklagten zu bezahlen sind, der
angekündigte Rabatt nicht gewährt wird oder gewährt werden kann. Außerdem fordert er
den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 189,- EUR.
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im übrigen antragsgemäß zur
Unterlassung verurteilt, von der Anordnung indes Zigaretten ausgenommen. Außerdem hat
es der Beklagten Ordnungsmittel für den Fall der Zuwiderhandlung angedroht und sie zur
Zahlung von 189,- EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 14. Mai 2005 verurteilt. Die Kosten des Rechtsstreits hat es zu 2/3
dem Kläger und zu 1/3 der Beklagten auferlegt. Es hat eine Irreführung der
angesprochenen Verkehrskreise durch die Werbung hinsichtlich der T.-Artikel, nicht aber
hinsichtlich der Zigaretten angenommen. Ein auf den Verkauf des Laminats gestützter
Anspruch des Klägers sei verjährt.
Gegen das ihr am 18. November 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz
vom 6. Dezember 2005 am 7. Dezember 2005 Berufung eingelegt, die sie nach
entsprechender Verlängerung der Frist zur Begründung am 20. Februar 2006 begründet
hat. Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2006 ist die Fa. T. am 4. Mai 2006 dem Rechtsstreit auf
Seiten der Beklagten beigetreten.
Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Beitritt der Nebenintervenientin
zurückzuweisen.
Dem Kläger ist das Urteil am 22. November 2005 zugestellt worden. Ihm ist eine Frist zur
Berufungserwiderung bis zum 23. März 2006 gesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 3. März
2006 hat er am 10. März 2006 Anschlussberufung eingelegt, die er sogleich begründet hat
und die sich gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts richtet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts im Kostenausspruch dahin abzuändern,
dass der Beklagten die Kosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits
insgesamt auferlegt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Im übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie auf die
Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.
B.
I.
Die Berufung ist gem. §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist aber nicht
begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§
546 ZPO) noch rechtfertigen die gem. § 529 ZPO der Entscheidung des Senats zugrunde
zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Das Landgericht hat die
Beklagte zu Recht zur Unterlassung der angegriffenen Werbung verurteilt, solange der
angekündigte Rabatt nicht auch auf über die Kasse zu zahlende T.-Artikel gewährt wird
(dazu unter 1.), und ihr für den Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsmittel angedroht (§ 890
ZPO). Der Senat hielt es allerdings für angezeigt, den Tenor des Urteils des Landgerichts
insoweit ohne inhaltliche Änderung klarer zu fassen (2.). Die Abmahnkosten stehen dem
Kläger gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu. Die Zinsforderung dazu ergibt sich aus §§ 288
Abs. 1, 291 BGB; durch die Zustellung der Klage am 13. Mai 2005 ist die Forderung
rechts-hängig geworden (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO).
1. Der dem Kläger zuerkannte Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1 Satz 1
UWG. Danach kann derjenige, der § 3 UWG zuwiderhandelt, bei Wiederholungsgefahr auf
Unterlassung in Anspruch genommen werden. § 3 UWG bestimmt das Verbot unlauteren
Wettbewerbs. Unlauter im Sinne von § 3 UWG handelt namentlich, wer irreführend wirbt (§
5 Abs. 1 UWG). Die angegriffene Werbung der Beklagten ist irreführend, wie das
Landgericht zu Recht entschieden hat. Dabei steht im Berufungsverfahren nur noch in
Frage, ob die Irreführung daraus folgt, dass entgegen der allgemeinen Ankündigung des
Preisnachlasses über die Kassen der Märkte zu bezahlende T.-Artikel nicht billiger verkauft
werden. Der Kläger hat sein Unterlassungsbegehren im erstinstanzlichen Verfahren zwar
auch darauf gestützt, dass der Preisnachlass allgemein nicht auf Zigaretten gewährt werde
und in einem Einzelfall auch nicht auf Laminat gewährt worden sei. Insoweit hat das
Landgericht die Klage indes abgewiesen, weil es an einer Irreführung fehle bzw. der
Anspruch des Klägers verjährt sei. Das hat der Kläger hingenommen, seine
Anschlussberufung richtet sich nur gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts.
a) Die Werbung der Beklagten, die nach ihren unbestrittenen Angaben über das Fernsehen,
den Hörfunk und verschiedene Printmedien verbreitet wird, richtet sich ersichtlich an das
allgemeine Publikum. Ob sie irreführend ist, beurteilt sich deshalb nach dem Verständnis
eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, der die Werbung mit
einer der Situation entsprechenden angemessenen Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt
(BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003, I ZR 252/01, NJW 2004, 439 = GRUR 2004, 162,
Mindestverzinsung, unter II. 1.; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003, I ZR 150/01, BGHZ 156,
250 = NJW 2004, 1163 = GRUR 2004, 244, Marktführerschaft, unter II. 1., jew. m.
Nachw.). Das kann der Richter, der in diesem Fall zu den angesprochenen Verkehrskreisen
zählt, im allgemeinen aus eigener Sachkunde entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober
2003, I ZR 150/01, a. a. O., unter II. 2. b). Danach hat das Landgericht die beanstandete
Werbung hier auch aus Sicht des Senats zu Recht für irreführend erachtet (aa). Das wird
durch das von der Streithelferin eingeholte und vorgelegte Gutachten, auf das sich auch die
Beklagte bezogen hat, nicht in Zweifel gezogen (bb). Soweit es auf eine bestimmte sog.
Irreführungsquote im vorliegenden Fall überhaupt ankommen sollte, ist diese jedenfalls
erreicht (cc).
aa) Der durchschnittliche Verbraucher muss der Werbung entnehmen, dass alles, was er in
den Märkten der Beklagten – jedenfalls über die Kasse – kaufen kann, während der Aktion
20 % billiger ist als sonst (außer Tiernahrung, soweit er diese Einschränkung, um die es
hier nicht geht, bei situationsadäquater Aufmerksamkeit bemerkt). Denn die Preissenkung
wird – abgesehen von der hier nicht interessierenden Tiernahrung – eben gerade
einschränkungslos angekündigt. Die Annahme des durchschnittlichen Verbrauchers ist indes
falsch. T.-Artikel, die er in den Märkten erwerben kann, werden nämlich nicht 20 % billiger
angeboten.
Zu Unrecht macht die Beklagte demgegenüber geltend, dass sich ihre Werbung nur an
Baumarktkunden richte, diese aber ohnehin in den Märkten keine T.-Artikel erwarteten,
eine solche Erwartung allenfalls ihre Kunden, denen der Verkauf auch von T.-Artikeln
bekannt sei, haben könnten, diese Kunden dann aber auch wüssten, dass sich die
Preissenkung auf die besonders angebotenen T.-Artikel nicht beziehe. Richtig ist zwar, dass
sich der durchschnittliche Verbraucher kaum aufgrund der Werbung in die Märkte der
Beklagten begeben wird, um dort gerade T.-Artikel günstiger zu erwerben. Er wird sich
vielmehr, wenn er mit der Werbung konfrontiert wird, gar keine konkreten Vorstellungen
über das in den Märkten der Beklagten im einzelnen angebotene Warensortiment machen,
wie der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen kann. Das ist aber auch nicht der
entscheidende Gesichtspunkt. Maßgeblich ist, dass beim durchschnittlichen Verbraucher
aufgrund der Werbung die Erwartung geweckt wird, während der Aktionen alle in den
Märkten angebotenen Produkte preisgünstiger erwerben zu können, er diese Erwartung
zum Anlass nehmen kann, die Märkte aufzusuchen, um sich dort einen Überblick über die
Produktpalette zu verschaffen und wegen des besonderen Angebots Käufe zu tätigen, die
Erwartung dann aber hinsichtlich der T.-Artikel enttäuscht wird. Bei dieser Sachlage schiede
eine Irreführung nur dann aus, wenn für den durchschnittlichen Verbraucher bei
Kenntnisnahme von der Werbung ohne weiteres erkennbar wäre, dass sich die Aktion auf
bestimmte Produkte nicht bezieht, etwa weil deren Angebot offensichtlich nicht zu
erwarten war oder weil ein Preisnachlass wegen verbindlicher Preisvorgaben offenkundig
nicht in Betracht kam. Beides ist hier hinsichtlich der in Frage stehenden T.-Artikel nicht
anzunehmen. Die Produktpalette eines Bau- und Heimwerkermarktes lässt sich nicht so
klar abgrenzen, dass ein Verbraucher davon ausgehen muss, dort keine T.-Artikel
vorzufinden; die Werbung richtet sich auch keineswegs gezielt an Baumarktkunden,
sondern eben an Kunden der Beklagten und solche Personen, die das werden wollen oder
sollen; der durchschnittliche Verbraucher wird nicht sofort (fälschlich) annehmen, dass er
T.-Artikel gerade bei der Beklagten auf keinen Fall kaufen kann, auch wenn ihm bekannt ist,
dass es sich bei den Märkten der Beklagten eigentlich um Bau- und Heimwerkermärkte
handelt. Für den durchschnittlichen Verbraucher werden auch die Preisvorgaben der Fa. T.,
die einen Preisnachlass seitens der Beklagten ausschließen, nicht offenkundig sein, wie das
Landgericht zu Recht ausgeführt hat. Ihm ist das Vertriebssystem der Fa. T. nicht in seinen
Einzelheiten bekannt. Allein das Vorhalten der Artikel in besonderen Verkaufsflächen (Shop-
in-the-shops) verdeutlicht ihm nicht, dass es sich um ein Drittsortiment handelt, auf dessen
Preisgestaltung der Marktbetreiber keinen Einfluss hat und für das deshalb ein vom
Marktbetreiber allgemein gewährter Preisnachlass offensichtlich nicht gilt.
bb) Die aufgrund eigener Sachkunde des Landgerichts und des Senats getroffene
Feststellung, dass die Werbung den durchschnittlichen Verbraucher irreführt, weil T.-Artikel
entgegen der allgemeinen Ankündigung während der Aktionen nicht 20 % billiger sind, wird
durch das Gutachten der Fa. I. GmbH vom 8. März 2006 (Bl. 193 ff. d. A.) nicht in Zweifel
gezogen. Der Senat sieht deshalb auch keinen Anlass, selbst ein
Sachverständigengutachten zur Frage der Irreführung einzuholen. Dem Gutachten zufolge
erwarteten knapp 50 % der (1.000) Befragten aufgrund der Werbung auch einen
Preisnachlass auf T.-Artikel. 31,9 % der Befragten gaben nämlich an, den Rabatt auf alle
Waren zu erwarten (Antworten auf Frage 2, Bl. 203 d. A.), und 31,3 % der 54,4 % der
Befragten, die annahmen, dass bestimmte Waren nicht rabattiert sind – mithin 17,03 %
aller Befragten (31,3 % von 54,4) –, ging gleichwohl davon aus, gerade auf T.-Artikel den
Nachlass zu erhalten (Antworten auf Fragen 2 und 3, Bl. 203, 204 d. A.). Damit gibt das
Ergebnis der Meinungsumfrage zwar Hinweise darauf, dass der durchschnittliche
Verbraucher annimmt, dass entgegen der allgemeinen Ankündigung nicht alle Produkte
rabattiert werden; denn 54,4 % der Befragten gaben auf die Frage 2 ihre Erwartung an,
dass auf bestimmte Waren kein Preisnachlass gewährt werde. Gerade hinsichtlich der T.-
Artikel erwarteten aber 48,93 % der Befragten (31,9 + 17,03) den angekündigten
Preisnachlass. Bei dieser Sachlage stützt das Gutachten im Ergebnis eher die Einschätzung
des Landgerichts und des Senats, als dass es sie in Zweifel zieht. Nur gut ein Drittel der
Befragten (37,37 %, nämlich 68,7 % von 54,4) erwarteten den angekündigten
Preisnachlass nicht auch auf T.-Artikel, während knapp die Hälfte der Befragten von einem
Preisnachlass auf T.-Artikel ausging (der Rest konnte dazu keine Angaben machen).
Danach ist wenigstens die Einschätzung gerechtfertigt, dass der durchschnittliche
Verbraucher jedenfalls die in Frage stehenden T.-Artikel nicht von dem allgemein
angekündigtem Preisnachlass ausnimmt.
cc) In der früheren Rechtsprechung wurde für die Beurteilung der Irreführung nicht auf das
Verständnis des durchschnittlichen Verbrauchers, sondern auf das Verständnis eines nicht
völlig unbeachtlichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise abgestellt, was das
Aufstellen einer gewissen Irreführungsquote bedingte, die für den Normalfall bei 10 bis 15
% lag (vgl. Hefermehl/Köhler/ , Rdnr. 2.104 zu § 5 UWG m. Nachw.). Ist das
Verständnis des Durchschnittsverbrauchers maßgeblich, bedarf es einer solchen
Quotenbildung an sich nicht, weil schon das Abstellen auf den durchschnittlichen
Verbraucher mit sich bringt, dass eine Irreführung nicht schon dann anzunehmen ist, wenn
nur ein untergeordneter Teil des angesprochenen Verkehrskreises die Werbung falsch
versteht (vgl. Gloy/Loschelder-Helm, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 53
Rdnr. 34). Das gilt nur dann nicht, wenn der angesprochene Verkehrskreis aus mehreren
Durchschnittsgruppen besteht (vgl. die der Entscheidung des BGH vom 2. Oktober 2003, I
ZR 252/01, a. a. O., zugrunde liegende Fallgestaltung, wo die Werbung wirtschaftlich
denkende Kapitalanleger und Kleinanleger ansprach), was hier nicht der Fall ist. Ob es
danach hier überhaupt auf die Feststellung einer bestimmten Irreführungsquote ankommt,
bedarf aber letztlich keiner Entscheidung. Der Senat hält im Anschluss an
Hefermehl/Köhler/ , Rdnr. 2.106 zu § 5 UWG, im Regelfall eine Quote von
einem Viertel bis einem Drittel des angesprochenen Verkehrskreises für aus-reichend. Er
hat keinen Zweifel daran, dass diese Quote hier erreicht wird. Selbst nach dem Ergebnis
der Meinungsumfrage gingen knapp 50 % der Befragten aufgrund der Werbung davon aus,
dass ihnen auch auf T.-Artikel der in Aussicht gestellte Preisnachlass gewährt wird (s. o.
bb).
b) Die irreführende Werbung ist auch von wettbewerbsrechtlicher Relevanz, nämlich
geeignet, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinflussen (§ 3 UWG), wobei
insbesondere die Bedeutung der Werbung für und ihr Einfluss auf die Kaufentscheidung von
Bedeutung ist (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG).
Der Preis einer Ware ist das zentrale Instrument des Wettbewerbs, irreführende Angaben
zu Preisen sind deshalb grundsätzlich von wettbewerbsrechtlicher Relevanz (vgl.
Hefermehl/Köhler/ , Rdnr. 7.1 f. zu § 5 UWG; Gloy/Loschelder-Helm, a. a. O., §
58 Rdnr. 1). Von diesem Grundsatz hier abzugehen, besteht kein Anlass. Unabhängig
davon, dass die T.-Artikel nur einen geringen Bruchteil der rabattierten Ware ausmachen,
ist die nicht vollends zutreffende Werbung mit einem Sonderpreis auf alle Produkte (außer
Tiernahrung) von erheblicher Bedeutung für den Kaufentschluss der Kunden der Beklagten.
Sie werden nämlich dadurch in besonderer Weise veranlasst, die Märkte der Beklagten
aufzusuchen, um dort sodann einzukaufen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass
der Meinungsumfrage zufolge nur ein geringer Teil der Verbraucher vom Kauf absehen
würde, wenn sich im Markt herausstellt, dass T.-Artikel von der Rabatt-Aktion
ausgenommen sind (12 % der Befragten, siehe die Antworten auf Frage 4, Bl. 205 d. A.).
Das spricht nämlich nicht dagegen, sondern eher dafür, dass die Kunden die zu allgemein
gehaltene Werbung zum Anlass nehmen, die Märkte der Beklagten aufzusuchen, und dort
dann sogar unabhängig von der tatsächlichen Gewährung des Preisnachlasses einkaufen.
c) Die Untersagung der Werbung ist auch nicht unverhältnismäßig. Zwar steht auch das
Irreführungsverbot unter dem Vorbehalt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes; nur im
Ausnahmefall ist aber das Interesse des Werbetreibenden an der Weiterverwendung
irreführender Angaben schutzwürdig und überwiegt das Schutzbedürfnis der Allgemeinheit
und die individuellen Interessen der Mitbewerber (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2002, I
ZR 276/99, GRUR 2002, 628, Klosterbrauerei, unter II. 4. b aa; Hefermehl/Köhler/
, Rdnr. 2.198 zu § 5 UWG). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die
Werbung ist nicht objektiv zutreffend und es fehlt auch an einem wertvollen,
überkommenen Besitzstand der Beklagten (vgl. zu diesen Fallgruppen BGH, Urteil vom 7.
November 2002, a. a. O., unter II. 4. b; Hefermehl/ Köhler/ , Rdnr. 2.202 f.,
2.207 zu § 5 UWG). Warum die Untersagung der Werbung für den Fall der
Nichtrabattierung auch der T.-Artikel im übrigen unverhältnismäßig sein könnte, ist nicht
ersichtlich.
d) Dem Anspruch steht nicht etwa entgegen, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag
nunmehr durch Plakate bei den T.-Shops in ihren Märkten darauf hinweist, dass die T.-
Artikel nicht rabattierfähig sind. Dadurch ist die Wiederholungsgefahr keineswegs entfallen.
Sie entfällt in aller Regel nur bei Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (vgl.
etwa BGH, Urteil vom 7. Oktober 1982, I ZR 120/80, NJW 1983, 941 = GRUR 1983, 127,
unter II. 2. c). Im übrigen ist der Hinweis bei den Verkaufsflächen nicht geeignet, den
Verbraucher bei Kenntnisnahme der Werbung darüber zu unterrichten, dass der
Preisnachlass nicht auf T.-Artikel gewährt wird.
2. Lediglich zur Klarstellung hat der Senat den Tenor des angefochtenen Urteils zur
Untersagung der Werbung (Nr. 1) entsprechend der Anregung der Beklagten umformuliert.
Während das Landgericht die Beklagte zur Unterlassung der Werbung allgemein für den Fall
verurteilt hat, dass auf „weitere Verkaufsartikel“ als Tiernahrung der Rabatt nicht gewährt
wird, bezieht sich der Tenor in der Fassung, die ihr der Senat gegeben hat, konkret auf den
Fall, dass auf T.-Artikel der Rabatt nicht gewährt wird. Dadurch soll bereits im Tenor
unmissverständlich zum Ausdruck kommen, dass dem Kläger nicht mehr zugesprochen
wird, als er begehrt hat (§ 308 Abs. 1 ZPO). Zwar entspricht die Tenorierung des
Landgerichts dem Klageantrag. Der Streitgegenstand einer Unterlassungsklage bestimmt
sich indes nicht nur nach dem Klageantrag, sondern auch nach dem dazu vorgetragenen
Lebenssachverhalt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 2000, I ZR 269/97, NJW 2001, 1791 =
GRUR 2001, 181, unter II. 2. a aa; BGH, Urteil vom 5. April 1995, I ZR 67/93, NJW 1995,
2170 = GRUR 1995, 518, unter II. 3.; BGH, Urteil vom 11. Juni 1992, I ZR 226/90, NJW
1992, 2969 = GRUR 1992, 625, unter II. 3.; BGH, Urteil vom 2. April 1992, I ZR 146/90,
NJW-RR 1992, 1069 = GRUR 1992, 552, unter III.). Der Kläger hat die Irreführung aus drei
Umständen hergeleitet, nämlich der unterbliebenen Gewährung des Preisnachlasses auf T.-
Artikel, Zigaretten und in einem Fall auf Laminat. Damit hat er die Überprüfung der
Irreführung auf diese drei Punkte beschränkt, aus seinem Vortrag ergibt sich auch nicht,
dass er sein Unterlassungsbegehren, eventuell wegen weiter drohender
Zuwiderhandlungen hinsichtlich anderer Artikel (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG), über diese
Punkte hinaus allgemein zur Überprüfung stellen wollte. Davon ist ersichtlich auch das
Landgericht ausgegangen, so dass die Umformulierung lediglich zur Klarstellung erfolgt. Es
hat seine Prüfung ausdrücklich auf drei Beanstandungen erstreckt, dem Kläger
entsprechend der Entscheidung zu den drei Punkten 2/3 der Kosten auferlegt, Zigaretten
ausdrücklich von der Unterlassungsanordnung ausgenommen und die Klage im übrigen
abgewiesen.
II.
1. Die Anschlussberufung ist gem. §§ 524, 519, 520 ZPO zulässig. Dass sie sich nur gegen
die Kostenentscheidung richtet, die ohnehin von Amts wegen zu überprüfen ist (§ 308 Abs.
2 ZPO), steht ihrer Zulässigkeit nicht entgegen (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, Rdnr. 17 zu
§ 524 ZPO; Zöller/Gummer/Heßler, Rdnr. 25 zu § 524 ZPO).
2. Die Anschlussberufung ist aber nicht begründet. Die Kostenentscheidung des
Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Wie bereits ausgeführt (s. o. I. 2.) war
Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens das auf drei Gründe gestützte
Unterlassungsbegehren des Klägers. Hinsichtlich zweier der drei Gründe unterlag der
Kläger, so dass die Kosten gem. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen waren.
Dem Kläger dabei 2/3 der Kosten aufzuerlegen, lag nahe.
C.
Auf den Antrag des Klägers war die Nebenintervention gem. § 71 ZPO zurückzuweisen.
Das kann mit der Entscheidung über die Berufung geschehen (vgl. BGH, Urteil vom 11.
Februar 1982, III ZR 184/80, NJW 1982, 2070, unter 1.). Die Voraussetzungen für eine
Nebenintervention der Streithelferin liegen nicht vor. Gem. § 66 Abs. 1 ZPO kann derjenige,
der ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen
anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, dieser Partei zum Zwecke ihrer
Unterstützung beitreten. Erforderlich ist mit anderen Worten, dass der Nebenintervenient
zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem
Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits unmittelbar oder auch
nur mittelbar rechtlich einwirkt; der Begriff des rechtlichen Interesses ist zwar weit
auszulegen, ein bloß wirtschaftliches oder sonst tatsächliches Interesse reicht aber nicht
aus (BGH, Beschluss vom 24. April 2006, II ZB 16/05, ZIP 2006, 1218 = WM 2006,
1252, unter II. m. Nachw.).
I.
Die Streithelferin hat sich darauf berufen, dass die Beklagte aufgrund der Untersagung der
Werbung während der Dauer der Sonderaktionen die Sonderstände mit ihren Artikeln mit
Folie verhänge, um so den Verkauf der Artikel zu stoppen, wodurch ihr pro Aktionszeitraum
ein Verlust von mehr als 200.000,- EUR entstehe. Das begründet sicherlich ein starkes
Interesse an der Abweisung des Unterlassungsantrags. Dieses Interesse ist aber rein
wirtschaftlicher Art. Zwar steht die Streithelferin mit der von ihr unterstützten Beklagten in
einem Rechtsverhältnis, nämlich dem Agenturvertrag. Auf dieses Rechtsverhältnis wirkt die
Entscheidung des Rechtsstreits aber nicht rechtlich ein. Die sich aus dem Vertrag
ergebenden Rechte und Pflichten der Vertragsparteien ändern sich durch die Entscheidung
des Rechtsstreits nicht. Dass die Beklagte die Untersagung der Werbung zum Anlass
nimmt, den Verkauf von Artikeln der Streithelferin während der Aktionen zu stoppen, ist
eine Reaktion auf die Entscheidung, die nicht rechtlich vorgegeben ist.
II.
Das rechtliche Interesse ergibt sich auch nicht daraus, dass die Streithelferin als
Teilnehmerin an dem Wettbewerbsverstoß der Beklagten oder als Störerin für die
irreführende Werbung der Beklagten verantwortlich gemacht werden kann. Die
Streithelferin kann nämlich für die Werbung der Beklagten nicht verantwortlich gemacht
werden.
1. Die Streithelferin ist nicht als Gehilfin Mittäterin am Wettbewerbsverstoß der Beklagten
(§ 830 Abs. 2 BGB). Dazu müsste sie vorsätzlich an der irreführenden Werbung mitgewirkt
haben. Das ist indes nicht der Fall.
2. Als Störer haftet entsprechend § 1004 BGB, wer willentlich und adäquat kausal zu einer
verbotenen Wettbewerbshandlung beiträgt (BGH, Urteil vom 17. Mai 2001, I ZR 251/91,
BGHZ 148, 13 = NJW 2001, 3265, ambiente.de, unter II. 1.; BGH, Urteil vom 18. Oktober
2001, I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, Meißner Dekor, unter II. 1.). Auch an einem solchen
Beitrag der Streithelferin an der irreführenden Werbung der Beklagten fehlt es. Sie hat die
Werbung der Beklagten in keiner Weise beeinflusst und kann dies auch rechtlich nicht. Allein
aus der Preisbindung, der sie die Beklagte unterworfen hat, folgt nicht, dass sie eine
irreführende Werbung der Beklagten willentlich und adäquat kausal ermöglicht hat.
D.
Die Kosten der Nebenintervention hat die Streithelferin zu tragen, weil ihr Beitritt
zurückgewiesen wurde (vgl. Zöller/Vollkommer, Rdnr. 7 zu § 71 ZPO; Hüßtege in
Thomas/Putzo, Rdnr. 6 zu § 71 ZPO). Im übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 97
Abs. 1 ZPO; obwohl die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen wurde, hat er
nicht (gem. § 92 ZPO) einen Teil der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, weil sich
die Anschlussberufung auf die Kostenentscheidung beschränkte und deshalb auf den
Streitwert keinen Einfluss hatte (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1992, a. a. O., unter II. 3.).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713
ZPO. Für die Streitwertfestsetzung (§ 63 Abs. 2 GG) waren folgende Erwägungen
maßgeblich: Das Landgericht hat den Streitwert des Unterlassungsbegehrens auf die
übereinstimmenden Angaben der Parteien mit 20.000,- EUR bemessen. Das erscheint
auch dem Senat sachgerecht. Zu berücksichtigen war aber, dass der Streitgegenstand des
erstinstanzlichen Verfahrens nur zu etwa ein Drittel in das Berufungsverfahren gelangte (s.
o. B. I. 2.). Deswegen war der Streitwert des Unterlassungsbegehrens für das
Berufungsverfahren nur mit gut einem Drittel des erstinstanzlichen Wertes (7.000,- EUR)
anzusetzen. Dem waren die Abmahnkosten hinzuzurechnen. Die Revision war mangels
Vorliegen der Voraussetzungen (vgl. § 543 ZPO) nicht zuzulassen.