Urteil des OLG Oldenburg vom 22.07.1994

OLG Oldenburg: anklageschrift, richterrecht, höchststrafe, fortsetzungszusammenhang, verfahrensrecht, betrug, bestrafung, schöffengericht, handelsvertreter, datum

Gericht:
OLG Oldenburg, unbekannt
Typ, AZ:
Beschluß, SS 266/94
Datum:
22.07.1994
Sachgebiet:
Normen:
STGB § 54, STPO § 265, STPO § 200, STGB § 52
Leitsatz:
Die Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs ist bei der Bestrafung wegen Betruges in der Regel
nicht mehr möglich.
Volltext:
Das Amtsgericht - Schöffengericht - hat dem Angeklagten ent-
sprechend der gegen ihn erhobenen Anklage wegen fortgesetzten Be-
truges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei
Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Landgericht hat seine
Berufung durch das angefochtene Urteil mit der Maßgabe verworfen,
daß es ihn wegen (fortgesetzten) Betruges zu einer Gesamt-
freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt hat. Die Revision des
Angeklagten hat mit der Sachrüge insoweit Erfolg, als die Sache
zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen war.
Nach den getroffenen Feststellungen warb der Angeklagte mit der
Einstellung von Mitarbeitern als Handelsvertreter nach
vorangegangener, von ihm gegen Entgelt vorzunehmender Schulung,
ohne ernsthaft eine Schulung und spätere Tätigkeit anbieten
zu können. In einer Vielzahl von Fällen gelang es ihm, die
Schulungsgebühren zu erhalten. Das Landgericht hat darin einen
fortgesetzten Betrug gesehen.
Nach neuerer Rechtsprechung zum Fortsetzungszusammenhang ist diese
Annahme rechtlich nicht mehr haltbar. Die Verbindung mehrerer
Verhaltensweisen zu einer fortgesetzten Handlung setzt danach
voraus, daß dies, was am Straftatbestand zu messen ist, zur
sachgerechten Erfassung des verwirklichten Unrechts und der
Schuld unumgänglich ist. Dieses als ergänzendes - nicht als
Gewohnheitsrecht erstarkte - Richterrecht kann beim Tatbestand
des § 263 StGB in der Regel keine Anwendung finden (BGH, NJW 1994,
1663 ff.).
So liegt der Fall hier. Auch wenn die Höchststrafe der fortge-
setzten Handlung in der Regel niederiger ist als die sich bei
Tatmehrheit aus § 54 Abs. 2 StGB ergebende Obergrenze, kann nicht
ausgeschlossen werden, daß das Tatgericht bei Verneinung eines
Fortsetzungszusammenhangs zu einer anderen Gesamturteilung
gelangt wäre.
Die vorliegende Anklageschrift genügt allerdings verfahrensrecht-
lichen Anforderungen, weil sie die Einzelakte derart beschreibt,
daß diese hinreichend konkretisierbar sind (vgl. Hamm, "Das Ende
der fortgesetzten Handlung". NJW 1994, 1636, 1637). Der Angeklagte
wird gemäß § 265 StPO darauf hingewiesen daß er entsprechend den
in der Anklageschrift aufgeführten Einzelfällen wegen tatmehrheit-
lich begangenen Betruges verurteilt werden kann.