Urteil des OLG Köln vom 15.12.2010

OLG Köln (körperverletzung, stgb, stpo, beschwerde, begründung, schuldspruch, rechtsanwendung, werkzeug, rechtsmittel, behauptung)

Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 815/10
Datum:
15.12.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 815/10
Leitsätze:
Das Rechtsmittel des Nebenklägers ist nicht zulässig, wenn ein
Schuldspruch wegen eines Qualifikationstatbestandes statt des
Grunddelikts erstrebt wird, für den keine Anhaltspunkte dargelegt
werden ( hier : Tritt mit einem Birkenstock-Hausschuh)
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Nebenklägers verworfen.
Gründe:
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I.
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Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts A. vom 03.08.2010 wegen
vorsätzlicher Körperverletzung gem. § 223 StGB zum Nachteil des Nebenklägers zu
einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Er hatte den Nebenkläger, mit
dem er seinerzeit gemeinsam in der Justizvollzugsanstalt in der Sicherungsverwahrung
untergebracht war, im Verlauf einer Auseinandersetzung durch einen Schlag und durch
Fußtritte im Gesicht verletzt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen. Zu
einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung – wie von der
Staatsanwaltschaft und dem Nebenkläger beantragt – ist das Amtsgericht nicht gelangt
mit der Begründung, der von dem Angeklagten getragene Birkenstock-Hausschuh sei
nicht als gefährliches Werkzeug eingesetzt worden.
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Gegen das Urteil hat der Nebenkläger Berufung eingelegt mit der Begründung, das
Amtsgericht habe sich über die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Tatbestand der
gefährlichen Körperverletzung hinweggesetzt. Mit der Berufung werde eine
entsprechende Änderung des Schuldspruchs erstrebt. Das Landgericht hat die Berufung
als unzulässig verworfen, weil es zur Begründung eines zulässigen Nebenklageziels
erforderlich sei, dass der erstrebte Schuldspruch - hier : wegen gefährlicher
Körperverletzung – nicht völlig fernliege. Das sei hier nach dem Akteninhalt und den
Feststellungen im angefochtenen Urteil aber der Fall.
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Gegen den Beschluß vom 19.11.2010 hat der Nebenkläger mit Anwaltsschriftsatz vom
25.11.2010 sofortige Beschwerde eingelegt. Die darin angekündigte Begründung des
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Rechtsmittels ist nicht eingegangen.
II.
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Die sofortige Beschwerde ist nach § 322 Abs. 2 StPO zulässig, hat jedoch in der Sache
keinen Erfolg.
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Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Berufung des Nebenklägers als
unzulässig angesehen.
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Es entspricht zwar allgemeiner Auffassung, dass das Rechtsmittel des Nebenklägers
gem. § 400 Abs. 1 StPO zulässig ist, wenn ein Schuldspruch wegen eines
Qualifikationstatbestandes statt des Grunddelikts erstrebt wird (BGH NStZ 2001,420;
Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 400 Randz. 3; KK-Senge, StPO, 6. Aufl., § 400 Randz.
1a). Die in § 224 StGB normierten Begehungsweisen der gefährlichen Körperverletzung
stellen gegenüber der einfachen Körperverletzung gem. § 223 StGB
Qualifikationstatbestände dar.
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Sofern der Angeklagte wegen eines Nebenklagedelikts verurteilt worden ist, wie das
hier geschehen ist, muß - mit einer ansonsten an sich nicht erforderlichen
Berufungsbegründung - aber ein Anhalt für die Annahme unrichtiger Rechtsanwendung
dargetan werden. Eine nicht näher begründete Berufung ist in der Regel unzulässig
(OLG Düsseldorf NStZ 94, 507; OLG Jena NStZ-RR 07, 209; Meyer-Goßner a.a.O.,
Randz. 5; KK-Senge a.a.O., Randz. 1a).
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An einer diesen Anforderungen genügenden Berufungsbegründung – die auch mit der
sofortigen Beschwerde nicht nachgeholt worden ist – fehlt es. Die pauschale
Behauptung, das Amtsgericht habe sich über die höchstrichterliche Rechtsprechung
zum Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung hinweggesetzt, erlaubt nicht die
rechtliche Prüfung der Zulässigkeit der Berufung. Der beschuhte Fuß ist nach ständiger
Rechtsprechung in der Regel nur als gefährliches Werkzeug anzusehen, wenn es sich
um festes, schweres Schuhwerk handelt ( vgl statt aller : Fischer, StGB, 58. Aufl., § 224
Randz. 9 c m.w.N.). Das trifft auf die von dem Angeklagten getragenen Birkenstock–
Hausschuhe erkennbar nicht zu. Soweit von der Rechtsprechung in anderen Fällen
auch auf den konkret gefährlichen Einsatz abgestellt wird – etwa besonders wuchtige
Tritte ins Gesicht mit der Gefahr erheblicher Verletzungen – ist auch unter diesem
Gesichtspunkt für eine unrichtige Rechtsanwendung im angefochtenen Urteil nicht
genügend ersichtlich. Das Amtsgericht ist nämlich zugunsten des Angeklagten davon
ausgegangen, dass die Verletzungen – ein Riß an der Ohrmuschel sowie ein
großflächiges Hämatom im Lippenbereich – bereits durch den von der Intensität her
deutlich stärkeren Schlag ins Gesicht verursacht worden sind. Aufgrund welcher
Umstände das Berufungsgericht zu einer anderen Bewertung des Sachverhalts
kommen könnte, hat der Nebenkläger nicht dargetan.
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