Urteil des OLG Köln vom 19.09.1995

OLG Köln (kläger, eintritt des versicherungsfalles, unterschrift, zeuge, bundesrepublik deutschland, schwager, vernehmung, einbruchdiebstahl, wahrscheinlichkeit, polizei)

Oberlandesgericht Köln, 9 U 77/94
Datum:
19.09.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 77/94
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 O 554/87
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 07.07.1993 verkündete Urteil
der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 554/87 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 15.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien wird gestattet, Sicherheit auch in Form einer
selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank,
öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten.
Tatbestand:
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten Entschädigung aus einer bei ihr für die
Einrichtung seines ehemaligen Fitneß-Studios abgeschlossenen Einbruch-
Diebstahlversicherung, der die AERB zugrunde liegen.
2
Am 10.02.1986 zeigte der Kläger bei der Polizei in H. an, daß unbekannte Täter über
das Flachdach in sein Fitneß-Studio eingebrochen seien und dort die Musikanlage
gestohlen hätten. Die polizeilichen Ermittlungen am Tatort ergaben, daß bei einem auf
dem Flachdach des Gebäudes befindlichen Glaskuppelfenster die Halterung
aufgerissen worden war und sich die Täter durch dieses Fenster in die Halle des
Studios hinunter gelassen hatten. Die Schadenshöhe wurde in der Strafanzeige mit ca.
2.000,00 DM angegeben.
3
Mit Schreiben vom 17.02.1986 reichte der Kläger bei der Polizei ein Verzeichnis der
abhanden gekommenen Musikgeräte ein, das mit einer Summe von 64.037,71 DM
4
abschloß. Von der Beklagten fordert der Kläger auf der Grundlage der Neupreise
insgesamt 76.050,00 DM.
Unter dem 28.02.1986 berichtete sodann der Kriminaloberkommissar T. aus H. der in
der Einbruchdiebstahlssache ermittelnden Polizei unter anderem folgendes: Er trainiere
seit 3 Jahren regelmäßig im Fitneß-Center des Klägers; als er nach seinem Urlaub von
dem Einbruch in das Studio erfahren habe, habe er den Kläger beiläufig darauf
angesprochen, was diesem aber offensichtlich unangenehm gewesen sei; als er dem
Kläger vorgehalten habe, daß die beiden Lautsprecherboxen und die Endverstärker
doch noch genau so verstaubt im Studio ständen und in Betrieb wären wie vor seinem
Urlaub, habe der Kläger verlegen erklärt, er, T., wisse doch, wie das so sei, gemauschelt
würde überall und man müsse sehen, wie man klar käme; im übrigen habe er, der
Kläger, in seiner Wohnung exakt die gleiche Musikanlage wie die entwendete gehabt
und diese nach dem Einbruch ins Studio gestellt (vgl. den Bericht Bl. 7 bis 9 der Beiakte
41 Js 446/86 StA Bielefeld).
5
Die daraufhin aufgenommenen Ermittlungen gegen den Kläger wegen Vortäuschens
einer Straftat und versuchten Versicherungsbetruges ergaben, daß aufgrund von
Anschaffungsbelegen und Äußerungen von Verkäufern von Musikgeräten einiges dafür
sprach, daß der Kläger tatsächlich die meisten der nach seinen Angaben bei dem
Einbruch abhanden gekommenen Geräte in doppelter Ausführung besessen hatte. Das
Ermittlungsverfahren wurde demgemäß nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
6
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 10.06.1987 Entschädigungsleistungen ab,
stellte allerdings dem Kläger anheim, Nachweise zur Schadenshöhe zu erbringen.
7
Der Kläger hat behauptet, sämtliche in den bei der Polizei und der Beklagten
eingereichten Schadensaufstellungen enthaltenen Musikgeräte seien bei dem Einbruch
am 09./10.02.1986 gestohlen worden. Danach habe er seine private Anlage, die
weitgehend mit der im Studio befindlichen Anlage identisch gewesen sei, ins Fitneß-
Studio geschafft (Beweis: Zeugnis des Herrn V.U.). Die Unterstellungen und Vorwürfe
des Zeugen T., so hat der Kläger vorgetragen, seien sämtlich unzutreffend und hätten
ihre Ursache wohl in Problemen des Zeugen T., die dieser in der Vergangenheit mit
ihm, dem Kläger, im persönlichen Bereich gehabt habe. Zudem habe der Zeuge T.
offensichtlich übersehen, daß bei der Tatortbesichtigung durch die Kriminalpolizei am
10.02.1986 die Geräte nicht mehr dagewesen seien und erst später durch andere
Geräte ersetzt worden seien. Die Darstellung des Zeugen T. über eine angebliche
Äußerung des Klägers, er wisse doch, es werde überall gemauschelt, sei auch insofern
falsch, als es der Zeuge T. selbst gewesen sei, der zu ihm gesagt habe, er könne ihn
doch ins Vertrauen ziehen, er, der Zeuge T., wisse doch, daß überall gemauschelt
werde.
8
Weiter hat der Kläger behauptet, daß die Angaben der seinerzeit am Tatort anwesenden
Polizeibeamten zu den Komponenten der gestohlenen Musikanlage und die
Schadensbezifferung mit ca. 2.000,00 DM in der Schadensanzeige nicht mit seinen
damaligen Angaben übereinstimmten und die Beamten ihn daher wohl nicht vollständig
verstanden hätten. Im übrigen hätten sich die Polizeibeamten auch mehr für die
Einbruchspuren und die Art und Weise interessiert, wie die Täter in das Objekt gelangt
waren, denn für die Musikanlage.
9
Der Kläger hat beantragt,
10
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 76.050,00 DM nebst 8,5 % Zinsen seit dem
25.03.1986 zu zahlen,hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Klageforderung
nebst Zinsen an die Firma W.C.G.Fitneß- Studio GmbH i. L., vertreten durch den
Kläger als Liquidator, D. 1, XXX H., zu zahlen.
11
Die Beklagte hat beantragt,
12
die Klage abzuweisen.
13
Sie hat bestritten, daß der Kläger nach dem gemeldeten Einbruchdiebstahl eine
vergleichbare Phonoanlage ins Studio verbracht habe, und behauptet, der Kläger habe
zu den angeblich entwendeten Geräten falsche Angaben gemacht und sie arglistig
getäuscht mit der Folge, daß sie gemäß § 14 Abs. 2 AERB leistungsfrei sei.
Bezeichnend sei, daß er (der Kläger) unmittelbar nach dem Einbruch der Polizei
gegenüber keine näheren Angaben zu den Marken der angeblich gestohlenen Geräte
gemacht habe und auch nicht angegeben habe, daß es sich um eine hochwertige
Anlage im Werte von ca. 65.000,00 DM gehandelt habe. Die Unwahrheit der Darstellung
des Klägers ergebe sich im übrigen aus den überzeugenden Ausführungen des Zeugen
T. in seinem Bericht an die Polizei vom 28.02.1986.
14
Das Landgericht hat nach Vernehmung zahlreicher Zeugen und Einholung eines
Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe durch das angefochtene Urteil, auf
dessen Einzelheiten in vollem Umfang Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen
und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte sei gemäß § 14 Abs. 2 AERB
leistungsfrei, weil der Kläger versucht habe, die Beklagte über den Umfang des
Schadens arglistig zu täuschen. Dies stehe zur Überzeugung der Kammer aufgrund der
Aussagen des Zeugen T. fest, wonach einige der als gestohlen gemeldeten Geräte sich
bereits vor dem Schadensfall nicht mehr in dem Fitneß-Studio befunden hätten,
während 2 Lautsprecherboxen und ein Videorecorder unverändert stehengeblieben
seien.
15
Gegen das ihm am 29.07.1993 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.08.1993 Berufung
eingelegt, die er nach Verlängerungen der Berufungsbegründungsfrist bis zuletzt am
22.11.1993 mit einem an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
16
Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und beanstandet
die Beweiswürdigung durch das Landgericht.
17
Er beantragt nunmehr,
18
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an Herrn I.K.J.,
19
E. Straße 85, XX F., 76,050,00 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 25.03.1986 zu
zahlen,
20
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Klageforderung nebst Zinsen an die
Firma W.C.G. Fitneß-Studio GmbH i. L., vertreten durch den Kläger als Liquidator,
D. 1,XXX H.,zu zahlen,
21
ferner zu gestatten, Sicherheitsleistung auch durch eine selbstschuldnerische
22
Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich rechtlichen Sparkasse zu
leisten.
Die Beklagte beantragt,
23
die Berufung zurückzuweisen,
24
hilfsweise zu gestatten, Sicherheit auch in Gestalt einer unbedingten, unbefristeten,
selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Steuer- und Zollbürge zugelassenen
Kreditinstitutes mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland zu leisten.
25
Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und bestreitet den
Eintritt eines entschädigungspflichtigen Versicherungsfalles, der entgegen den
Ausführungen des Landgerichts auch schon im 1. Rechtszug bestritten gewesen sei.
26
Der Senat hat zunächst gemäß Beweisbeschluß vom 16.08.1994, (Bl. 711 d.A.) auf den
Bezug genommen wird, erneut die schon vom Landgericht vernommenen Zeugen T., Y.
und Z. vernommen. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 04.11.1994 (Bl. 734 ff.)
verwiesen. Sodann hat die Beklagte vorgetragen, sie habe neue Informationen erhalten:
Der Schwager des Klägers, der Zeuge L., habe dem Sachbearbeiter der Beklagten unter
anderem mitgeteilt, der Kläger und Herr J.. hätten den Einbruchdiebstahl selbst
inszeniert; ein großer Teil der als gestohlen gemeldeten Phonogeräte seien im
Zeitpunkt des Einbruchs in der Garage des Zeugen L. untergestellt gewesen. Ferner, so
hat die Beklagte weiter vorgetragen, habe der Zeuge L. auch mitgeteilt, daß gegen den
Kläger unter dem Aktenzeichen 32 Js 186/92 der StA Bielefeld in einer anderen Sache
ein Strafermittlungsverfahren wegen Prozeßbetruges eingeleitet worden sei; darüber
hinaus liefen mehrere weitere Strafverfahren oder Strafermittlungsverfahren gegen den
Kläger, der auch schon in der Vergangenheit wegen Betruges zu einer erheblichen
Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, die zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Die
Beklagte meint, daß in Anbetracht dieser Umstände erhebliche Zweifel an einem
versicherten Diebstahlsfall bestünden, so daß der Kläger den Vollbeweis zu führen
habe.
27
Der Kläger trägt dazu vor, er könne sich den Anruf seines Schwagers bei der Beklagten
nur mit persönlichen Animositäten erklären; sein Schwager habe schon früher einmal
die Behauptung aufgestellt, der Versicherungsfall sei getürkt, ohne dies jedoch
objektiviert zu haben. Falsch sei auch, daß er, der Kläger, wegen Betruges zu einer
Freiheitsstrafe verurteilt worden sei; er sei vielmehr freigesprochen worden; von
mehreren weiteren Strafverfahren wisse er nichts.
28
Der Senat hat aufgrund des neuen Vortrags der Beklagten die mündliche Verhandlung
wiedereröffnet und die Vernehmung des von der Beklagten benannten Zeugen L. und
des vom Kläger gegenbeweislich benannten Zeugen J.. angeordnet. Im Termin vom
27.06.1995 hat der Zeuge L. jedoch von seinem Aussageverweigerungsrecht aufgrund
des verwandtschaftlichen Verhältnisses zum Kläger Gebrauch gemacht.
29
Die Beiakten 32 Js 186/92, 41 Js 446/86 und 32 Js 530/94, jeweils StA Bielefeld, waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
30
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien
eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den übrigen Akteninhalt Bezug
31
genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
32
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung hat in der Sache selbst keinen Erfolg.
33
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Ob auch seiner
Begründung in vollem Umfang gefolgt werden kann, daß nämlich der Kläger zu
mehreren der als gestohlen gemeldeten Musikgeräte falsche Angaben gemacht und
damit versucht hat, die Beklagte über den Umfang des Schadens arglistig zu täuschen,
so daß aus diesem Grunde gemäß § 14 Abs. 2 AERB Leistungsfreiheit bestehe,
erscheint allerdings zweifelhaft. Man kommt aufgrund der Aussagen von
Geräteverkäufern und insbesondere auch aufgrund der vorliegenden
Anschaffungsbelege über Phonogeräte nicht umhin, davon auszugehen, daß der Kläger
in den Jahren vor dem angeblichen Einbruch in sein Fitneß-Studio von den als
gestohlen angegebenen Geräten jeweils 2 typengleiche Exemplare erworben hatte, so
daß es nicht von vornherein ausgeschlossen ist, daß es sich bei den nach dem
Einbruchdiebstahl im Studio befindlichen Geräten um die bislang in der Wohnung des
Klägers aufgestellten Geräte handelt. Auch das Landgericht geht von der Möglichkeit
aus, daß der Kläger durchaus nach dem Einbruchdiebstahl seine Privatanlage im
Studio aufgebaut haben könnte, wenn auch nur "zu Alibizwecken". Läßt sich dies aber
nicht völlig ausschließen, ist es auch denkbar, daß der Zeuge T. sich hinsichtlich seiner
Beobachtungen über angeblich auch nach dem Einbruchdiebstahl noch unverändert im
Studio stehende Geräte geirrt hat.
34
Das klageabweisende Urteil des Landgerichts erweist sich aber im Ergebnis nunmehr
deshalb als zutreffend, weil inzwischen derart schwerwiegende Tatsachen vorliegen,
die den Schluß auf eine Unredlichkeit des Klägers zulassen und eine Vortäuschung des
Versicherungsfalles durch ihn mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen, daß er für
den Eintritt des Versicherungsfalles vollen Beweis erbringen muß, was aber nicht
geschehen ist.
35
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der Senat folgt, kommen einem
Versicherungsnehmer in Diebstahlsfällen der vorliegenden Art grundsätzlich
Beweiserleichterungen zugute insofern, als er seiner Beweislast schon dann genügt,
wenn er das äußere Bild eines bedingungsgemäß zu entschädigenden
Einbruchdiebstahls beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der
Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluß auf einen
versicherten Diebstahlsfall zulassen. Auf der anderen Seite muß auch dem Versicherer
die Möglichkeit eingeräumt sein, den Mißbrauch der Beweiserleichterung durch einen
unredlichen Versicherungsnehmer, insbesondere das Vortäuschen eines
Versicherungsfalles, in ebenfalls erleichterter Weise darzutun und nachzuweisen. Dazu
muß er konkrete Tatsachen beweisen, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für ein
unredliches Verhalten des Versicherungsnehmers, insbesondere für eine Vortäuschung
des Versicherungsfalles, nahelegen; in diesen Fällen muß der Versicherungsnehmer
den Vollbeweis für den Eintritt des Versicherungsfalles erbringen (so zuletzt für die Fälle
des Einbruchdiebstahls BGH Versicherungsrecht 1994, 45 ff. = r+s 1993, 346 ff.; für die
vergleichbaren Fälle des Kfz-Diebstahls vgl. zuletzt BGH Versicherungsrecht 1995,
909 ff. = r+s 1995, 288 f.). Letzteres ist hier der Fall.
36
Aufgrund erst jetzt bekannt gewordener Tatsachen über die Verwicklung des Klägers in
37
strafrechtliche Ermittlungsverfahren müssen auch die zweifelsohne gegebenen
Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem vorliegenden Diebstahlsfall unter einem
anderen Blickwinkel betrachtet und neu bewertet werden. Das führt dazu, daß sich
insgesamt die Annahme einer Vortäuschung des Einbruchdiebstahls in einem Maße
aufdrängt, daß hiervon mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auszugehen ist. Im einzelnen
ergibt sich dies aus folgendem:
In einem Zivilprozeß zwischen dem Kläger und seinem Schwager L., der in I. Instanz
beim Landgericht Bielefeld und in der Berufungsinstanz beim OLG Hamm anhängig war
(Aktenzeichen 21 O 282/91 LG Bielefeld = 29 U 44/92 OLG Hamm) hatte der Kläger
gegenüber einer Forderung seines Schwagers in Höhe von 128.000,00 DM mit einer
angeblichen Gegenforderung in Höhe von 114.000,00 DM aufgerechnet, die aus einer
Veräußerung des Fitneß-Studios an den Schwager im Jahre 1990 herrührte. Nach
Durchführung einer Beweisaufnahme stellte sich jedoch zur Überzeugung des
Berufungsgerichts in jenem Verfahren heraus, daß der Schwager des Klägers an diesen
jedenfalls 100.000,00 DM in bar gezahlt hatte und der Kläger danach diese Summe von
seinem Konto auf ein neueröffnetes Festgeldkonto eingezahlt hatte. Um den
Zahlungsvorgang zu verschleiern, hatte der Kläger das von seinem Schwager erhaltene
Geld zuvor an den Zeugen J.. weitergeleitet, der dem Kläger im Gegenzuge einen
Scheck über 127.000,00 DM aushändigte. Der Scheckbetrag wurde dann dem Konto
des Klägers gutgebracht, von dem die Summe von 100.000,00 DM auf das
Festgeldkonto eingezahlt wurde (vgl. im einzelnen das Urteil des OLG Hamm vom
09.07.1993 - 29 U 44/92 - in der Strafakte 32 Js 186/92 StA Bielefeld, dort Bl. 209 ff.). Im
Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen wegen Prozeßbetruges im Zusammenhang mit
dem genannten Zivilprozeß vor dem LG Bielefeld/OLG Hamm (Aktenzeichen
32 Js 186/92 StA Bielefeld) stellte sich sodann heraus, daß in den Jahren 1990 bis 1992
auf Bankkonten des Klägers bei 3 verschiedenen Banken erhebliche Bareinzahlungen
und Barauszahlungen stattgefunden hatten, so bei einem Konto bei der Dresdner Bank
im Zeitraum von August 1990 bis April 1991 allein in Höhe von ca. 220.000,00 DM,
obwohl nach einer Auskunft des Arbeitsamtes Bielefeld der Kläger fast durchgängig seit
dem 01.01.1990 Arbeitslosenhilfe bezogen hat (vgl. Bl. 38 - 45, 87 - 90 und 150 der
Beiakte 32 Js 186/92 StA Bielefeld). Dieserhalb wurde daraufhin gegen den Kläger ein
gesondertes Ermittlungsverfahren wegen Betruges gegenüber dem Arbeitsamt
eingeleitet (Aktenzeichen 32 Js 214/93 StA Bielefeld; vgl. nochmals Bl. 150 der Beiakte
32 Js 186/92 StA Bielefeld). Weitere Ermittlungsverfahren wurden wegen des Verdachts
der Urkundenfälschung und des Betruges gegenüber der Landesbausparkasse N. im
Jahre 1988 eingeleitet (vgl. Bl. 14 ff. der Beiakte 32 Js 530/94 StA Bielefeld; inzwischen
eingestellt wegen Verjährung) und wegen des Verdachts des Betruges im
Zusammenhang mit der Beschaffung eines Fahrzeugs (Aktenzeichen 32 Js 215/93 StA
Bielefeld; vgl. dazu Bl. 151 der Beiakte 32 Js 186/92 StA Bielefeld). Auch wegen des
Vorwurfs des Prozeßbetruges im vorliegenden Rechtsstreit ist ein Ermittlungsverfahren
anhängig, das bis zur Beendigung des vorliegenden Prozesses vorläufig eingestellt ist
(vgl. Bl. 1 und 64 der Beiakte 32 Js 530/94 StA Bielefeld).
38
Im Strafverfahren wegen Prozeßbetruges im Zusammenhang mit dem Zivilprozeß vor
dem LG Bielefeld/OLG Hamm ist unter dem 12.10.1994 gegen den Kläger u.a. Anklage
wegen versuchten Betruges und Anstiftung zur Falschaussage erhoben worden (vgl. die
Anklageschrift Bl. 344 ff. der Beiakte 32 Js 186/92 StA Bielefeld). In der
Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Bielefeld wurde sodann das Verfahren vorläufig
unter Auflage der Zahlung einer Geldbuße von 300,00 DM gemäß § 153 a StPO
eingestellt, die jedoch nach Angaben des Klägers selbst im Verhandlungstermin vor
39
dem Senat am 27.06.1995 noch nicht gezahlt ist. Aus der vorgenannten Anklageschrift
im Verfahren 32 Js 186/92 geht ferner hervor, daß der Kläger vorbestraft ist, unter
anderem wegen uneidlicher Falschaussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung
zu einer auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 8 Monaten (vgl. Bl. 347 der
Beiakte).
Angesichts dieser Verstrickungen in strafrechtliche Verfahren gewinnen jetzt die vom
Zeugen T. in seinem Bericht von 28.02.1986 erwähnten Beobachtungen und Gespräche
mit dem Kläger eine andere Bedeutung insofern, als der Eindruck des Zeugen, daß bei
dem angeblichen Einbruchdiebstahl nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist, im
Kern als zutreffend zu erachten ist. Der Senat hält auch die Aussage des Zeugen in
seiner Vernehmung vom 04.11.1994 (Bl. 747 d.A.) für glaubhaft, wonach der Kläger auf
den Vorhalt, die unverändert an ihrem Platz stehenden Boxen könnten schwerlich
gestohlen worden sein, erklärt hat, man müßte sehen wie man zurechtkomme, es werde
eben viel "gemauschelt". Die Aussage deckt sich mit den Angaben des Zeugen in dem
oben erwähnten Bericht und mit seiner Aussage vor dem Amtsgericht Wiedenbrück.
40
Auch die Sache mit der gefälschten Unterschrift des Zeugen Z. unter dem Kaufvertrag
über einen Verstärker (Bl. 120 d. A.) muß nunmehr in einem anderen Licht gesehen
werden. Der Kläger hat, nachdem der Zeuge Z. bei seiner erstinstanzlichen
Vernehmung in Abrede gestellt hatte, daß es sich auf dem Beleg um seine Unterschrift
handele (Bl. 232 d. A.), und das Landgericht dem Kläger im angefochtenen Urteil
dieserhalb eine Urkundenfälschung vorgeworfen hat, hiergegen mit der
Berufungsbegründung zunächst lediglich eingewandt, der Zeuge Z. müsse sich insoweit
geirrt haben, die Unterschrift stamme tatsächlich von ihm (Seite 10 der
Berufungsbegründung = Bl. 637). Erst im Schriftsatz vom 25.10.1994 (Bl. 732 d.A.) hat er
sodann in Vorbereitung auf die inzwischen angeordnete Vernehmung des Zeugen Z.
vor dem Senat ergänzend dazu ausgeführt, der Kaufvertrag habe zunächst keine
Unterschrift des Zeugen Z. getragen und sei deshalb von seinem Steuerberater
zurückgegeben worden; er, der Kläger, habe daraufhin den Zeugen Y., einen
ehemaligen Partner im Fitneß-Studio, mit dem Kaufvertrag zum Zeugen Z. geschickt mit
der Bitte, die Unterschrift zu besorgen; Y. habe dann den Beleg mit der Unterschrift an
ihn, den Kläger, zurückgegeben. Allein diese in Ansehung der bevorstehenden
Beweisaufnahme nachgeholte Ergänzung des Vorbringens zum Komplex "gefälschte
Unterschrift" ist insofern auffällig, als angesichts des massiven Vorwurfs der
Urkundenfälschung im angefochtenen Urteil aller Anlaß bestanden hätte, bereits in der
Berufungsbegründung den angeblichen Vorgang der nachträglich besorgten
Unterschrift zu schildern und sämtliche Fakten in diesem Zusammenhang offenzulegen.
Insofern besteht schon deshalb der begründete Verdacht, daß der Kläger die
Geschichte mit der nachgeholten Unterschrift erst im Nachhinein erfunden hat, zumal
auch nicht nachvollziehbar ist, warum er den Zeugen Y. damit beauftragt hat, beim
Zeugen Z. vorstellig zu werden, und nicht selbst zu seinem ehemaligen Vertragspartner
gegangen ist. Durch die Aussage des Zeugen Y. vor dem Senat erhält die Geschichte
dann in noch stärkerem Maße den Stempel der Unwahrheit. Nach den Bekundungen
des Zeugen Y. soll es nunmehr so gewesen sein, daß dieser den Zeugen Z. nicht
erreicht hatte und er, weil ihm die Sache zu lästig geworden sei und der Kläger gedrängt
habe, deshalb einen Sportkameraden gebeten hatte, er möge doch mit dem Namen Z.
unterschreiben, was dieser dann auch getan habe, wovon der Kläger aber nichts
erfahren habe. Diese Geschichte erscheint schon als solche derart abstrus, daß ihr nicht
geglaubt werden kann, um so mehr als Y. den Namen des Sportkameraden nicht mehr
nennen konnte. Sie erhält aber einen Sinn, wenn man berücksichtigt, daß für den Fall,
41
daß der Zeuge Z. bei seiner Vernehmung dabei bleiben würde, daß es sich nicht um
seine Unterschrift handelt, der Kläger den Vorwurf einer Urkundenfälschung auf eine
plausibel erscheinende Weise widerlegen mußte. Unter diesen Umständen liegt es
daher nahe, daß der Kläger selbst sich diese Geschichte ausgedacht hatte und den
Zeugen Y., aus welchen Gründen auch immer, dafür gewinnen konnte, sie bei seiner
Vernehmung dem Senat zu unterbreiten. Diese Vorgehensweise des Klägers paßt auch
in das Bild, das sich vom Kläger nunmehr aufgrund seiner strafrechtlichen
Verwicklungen gewinnen läßt und woraus hervorgeht, daß es dem Kläger nicht fremd
ist, zur Wahrung seiner Interessen bei Gericht und Behörden unwahre Angaben zu
machen.
Eine weitere, die Persönlichkeit des Klägers kennzeichnende Täuschung liegt im
Zusammenhang mit der angeblich erledigten Pfändung der Versicherungsforderung
seitens des Schwagers L. vor. Mit Schriftsatz vom 23.06.1994 hat der Kläger eine
notariell beglaubigte Vollstreckungsvereinbarung vom 21.06.1994 vorgelegt, wonach
die Forderung des Schwagers L. gegen den Kläger aus einem notariellen
Schuldanerkenntnis, aus dem der Schwager vollstreckt und die Pfändung der
Versicherungsforderung erwirkt hatte, erloschen war (Bl. 689 d. A.). Verschwiegen hat
der Kläger dabei jedoch, daß er am gleichen Tage ein neues Schuldanerkenntnis
notariell beurkunden ließ, wonach er weiterhin seinem Schwager 100.000,00 DM
schuldet, das von der Beklagten mit Schriftsatz vom 18.11.1994 vorgelegt worden ist
(Bl. 779/780 d. A.).
42
Der Kläger steht nach alledem in einem erheblichen Zwielicht und kann schlechterdings
nicht mehr als der aufrichtige und redliche Versicherungsnehmer angesehen werden,
der die Zubilligung von Beweiserleichterungen beim Nachweis des Versicherungsfalles
verdiente. Es besteht vielmehr eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der
Anschuldigung des Zeugen L. gegenüber dem Sachbearbeiter der Beklagten, daß der
Kläger zusammen mit dem Zeugen J.. den Einbruchdiebstahl selbst inszeniert habe,
auch wenn der Zeuge L. dann im Vernehmungstermin von seinem
Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Dadurch ist letztenendes zwar der
volle Beweis für eine Vortäuschung des Einbruchdiebstahls nicht erbracht; jedoch
entfallen die Beweiserleichterungen für den Versicherungsnehmer, wie erwähnt, schon
dann, wenn eine Vortäuschung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit naheliegt, was hier
der Fall ist. Der Kläger hätte daher vollen Beweis für den Eintritt eines
bedingungsgemäß zu entschädigenden Versicherungsfalles erbringen müssen. Diesen
Beweis hat er aber nicht geführt, so daß die Klage vom Landgericht im Ergebnis zu
Recht abgewiesen worden ist.
43
Abgesehen davon ist aber auch die vom Landgericht gegebene Begründung der
Klageabweisung, nämlich daß die Beklagte gemäß § 14 Abs. 2 AERB wegen
versuchter arglistiger Täuschung des Klägers leistungsfrei sei, insofern zutreffend, als
auch zur Überzeugung des Senats feststeht, daß der Kläger die Unterschrift des Zeugen
Z. unter dem Kaufvertrag vom 13.10.1980 gefälscht und die Beklagte insoweit arglistig
getäuscht hat.
44
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
45
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 708 Nr. 10, 711
ZPO.
46
Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer
47
für den Kläger: 76.050,00 DM.
48