Urteil des OLG Köln vom 05.03.2003

OLG Köln: treu und glauben, duldungsvollmacht, kaufpreis, aufklärungspflicht, vertragsschluss, nichtigkeit, verkehrswert, gegenleistung, missverhältnis, datum

Oberlandesgericht Köln, 13 U 77/02
Datum:
05.03.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 77/02
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 29 O 225/01
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 21. Februar 2002 verkündete
Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 29 O 225/01 - wird
zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen,
die Zwangsvollstreckung gegen sie durch Hinterlegung oder
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages
abzuwenden, falls nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen
T a t b e s t a n d
1
Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben im Dezember 1993 die Eigentumswohnung Nr.
167 nebst Stellplatz in dem Objekt W./M. in J. zu einem Kaufpreis von 119.195.- DM im
Wege des sogenannten Strukturvertriebes. Am 29. 11. 1993 gaben die Klägerin und ihr
Ehemann ein notariell beurkundetes Angebot auf Abschluss eines
Geschäftsbesorgungsvertrages mit der C. Steuerberatungsgesellschaft mbH (im
Folgenden: C.) ab, das diese unter dem 14. 12. 1993 annahm. Die C. sollte den
beabsichtigten Immobilienerwerb als Treuhänderin abwickeln. Deshalb enthielt der
Geschäftsbesorgungsvertrag auch eine umfassende Vollmacht für die C. zum Abschluss
aller für den Immobilienerwerb erforderlichen Rechtsgeschäfte.
2
Am 20./23. 12. 1993 schloss die C. im Namen der Klägerin und ihres Ehemannes mit
der Beklagten zwei Darlehensverträge über insgesamt 151.706.- DM , und zwar ein
Festdarlehen über 119.195.- DM zu einem Festzinssatz von 7,55 % jährlich bei einem
Auszahlungssatz von 100 % und ein Annuitätendarlehen über 32.511.- DM bei einem
Auszahlungssatz von 90 % und einem Damnum von mithin 3.251.10 DM. Ferner
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schloss die C. eine Lebensversicherung für den Ehemann der Klägerin ab und trat diese
sowie zwei bereits bestehende Lebensversicherungen an die Beklagte zur Sicherung
der Darlehen ab.
Bereits unter dem 27. 11. 1993 hatten die Klägerin und ihr Ehemann die R.-T. Finanz-
und Wirtschaftsgesellschaft mbh (im Folgenden: R.-T. GmbH) als Vertriebsbeauftragte
mit der Vermittlung der Investitionsmöglichkeit beauftragt. Sie hatten ferner am 27. 11.
1993 eine maschinenschriftlich ausgefüllte und persönlich unterzeichnete
Selbstauskunft mit Einkommensbelegen und Angaben zu ihren
Vermögensverhältnissen und mit gleichem Datum eine Einziehungsermächtigung für
die im Zusammenhang mit der Finanzierung zu entrichtenden Zahlungen erteilt.
Selbstauskunft und Einziehungsermächtigung legte die Treuhänderin der Beklagten
spätestens bei Abschluss der Darlehensverträge vor. Ob der Beklagten auch eine
notarielle Ausfertigung der Vollmacht der Treuhänderin vorgelegt wurde, ist zwischen
den Parteien streitig. Neben der Klägerin und ihrem Ehemann finanzierte die Beklagte
einen Großteil der übrigen Erwerber der insgesamt 188 Wohneinheiten sowie den
Bauträger mit einem Darlehen über 34,5 Millionen DM, welches mit einer
Globalgrundschuld zugunsten der Beklagten abgesichert wurde.
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Der Ehemann der Klägerin hat sämtliche Ansprüche, die aus dem Rechtsverhältnis
zwischen ihm und der Beklagten aufgrund der Kredithingabe entstanden sind, an die
Klägerin abgetreten.
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Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil vom 21. 02. 2002, auf das wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und wegen der im ersten
Rechtszug gestellten Anträge verwiesen wird, die im Wesentlichen auf Zahlung von
Schadensersatz nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an der
Wohnung und auf Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen der Beklagten aus
den Darlehensverträgen gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es unter
anderem ausgeführt, der Klägerin stünden keine Schadensersatzansprüche aus
Verschulden bei Vertragsschluss zu. Die Beklagte hafte nur im Rahmen des
Finanzierungsgeschäfts, insoweit treffe die Beklagte keine Verletzung von Schutz- und
Aufklärungspflichten; einer der vier eng begrenzten Ausnahmefälle, die von der
Rechtsprechung anerkannt seien, liege nicht vor. Für etwaige falsche Angaben der
Vermittlerin hafte die Beklagte nicht, da sie nicht das Kreditgeschäft beträfen. Die der
Treuhänderin erteilte Vollmacht sei wirksam; ein Verstoß gegen das
Rechtsberatungsgesetz liege nicht vor, da kein enges Zusammenwirken zwischen der
Beklagten und der Treuhänderin feststellbar sei. Insgesamt seien die Darlehensverträge
wirksam.
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Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Sie
vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, die Beklagte hafte nach §
278 BGB wegen der Pflichtverletzung des Vermittlers H. von der R.-T. GmbH, der
falsche Angaben über das Objekt gemacht habe. Insbesondere habe er auch die
monatlichen Belastungen falsch berechnet. Die Beklagte hafte ferner, weil die
Ausnahmefälle für eine eigene Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank gegeben
seien. Insbesondere habe die Beklagte Kenntnis davon gehabt, dass im Kaufpreis eine
versteckte Innenprovision von 18,6 % enthalten sei, die sich aus der Differenz zwischen
dem Kaufpreis der Immobilie von 119.125.- DM und der Darlehenssumme von 151.706.-
DM ergebe. Insoweit liege ein Wissensvorsprung vor, über den die Beklagte habe
aufklären müssen. Die durch die Treuhänderin abgeschlossenen Darlehensverträge
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seien unwirksam, da der Geschäftsbesorgungsvertrag und die der Treuhänderin darin
erteilte Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen würden.
Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils
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1.) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin sowie deren Ehemann K. L. als
Gesamtgläubiger 22.534,95 Euro (=44.074,54 DM) nebst 4 % Zinsen seit
Klagezustellung Zug um Zug gegen lastenfreie Eigentumsübertragung und
Herausgabe des in der W./M. in J. gelegenen Grundbesitzes, verzeichnet im
Grundbuch des Amtsgerichts J., Blatt XXX, Flur X, Flurstück XXX und XXX sowie
Blatt XXXX A, Flur X, Flurstück XXX, bestehend aus 44/10.000 Miteigentumsanteil,
verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. XXX
bezeichneten Wohnung, diese eingetragen im Wohnungsgrundbuch von J., Blatt
XXXX sowie dem Sondernutzungsrecht an dem offenen Kfz-Abstellplatz mit der Nr.
XXX, zu zahlen;
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2.) festzustellen, dass der Beklagten gegen die Klägerin und deren Ehemann K. L.
keine Ansprüche aus den geschlossenen Darlehensverträgen Nr. -001 (jetzige
Darlehens-Nr.: ) und Nr. (jetzige Darlehens-Nr.: ) zustehen;
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3.) die Beklagte zu verurteilen, die an sie abgetretene Lebensversicherung der B.
Lebensversicherung AG, B., Versicherungsschein-Nr.: , Versicherungsnehmer:
Herr K. L. , freizugeben und auf die Klägerin sowie deren Ehemann K. L.
rückzuübertragen;
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4.) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, künftige Schäden seit
Klagezustellung aus der fortbestehenden Eigentumslage zu ersetzen sowie die
Rückabwicklungskosten, die sich aus der Übertragung der Eigentumseinheit
ergeben können, an die Klägerin zu zahlen;
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h i l f s w e i s e ,
14
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 42.166,24 Euro (=82.469,99 DM) nebst
4 % Zinsen p.a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
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1. festzustellen, dass die Darlehensverträge über die H. Bank-Baufinanzierung Nr.
und Nr. unwirksam sind und die Klägerin weder aus Vertrag noch aus
ungerechtfertigter Bereicherung verpflichtet ist, der Beklagten weitere Zahlungen
zu leisten.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, es bestehe weder eine
Haftung gemäß § 278 BGB noch eine Haftung aus eigenem Verschulden. Ein etwaiger
Verstoß des Geschäftsbesorgungsvertrages gegen das Rechtsberatungsgesetz
erstrecke sich nicht auch auf die der Treuhänderin wirksam erteilte Vollmacht.
19
Wegen aller weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens im
Berufungsrechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dazu vorgelegten
Unterlagen Bezug genommen.
20
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
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Zu Recht hat das Landgericht Schadensersatzansprüche der Klägerin aus dem
Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss wegen Verletzung vorvertraglicher
Schutz- und Aufklärungspflichten verneint und die durch eine Treuhänderin
abgeschlossenen Darlehensverträge als wirksam angesehen. Auch soweit die Klägerin
geltend macht, Treuhandvertrag und -vollmacht seien wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz nichtig, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Denn jedenfalls der
Beklagten gegenüber kann sie sich aus Rechtsscheinsgründen auf diese
Unwirksamkeit nicht berufen.
23
1.
24
Der Klägerin und ihrem Ehemann stehen gegen die Beklagte im Zusammenhang mit
den am 20./23. 12. 1993 abgeschlossenen Darlehensverträgen über (119.195.- DM und
32.511.- DM) 151.706.- DM keine Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt
des Verschuldens bei Vertragsschluss zu. Es besteht daher auch kein Anspruch der
Klägerin auf Befreiung von den Verbindlichkeiten aus den Darlehensverträgen, so dass
das Feststellungsbegehren der Klägerin, dass der Beklagten keine Ansprüche aus den
Darlehensverträgen zustehen, nicht begründet ist.
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Weder hat die Beklagte für etwaige Aufklärungspflichtverletzungen oder unzutreffende
Angaben des Anlagevermittlers H. von der R. Treuhand GmbH gemäß § 278 BGB
einzustehen noch hat sie sich durch Verletzung eigener Aufklärungspflichten selbst
schadensersatzpflichtig gemacht.
26
a.
27
Soweit die Vermittlerin oder deren Mitarbeiter falsche Angaben gemacht haben sollten,
braucht die Beklagte sich dies nicht zurechnen zu lassen, weil die Angaben zur
Rentierlichkeit der Anlage nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (BGH WM 2000, 1685, 1687), der sich auch der Senat
angeschlossen hat (Senat WM 2002, 118), die Anlageentscheidung als solche und
damit lediglich den Pflichtenkreis des Verkäufers, nicht aber den der finanzierenden
Bank betreffen. Nach der sogenannten Trennungstheorie muss sich die Bank das
Verhalten derjenigen Personen, derer sie sich als Verhandlungsgehilfen bedient, nur für
den Bereich zurechnen lassen, der die Anbahnung des Kreditvertrages betrifft, nicht
aber für den Bereich, der sich auf den Erwerb des Anlageobjekts bezieht. Die von der
Klägerin behaupteten unzutreffenden Angaben der Vermittlerin betreffen indes sämtlich
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das Anlagegeschäft und gerade nicht das Kreditgeschäft.
Dies gilt hinsichtlich der bereits im ersten Rechtszug vorgetragenen Angaben der
Vermittlerin, dass der Wohnungserwerb eine "völlig risikolose Angelegenheit" sei, es
sich um eine "absolut sichere Kapitalanlage" handele, die gerade wegen der guten
Lage "besonders werthaltig" sei, die Teilnahme "an diesem Steuersparmodell" wirke
sich "positiv auf das Vermögen" aus, durch die im Gesamtpaket enthaltene
"Mietgarantie" würden "sichere Einkünfte für die Dauer von fünf Jahren" feststehen,
auch danach könnten die Wohnungen "jederzeit zu Preisen vermietet werden, welche
der zugesicherten Mietgarantie (DM 16,65 pro qm Wohnfläche)" entsprächen, ein
"Wiederverkauf...sei jederzeit mit Gewinn möglich", es handele sich um ein "absolutes
Schnäppchen" und der Erwerb sei "mit einer erheblichen Steuererstattung verbunden
und ohne Einsatz jeglichen Eigenkapitals mit einer zusätzlichen monatlichen Belastung
von nur 205.- DM verbunden".
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Eine falsche Beratung oder eine falsche Angabe der Vermittlerin hinsichtlich des
Kreditgeschäftes, insbesondere hinsichtlich des Finanzierungsaufwandes, ergibt sich
auch nicht aus der vom Vermittler H. von der R.-T. GmbH erstellten "Musterberechnung"
(Anlage K 1, AH Bl. 1 und 2). Soweit die Klägerin in der Berufung meint, die Angaben zu
den Zinsen " 6,5 %.... DM 9.860.-" , die unter Berücksichtigung von 471.- DM bzw. 500.-
DM Tilgung zu einer jährlichen Kreditbelastung von 10.331.- DM bzw. 10.360.- DM
führten, seien falsch gewesen, weil sich ausweislich der abgeschlossenen
Darlehensverträge eine jährliche Kreditbelastung von 14.364,60 DM ergebe, verkennt
sie, dass es sich bei der Musterberechnung lediglich um "ein Berechnungsbeispiel"
handelt, wie sich schon aus der Überschrift des Formulars ergibt, und dass in den
Darlehensverträgen andere Kredit-Konditionen vereinbart wurden. Die
Musterberechnung stellt auf einen Kredit zu einem Zinssatz von 6,5 % p.a. bei einer
Auszahlung von 90 % der Bruttokreditsumme von 151.706.- DM ab, was bedeutet, dass
auf das sogenannte Damnum in Höhe von 10 % - das sind 15.170,60 DM - bereits
vorweg Zinsen zu zahlen sind und ein Eigenkapital in dieser Höhe zu erbringen ist. In
den Darlehensverträgen sind hingegen ein Festdarlehen über 119.195.- DM bei einer
Auszahlung von 100 % und einem Zinssatz von 7,55 % p.a. und ein Annuitätendarlehen
über 32.511.- DM bei einer Auszahlung von 90 % und einem Zinssatz von 6,2 % p.a.
vereinbart. Das Damnum belief sich mithin auf lediglich 3.251,10 DM, so dass sich
wegen der deshalb wesentlich geringeren Zinsvorauszahlung dementsprechend die
laufende Zinslast aus dem Festdarlehen erhöhte. Die jährlichen Zinssätze, die
prozentualen Auszahlungssätze und das sich bei dem Annuitätendarlehen ergebende
Damnum sind in den abgeschlossenen Darlehensverträgen ausdrücklich aufgeführt und
richtig angegeben.
30
b.
31
Der Beklagten kann auch die Verletzung eigener Aufklärungspflichten nicht vorgeworfen
werden. Eine finanzierende Bank ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen
Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der Verwendung des Darlehens
aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen, weil sie regelmäßig davon
ausgehen darf, dass die Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse oder
Erfahrungen verfügen oder dass sie sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient
haben (BGH WM 2000, 1685 f.; WM 2000, 1687, 1688). Der Darlehensvertrag ist gerade
kein Immobilienberatungsvertrag; die Bank darf davon ausgehen, dass der Erwerber die
für seine Erwerbsentscheidung notwendigen sachlichen Prüfungen selbst
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vorgenommen hat.
Informationspflichten bezüglich des zu finanzierenden Objekts kommen bei
Kreditgeschäften von Banken nach gefestigter Rechtsprechung nur in vier
Ausnahmefällen in Betracht. Ein Ausnahmefall kann vorliegen, wenn die Bank ihre
Rolle als Kreditgeberin überschreitet, wenn sie über das allgemeine wirtschaftliche
Risiko hinaus einen speziellen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder
begünstigt, wenn sie einen schwerwiegenden Interessenkonflikt eingegangen ist oder
wenn sie einen konkreten Wissensvorsprung in Bezug auf die speziellen Risiken des zu
finanzierenden Vorhabens besitzt (Siol, in Schimansky/Bunte/Lwowski,
Bankrechtshandbuch, 2. Aufl., § 44 Rn. 20 m.w.N.). Keiner dieser vier Ausnahmefälle ist
hier gegeben.
33
aa.
34
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte nicht ihre Rolle als
Kreditgeberin überschritten.
35
Der Sachvortrag der Klägerin lässt nicht erkennen, dass die Beklagte in einer nach
außen erkennbaren Weise Funktionen anderer Projektbeteiligter übernommen hätte und
bei Planung, Vertrieb und Durchführung des Bauvorhabens oder bei der Durchführung
bestimmter Funktionsverträge derart mitgewirkt hätte, dass hierdurch ein zusätzlicher
Vertrauenstatbestand für die Klägerin und ihren Ehemann geschaffen worden wäre
(BGH WM 1992, 216 und 1310; OLG Frankfurt WM 2000, 2135, 2137 und WM 2002,
1281, 1284). Die Klägerin trägt zwar vor, die Beklagte habe vor der Finanzierung des in
Rede stehenden Bauträgerobjekts bereits mehrere Male zuvor mit demselben Bauträger
sowie derselben Vertriebsfirma und Treuhänderin zusammengearbeitet und sei auch
dort - wie hier - in Planung, Durchführung und Vermarktung des Objektes einbezogen
gewesen. Dass diese angebliche Einbeziehung der Beklagten jedoch nach außen hin
erkennbar war und hierdurch für die Klägerin und ihren Ehemann ein zusätzlicher
Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist, macht die Klägerin selbst nicht geltend.
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Ohne Erfolg macht die Klägerin auch geltend, es habe von vornherein bereits
festgestanden, dass die Beklagte nicht nur den Bauträger, sondern auch die
Enderwerber finanzieren würde. Die Beklagte hat unter dem 27. 05. 1993 (Bl. 15 ff AH)
lediglich eine generelle Endfinanzierungsbereitschaft zu einem bestimmten
Konditionenraster erklärt, und zwar für einen Gesamtaufwand von höchstens 90 % und
für ein Disagio von höchstens 10 %; ferner hat sie sich bei nicht entsprechender Bonität
zusätzliche Sicherheiten oder die Ablehnung der Bewerber vorbehalten. Dass auch die
Endfinanzierungen durch die Beklagte bereits endgültig festgelegt gewesen wären,
ergibt sich hiernach gerade nicht. Möglichkeiten und Konditionen der
Endfinanzierungen hingen nämlich entscheidend von der jeweiligen Bonität der
potenziellen Darlehensnehmer ab.
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Auch wenn die Beklagte sich zur Zwischenfinanzierung der Erwerber nach Ziffer II.6.
und 7. des Schreibens vom 27. 05. 1993 (Bl. 16 AH) nur unter der Bedingung bereit
erklärt hatte, dass sie auch den Kredit für den Bauträger finanzierte und die
vorgesehenen Eigenmittel von 10 % auf ein von ihr geführtes Konto eingezahlt wurden,
ist dies nicht zu beanstanden. Die Finanzierung von Bauträgermaßnahmen und
Immobilienobjekten gehört nämlich zum Kerngeschäftsbereich der Hypothekenbanken.
Selbst wenn der Beklagten bekannt gewesen sein sollte, dass die Vertriebsfirma
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zugleich auch die Endfinanzierung der Erwerber vermittelte, lässt dies noch nicht den
Rückschluss zu, dass die Beklagte das gesamte Bau- und Anlageobjekt initiiert hätte,
weil dies lediglich die Finanzierung des Objekts, nicht aber dessen Gesamtkonzeption
betrifft. Allein durch eine vor Vertriebsbeginn gegebene generelle Finanzierungszusage
für das gesamte Objekt hat die Beklagte ihre Rolle als Kreditgeberin nicht überschritten.
Selbst wenn die Beklagte sich darüber hinaus die Endfinanzierung sämtlicher Erwerber
hätte zusichern lassen, wäre auch das nicht Grundlage für einen
Schadensersatzanspruch der Klägerin und ihres Ehemannes, weil dies jedenfalls nicht
nach außen hin erkennbar geworden ist, die Beklagte insoweit mithin keinen
zusätzlichen Vertrauenstatbestand für die Klägerin und deren Ehemann gesetzt hat.
bb.
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Was die Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes in Bezug auf spezielle
Risiken des Objekts oder eine Verwicklung der Beklagten in einen schwerwiegenden
Interessenkonflikt durch gleichzeitige Finanzierung von Bauträger und Erwerbern
angeht, so ist insoweit nicht zu erkennen, dass durch die Finanzierungszusage der
Beklagten für den Bauträger oder für die Erwerber ein spezielles Risiko entstanden
wäre. Auch dann, wenn die finanzierende Bank Verkäufer, Bauträger und Initiator
finanziert und gleichzeitig Kredite an Erwerber ausreicht, reicht dies allein für die
Begründung eines Interessenkonflikts nicht aus (OLG Stuttgart WM 2000, 292, 295; OLG
Frankfurt WM 2000, 2135, 2137).
40
cc.
41
Ebenso wenig bestand eine Aufklärungspflicht der Beklagten wegen eines konkreten
Wissensvorsprunges.
42
Die Werthaltigkeit der erworbenen Wohnung, deren Ertragskraft und die mit dem Projekt
verbundenen steuerlichen Vergünstigungen betreffen allgemeine und nicht spezielle
Risiken eines Objekterwerbs. Derartige Umstände zu prüfen, liegt allein im
Verantwortungs- und Risikobereich des Erwerbers. Hierüber braucht die Beklagte nicht
aufzuklären. Ausnahmsweise kommt eine Aufklärungspflicht (keine
Nachforschungspflicht) in Betracht, wenn die finanzierende Bank in Bezug auf spezielle
Risiken des Vorhabens eine konkrete Kenntnis hat, die ihrem Kunden nicht ohne
weiteres zugänglich ist, und wenn sie diesen Wissensvorsprung auch erkennen kann
(BGH WM 2000, 1685, 1686 m.w.N.; OLG Stuttgart WM 2000, 2146, 2148 f.; OLG Köln
(22. ZS) WM 2000, 2139, 2142 f.).
43
Eine Aufklärungspflicht der Beklagten im Hinblick auf die im Kaufpreis enthaltene
"versteckte Innenprovision" von 18,6 % (Differenz zwischen Darlehenssumme von
151.706.- DM und Kaufpreis von 119.125.- DM) bestand entgegen der Auffassung der
Klägerin nicht. Die Innenprovision ist Teil der Vertriebskosten. Solche Kosten kalkuliert
grundsätzlich jeder gewerblich tätige Verkäufer in den Verkaufspreis ein, ohne sie dem
Käufer offen zu legen. Von der das Kaufgeschäft finanzierenden Bank kann eine solche
Offenlegung erst recht nicht verlangt werden. Hohe Vertriebskosten können zwar dazu
führen, dass der Verkaufspreis den Verkehrswert des Objekts mehr oder weniger
deutlich übersteigt. Das Wissen der Bank, dass der vom Erwerber zu zahlende
Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts
steht, begründet aber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
grundsätzlich keine Aufklärungspflicht (BGH WM 2003, 61, 62; WM 2000, 1245, 1246).
44
Denn es gehört zu den eigenen Aufgaben des Käufers, auch wenn der Kauf
kreditfinanziert wird, die Angemessenheit des Kaufpreises zu prüfen. Eine
Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt nur
ausnahmsweise in Betracht, wenn die Innenprovision zu einer so wesentlichen
Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert führt, dass die Bank
von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen
muss (BGH WM 2003, 61, 62; WM 2000, 1245, 1247). Hierfür reicht nicht jedes auffällige
Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aus, vielmehr ist ein besonders
grobes Missverhältnis erforderlich, wovon erst ausgegangen werden kann, wenn der
Wert der Leistung knapp doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung ist (BGH WM
2003, 61, 62; BGHZ 146, 298, 302 f.). Dies ist nach dem eigenen Vorbringen der
Klägerin nicht gegeben, wenn sie vorträgt, der Nettokaufpreis der Wohnung von 3.950.-
DM je qm sei "nahezu sittenwidrig überteuert", da der Verkehrswert sich allenfalls auf
2.500.- DM je qm belaufen habe. Hiernach beträgt die angebliche Wertdifferenz lediglich
58 Prozent, was keine Aufklärungspflicht der Bank begründet. Abgesehen davon fehlt
substantiierter Vortrag der Klägerin dazu, dass der Beklagten ein etwaiges besonders
grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung bekannt war. Dies geht zu
Lasten der Klägerin. Die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der eine
Aufklärungspflichtverletzung der Bank begründenden Umstände trifft nämlich den sich
darauf berufenden Kunden (BGH WM 2000, 1685, 1686).
2.
45
Die durch die Treuhänderin abgeschlossenen Darlehensverträge vom 20./23. 12. 1993
sind auch nicht mit Rücksicht auf die inzwischen weiter entwickelte Rechtsprechung zur
Nichtigkeit von Treuhandvertrag und -vollmacht wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz unwirksam. Denn jedenfalls der Beklagten gegenüber können
sich die Klägerin und deren Ehemann aus Rechtsscheinsgrundsätzen auf diese
Unwirksamkeit nicht berufen.
46
a.
47
Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist die neuere Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, aufgrund derer davon auszugehen ist, dass sowohl der am 29.
11./14. 12. 1993 zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann mit der C.
Steuerberatungsgesellschaft mbH als Treuhänderin geschlossene umfassende
Geschäftsbesorgungsvertrag als auch die der Treuhänderin in derselben Urkunde
erteilte Vollmacht unwirksam sind.
48
Der Geschäftsbesorgungsvertrag verstößt gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG und ist
nach § 134 BGB nichtig. Denn die von der Treuhänderin geschuldeten Tätigkeiten
erfordern mit Abschluss der Kauf- und Finanzierungsverträge für das Objekt eine
derartige Vielzahl von Tätigkeiten auch rechtsberatender Natur, dass diese
Geschäftsbesorgungen erlaubnispflichtig sind und insbesondere nicht der
Ausnahmetatbestand des Artikel 1 § 5 Nr. 1 RBerG eingreift. Die erforderliche Erlaubnis
hatte die Treuhänderin nicht. Der Geschäftsbesorgungsvertrag ist deshalb unwirksam.
Der Senat sieht im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
(BGH, WM 2003, 247, 248; BGH BKR 2001, 143, 147=WM 2001, 2113; BGH BKR 2002,
588, 589=WM 2002, 1273), der er sich anschließt, von weiteren Ausführungen zu
diesem Punkt ab.
49
Die Unwirksamkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages erfasst auch die der
Treuhänderin erteilte Vollmacht. Es kann offen bleiben, ob angesichts der räumlichen
Trennung von Geschäftsbesorgungsvertrag und Vollmachtserteilung innerhalb der
Urkunde (Abschnitte A. und B.) und der Klausel in Ziffer B.I.5. des Vertrages, wonach
die Vollmacht vom Inhalt und Bestand des Geschäftsbesorgungsvertrages unabhängig
und die alleinige Legitimation der Treuhänderin im Außenverhältnis sein sollte, der
Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages und die Erteilung der Vollmacht ein
einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne von § 139 BGB darstellen. Denn jedenfalls ergibt
sich aus der Zielsetzung des Rechtsberatungsgesetzes, den Rechtssuchenden vor
unsachgemäßer Erledigung seiner Rechtsangelegenheiten zu schützen, dass die
Vollmacht trotz ihrer grundsätzlichen rechtlichen Abstraktheit selbst gegen das
Rechtsberatungsgesetz verstößt und deshalb nichtig ist. Mit dieser Zweckrichtung wäre
es unvereinbar, den unbefugten Rechtsberater gleichwohl rechtlich - bei Wirksamkeit
der Ausführungsvollmacht - in den Stand zu setzen, seine gesetzlich missbilligte
Tätigkeit zu Ende zu führen, indem er Rechtsgeschäfte zu Lasten des Geschützten
abschließt. Aus diesem Grunde kann auch die im Vertrag in Ziffer B.I.5.enthaltene
Bestimmung, wonach § 139 BGB abbedungen wird, keine Rechtswirksamkeit entfalten,
weil auch diese Klausel bewirken würde, dass über den Umweg einer Aufspaltung
beider Teile des Rechtsgeschäfts (Geschäftsbesorgungsvertrag einerseits und
Vollmacht andererseits) die Schutzfunktion des Rechtsberatungsgesetzes ausgehebelt
würde. Es entspricht daher der inzwischen herrschenden Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, dass die Unwirksamkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages auch
zur Nichtigkeit der Vollmacht führt. Dies hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in
seinem Urteil vom 11. 10. 2001 (WM 2001, 2260 ff.) entschieden. Auf die Zweckrichtung
des Rechtsberatungsgesetzes hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in dem
Urteil vom 14. 05. 2002 (BKR 2002, 588, 589=WM 2002, 1273 ff.) ebenfalls abgehoben.
Dem ist nunmehr auch der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom
16. 12. 2002 (WM 2003, 247, 248 f.) gefolgt. Dieser Auffassung schließt sich der Senat
aus den vorstehenden Gründen an.
50
b.
51
Im Ergebnis verhilft die Unwirksamkeit von Geschäftsbesorgungsvertrag und
Vollmachtserteilung der Klägerin jedoch nicht zum Erfolg. Denn jedenfalls der
Beklagten gegenüber können die Klägerin und ihr Ehemann sich aus
Rechtsscheinsgründen auf diese Unwirksamkeit nicht berufen. Der Bundesgerichtshof
hat insbesondere in seinem Urteil vom 14. 05. 2002 (BKR 2002, 588, 590=WM 2002,
1273 ff.) ausdrücklich hervorgehoben, dass Rechtsscheinsgrundsätze in Fällen der
vorliegenden Art zur Anwendung kommen können. Dabei kommt es hier nicht
entscheidend darauf an, ob sich die Beklagte wegen Vorlage einer notariellen
Ausfertigung der Vollmachtsurkunde auf eine Rechtsscheinshaftung aus den §§ 171 bis
173 BGB berufen kann. Ob der Beklagten eine notarielle Ausfertigung der Vollmacht
vorlag, ist zwischen den Parteien streitig. Einer Beweisaufnahme durch Vernehmung
des von der Beklagten dazu benannten Zeugen B. (Seite 5 ihres erstinstanzlichen
Schriftsatzes vom 21. 12. 2001, Bl. 179 d.A.) bedurfte es aber nicht. Denn eine nicht
wirksam erteilte Vollmacht kann auch über die in den §§ 171 bis 173 BGB geregelten
Fälle hinaus aus allgemeinen Rechtsscheinsgesichtspunkten dem Geschäftsgegner
gegenüber als wirksam zu behandeln sein (BGHZ 102, 62, 64). Das ist der Fall, wenn
das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der Vollmacht an andere Umstände als an
die Vollmachtsurkunde anknüpft und nach den Grundsätzen über die
Duldungsvollmacht schutzwürdig erscheint (BGH BKR 2002, 588, 590; BGHZ 102, 62,
52
64). Eine Duldungsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich
geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und der Vertragspartner
dieses Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben auch verstehen darf, dass der
als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist, wobei nur auf vor oder bei Vertragsschluss
vorliegende Umstände abgestellt werden darf (BGH BKR 2002, 588, 590 unter Ziffer 3.
a) bb) der Entscheidungsgründe). Es ist unstreitig, dass die Klägerin und ihr Ehemann
bereits vor Abschluss der Darlehensverträge vom 20./23. 12. 1993 unter dem 27. 11.
1993 eine ausführliche, maschinenschriftlich ausgefüllte und persönlich unterzeichnete
"Selbstauskunft" (Bl. 119 d.A.) mit Einkommensbelegen und Angaben zu ihren
Vermögensverhältnissen abgegeben und unter gleichem Datum eine
Einziehungsermächtigung (Bl. 124 d.A.) für die im Zusammenhang mit der Finanzierung
zu entrichtenden Zahlungen erteilt hatten, welche die Treuhänderin der Beklagten
spätestens bei Abschluss der Darlehensverträge vom 20./23. 12. 1993 vorgelegt hat.
Diese von der Klägerin und ihrem Ehemann jeweils eigenhändig unterschriebenen
Unterlagen durfte und konnte die Beklagte nur so verstehen, dass beide mit dem
Vorgehen der Treuhänderin als ihrer Vertreterin einverstanden waren. Maßgeblich ist,
dass die Treuhänderin im Besitz der von der Klägerin und ihrem Ehemann
unterschriebenen Selbstauskunft und der Einziehungsermächtigung war und die
Beklagte daher bei Vorlage dieser Urkunden davon ausgehen konnte, dass dem
Handeln der Treuhänderin eine wirksame Vollmacht zugrunde lag. In der Kopfzeile der
von der Klägerin und ihrem Ehemann unterzeichneten Selbstauskunft ist zudem darauf
hingewiesen, dass die erteilte Selbstauskunft "der Beantragung der Finanzierung des
Objekts gemäß Auftrag" dient. Die Klägerin und ihr Ehemann können sich der Beklagten
gegenüber daher nicht auf eine Unwirksamkeit der in ihrem Namen geschlossenen
Darlehensverträge berufen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 12. 02.
2003 (Seite 3, Bl. 332 d.A.) fehlt es nicht deswegen am Vertrauenstatbestand, der für die
Anwendung der Grundsätze über die Duldungsvollmacht erforderlich ist, weil dem
Kreditsachbearbeiter der Beklagten auch der Geschäftsbesorgungsvertrag mit
Vollmacht vorgelegt worden sei, die Selbstauskunft und Einziehungsermächtigung der
Klägerin und ihres Ehemannes sich damit gewissermaßen überholt hätten, und der
Kreditsachbearbeiter habe erkennen können, dass die Vollmacht nichtig sei. Das
Vorbringen der Klägerin ist insoweit widersprüchlich. Wenn die Klägerin, die bislang die
Vorlage des notariellen Geschäftsbesorgungsvertrages und der Vollmacht bei
Abschluss der Darlehensverträge bestritten hatte, damit geltend machen will, eine
notarielle Ausfertigung der Vollmachtsurkunde habe der Beklagten bei Abschluss der
Darlehensverträge vorgelegen, und sie sich damit das entsprechende Vorbringen der
Beklagten hilfsweise zu eigen machen will, wäre eine Rechtsscheinshaftung bereits aus
den §§ 171 bis 173 BGB gegeben. Es ist im Übrigen nichts dafür vorgetragen oder sonst
ersichtlich, dass die Beklagte die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages sowie
eine Unwirksamkeit der Vollmachtserteilung bei Abschluss der Darlehensverträge im
Dezember 1993 kannte. Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass die Beklagte die
Unwirksamkeit kennen musste. Nach der bereits zitierten Entscheidung des XI.
Zivilsenates des Bundesgerichtshofs vom 18. 09. 2001 (WM 2001, 2113) ließ sich der
bis dahin veröffentlichten höchstrichterlichen Rechtsprechung nichts entnehmen, was
eindeutig für einen Verstoß des Geschäftsbesorgungsvertrages und auch der Vollmacht
gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG gesprochen hätte. Der IX. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hatte sogar bei einem Notar, der im Dezember 1993 einen
vergleichbaren umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrag beurkundet hatte, ein
Verschulden verneint (BGHZ 145, 265, 275; zu der ähnlich gelagerten Frage bei § 313
53
BGB vgl. BGH WM 1985, 10; OLG Stuttgart WM 1987, 305). Dem schließt sich der Senat
an. Es ist kein Grund ersichtlich, bei einem Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz
den Vertragspartner nicht in seinem guten Glauben an die Wirksamkeit der Vollmacht zu
schützen, wenn das Vertrauen auf den Bestand der Vollmacht an andere Umstände als
an die Vollmachtsurkunde anknüpft, wie dies hier der Fall ist.
Soweit die Klägerin in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 12.02.2003 (Seite 3, Bl.
332 d.A.) ferner meint, nur bei eigener Kenntnis der Klägerin und ihres Ehemannes von
der Nichtigkeit der der Treuhänderin erteilten Vollmacht könne eine Duldungsvollmacht
angenommen werden, verkennt sie, dass die Duldungsvollmacht nicht "wertungsmäßig
wie eine Genehmigung" steht, die voraussetzt, dass der Genehmigende die
Unwirksamkeit des Geschäfts kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass in seinem
Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich
angesehene Geschäft verbindlich zu machen (BGH BKR 2002, 588, 590). Denn die
Duldungsvollmacht beinhaltet gerade - und hierdurch unterscheidet sie sich auch von
einer stillschweigend erteilten Vollmacht - , dass der Vertretene keinen Willen zur
Bevollmächtigung hat (BGH LM § 167 BGB Nr. 10 und Nr. 15; § 164 BGB Nr. 24 und Nr.
34). Auch wenn man entgegen der herrschenden höchstrichterlichen Rechtsprechung
(BGH LM § 164 BGB Nr. 34; § 167 BGB Nr. 15) die Duldungsvollmacht als
rechtsgeschäftlichen Tatbestand auffasst (so Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 173
Rn. 11; Staudinger-Schilken, BGB, 12. Aufl., § 167 Rn. 29 a), führt dies im Ergebnis zu
keiner anderen Beurteilung. Denn wer - wie die Klägerin und ihr Ehemann - durch die
Erteilung der Selbstauskunft und der Einziehungsermächtigung und damit durch sein
Verhalten zu verstehen gegeben hat, dass derjenige, der im Besitz dieser Urkunden ist,
zum Abschluss der entsprechenden Darlehensverträge bevollmächtigt ist, hat den
Tatbestand einer Duldungsvollmacht gesetzt und kann sich bereits wegen des Verbots
widersprüchlichen Verhaltens nicht auf einen fehlenden Bevollmächtigungswillen
berufen.
54
c.
55
Mangels eines schutzwürdigen Vertrauenstatbestandes könnte etwas anderes nur dann
gelten, wenn die Beklagte an dem Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG beteiligt gewesen
wäre, sie insbesondere an dem Zustandekommen des Geschäftsbesorgungsvertrages
und/oder bei Erfüllung desselben mitgewirkt hätte (vgl. dazu BGH WM 2001, 2113,
2115; WM 1998, 923). Dass dies der Fall gewesen wäre, hat die Klägerin nicht
schlüssig vorgetragen. Es kann lediglich davon ausgegangen werden, dass die
Beklagte gegenüber der Bauträgerin und der Treuhänderin, der C.
Steuerberatungsgesellschaft mbH, vorab nur eine generelle Finanzierungsbereitschaft
zu einem bestimmten Konditionenraster gemäß dem Schreiben vom 27. 05. 1993 (Bl. 15
ff. AH) erklärt hat, wie dies bereits oben unter Ziffer 1. b. aa. im Zusammenhang mit der
Frage, ob die Beklagte ihre Kreditgeberrolle überschritten hat, ausgeführt worden ist und
worauf hier Bezug genommen wird. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte nicht nur
das Finanzierungskonzept, sondern auch das Vollmachtskonzept zusammen mit der
Treuhänderin ausgearbeitet hat, sind weder von der Klägerin substantiiert vorgetragen
worden noch sonst ersichtlich. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Beklagte sich
zur Zwischenfinanzierung der Erwerber nur unter der Bedingung bereit erklärt hatte,
dass auch der Bauträger-Kredit mit ihr zustande kam und die 10 % Eigenkapital der
Erwerber auf ein Konto bei ihr eingezahlt wurden (Ziffer II. 6. und 7. des Schreibens vom
27. 05. 1993, Bl. 16 AH), lässt dies nicht den sicheren Rückschluss zu, dass sie das
gesamte Bau- und Anlageobjekt mit initiiert und deshalb das Zustandekommen des
56
Geschäftsbesorgungsvertrages nebst integrierter Vollmacht auf ihrer Mitwirkung beruht
hätte. Die Finanzierung von Bauträgermaßnahmen und Immobilienobjekten gehört zum
Kerngeschäft der Hypothekenbanken, wie oben bereits gesagt worden ist. Selbst wenn
daher der Beklagten bekannt gewesen sein sollte, dass der Vertrieb zugleich auch die
Endfinanzierung der Erwerber durch sie als "Kapitalanlagepaket" vermittelte, ist ein
solcher Schluss nicht gerechtfertigt, weil lediglich die Finanzierung des Objekts, nicht
aber dessen Gesamtkonzeption betroffen ist.
3.
57
Sind nach alledem die Darlehensverträge vom 20./23. 12. 1993 wirksam, hat das
Landgericht zu Recht auch die von der Klägerin gestellten Hauptanträge zu 3.) und 4.)
und die beiden Hilfsanträge abgewiesen. Den zutreffenden Ausführungen des
Landgerichts ist insoweit nichts hinzuzufügen.
58
4.
59
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711
ZPO.
60
Eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO n.F. kam vor dem Hintergrund
der inzwischen gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den angesprochenen
Fragen nicht in Betracht. Die im Rahmen der Ausführungen zur Duldungsvollmacht
getroffene Entscheidung beruht im Übrigen allein auf einer tatsächlichen Würdigung.
61
Streitwert der Berufung und Beschwer der Klägerin: 77.566,05 Euro (entspricht
151.706.- DM).
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