Urteil des OLG Köln vom 15.06.2010

OLG Köln (kläger, zpo, erwerbseinkommen, unterhalt, einkommen, umstände, nettoeinkommen, abänderungsklage, abänderung, usa)

Oberlandesgericht Köln, 4 UF 16/10
Datum:
15.06.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 UF 16/10
Vorinstanz:
Amtsgericht Bonn, 48 F 107/08
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 20.11.2009 verkündete Urteil
des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn - 48 F 107/08 - wird auf
Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
1
Die zulässige – insbesondere frist- und formgerecht eingelegte – Berufung des Klägers
hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht seine
Abänderungsklage hinsichtlich des titulierten Kindesunterhaltes zurückgewiesen. Der
Kläger ist nach wie vor verpflichtet, zumindest in Höhe des bisher titulierten Umfanges
Kindesunterhalt an den Beklagten zu zahlen.
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Die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Kindesunterhalt in der bisher titulierten
Höhe ergibt sich aus §§ 1601, 1602, 1603 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB.
Abänderungsgründe liegen nicht vor. Solche hat der Kläger jedenfalls nicht schlüssig
dargetan. Bei der Abänderungsklage hat der Abänderungskläger darzulegen und
nötigenfalls zu beweisen, dass sich die Verhältnisse so wesentlich geändert haben,
dass sich eine Abänderung des titulierten Unterhaltsanspruches rechtfertigen lässt.
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Soweit das Erwerbseinkommen des Klägers betroffen ist, haben sich die
wirtschaftlichen Umstände jedenfalls nicht zu seinem Nachteil verändert. Im Urteil vom
18.04.2007, dessen Abänderung begehrt wird, ist das Amtsgericht von einem
bereinigten Nettoeinkommen des Klägers von 4.054,00 € monatlich ausgegangen.
Dieses Erwerbseinkommen hat sich jedenfalls nicht zu seinem Nachteil geändert. Folgt
man den Unterhaltsbelegen des Klägers für Januar bis September 2009, so ergibt sich
ein steuerpflichtiges Bruttoeinkommen von 52.607,77 €, was einem
Monatsbruttoeinkommen von 5.845,31 € entspricht. Auf das Jahr hochgerechnet ergibt
sich damit ein Bruttoerwerbseinkommen von rund 70.143,72 €. Hinzuzurechnen ist noch
das Weihnachtsgeld von vorgetragenen 1.500,00 €, so dass sich insgesamt ein
Bruttoeinkommen des Klägers von 71.643,72 € ergibt.
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Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Kläger der Mutter des Beklagten monatlich
1.046,00 € gemäß dem titulierten Unterhaltsanspruch zahlt. Dementsprechend hat er
sich auch einen Freibetrag von 12.553,00 € eintragen lassen. Damit ergibt sich ein
Steuerbruttoerwerbseinkommen von 59.090,72 €. Unter Berücksichtigung der
Lohnsteuerklasse I bei 1,5 Kinderfreibeträgen ergibt dies einen Nettolohn von 4.704,07
€.
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Hiervon sind entsprechend dem amtsgerichtlichen Urteil, dessen Abänderung der
Kläger begehrt, noch folgende Abzüge zu machen:
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Nettolohn 4.704,07 €
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Krankenversicherung – 268,00 €
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berufsbedingte Aufwendungen – 150,00 €
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Nachteilsausgleich – 54,00 €
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bereinigtes Nettoeinkommen 4.232,07 €
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Weitere bzw. höhere Abzüge sind nicht zu machen. Der Krankenversicherungsbeitrag
ist auch nach dem Klägervortrag gleich geblieben. Auch höhere berufsbedingte
Aufwendungen können nicht anerkannt werden. Hierzu fehlt jeglicher konkreter Vortrag,
wonach sich die Umstände seit dem amtsgerichtlichen Urteil geändert hätten. Soweit
Umstände, die höhere Abzüge rechtfertigen würden, schon damals vorgelegen haben
sollten, wäre der Kläger mit seinem jetzigen Vorbringen gemäß § 323 Abs. 2 ZPO
präkludiert.
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Dass der Kindesmutter bisher ein höherer Nachteilsausgleich in dem hier zu
beurteilenden Zeitraum als die im amtsgerichtlichen Urteil festgelegten 54,00 € zu
zahlen wäre, kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Auch hier ist gegebenenfalls,
wenn dies in den Folgejahren eintreten sollte, das Abänderungsverfahren zu betreiben,
soweit sich dadurch das gesamt bereinigte Nettoeinkommen des Klägers so deutlich
verringern würde, dass es erheblich unter das Einkommen fiele, welches in dem
abzuändernden Urteil angenommen wurde.
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Entsprechend dem ermittelten Einkommen wäre der Kläger bis zum 31.12.2007 in die
Einkommensgruppe 12 der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen. Danach hätte er einen
Unterhalt von 190 % des Regelbetrages nach der Regelbetragsverordnung zu zahlen
gehabt. Auch wenn man davon ausginge, dass eine Herabstufung um 1 Stufe
gerechtfertigt wäre, wäre jedenfalls der ausgeurteilte Betrag von 170 % des
Regelbetrages weiterhin gerechtfertigt.
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Ab dem 01.01.2008 wäre der Kläger bei dem ermittelten Einkommen in die
Einkommensgruppe 8 der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen. Danach schuldete er
seinen drei Kindern 144 % des Mindestunterhaltes. Tatsächlich ergibt aber die
Umrechnung des dynamisch titulierten Unterhaltes folgenden Prozentsatz:
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418,00 € (titulierter Zahlbetrag) + 77,00 € (hälftiger Kindergeldanteil) = 495,00 €
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(Tabellenunterhalt) x 100 : 365 (Regelbetrag der entsprechenden 3. Altersstufe) =
135,62 %, also gerundet 136 %, was der Einkommensgruppe 7 der Düsseldorfer
Tabelle ab dem 01.01.2008 entspricht (Einkommensrahmen 3.501,00 € bis 3.900,00 €).
Damit ist auch hier bereits eine Herabstufung gegeben, so dass der titulierte Unterhalt
weiter Bestand hat. Etwas anderes ändert sich auch nicht dadurch, dass sich der
Beklagte in der Zeit von Oktober 2008 bis Mai 2009 in den USA aufgehalten hat. Der
Kindesvater bleibt weiter barunterhaltspflichtig, während die Kindesmutter weiterhin ihre
Unterhaltsleistung durch Pflege und Betreuung erbringt. Der Umstand, dass der Kläger
für etwa 10 Monate im Ausland in den USA im Rahmen eines Schüleraustausches
aufhältig war, lässt die Aufteilung zwischen den Elternteilen, Barunterhaltspflicht des
Vaters und Betreuungsleistung der Kindesmutter nicht entfallen. Zu beachten ist, dass
durch den vorübergehenden Auslandsaufenthalt die Frage der Betreuung nicht entfallen
ist. Vielmehr ist die Kindesmutter gehalten, auch aus der Ferne die Pflege und
insbesondere Erziehung des Sohnes weiter auszuführen. Zu berücksichtigen ist
insoweit insbesondere, dass bei älteren Kindern wie dem Kläger die eigentliche
Betreuungsleistung ohnehin in den Hintergrund tritt. Gleichwohl ist die Kindesmutter
gehalten, als betreuender Elternteil sich mit den Problemen zu befassen, die sich
alltäglich stellen können.
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Bleibt es aber bei der Aufteilung zwischen Barunterhaltspflicht und Unterhaltspflicht
durch Betreuung, kann der Kläger nicht damit gehört werden, dass der Unterhaltsbedarf
des Sohnes durch den Auslandsaufenthalt vermindert wäre. Dabei ist zunächst zu
berücksichtigen, dass der Wohnbedarf weiter vorgehalten werden muss und hier keine
Reduzierung erfolgen kann. Auch sonstige laufende Kosten wie Kleidung etc. fallen
fortlaufend an. Es kann sogar davon ausgegangen werden, dass solche Anschaffungen
vor Antritt des Auslandsaufenthaltes eher in größerem Umfange entstehen. Einzig und
allein entfallen Kosten für die Verpflegung. Dagegen steht aber ein erhöhtes
angemessenes Taschengeld während des Auslandaufenthaltes. So hat der Kläger
anschaulich dargelegt, welche Kosten auf ihn zugekommen sind, die, da Sonder- bzw.
Mehrbedarf nicht geltend gemacht wird, allein vom allgemeinen Lebensbedarf zu
decken waren. Nach Auffassung des Senates kann es daher nicht zweifelhaft sein, dass
die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle angemessen auch den Bedarf des Klägers
für seinen Austauschaufenthalt in den USA wiedergeben. Der Senat hält es nicht für
geboten, vorliegend eine konkrete Bedarfsberechnung anzustellen. Es ist allgemein
anerkannt, dass die Bedarfssätze für minderjährige Kinder pauschaliert werden können
und angemessen z. B. in der Düsseldorfer Tabelle ihren Niederschlag finden. Von daher
war der Senat nur gehalten, zu überprüfen, ob die Tabellensätze unter den konkreten
Voraussetzungen noch den angemessenen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der
Kindeseltern ausgerichteten Lebensbedarf wiedergeben. Dies kann nach Auffassung
des Senates zweifelsfrei bejaht werden.
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Auch ab Volljährigkeit schuldet der Kläger dem Beklagten den titulierten Unterhalt. Die
Mutter des Beklagten verfügt über ein Erwerbseinkommen, das unter dem
Mindestselbstbehalt liegt. Lediglich unter Hinzurechnung des vom Kläger geschuldeten
Ehegattenunterhaltes wäre sie in geringem Umfange leistungsfähig. Allerdings ist weiter
zu berücksichtigen, dass eine Beteiligung am Barunterhalt des Klägers automatisch
dazu führen würde, dass eine Bedarfslücke beim Ehegattenunterhalt aufträte und durch
den Kläger zu schließen wäre. Bei dieser Sachlage erscheint es angemessen, bei der
Prüfung der Leistungsfähigkeit der Kindesmutter allein auf ihr Erwerbseinkommen
abzustellen, so dass es letztendlich bei der vollen Barunterhaltspflicht des Klägers
verbleibt. Dies gilt umso mehr als der Quotenanteil der Kindesmutter nur ganz gering
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wäre und wegen der zusammenzurechnenden Einkommen der Kindeseltern ein höherer
Gesamtbedarf sich ergeben würde. Soweit der Kläger rügt, nicht rechtzeitig über den
Auslandsaufenthalt informiert worden zu sein, handelt es sich in erster Linie um eine
Pflichtverletzung der Kindesmutter, die dem damals noch minderjährigen Beklagten
nicht entgegengehalten werden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist begründet aus §§ 708 Nr. 10,
713 ZPO.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 2.197,00 €, wobei auf Rückstände für
Oktober 234,00 € und der Rest auf den laufenden Unterhalt entfällt.
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Soweit der Kläger mit seiner Abänderungsklage auch Rückzahlung angeblich
überzahlten Unterhaltes verlangt, kommt diesem keine Streitwert erhöhende Funktion
zu, da der Anspruch auf Rückzahlung des im Abänderungszeitraum überzahlten
Unterhalts den gleichen Zeitraum betrifft und damit wirtschaftlich derselbe Gegenstand
betroffen ist. Eine Zusammenrechnung der Gegenstandswerte nach § 5 ZPO ist daher
nicht sachgerecht (vgl. OLG Hamburg, veröffentlicht in Juris, Beschluss vom 27.07.1993
- 12 UF 13/93 -).
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