Urteil des OLG Köln vom 06.04.2001

OLG Köln: einstweilige verfügung, treu und glauben, widersprüchliches verhalten, vollziehung, auflage, vollstreckung, verkündung, erfüllung, unterhaltsleistung, amtsbetrieb

Oberlandesgericht Köln, 6 U 35/01
Datum:
06.04.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 35/01
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 43 O 157/00
Tenor:
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 15.12.2000
verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Aachen abgeändert und der Antrag auf Erlass der einstweiligen
Verfügung vom 16.11.2000 zurückgewiesen. Die Kosten des
Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Antragstellerin zu tragen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die formell einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg,
weil die in dem angefochtenen Urteil erlassene einstweilige Verfügung mangels
rechtzeitiger Vollziehung (§§ 936, 926 Abs. 2 ZPO) aufzuheben ist.
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Dass die im Urteilsverfahren erlassene einstweilige Verfügung der Vollziehung bedarf,
entspricht der - auch vom erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung vertretenen -
herrschenden Meinung, an der festzuhalten ist (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche
Ansprüche, 7. Auflage, 55. Kapitel Rdn. 38 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 22.
Auflage, § 929 Rdn. 18). Ein solcher, in aller Regel durch Parteizustellung zu
bewerkstelligender Vollziehungsakt, mit dem der Gläubiger seinen Willen dokumentiert,
von der Verbotsverfügung Gebrauch zu machen und diese durchzusetzen, fehlt hier. Die
Urteilsverfügung wurde vielmehr allein im Amtsbetrieb zugestellt, was indessen nicht als
Vollziehungsakt anzuerkennen ist (vgl. Teplitzky, a.a.O., Rdn. 42 m.w.N.). Fraglich kann
danach nur sein, ob eine derartige Vollziehung nach den auch das Prozessrecht
beherrschenden Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) als bloße Förmelei
entbehrlich ist, weil die Schuldnerin das titulierte Unterlassungsgebot bereits freiwillig
endgültig erfüllt und die Gläubigerin so gestellt hat, wie diese bei Vollziehung und
Vollstreckung der einstweiligen Verfügung stehen würde. In dieser Situation müsste es
sich die Schuldnerin, die den Titel bereits freiwillig erfüllt hat, zudem als ein
widersprüchliches und als treuwidrig zu qualifizierendes Verhalten entgegenhalten
lassen, wenn sie sich auf eine fehlende Vollstreckung des Titels beruft. Eine solche
Fallkonstellation liegt nach dem Schreiben der Schuldnerin vom 21.02.2000 im Streitfall
indessen nicht vor. Die Schuldnerin hat darin zwar mitgeteilt, dass sie dem titulierten
Unterlassungsgebot zunächst Folge geleistet und ihre Kataloge geändert hat. Zugleich
hat sie indessen angekündigt, gegen die Urteilsverfügung vorzugehen und die
hiergegen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausschöpfen zu wollen. Sie ist der
einstweiligen Verfügung bzw. dem darin titulierten Verbot daher lediglich unter dem
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Vorbehalt einer weiteren rechtlichen Überprüfung im Rahmen noch zu ergreifender
Rechtsmittel nachgekommen, so dass von einer (endgültigen) Erfüllung des
Unterlassungsanspruchs keine Rede sein kann. Vor diesem Hintergrund erschöpfte sich
die Durchsetzung der einstweiligen Verfügung durch die Antragstellerin keineswegs in
einer bloßen Förmelei und stellt es sich auch nicht als widersprüchliches Verhalten der
Antragsgegnerin dar, wenn sie sich nunmehr auf die fehlende Vollziehung der
einstweiligen Verfügung beruft. Die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang
angeführte Entscheidung des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln (FamRZ 1985,
508/509) rechtfertigt dabei keine abweichende Beurteilung, weil diese sich mit dem hier
indessen nicht betroffenen Fall befasst, dass der zu fortlaufenden Unterhaltsleistungen
verpflichtete Schuldner die erste Unterhaltsleistung freiwillig zahlt, so dass hinsichtlich
dieser Unterhaltsrate die Vollziehung der Geldleistungsverfügung als überflüssig
erachtet wurde. So liegt der Fall hier aber nicht, da es vorliegend um die Vollziehung
eines dauerhaft einzuhaltenden Verbots geht.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.
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