Urteil des OLG Köln vom 29.10.1992

OLG Köln (treu und glauben, statut, satzung, verhältnis zu, bank, bemessung der beiträge, hilfeleistung, risiko, zufälliges ereignis, stille reserven)

Oberlandesgericht Köln, 18 U 35/92
Datum:
29.10.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
18. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Teilurteil
Aktenzeichen:
18 U 35/92
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 9 O 117/90
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20. Januar 1992
verkündete Ur-teil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O
117/90 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Die Klage wird
abgewiesen. Die Berufung der Klägerin gegen das am 20. Januar 1992
verkündete Ur-teil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O
117/90 - wird zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung bleibt dem
Schlußurteil vorbehalten.
T a t b e s t a n d
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Der Beklagte ist die als eingetragener Verein ge-gründete Spitzenbank der
Kreditgenossenschaften in der Bundesrepublik. Zu seinen Mitgliedern gehö-ren die
regionalen Prüfungsverbände des Genossen-schaftswesens.
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Die Klägerin ist ein genossenschaftlich organi-siertes Kreditinstitut und war früher als
Pflicht-mitglied des dem verklagten Verband angehören-den "W ." in Münster gemäß
§ 5 Abs. 3 alter Fassung der Satzung des Beklagten zugleich Mitglied des verklagten
Verbandes. Diese Zwangsmitgliedschaft ist durch den Wegfall der genannten
Bestimmung entfallen und die Mitgliedschaft beruht nunmehr auf freiwilliger Basis.
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Der Zweck des verklagten Verbandes besteht unter anderem in der Errichtung und
Verwaltung von Ein-richtungen zur Sicherung und Förderung der Kredit-
genossenschaften und dem genossenschaftlichen Kre-ditwesen nahestehender
Institute (§ 4 II der Sat-zung). Die Mittel zur Durchführung der Verbands-aufgaben
werden durch jährliche Beiträge aufge-bracht (§ 13 Abs. 1). Die Höhe der Beiträge
be-schließt der Verbandsrat (§ 13 Abs. 2). Dies gilt auch für die Beiträge hinsichtlich
eines ins Leben gerufenen Garantiefonds (§ 24 Abs. 2 d in Verbin-dung mit § 13 Abs.
1).
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Im Jahre 1977 faßten die Mitglieder des verklagten Verbandes mehrheitlich den
Beschluß, einen Garan-tiefonds und eine Garantieeinrichtung zu gründen. Die hierzu
erlassenen Durchführungsbestimmungen wurden im sogenannten SE-Statut 1977
niedergelegt. Der Zweck des Garantiefonds besteht darin, etwaige wirtschaftliche
Schwierigkeiten der in den Fonds einbezogenen Banken abzuwenden oder zu
beheben. In den Garantiefonds einbezogen sind u.a. die Kredit-genossenschaften,
die einem regionalen Prüfungs-verband angehören, welcher Mitglied des verklagten
Verbands ist (§ 31 a).
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Ein Rechtsanspruch der Mitgliedsbanken auf Über-nahme von Bürgschaften und
Garantien oder auf Be-reitstellung von Mitteln aus dem Garantiefonds be-steht nicht
(§ 35 Abs. 3 der Satzung des Beklagten sowie § 30 Abs. 1 SE-Statut).
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Bemessungsgrundlage für die Beiträge der Kredit-genossenschaften und Banken
anderer Rechtsform, die Mitglied eines angehörenden Prüfungsverbandes sind, ist
die Summe im einzelnen näher bezeich-neter Kredite nach dem jeweils vorletzten
Jah-resabschluß (§ 6 Abs. 1). Hierzu gehören Wechsel mit Ausnahme der
bundesbankfähigen Wechsel und der zwischen Banken gem. § 3 girierten Wechsel,
Forderungen an Kunden mit Ausnahme der Forderungen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs.
2 Nr. 3 und 4 KWG sowie mit Ausnahme der durch ein zum Garantiefonds
beitragspflichtiges Verbundsinstitut finanzierten, grundbuchrechtlich gesicherten
Forderungen, soweit das Verbundinstitut das Obligo übernommen hat, eigene
Ziehungen im Umlauf, soweit diese nicht bundesbankfähig oder zwischen Banken
gem. § 3 gi-riert sind und Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und
Scheckbürgschaften sowie aus Gewähr-leistungsverträgen-Avale. Bei
genossenschaftlichen Zentralbanken, der X. und Banken anderer Rechtsform liegt
eine andere Bemessungsgrundlage zugrunde. Erhebungssätze, die über
Grunderhebungssätze hinausgehen, werden vom Verbandsrat des Beklagten auf
Vorschlag des Vor-standes des Beklagten festgesetzt. Die Festsetzung muß für alle
Mitgliedsbanken im gleichen Verhält-nis vorgenommen werden, wobei die Grenze
gem. Abs. 6 zu beachten ist (§ 6 Abs. 3). Reichen die von einem Prüfungsverband
treuhänderisch verwalte-ten Garantiefondsmittel zur Abdeckung des in einem
Verbandsbereich vorhandenen Sanierungsbedarf nicht aus, so erhebt der Beklagte
bei den Mitgliedsban-ken dieses Prüfungsverbands einen zumutbaren Son-
derbeitrag (§ 6 Abs. 4). Bei Entnahme von Garan-tiefondsmittel sind die Banken des
jeweils betrof-fenen Verbandsbereich verpflichtet, die Garantie-fondsmittel nach dem
System wiederaufzufüllen, daß der Verbandsrat des Beklagten beschlossen hat. Än-
derungen dieses Systems beschließt der Verbandsrat des Beklagten auf Vorschlag
des Vorstandes des Beklagten, der der vorherigen Zustimmung der Mehr-heit der
Prüfungsverbände bedarf (§ 6 Abs. 5).
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Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit
der vorstehend ausgeführten Regelungen mit Hilfsanträgen, auf de-ren näheren
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Inhalt verwiesen wird (Bl. 535 R bis 536 R).
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Sie hat einen weiteren Feststellungsantrag, nicht verpflichtet zu sein, für die Jahre
1984 - 1989 einen über den Betrag von 658.287,50 DM hinausge-henden Betrag an
die Sicherungseinrichtung des Be-klagten zu zahlen, bis dieser nach der
Abschaffung der unterschiedlichen Beitragsverpflichtungen der Mitgliedsbanken in
den einzelnen Regionalverbänden und der Abschaffung ihrer Benachteiligung
gegen-über den Verbundsinstituten über die Beiträge neu abgerechnet hat, im
Hinblick auf die von der Be-klagten erhobene Widerklage, die Klägerin zur Zah-lung
von 228.583,60 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 23.05.90 zu verurteilen für erledigt
erklärt.
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Die Klägerin ist der Auffassung, der in § 35 Abs. 3 Satz 2 der Satzung des Beklagten
sowie in § 30 Abs. 1 des SE-Statut geregelte Ausschluß eines Rechtsanspruchs der
Mitgliedsbanken auf Hil-feleistung durch die Sicherungseinrichtung sei un-wirksam,
weil er gegen den im Vereinsrecht gelten-den Grundsatz des Vertrauensschutzes
sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße, insbeson-dere im Hinblick
darauf, daß in der Satzung und in dem SE-Statut keine Kriterien aufgeführt seien,
nach denen die Entscheidung über eine Hilfelei-stung zu treffen sei. Derartige
Kriterien gehör-ten zu den die Sicherungseinrichtung bestimmenden
Grundentscheidungen, die deshalb in Satzung und Statut geregelt sein müßten. Die
fehlende Festle-gung benachteilige insbesonders die kleineren Kre-ditinstitute, die
damit den Verbandsinteressen des Beklagten oder gar einer Verbandswillkür
ausgelie-fert seien. Es bestehe die Gefahr, durch sachlich nicht zwingend gebotene
Verschmelzungsauflagen in Sanierungsfällen die Anzahl der selbständigen Pri-
märbanken im Rahmen eines Konzentrationsprozesses zu verringern. Bei fehlendem
Rechtsanspruch der Mitgliedsbanken auf Hilfeleistung und nicht fi-xierten Kriterien für
die Vergabe von Fondsmittel benachteilige die derzeitige Ausgestaltung der Si-
cherungsfonds die einzelnen Mitgliedsbanken wegen der fehlenden
Kontrollierbarkeit der Entscheidung der zuständigen Gremien über die Gewährung
von Unterstützungsleistungen in unangemessener Weise, zumal die
Sicherungseinrichtung auch finanziell nicht annähernd in der Lage sei, einen Institu-
tionsschutz im Einzelfall beim Zusammenkommen meh-rerer ungünstiger Faktoren
auch nur theoretisch zu erfüllen, wie der derzeit bestehende Stützungsbe-darf der
DG-Bank zeige.
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Die Beitragsregelung in § 6 des SE-Statuts sei unwirksam, da sie nicht das sich aus
dem Gleich-behandlungsgrundsatz ergebene Gebot, die Beiträge zum
Sicherungsfonds strukturell nach dem von dem einzelnen Institut gesetzten Risiko zu
bemessen, berücksichtigte, da die Beitragsregelung in § 6 pauschal auf die Höhe der
ausgeliehenen Kredite abstelle, ohne das Eigenkapital der einzelnen Institute zu
berücksichtigen, dessen Höhe maß-geblich für die Bemessung des Insolvenz-
Risikos sei. Außerdem benachteilige die Beitragsregelung die kleineren
Genossenschaftsbanken, weil der pro-zentuale Anteil der genossenschaftlichen
Zentral-banken und der DG-Bank an Forderungen an Kunden weit geringer sei als
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bei den kleineren Banken und und demzufolge auch die Beitragshöhe. Bei größeren
Mitgliedsbanken ergebe sich ein nicht berücksich-tigtes Risiko durch Beteiligung an
Unternehmen, Wertpapiergeschäften, Devisen- und Termingeldge-schäfte. Die
Summe der ausgelegten Kredite erfasse mithin nur einen kleinen Teil des von den
einzel-nen Mitgliedsbanken ausgehenden Risikopotentials.
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Ferner verstoße das in § 6 Abs. 4 und 5 der Satzung der Beklagten verankerte
Regionalprinzip gegen das Prinzip der Beitragsgerechtigkeit, da sachliche Gründe für
die Anwendung des Regional-prinzips nicht gegeben seien. Der Beklagte sei ein
bundesweit organisierter Verband und die Banken innerhalb eines einzelnen
Prüfungsverbands bilde-ten weder in sich einen abgeschlossenen Markt noch
könnten sie aufeinander Einfluß nehmen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen und den bereits er-wähnten Widerklageantrag gestellt.
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Er hält die von der Klägerin angegriffenen Be-stimmungen seiner Satzung bzw. des
SE-Statuts für wirksam und ist der Auffassung, die Regelung, wonach ein
Rechtsanspruch der Mitgliedsbanken auf Hilfeleistung nicht bestehe, sei inhaltlich
aus-reichend und rechtlich unbedenklich. Der Ausschluß eines Rechtsanspruchs sei
gerechtfertigt, weil die theoretisch denkbaren Risiken so hoch seien, daß sie durch
die Sicherungseinrichtung nicht durch Gewährung eines Rechtsanspruchs auf
Hilfeleistung abgedeckt werden könnten. Hinzu komme, daß die
Sicherungseinrichtung bei Einräumung eines Rechts-anspruchs auf Hilfeleistung
Versicherungscharakter bekomme, was dazu führe, daß in diesem Fall Bei-träge
erhoben werden müßten, die ein Vielfaches der derzeitigen Beitragssätze
ausmachten. Hinzu komme in diesem Falle schließlich noch eine steu-erliche
Mehrbelastung, die ebenfalls zwangsläufig zu einer Beitragserhöhung führe.
Ebensowenig sei die in § 6 SE-Statut enthaltene Beitragsregelung zu beanstanden,
weil die Summe der ausgelegten Kredite der geeignetste Gesichtspunkt zur Heran-
ziehung der einzelnen Mitgliedsbanken entsprechend dem Risiko einer möglichen
Schadensverwirklichung sei. Außerdem seien vorhandene stille Reserven,
wirtschaftlich also Eigenkapital, regelmäßig in der Bilanz von den Forderungen am
Kunden abge-setzt, wodurch die Bemessungsgrundlage für die Ga-
rantiefondsbeiträge um die Eigenkapitalbestandteil in Gestalt stiller Reserven gekürzt
werde. Über-dies spiele die Höhe des haftenden Eigenkapitals einer Bank für die
Beurteilung des Risikopotenti-als keine ins Gewicht fallende Rolle; ausschlag-
gebend seien vielmehr die Risikofreudigkeit einer Bank bei der Kreditvergabe und
die Bewertung der Kreditforderungen in der Bilanz.
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Das in § 6 Abs. 4 und 5 SE-Statut enthaltene Regionalprinzip führe auf Dauer
statistisch zu keiner höheren Inanspruchnahme der einzelnen Mit-gliedsbanken und
trage dem Umstand Rechnung, daß die Mitgliedsbanken innerhalb eines
Prüfungsver-bandes zueinander in engerem Kontakt ständen.
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Die Klägerin sei damit auch zur Entrichtung der mit der Widerklage geltend
gemachten rückständigen Beitragsleistungen für die Jahre 1984 - 1990 ver-pflichtet.
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Das Landgericht hat nach Einholung eines Sach-verständigengutachtens festgestellt,
die in § 6 des SE-Statuts des Beklagten enthaltene Beitrags-regelung sowie das in §
35 Abs. 5 c und d der Satzung des Beklagten sowie § 6 Abs. 4 und 5 des Statuts der
Sicherungseinrichtung des Beklagten enthaltene Regionalprinzips seien unwirksam,
letz-teres, soweit sie die Erhebung von Sonderbeiträgen auf Banken auf den Bereich
eines Prüfungsverban-des, dessen Garantiefondsmittel zur Abdeckung des in seinem
Verbandsbereich vorhandenen Sanierungs-bedarfs nicht ausreichen, beschränken.
Es hat ferner den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit die
Klägerin Feststellung beantragt hat, nicht verpflichtet zu sein, für die Jahre 1984 -
1989 einen über 658,287,50 DM hinaus-gehenden Beitrag an die
Sicherungseinrichtung des Beklagten zu zahlen, bis dieser nach Änderung des § 6
des Statuts seiner Sicherungseinrichtung sowie von § 35 Abs. 5 c und d seiner
Satzung sowie von § 6 Abs. 4 und 5 seines Sicherungsstatuts nach Maßgabe der
Gründe dieses Urteils über die Beiträ-ge neu abgerechnet habe. Im übrigen hat das
Land-gericht die Klage und die Widerklage abgewiesen.
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Das Landgericht hat den in § 35 Abs. 3 Satz 2 der Satzung des Beklagten und in § 30
Abs. 1 des SE-Statuts geregelten Ausschluß eines Rechts-anspruchs der
Mitgliedsbanken auf Hilfeleistung für die Sicherungseinrichtung für wirksam gehalten
mit der Begründung, es sei nicht unbillig und sachlich ungerechtfertigt, daß der
Institutsschutz nur prinzipiell bestehe und der Anspruch der Mitgliedsbanken faktisch
auf die Einhaltung der im Vereinsrecht immanenten Regel der Gleichbehand-lung
und des Vertrauensschutzes beschränkt und gesichert sei. Der nach Ausgestaltung
in Satzung und SE-Statut gewährte begrenzte und bedingte Institutsschutz sei ein
ökonomisch sinnvoller Kom-promiß zwischen Sicherung und Begrenzung der von
seiner Sicherung ausgehenden schädlichen Nebenwir-kungen. Dieser bedingte,
begrenzte Institutschutz sei mit einem Rechtsanspruch der Mitgliedsbanken auf
Hilfeleistung unvereinbar und nicht erfüllbar. Einschränkungen des Institutschutzes
durch Satzung und SE-Statuts beständen in mehrfacher Hinsicht. Diese
Beschränkungen und Konditionierungen des von der Sicherungseinrichtungen des
Beklagten gewähr-ten Institutsschutzes, mit denen die Einräumung eines
Rechtsanspruchs auf Hilfeleistung der Mit-gliedsbanken durch die
Sicherungseinrichtung aus den aufgezeigten Gründen nicht vereinbar wäre, stellten
einen ökonomisch sinnvollen Kompromiß dar. Der Institutschutz könne in einer
Wettbe-werbswirtschaft kein Selbstzweck sein und sei deshalb nur unter bestimmten
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Bedingungen mit einer marktwirtschaftlichen Ordnung zur Vereinba-rung, deren
Wettbewerbsprinzip die Auslese und das Ausscheiden von Grenzunternehmen
einschließe. Ein absoluter Institutschutz würde dieses Ausschei-den verhindern. Ein
berechtigtes Interesse des Beklagten an einem nur beschränkten und konditio-nierten
Institutschutz ergebe sich auch daraus, daß sonst leicht die Möglichkeit bestehen
würde, daß die absolut geschützten Institute auf Kosten der Solidargemeinschaft
handeln könnten und Mit-gliedsbanken bei ihrer Geschäftspolitik in der Erwartung
damit verbundener höherer Ertragschancen weitreichender Risiken eingingen in der
Gewiß-heit, bei Verlusten notfalls einen Rechtsanspruch auf Sanierung zu haben.
Dies würde im Ergebnis zu einer Subventionierung riskanter Kreditvorhaben führen.
Schließlich sei der Institutschutz nur ein Mittel des Einlegerschutzes und diesen
speziell bei den Genossenschaftsbanken auch dem Schutz des Eigenkapitals, damit
dieses in ausreichendem Maße beschafft werden könne. Das Gesamtrisiko einer
Bank als Ganzes sei nicht versicherbar. Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag,
festzustellen, daß der Ausschluß eines Rechtsanspruchs der Banken auf
Hilfeleistung durch die Sicherungseinrichtung unwirksam sei, solange nicht
gleichzeitig in der Satzung des Beklagten, im SE-Statut oder in ei-ner Anlage dazu
angemessene Verfahrensregeln und Kriterien festgelegt seien, nach denen die Ent-
scheidung über die Vergabe von Stützungsmaßnahmen zu treffen sei, sei ebenfalls
unbegründet. Das Fehlen derartiger Kriterien stelle keine unwilli-ge Beeinträchtigung
schützenswerter Interessen der Mitgliedsbanken dar. Materielle Kriterien für das
Eingreifen der Sicherungseinrichtungen seien prak-tisch nicht sinnvoll abstrakt zu
formulieren, ohne daß es sich dann um bloße Leerformeln handele. Ebensowenig
ließen sich sachgerechte Kriterien abstrakt vorab festlegen, unter welchen Vorausset-
zungen in Sanierungsfällen Verschmelzungsauflagen erfolgen könnten, da es sich
auch hierbei um eine nicht standardisierbare unternehmerische Entschei-dung im
Einzelfall handele. Präzisierungen und Objektivierungen seien allenfalls in
verfahrensmä-ßiger Hinsicht denkbar, in welchem Stadium und un-ter welchen
Beteiligten die Entscheidung über das ob und wie von Stützungsmaßnahmen
vorbereitet und getroffen werden muß oder soll. Insoweit würden Verbesserungen der
vorhandenen Regelungen möglich erscheinen, deren Regelungen beeinträchtige
jedoch die schutzwürdigen Belange der Mitgliedsbanken nicht unbillig.
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Das Landgericht hat die in § 6 des Statuts der Sicherungseinrichtung festgelegte
Beitragsre-gelung wegen Verstoßes gegen den vereinsrechtli-chen
Gleichbehandlungsgrundsatz für unwirksam er-klärt mit der Begründung, die
Beitragsregelung erfasse das von den einzelnen Mitgliedsbanken jeweils gesetzte
Insolvenzrisiko strukturell nicht sachgerecht, weil die als Bemessungsgrundlage
berücksichtigten Umstände das von den einzelnen Mitgliedsbanken ausgehende
Risiko nicht in aus-reichender Weise erfasse. Als weitere Bemessungs-grundlage
kämen daneben insbesondere das vorhande-ne Eigenkapital in Relation zu den
Risikobestän-den, das Risiko des Ausfalls von Großkrediten sowie die aus dem
Einsatz neuartiger Finanzinstru-mente sich ergebenden besonderen Risiken in Be-
tracht.
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Ebenso seien die in § 35 Abs. 5 c und d der Sat-zung des Beklagten sowie in § 6
Abs. 4 und 5 des SE-Statuts enthaltenen Regelungen insoweit unwirk-sam, als sie
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die Sonderbeitragserhebung auf Banken im Bereich eines Prüfungsverbandes, in
dem ein Sanierungsbedarf aufgetreten sei, beschränkten. Hierin liege eine durch
sachliche Gründe nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung einer
bestimmten Gruppe von Mitgliedern der Beklagten, die auf mehrere Jahre bezogen
an die Grenze der Zumutbarkeit reichen könne. Es erscheine unbillig, das
grundlegende Prinzip der Solidar- und Risiko-gemeinschaft bei der Finanzierung von
Insolvenzen regional zu durchbrechen.
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Im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Beitrags-regelung sei daher auch die
Widerklage nicht be-gründet.
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Wegen der weiteren Ausführungen des Landgerichts wird auf die angefochtene
Entscheidung verwiesen.
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Beide Parteien haben unter Wiederholung und Ergän-zung ihres erstinstanzlichen
Vorbringens Berufung eingelegt.
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Die Klägerin verfolgt ihren Hilfsantrag, festzu-stellen, daß der Beklagte verpflichtet ist,
den im Statut der Sicherungseinrichtung geregelten Insti-tutsschutz in einen der Höhe
nach begrenzten Ein-lagenschutz umzuwandeln, nicht mehr (Bl. 599) und hat
hinsichtlich der übrigen Anträge eine Korrek-tur wie Bl. 624 ersichtlich,
vorgenommen. Sie hält im übrigen den Ausschluß eines Rechtsanspruchs der
Mitgliederbanken auf Hilfeleistung durch die Sicherungseinrichtung für unwirksam.
Der Beklag-te besitze in seinem Bereich ein tatsächliches Monopol und der
Interessenkonflikt zwischen ihm und den beteiligten Banken dürfe nicht einseitig
zugunsten des Beklagten gelöst werden. Das Landge-richt habe zwischen dem in §
35 Abs. 3 angespro-chenen Institutsschutz und der in § 1 des SE-Sta-tuts
angesprochenen Einlagensicherung nicht nach-haltig differenziert und die vom
Beklagten unter-haltene und betriebene Sicherungseinrichtung be-zwecke lediglich
eine Einlagensicherung und keinen Institutsschutz. Weder Einlagensicherung noch
In-stitutsschutz dürften im Hinblick auf die wesent-lichen Entscheidungen, an welche
Bank und unter welchen tatbestandlichen Voraussetzungen Hilfelei-stungen erfolgen,
in das pflichtgemäße Ermessen der Leitungsorgane gestellt werden. Diese könnten
einseitig, parteiisch oder gar willkürlich getrof-fen werden, ohne daß sich die Klägerin
hiergegen im vorgerichtlichen Raum zur Wehr setzen könne. Der
Gleichheitsgrundsatz sowie der Vertrauens-schutz verlange eindeutige und
nachprüfbare Ver-fahrenskriterien und der grundliegende Mangel der angefochtenen
Entscheidung liege darin, daß der das Vereinsrecht beherrschende
Gleichbehandlungs-grundsatz überhaupt nicht erwähnt werde, obwohl dieser zum
Kernbestandteil des Vereinsrechts gehö-re und notwendigerweise sowohl in der
Satzung als auch im Statut der Sicherungseinrichtung reflek-tiert werden müsse.
Schließlich sei der Gesichts-punkt des Vertrauensschutzes vernachlässigt und es sei
für die Klägerin unerträglich zu wissen, daß sie auf der einen Seite erhebliche
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Beitragszahlun-gen zum Sicherungsfonds leisten müsse, welche für die unstrittig
gegebenen Sanierungsfälle in der Vergangenheit verwendet worden seien, ohne daß
für sie transparent werde, unter welchen sachlichen oder verfahrensrechtlichen
Voraussetzungen der Prüfungsverband oder der Vorstand des Beklagten eine
Sanierung oder Fusion beschließen würde. Schließlich verstoße die Regelung der
Beklagten gegen § 9 AGB-Gesetz, weil sein Statut der Siche-rungseinrichtung
lediglich einseitige Pflichten der einzelnen Banken begründe, nicht aber korre-
spondierende Recht vorsehe. In jedem Fall sei dem Hilfsantrag stattzugeben, weil
weder in der Sat-zung noch im Statut der Sicherungseinrichtung ver-fahrensmäßige
Vorkehrungen getroffen worden seien, daß Ungleichbehandlung oder Willkür
ausgeschlos-sen seien. Vor allem gehe es darum, Kriterien für die erforderliche
Gleichbehandlung einzelner Mitgliedsbanken, festzulegen, was nicht geschehen sei.
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Die gutachterlichen Ausführungen des Sachverstän-digen seien nicht stimmig und
zum Teil unrichtig, weil sie nicht in der Lage seien, die "Diskrepan-zen" und
Widersprüche zwischen Satzung und Statut Sicherungseinrichtung einerseits und
dem tatsäch-lichen Verhalten des zuständigen Prüfungsverbandes oder des
Vorstandes des Beklagten andererseits zu erklären und plausibel zu machen. Im
übrigen seien die Ausführungen des Sachverständigen hinsichtlich des vom Kläger
geltend gemachten Hilfsantrages geeignet, einen Mindeststandard zu erreichen, die
gröbste Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes so-wie des zu Gunsten der Klägerin
streitenden Ver-trauensschutzes abzumildern.
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Der Beklagte hat ebenfalls Berufung eingelegt mit dem Antrag auf Klageabweisung
insgesamt und Verur-teilung der Klägerin im Wege der Widerklage zur Zahlung von
228.583,60 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 23.05.1990.
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Er hält die in § 6 des SE Statuts enthaltene Beitragsregelung und das dort
vorgesehene Regio-nalprinzip für wirksam u.a. mit der Begründung, der
Bundesgerichtshof sei bereits im Vorprozeß in seinem Urteil vom 24.10.1988
erkennbar von der Wirksamkeit dieser Bestimmungen ausgegangen, da er diese
nicht bemängelt habe. Ebenso gehe der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom
13.11.1991 mit seiner Entscheidung, für künftige Beiträge zum Garantiefond des
Beklagten könnten die Mitglieds-banken keine Rückstellungen bilden, inzidenter von
der Wirksamkeit der in § 6 SE-Statut enthaltenen Regelungen aus.
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Die in § 6 Abs. 1 SE-Statut enthaltene Beitrags-bemessungsgrundlage halte einer
richterlichen In-haltskontrolle stand und beeinträchtige nicht die schutzwürdigen
Belange der Klägerin.
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Soweit im angefochtenen Urteil beanstandet werde, daß in dem Katalog des § 6 Abs.
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1 SE-Statuts die neuartigen Finanzierungsinstrumente nicht aufge-führt und nicht
herangezogen würden zur Bemessung der Beiträge, sei dies ungerechtfertigt, weil
dies bei genossenschaftlichen Ortsbanken wegen völli-ger Bedeutungslosigkeit nicht
erfaßbar sei. Der Gesamtbeitrag der genossenschaftlichen Ortsbanken und
Zentralbanken würde sich nur geringfügig erhö-hen, so daß die aus den neuartigen
Finanzinstru-menten resultierenden Risiken eine absolut zu ver-nachlässigende
Höhe ausmachten und eine völlig un-tergeordnete Rolle spielten.
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Ebensowenig sei das in § 6 Abs. 4 und 5 SE-Statut und in § 35 Abs. 5 c und d der
Satzung enthalte-ne Regionalprinzip unwirksam. Auch insoweit sei der
Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 24.10.1988 von der Wirksamkeit
dieser Regelung ausgegangen. Er habe dort das SE-Statut einer umfassenden
Inhaltskontrolle unterzogen und damit auch das Regionalprinzip als angemessenes
sachge-rechtes Beitrags-Belastungskriterium anerkannt. Im übrigen würden hierdurch
die schutzwürdigen Inter-essen der Mitgliedsbanken nicht unangemessen und
unbillig beeinträchtigt.
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Beide Parteien beantragen unter Wiederholung und Ergänzung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens die Zurückweisung der gegnerischen Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags beider Parteien wird auf den
Akteninhalt verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufungen beider Parteien sind zulässig und statthaft.
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Sachlich begründet ist lediglich die Berufung des Beklagten, abgesehen von ihrem
noch nicht ent-scheidungsreifen Antrag zur Widerklage.
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Die Kontrolle der von der Klägerin angegriffenen Bestimmungen in der Satzung des
Beklagten und seines SE-Statuts - es handelt sich um drei Bestimmungen:
Ausschluß eines Rechtsanspruchs auf Hilfeleistung aus dem Garantiefond in § 35
Abs. 3 Satz 2 der Satzung des Beklagten sowie in § 30 Abs. 1 des SE-Statuts, die
Kriterien für die Bemessung der Beitragshöhe in § 6 des SE-Statuts und das
Regionalprinzip bei der Wiederauffüllung der Garantiefondmittel - im Rahmen der
zulässigen gerichtlichen Nachprüfung hat keine Anhaltspunkte für deren
Unwirksamkeit oder Änderungs- bzw. Er-gänzungsbedürftigkeit ergeben.
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1.
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Das SE-Statut und die Satzung des Beklagten sind der Inhaltskontrolle unterworfen
(BGH NJW 1989, 1726). Der Satzungsautonomie sind nicht nur gegenüber
außenstehenden Dritten, sondern auch im Verhältnis zu den Vereinsangehörigen
selbst gem. § 242 BGB Grenzen gesetzt (BGH a.a.O.). Die Frage der Zulässigkeit
und Erforderlichkeit ei-ner Inhaltskontrolle verbandsinterner, die Rechts-stellung der
Mitglieder regelnder Normen ist jedenfalls für diejenigen Vereine und Verbände, die
im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung
innehaben, zu bejahen. So wenig wie es solchen Vereinigungen freigestellt werden
kann, Bewerber, die auf die Mitgliedschaft bei ihnen angewiesen sind, willkürlich
abzuweisen, so wenig kann es ihnen freistehen, ihre Mitglieder willkürlichen oder
unbilligen, Treu und Glauben (§ 242 BGB) widerstreitenden Satzungsgestaltungen
zu unterwerfen.
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77
Das Regelwerk des Beklagten unterliegt damit einer Überprüfung auf seine
inhaltliche Billigkeit. Der verklagte Dachverband besitzt vor allem wegen der von ihm
unterhaltenen Sicherungseinrichtungen nicht nur eine überragende wirtschaftliche
Macht-stellung, sondern in seinem Bereich sogar ein tatsächliches Monopol (BGH
a.a.O.). Deshalb ist vorliegend eine Situation gegeben, die auch eine Überprüfung
des verbandrechtlichen Regelwerkes auf seine inhaltliche Angemessenheit hin
sachlich ge-rechtfertigt erscheinen läßt (BGH a.a.O.).
78
79
2.
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Die im vorliegenden Rechtsstreit von der Klägerin angegriffenen Bestimmungen
unterliegen damit nur der Prüfung, ob sie unangemessen und unbillig die
schutzwürdigen Belange der Mitgliedsbanken be-einträchtigen, ohne daß hierfür ein
überwiegendes sachliches Interesse des verklagten Verbandes an einer derartigen
Regelung geltend gemacht werden könnte (BGH a.a.O.).
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83
a)
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Der Senat ist in Übereinstimmung mit der Kammer der Auffassung, daß der in § 35
Abs. 3 Satz 2 der Satzung des Beklagten sowie in § 30 Abs. 1 seines SE-Statuts
enthaltene Ausschluß eines Rechtsan-spruchs der Mitgliedsbanken auf
Hilfeleistungen durch die Sicherungseinrichtung sich nicht als sachlich nicht
gerechtfertigte, unangemessene und unbillige Beeinträchtigung der schutzwürdigen
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Be-lange der Klägerin darstellt.
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Es ist nicht unbillig, daß der Institutsschutz nur prinzipiell besteht und der Anspruch
der Mit-gliedsbanken damit faktisch auf die Einhaltung der dem Vereinsrecht
immanenten Regeln der Gleichbe-handlung und des Vertrauensschutzes beschränkt
und durch weitere im SE-Statut enthaltene Einzelrege-lungen gesichert wird.
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Zwar hat die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit durchaus beachtenswerte
Umstände vorgetragen, die für einen Rechtsanspruch sprechen könnten; diese sind
jedoch nicht derart schwerwiegend und erheb-lich, daß die Versagung des
Rechtsanspruchs sich als unbillig und unangemessen darstellt, und nur hierauf
kommt es vorliegend an.
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Der Beklagte hat im Rahmen der Satzungsautonomie das Recht, sich in freier
Selbstbestimmung seine eigene innere Ordnung zu geben und das Verhältnis zu
seinen Mitgliedern zu regeln. Hierbei ist, soweit es den Ausschluß eines
Rechtsanspruchs betrifft, eine der richterlichen Inhaltskontrol-le unterliegende
Überschreitung seiner Befugnis (Unangemessenheit, Unbilligkeit) nicht erkennbar.
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93
Ausgehend von den überzeugenden und erschöpfenden Ausführungen des
Sachverständigen Prof. Dr. R. in seinem schriftlichen Gutachten vom 20. September
1991 (Bl. 286 f. d.GA) spricht die Abwägung der beiderseits schützenswerten Inter-
essen der Parteien für die Wirksamkeit des Aus-schlusses des von der Klägerin
begehrten Rechtsan-spruchs.
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Aufgabe der Sicherungseinrichtung des Beklagten ist im Unterschied zur direkten
Einlagensicherung bei den privaten Banken die sog. indirekte Einla-gensicherung
über einen Institutsschutz, wie sich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 der Satzung ergibt. Der
von der Sicherungseinrichtung des Beklagten gewährte Schutz wird als "modifizierter
Bankenschutz" be-zeichnet, weil die Möglichkeit gegeben ist, vom vollständigen
Schutz der Einleger "in einem ex-tremen Ausnahmefall" auch einmal abzusehen.
Damit der Verweis auf den "extremen Ausnahmefall" kein Freibrief für das
Nichteingreifen der Sicherungs-einrichtung werden kann, erfolgt im Statut eine
inhaltliche Präzisierung des Begriffs. Zur Konkre-tisierung und inhaltlichen
Begrenzung dieser Modi-fikation ist in § 1 Abs. 2 des Statuts ausdrück-lich festgelegt,
welche Einlagen unkonditioniert geschützt sind. Im Institut der Sicherungseinrich-
tung des Beklagten wird der Gefahr einer bedenken-losen oder sogar strategisch auf
die Inanspruch-nahme der Sicherungseinrichtung zielenden Einla-genexpansion
durch eine Modifikation des Begriffs des Institutsschutzes im Sinne einer Bedingung
vorgebeugt, die der Sachverständige als "modifi-zierten Bankenschutz" bezeichnet
(Bl. 269). Ande-rerseits beinhaltet der Institutsschutz keinen un-bedingten
96
Bestandschutz für die einzelne Bank. Es gibt keinen Bestandsschutz für die
Organisation, die Entscheidungskompetenzen der betreffenden Bank oder ihre
Unabhängigkeit. Es besteht aber (und das im Gegensatz zur Einlagensicherung des
Bundesver-bandes Deutscher Banken) regelmäßig die Absicht, das betroffene Institut
nicht über ein Konkursver-fahren abzuwickeln.
97
Wie der Begriff des Institutsschutzes in dieser Hinsicht konkretisiert und abgesichert
werden kann, ist nach Darstellung des Sachverständigen viel weniger präzise
formulierbar als im Falle des Einleger- und Eigenkapitalgeberschutzes (Bl. 270).
Während also hinsichtlich der Ansprüche der Einle-ger und Eigentümer im Statut und
den Verfahrensre-geln der Sicherungseinrichtung weitgehend präzise Vorgaben über
die Ausfüllung des Begriffs der Institutssicherung beim Einsatz der Sicherungsein-
richtung formuliert worden sind, findet man solche Präzisierungen im nicht die
Kapitalbeziehungen der Banken betreffenden Bereich nur rudimentär (Bl. 270). So
sind nach § 21 Abs. 6 des Statuts die Banken verpflichtet, die Forderungen personel-
ler und/oder personeller sachlicher Art unverzüg-lich zu erfüllen, die der Vorstand des
Beklagten im Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat des Beklag-ten oder der
zuständige Prüfungsverband in Vertre-tung des Beklagten zur Vermeidung der in
Anspruch-nahme des Garantiefonds oder des Garantieverbandes erhebt, nachdem
Sorgfaltspflichten gem. § 19 ver-letzt oder Tatsachen bekannt geworden sind, aus
denen sich eine Inanspruchnahme des Garantiefonds oder des Garantieverbundes
abzeichnet.
98
99
Der Sachverständige zieht zusammenfassend aus der Literaturanalyse den
überzeugenden Schluß, daß gegen einen Rechtsanspruch auf Hilfeleistung im
"Insolvenzfall" grundsätzliche marktwirtschaft-liche Überlegungen sprechen sowie
mögliche An-reizeffekte, die zu einer besonders risikoreichen Geschäftspolitik der
gesicherten Banken führen (Bl. 279). Wenn diese Gründe schon ökonomisch gegen
einen Rechtsanspruch der Einleger sprechen würden, dann erst recht gegen einen
solchen An-spruch der Institute selbst.
100
101
Schließlich sprechen gegen einen Rechtsanspruch steuerliche,
versicherungsrechtliche und versiche-rungskonstruktionsbedingte
Hinderungsgründe. Wie der Sachverständige in seinen Ausführungen vom 20.
September 1971 (Bl. 287 f. d.GA) zutreffend hervorgehoben hat, besteht
insbesondere aus steu-erlichen Gründen ein Interesse am Ausschluß eines
Rechtsanspruchs, damit die Sicherungseinrichtung keinen Versicherungscharakter
bekommt und einer steuerlichen Zusatzbelastung unterliegt.
102
103
Bei seiner mündlichen Anhörung (Bl. 384) hat der Sachverständige ergänzend
erklärt, der Instututs-schutz sei ein Ausfluß der Besonderheiten inner-halb der Gruppe
der Raiffeisen- und Volksbanken und habe in diesem Rahmen eine Doppelfunktion.
Neben dem mittelbaren Einlegerschutz beinhalte er auch den Schutz des Mitglieds
104
im Verein. Ein über-wiegendes sachliches Interesse an der vorliegenden Regelung
sei, daß weniger Sicherheit für die Einzelbank für die Gruppe mehr Sicherheit
bewirke. Mit weniger Sicherheit sei weniger Sicherheit auf Unterstützung gemeint
und dieser Effekt sei daraus zu erklären, daß dann, wenn die angelegten Gelder
sicher sind und das Management um die Sicherheit der Bank nicht besorgt zu sein
brauche, dann weniger zu verlieren ist, durch riskante Operationen aber viel zu
gewinnen. Es fehle zu-sätzlich die Bindungsfunktion des Eigenkapitals. Überrissene
Sicherungssysteme führten praktisch zu einem riskanten Kreditvorhaben und dies sei
eine Erfahrung, die sich seit Anfang der 80er Jahre in den Vereinigten Staaten
bestätigt und dort zu einer Untergrabung der Marktdisziplin geführt habe. Dieser
Gesichtspunkt gelte auch beim Insti-tutsschutz, auch wenn dieser nur beschränkt und
bedingt sei (Bl. 387). Wenn sich das Management über die Bonität der Anlagen nicht
allzusehr den Kopf zu zerbrechen brauche (Risikoprüfung), würden im Wettbewerb
weniger risikoarme Geschäfte vorgenommen. Diesem Gesichtspunkt sei ein ganz
entscheidenes Gewicht beizumessen, der schon des-halb grundsätzlich dazu führe,
daß ein überwiegen-des sachliches Interesse an dem Ausschluß eines
Rechtsanspruchs bestehe (Bl. 387). Ferner sei von Bedeutung, daß dann, wenn ein
Rechtsanspruch auf Unterstützung fehle, ineffiziente Banken frühzei-tig
ausgeschieden werden könnten. Die Zubilligung eines beschränkten
Rechtsanspruchs sei ökonomisch nicht durchführbar und willkürlich, soweit dies
unter dem Gesichtspunkt Erschöpfung der Fondsmit-tel geschehen solle. Dies sei ein
rein zufälliges Ereignis und würde beinhalten, daß die zu stützen-de Mitgliedsbank
dann als erste im nächsten Jahr Anspruch auf Unterstützung hätte; dies würde die
Beschränkung wieder aufheben.
105
Standards für die Notwendigkeit des Eingreifens der Sicherungseinrichtung seien
schwer zu ent-wickeln (Bl. 387). Ein möglicher Standard wäre der Verlust des
Eigenkapitals in Höhe von 50 %, der aber nicht in allen Fällen eine sinnvolle Größe
sei. Allgemein könne man sagen, daß ein Eingreifen dann geboten sein müßte, wenn
die Bank einen Verlust erlitten habe, den sie aus eigenen Mitteln nicht mehr decken
könne. Es könne aber nicht allein der Verlust maßgebend sein in jedem Einzelfall;
beispielsweise könne auch der Ausfall von 3 Großkunden, oder daß es zu einem
erheblichen Verlust komme, die Notwendigkeit erfordern, eine neue wirtschaftliche
Basis zu finden (Bl. 388). Die Voraussetzungen eines Eingreifens sowie die
Erwägung ob zu liquidieren oder weiterzuführen sei, sei eine nicht standardisierbare
unternehme-rische Entscheidung im Einzelfall.
106
107
Ein Versicherungssystem, das bei einem Rechtsan-spruch zwangsläufig gegeben
wäre, sei für eine Gruppe, wie es die Volks- und Raiffeisenbanken darstellten,
sachlich praktisch undurchführbar. Wenn eine solche Versicherung ihren Zweck
erfüllen sollte, müßte eine staatliche Sicherung instal-liert werden (Bl. 388).
108
109
Diese Ausführungen des Sachverständigen sind über-zeugend und nachvollziehbar
und lassen im Inter-esse aller Mitglieder der Beklagten den Ausschluß eines
Rechtsanspruchs jedenfalls nicht unbillig und unangemessen erscheinen. Die
110
schutzwürdigen Belange der Klägerin sind berücksichtigt und es besteht kein
überwiegendes sachliches Interesse der Klägerin an der von ihr gewünschten
Regelung. Die vom Sachverständigen aufgezeigten Nachteile bei der Gewährung
eines Rechtsanspruches sind erheblich. Wenn auch daran gedacht werden könnte,
der Klägerin einen Rechtsanspruch auf Leistungen, die sie mit ihren Beiträgen
bezahlt, zu gewähren, so stehen diesem Begehren nicht zuletzt deshalb erhebliche
Bedenken entgegen, weil dies zu einer Steigerung der Beiträge führen könnte und es
muß der Entscheidung aller Mitglieder überlassen bleiben, welche Regelung
insoweit im einzelnen getroffen werden soll. Es erscheint gegenüber den anderen
Mitgliedern des Beklagten unbillig und unangemessen, gegen ihren Willen -
zumindest gegen den Willen der Mehrheit - eine Änderung der in § 35 Abs. 3 Satz 2
der Satzung des Beklagten sowie in § 30 Abs. 1 des SE-Statuts enthaltenen
Regelung herbeizuführen.
111
Der Institutsschutz kann in einer Wettbewerbs-wirtschaft kein Selbstzweck sein. Er ist
deshalb nur unter bestimmten Bedingungen mit einer markt-wirtschaftlichen
Verordnung zu vereinbaren, deren Wettbewerbsprinzip die Auslese und das
Ausschei-den von Unternehmen einschließt. Ein absoluter Institutsschutz würde
dieses Ausscheiden gerade verhindern. Institutsschutz ist deshalb mit der
marktwirtschaftlichen Ordnung nur kompatibel, wenn er beschränkt und bedingt ist
und dabei insbeson-dere die Möglichkeit eröffnet, daß die im Rahmen der
Unternehmenssicherung gestützten Institute in der Sanierung mit anderen fusioniert
werden. Überzeugend ist schließlich der Hinweis, daß leicht die Möglichkeit
entstehen würde, daß die absolut geschützten Institute auf Kosten der So-
lidargemeinschaft handeln und risikoträchtige Ge-schäfte vornehmen könnten. Dies
würde im Ergebnis zu einer Subventionierung riskanter Kreditvorhaben führen und
hierbei ist auch an den Schutz organi-sationsfremder Banken zu denken, da auch
hier der Institutsschutz auf Kosten der Solidargemeinschaft unterlaufen werden
könnte, wenn eine Mitgliedsbank in erheblichem Umfang bei organisationsfremden
Banken Gelder aufgenommen und für risikoreiche, verlustbringende
Kreditengagements verwendet hat.
112
113
Hinzu kommt, daß die Klägerin wie jedes andere Mitglied im Falle einer Notlage
abgesehen von den vom Sachverständigen insoweit gemachten Ausführun-gen
bereits deshalb nicht der Willkür der Beklag-ten ausgesetzt ist, weil, wie in der
mündlichen Verhandlung erläutert, breit gestreute Entschei-dungsgremien bei der
Prüfung der Sanierungsbedürf-tigkeit einer Bank tätig werden; der Regionalver-band
bei einem Bedarf bis 2 Millionen DM, bei ei-nem höheren Bedarf der Vorstand der
Beklagten ein- schließlich der Beteiligung des Verwaltungsrats und aller übrigen
Verbände.
114
115
Die weiteren Ausführungen der Klägerin in der Be-rufungsbegründung geben keinen
Anlaß zu einer vom Landgericht abweichenden Feststellung.
116
117
Die Kammer hat entgegen der Auffassung der Klä-gerin die anerkannten Regeln der
richterlichen Inhaltskontrolle nicht verletzt und insbesondere zwischen dem
Institutsschutz und der Einlagenver-sicherung nachhaltig differenziert. Davon abge-
sehen hat der Sachverständige Prof. Dr. R. in seinen schriftlichen Erläuterungen (Bl.
261 f., insbesondere Bl. 263) den Unterschied zwischen Institutsschutz und
Einlagensicherung ausdrücklich berücksichtigt und auch in seiner mündlichen
Anhörung hierauf nochmals Bezug genommen und ist eingehend auf deren
unterschiedliche Behandlung eingegangen (Bl. 399 d.GA). Er hat schließlich bei
seiner mündlichen Anhörung das von der Beklag-ten eingehaltene
Sicherungssystem als funktionsfä-hig bezeichnet (Bl. 386 d.GA) und ein überwiegen-
des sachliches Interesse an dem Ausschluß eines Rechtsanspruchs bejaht (Bl. 387
d.GA).
118
119
Ebensowenig ist es erforderlich, daß der Beklagte in seinen Statuten im einzelnen
nachprüfbare Ver-fahrenskriterien aufstellen muß. Dies würde eine Überforderung
bedeuten, und eine abschließende Regelung ist nicht möglich. Insoweit hat der
Sach-verständige Prof. Dr. R. bei seiner mündli-chen Anhörung (Bl. 387 d.GA)
überzeugend erklärt, die Notwendigkeit eines Eingreifens der Siche-
rungseinrichtungen seien schwerlich zu entwickeln, so daß aus diesem Grund auch
den von der Klägerin gestellte Hilfsanträgen ein Erfolg zu versagen ist.
120
121
Entgegen den Ausführungen in der Berufungsbegrün-dung ist auch kein Verstoß
gegen den Gleichbehand-lungsgrundsatz erkennbar (Bl. 592 d.GA). Der Aus-schluß
eines Rechtsanspruchs braucht im Einzelfall keine unangemessene und unbillige
Beeinträchtigung der schutzwürdigen Belange des Mitglieds darzu-stellen.
122
123
Ebensowenig ist ein Verstoß gegen den Vertrau-ensschutz erkennbar und kann die
Regelung als "unerträglich" angesehen werden. Nach den Aus-führungen des
Sachverständigen ist bei anderen Banken der Einlagenschutz die Regel und auch
der Institutsschutz kann keinen unbedingten Bestands-schutz beinhalten, da es
keinen Bestandsschutz für die Organisation, die Entscheidungskompetenzen der
betroffenen Bank oder ihrer Unabhängigkeit gibt (Bl. 269 d.GA).
124
125
Ebensowenig steht die Bestimmung von § 9 AGB-Ge-setz der vom Beklagten
getroffenen Regelung ent-gegen. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des
Verwenders entgegen den Gebo-ten von Treu und Glauben unangemessen
benachteili-gen. Eine derartige unangemessene Benachteiligung der Klägerin ist,
wie ausführlich dargetan, vor-liegend nicht zu erkennen.
126
127
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren mit ihrem geänderten Hilfsantrag erneut
geltend macht, im SE-Statut angemessene Verfahrensregelung und Kriterien
festzulegen, kann sie auch hiermit kei-nen Erfolg haben. Nach den überzeugenden
Ausfüh-rungen des Sachverständigen Prof. Dr. R. sind Standards für die
Notwendigkeit eines Eingreifens der Sicherungseinrichtung nur schwer zu entwik-
keln (Bl. 387 d.GA). Materielle Kriterien für das Eingreifen der Sicherungseinrichtung
lassen sich nicht sinnvoll abstrakt formulieren und im übrigen ist es nicht Aufgabe des
Gerichts, Verbesserungs-vorschläge (wie von der Klägerin im Berufungsver-fahren
verlangt, vgl. Bl. 599) zu machen. Abgese-hen davon, daß hierzu nicht einmal die
Ausführun-gen des Sachverständigen Prof. Dr. R. Anlaß geben, ist dies Sache der
autonomen Entschei-dung der Mitgliederversammlung. Wenn diese einen
Rechtsanspruch aus wirtschaftlichen und banktech-nischen Überlegungen nicht
gewährt, so kann es nicht - soweit keine Unangemessenheit und Unbil-ligkeit vorliegt
- Sache des Gerichts sein, hier einzugreifen.
128
129
3.
130
131
Soweit die Kammer die in § 6 des SE-Statuts ent-haltene Beitragsregelung und das
Regionalprinzip für unwirksam erklärt hat, war der Berufung des Beklagten
stattzugeben.
132
133
a)
134
135
Die Kammer hat in § 6 des SE-Sicherungsstatutes einen Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz erkannt, weil die Beitragsregelung hinsichtlich der
Bemessungsgrundlage das von den einzelnen Mit-gliedsbanken gesetzte
Insolvenzrisiko strukturell nicht sachgerecht, das heißt proportional erfasse.
136
137
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Bei-tragsbemessungskriterien müssen
zwangsläufig pau-schaliert erfaßt werden und haben damit notwendi-gerweise
Abweichungen von der Gleichbehandlung zur Folge.
138
139
Auch hier unterliegt der richterlichen Inhaltskon-trolle nur die Prüfung der Frage, ob
die in § 6 des SE-Sicherungsstatuts enthaltenen Bemessungs-grundlagen für die
Klägerin eine unbillige, will-kürliche, den Grundsätzen von Treu und Glauben wi-
dersprechende Satzungsgestaltung enthalten.
140
141
Dies ist vorliegend zu verneinen.
142
143
Nach § 6 Abs. 1 SE-Statut sind Bemessungsgrundla-gen für die Beiträge der
Kreditgenossenschaften, zu denen auch die Klägerin gehört, die jeweiligen
Kreditbestände im weiteren Sinne, und zwar Wech-sel, Forderungen an Kunden,
eigene Ziehungen und Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und
Scheckbürgschaften sowie aus Gewährleistungsver-trägen.
144
145
Zwar sind die in § 6 des SE-Statuts definierten Bemessungsgrundlagen für die
Beiträge im Hinblick auf das mögliche Risiko einer Inanspruchnahme der
Sicherungseinrichtungen pauschal bemessen, so-fern die Beiträge in etwa
proportional zum abzu-deckenden Risiko angesetzt sein sollen. In den letzten Jahren
haben sich insbesondere wegen des vermehrten Einsatzes von Finanzinnovationen
nach Darstellung des Sachverständigen Prof. Dr. R. (Bl. 302, 391 d.GA) neuartige
Risiken ergeben, die aufsichtsrechtlich noch nicht erfaßt waren.
146
147
Die Einbeziehung dieser Finanzinnovationen bei der Bemessung des Beitragssatzes
ist damit wirtschaft-lich vorstellbar und vertretbar, ihre Nichtberück-sichtigung führt
jedoch nicht zu einer derzeit unangemessenen Beitragsregelung, wie der Sachver-
ständige Prof. Dr. R. zutreffend ausgeführt hat (Bl. 477 f., hier: Bl. 482). Denn die
derzei-tige Regelung läßt eine die kleineren Banken be-sonders belastende
Beitragspflicht nicht feststel-len und der höchste Grad der Gleichbehandlung kann
ohnedies nur bei einer individuellen Bemessung erreicht werden und jede
Pauschalierung bringt Abweichungen von der Gleichbehandlung notwendiger-weise
mit sich. In Übereinstimmung mit den Ausfüh-rungen des Sachverständigen sind
damit - zumindest derzeit - die Kreditbestände als Bemessungsgrund-lage geeignet.
Ob eine umfassende Bestandsaufnah-me aller Risikobestände zu einer
sachgerechteren Beitragsregelung führt, kann zutreffen, muß jedoch der zukünftigen
Entwicklung und der Entscheidungs-freiheit des Beklagten und der ihm
angeschlossenen Mitglieder überlassen bleiben.
148
149
Insbesondere bedarf es hier einer umfassenden Risikoabwägung und der Schaffung
eines Interessen-ausgleichs, zumal der Sachverständige darauf hin-gewiesen hat (Bl.
389 d.GA) daß die kleineren und mittleren Genossenschaftsbanken durch diese
neuar-tigen Risiken kaum berührt würden und diese ledig-lich im Bereich der DG-
Bank und einzelner anderer Institute eine Rolle spielten.
150
151
Ebenso hat der Sachverständige zutreffend darauf hingewiesen, daß in der
Prämienbemessungsform des § 6 SE-Statut nicht enthaltene Eigenkapital habe für
Insolvenzen keine allzugroße Bedeutung und sei lediglich eher als Kostenfaktor zu
berücksichtigen (Bl. 390 d.GA). Eine Differenzierung nach Risiko-klassen sei derzeit
152
eine wissenschaftlich ungelö-ste Frage und deren Fehlen könne dem Beklagten nicht
zum Vorwurf gemacht werden (Bl. 390 d.GA).
153
Mit Recht hat schließlich der Beklagte - auch er-neut in der mündlichen Verhandlung
vor dem Senat - erneut darauf hingewiesen, daß unabhängig von der Frage, ob der
Grundsatz I zu § 10 KWG auf die besondere Situation der genossenschaftlichen Orts-
banken und Zentralbanken zugeschnitten sei, ihm ein entsprechender zeitlicher
Vorlauf zugestanden werden muß, bevor er verpflichtet sein kann, die neuartigen
Finanzinstrumente in die Bestimmung des § 6 Abs. 1 SE-Statut aufzunehmen.
154
155
Die Berücksichtigung dieser neuen Umstände bei der Bemessung des Beitrags muß
dem autonomen Kompe-tenzbereich der Beklagten vorbehalten sein und es kann
nicht Aufgabe des Gerichts sein, der Entwick-lung, den Erfahrungen und dem Einfluß
dieser Ent-wicklungen auf die Geschäftsentwicklung der Mit-glieder des Beklagten
vorgreifend, neue Kriterien für die Bemessung der Beitragshöhe festzusetzen. Die
Feststellung, daß die Belange der Klägerin durch die in § 6 enthaltene
Beitragsregelung im Vergleich zu den übrigen Banken derzeit unangemes-sen und
unbillig beeinträchtigt werden, läßt sich derzeit nicht treffen.
156
157
b)
158
159
Ebensowenig folgt der Senat der Kammer, soweit diese das in § 35 Abs. 5 c und d
der Satzung des Beklagten sowie in § 6 Abs. 4 und 5 SE-Statut ver-ankerte
Regionalprinzip für unwirksam erklärt hat.
160
161
In diesem Regionalprinzip ist der Grundsatz ent-halten, daß die Erhebung von
Sonder- und Wieder-auffüllungsbeträgen auf Banken aus dem Bereich desjenigen
Prüfungsverbandes, in dem der Sanie-rungsfall auftritt, beschränkt ist. Reichen die
von einem Prüfungsverband treuhänderisch verwalte-ten Garantiefondmittel zur
Abdeckung des in einem Verbandsbereich vorhandenen Sanierungsbedarf nicht aus,
so erhebt der Beklagte bei den Mitgliedsban-ken dieses Prüfungsverbandes einen
zumutbaren Son-derbeitrag.
162
163
Auch hierin kann keine unbillige und unangemes-sene gegen die Grundsätze von
Treu und Glauben verstoßende Beeinträchtigung der Klägerin erkannt werden.
164
165
Zunächst ist davon auszugehen, daß die Sockel-Aus-stattung der
166
Sicherungseinrichtung des Beklagten bei allen Mitgliedsbanken gleichmäßig
erhoben wird (§ 6 Abs. 2 SE-Statut). Nur dann, wenn dieser Sok-kel für die Deckung
eines Sanierungsbedarfs in ei-nem Verbandsbereich nicht ausreicht, wird von den
Mitgliedsbanken dieses Prüfungsverbandes ein Son-derbeitrag erhoben.
167
Grundsätzliche Bedenken gegen Sonderbeiträge zur Deckung eines entstehenden
Sanierungsbedarfs be-stehen nicht (vgl. BGH in seiner Entscheidung vom
24.10.1988). Der Sachverständige Prof. Dr. R. hat zutreffend die Parallele zu den
Sparkassen ge-zogen (Bl. 392 d.GA), bei denen Umlagen ebenfalls nach Regionen
aufgebracht werden.
168
169
Schließlich entspricht das Regionalprinzip dem natürlichen Aufbau des
Prüfungswesens im Genossen-schaftsgesetz, Volksbanken und Raiffeisenbanken
gehören jeweils regionalen Prüfungsverbänden an und bilden somit eine
Interessengemeinschaft, de-ren Eintritt zur Unterstützung eines betroffenen Mitglieds
nicht als unbillig und unangemessen angesehen werden kann. Die geschäftlichen
Aktivi-täten der Mitgliedsbanken sind vorrangig konzen-triert auf den angestammten
durch Sitz und Zweig-stellen bestimmten Geschäftsbereich und die Auf-teilung in 14
Regionalverbänden in den alten Län-dern und zwei Regionalverbänden in den
neuen Län-dern - identisch mit den Prüfungsverbänden - läßt keine grundsätzlichen
Bedenken dahingehend erken-nen, daß die einzelnen Verbände überfordert sind.
170
171
4.
172
173
Hinsichtlich der vom Beklagten geltend gemachten Widerklage ist der Rechtsstreit
noch nicht zur Entscheidung reif, da es insoweit noch weiterer Aufklärung zur Höhe
des geltend gemachten Betrags bedarf.
174
175
Die weiteren Ausführungen der Klägerin im Schrift-satz vom 08.10.1992 sowie das
beigefügte Privat-gutachten von Prof. Dr. B. geben dem Senat keinen Anlaß zu einer
abweichenden Entscheidung oder Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
176
177
Nach den Überlegungen von Prof. B. soll das Verfahren der Sanierungsentscheidung
insbe-sondere dadurch objektiviert werden, daß bei allen genossenschaftlichen Bank
laufende, von aku-ten Problemen unabhängige Bonitätsanalysen statt-finden, womit
ein präventiv wirkendes Steuerungs- und Kontrollsystem zur Verfügung stehe. Es
liegt auf der Hand, daß dieses ein völlig anderes Siche-rungssystem bedeutete als
das gegenwärtige, daß die Verwirklichung des Vorschlages eine oder meh-rere
starke Kontrollinstanzen erforderte und das Problem zu lösen wäre, wie bei der sich
178
ergebenden Nachstellung des Verbandes die nicht nur förmli-che, sondern wirkliche
Selbständigkeit der Banken gewhart werden könne. Ein solches Konzept anzu-
nehmen oder zu verwerfen ist Sache der Verbands-mitglieder; es kann nicht durch
Richterspruch ok-troyiert werden. Die Beitragserhebung sollte nach Prof. Dr. B. in
stärkerem Maße als bisher risikobezogen bestimmt werden. Das noch zu lösende
Problem besteht darin, die maßgeblichen von den unbedeutenden Risikofaktoren zu
sondern und in ih-rem Verhältnis untereinander richtig zu gewichten. Auch das ist
eine Frage, die der Entscheidung der Verbandsmitglieder, vielleicht auf der
Grundlage des Gutachtens und einer dadruch angestoßenen wis-senschaftlichen
Diskussion, unterliegt, die aber nicht in diesem Rechtsstreit zu lösen ist.